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6. Abschnitt: Die Straftat › § 29 Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie Gesinnungsunwert der Tat

Hans Kudlich

§ 29 Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie Gesinnungsunwert der Tat[1]

A.Grundlagen1 – 5

I.Das Unrecht als zentraler Begriff der allgemeinen Verbrechenslehre1, 2

II.Terminologie: Unrecht und …3 – 5

1.Unrecht und Tatbestand3

2.Unrecht und Unwert4

3.Unrecht und Rechtswidrigkeit5

B.Die (notwendigen) Komponenten des Unrechts6 – 14

I.Entwicklung der Unrechtslehre7, 8

II.Unrechtslehre „de lege lata“?9 – 11

III.Fazit: Partikulärer Unrechtsbegriff?12 – 14

C.Die Komponenten des Erfolgs- und Handlungsunrechts in der Verbrechenslehre15 – 44

I.Ausgangspunkt15, 16

II.Unrechtskompensierende Elemente17 – 20

1.Erlaubnistatbestandsirrtum (Wegfall des Handlungs- bzw. Intentionsunrechts?)18

2.Umgekehrter Erlaubnistatbestandsirrtum (Wegfall des Erfolgsunrechts?)19, 20

III.Erfolgsunrecht21 – 23

1.Inhalt21

2.Erfolgsunrecht und Verbrechenslehre22, 23

IV.Handlungsunrecht24 – 44

1.Vorsatz als Intentionsunrecht25

2.Objektives Handlungsunrecht26 – 32

a)Konkretisierung des objektiven Handlungsunrechts über die Dogmatik der objektiven Zurechnung27, 28

b)Kritik29 – 32

3.Konstitutive Handlungsunrechtselemente beim Vorsatzdelikt – zum Wechselspiel von Intentionsunrecht und objektiven Handlungsunrechtselementen33 – 41

a)„Fahrlässigkeit“ als Voraussetzung jedes Vorsatzdelikts?34

b)Kritik35 – 37

c)Extensiverer Maßstab beim Vorsatzdelikt wegen fehlenden Drohens einer Überforderung38 – 41

4.Zusammenwirken von objektiven und subjektiven Handlungsunrechtselementen42 – 44

D.Erfolgs- und Handlungsunrecht in der Rechtsprechung45, 46

E.Zusammenfassung47 – 52

Ausgewählte Literatur

6. Abschnitt: Die Straftat › § 29 Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie Gesinnungsunwert der Tat › A. Grundlagen

A. Grundlagen

I. Das Unrecht als zentraler Begriff der allgemeinen Verbrechenslehre

1

Als Kern der Verbrechenslehre hat der – nach heutigem Verständnis praktisch unstreitig autarke[2] – Unrechtsbegriff das Potential, viele Fragen des Strafrechts in sich zu vereinen, beginnend beim Sinn und Zweck des Strafens über die Kriminalpolitik hin zur Dogmatik des Verbrechens. Dieser „Metacharakter“ ist zugleich sein Manko, da der schillernde Unrechtsbegriff stets „systemisch eingefärbt“ ist, also in Relation zu einem bestimmten Konzept des Strafens steht.[3] Eine losgelöste, spezifische Lehre des Unrechts kann es damit nicht geben. Zwar könnte man sich auf einen Begriff verständigen, wonach (strafrechtliches) Unrecht das sei, „was der Gesetzgeber mit Kriminalstrafe bewehrt“;[4] denn ein solcher positiver Begriff läuft zumindest nicht Gefahr, von der gesetzgeberischen Wirklichkeit überlagert oder gar überholt zu werden. Soweit der Unrechtsbegriff aber materiellen Gehalt haben,[5] mithin „tonangebend“, strafrechtslegitimierend oder gar „systemkritisch“ fungieren soll, gilt es, ihn durch bestimmte Legitimationsmodelle auszufüllen (was eine Nähe des strafrechtlichen Unrechtsbegriffs zu demjenigen der Rechtsgutsverletzung zeigt). Dieser Akt wird über die grundsätzlich anerkannte Differenzierung zwischen den zwei potentiellen Hauptbestandteilen, nämlich dem Erfolgs- und dem Handlungsunrecht vollzogen.[6] Dabei steht das Erfolgsunrecht als Synonym für „Rechtsgutsbeeinträchtigung“,[7] „Normdesavouierung“[8], „Übergriff des Täters in die Freiheitssphäre anderer“[9] oder „Normübertretung“;[10] das Handlungsunrecht spiegelt sich zum einen (beim Vorsatzdelikt) im subjektiven Tatbestand, zum anderen in Verstößen gegen sowohl in den Straftatbeständen des Besonderen Teils näher spezifizierten als auch in der Dogmatik des Allgemeinen Teils verankerten Verhaltensanforderungen (vgl. dazu unten Rn. 26 ff.) wider.

