Kitabı oku: «Celsissimus: Salzburger Roman», sayfa 14

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XV

Dachte Wolf Dietrich stets erhaben von seiner Stellung als Landesherr und Kirchenfürst, war auf Hohes seine Gesinnung allzeit gerichtet, hoch seines Geistes Flug wie kunstbegeistert sein Streben, das nur in leidigen Geldsachen profaniert wurde, die Zumutung zum Beitritt zur Liga unter der Oberhoheit des bayerischen Herzogs, der Versuch, Salzburgs Stiftsherrn einer bayerischen Hegemonie zu unterstellen, mußte das Mediceerblut in Wolf Dietrich zum Wallen bringen, sein Gefühl der Erhabenheit zum Superlativ steigern. Und in solchem Machtgefühle, hochdenkend von eigener Würde und Stellung im Stiftsland wie im Reich, genügte ihm der alte Titel eines Primas von Deutschland nicht mehr; die bayerische Zumutung forderte eine Antwort im höheren Wege, Wolf Dietrich erließ ein Mandat, worin er sich als der erste unter den Erzbischöfen Salzburgs den Titel „celsissimus“ (der „erhabenste“) beilegte.

Die Welt ging darob nicht aus den Fugen, Salzburgs Unterthanen nahmen diese Verfügung, die kein Bargeld oder Steuern verlangte, gleichmütig hin; aber in München ärgerte man sich über den „celsissimus“, man verstand diese Antwort und deutete sie als definitive Absage an die Liga.

Als dann dazu noch die Nobilitierung Salomens und die kaiserliche Anerkennung ehelicher Geburtsrechte für Wolf Dietrichs Kinder bekannt wurde, da flammte in Münchens Residenz die Entrüstung in stärkstem Maße auf, auf Befehl des Herzogs ward eine Liste aller Sünden und Frevelthaten des Salzburgers aufgestellt und nach Rom geschickt in der Hoffnung, daß der Papst willfähriger denn der Kaiser sein werde.

Die feindselige Stimmung gegen den Erzbischof hatte übrigens einen empfindlich wirkenden realen Untergrund, die Salzfrage, die noch immer nicht nach Wunsch Bayerns geregelt war. Im Gegenteil wirkte der Pilsener Vertrag zwischen Salzburg und dem Kaiser sowie das Geschenk des Erzbischofs direkt schädlich auf den bayerischen Salzhandel und dadurch auf einen Teil der herzoglichen Einkünfte. Durch den Pilsener Vertrag und das Geschenk an Holz wurde die Erzeugung des kaiserlichen Salzes zu Ischl so sehr gefördert, daß es dem Kaiser möglich ward, die Konkurrenz des bayerisch-salzburgischen Salzes besonders in Böhmen, wo bisher Bayern den Markt beherrscht hatte, zu überwinden.

Zudem war Herzog Maximilian auch hinsichtlich der Hallfahrten stets im Nachteil, den seine Räte erst hinterdrein entdeckten. Der Salzverschleiß bayerischerseits ging stetig zurück, man konnte die Masse Salz, welche vertragsmäßig von Salzburg zu übernehmen war, nicht mehr plazieren, und so unangenehm dies dem Herzog sein mußte: er war gezwungen, um Minderung der Salzübernahmen nachzusuchen, also täglich nur drei statt fünf Hallfahrten zu übernehmen.

Das konnte Wolf Dietrich genehmigen, denn die Vertragsklausel besagte: „unbeschadet seiner Gefälle“, es mußte daher der Herzog die Summe von 34500 Gulden bezahlen, welche Summe ungefähr dem Wert der zwei nachgelassenen Hallfahrten entsprach. So hieß es zahlen, und dabei bezog der Herzog nicht einmal die Salzmenge für seine Summe. Die Verhältnisse im Salzabsatz wurden aber immer schlimmer, Wolf Dietrich mußte um Reduktion der Hallfahrten auf deren zwei gebeten werden und jede Hallfahrt betrug jetzt 21000 Gulden, die in sieben Raten bezahlt werden mußten.

So kam es dazu, daß Herzog Maximilian an Salzburg jährlich 38000 Gulden übergeben mußte, ohne irgend etwas dafür zu erhalten. Das mochte den Herzog wohl noch weit mehr wurmen als der abgelehnte Beitritt zur Liga.

Die Chikanen begannen, Herzog Maximilian rächte sich, indem er wohl zahlte nach Verpflichtung, doch wählte er im Gefühl, übervorteilt zu sein, schlechte Münze, und außerdem machte nun auch der Bayer Gebrauch von der kaiserlichen Erlaubnis einer Zollerhöhung, die bei Wiederbeginn der Hallfahrten auch auf die sogenannten Salzfertiger, das heißt die im Dienst des Erzstiftes stehenden Spediteure und Kaufleute, welche das Salz in Hallein übernahmen und zu Schiff an die bayerischen Legstätten führten, ausgedehnt wurde.

