Kitabı oku: «Celsissimus: Salzburger Roman», sayfa 11

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X

Wahrhaft fürstlich war Salome zu Hof gehalten, unumschränkte Gebieterin und Herrin über eine große Schar von Kammerfrauen und Dienerinnen. Salome speiste mit Wolf Dietrich täglich an der üppig bestellten Tafel, sie erwies die Honneurs des fürstlichen Hauses, wie sie im engeren Kreise bei Hof allenthalben als Gemahlin Seiner Hochfürstlichen Gnaden respektiert wurde. Der Fürst bekundete für Weib und Kind eine rührende Fürsorge, der gute innere Kern seines sonst wankelmütigen Wesens offenbarte sich hier durch Treue und Hingebung im schönsten Maße. Aus Salzgeldern war Salome ein Nadelgeld von monatlich vier- bis sechstausend Gulden überwiesen, und sie verstand es, weise mit dem Gelde umzugehen, auf die Zukunft stets bedacht. Aber auch Wolf Dietrich schien bemüht, die Existenz seiner heißgeliebten Salome vor Wechselfällen des Lebens sicherzustellen dadurch, daß er dem sogenannten „ewigen Statut“ einen speziellen Paragraphen einfügte, der in nicht mißzuverstehender Weise lautete: „Alle diejenigen, welche vom Erzstift begabt und begnadet werden, sollen dieser empfangenen Gnaden und Haben halber nicht allein unter irgend einem Schein, heiße er wie er wolle, nicht angefochten werden oder rechtlichen oder unrechtlichen Anspruch darauf zu erdulden haben, sondern sollen vielmehr bei den empfangenen Gnaden beschützt und beschirmt werden.“

So geschirmt, beschützt, litt Salome doch bittere Qual im Herzen, der immer wieder auftauchende Gedanke an den kranken unversöhnlichen Vater steigerte den Seelenschmerz zur unstillbaren Sehnsucht, vom Vater Alt Vergebung zu erlangen. Und eines Tages, da die junge Mutter eben das kleine Wölfchen herzte, trat die Lieblingsdienerin Klara, die einst zur Flucht aus dem Elternhause behilflich gewesen, ins Gemach, und am geheimnisvollen Gebaren merkte Salome sogleich, daß ein besonderes Ereignis vorgefallen sein müsse. Die Kammerfrau wie die Kindsin wurden weggeschickt, und nun fragte Salome hastig, was Klara wohl zu melden habe.

Zögernd nur sagte die vertraute Dienerin, daß sie die Häuserin des Vaters getroffen und von dieser Kunde habe, es stünde übel mit Herrn Wilhelm Alt, wasmaßen um den Geistlichen geschickt worden sei.

Salome erbleichte bis in die Lippen, ein Schauer ging durch ihren zarten Körper, bebend jammerte sie: „Großer Gott! Gieb Gnade mir, steh mir bei zur Vergebung!“

Und ein Gedanke fand sofortige Ausführung. Salome kleidete Wölfchen sogleich an, rüstete selbst sich zum Ausgang und befahl Klara, eine Sänfte zu bestellen, und das Geleit zu geben ins Vaterhaus.

Eine Stunde später war Salome mit ihrem Söhnchen zitternd und zagend im Altschen Hause; Klara bemühte sich, die Häuserin zu beschwatzen, auf daß Tochter und Enkel ins Krankenzimmer gelassen würden.

Der Priester, welcher beim Schwerkranken geweilt, verließ die Stube; ihm eilte von Schmerz und Sorge erregt und gequält Salome entgegen und fragte, wie es um den Vater stünde. Der Geistliche zuckte die Achseln, grüßte höflich und flüsterte: „Es kann nicht lange mehr dauern!“

Ein Wehruf entrang sich der wogenden Brust, Salome fühlte eine Ohnmacht nahen, doch raffte sie sich auf, nahm Wölfchen in die Arme und wankte, die Häuserin zur Seite drängend, in Vaters Krankenstube.

Wilhelm Alt drehte den totenbleichen Kopf zur Seite, die schier brechenden Augen waren fragend auf den Störenfried gerichtet. Wie nun Alt Salome erkannte, erzitterte er und hob die knöcherigen Hände wie abwehrend gegen die Tochter. Hohl klangen die Worte: „Hinweg mit der fürstlichen Buhle!“

Salome warf sich in die Knie, hielt Wölfchen entgegen und flehte schluchzend im bittersten Weh: „Vater, lieber Vater, vergebt mir! Verzeiht!“

