Kitabı oku: «Grundwissen Hörgeschädigtenpädagogik», sayfa 5
c) Kombinierte Schallleitungs-SchallempfindungsschwerhörigkeitWenn neben einer Schallleitungsstörung noch eine Funktionsstörung des Innenohres besteht, spricht man von kombinierter Schwerhörigkeit oder kombinierter Schallleitungs-Schallempfindungsschwerhörigkeit oder kombinierter Mittelohr- und Innenohrschwerhörigkeit. Die drei Bezeichnungen werden in der Fachliteratur parallel verwandt. Bei dieser Form der Schwerhörigkeit weist das Audiogramm (Abb. 17) sowohl einen herabgesetzten Verlauf der Knochenleitungskurve als auch der Luftleitungskurve aus, zwischen beiden liegt jedoch eine Differenz. Der Hörverlust für die Luftleitung ist immer größer als der für die Knochenleitung. Die Schallempfindungsschwerhörigkeit dominiert jedoch und bestimmt das Wahrnehmungsgeschehen.
d) GehörlosigkeitGehörlosigkeit ist eigentlich keine gesonderte Hörstörung, sondern beruht auf einem hochgradigen Schallempfindungsschaden. Anders ausgedrückt: Die sensorische oder neurale Schwerhörigkeit bedeuten im Extremfall eine praktische Taubheit oder Gehörlosigkeit (Abb. 18). Eine absolute Taubheit, bei der keinerlei Hörreste mehr vorhanden sind, ist sehr selten und tritt eigentlich nur dann auf, wenn der Hörnerv oder das primäre Hörzentrum zerstört sind. Ungefähr 98 % der Menschen, die als „gehörlos“ bezeichnet werden, verfügen über Hörreste (Pöhle 1994, 12). Diese Hörreste sind jedoch so gering, dass Lautsprache auf natürlichem (imitativem) Wege nicht oder bei Verwendung von digitalen Hörgeräten nur unter bestimmten Bedingungen, d. h. durch spezifische Förderung und Erziehung, erlernt werden kann. Die heute möglich gewordenen frühzeitigen und bilateralen Cochlea Implantat-Versorgungen eröffnen inzwischen vielen dieser Kinder – bei entsprechender hörgeschädigtenpädagogischer Begleitung – einen über das Hören vollzogenen Spracherwerb (Kap. 7 und 11). Lange Zeit galt als Gehörlosigkeit, wenn der Hörverlust im Hauptsprachbereich (liegt zwischen 500 und 4.000 Hz) größer als 90 dB war. Durch die Entwicklung der modernen Hörgerätetechnik und durch die Effektivität auditiv-verbaler Frühförderung ist diese Definition aus pädagogischer Sicht nicht mehr haltbar (Diller 1991; Pöhle 1994).

Abb. 17: Hörverlustaudiogramm einer kombinierten Schwerhörigkeit beidseits

Abb. 18: Beispiel für ein Hörverlustaudiogramm bei Gehörlosigkeit beidseits
Ausmaß des Hörverlustes Neben der Art des Hörschadens wird das Ausmaß des Hörverlustes (gemessen in Dezibel [dB] als Maß der für die Tonwahrnehmung oder das Sprachverstehen notwendigen relativen Lautstärkeerhöhung) ermittelt. Bestimmt wird die Hörschwelle mit einem Audiometer, mit Hilfe dessen ein Audiogramm grafisch erstellt wird (Kap. 5). Die Hörschwelle kennzeichnet den Schalldruck der Töne, der gerade so groß ist, dass eine Hörempfindung ausgelöst wird. Bei Menschen, die gut hörend sind, liegt sie bei ungefähr 0 dB, als definierter durchschnittlicher Mittelwert von jungen Erwachsenen, die in ihrem Leben keine außergewöhnlichen Ohrenerkrankungen hatten und keinem besonderen Lärm ausgesetzt waren. Bei einem Hörverlust zwischen 20 – 40 dB spricht man von leichter, zwischen 40 – 60 dB von mittlerer und zwischen 60 – 90 dB von einer extremen oder hochgradigen Schwerhörigkeit. Als Resthörigkeit (Gehörlosigkeit und Taubheit) bezeichnet man Hörschäden, bei denen der Hörverlust im Hauptsprachbereich über 90 dB liegt (Tab. 3). Ermittelt wird der Hörverlust (auch: Schweregrad einer Hörschädigung), indem man vom besseren Ohr das arithmetische Mittel des Hörverlustes bei 500, 1.000, 2.000 und 4.000 Hz (= Hauptsprachbereich) errechnet.