Bisher war es üblich, daß diese Salzfertiger bei Ablieferung des Halleiner Salzes von den bayrischen Salzbeamten den Lohn für ihre Spedition und außerdem eine Vergütung des formellen Zolles, den sie zuvor an die bayerischen Behörden gezahlt hatten, erhielten. Mit einem Federstrich wurden diese Leute mit einem Jahreszoll von 8000 Gulden belastet, und nun ward Sturm gelaufen zum Erzbischof-Landesherrn, der denn auch sogleich seinen energischen Protest nach München schickte und ganz richtig auseinandersetzte, daß nicht die Fertiger, sondern Bayern selbst Eigentümer des zu Hallein erworbenen Salzes sei; wenn man also, so schrieb Wolf Dietrich ironisch, den Zoll, wie es doch billig und recht wäre, von dem Eigentümer fordern wolle, so müßte der Herzog ihn eher von sich selbst als von den Fertigern fordern.

Die Antwort auf dieses Protestschreiben war ein starres „Nein“, worauf Wolf Dietrich mit einer Salzsperre drohte und sich vom Ärger hinreißen ließ, zu erklären: der Herzog könne das Halleiner Salz nehmen oder auch nicht; wolle er solches beziehen, so könne er es gegen monatliche Barzahlung haben, weiterhin aber werde sich der Erzbischof in keinen Vertrag mit Bayern mehr einlassen. In seiner Entrüstung hatte Wolf Dietrich an etwaige Folgen dieser Erklärung gar nicht gedacht. Als Lamberg sowie die salzburgischen Räte hiervon erfuhren, war Wolf Dietrich wohl schon wieder ruhiger geworden, aber die Konsequenzen waren bereits reif: Bayern ließ dem Erzbischof kühl, doch mit unverkennbarer Schadenfreude wissen, daß die Nichtigkeitserklärung der Salzverträge gerne zur Kenntnis genommen worden sei.

Wolf Dietrich erkannte, freilich zu spät, den in der Übereilung verübten Fehler, und berief seine Räte, die nun einen Ausweg aus der fatalen Klemme finden sollten. So erregt der Fürst auch war, er zwang sich dazu, die oft weitschweifigen Erörterungen seiner Räte ruhig anzuhören, doch sein immer lebhafter Geist arbeitete dabei unausgesetzt, dem Feind zu München irgendwie Schach zu bieten. Und mitten in der Sitzung fand Wolf Dietrich einen Ausweg, unvermittelt rief er den verdutzten Räten zu: „Ich bringe mein Salz direkt nach Böhmen! Schafft mir den Baumeister für Straßenbau zur Stelle!“ Und hitzig wie immer erläuterte der Fürst sein neues Projekt: Bau einer neuen Straße von Salzburg nach Skt. Wolfgang, Verfrachtung des Salzes dorthin zu Wagen, und ab dort in eigens zu konstruierenden Fässern auf Saumtieren nach Böhmen. Auf diese Weise könne Bayern umgangen, der Salzzoll erspart werden.

Der klug ersonnene Plan wurde unverzüglich ins Werk gesetzt, Tausende von Arbeitern wurden aufgeboten, der Straßenbau begonnen, der bei Gnigl aufwärts zum sogenannten Guckinsthal und hinüber zum Wolfgangssee führte.

Wo ein Wolf Dietrich zur Eile trieb, ging jede Arbeit beflügelt von statten, und dieser Straßenbau mußte auf fürstlichen Befehl beschleunigt werden.

Auf der Salzach erstarb der Schiffverkehr, die Salzplätten kamen nur noch bis Salzburg, an der Einlände daselbst wurde umgeladen, die Salzwagen fuhren auf der notdürftig fahrbar gemachten Straße nach Skt. Wolfgang, wo eine gewaltige Zahl von rasch beschafften Saumtieren und Rossen stationiert worden war.

Bald bekam der Herzog von Bayern diese Transportverlegung zu spüren. Mit seinen eigenen Salzvorräten aus dem Berchtesgadener Sudwerk konnte er den Bedarf keineswegs decken, es trat Salzmangel in Bayern ein und mit dem Mangel eine rasch wachsende Preissteigerung. Maximilian verlegte sich auf die Bitte um Aussöhnung, aber Wolf Dietrich lehnte jede Vermittelung ab und wollte vom Nachbar nichts mehr wissen.

In solcher Notlage wollte der Herzog die Salzausfuhr durch Bayern erzwingen, indem er beim Erzherzog Ferdinand von Innerösterreich und bei Kaiser Rudolf darauf drang, daß diese Machthaber das Halleiner Salz nicht über ihre Landesgrenzen lassen möchten.