„Hinweg! Ich will in Ehren sterben!“

„Vater, habt Erbarmen!“

„Ich hab' kein Kind, kann Vater also nimmer sein!“

„Hilf heiliger Gott, Maria steh' mir bei in dieser bittersten Stunde meines Lebens! Erweich' des Vaters Herz, o heiliger Gott, auf daß mir Verzeihung werde, nach welcher dürstet meine Seele, verlangt mein schmerzdurchwühltes Herz!“

„Hinaus! Ich will nichts hören!“

„Schwer hat sich gerächt die Flucht vom Elternhause, ich fand die Seelenruhe nimmer, versagt bleibt mir der priesterliche Segen —“

„Das wußt' ich zum voraus!“

„Euer prophetisch Wort hat nur zu wahr sich an mir erfüllet! All' äußerer Glanz kann die Hohlheit meines Seins nicht verdecken!“

„Die Strafe ist gerecht für das ungeratene Kind, dessen Leben jedem ehrlichen Bürger Salzburgs muß die Schamröt' ins Gesicht nur treiben!“

„Vergebt mein guter Vater! Hart ist die Strafe, doch willig soll sie ertragen werden! Laßt Euer Herz reden für mich und mein unschuldig Kind!“

„Der Bastard soll zum Lockvogel wohl werden?! Vergebene Mühe!“

„Zermalmet mich mit Eurem Zorn, doch sagt das eine Wort vorher, das meines Lebens höchste Sehnsucht ist!“

„Nein! Es bleibt bei meinem Fluch! Ich will von dir nichts wissen, will ehrlich stolz in die Grube fahren! An dir und deinem fürstlichen Buhlen soll sich rächen der Fluch des Vaters, erfüllen sich ein grausam Schicksal verdientermaßen!“

Wilhelm Alt begann zu röcheln, seinem todesmatten Körper und müden Geist ward diese Scene zu viel der Aufregung, die den Todeskampf beschleunigen mußte.

Von Verzweiflung erfüllt setzte Salome das Knäblein zu Boden, eilte an des Vaters Sterbebett und warf sich vor demselben nieder, die Hände flehend ringend, um Erbarmen wimmernd.

„Nein!“ flüsterte der Sterbende und ließ das Haupt in die Kissen fallen. Ein Zucken, ein Seufzer – das Leben war entflohen, Wilhelm Alt unversöhnt gestorben.

Salome schrie auf in furchtbarstem Schmerz und warf sich über die Leiche, die Lippen des Vaters ein letztes Mal küssend.

Dann rang die junge Mutter nach Fassung, nahm Wölfchen auf den Arm und verließ das Sterbezimmer, um in der Sänfte ins Palais zurückzukehren und Trauerkleider anzulegen.

Zur gewohnten Stunde erschien Wolf Dietrich in spanischer Rittertracht in Salomens Gemächern, um die Gemahlin abzuholen und in den Speisesaal zu geleiten. Betroffen ob der Trauerkleidung fragte der Fürst nach der Ursache, und als Salome ihm schluchzend Mitteilung vom Tode des Vaters gegeben, suchte Wolf Dietrich liebreich zu trösten. Die Frage, ob eine Aussöhnung erfolgt sei, fühlte der Fürst auf der Zunge liegen, doch als Schonung sprach er sie nicht aus. Dafür gelobte er, Wilhelm Alt mit allem Gepränge, wie die familiären Beziehungen dies heischen, bestatten zu lassen.

Salome drängte die Thränen zurück und bat weichen Tones: „Mein gnädiger Herr möge davon Abstand nehmen! Der Vater soll still und schlicht begraben werden, darum bitte ich in meinem namenlosen Schmerze!“

„Wohl acht' ich Schmerz und Trauer, doch will mich bedünken, der Vater meiner Frau soll mit fürstlichen Ehren zu Grab' getragen werden!“

„Verzeiht mir, gnädiger Gebieter! Sehet davon ab! Der Vater ist geschieden im Zorn – unversöhnt mein Flehen war vergeblich!“

„So war Salome in letzter Stunde bei Wilhelm Alt?“

„Ja, es war Kindespflicht doch nur! Mit Wölfchen in den Armen flehte ich um sein Erbarmen —“

Wolf Dietrich rief mißmutig: „Was sollt' mein Söhnlein dabei? Will ich verargen nicht, daß du den kranken Vater wolltest sehen, der junge Raittenau hat dem Altschen Hause fern zu bleiben.“

Aufschluchzend jammerte Salome: „Ist doch Wölfchen von mir in Schmerzen geboren! Und die Mutter durfte doch wohl ihr Kind mit sich nehmen auf den bitteren Gang!“

„Ein bitterer Gang, das will glauben ich und nicht weiter raiten. Mein Sproß aber sollt' nicht betteln um eines Bürgers Gnade, sei dieser wer er wolle; die Kluft ist zu hoch!“

„Weh' mir!“ rief Salome und brach zusammen.

