Kitabı oku: «Fälle zum Medizin- und Gesundheitsrecht, eBook», sayfa 11
Lösung zu Fall 5 – Einwilligung
A. | Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs. 1, 630a Abs. 1 BGB | |||||
B. | Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs. 1, 677 BGB | |||||
I. | Geschäftsbesorgung | |||||
II. | Fremdes Geschäft | |||||
III. | Fremdgeschäftsführungswille | |||||
IV. | Ergebnis | |||||
C. | Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus § 823 Abs. 1 BGB | |||||
I. | Rechtsgutsverletzung | |||||
II. | Verletzungshandlung | |||||
III. | Haftungsbegründende Kausalität | |||||
1. | Äquivalenz | |||||
2. | Adäquanz | |||||
3. | Schutzzweck der Norm | |||||
IV. | Rechtswidrigkeit | |||||
1. | Einwilligung | |||||
a) | Voraussetzungen einer wirksamen Einwilligung | |||||
b) | Insbesondere: Ordnungsgemäße Aufklärung, §§ 630d Abs. 2, 630e BGB | |||||
aa) | Analoge Anwendbarkeit der §§ 630d Abs. 2, 630e BGB im Deliktsrecht | |||||
bb) | Person des Aufklärenden und Aufklärungsadressat | |||||
cc) | Form | |||||
dd) | Inhalt | |||||
c) | Zwischenergebnis | |||||
2. | Mutmaßliche Einwilligung, § 630d Abs. 1 S. 4 BGB analog | |||||
a) | Analoge Anwendung des § 630d Abs. 1 S. 4 BGB im Deliktsrecht | |||||
b) | Keine Möglichkeit der Willensbildung/-äußerung des Betroffenen | |||||
c) | Dringliche und unaufschiebbare Maßnahme | |||||
d) | Zwischenergebnis | |||||
3. | Hypothetische Einwilligung, § 630h Abs. 2 S. 2 BGB analog | |||||
a) | Analoge Anwendung des § 630h Abs. 2 S. 2 BGB im Deliktsrecht | |||||
b) | Keine den Voraussetzungen des § 630e BGB (analog) genügende Aufklärung | |||||
c) | (Hypothetische) Einwilligung des Patienten auch bei (hypothetischer) ordnungsgemäßer Aufklärung | |||||
aa) | Einwand eines echten Entscheidungskonflikts | |||||
bb) | Einwand des abweichenden Verhaltens | |||||
d) | Zwischenergebnis | |||||
V. | Verschulden | |||||
VI. | Rechtsfolge, §§ 249 ff. BGB | |||||
1. | Schaden | |||||
a) | Heil- und Behandlungskosten, § 249 Abs. 2 S. 1 BGB | |||||
b) | Schmerzensgeld, § 253 Abs. 2 BGB | |||||
2. | Haftungsausfüllende Kausalität | |||||
VII. | Ergebnis | |||||
D. | Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 229 StGB | |||||
E. | Gesamtergebnis |
A. Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs. 1, 630a Abs. 1 BGB
P könnte einen vertraglichen Anspruch gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs. 1, 630a Abs. 1 BGB haben. Dazu müsste zwischen P und F ein Schuldverhältnis in Form eines Behandlungsvertrages bestehen. Bei der ambulanten Behandlung in einem Krankenhaus kommt ein vertragliches Schuldverhältnis grundsätzlich ausschließlich mit dem Krankenhausträger zustande.[1] Mangels Behandlungsvertrages zwischen P und F scheitert der Anspruch.
B. Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus §§ 280 Abs. 1, 677 BGB
Ferner könnte sich ein quasi-vertraglicher Anspruch der P gegen F aus §§ 280 Abs. 1, 677 BGB auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld ergeben. Dafür müssten zunächst die Voraussetzungen des § 677 BGB vorliegen.
I. Geschäftsbesorgung
Die Verordnung eines Medikaments ist eine Geschäftsbesorgung als aktives Tätigwerden.