Tab. 3: Grade/Ausmaß eines Hörverlustes
Luftleitungsschwelle im Hauptsprachbereich (500 bis 4.000 Hz) | Bezeichnung des Ausmaßes |
0 dB | normalhörend |
20 – 40 dB | leichtgradig |
40 – 60 dB | mittelgradig |
60 – 90 dB | hochgradig |
über 90 dB | an Taubheit grenzend/gehörlos |
Dringend anzumerken ist, dass die Einteilung nach dem Ausmaß des Hörverlustes nur von begrenztem Wert ist, da die individuellen Auswirkungen und Folgeerscheinungen auch bei etwa gleichem Hörverlust und gleicher Art des Hörschadens sehr unterschiedlich sein können. Daher sollten nach der Diagnose nicht voreilig Prognosen über mögliche Entwicklungsverläufe betroffener Kinder gegeben werden.
Zum Vergleich sollen einige Lautstärken für bestimmte Schallereignisse angegeben werden. Tab. 4 gibt dem Leser eine ungefähre Vorstellung von dem Ausmaß eines Hörverlustes.
Tab. 4: Beispiele für dB-Lautstärke (s. auch Lindner 1992, 40; Plath 1992, 68)
Dezibel | entspricht |
0 dB | Hörschwelle normalhörender Personen |
30 dB | Rauschen von Bäumen |
40 dB | gedämpfte Unterhaltung |
60 dB | Staubsauger, Rundfunkmusik |
80 dB | starker Straßenlärm |
100 dB | sehr laute Autohupe |
120 dB | Flugzeugmotoren in 3 m Abstand |
130 dB | schmerzender Lärm |
e) AVWS Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen (AVWS) liegen vor, wenn bei normalem peripheren Gehör (normale Hörschwelle im Tonaudiogramm) zentrale Prozesse des Hörens gestört sind. Das bedeutet, dass bei den betroffenen Personen trotz einer normalen Hörschwelle höhere Funktionen des Hörens, wie beispielsweise Sprachverstehen in Ruhe und in Störlärm, oder die Schalllokalisation gestört sind.
Auditive Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörungen fallen meist erst im Schulalter auf. Die Häufigkeit wird auf 2 bis 3 % geschätzt, wobei Jungen doppelt so häufig wie Mädchen betroffen sind.
Die Ursachen für AVWS sind noch weitgehend ungeklärt. Genannt werden genetische Ursachen, eine verzögerte Hörbahnreifung (durch zeitlich zurückliegende Schallleitungsschwerhörigkeiten im Säuglings- und Kleinkindalter), umgebungsbedingte Faktoren, schulische Einflüsse und solche der Raumakustik sowie akustische Reizüberflutungen (Böhme 2006; Lindauer 2009; Nickisch 2010).
3.3 Ursachen
Nach Biesalski und Collo (1991) sind bei etwa 40 % der Kinder keine sichere Ursache ihrer Hörschädigung festzustellen, d. h., die Hörschädigung ist unbekannter Ätiologie. Matulat (2018) führt etwa ein Drittel auf Komplikationen während der Geburt oder Infektionen in der Schwangerschaft zurück.
Die Ursachen können nach verschiedenen Gesichtspunkten eingeteilt werden, siehe z. B. Abb. 19.
Eine andere Möglichkeit der Einteilung wäre die nach dem Ort der Störung:
Äußerer Gehörgang
■ Aplasie (Organanlage [hier: Gehör] vorhanden, aber Entwicklung ausgeblieben)
■ Gehörgangsatresie (angeborener Verschluss des Gehörgangs)
■ Anotie (fehlende Ohrmuschel)
■ Mikrotie (Kleinheit der Ohrmuschel)
■ Cerumen obturans (Ohrenschmalzpfropf)
Trommelfell
■ Fehlbildung
■ Retraktion (Zurück- oder Zusammenziehen des Trommelfells)
■ starke Vernarbung
■ sehr große Perforation (Durchbruch)
Paukenhöhle
■ Fehlbildung
■ Exsudat (entzündungsbedingter Austritt von Flüssigkeit und Zellen aus Blut- und Lymphgefäßen)
■ entzündliche Erkrankungen
■ Blutungen
Cochlea
■ Fehlbildungen
■ Entzündungen
■ biochemische Veränderungen, z. B. Vitamin-A-Mangel
■ intracochleäre Druckstörungen
Nucleus cochlearis (Nervenfortsätze)
■ Aplasie (s. o.)
■ toxische Degeneration
Zentrale Hörbahn und kortikale Hörregion
■ angeborene und erworbene Hörschäden
(in Anlehnung an Biesalski / Collo 1991, 124)

Abb. 19: Ursachen kindlicher Hörschädigungen (nach: Biesalski / Frank 1994, 68)
Seidler (1996) teilt in seiner Darstellung der Ursachen für therapieresistente Schwerhörigkeiten nach Ursachen für Schallleitungsschwerhörigkeit und Ursachen für sensorineurale Schwerhörigkeit ein. Seine Ausführungen könnte man wie in Abbildung 20 verdichten.

