Kitabı oku: «Celsissimus: Salzburger Roman», sayfa 13

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Mit einer leisen Verstimmung im Herzen kehrte Wolf Dietrich in seine Apartements zurück. Briefe Lambergs aus Regensburg, die ein Kurier eben gebracht, konnten die Laune des Fürsten nicht verbessern. Lamberg berichtete, daß der Reichstag gesprengt sei infolge der wegen der Erneuerung des Religionsfriedens zwischen den protestantischen und katholischen Ständen ausgebrochenen Streitigkeiten, und daß bisher die Gesandten Salzburgs mit der katholischen Partei gegangen seien. Die protestantische Bewegungspartei habe nun die „Union“ errichtet, eifrige Katholiken seien daran, als Gegengewicht die „Liga“ zu gründen, und so frage Lamberg an, ob Salzburgs Vertreter dieser Liga beitreten dürfen oder nicht.

Das umfangreiche Schreiben schloß mit dieser Frage ab, Lamberg hatte es unterlassen, seiner Meinung betreffs eines Beitrittes zur Liga irgend welchen Ausdruck zu geben.

Wolf Dietrich erfaßte sehr wohl die Bedeutung dieser Angelegenheit und überlas den Bericht sogleich ein zweites Mal, um es dann achselzuckend aus der Hand zu legen, wobei der Fürst murmelte: „Will der Bayer und sein Anhang die Liga, soll er sie gründen, ich thu' nicht mit; habe genug im eigenen Land zu sorgen und zu walten. Immer der Bayer! Der Mainzer und all' die anderen mit dem Kurhut auf den dicken Köpfen! Wolf Dietrich thut euch den Gefallen nicht, er will nicht das fünfte Rad am Wagen sein! Meine Politik mach' ich selber, und brauche keinen Jesuiten-Max dazu!“

Eine Ordre rief die Gesandten Salzburgs heim, der Liga-Angelegenheit ward mit keinem Wort erwähnt.

Es schien, als hätte Wolf Dietrich sich mit diesen Zeilen den Ärger vom Halse weggeschrieben, in fast fröhlicher, zum mindesten aber boshafter Stimmung begab er sich, da es Zeit zur Tafel geworden, zu Salome, die ob der Veränderung der Laune den Gebieter erstaunt betrachtete.

Der Fürst erlustierte sich an der Verwunderung Salomens, setzte sich auf ein Tabouret und lachte laut vor sich hin. „Willst wissen, Geliebte, was meinen Sinn erheitert? Kann's nicht sagen! Haha! Ein köstlich Erinnern!“

„Betrifft es mich, gnädiger Herr?“ fragte, schalkhaft werdend, Salome.

„Ging es nach Maxens Sinn, könnt' es schon sein!“

„Wen meint mein Gebieter mit sothanem ‚Max‘?“

„Haha! Wen anders als den freundlichen Nachbar! Will eine Liga gründen, der brave Mann! Die alte Liga reicht nicht aus! Kam mir just in Erinnerung, was Maximilian Prächtiges geleistet, excellentissime!“

„Und das wäre?“

„Der Herzog führte Krieg gegen – der hübschen Weiber kurze Röcke und pönte die nackten Knie seiner Bergbauern!“

„So streng soll der Bayern-Herzog sein?“

„Noch mehr! Er giebt Fanggeld für Ehebruch-Denunzianten! Muß lieblich Leben sein im Bayerlande! Und bei solchen Auswüchsen mutet man mir zu, die Jesuiten, die den Herzog in den Fingern haben, zu berufen in das Erzstift. Können lange warten! Salome, geh' nicht nach Bayern, laß deine kleinen Füßchen nimmer sehen vor einem Bayer, ansonsten wird Salome gepönt, verliert den schönen Kopf!“

Die Favoritin staunte über solche Spottlust, die Wolf Dietrich überkommen; der Fürst war kaum zu erkennen in dem Sticklachen, das ihm den Kopf rötete. Es bedurfte einiger Zeit, bis Wolf Dietrich ruhiger wurde, und Salome nützte dieses Intervall, um sich durch vorsichtige Fragen einigermaßen über die jetzigen Beziehungen Salzburgs zu Bayern zu orientieren. Wo der Stiftsherr so grimmig spöttelt, kann es mit der Freundschaft nicht zum besten bestellt sein, das zu erraten fand auch Salome nicht schwer.