Allein Erzherzog Ferdinand erkannte, daß der Salzhandel für sein Land von großem Nutzen zu werden versprach, und lehnte das bayerische Andringen ab. Desgleichen fand Kaiser Rudolf die Zufuhr des salzburgischen Salzes trotz der Erträgnisse des Ischler Sudwerkes für Böhmen nötig, und in dieser Erkenntnis wies auch der Kaiser die Forderung Maximilians zurück.

So kam der Bayer immer mehr in Verlegenheit. Seine Räte befürworteten die Nachahmung von Wolf Dietrichs Beispiel eines Straßenbaues, um auf einem, salzburgisches Gebiet nicht berührenden, neuen Wege das Salz von Berchtesgaden nach Bayern zu bringen. Das geschah, der Herzog bot 1000 Mann auf zu diesem Straßenbau und errichtete in Berchtesgaden eine neue Pfanne, um das Salz rascher versieden zu können18.

Kaum hörte Wolf Dietrich hiervon, befahl er ingrimmig, nun auch noch einen neuen Ausweg nach Tirol zu schaffen, außerdem wurde angeordnet, Getreide, Wein und andere Waren nicht mehr durch Bayern, sondern von Böhmen – Innerösterreich via Skt. Wolfgang und von Venedig – Tirol auf neuen Wegen einzuführen.

So trieb ein Keil den anderen; die Räte Salzburgs und Münchens verhandelten und schrieben unentwegt hin und her, es regnete Proteste hüben und drüben, bis Wolf Dietrich gebot, daß seine Forstbeamten dem Sudwerk Reichenhall fernerhin das vertragsmäßige Holz nicht mehr liefern dürfen. Alle Salzfertiger wurden abgeschafft, die salzburgischen Unterthanen in Bayern und die bayerischen Staatsangehörigen in Salzburg durften keinerlei Salzgeschäfte mehr betreiben unter Androhung der schwersten Geldstrafen.

Dieser Salzstreit erregte in ganz Deutschland Interesse; die Fürsten der Union begannen sich auf Salzburgs Seite zu stellen, die Liga suchte Maximilian zu unterstützen. Gesandte der Unionfürsten kamen nach Salzburg, die Reichsstadt Nürnberg mengte sich ein und bot dem Erzbischof Beistand an.

Wolf Dietrich stand schon in früheren Jahren in schriftlichem Verkehr mit dem genialen Diplomaten und Statthalter der Oberpfalz, dem geistreichen Fürsten Christian von Anhalt, der die Seele der Unions-Bewegung war.

Christian hielt den Zeitpunkt wie den Streit zwischen Salzburg-Bayern für günstig, den Erzbischof, der von der Liga nichts wissen wollte, zur Union herüberzuziehen, Unterstützung anzubieten, und so liefen zahlreiche Briefe sowohl an Wolf Dietrich, wie an seinen Kanzler Dr. Kurz in Salzburg ein, auch wurden solche Depeschenreiter von Bayern abgefangen, die Briefe an den Herzog eingeliefert.

Im Palais zu Salzburg herrschte demgemäß fieberhafte Thätigkeit und eine gefährliche, überreizte Stimmung, von der sich Wolf Dietrich des Abends zu befreien suchte, indem er Salome und die Kinder im Schloß Altenau aussuchte. Allein, gewohnt mit Salome auch politische Dinge zu besprechen, kam es doch dazu, daß Wolf Dietrich mit der Freundin auch den Salzstreit erörterte und dabei sich zu Äußerungen hinreißen ließ, die Salome in Angst und Schrecken versetzen mußten. Die kluge, weitausschauende Frau erkannte die Gefahr, wenn es zu einem Austrag des Streites mit Waffen kommen sollte, sie warnte in vorsichtig gewählten Worten vor einem Krieg.

An einem Abend war es, daß nach dem Imbiß Wolf Dietrich mit Salome im Park von Altenau spazieren ging. Der Fürst war erregt schon ins Schloß gekommen, hatte während des Mahles fast kein Wort für die sonst liebevoll behandelten Kinder und hob die Tafel früh auf. Nun Wolf Dietrich an der Seite Salomens promenierte, wagte die Freundin es, zu fragen, ob schlimme Nachrichten eingetroffen seien, die dem gnädigen Herrn die Ruhe und den Frieden rauben.