Der Fürst mochte fühlen, zu weit gegangen, zu scharf geworden zu sein, er rief die Kammerfrauen herbei, deren Pflege er Salome überließ, und gab Befehl, auf das der Leibmedikus die Kranke besuche.

Als Wolf Dietrich zur Tafel sich begab, lagerten Wolken des Unbehagens und Mißmutes auf seiner Stirne; hochfahrender denn je trat er in den Saal, wo die geladenen Gäste des Fürsten harrten und ihn mit tiefen Verbeugungen begrüßten.

Unter den Gästen befanden sich einige Salzburger Patrizier, denen die Abwesenheit Salomes auffiel, die aber deren Fehlen mit dem Ableben ihres Vaters in Verbindung zu bringen wußten und nicht wenig darauf neugierig waren, ob der Fürst des Todes Wilhelm Alts irgendwie erwähnen werde.

Die Tafel mit all' dem Zeremoniell, auf dessen Beobachtung Wolf Dietrich strenge hielt, begann, und flink servierten die Lakaien. Stumm ward gespeist, es lag ein Druck auf der Gesellschaft, die finstere Miene des Fürsten ließ keine den Tafelfreuden entsprechende Stimmung aufkommen.

Neben dem Erzbischofe saß Graf Lamberg, der verstohlen manchen Blick auf den Gebieter warf und darüber nachsann, was die üble Laune hervorgerufen haben könnte. Zu seiner Überraschung sprach plötzlich Wolf Dietrich halblaut zum Kapitular: „Will Lamberg dafür sorgen, daß still und schlicht, doch immerhin mit Patrizier-Ehren Wilhelm Alt beerdigt werde, werd' ich dem Freunde dankbar sein!“

Lamberg verbeugte sich und kombinierte schnell Ursache und Wirkung im Verhalten des Fürsten.

Ausblickend und der Gäste Schar musternd, nahm Wolf Dietrich dann das Wort, laut, allen vernehmlich, und sprach: „Salzburg hat einen hervorragenden Bürger in Wilhelm Alt, der von hinnen gegangen ist, verloren. Wir wollen seiner gedenken und zum Zeichen der Trauer die Tafel anjetzo aufheben. Ich delegiere zum Begräbnis an meiner Statt meinen Hofmarschalk und bitte den Grafen Lamberg, das Nötige zu veranlassen.“

Die feierlich, mit tiefem Ernst gesprochenen Gedenkworte des Fürsten wirkten ergreifend auf die Gäste, besonders auf die Patrizier, die ein Dankgefühl empfanden, daß der Gebieter ihres Genossen gedachte. Alles hatte sich erhoben, man stand schweigend. Wolf Dietrich berief nun speziell die Patrizier zu sich und reichte jedem derselben die Hand zum Zeichen seiner Anteilnahme, worauf sich der Fürst mit Lamberg in die inneren Gemächer zurückzog, die Herren aber ergriffen das Palais verließen.

XI

Mannigfach waren die Ursachen, die in Wolf Dietrich Mißmut wachriefen, es waren Wolken auch aufgestiegen, die das Verhältnis Salzburgs zum Herzogtum Bayern zu trüben sehr geeignet schienen. Eine Haupteinnahmequelle für Salzburg bildeten die Salzbergwerke, von denen das zu Hallein das bedeutendste war. Die Ausfuhr des Halleiner Salzes geschah durch das bayerische Land und nach Böhmen, teils zu Wasser, teils zu Lande. Verschiedene Orte längs der Salzach und des Inns waren als Lagerorte oder „Legstätten“ für dieses Salz bestimmt; Hallein für die Ausfuhr zu Lande „auf Axt (Achse) und Ruck, auf Saumroß und Fuhren“, Burghausen, Braunau, Oberberg, Passau und Schärding für die Ausfuhr zu Wasser. Von da aus schaffte Bayern das Salz nach Franken und Schwaben, nach der Pfalz und den Rheinlanden. Wegen dieses Zwischenhandels, der Bayern bedeutende Summen einbrachte, war dieses von jeher bestrebt gewesen, bei der Preisbestimmung des Salzes Einfluß zu üben. Schon in früheren Zeiten bestand Streit in dieser Sache zwischen Bauern und Salzburg. So behauptete Bayern von einer Urkunde Kaiser Friedrichs III., welche dem Erzstift Salzburg die eigenmächtige Erhöhung des Salzpreises zuerkannte, sie sei erschlichen und ungiltig. Im Jahre 1529 hatte nun der Erzbischof Mathäus Lang bei einer Salzsteigerung an Bayern einen vom Domkapitel gegengezeichneten Revers des Inhaltes gegeben, daß diese wie alle zukünftigen Steigerungen von der Bewilligung der bayrischen Herzöge abhängen sollen. Das empfand man nun zu Salzburg stets als ein gravamen und necessitas ecclesiae. In jeder Wahlkapitulation seit Herzog Ernst erschien daher als ständiger Paragraph die Verpflichtung, auf Rückgabe des lästigen Reverses zu dringen. Gleich nach seinem Regierungsantritt hatte Wolf Dietrich, dem Reverse sich fügend, für eine Preissteigerung, zu welcher ihn die mißliche finanzielle Lage veranlaßte, die Bewilligung des bayerischen Herzogs eingeholt, trotzdem das Domkapitel sich hiergegen ablehnend verhielt, nicht so sehr gegen die Einholung der Bewilligung selbst, als gegen den ganzen Ton jenes Reverses, der dem Domkapitel nicht würdig dem Verhältnis des Erzbischofs und einem Herzog schien. Wolf Dietrich war aber daran gelegen, die Preissteigerung durchzusetzen, und in diesem Bestreben ignorierte er den Revers-Tenor wie das Widerstreben der Kapitulare. Es wurde denn auch ein neuer Revers über die Steigerung von acht Pfennigen gleich zwei Salzburger Kreuzern für ein Fuder Salz (ungefähr 130 Pfund) bewilligt, da der Herzog noch einen Kreuzer darüber gestattete.