II. Fremdes Geschäft
Ein fremdes Geschäft ist jede Angelegenheit, die nicht ausschließlich eine solche des Geschäftsführers selbst ist, sondern zumindest auch in den Sorgebereich eines anderen fällt.[2] Die Verschreibung eines Medikaments ist zum einen von dem arbeitsvertraglichen Tätigwerden der F als Frauenärztin umfasst, zum anderen fällt sie in den Interessenkreis der P, die eine Linderung ihrer Krankheit erwartet. Somit liegt eine Geschäftsbesorgung vor, die in den eigenen und einen fremden Rechtskreis fällt (sog. auch-fremdes Geschäft, h. M.).
III. Fremdgeschäftsführungswille
Im Falle des auch-fremden Geschäfts ist umstritten, ob der Fremdgeschäftsführungswille – wie beim fremden Geschäft – vermutet wird oder positiv nachgewiesen werden muss. Der BGH geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass bei einem auch-fremden Geschäft der Fremdgeschäftsführungswille regelmäßig zu vermuten ist, auch wenn der Geschäftsführer etwa aufgrund einer eigenen öffentlich-rechtlichen oder vertraglichen Pflicht (sog. pflichtgebundener Geschäftsführer) handelt.[3] In der Literatur wird dieser Ansatz teilweise kritisiert, da die eigene, etwa öffentlich-rechtliche, Pflicht eine „Unterwerfung“ des Geschäftsführers unter den Willen des Geschäftsherrn verhindere.[4]
Der BGH selbst macht aber von der Anwendbarkeit der GoA (bzw. die Literatur vom Vorliegen des Fremdgeschäftsführungswillens[5]) im Fall des sog. zivilrechtlich pflichtgebundenen Geschäftsführers dann eine Ausnahme, wenn dieser auf der Grundlage eines privatrechtlichen Vertrags mit einem Dritten handelt und dieser Vertrag die Entgeltfrage abschließend regelt: Dann verwehrt der aus der Parteiautonomie folgende Vorrang der vertraglichen Rechte gegenüber dem Ausgleich der aus der erbrachten Leistung resultierenden Vorteile Dritter, die außerhalb des Vertrags stehen, den Rückgriff auf Aufwendungsersatzansprüche. Der Geschäftsführer erhält aufgrund der vereinbarten Vergütung die Bezahlung, die er nach der Privatrechtsordnung erwarten kann.[6] Dies bedeutet: Nähme man eine GoA-Beziehung zwischen F und P dergestalt an, dass F Geschäftsführerin und P Geschäftsherrin ist, verschafft man der P nicht nur (den hier relevanten) Schadensersatzanspruch aus §§ 280, 677 BGB, sondern die weitere Folge wäre, dass auch F sich an P wenden könnte hinsichtlich ihrer Aufwendungen (§ 683 BGB). F soll aber ihren Vergütungsanspruch allein gegenüber ihrem Vertragspartner, dem Krankenhausträger geltend machen, denn diesen hat sie sich als Schuldner privatautonom ausgesucht. Ein etwaiges Ausfallrisiko desselben geht zu Lasten der F. Dieser Lösung ist folglich beizupflichten: In dem Fall eines entgeltlichen Tätigwerdens für einen Vertragspartner überzeugt es nicht, einen Fremdgeschäftsführerwillen anzunehmen.
Ein Fall des „zivilrechtlich pflichtgebundenen Geschäftsführers“ mit abschließender Entgeltabrede liegt auch hier vor. Es ist nicht davon auszugehen, dass F den Willen und das Bewusstsein hatte, die Operation als Geschäft eines anderen zu besorgen,[7] denn sie handelt in Erfüllung ihrer (vergüteten) Verpflichtung gegenüber ihrem Arbeitgeber, § 611a BGB.
Es fehlt somit am nötigen Geschäftsführungswillen der F.
IV. Ergebnis
Mangels Vorliegens der Voraussetzungen einer echten Geschäftsführung ohne Auftrag scheitert ein Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 677 BGB.