2

Ist dieser Schritt vollzogen, also ein bestimmtes Konzept zugrunde gelegt, lässt sich das Unrecht durchaus als Inbegriff aller Voraussetzungen definieren, „die das Urteil begründen, der Täter habe sich in strafrechtlich erheblicher Weise rechtswidrig verhalten“.[11] Der Unrechtsbegriff fungiert dann als Verbindungsglied zwischen jenen abstrakten Legitimationsmodellen und der Strafrechtsdogmatik überhaupt, gilt doch bereits der Tatbestand – sprich: die erste Stufe der Deliktsverwirklichung – als „vertyptes Unrecht“. Der Unrechtsbegriff wird damit samt seiner Komponenten zum Anknüpfungspunkt der verschiedenen Erscheinungsformen der Straftat und zum „Skelett“ einer jeden Deliktsverwirklichung, welcher dank seiner zwei „variablen Bausteine“[12] die Strukturierung des Unrechtkerns eines Deliktstatbestands erleichtert und damit als Argumentationsgrundlage strafrechtsdogmatischer Streitfragen dienen kann.[13] Nicht selten geht damit in Abweichung vom herrschenden dreistufigen Deliktsaufbau – zumindest in der Argumentation – eine „Rückkehr“ zur Dichotomie von „Unrecht und Schuld“ einher;[14] dies kommt deutlich zum Vorschein, soweit Erlaubnissätze als „umgekehrte Unrechtsmerkmale“ kompensierende Wirkung entfalten sollen.[15] So können Fragen „an den Rändern“ der allgemeinen Verbrechenslehre auf die abstraktere Ebene des Unrechts transferiert und dort gelöst werden (so etwa beim Erlaubnistatbestandsirrtum, beim Fehlen eines subjektiven Rechtfertigungselements, vgl. Rn. 17, aber auch bei der hypothetischen Einwilligung). Gewisse Unrechtskomponenten (insb. das Erfolgsunrecht, soweit man dieses mit der überzeugenden h.M. als „unrechtskonstitutiv“ erachtet[16]) dienen als Auslegungsstütze für „analoge“ Tatbestände (so beim Computerbetrug gem. § 263a StGB), können aber auch zur Begründung von Auslegungsspielarten (etwa bei den Brandstiftungsdelikten) herangezogen werden. Während der Begriff des „Unrechts“ in der Lehre ganz unterschiedliche Ausprägungen erfährt und damit auch in abweichendem Kontext aufgegriffen wird, spielt er in der Rechtsprechung überwiegend im Bereich der Strafzumessung eine Rolle (vgl. Rn. 45 ff.).

II. Terminologie: Unrecht und …

1. Unrecht und Tatbestand

3

Die dargestellten Unklarheiten hinsichtlich des eigentlichen Gegenstands und der Funktion des Unrechtsbegriffs schlagen sich auch in terminologischen Unsicherheiten nieder. Dies gilt vornehmlich für die Hauptkomponenten des Unrechtsbegriffs, das Handlungs- und Erfolgsunrecht. Als vom dreistufigen Deliktsaufbau losgelöste „Basiselemente“[17] können Erfolgs- und Handlungsunrecht keine Synonyme für den objektiven und subjektiven Tatbestand darstellen. Deutlich wird das Auseinanderdriften von Tatbestandslehre und Unrechtsbegriff, wenn man sich vergegenwärtigt, dass das Handlungsunrecht – zumindest nach wohl h.A. – sowohl subjektive als auch objektive Komponenten beinhaltet,[18] insb. was die Art und Weise der Herbeiführung des Erfolgsunrechts angeht.[19] Der Umstand, dass die Unrechtselemente an etwaige Rechtfertigungsgründe gekoppelt sind, demonstriert ebenso, dass ein Gleichlauf nicht zwingend ist.[20] Dabei ist die Trennung der beiden „Unrechtsbausteine“ – in Anbetracht ihrer Beziehung zueinander – als Arbeitshypothese zu verstehen. Hält man sich dies vor Augen, scheint eine begriffliche Aufspaltung zweckmäßig.[21]