Abb. 20: Einteilung der Ursachen (nach Ausführungen von Seidler 1996)
Die häufigste Einteilung der Ursachen ist die nach dem Zeitpunkt des Eintretens der Hörschädigung, also ob die Hörschädigung pränatal, perinatal, postnatal oder im Erwachsenenalter eingetreten ist.
PränatalEine pränatale Hörschädigung ist entweder erblich bedingt oder sie ist durch Erkrankung der Mutter während der Schwangerschaft (z. B. Masern, Keuchhusten, Röteln) hervorgerufen worden. Aber auch Alkohol-, Nikotin- und Drogenmissbrauch, (missbräuchliche) Verwendung von Beruhigungsmitteln und Antibiotika sowie die Einnahme ototoxischer Medikamente können ebenso zu Hörschäden führen wie schwere Diabetes der Mutter oder schwere Blutungen während der Schwangerschaft.
Perinatal Perinatal umreißt den Zeitraum kurz vor, während oder nach der Entbindung. Kaschke (2012, 57) benennt dafür den Zeitraum 24. Schwangerschaftswoche bis zum 7. Lebenstag nach der Geburt. Eine perinatale Hörschädigung kann durch Frühgeburt oder Schädelverletzungen verursacht werden, ebenso durch Atemstillstand mit längeren Wiederbelebungsmaßnahmen, Sauerstoffmangel während der Geburt, Infektionen oder durch eine im Zusammenhang mit der Geburt auftretende Neugeborenengelbsucht hervorgerufen werden.
Postnatal Eine postnatale Hörschädigung tritt häufig infolge einer Infektionskrankheit ein. Als solche wären beispielhaft zu nennen: Hirn- und Hirnhautentzündung, Diphtherie, Mumps, Scharlach und Masern. Außerdem können postnatale Schädigungen durch Schädelverletzungen verursacht werden. Im Erwachsenenalter entstehen Hörschädigungen seltener durch Krankheiten, sondern eher durch Hörsturz (zumeist stressbedingt; Thurnher et al. [2011] verweisen auf 5 bis 20 von Hörsturz Betroffenen je 100.000 Menschen im Jahr), infolge des Alterns (als Altersschwerhörigkeit) oder als Folge andauernden starken Lärms (Lärmschwerhörigkeit). Eine Schwerhörigkeit kann progredient (fortschreitend) verlaufen, so dass eine vollständige Ertaubung eintreten kann.
Schorn (1998a, 95) verweist für kindliche Schwerhörigkeit auf Missbildungen des äußeren und des Mittelohres, die mit einer Schallleitungsschwerhörigkeit einhergehen. Beispiele hierfür wären Gehörgangsatresie, doppelter Gehörgang, Aplasie oder Dysplasie (Fehlbildung) des Trommelfells, Dysplasie der Paukenhöhle und Felsenbeindysplasie oder im Rahmen von Syndromen, z. B. Cockayne-Syndrom (Kombination von Zwergwuchs, Schwerhörigkeit und Retinitis pigmentosa), Down-Syndrom (Trisomie 21 – numerische Chromosomen-Aberation, intellektuelle Beeinträchtigungen, häufig mit Schallleitungsschwerhörigkeit verbunden), Goldenhar-Syndrom (Missbildungen im Gesicht, Augen- und Ohrmissbildung, Gehörgangsatresie).
Kindliche Innenohrschwerhörigkeit teilt sie in kongenitale (angeborene) und erworbene Schwerhörigkeiten ein.
Kongenitale Schwerhörigkeiten
■ Kongenitale nicht progrediente monosymptomatische Schwerhörigkeiten
■ Kongenitale progrediente monosymptomatische Schwerhörigkeiten
■ Kongenitale polysymptomatische Schwerhörigkeiten (Syndrome)
– Schwerhörigkeit mit Missbildung am äußeren Ohr
– Schwerhörigkeit mit Augenerkrankungen
– Schwerhörigkeit mit Nierenerkrankungen
– Schwerhörigkeit mit Schilddrüsenerkrankungen
– Schwerhörigkeit mit Hauterkrankungen
– Schwerhörigkeit mit Skeletterkrankungen
– Schwerhörigkeit mit Mukopolysaccharidosen (Stoffwechselanomalien)
– Schwerhörigkeit mit chromosomalen Anomalien
Erworbene Schwerhörigkeiten
■ Intrauterin erworbene Schwerhörigkeiten
■ Perinatal erworbene Schwerhörigkeiten
■ Postnatal erworbene Schwerhörigkeiten
(Beispiele dafür Tab. 6)
Tabelle 5 stellt von der Vielzahl mit Schwerhörigkeit einhergehender Syndrome (im Gesamtschrifttum werden mehr als 350 beschrieben) sieben kurz vor, wobei das letzte streng genommen kein Syndrom, sondern eine Assoziation ist. Die ersten fünf wurden ausgewählt, da diese nach Biesalski/ Collo (1991, 125) am bekanntesten sind und daher wohl am häufigsten auftreten. Somit werden diese dem Hörgeschädigtenpädagogen am ehesten begegnen. Die Trisomie 21 wird aufgeführt, da es im Deutschen Zentralregister für kindliche Hörstörungen (DZH) von allen dort erfassten Syndromen mit Abstand am häufigsten vorkommt (gefolgt vom Waardenburg-, Goldenhar-, Franceschetti- und Usher-Syndrom) (Spormann-Lagodzinski 2003). Bei Trisomie steht die geistige Behinderung im Vordergrund, so dass Hörschäden leicht übersehen werden können.