Aufbrausend, mit den Händen gestikulierend, rief der Fürst: „Ob schlimm, ich weiß es nicht zu deuten! Der Anhaltiner schickt mir neue Botschaft, will etzlich Fähnlein mir gewähren, so ich dem leidig Streit ein Ende mache und die Propstei dem Bayer nehme.“

Erschreckt fiel Salome ein: „Thut das nicht, gnädiger Herr, um aller Heiligen Willen nicht! Es würd' zum Unglück nur für uns!“

„Was hast du zu befürchten? Gerüstet hab' ich in aller Stille, befestigt die Grenzen gegen Bayern, das Maß ist voll und unerträglich geworden der Streit. Habe ich Berchtesgaden, die Propstei sehnt seit langem sich nach Inkorporierung mit dem Erzstift, ist aus der Salzstreit, und der Herzog mag um Gnade bitten!“

„O, gnädiger Herr! Verbannet solch' gefährlichen Gedanken! Nimmer wird der Herzog solchen Streich hinnehmen, wird anrücken mit großer Macht und rächen solche That!“

„Pah! So schnell wird Kriegsvolk er nicht auf die Füße bringen! Ich habe gut an tausend Mann bereit zum Einmarsch in die Propstei, gehuldigt kann sein, ehe der Herzog nur ein Roß von München in Bewegung setzt!“

„Großer Gott! Verbannt den unglückseligen Gedanken aus Eurer Brust! Zu klein ist Salzburgs Macht, weit reicht des Herzogs Arm, Tilly ist sein Feldherr und stark sein Kriegsvolk!“

„Was schert mich der grünseidne Marschall! Hab' ich die Propstei als Faustpfand, kann dekretieren ich den Frieden, und die Union steht mir bei!“

„Traut dieser nicht, Herr und Gebieter! Sie will im Trüben fischen, Salzburgs Erzstift auf ihre Seite bringen und pochen dann darauf, daß abfällt das Stift von Rom!“

Wolf Dietrich stutzte, hielt an den Schritt, blickte Salome ins Auge, und sprach: „Davon kann nie die Rede sein, den Glauben werde niemals ich wechseln!“

„Nur darauf zielt das Streben der Union, glaubt mir, mein gnädiger Herr!“

„Was weiß ein Weib von solchen Dingen! Die Hilfe nehm' ich, zahle die Fähnlein, und basta! Der Union sonstige Aspirationen kümmern mich nichts!“

„Verzeiht ein Wort: Denkt an Rom! Widersacher hat das Erzstift genug, verdächtigt ist geschwind und rasch kann fällen Rom ein Urteil….“

„Ich frag' auch um Rom nicht viel! Hat Rom mir je im Streit geholfen? Steht der Nuntius nicht allzeit bei dem frumben Max? Sollen aus München machen ein neues Rom und die Häuser pfropfen mit Jesuiten, ich will's nicht hindern! Doch hier auf stiftischem Boden gebeut ich, und mein Land wird nimmer bayerisch!“

„O, sprecht mit Lamberg erst, mein gnädiger Herr! Auch Lodron kennt die vielverschlungenen Pfade Münchens! Hört diese Herren, Fürst!“

„Ich bin müde dieses ständigen Gezettels! Das Faustpfand nehm' ich, Obrist Ehrgott ist derselben Meinung!“

In höchster Bestürzung vollführte Salome einen Kniefall vor dem Fürsten und rief mit flehend erhobenen Händen: „Höret nimmer auf Soldatenwort! Denkt an die Kinder, die Heimat und das Vaterhaus verlieren, so anrückt der ergrimmte Bayer!“

„Du siehst zu schwarz in deiner ängstlich Sorge!“ sprach mild der Fürst und hob Salome zu sich empor. „Die treulich Mutterliebe spricht aus dir, die Sorge macht dir alle Ehre! Doch bleibe du in deinem Heim, betreue mir die Kleinen, halte gut mir Haus, indessen ich den Bayer zwinge!“

Einen letzten Versuch der Umstimmung wagend, erwiderte Salome: „Könnte verwiesen werden bemeldter Streit nicht an ein Schiedsgericht der deutschen Fürsten?“

„Wohl, ein guter Gedanke! Aber erst, wenn ich das Faustpfand habe, und das soll Ehrgott und Hauptmann Auer holen mir sobald als möglich!“

Seufzend ergab sich Salome ins Unvermeidliche und begleitete den kriegslustig gewordenen Gebieter ins Schloß. Bald darauf verließ Wolf Dietrich Altenau und begab sich in sein Palais, wo Obrist Ehrgott und Hauptmann Auer auftragsgemäß bereits des Fürsten harrten.

Zum erstenmal unter der Regierung Wolf Dietrichs betraten sein Arbeitsgemach Kriegsleute zu einer Beratung. Der Talar hat dem militärischen Kleide weichen müssen.

Der Fürst fand Gefallen an der neuen Art einer Beratung mit den Offizieren, die stumm zuhörten und zum Schlusse in knappen Worten gelobten, den hochfürstlichen Befehl getreu zu vollziehen. Das klang anders, ergebungsvoller, gehorsamer als die höflichen, doch immer etwas ärgerlichen Erwägungen, Einwände, und Befürchtungen der Kammerräte und Domherren.