2. Unrecht und Unwert

4

Hingegen dürften die Begriffe des Handlungs- und Erfolgsunwerts keine autonome Kategorie außerhalb von Recht und Unrecht darstellen, sondern synonym zum Begriffspaar „Handlungs- und Erfolgsunrecht“ gebraucht werden[22] und somit keine eigenständige Bedeutung haben. Der „Unwert“ als kategorialer Begriff passt allenfalls sprachlich in Bezug auf Gesinnungsmerkmale besser, da es in einem Tatstrafrecht, in dem die grundsätzliche Unterscheidung zwischen Unrecht und Schuld anerkannt ist (vgl. bereits Rn. 2), kein „Gesinnungsunrecht“ geben kann. Eine andere Frage ist hingegen, inwiefern etwaige Gesinnungsmerkmale zugleich das Auslegungspotential mitbringen, um als das Unrecht erhöhende Merkmale zu fungieren (etwa eine grausame Tötung[23]).

3. Unrecht und Rechtswidrigkeit

5

In Abgrenzung zur Rechtswidrigkeit hat der Begriff des Unrechts mehr „Tiefgang“,[24] d.h. er beschreibt erst Ausmaß und Qualität des rechtswidrigen Verhaltens (und ist insoweit auch quantifizierbar[25]). Auch wenn im Zusammenhang mit dem dreistufigen Deliktsaufbau meist gelehrt wird, dass auf der Ebene der „Rechtswidrigkeit“ das endgültige Unwerturteil über das im Raum stehende Verhalten gefällt werde, ändert dies nichts daran, dass damit letztlich nur der Widerspruch zwischen Norm und Handlung – also das „Missverhältnis zwischen zwei Beziehungsgliedern“ – gemeint ist. Während also ein Verhalten kategorisch[26] entweder rechtswidrig ist oder eben nicht,[27] kann der Unrechtsgehalt einer Tat quantitativ wie auch qualitativ näher konkretisiert werden.

6. Abschnitt: Die Straftat › § 29 Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie Gesinnungsunwert der Tat › B. Die (notwendigen) Komponenten des Unrechts

B. Die (notwendigen) Komponenten des Unrechts

6

Der heutige Unrechtsbegriff und sein Gehalt (insb. seine Komponenten und deren Beziehungsverhältnis zueinander) sind mittlerweile weitgehend anerkannt; mag man über seine Bedeutung für verschiedene Verbrechenslehren im Detail diskutieren – die daraus gezogenen praktischen Konsequenzen (etwa im Bereich des umgekehrten Erlaubnistatbestandsirrtums) sind überwiegend anerkannt, können aber jedenfalls allgemein nachvollzogen werden.