Tab. 5: Darstellung ausgewählter Syndrome
Bezeichnung | benannt nach | Audiologische Symptomatik | Erscheinungsbild (typische Symptome, Besonderheiten) |
Waardenburg- SyndromInzidenz: 1:4.500 | Petrus Johannes Waardenburg, 1886 – 1979, holländischer Ophthalmologe und Genetiker | kongenitale Schwerhörigkeit beidseits, unterschiedlich ausgeprägt, meist mittelgradige Schwerhörigkeit | einhergehend mit Hauterkrankung, Fehlbildungssyndrom infolge genabhängiger früh-embryonaler Entwicklungsstörungen (Erbleiden), fakultative Pigmentstörungen von Iris, Haut und Haaren; weiße, große Stirnlocke; charakteristische Gesichtsveränderungen: innerer Augenwinkel lateral verlagert; flacher, breiter Nasenrücken; zusammenwachsende Augenbraue |
Franceschetti- Syndrom (Synonym: Treacher- Collins- Syndrom)Inzidenz: 1:50.000 | Adolf Franceschetti, 1896 –1968, Ophthalmologe, Zürich und Genf (E. Treacher Collins, 1862 – 1932,Chirurg, London) | ein- oder beidseitige hochgradige Mittelohrschwerhörigkeit, einseitige, selten beidseitige Innenohrschwerhörigkeit unterschiedlichen Ausmaßes möglich | einhergehend mit Skeletterkrankung, Fehlbildungssyndrom mit charakteristischem Gesicht (vererbt), Mikrotie und Gehörgangsatresie; laterales Lidkolobom (Spalt des Lids); antimongoloide Lidspaltenstellung, Vogelgesicht, hypoplastisches Jochbein, Makrostomie (Fehlbildung mit seitlicher Erweiterung der Mundspalte), Zahnstellungsanomalien; starke Ausprägungsschwankungen |
Pendred- SyndromInzidenz: ca. 7,5: 100.000 | Vaughan Pendred, 1869 –1946, britischer Arzt | kongenitale hochgradige Schwerhörigkeit beidseits, Progredienz bis zur Gehörlosigkeit | einhergehend mit Schilddrüsenerkrankung, erblich bedingt, angeborene oder im Kindesalter manifest werdende Innenohrschwerhörigkeit (manchmal schubweise), Struma („Kropf“)- Beginn frühkindlich; Jodfehlverwertung |
Usher- SyndromInzidenz: 3 – 4,5: 100.000 | Charles Howard Usher,1865 – 1942, Ophthalmologe | angeborene oder frühmanifeste Innenohrschwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit | einhergehend mit Augenerkrankung, vererbtes Krankheitsbild mit charakteristischer Kombination von (meist) Gehörlosigkeit und Retinitispigmentosa (vom Rand der Netzhaut zum Zentrum langsam fortschreitend kommt es zur Einlagerung von Pigmentkörperchen und damit zur Lichtundurchlässigkeit), beginnend mit Nachtblindheit, später Gesichtsfeldeinschränkung beidseits bis Erblindung (ca. ab 40. Lebensjahr); dem Pädagogen können betroffene Schüler durch Orientierungsschwierigkeiten bei Dämmerlicht und Dunkelheit oder „Tolpatschigkeit“ (z. B. Stolpern über Gegenstände, da Gesichtsfeld eingeschränkt) auffallen |
Alport- SyndromInzidenz: 1:5.000 – 10.000 | Arthur Cecil Alport, 1880 –1959, Arzt, Südafrika | progrediente bilaterale Schwerhörigkeit, Ertaubung möglich | einhergehend mit Nierenerkrankung, vererbtes Krankheitsbild mit charakteristischer Kombination von Nierenleiden und Schwerhörigkeit, Augenanomalien möglich (häufig Grauer Star), Veränderung im Hören (und beim Sehen) Ende des ersten Lebensjahrzehnts |
Trisomie 21 (auch: Down-Syndrom) | Trisomie (dreifaches) Chromosom 21, bzw. John Langdon Haydon Down, 1826 – 1896, Arzt, London | gehäuft Schallleitungsschwerhörigkeit aber auch Schallempfindungsoder kombinierte Schwerhörigkeit | geistige Behinderung, rundlicher Minderwuchs, schräge Augenstellung, breite Nasenwurzel, gehäuft Herzfehler (50 %), 60 – 70 % haben Hörschädigung |