Wolf Dietrich, der bereits seine Baupläne zu realisieren begonnen und demgemäß kein Baugeld mehr hatte, war gewillt, den Salzpreis abermals zu erhöhen, und diesmal führte er seine Absicht aus, ohne den bayerischen Herzog und das stiftische Kapitel zu befragen. Bayern protestierte und berichtete nach Rom, der Papst sandte einen Vermittler, und es gelang ein leidliches Verhältnis herzustellen, das aber durch erneute Preissteigerungen des Stiftsherrn immer wieder getrübt werden mußte.

Wie die Dinge nun lagen, hatte Wolf Dietrich Unannehmlichkeiten, wohin er das Auge richten mochte. Den Gewinn aus dem Salzhandel mit Bayern teilen zu sollen, empfand der Fürst schwer; er wünschte, den verhaßten Vertrag so bald als möglich abschütteln zu können, und forschte nach einem Vorwand hierzu. Hatte Wolf Dietrich bisher noch gezögert, so geschah es in der Hoffnung, daß inzwischen die Verleihung des roten Hutes an den Erzbischof erfolgen werde. Und deshalb hatte der Fürst bisher einen eklatanten Bruch mit Bayern vermieden. Nun aber lagen vertrauliche Mitteilungen aus Rom im erzbischöflichen Palais vor, die keinen Zweifel darüber ließen, daß Bayern den Erzbischof wegen seines Verhältnisses zu Salome als auch wegen seiner lässigen Haltung dem Protestantismus gegenüber beim Vatikan denunziert hat, ja daß Wolf Dietrich wegen seiner Gesinnung direkt verdächtigt worden sei. Da des weiteren auf Sixtus V. der wankelmütige Klemens VIII. Papst geworden, konnte Wolf Dietrich sich bei gründlicher Würdigung der Verhältnisse in Rom nicht verhehlen, daß die Aussichten für das Kardinalat sehr schlecht genannt werden mußten.

Wolf Dietrich brütete in seinem Arbeitszimmer über diesen geheimen Briefen und bemühte sich, einen ihn selbst befriedigenden Ausweg zu finden. Mit dem Kanzler mochte er diese Angelegenheiten so wenig besprechen wie mit Lamberg, welch' letzterem einzugestehen, daß der rote Hut so gut wie verloren sei, dem Fürsten zu peinlich erschien. Dennoch empfand Wolf Dietrich das Bedürfnis, die Lage mit einer klugen, kühl erwägenden Person zu erörtern, im Gefühle, daß sein eigener Kopf zu hitzig, sein Gemüt zu rasch erzürnt sei. Ein Gedanke galt Salome, dem klugen, schönen Weibe, doch drängte der Fürst diesen Gedanken wieder zurück. Die Lage ist doch zu verwickelt, als daß ein Weiberkopf den Ausweg finden sollte, den der im collegium germanicum geschulte Fürst nicht erklügeln kann. Aber hat Wolf Dietrich nicht schon so manche Angelegenheit insgeheim mit Salome besprochen? Und hatte Salome nicht immer, trotz des Mangels jeglicher politischer und diplomatischer Schulung, das Richtige geraten, feiner empfunden, schlauer erdacht, besser als es die geriebensten Hofräte hätten bemeistern können? Wenn Wolf Dietrich aber seine Salome diesmal einweiht und gesteht, daß die Hoffnung auf das Kardinalat hinfällig geworden, wird Salome nicht die Konsequenzen zu ziehen gewillt sein, und drängen, daß nun jede Rücksicht auf Rom fallen gelassen werde?