I. Entwicklung der Unrechtslehre[28]

7

Der Weg zu den Grundpfeilern des Erfolgs- und Handlungsunrechts war derjenige der Verbrechens- bzw. Handlungslehre[29] überhaupt, deren Fortentwicklung auch zu einer Evolution des Unrechtsbegriffs führte, die in → AT Bd. 2: Eric Hilgendorf, System- und Begriffsbildung im Strafrecht, § 27 insb. Rn. 40 ff. näher beschrieben wird und hier daher nur schlagwortartig nachvollzogen werden muss:[30] Nachdem noch im frühen 20. Jahrhundert die kausale Handlungslehre die Handlung als „rein äußeren Vorgang“ von den subjektiven Vorstellungen bzw. dem Willen des Täters als „reinem Internum“ trennte und Unrecht in diesem „Beling/von Liszt’schen“ System[31] demnach eine objektive Rechtsgutsverletzung bzw. eine Rechtsübertretung durch ursächliches Verhalten war,[32] wurde das Vorstellungsbild des Täters (nach vorsichtiger Anerkennung subjektiver Unrechtselemente[33] in der „Übergangsphase“ des neoklassischen Verbrechenssystems[34]) mit Welzels finaler Handlungslehre als „finale Überdetermination in Gestalt der Antizipation des Kausalverlaufs“[35] (oder als „Ausübung von Zwecktätigkeit“[36]) der bloßen Außenweltveränderung gegenübergestellt. Die besondere Schuldform des „Vorsatzes“ ging in jener Finalität auf und wurde nunmehr als Unrechtselement klassifiziert. Der Intentionsunwert[37] als subjektiver Teil des Handlungsunrechts sollte durch den Verhaltensunwert (als objektiver Teil des Handlungsunrechts) ergänzt werden. Obwohl sich der Finalismus als solcher nur zu einem Teil durchgesetzt hat,[38] blieben seine konkreten Ausprägungen im heutigen neoklassisch-finalen Verbrechensaufbau wie auch im Unrechtsbegriff als „Stichworte“ zu großen Teilen erhalten.

8

Die Forderung nach einer Handlungsunrechtskomponente ist im Grundsatz auch überzeugend und berechtigt. Das zeigt sich schon bei der Vielzahl der Delikte, bei denen ausdrücklich nicht jede Herbeiführung des tatbestandlichen Erfolges unter Strafe gestellt ist, sondern nur Erfolgsverursachungen durch bestimmte, näher beschriebene Verhaltensweisen, die ihrerseits für die Missbilligung des Verhaltens bedeutsam sind. Bei anderen Tatbeständen begründen bestimmte Begehungsweisen (z.B. mit besonders gefährlichen Werkzeugen oder in bandenmäßiger Weise) zumindest einen Qualifikationstatbestand. Allgemeiner gesprochen: Der Gesetzgeber berücksichtigt bei der Konturierung des durch die Tatbestandsfassung vertypten Unrechts nicht nur die Verletzung des geschützten Rechtsguts als eingetretenen Erfolg, sondern auch den Angriffsweg[39] als spezielle Qualität der Verletzungshandlung. Dieser Umstand fügt sich in eine Entwicklung ein, die Schünemann für das Strafrecht auf seinem Weg von der archaischen zur modernen Gesellschaft anschaulich und überzeugend nachgezeichnet hat: Dieser ist dadurch geprägt, dass weg vom bloßen Abstellen auf ein rein äußeres Geschehen oder jedenfalls auf die Kasuierung eines Erfolges die subjektive Verantwortung immer stärker mitberücksichtigt wird.[40] Das bis heute herrschende Verständnis geht diesen Weg freilich nicht im Sinne eines monistisch-subjektiven Ansatzes Armin Kaufmann’scher Prägung[41] konsequent bis zu der Vorstellung zu Ende, dass etwa Verletzungs- bzw. Außenwelterfolge nur als objektive Bedingungen der Strafbarkeit verstanden würden; vielmehr werden i.S. einer „dualistischen Unrechtslehre“[42] schädliche Erfolge weiterhin als negative Faktoren bei der Bestimmung der Unrechtsqualität einbezogen.[43]

II. Unrechtslehre „de lege lata“?

9

Freilich scheint der gesetzgeberische Trend, zunehmend auf Verletzungs- bzw. Gefährdungserfolge[44] zu verzichten (bzw. aufgrund einer Abkehr von einem klassischen, individualrechtsgutschützenden Strafrecht zu einem Präventionsstrafrecht verzichten zu müssen) der monistischen Lehre faktisch Recht zu geben:[45] Der rechtliche Außenwelterfolg bleibt zwar dogmatisch von der schlichten Tätigkeit bzw. der Handlung zu trennen.[46] Da aber der Erfolg nur noch die Tatbestandsausgestaltung betrifft und nicht mehr als „Synonym für Rechtsgutsverletzung“ fungiert,[47] scheint das Erfolgsunrecht, wie man es als Vertreter eines dualistischen Konzepts verstehen sollte, in diesen Fällen auf den ersten Blick keine Rolle mehr zu spielen.[48]