Einen Augenblick gedachte Wolf Dietrich der Landstände, die er seit langen Jahren nimmer berufen und gefragt, und ein ironisches Lächeln huschte über des Fürsten Lippen. Zu den Offizieren gewendet, resumierte der Erzbischof: „Also nochmals: Keine Gewalt, aber Abnahme jeglicher Waffen im Gebiet der Propstei. Die Brücke bei Reichenhall wird bis spätestens morgen abend abgebrochen; der neue Weg von Berchtesgaden nach Bayern wird unbrauchbar gemacht, tragt ihn ab, verrammelt ihn. Kein waffenfähiger Mann darf das Gebiet von Berchtesgaden verlassen. Aufstand wird niedergeworfen. Soviel für die nächste Zeit! Weitere Befehle erfolgen nach eingeschicktem Bericht! Ihr marschieret noch in heutiger Nacht mit tausend Mann Musketieren und Pikenieren nach Berchtesgaden ab! Gott befohlen!“

Die Offiziere verbeugten sich, gelobten getreulich Erfüllung des Befehles und verließen sogleich die Residenz.

Schon am zweiten Tage nach dem in der Nacht zum 8. Oktober 1611 erfolgten Einmarsch der salzburgischen Militärmacht wurde dem Fürsten der Bericht des Obristen Ehrgott eingehändigt, eine kurze Meldung, daß der fürstliche Befehl aufs genaueste und ohne Blutvergießen vollzogen, die Propstei also in Händen Salzburgs sei. Dem Bericht war die Anfrage beigefügt, ob der Obrist das Volk von Berchtesgaden und die bayerischen Verwaltungsbeamten zur Erbhuldigung auf Salzburgs Fürsten zwingen solle.

Lange blieb Wolf Dietrichs Feuerauge auf diesen Zeilen gerichtet, eine bängliche Stimmung erfaßte den Fürsten, eine Scheu vor solcher Gewaltthat. Eine erzwungene Erbhuldigung müßte den Herzog maßlos erbittern, die Reichsstände rebellisch machen. Davor scheute nun Wolf Dietrich doch zurück; aber ärgern möchte er den Nachbar, ärgern bis schier zum Zerplatzen. Und in dieser Absicht erinnerte sich der Erzbischof, der bei aller ihm eigenen Genialität und Verstandesschärfe den Herzog Maximilian gründlich verkannte und ganz irrig beurteilte, der Worte Salomens betreffend Überweisung des Salzstreites an ein Schiedsgericht.

Der Stiftskanzler Dr. Kurz wurde zum Fürsten citiert und mußte an den Herzog schreiben, daß Celsissimus Wolf Dietrich, Fürst und Erzbischof von Salzburg, Primas von Deutschland und Hochfürstliche Gnaden einwillige in ein Schiedsgericht, so dasselbe gebildet werde aus den durch den Salzstreit beeinträchtigten Reichsständen.

Als dieses gefährliche Schreiben abgegangen, erzählte Wolf Dietrich im Hochgefühle, durch den beißenden Spott den bayerischen Gegner grimmig geärgert zu haben, seinem Freunde Lamberg davon in einer Stunde trauter Zwiesprache und rieb sich vergnügt die Hände.

Graf Lamberg aber zeigte eine geradezu bestürzte Miene und ernst klangen seine Worte, als er sprach: „Hochfürstliche Gnaden, das war, submissest sag' ich das in treuer Ergebenheit, ein schlimmer Brief, der den Herzog schwer kränken, zu einer Gewaltthat reizen muß!“

Wolf Dietrich fuhr auf: „Soll er! So viel Kriegsmacht wie der Bayer hab' ich auch, und mein Ehrgott wird ihn zu schlagen wissen!“

„Gnädiger Herr! Zum Kriegführen gehört vor allem Geld, und zu viel hat das Passauer Kriegsvolk bereits gekostet! Irre ich nicht, verschlang die Truppe in der langen Waffenzeit unter Waffen reichlich 200000 Gulden!“

„Das ist richtig! Soll eben das Kapitel diesmal helfen!“

Lamberg, der die feindselige Stimmung des Domkapitels gegen den Erzbischof nur zu gut kannte und daher wußte, daß das Kapitel nicht einen Gulden für den leichtsinnig heraufbeschworenen Konflikt mit Bayern bewilligen werde, wollte dies dem Fürsten nicht direkt sagen, immerhin aber versuchen, Wolf Dietrich über die furchtbare Gefahr die Augen zu öffnen. So deutete denn Lamberg an, daß Herzog Max sich wegen Bruchs der Reichskonstitutionen und des Landfriedens an den Kaiser werde wenden.