CHARGE-Assoziation (auch - Syndrom)Inzidenz: 0,1 – 0,2: 10.000 | Anfangsbuchstaben der englischen Wörter C – Coloboma (Kolobom des Auges), H – Heart Anomaly (Herzfehler), A – Choanal Atresie (Choanal-atresie), R – Retardation (vermindertes Längenwachstum und Entwicklungsverzö gerung), G – Genital Anomalis (Anomalie der Geschlechtsorgane), E – Ear Anomalies (Fehlbildungen des Ohres) | Schallleitungs- oder Schallempfindungsoder kombinierte Schwerhörigkeit von unterschiedlichem Ausmaß | einhergehend mit verlangsamter Gesamtentwicklung der Kinder liegen eine Hör-Seh-Schädigung plus weitere Symptome (z. B. Gesichtslähmung, Fehlen des Geschmacks, Probleme beim Schlucken, verstärkte Infektanfälligkeit u. a. m.) neben den Merkmalen, die die Namensgebung schufen, vor |
Die CHARGE-Assoziation soll vorgestellt werden, weil sie in den letzten Jahren für die Hör-(und Seh-)geschädigtenpädagogen an Bedeutung gewonnen hat.

Weiterführende Informationen zu den in Tab. 5 genannten und zu zahlreichen anderen Symptomen sind zu finden bei Gross (1981): Differentialdiagnose der Syndrome mit Schwerhörigkeit und Retinopathia. – Kessler (1989): Fehlbildungen in der Otolaryngologie. – Leiber (1996): Die klinischen Syndrome. – Bunck (1998): Das Usher-Syndrom – Diagnostik, pädagogische Einflußnahme und Maßnahmen bei Betroffenen. – Lehnhardt (1998a): Hereditäre Hörstörungen und Syndrome. – Naumann / Scherer (1998): Differentialdiagnose in der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde. – Zorowka (2008): Pädaudiologie.
Tab. 6 enthält eine Übersicht mit möglichen Ursachen für Hörschäden (z. T. wurden sie im Kapitel bereits erwähnt). Die vorgenommene Reihenfolge innerhalb der Spalten ist subjektiv, d. h., sie entspricht weder der Häufigkeit des Vorkommens noch anderen Ordnungskriterien. Es erfolgt hier nur eine Aufzählung. Zur Begriffsklärung sollte bei Bedarf im Glossar nachgelesen werden.
Tab. 6: Zusammenstellung möglicher Ursachen für Hörschäden
Pränatale Ursachen | Perinatale Ursachen | Postnatale Ursachen |
erblich bedingte Hörschäden, zahlreiche Syndrome, siehe z. B. Tab. 4; Erkrankungen der Mutter während der Schwangerschaft an – Röteln – Masern – Keuchhusten – Toxoplasmose – konnatale Lues – Zytomegalie – schwere Diabetes – toxische Schäden (Drogen-, Alkohol- und Nikotinmissbrauch, Antibiotika) – ototoxisch wirkende Medika-mente – craniofaciale Anomalien (auch Kiefer- Gaumen-Spalten) – endokrinologische Störungen – ionisierende Strahlen | Geburtsgewicht unter 1500 g, Frühgeburt, Hypoxie, Neugeborenenasphyxie, Schädelverletzungen, Sepsis und / oder Meningitis, Neugeborenengelbsucht, Blutgruppenunverträglichkeit, Infektionen | Meningitis, Encephalitis, Otitis, Zoster oticus, Dystrophie, Mumps, Masern (selten), Scharlach (selten), Diphtherie, bakterielle tympanogene Labyrinthitis, Lyme-Borreliose, Toxoplasmose, Lues, HIV-Infektion, Knall- und Explosionstrauma, Hörsturz, Morbus Menière, Presbyakusis, Schädel-Hirn-Trauma, Aminoglykosidbehandlung |
Tab. 7: Ursachen für Schallleitungs-/Schallempfindungsschwerhörigkeiten (nach Nagel/Gürkov 2009, 8)
Schallleitungsschwerhörigkeit | Schallempfindungsschwerhörigkeit | |
angeboren | Fehlbildungen der Ohranlage und der Gehörknöchelchen | – Vererbung– intrauterine Rötelinfektion |
erworben | – äußeres Ohr: Cerumen, Otitis externa– Mittelohr: Paukenerguss, Trommelfelldefekte, Cholesteatom, Otosklerose | – perinatal: Hypoxie, Ikterus– Trauma: Lärm, Kopfverletzung, postoperativ |
– Entzündung: chronische Otitis, Cholesteatom, Otosklerose, Meningitis, Masern, Mumps, Lues– Alter: Presbyakusis– Medikamente: Antibiotika, Zytostatika etc.– neoplastisch: Akustikusneurinom– andere: Morbus Menière |
Abschließend sei noch die Einteilung von Nagel / Gürkov (2009) erwähnt. Sie benennen Ursachen für die Schallleitungsschwerhörigkeit und die Schallempfindungsschwerhörigkeit und differenzieren zwischen angeborenen und erworbenen Schwerhörigkeiten. Zugleich verweisen sie darauf, dass bei einer sensorineuralen Schwerhörigkeit (Schallempfindungsschwerhörigkeit) oftmals keine spezifischen Ursachen angegeben werden können.