10

Indes wäre ein solcher Schluss von modernen gesetzgeberischen Entwicklungen in (und seien es auch zahlreiche) Sonderbereichen auf ein allgemeines Unrechtsverständnis vorschnell. Zum einen liegt im tatbestandlichen Außenwelterfolg eine gesetzgeberische Wertentscheidung,[49] die den Aussagegehalt hat, dass ein überindividuelles Rechtsgut ab dem Eintritt des Erfolgs qualitativ in einem höhheren Maße betroffen ist als im Falle eines sonstigen Handlungsvollzugs;[50] das spiegelt sich etwa in den auf eine Rechtsgutsverletzung verzichtenden Betrugsderivaten der §§ 264a, 265b und 265c StGB auch in dem gegenüber § 263 StGB verringerten Strafrahmen wider. Daneben darf nicht übersehen werden, dass der tatbestandliche Erfolg auch ohne Rechtsgutsbezug bewusstseinsbildende Wirkung hat,[51] weil er verhaltensnorm-konkretisierend wirkt. Samson präzisiert den Einfluss des Außenwelterfolgs auf das Handlungsunrecht von der Prämisse ausgehend, dass das menschliche Erkenntnisdefizit hinsichtlich der Tauglichkeit von Handlungen, Rechtsgüter zu gefährden (bzw. legitimen Interessen zu beeinträchtigen), eine Entscheidung ex post erforderlich mache, wofür der Erfolgseintritt das Indiz bilde.[52] Dass derartige Ansätze (insb. das Verständnis vom „Erfolgsunrecht“ als „bewusstseinsbildendem Außenwelterfolg ohne Rechtsgutsbezug“) mehr zweckorientiert als zielführend anmuten, ist weniger schlimm, wenn man sich vor Augen führt, dass die Verschleifung von „Handlungs- und Erfolgsunrecht“ bzw. der Verzicht auf ein Erfolgsunrecht bei einzelnen Tatbeständen de lege lata auch als eine legislatorische (Fehl-)Entscheidung verstanden werden könnte, über die auch an anderer Stelle (und mit anderem Vorzeichen) kritisch diskutiert wird.[53]

11

Anders gewendet: Soweit man das Erfolgsunrecht auf die Verletzung von Individualrechtsgütern oder sonst irgendwie geartete manifestierte Gefährdungsakte in Abgrenzung zum Außenwelterfolg als begrenzendes Tatbestandsmerkmal beschränken will, heißt dies nicht, dass die Lehre vom konstitutiven Erfolgsunrecht überflüssig, weil vom Gesetzgeber ohnehin nicht beachtet wäre[54] (was umso mehr gilt, als der Gesetzgeber an die Verfassung und nicht an eine hiervon losgelöste Unrechtslehre gebunden ist). Vielmehr kann man sich auf den Standpunkt stellen, dass der Gesetzgeber eben dort, wo er solch ein Erfolgsunrecht im engeren Sinne verlangt – also für die konkrete Deliktsbegehung und den damit einhergehenden Strafrahmen etc. das Erfolgsunrecht für konstitutiv erachtet (und insofern auch die Konsequenzen aus dessen Fehlen bzw. dessen Kompensation zu ziehen sind) – in einem engen Sinne „klassisch“ bzw. „typisch“ strafrechtliches Unrecht umschreibt, während dort, wo auf ihn verzichtet wird, immer darüber diskutiert werden kann, ob bzw. inwieweit dieser Verzicht auch legitim ist.[55] Dies verträgt sich auch insofern mit dem Charakter des Unrechts, als ein hinzutretendes Erfolgsunrecht dessen Umfang näher konkretisiert. Stellt man sich auf den Standpunkt, dass lediglich sichtbare Verletzungen bzw. Beeinträchtigungen von Rechtsgütern unter den Begriff des Erfolgsunrechts fallen, bleibt dies im Übrigen weitestgehend ohne Folgen, wenn man bedenkt, dass die dogmatischen Auswirkungen des zweibasigen Konzepts ohnehin überwiegend Delikte betreffen, welche Individualrechtsgüter schützen.