C. Anspruch der P gegen F auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld aus § 823 Abs. 1 BGB
Der Anspruch der P auf Zahlung von Heil- und Behandlungskosten sowie Schmerzensgeld gegen F könnte sich aber aus § 823 Abs. 1 BGB ergeben. Dies setzt voraus:
I. Rechtsgutsverletzung
P könnte an ihrem Körper und ihrer Gesundheit verletzt worden sein. Eine Körperverletzung ist als Eingriff in die Integrität der körperlichen Befindlichkeit zu verstehen.[8] Eine Gesundheitsverletzung ist jedes Hervorrufen oder Steigern eines von den normalen körperlichen Funktionen nachteilig abweichenden Zustandes.[9] Vorliegend nahm P das verschriebene Antikonzeptionsmittel ein und erlitt einen Hirninfarkt, bei dem eine Minderdurchblutung des Gehirns und dadurch eine Minderversorgung mit Sauerstoff zu einem Schlaganfall führte. Ein Schlaganfall ist ein von der normalen körperlichen Form negativ abweichender Zustand (Gesundheitsverletzung). Hierin liegt auch ein Eingriff in die Integrität körperlicher Befindlichkeit (Körperverletzung).
Fraglich ist, ob sich etwas anderes daraus ergibt, dass F Ärztin ist. So ist umstritten, ob ein ärztlicher Eingriff als Körperverletzung oder bei nicht wirksam erteilter Einwilligung nur als Verletzung des Persönlichkeitsrechts anzusehen ist:
Die st. Rspr. der Zivil- und Strafgerichte qualifiziert den ärztlichen Heileingriff als Körperverletzung und nicht lediglich als Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts i.S.e. Rechts auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper, selbst dann, wenn der Eingriff lege artis durchgeführt wurde (sog. Körperverletzungsdoktrin).[10] Wird der Eingriff auf der Grundlage einer wirksamen Einwilligung vorgenommen, ist die Behandlung (nur) nicht rechtswidrig.
In der Literatur wird z.T. bei eigenmächtigen Behandlungen lege artis nur die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, also des Selbstbestimmungsrechts des Patienten, angenommen und der Rechtsprechung vorgeworfen, die Qualifikation des ärztlichen Heileingriffs als Körperverletzung sei mit dem Wortlaut des § 823 Abs. 1 BGB nicht in Einklang zu bringen, weil der Eingriff sowohl nach dem Willen des Arztes als auch objektiv betrachtet der Heilung bestimmt sei.[11] Das Unrechtselement liege zudem gerade in der Missachtung des Willens des Patienten, und damit in der Verletzung seines Selbstbestimmungsrechts. Die Körperverletzungsdoktrin treffe damit den Kern des Problems gar nicht. Die Verortung beim Körperverletzungstatbestand führte auch dazu, dass der ärztliche Eingriff mit dem „Messerstich eines Raufbolds“ auf eine Stufe gestellt werde.[12] Nach dieser Ansicht muss nicht der Arzt die Erteilung einer wirksamen Einwilligung nachweisen (so aber nach der Körperverletzungsdoktrin, da dort die wirksame Einwilligung Rechtfertigungsgrund ist), sondern der Patient muss nachweisen, dass mangels wirksamer Einwilligung sein Selbstbestimmungsrecht verletzt wurde.[13]
Für die Körperverletzungsdoktrin spricht jedoch, dass, anders als von der Gegenansicht in der Literatur angenommen, ein Eingriff in die körperliche Integrität, der ohne oder gar gegen den Willen eines Menschen durchgeführt wird, ein Eingriff in einen fremden Rechtskreis bleibt, gleich wie gut gemeint dieser sein mag. Begrifflich kann es somit durchaus als Körperverletzung gewertet werden, wenn etwa ohne die Zustimmung der Eltern bei einem Kind eine gewagte Operation durchgeführt wird. Auch bei den anderen Rechtsgütern, etwa beim Eigentumsrecht, schließt der gute Wille i.