Zur Ergänzung siehe Friedrich / Bigenzahn / Zorowka (2008): Phoniatrie und Pädaudiologie, 350 – 360. – Kompis (2016): Audiologie, 71f. – Probst / Grevers / Iro (2008): Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, 181 – 185. – Thurnher et al. (2011): HNO-Heilkunde, 120.
3.4 Häufigkeit
Die Aussagen über die Verbreitung von Hörschäden sind sowohl in der nationalen als auch in der internationalen Literatur sehr unterschiedlich. Ebenso ergibt die ältere und jüngere Fachliteratur des In- und Auslandes in den angeführten Zahlenwerten ein sehr uneinheitliches Bild. Die Gründe dafür sind in tatsächlichen regionalen und epochalen Unterschieden, in Unzulänglichkeiten in den Erfassungsmethoden, in Abgrenzungs- und Klassifikationsproblemen bis hin zu unterschiedlichen Auffassungen, ob behebbare Schallleitungsschwerhörigkeiten und einseitige Hörschädigungen mit zu erfassen sind oder nicht, zu sehen. Ein weiterer Grund für statistische Differenzen sind tatsächlich vorhandene Abweichungen und Veränderungen. So ändern sich der Stand der medizinischen Erkenntnis und Versorgung, die gesundheitspolitische Aufklärung und die sozio-ökonomischen Verhältnisse.
Weltweit beträgt die Häufigkeit von persistierenden Hörschädigungen bei Kindern zwischen 90 und 1.300 pro 100.000 (vgl. Finckh-Krämer et al. nach Streppel et al. 2006). Die Häufigkeit kindlicher Hörschädigungen mit einem Hörverlust von mindestens 35 dB auf dem besseren Ohr liegt weltweit zwischen 100 und 600 pro 100.000 (Gross et al. 2000). In Ländern der Dritten Welt scheint die Prävalenz aufgrund häufigerer entzündlicher Innenohrschädigung, ototoxischer Einflüsse und Epidemien (z. B. Meningitis) höher zu sein. Aber auch innerhalb der EU werden Unterschiede gefunden.
Epidemiologie und DemographieKrüger verweist in diesem Zusammenhang (1991, 27) auf eine – wenn auch schon ältere – Vergleichsstudie in neun westeuropäischen EU-Staaten (veröffentlicht 1979, demzufolge sind von Deutschland nur die alten Bundesländer erfasst), auf eine durchschnittliche Rate von 0,09 % signifikanter Hörschädigungen im Kindesalter. In der Studie war versucht worden, alle damals Achtjährigen (Geburtsjahrgang 1969) mit einem Hörverlust von über 50 dB auf dem besseren Ohr zu erfassen. Die offensichtlichen Schwierigkeiten einer Erfassung zeigten sich darin, dass trotz vergleichbarer sozialpädiatrischer und sozialpolitischer Gegebenheiten man in Belgien auf 0,07 % und in Dänemark auf 0,15 % Hörschädigungen in diesem Alter kam, was in diesem Ausmaß wohl kaum tatsächlichen Unterschieden entsprach. Heute geht man in den westlichen Industrieländern von einer Häufigkeit von ca. 100 bis 300 Fälle permanenter kindlicher Hörschäden bei 100.000 Neugeborenen aus (Spormann-Lagodzinski et al. 2002). Thurnher et al. (2011, 120) geben für Österreich ein gehörloses Kind auf 1.000 Neugeborene an. Generell scheinen die Angaben zur Häufigkeit von Hörschädigungen in den entwickelten Ländern auch in der Gegenwart noch immer sehr stark zu variieren. Matulat (2018) begründet das mit echten Unterschieden zwischen den Untersuchungsgruppen (Regionen, Ländern) und der Frage, was als Hörschädigung definiert wird.