Wolf Dietrich ging auf die Fragen seiner Freundin williger denn erwartet ein, es schien ihm, nachdem der Lachreiz überwunden, Bedürfnis, seine Meinung vertraulich auszusprechen. Freilich blieb mancher Ausdruck in lateinischer Sprache der Dame unverständlich, Salome mußte sich aufs Raten verlegen und deutete das „aut Caesar aut nihil“ dahin, daß der Gebieter entweder zu öberst in der Liga sitzen oder gar nicht mitthun wolle.

Die weiteren Bemerkungen des Fürsten bekräftigten diese Auffassung: „Wo der Bayer das Direktorium hat, geht Salzburgs Stiftsherr nimmer mit, wasmaßen immerdar geizet nach der Hegemonie im deutschen Süden. Die Vorherrschaft gebühret aber dem Erzstift, ich bin Primas von Deutschland, nicht der Bayern-Herzog!“

Vorsichtig fragte Salome: „So strebet der Nachbar wohl gar die Erbschaft im Erzstift an?“

Höhnisch rief Wolf Dietrich und richtete sich dabei auf: „Soll er wie er will und mag! Wird ihm nichts nützen, an meiner Thür ist ein tüchtiger Riegel vorgeschoben und diesen bringt kein Herzog und kein Kaiser weg!“

„Mein gnädiger Herr spricht in Rätseln!“

„Keineswegs, und Salome wird gleich verstehen, wenn ich sage: Ins Erzstift darf mir kein Prinz von Bayern, auch nicht von Österreich kommen; den Koadjutor bestimmen wir selbst, und das von mir und dem Kapitel aufgestellte Statut schließt die Wahl von bayrischen und österreichischen Prinzen für immer aus. Das ist der Riegel vor der porta salisburgensis, von dem ich gesprochen!“

Ängstlich fragte Salome: „Mußte das sein?“

„Ja, Geliebte! Wir wollen Ruhe haben im Erzstift und das Kapitel hat ein Recht darauf, seinen Herrn und Fürsten nach eigenem Gutdünken zu wählen. Wie die Kapitulare mich aus ihrer Mitte einst erwählet, so soll es fürder bleiben, und für hungrige Prinzen bleibt Salzburgs Thron verschlossen!“

„Was sagt der Bayer zu solchem Statut?“

„Kaum, so will mich dünken, wird Herzog Max darob erfreut sein, und in Innerösterreich wird man die Trauben sauer finden! Sollen es ändern, wenn sie können! Zwang zur Wahl ist exkludieret!“

„Und was wird man sagen, wenn mein gnädiger Herr der Liga ferne bleibt?“

„Was frag' ich darum?! Mißlich mag es dem Herzog sein, so Salzburg sich weigert, betreiben wird er sothanen Anschluß, die Kirchenfürsten angehen, so den Mainzer und die Herren von Köln und Trier, aber ich will nicht!“

„Kann der Papst das nicht befehlen oder gar der Kaiser?“

„Nein! Intervenieren werden beide wohl und Gesandte schicken haufenweise, ich aber bleibe fest, die Liga mit Max an der Spitze ist nichts als eine bayerische Praktik! Dem Kaiser werd' ich sagen, sothanes Bedürfnis ist schädlich ihm und dem Hause Österreich, weil zu sehr kräftigt es den Bayer.“

In Salome stieg eine düstere Ahnung auf, daß dieser Sachverhalt gefährlich für Salzburg werden könne, doch schwieg sie, da sie sich keines Ausweges sicher war und keines Rates wußte. Gewandt das Thema wechselnd fragte Salome: „Will mein Fürst und Herr mich anjetzto wohl zur Tafel führen?“

Galant reichte Wolf Dietrich ihr den Arm und verließ das Frauengemach mit Salome unter Vorantritt der im Vorzimmer versammelt gewesenen Pagen und Kämmerlinge.

Wenige Tage darauf lief das offizielle Schreiben des Herzogs Max mit der Einladung zum Beitritt in die Liga ein, und Wolf Dietrich, maßlos erzürnt, warf das Schreiben zu Boden und stampfte mit den Füßen darauf.