„Sei's drum! Ich brauche Salomes klugen Rat!“ flüsterte der Fürst und ließ bitten, es möge die Fürstin sich gütigst zu ihm ins Arbeitszimmer bemühen.

Und Salome erschien rascher, als dies der lebhafte Gebieter geglaubt, anmutig, mit dem bezaubernden Lächeln inniger Hingebung auf den Lippen, doch mit fragenden Augen.

Als die Pagen, welche die Fürstin begleitet hatten, sich zurückgezogen, richtete Salome, an der Seite des Fürsten Platz nehmend, die Frage an Wolf Dietrich, ob ein besonderes Ereignis den Befehl zum Erscheinen hervorgerufen habe.

„Wie klug du bist, Salome! So klug wie schön, Geliebte! Und richtig hast du geraten: ja, schlimme Kundschaft erzeugt in mir den Wunsch, zu besprechen mit dir die neugeschaff'ne Lage.“

Wolf Dietrich erörterte alles der aufmerksam zuhörenden Freundin, die jetzt nur für seine Ausführungen Aug' und Ohr war.

Zunächst hatte Wolf Dietrich die Salzpreisfrage geschildert und hielt nun inne, den Blick fragend auf Salome gerichtet.

Langsam sprach nun, jedes Wort überlegend, die Favoritin: „Nach allem, was mein gnädiger Herr eben erörtert, deucht mich: Im Vorteil wäre das Stiftsland, wenn in einem neuen Vertrag die Salzausfuhr auf eine bestimmte Frist festgelegt werden würde und Bayern sich verpflichtet, genau bestimmte Hallfahrten15 in dieser Zeit auszuführen. Zugleich soll Salzburg darauf hinwirken, daß nur das Stiftsland den Preis steigern könne, Bayern hierauf aber keinen Einfluß habe.“

Überrascht rief Wolf Dietrich: „Sieh einer, wie fein! Aber der Bayer hört viel auf seine Räte und deren einer wird doch wohl solches Fußeisen finden! Richtig ist, daß mir das Recht zusteht, zu steigern, wenn dies auch der Kaiser thut.“

„Will mein gnädiger Herr das nicht näher auseinandersetzen?“

„Gern! Sobald der Kaiser, dem die Bergwerke zu Hallstatt und Ischl eignen, eine Preissteigerung vornimmt, habe ich das Recht, den halben Teil der kaiserlichen Steigerung auf mein Halleiner Salz zu schlagen.“

„Weiß das der Bayernherzog?“

Wolf Dietrich zuckte die Achseln: „Ob er es weiß, ist mir nicht bekannt; ich glaube nicht, daß von dieser Urkunde eine Abschrift nach München gekommen ist.“

„Gut; gesetzt diesen Fall, kann mein gnädiger Herr nach eigenem Willen vorgehen, Salzburg ist im Vorteil, den das Stift wahren muß. Bayern muß Halleiner Salz nehmen und verfrachten; kann der Bayer so viel Salz nicht verschleißen, so ist das seine Sache, an Salzburg muß er dennoch zahlen.“

„Fein erdacht! Der Herzog wird auch ins Gedränge kommen, so der Preis des kaiserlichen Salzes in die Höhe geht. Sei dem nun wie ihm wolle: es ist kaum zu denken, daß Bayern solche Möglichkeiten nicht bedenkt!“

„Darauf kann es mein gnädiger Herr wohl ankommen lassen. Erst schreibt man nach München freundlich und proponiert die Festlegung des Salzbezuges für eine bestimmte Frist. Geht der Bayer darauf ein, so sitzt der Fuchs im Eisen. Will der Bayer heraus, muß er sich bestreben, sein Absatzgebiet für das übernommene Salz zu vergrößern“

„Bewunderungswürdig klug ersonnen! Ich hatte im Plan, mit einer Steigerung vorzugehen und Bayern gar nicht zu befragen; dein Plan ist feiner, die Möglichkeit besteht, daß des Herzogs Räte die Gefahren im neuen Vertrag übersehen. Wenn nicht, dann muß ich freilich nach meinem alten Plan vorgehen und darf nicht weiter fragen, ob es dem Bayern ist genehm.“

Sodann ging Wolf Dietrich auf die Kardinalats-Angelegenheit über und erzählte von den geheimen Briefen, die aus Rom eingetroffen seien.

Salome interessierte sich hierfür ersichtlich mehr, weshalb der Fürst sofort vorsichtiger ward. Immerhin gab er der Freundin bekannt, daß der Papst Klemens die Güte hatte, den Salzburger Erzbischof einen „seltsam geschwinden Kopf“ zu nennen.