Ü. die Feststellung einer Rechtsgutsverletzung nicht aus. Außerdem ermöglicht die Anknüpfung an eine Körperverletzung die Gewährung von Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB), während dieses bei der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts nur unter sehr restriktiven Voraussetzungen gewährt wird (nur bei schweren Persönlichkeitsverletzungen, wenn die Beeinträchtigung nicht auf andere Weise ausgeglichen werden kann).[14] I.Ü. umfasst natürlich der Rechtsgüterschutz des § 823 Abs. 1 BGB auch die Sicherung der Autonomie des Rechtsgutsträgers und dessen Dispositionsfreiheit: Der Rechtsgüterschutz erfolgt schließlich nicht um seiner selbst willen. Hierfür bedarf es jedoch nicht eines gesonderten allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Auch geht hiermit keine „Kriminalisierung“ des Arztberufes einher, da allein durch die Feststellung der Rechtsgutsverletzung noch kein Unwerturteil über die Handlung erfolgt ist, die immer noch durch Rechtfertigungsgründe gerechtfertigt werden kann.[15]
Damit ist auch der ärztliche Heileingriff unabhängig von der medizinischen Indikation, der Durchführung der Maßnahme nach der lex artis und dem Heilerfolg jedenfalls nach herrschender Meinung objektiv als Körperverletzung zu werten, die erst durch eine nach ausreichender Aufklärung seitens des behandelnden Arztes erteilte Einwilligung des Patienten gerechtfertigt wird.[16]
Eine Rechtsgutsverletzung liegt damit vor.
II. Verletzungshandlung
Die Verordnung des verschreibungspflichtigen Antikonzeptionsmittels als positives Tun stellt eine taugliche Verletzungshandlung der F dar.
III. Haftungsbegründende Kausalität
Die Verletzungshandlung – das Verschreiben des Medikaments – müsste auch kausal für die Rechtsgutsverletzung der P – den Hirninfarkt – geworden sein.
1. Äquivalenz
Die schädigende Verschreibungshandlung der F kann nicht hinweg gedacht werden, ohne dass die Rechtsgutsverletzung der P entfallen würde, conditio-sine-qua-non. Die Verletzungshandlung ist äquivalent (gleichwertig) kausal für den Hirninfarkt geworden.
2. Adäquanz
Die Berechtigung des Merkmals der Adäquanz wird zwar teilweise bestritten.[17] Es liegt indes nicht völlig außerhalb des zu Erwartenden, dass es in Folge einer Medikamentenverschreibung zu einem Hirninfarkt kommt, so dass diese Frage hier auf sich beruhen kann.
3. Schutzzweck der Norm
Auf dritter Stufe wird die Kausalität vom normativen Merkmal des Schutzzweckzusammenhangs eingegrenzt. Nach der Schutzzwecklehre begründet die Verletzung eines Interesses nur dann eine Haftung, wenn dieses Interesse in den sachlichen Schutzbereich der einschlägigen deliktischen Sorgfaltspflicht fällt und der Träger dieses Interesses zu dem Personenkreis zählt, zu dessen Schutz die verletzte Sorgfaltspflicht besteht.[18] Dieser innere Zusammenhang zwischen der Rechtsgutsverletzung und der Verletzungshandlung liegt grundsätzlich vor, könnte vorliegend aber durch eine selbstschädigende Handlung der P unterbrochen worden sein. Schließlich konnte das Medikament nicht schon durch die Verordnung der F, sondern erst in Folge der eigenhändigen Einnahme durch P die schädigenden physiologischen Wirkungen entfalten. Vorliegend durfte sich die F aber zu der Handlung herausgefordert fühlen (sog. Herausforderungsfall). In diesem Fall psychisch vermittelter Kausalität ist der Schutzzweck der Norm dann noch gegeben, wenn der Entschluss des Geschädigten durch den Schädiger herausgefordert wurde.[19] Die Verordnung eines Medikaments durch einen Arzt enthält die konkludente Aufforderung zur Einnahme. P durfte sich aufgrund der Verordnung des Medikaments zur Einnahme desselbigen herausgefordert fühlen. Somit ist auch der Schutzzweckzusammenhang gegeben und die haftungsbegründende Kausalität im Ergebnis zu bejahen.