Wie der Fürst es vorausgesagt, begannen nun die Versuche der Kirchenfürsten, den Erzbischof von Salzburg umzustimmen; Gesandte kamen aus München, Mainz und Köln, auf Betreiben des Bayers fanden sich auch die Bischöfe von Konstanz und Augsburg in Salzburg ein, die Wolf Dietrich der Reihe nach vorließ, ihren Vortrag anhörte und dann mit ausweichendem Bescheid heimkehren ließ.

Und als Kaiser Rudolf monierte, schickte der Erzbischof seinen Rat Sunzinger zum kaiserlichen Rat Hegenmüller nach Passau mit dem Auftrag, zu vermelden: Der Stiftsherr von Salzburg warne Seine Kaiserliche Majestät vor der Liga und der damit verbundenen Stärkung bayerischer Macht und rate, das in Passau liegende Kriegsvolk in Waffen zu halten, auf „daß dem Adler die Krallen nicht zu kurz geschnitten würden“.

Schlauer Weise hatte Wolf Dietrich seinem Gesandten zugleich eine Anweisung auf 24000 Gulden mitgegeben, mit der Ordre, dieselbe zu präsentieren, wenn der Vertreter des Kaisers jammern würde, daß Kaiser Rudolf nicht die Mittel für die Unterhaltung des Passauer Kriegsvolkes zur Verfügung haben sollte.

Wie berechnet, kam es so, das Geld wurde mit Freuden angenommen, das kaiserliche Kriegsvolk blieb unter Waffen in Passau und sicherte dem schlauen Salzburger einen gewissen Rückhalt gegen Bayern.

Herzog Max faßte diesen Schachzug direkt als Feindseligkeit auf, sowohl gegen Bayern wie gegen die katholische Liga, und von dieser Ansicht bis zur mehr minder offen ausgesprochenen Meinung, daß der Salzburger es mit den Ketzern halte, war nur ein kleiner Schritt, der denn auch alsbald erfolgte. So steigerte sich der Unwillen gegen Wolf Dietrich zur schweren Verdächtigung, Rom ward verstimmt und mißtrauisch, und in München begann man Material zu einer Anklage zu sammeln, die durch das Leben Wolf Dietrichs mit Salome unschwer zu begründen war.

So türmten sich dunkle, gewitterschwangere Wolken über Salzburgs Himmel auf. Der Fürst aber glaubte allen trotzen zu können und blieb blind gegen die aufziehenden Gefahren.

Salome hingegen erkannte instinktiv das Nahen einer Katastrophe und beriet sich mit Lamberg über Schritte zur Sicherung der Familie und ihrer Ersparnisse.

Inmitten dieser Wirren und diplomatischen Kämpfe vergaß Wolf Dietrich keineswegs seiner Bauten, für welche Geldmittel reichlich genug vorhanden waren, dank der stetig fließenden Steuerquellen. Es füllt die Aufzählung kleiner Bauten, Kapellen, Chöre, Restaurierungen in Kirchen und Klöstern, Aufrichtung neuer Altäre, Kirchenfenstern von höchstem Kunstwert &c. allein ganze Bände. Der Fürst aber wollte für Salome einen eigenen Palast haben, und im Jahre 1606 erstand das für diese Zeit feenhafte Schloß ‚Altenau‘17 im italienischen Stil zur Erinnerung an Salome Alt. Eine Marmortafel über dem Einfahrtsthore enthielt die von Wolf Dietrich selbst verfaßten Verse:

 
Raittnaviae stirpis divino e munere princeps
Ad rapidas Salzac praetereuntis aquas
Impatiens otii, spirans magis ardua quondam,
Nunc, ubi per morbos corpore deficio,
Has tacitas aedes fessus portumque silentem
Hunc mihi semestri tempore constituo.
 

Dieses Schloß stand auf dem rechten, noch wenig bewohnten Salzach-Ufer und gab der landschaftlichen Umgebung ein eigentümliches, fremdartiges Gepräge. Die Villa Altenau mochte wohl auch zum Anstoß für weitere Bebauung dieses Ufergeländes gegeben haben.

Salome, welche mit der stattlich angewachsenen Kinderschar (sieben Töchter und drei Söhne) bisher in der alten Münze, dem Anbau zur Residenz, gewohnt, übersiedelte bald nach Fertigstellung des Schlosses nach ‚Altenau‘, und hier im Kreise seiner Familie verbrachte Wolf Dietrich seine Mußestunden und lebte seinem idyllischen Glück, pflegte der schönen Künste und Wissenschaften, und verscheuchte die immer dräuenderen Sorgen hinter sich.