Trotz der genannten Schwierigkeiten soll auf verschiedene Angaben verwiesen werden, um einerseits einen generellen Überblick über die Situation zu vermitteln und andererseits auf die bereits in vorangegangenen Kapiteln erwähnte Heterogenität der Gruppe der Menschen mit Hörschädigung zu verweisen.
Statistik: DeutschlandUm einen ersten Überblick zu schaffen, wie viele Menschen mit Hörschädigung es in Deutschland gibt, soll die Statistik „Sozialleistungen Schwerbehinderte Menschen“, herausgegeben vom Statistischen Bundesamt, herangezogen werden. Das Statistische Bundesamt erhebt seit 1979 alle zwei Jahre eine Bundesstatistik über die Menschen mit Behinderung. Die nachfolgenden Daten sind der Ausgabe von 2017 entnommen. Die dort aufgeführte Tabelle „Schwerbehinderte Menschen am 31.12.2015 nach Art der schwersten Behinderung und Altersgruppen, 1.2.1 Insgesamt“ ist in Tabelle 8 wiedergegeben. Zum Vergleich werden die Daten von 2007 aufgeführt.
Die Gesamtanzahl wird noch untergliedert in einzelne Altersgruppen: unter 4 Jahren, von 4 bis 6 Jahren, von 6 bis 15 Jahren, von 15 bis unter 18 Jahren, von 18 bis 25 Jahren und von da in Zehnjahresschritten bis „75 Jahre und mehr“. Sie geben Auskunft darüber, wie viele Personen sich von der Gesamtanzahl in der jeweiligen Altersgruppe befinden. Beispielhaft werden vier Altersgruppen vorgestellt (Tab. 9). Während die Zahlenangaben in den ausgewählten Altersgruppen im Vergleich zu den Vorjahren variieren, zeigt sich ein durchgängig deutlicher Anstieg bei allen drei ausgewählten Arten der schwersten Behinderung (Spalte 2) in der Altersgruppe „75 Jahre und mehr“. Die Angaben spiegeln damit demographische Veränderungen in unserer Gesellschaft wider, auf die es zu reagieren gilt.
Tab. 8: Anzahl der Hörgeschädigten insgesamt (Statistisches Bundesamt 2007 und 2017)
Lfd. Nr. | Art der schwersten Behinderung | insgesamt 2007 | insgesamt 2017 |
… | |||
… | |||
26 | Taubheit (allein) | 25.436 | 28.449 |
27 | Taubheit kombiniert mit Störungen der Sprachentwicklung und entsprechenden Störungen der geistigen Entwicklung | 21.761 | 21.587 |
28 | Schwerhörigkeit, auch kombiniert mit Gleichgewichtsstörungen | 213.298 | 253.528 |
… | |||
… |
Tab. 9: Anzahl der Hörgeschädigten in ausgewählten Altersgruppen (Statistisches Bundesamt 2017)
Lfd. Nr. | Art der schwersten Behinderung | davon im Alter von … | |||
unter 4 | 6 – 15 | 35 – 45 | 75 u. mehr | ||
… | |||||
… | |||||
26 | Taubheit | 259 | 1.092 | 2.944 | 6.454 |
27 | Taubheit kombiniert mit Störungen der Sprachentwicklung und entsprechenden Störungen der geistigen Entwicklung | 306 | 1.460 | 2.902 | 2.549 |
28 | Schwerhörigkeit, auch kombiniert mit Gleichgewichtsstörungen | 300 | 2.001 | 7.371 | 99.479 |
… | |||||
… |
Hörschädigungen gehören – bezogen auf die Gesamtbevölkerung – zu den verbreitetsten körperlich-funktionellen Beeinträchtigungen. Lärmbedingte Erkrankungen stehen – bei vermutetem weiteren raschen Ansteigen – schon seit langem an der Spitze aller Berufskrankheiten (Neubert 1970 in Richtberg 1980, 5). Nach Lüdtke (1989, 42) nimmt die Lärmschwerhörigkeit (nach den Hautkrankheiten) die zweite Stelle bei den Berufskrankheiten ein.
Mit einem insgesamten Anwachsen der Zahl der Menschen mit Hörschädigung ist in Zukunft weiter zu rechnen, u. a. aufgrund allgemein zunehmender Lärmbelästigung (z. B. im Straßenverkehr, im Beruf) oder auch aufgrund veränderten Freizeitverhaltens (stundenlanges übermäßig lautes Hören mit Kopfhörern oder häufiger Besuch von dröhnenden Diskotheken oder beispielsweise Pop- und Metal-Konzerte).