Salome warf ein: „Das ist doch weiter nichts Schlechtes?“

„Es wird darauf ankommen, wie der Papst dies meint; der freundnachbarliche Bayer wird schon dergleichen erzählt haben, auf daß der Papst den vermeldten Ausdruck gebrauchte. Klemens soll mich auch als ein „periculosum ingenium“ betrachten —“

„Was heißt das?“ fragte Salome.

„Man kann es verdeutschen mit ‚gefährlicher Kopf‘!“

„Auch diese Benennung will wir nicht schlimm erscheinen, sofern der neue Papst nicht schlimme Absichten heget.“

„Das eben ist mir nicht bekannt. So viel glaube ich aber aus den Vorgängen schließen zu sollen, daß man zu Rom mir nicht mehr wie ehedem wohlgesinnt ist; es weht ein ander Wind und der Bayer hat volle Backen.“

„Laßt sie blasen, gnädiger Herr! Dankbar ist Rom nie gewesen. Besser ein klar Erkennen und Vorsicht, denn ein Fortglimmen trügerischer Hoffnungen. Der Fürst von Salzburg bleibt was er ist, auch ohne roten Hut!“

Wolf Dietrich fuhr zusammen vor Überraschung, daß Salome so schnell auch hier den Kern der Sache erfaßte.

„Hab' ich recht geraten?“ fragte die kluge Frau.

„Ja, Geliebte! Dein feiner Kopf hat richtig geraten, zerschellt ist meine Hoffnung, ich kann damit nicht länger hinterm Berge halten. Der Erzbischof Wolf Dieter wird – nicht Kardinal!“

„Das wird der Übel größtes noch nicht sein. Schlimmer wär' ein Streit mit Bayern und dem Kaiser!“

Trotzig rief der hochfahrende Fürst: „Kommt dazu es jemals, stell' ich meinen Mann und werd' das Schwert zu führen wissen. Doch nun genug der leidigen Politik, es giebt schönere Dinge noch auf Erden, und meiner Salome dankbar die Hand zu küssen, will mich ein schönes Ding bedünken.“ Galant küßte der Fürst die schmale Rechte seiner Herzensdame und geleitete Salome in ihre Gemächer, wo er längere Zeit verblieb.

Wochen vergingen. Zur großen und angenehmen Überraschung war Bayern auf den proponierten neuen Vertrag eingegangen und dessen Ratifizierung erfolgt. Wolf Dietrich konnte triumphieren, Bayern hat sich, ohne es zu merken, übervorteilen lassen, und allen Einfluß bei der Steigerung des Salzpreises, mit welcher der Salzburger nun sofort vorging, verloren. Zu spät erkannte man in München den Fehler; der Herzog konnte den Vertrag nicht rückgängig machen, er vermochte nur Anstalten zu treffen, um seinen Salzverschleiß zu steigern. In diesem Beginnen lag aber der Keim zu großen Zwistigkeiten. Bayern entzog durch eine Brücke bei Vilshofen der Stadt Passau den Zwischenhandel mit Salz, dasselbe geschah durch Erbauung einer Brücke bei Stadtamhof, wodurch die Regensburger lahm gelegt wurden. Natürlich protestierten beide Städte, und Prachatitz in Böhmen, der Hauptplatz des sogenannten „goldenen Steiges“ nach Böhmen, wohin das Salz von Passau aus ging, schloß sich dem Protest an, man klagte beim Reichskammergericht in Speyer.

Einstweilen konnte dieser Prozeß dem Erzbischof von Salzburg gleichgültig sein und Wolf Dietrich zuwarten, wie sich der Bayer aus der Schlinge ziehen werde. Allein die Angelegenheit spitzte sich zu, da nun auch der Kaiser selbst sich interessiert zeigte, denn das salzburgische Salz, das dem seinen von jeher Konkurrenz gemacht hatte, war durch den Vertrag mit Bayern beständig billiger als das aus den Werken von Hallstatt und Ischl gewonnene; es wurde also weit mehr gekauft als das kaiserliche Salz, anderseits erhielt aber Bayern soviel Salz aus dem Erzstift, daß es das bis dahin vom Kaiser bezogene Salz leicht entbehren konnte.

Kaiser Rudolf unterstützte daher die Klage Regensburgs beim Kammergericht in Speyer, und Wolf Dietrich hatte Ursache, mit aller Spannung dem Urteil dieses Salzprozesses entgegenzusehen. Ein Jahr verging jedoch, bis das Reichskammergericht das Urteil sprach, das Bayern und Salzburg befahl, jenen Vertrag zu lösen.