Der Erzbischof lachte hellauf, spöttisch erwiderte er dann: „Da kommt der Bayer just an den Rechten! Ein Kaiser ohne Land, krank, verbittert, ein Spielball in den Händen seiner geliebten Jesuiten, der wird froh sein, wenn man ihn lasset unbehelligt.“

„Es besteht auch die Möglichkeit, daß Herzog Max sich nach Speyer an das Reichskammergericht wendet!“

Wieder lachte Wolf Dietrich: „Dann kann der Bayer warten bis zum jüngsten Tag; früher bekommt er von Speyer keinen Bescheid!“

„Hochfürstliche Gnaden glauben also, daß der Herzog sich die Wegnahme Berchtesgadens wird ruhig gefallen lassen?“

„Ob ruhig oder nicht, das Faktum ist geschaffen, und ich gebe das Faustpfand nicht früher heraus, bis der Bayer um gut Wetter bittet, meine Bedingungen erfüllet Punkt für Punkt!“

Tiefernst blickte Lamberg den Fürsten an und traurig sprach er: „Dann, Hochfürstliche Gnaden, ist meine Mission als treuer Rat beendet. Ich sehe nur ein Ende mit Schrecken, keine Rettung für das Erzstift, das der Herzog wird mit Krieg überziehen und —“

„Und?“

„Erlaßt mir das harte Wort, gnädiger Herr!“

„Ein echter Freund muß auch ein solches Wort offen sagen!“

„Ich kann es nicht bringen über die Lippen. Wollen Hochfürstliche Gnaden nur selbst ein wenig in sich gehen, die logische Konsequenz aus einem Kriege Bayerns gegen Salzburg zu ziehen, ist nimmer schwer….“

„Du krächzest Unheil, Rabe! Mein Freund ist Er gewesen, so er des Bayers Sieg wünschet über das Erzstift!“

„Gott behüte mich in meinen innersten Gedanken! Wie kann in Treuen der Unterthan wünschen den Sturz des geliebten Fürsten!“

Wolf Dietrich erblaßte, er zitterte am ganzen Leibe, bebend klangen seine Worte: „Du glaubst – an meinen – Sturz?!“

„Ich fürchte solches Ende! Der Salzkrieg kann nimmer anders enden! In letzter Stunde steh' ich zu Euch, gnädiger Fürst und Herr! Ich beschwöre Euch als stets erprobter treuer Freund: Widerrufet den unglückseligen Brief, gebet nach! Denkt an Salome, an die Kinder! Verliert Ihr den Thron, das Erzstift, ist alles verloren! Des Bayers Rache wird sein unerbittlich, sie wird verfolgen Salome, die Kinder, wird sie zu Bettlern machen, verfemt, verstoßen! Und Rom verläßt Euch, so der Bayer siegt! Glaubt meinen Worten, gnädiger Herr! Ich beschwöre Euch in dieser letzten Stunde!“

„Genug! Ich durchschaue dich, wie längst mißtraute ich auch dem Kapitel! Blasse Angst ist's, schnöde Furcht, daß kosten könnte der Krieg dem Kapitel blanke Batzen! Abhalten wollt Ihr mich, den Bayer zu lehren Mores! Renitenz war immer wahrzunehmen, Trug und Falschheit im Talar! Doch noch bin ich der Herr und ich gebiete! Ich zwinge das Kapitel, wie ich noch jeden Feind bezwungen! Mit Gewalt werf' ich Euch nieder und den Bayer!“

Lamberg beugte das Knie vor dem Fürsten und rief: „Nehmt mein Leben, Herr, zerschmettert mich, doch eh' der letzte Atem mir entflieht, hört das letzte Wort: Gebt nach! Es wird Unheil für Euch!“

Schrill klang es von Wolf Dietrichs zuckenden Lippen: „Ich trotz' allen! Fürst und Herr bin und bleib' ich! Mich schreckt kein Gewinsel! Weib und Kinder werd' ich zu schützen wissen! An dich ein letztes Wort: Bring' den Kriegsschatz mir vom Domkapitel! Das sei die Probe, ob echt ist deine Freundschaft!“

Todesbleich erhob sich Lamberg, schmerzverzerrt waren seine Züge, er zitterte, in abgerufenen Sätzen erwiderte der schwergekränkte Freund: „Mein Hab' und Gut, was ich erspart und sonst mein eigen nenne, es ist Euer, gnädiger Herr, verfüget darüber bis zum letzten Heller! – Dem Kapitel werd' ich melden des Fürsten Begehr! Ich fürchte….“