Was die Salzburger zur Erbauung des Prachtschlosses sagten, findet sich in Steinhausers Chronik interessant verzeichnet:

„Um dise Zeit auch hat der hochwürdigst Fürst und Herr, Herr Wolf Dietrich ain schöns, groß, geviert, herrliches Gepeu, wie ain Schloß oder Vestung, mit ainem wolgezierten, von Plech gedeckten, glanzeten Thurn, und inwendig, auch außen herumb, mit schönnen Gärten von allerlai Kreüthwerch, Paumbgewächs und Früchten geziert und versehen, pauen und aufrichten lassen, – auch solchen Pau Altenauen genennt. In solchem schönen Gepeü hat der Erzbischoff und die Seinigen &c. sich oftmallen belustigt und vilmals sowol morgens als abents die Malzeiten daselbst genossen und allerlai ehrliche Freüdenspill und Kurzweil darinnen getriben. Dieses herrliche, schöne, Gepeü, gleich einem fürstlichen Hof, hat abermal vil tausent Gulden gestanten; aber die Wahrhait zu bekennen, ist es ain herrlich, schön fürstliches Werk und gibt gleichsamb der Statt ain sonderlichen Wolstand und Zier, stehet vor dem Pergstraßthor. Mit diesen und dergleichen noch vil mehr zu Unnuz angelegten vergeblichen Gelt hette man vil Hausarmen, Dürftigen merklich künen zu Hülf kommen oder damit in ander mehrlai Weeg schaffen können.

Ich will aber darüber auch nit pergen, daß gemelter Erzbischoff im Fahl der Not oder Theurrung sich so vil mit Trait fürgesehen, wann es sich begeben…. Dieses Lob ainem Fürsten oder Erzbischoven nachzusagen, ist widerumben ain rühmliches Werk, zuedeme, so sind auch vil armer Handwerchsleüt, Taglöhner und dergleichen darbei erhalten worden und solcher Bau dannach etlicher Maßen zue Nuz kommen, denn welcher ist doch der, welcher gegen jedermann und in allen Dingen recht thuen kann, wie dann das gemaine Sprichwort sagt: Der ist weis und wohlgelehrt, der alle Ding zum Besten kehrt. Man sag und schreib von ihme, was man wöll, so höre ich, die Wahrhait zu bekennen, daß ihme noch vilmahls alles Guets nachgesagt und die ewige Freid herzlichen gewünschet würt, er noch vilmahls gewünschet und begert wirdet.“

XIV

Graf Lamberg, vom Fürsten zum Bischof von Gurk ernannt, war gleichwohl in Salzburg verblieben und erwies sich immer mehr als treuer Freund auch Salomens, als diese ihn in ihre Pläne eingeweiht und um seine Unterstützung gebeten hatte.

Durch Lambergs Vermittelung wurde eine Audienz Salomens beim Kaiser erwirkt, zur Verhüllung einer Prager Reise aber der Besuch von Karlsbad vorgeschützt.

Salome mit den ältesten, prächtig herangewachsenen Kindern, gefolgt von zahlreicher Dienerschaft, reiste nach Prag, mutig das gesteckte Ziel verfolgend, so sehr das Herz der zarten Frau auch zitterte im Gedanken, vor den Kaiser treten zu sollen, von dem es hieß, Rudolf II. sei ein unheimlicher, krankhaft erregter, weltverlorener Mann, herrschsüchtig, auffahrend, grausam und dennoch des wärmsten Mitleids bedürftig.

Salomens Liebreiz, der ihr verblieben, trotz des reichen Kindersegens, erwies sich siegreich wie immer auch in Prag; ihr bei allem fürstlichen Aufwand und Prunk bescheidenes Auftreten öffnete die Herzen vieler Adeliger, die darin wetteiferten, der schönen Frau die Honneurs zu erweisen. Manch verstohlener Blick galt der Dame, die mutig ausharrt an eines Erzbischofes Seite und des kirchlichen Segens für ihren Bund entbehrt.

Der Tag der Audienz in der Kaiserburg Hradschin kam, zagend fand Salome mit den Kindern sich im hohen Empfangssaal ein, geleitet vom Dienstkämmerer, der alsdann in einem Nebengemach verschwand, um dem Kaiser Meldung zu erstatten.