Inzwischen hatte es sich zu Salzburg ereignet, daß Wolf Dietrich abermals und zur großen Überraschung der Kirchenbesucher die Kanzel der Pfarrkirche betrat und eine Ansprache an die verdutzten Gläubigen hielt, von welcher der Chronist berichtet: „Er (der Erzbischof) ist ainesmales ganz unverthraut in der Pfarrkirchen auf die Canzel getreten und von wegen des Türgkhen, der mit Gewalt aufgewesen, das Volk zu dem vierzig stündigen Gebet ganz treulich und vätterlichen vermant, auch wie hoch und groß das von Nötten und wie großen Nuzen man damit, wo solches mit Andacht beschicht, könne schaffen, woher solches Gebet seinen Ursprung habe und was vor alten Zeiten solches gewürkt und ausgericht habe. Auch ist damallen aufkommen das Geleit zu dem Türggen-Gebet täglich umb die zwölfte Uhr; da mueste Jederman, wo man gangen oder gestanden, mit abdöcken Haupt niterknieent betten; die solches underliessen und solches Leuten nit in Acht nammen, denselben namen die Gerichtsdiener ihre Hüet; ob sie dieselben aber behaltn oder ablegen müßten, oder wie sie es darmit haben gemacht, kan ich nit wissen, jedoch hat sich dieser Brauch mit der Weil wider verloren, aber leütten thuet man noch.“

Hatte somit Wolf Dietrich mit dieser Kanzelrede seine Anteilnahme an Reich, Kaiser und Türkennot bekundet, die Nachricht aus Speyer bewirkte eine jähe Sinnesänderung. Eben tagte ein bayerischer Kreistag, um über ein Hilfsgesuch des Kaisers für den Türkenkrieg zu beraten, und zu dieser Versammlung hatte Wolf Dietrich einige seiner Räte entsendet.

Das Urteil des Speyerer Kammergerichts rief im Erzbischof den größten Zorn hervor und setzte seinen ohnehin „geschwinden Sinn“ in lebhafteste Bewegung. Ein Kurier mußte mit unterlegten Pferden zum bayerischen Kreistag reiten und den salzburgischen Räten das Abberufungsschreiben einhändigen.

Herzog Max von Bayern, nicht wenig bestürzt ob des brüsken Vorgehens des fürstlichen Nachbars, bemühte sich, die salzburgischen Gesandten zum Bleiben zu veranlagen, doch diese kannten ihren Gebieter und rückten schleunigst heim. Max schlug durch seine nach Salzburg geschickten Hofräte vor, es wolle Salzburg und Bayern eine Gesandtschaft gemeinsam an den Kaiser senden und ihn um Zurücknahme des Speyerer Urteils bitten lassen.

Wolf Dietrich aber wollte auf niemand mehr hören, seinen Vorteil nicht aufgeben, und forderte, es solle der Kaiser urkundlich geloben, die Gegner Bayerns und Salzburgs nicht mehr zu unterstützen. Verweigere dies der Kaiser, so werde Salzburg auch seine Türkenhilfe nicht bewilligen.

Diese schroffe Haltung Wolf Dietrichs rief das größte Aufsehen im Reiche hervor, man staunte in allen Gauen Deutschlands über das beispiellos kühne, scharfe Vorgehen eines doch, was Landbesitz anlangt, kleinen Fürsten. Aber der Trotzkopf siegte, der Kaiser gab das Versprechen, in jener Prozeßangelegenheit nicht mehr weiter zu gehen.

Es nun mit dem Kaiser ganz zu verderben, widerriet die Klugheit wie die Erkenntnis des Fürsten, daß Bayern doch auch empfindliche Schwierigkeiten bereiten könnte, zumal die Übervorteilung immer offenkundiger ward. Wolf Dietrich gab nach. Auf einem neuen Kreistag ließ er durch seine Gesandten seine Meinung dahin abgeben, daß er dem Kaiser wohl Unterstützung gewähre, jedoch nicht in der verlangten Höhe. Auf Salzburg trafen nämlich 844 Mann Türkenhilfe, der Erzbischof gewährte aber nur 500 Mann, die aber nicht mit den anderen Reichstruppen marschieren dürfen und von einem eigenen salzburgischen Oberstleutnant befehligt werden müssen. Diese Sonderstellung lehnte jedoch die Majorität des Kreistages ab, und Wolf Dietrich berief daher seine Gesandten ab.

Das Motiv seiner Haltung war, dem Kaiser nicht gänzlich die Hilfe zu versagen, immer weniger zu gewähren als gefordert wurde, um dadurch auf den Kaiser in der schwebenden Salzangelegenheit einen Druck auszuüben. Und so sollte es im Laufe der Zeit dahin kommen, daß durch Salzburgs Verhalten die Grundlage des Deutschen Reiches erschüttert wurde.