III. Fazit: Partikulärer Unrechtsbegriff?

12

Man könnte also versucht sein, zur Erhaltung des „Erfolgsunrechts“ dessen Substanz selbst aufzugeben, um mit der gesetzgeberischen Wirklichkeit einher zu gehen. Ein Erfordernis diesbezüglich besteht jedoch nicht. Insofern sind sich die geschilderten Ansätze äußerst ähnlich. Sie begehen denselben Fehler, soweit sie sich um einer besseren Verträglichkeit mit der lex lata willen selbst aufgeben:[56] Während dies im Rahmen der dualistischen Lehre zum Teil mit einer Modifikation des Erfolgsunrechts versucht wird, schneidet sich die monistisch-subjektive Lehre ins eigene Fleisch, wenn sie die Relevanz für Eintritt und Höhe der Strafe damit begründet, dass die Gesellschaft an einer erfolgreichen Straftat mehr Anstoß nimmt als an einer erfolglosen, obwohl dies nach dem normtheoretischen Konzept des Unrechts gerade keine Rolle spielen dürfte.[57]

13

Da sich beide Auffassungen „in Reinform“ mit dem geltenden Recht nicht vereinbaren lassen, müssen sie gleichsam autonom bleiben, soweit sie als System kohärent bleiben sollen. Die hier angestellten Überlegungen dürften jedoch deutlich gemacht haben, dass man die Früchte der Unrechtslehre für die Dogmatik nur ernten kann, wenn man einen Mittelweg einschlägt: Dieser hat seinen Ansatz in der Erkenntnis, dass die Unrechtsqualität menschlichen Verhaltens nicht abstrakt, sondern nur anhand der konkreten Verhaltensnorm bestimmt werden kann.[58] Dies führt zu einem partikulären Unrechtsbegriff, dessen konstitutive, unrechtserhöhende oder verzichtbare Komponenten vom Ausmaß der Verhaltensnorm und deren Stoßrichtung abhängig sind. Solch ein Unrechtsbegriff lässt sich auch besser in das geltende Recht integrieren, weil die lex lata dann als (korrigierbare) Zwischenentscheidung dahingehend zu deuten ist, welche Komponenten im jeweils betroffenen Bereich für notwendig erachtet werden.

14

So lässt sich begründen, dass eine Prüfung des Vorliegens von Erfolgsunrecht neben dem stets notwendigen Element des Handlungsunrechts sich einmal erübrigt (so – zumindest weitgehend – beim Versuch, bei schlichten Tätigkeitsdelikten, aber auch bei solchen Erfolgsdelikten, die noch keine Verletzung eines Rechtsguts bedeuten), einmal als „Teilmenge“ fungiert, welche das Ausmaß des Unrechts konkretisiert, und ein weiteres Mal gar mitkonstitutiv wirkt, soweit das Handlungsunrecht allein bzw. ein Verhaltensnormverstoß (Fahrlässigkeit) das Unrecht nicht begründen kann. Dementsprechend unterschiedlich kann das Beziehungsverhältnis der beiden Komponenten zueinander sein (vgl. noch Rn. 15 f.), wobei man auch das Verhältnis der objektiven Komponente des Handlungsunrechts zu seiner subjektiven nicht vernachlässigen darf (vgl. noch Rn. 33 ff.). Eine andere Frage bleibt, ob das partikuläre Unrecht gesetzgeberisch richtig „umgesetzt“ wurde, ob also die Einschätzung zutrifft, welche der Komponenten des Unrechts strafbarkeitsbegründend wirken müssen. Dann führt der Unrechtsbegriff weitere „strafrechtsspezifische“ Ausprägungen des Verfassungsrechts – insb. den fragmentarischen Charakter bzw. die Subsidiarität[59] – am Ziel eines verfassungsrechtlich legitimen (weil materiellen Unrechtsgehalt aufweisenden) Strafgesetzes zusammen.

6. Abschnitt: Die Straftat › § 29 Handlungs- und Erfolgsunrecht sowie Gesinnungsunwert der Tat › C. Die Komponenten des Erfolgs- und Handlungsunrechts in der Verbrechenslehre

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