„Ich weiß genug! Feig und hinterlistig sind sie alle, Verräter!“

Ein gebieterischer Wink des erzürnten Fürsten, und Lamberg wankte aus dem Gemach. Trotz erlittener Kränkung und Schmach wollte der treue Freund nach Möglichkeit dem Gebieter beistehen, Lamberg suchte die beiden Lodron, den Domdechant v. Weittingen, die Kanoniker Törring, Wolkenstein und Freyberg auf, er flehte Kuenburg, Schrattenbach und Welsberg an, dem Fürsten die Hilfe zu gewähren, allein das Kapitel war dem harten Gebieter zu sehr abgeneigt, verbittert, niemand wollte aus Kapitelfonds Mittel zu einem leichtfertig vom Zaune gebrochenen Krieg bewilligen. Das hatte der weitausblickende Graf Lamberg im voraus gewußt, dennoch schmerzte es ihn bitter, den Herrn verlassen zu sehen in der Stunde der Gefahr und Not. Einen Schritt noch wollte der treue Freund unternehmen: Salome warnen, ihr rechtzeitige Flucht unter Mitnahme ihres Eigentums anraten, die fürstlichen Kinder in Sicherheit bringen. So eilte denn Lamberg in das Schloß Altenau und ließ sich bei der Fürstin melden. Allein da Wolf Dietrich bei seiner Familie weilte, wurde der Warner nicht angenommen, der vergrämte Fürst ließ Lamberg im Namen Salomes wissen, daß zu einem Empfang kein Anlaß vorliege.

„Jacta est alea!“ flüsterte der treue Freund und kehrte über die Salzachbrücke in die innere Stadt zurück.

Wolf Dietrich ließ mobilisieren; von Salzburgs Bürgerschaft wurden 400 Mann bewehrt, im ganzen Stiftsland wurden waffenfähige Leute ausgehoben und bewehrt an verschiedene Posten verteilt, so 100 Mann nach Mattsee, 100 längs der bayerischen Grenze, etlich 100 nach Laufen, 170 nach Tittmoning, etlich 100 auf Rauschenberg, ebenso viel nach Lofer und Glanegg u.s.w. Die Vorstadt Mühlen bekam 800 Mann Besatzung, der Mönchsberg 300, der Nonnberg 200, die Thore, welche die Zufahrt zur Salzachbrücke schützten, wurden mit 600 Mann bewehrt, die Schranne mit 100 Mann, die Traidkästen mit 700 Mann belegt.

Inmitten dieses kriegerischen Getriebes fühlte sich Wolf Dietrich, der in seiner Verblendung den kriegserfahrenen Herzog Max gänzlich unterschätzte, nicht nur sicher, er ward geradezu übermütig, als ihm gemeldet wurde, daß insgesamt 13000 Mann Bürger, Bauer und Kriegsvolk zu seinem Schutz in Waffen ständen. So harrte der Fürst eines Angriffes von Bayern her, doch kam weiter nichts als ein Schreiben des Herzogs, und zwar nicht mehr an den Fürsten, sondern an das Domkapitel. Herzog Max mochte wohl über die im Kapitel herrschende Stimmung unterrichtet gewesen sein, daß er nun eine Auseinandersetzung mit den Kapitularen und Kanonikern anstrebte, bevor die Waffen sprechen sollten.

Eine Kapitelsitzung fand sogleich statt und ergab das Resultat, daß Dompropst Anton Graf Lodron beauftragt wurde, das herzogliche Schreiben dem Erzbischof zu überreichen, um jeglichen Schein einer Falschheit zu beseitigen.

Brüsk empfing Wolf Dietrich den Propst und fragte sogleich, ob das Kapitel bereit sei, dem Fürsten Hilfe zu gewähren.

Graf Lodron erwiderte: „Gewiß ist das Kapitel bereit, den gnädigen Herrn und Fürsten zu unterstützen!“

„Wie? Also doch?! Lamberg hat mich des Gegenteils versichert!“

„Hochfürstliche Gnaden wollen recht verstehen: das Kapitel bietet seine Hilfe an zum schriftlichen Austrag der Streitsache auf Grund des eingelaufenen herzoglichen Schreibens, das zu überreichen ich vom Kapitel beauftragt bin!“

Zornerfüllt, ergrimmt über solche Enttäuschung rief Wolf Dietrich: „Vom Kapitel brauch' ich zum Kriege Geld! Eure Weisheit könnt für Euch selbst behalten Ihr! Und ahnden werd' ich, daß hinter meinem Rücken wird verhandelt! Das Kapitel hat, so gebiet' ich, der Fürst und Herr, sich aller weiteren Verhandlungen zu entschlagen! Ich habe mir nimmer von den alten Domherren Vorschriften machen lassen, erst recht nicht von dem jungen Nachwuchs! Das ist meine Antwort auf Euer falsch Gethue!“

Würdevoll legte Graf Lodron das herzogliche Schreiben auf den Tisch des Fürsten, verbeugte sich, sprach ernst und bedeutungsvoll: „Ich habe im Namen des Kapitels gesprochen, dessen Hilfe in bemeldter Sache angeboten. Das weitere zu befinden, wird das Kapitel nicht müßig sein.“ Der Dompropst erwies dem Erzbischof alle gebührenden fürstlichen Ehren und ging.