Statistik: USAKrüger (1991, 26) verweist auf verschiedene Studien in den USA und kommt zu folgender Aussage:
„Regelmäßige Erhebungen in den USA erbringen gegenwärtig Prozentsätze von 7 – 8 % an Personen mit Hörproblemen (‘some difficulty hearing, including tinnitus’) und dies mit zunehmender Tendenz und Hochrechnungen auf 12 % im Jahre 2050. Etwa die Hälfte davon, d. h. 3,5 %, ist von einem bilateralen signifikanten Hörverlust betroffen. Als ,deaf’ (gehörlos und hochgradig schwerhörig, so daß sprachliche Kommunikation allein über das Gehör nicht möglich ist) werden rund 2 Millionen (knapp 1 %) eingestuft, davon 1/5 (400.000) mit einer Ertaubung vor dem 20. Lebensjahr (prevocational) und 1/10 (200.000) vor dem 3. Lebensjahr (prelingual).“
Der gleiche Autor verweist auf 60.000 Gehörlose (1991, 26) in der Bundesrepublik Deutschland, während Wisotzki 80.000 Gehörlose angibt (1998, 36), wobei aus beiden Angaben nicht hervorgeht, ob sich die Zahlen auf die alten Bundesländer oder die gesamte BRD beziehen. Arnold und Ganzer (2011) geben für die BRD (darin sind folglich alle Bundesländer erfasst) die Zahl mit ca. 20.000 Gehörlosen an.
Der Deutsche Schwerhörigenbund (DSB) sprach 2009 (DSB 2009) und 2017 (DSB 2017) von je 14 Millionen Menschen mit Hörschädigungen in Deutschland, wovon rund 2,5 Millionen Hörgeräteträger seien (DSB 2009).
Statistik: AltersverteilungAbbildung 21 gibt einen Überblick über die Altersverteilung. Aus der Abbildung wird ersichtlich, dass von allen nennenswert Hörgeschädigten etwa die Hälfte im Erwerbsalter (20 bis 60 Jahre) steht. Im Alter über 60 Jahre sind fast ebenso viele (45 %) betroffen und nur ein geringer Teil, nämlich 1/25 oder 4 %, sind im Kindes- und Jugendalter.

Abb. 21: Altersverteilung der Hörgeschädigten (aus: Krüger 1991, 26)

Abb. 22: Übersicht über die Lebensalter, in denen die Gehörlosigkeit eintritt (bzw. festgestellt wird) (aus: Heese 1961, 14)
Heese (1961, 13f) verwies darauf, dass die Lebensalter, in denen Gehörlosigkeit oder Ertaubung am häufigsten eintritt, im frühen Kindes- und im höheren Alter liegen. Von ihm stammt Abbildung 22, die ein sprunghaftes Anwachsen von Hörschäden jenseits des 50. Lebensjahres zeigt. Ähnliche Aussagen trifft Heese auch in späteren Publikationen. So verweist er auf „im Erwachsenenalter mehr als 0,05 % Gehörloser der Jahrgänge mit stark zunehmend höherem Prozent-Anteil nach dem fünften Lebensjahrzehnt“ (Heese 1995, 87).
Für den Altersabschnitt 0 – 5 Jahre (Abb. 22) sei darauf verwiesen, dass zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Abbildung (1961) die Früherkennung von Hörschäden nicht mit heutigen Maßstäben gemessen werden kann.
Auf Basis der Statistik der Schwerbehinderten aus dem Jahr 2001 erstellten Streppel et al. (2006) Abbildung 23. Erfasst wurden hier Personen mit einem Behinderungsgrad von mindestens 50 %. Aus der Abbildung werden – wie schon bei Heese 1961 – ein deutliches Ansteigen ab etwa dem fünften Lebensjahrzehnt und eine höhere Betroffenheit von Männern deutlich.
Statistik: Beginn des 20. Jahr hunderts Aus historischer Sicht sei noch auf Statistiken Anfang des 20. Jahrhunderts verwiesen:
■ Nach der Volkszählung des Deutschen Reiches 1900 machten die „Taubstummen“ einen Anteil von 0,86 % aus; es gab also 8,6 Taubstumme auf 10.000 Einwohner. Für das Jahr 1925 wird ein Anteil von 0,69 %, also 6,9 Taubstumme auf 10.000 Einwohner, angegeben (Schumann 1929, 13). Heese (1961, 12) gibt unter Verweis auf die gleiche Volkszählung für das Jahr 1925 0,73 % an (unter Bezug auf: Statistik d. Dtsch. Reiches. Bd. 419 [Die Gebrechlichen im Dtsch. Reich n. d. Zählung v. 1925/26] Berlin [Statist. Reichsamt 1932, 408]).