Kaiser Rudolf spürte Wolf Dietrichs Druck, so klein das Erzstift auch war; er fand es geraten, eine Verständigung anzubahnen über die Salzangelegenheit zwischen Bayern und Salzburg, damit der Salzburger seinem Hilfsgesuche nicht mehr entgegenwirke.

In der Bischofsstadt traten Delegierte des Kaisers, Bayerns und salzburgische Hofräte zu einer Beratung zusammen und entwarfen einen neuen Vertrag, wonach Salzburg in der Hauptsache im status quo verbleibe, Bayern den gesamten Salzhandel zu Wasser behalte, ja daß man der Stadt Passau nur so viel Salz verabreichen dürfe, als diese selbst verzehre. Es handelte sich also lediglich darum, die Konkurrenz des kaiserlichen und des salzburgischen Salzes in Böhmen einigermaßen für den Kaiser erträglicher zu gestalten; dem Kaiser sollte deshalb gestattet werden, selbst jährlich 250000 Kufen von Bayern zu festgesetztem Preise und für bestimmte Städte in Böhmen zu beziehen; von jeder dort eingeführten Kufe wollte Bayern ferner dem Kaiser fünf Kreuzer bezahlen; Preissteigerungen sollten aber möglichst vermieden werden.

Der Kaiser lehnte diesen Vertragsentwurf ab.

Wolf Dietrich beschloß daher, den Wert seiner Freundschaft dem Kaiser begreiflich zu machen. Schon früher einmal hatte der Erzbischof sich mit dem Pfalzgrafen von Neuburg liiert, um auf einem Reichstage eine Reform des kaiserlichen Kriegswesens zu betreiben, auch war Wolf Dietrich auf dem gleichen Reichstage rhetorisch als eifriger Vorkämpfer des Katholizismus aufgetreten. Der verlorene Kardinalshut wie die Weigerung des Kaisers in der Salzfrage veranlaßten den Fürsten eine Schwenkung zu vollziehen, Wolf Dietrich stellte sich auf den Standpunkt der protestantischen Bewegungspartei und wies seine Gesandten an, den Frieden mit den Türken unbedingt zu befürworten, obgleich die Lage der Dinge in Ungarn den Krieg gebieterisch forderte.

Auf dem Reichstage zu Regensburg prasselten die Meinungen aufeinander, die salzburgischen Gesandten traten instruktionsgemäß den kaiserlichen Wünschen sogleich entgegen, sie verzögerten die Beratungen unter Hinweis auf Mangel an speziellen Instruktionen und hielten mit den gleichfalls dissentierenden Pfälzern.

Als aber die Mehrheit für die Bewilligung einer Geldhilfe nach Römermonaten16 entschied, erklärten Wolf Dietrichs Delegierte: Da die Hilfe freiwillig sei, so könne niemand über sein Vermögen hinaus zu Leistungen angehalten werden; der Mehrheitsbeschluß sei also für Salzburg nicht verbindlich; wenn aber der Kaiser, der achtzig Römermonate gefordert, keine Kreissteuern mehr fordern werde und sich verpflichte, diese Türkensteuer erst nach Ablauf der früher bewilligten zu verlangen, und wenn außerdem auch die Reichsritter, die Hansa und die ausländischen Staaten zu Leistungen herangezogen würden, so erkläre sich Salzburgs Herr und Erzbischof allerdings zur Zahlung von acht Römermonaten bereit.

Der ganze Reichstag staunte ob der Entschiedenheit der salzburgischen Erklärung, über die Weigerung, sich einem Mehrheitsbeschlusse zu fügen, über die Ignorierung der Verbindlichkeit eines solchen Beschlusses seitens eines einzelnen Staates. Das Aufsehen mußte um so größer werden, als Salzburg ein katholischer Reichsstand war, der gegen Kaiser und Reichsverfassung opponierte. Salzburg erschütterte die Grundlage des Reichs.

15.Die Hallfahrt, ein Salzmaß hielt 225-3/4 Kufen und kostete damals 86 Gulden; eine Scheibfahrt hielt 231 Kufen und kostete 88 Gulden; eine Kufe hielt 130-148 Pfund.
16.Vergl. Mayer-Deisinger Spezialwerk „Wolf Dietrich“, München 1886. – Römermonate, die im früheren deutschen Reich von den Ständen an den Kaiser zum Behuf der damals üblichen Römerzüge zu zahlende Abgabe, nach Aufhören der Römerzüge in eine regelmäßige Abgabe zur Führung von Reichskriegen &c. verwandelt. Ein Römermonat war auf 128000 Gulden veranschlagt, betrug aber stets bedeutend weniger.
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