Wolf Dietrich konnte im stillen Gemach seine Wut austoben lassen. Zum Abend ward er ruhiger und konzipierte selbst die Antwort für das Kapitel auf das bayerische Schreiben, in welchem Max den Nachweis für die Widerrechtlichkeit der vom Fürsten vorgenommenen Schritte darzulegen bemüht war.

Dieses Konzept überbrachte am nächsten Morgen der Untermarschall des Erzbischofs Thomas Perger, der Kanzler Dr. Kurz nebst dem Vizekanzler, Licentiat Gruber, dem Kapitel, und in einer ad hoc einberufenen Sitzung gab der Kanzler die Erklärung des Fürsten ab, daß der Erzbischof das Kapitel wie das Erzstift gegen alle Feinde genugsam zu schützen wissen werde. Das fürstliche Konzept wurde verlesen und verworfen. Man entließ die Sendboten Wolf Dietrichs mit dem Bescheide, daß das Kapitel es besser erachte, die Antwort an den Herzog von Bayern selbst abzufassen.

Ein feierlicher Moment folgte, als die Herren sich entfernt hatten, sämtliche Kapitelherren schwuren auf das Evangelium, einander in dieser Gefahr treu und fest beizustehen. Dann wurde beschlossen, schriftlich den Herzog von Bayern zu ersuchen, daß er die Gelegenheit benutzen möge, um das Erzstift vom Untergang zu retten. Ein Kammerbote mußte auf flinkem Roß dieses Schriftstück nach Burghausen bringen, wo der Herzog weilte und seine Kriegsmacht zusammenzog.

Der trübe Oktobertag neigte zur Rüste, da verbreitete sich mit Windeseile in der Stadt Salzburg die Schreckenskunde, daß Herzog Max Mühldorf bereits eingenommen, sich dort habe huldigen lassen, und nun in Eilmärschen mit 20000 Mann gegen Laufen rücke. Ein allgemeiner Wirrwarr entstand in Salzburg, ein Schrecken, der die Leute das ärgste befürchten ließ, so daß Begüterte zur Flucht sich rüsteten und viele Bürger Miene machten, die Waffen wegzuwerfen.

Die Alarmkunde drang auch in die Residenz und erschreckte Wolf Dietrich so sehr, daß er um seinen Weihbischof Claudius schickte und inzwischen in fliegender Hast einen Brief entwarf, worin er den Herzog um Frieden bat, ohne jedoch Zugeständnisse von Belang zu geben. Mit diesem Briefe mußte der Weihbischof eiligst dem Herzog entgegenfahren. Nach dessen Abreise ward der Fürst wieder ruhiger, und am nächsten Morgen dachte er an keine Gefahr mehr, von der Überzeugung durchdrungen, daß der Brief seine Wirkung thun, den Herzog zur Umkehr veranlagen werde.

Um 9 Uhr morgens erschien das Kapitel in der Residenz und ließ feierlich um Audienz bitten, die sofort gewährt wurde. Der Fürst zeigte sich aber ungnädig und befahl, es mögen sich die Herren kurz fassen.

Domdechant v. Weittingen nahm das Wort, führte aus, daß das Kapitel den Frieden selbst betreiben möchte, weshalb Hochfürstliche Gnaden erlauben möge, daß vier Kapitulare zum Herzog reisen dürfen.

Barsch rief der Erzbischof: „Nein, das erlaube ich nimmer! Das Kapitel versteht von bemeldter Sache nichts und hat kein Interesse daran! Ich bin nicht gesonnen, dem Herzog das Holz zum Sieden zu geben, so lange nicht, bis ich ein ander Wasser trinke! Dabei bleibt es, und die Herren mögen sich nach Hause begeben!“

18.Für Bayern hatte dieser Salzstreit zur Folge, daß Maximilian durch einen braunschweigischen Mathematiker Heinrich Vollmar und seinen Hofbaumeister Simon Reiffenstuhl jene künstliche Wasserleitung anlegen ließ, in welche die Reichenhaller Soole durch sieben Druckwerke von Reichenhall bis zur Stadt Traunheim geführt wird. Diese Gegend war holzreicher und bot daher zum Versieden der Soole bessere Gelegenheit. Auch große Brunnenhäuser wurden gebaut und eine Straße an den Bergen hin durch die Felsen gesprengt. In den Jahren 1612-1616 wurde das Werk vollendet. Die Kosten desselben wurden zum Teil gedeckt durch die Kriegsentschädigung von 150000 Gulden, welche Maximilian von Salzburg erhielt. Schwann, Geschichte von Bayern III.
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