Rudolf II. in schwarzer spanischer Tracht, saß an einem mit Folianten und Geräten überladenen Tisch, vertieft in das Studium alchymistischer Schriften, das er nebst Astrologie so sehr liebte und darob der Sorgen um das Reich oft vergaß. Kaum hörte der Monarch die leise gesprochenen Worte des Kammerherrn, kaum, daß Rudolf den Kopf hob. Nur als das Wort „Salzburg“ fiel, ward der kranke Kaiser aufmerksamer und fragte wie geistesabwesend, wer um Empfang bitte, obwohl der Kämmerling diesbezügliche Meldung eben erstattet hatte.

Ehrerbietig sprach der Dienstkämmerer: „Frau von Altenau aus Salzburg bittet Euer Majestät unterthänigst um gnädigen Empfang.“

Rudolf fuhr mit der zitternden Rechten über die bleiche Stirne und murmelte: „Altenau aus Salzburg – kenn' ich nicht! Salzburg – der widerhaarige Fürst – ja ich weiß – bin müde, führ' er den Bittsteller herein, soll kurz es machen!“

Unter tiefer Verbeugung erwiderte der Kämmerling: „Euer Majestät unterthänigst zu vermelden: Es ist eine Dame, die um Audienz bittet!“

Im abgespannten, dem Mysticismus verfallenen Kaiser regte sich die Ritterlichkeit, als er hörte, daß eine Dame seiner harrt, Rudolf erhob sich und gab Befehl, Frau von Altenau hereinzugeleiten.

Nach wenigen Augenblicken trat Salome, zwei ihrer Kinder an der Hand führend, ein, sie wie die Kinder beugten das Knie vor dem Kaiser, der tiefernst und dabei verwundert die Gruppe betrachtete, doch sogleich die Dame bat, sich zu erheben.

Salomens Liebreiz fesselte des Kaisers Blick, seine Miene wurde freundlicher.

„Gnädigster Kaiser und Herr!“ sprach bebenden Tones Salome und richtete den Blick aus den süßen blauen Augen voll auf den Monarchen, „wollen Euer Kaiserliche Majestät in Gnaden mir verstatten, mein Anliegen vorbringen zu dürfen.“

Rudolf verstand und winkte dem Kämmerer, sich zu entfernen. Dann sprach der Kaiser: „Ihr seid verheiratet? Mit wem?“

Salome erbebte, der gefürchtete Augenblick ist gekommen, das schreckliche Wort muß gesprochen werden, so hart dies auch ist. Nach Atem und Ruhe ringend, stammelte Salome: „Gnädigster Herr und Kaiser! Mein Bund entbehrt – des kirchlichen Segens!“

„Wie? Und dennoch seid Ihr Mutter!“ rief Rudolf und wich einen Schritt zurück.

„Ja! Schwer litt ich unter solchem Druck unseliger Verhältnisse!“

„Ohne kirchlichen Segen! Verdammnis ist das Los! Wie müßt Ihr zittern vor jeder österlichen Beichte! – Wer ist der Mann, der sich nicht scheut, den Geboten der heiligen Kirche Trotz zu bieten?“

Demütig neigte Salome das zierliche Haupt und leise erwiderte sie: „Unterthanin bin ich und Gemahlin meines gnädigen Herrn und Fürsten von Salzburg.“

„Des Erzbischofs Wolf Dietrich?“ rief überrascht und betroffen der Kaiser aus.

Salome nickte und richtete beklommen den angstvollen Blick auf den Monarchen, der ersichtlich gegen unangenehme Empfindungen kämpfte und in seiner krankhaften Erregbarkeit die Hand wie zur Abwehr hob.

„Gnade, Majestät! Gnade für ein armes, schwaches Weib, die treue Dienerin ihres geliebten Herrn!“ flehte Salome.

Herb klangen des Kaisers Worte: „Gnade? Ein Leben voll Sünde und Trotz, verachtend alle Gebote, gelebt im überschäumend Übermut der unbesonnenen Jugend, und hinterdrein, so Erkenntnis frevelhaften Thuns gekommen, das Flehen um Gnade und Barmherzigkeit! Unerbittlich sind die Satzungen der heiligen Kirche! —“

„Doch Christus und das heilige Evangelium lehrt uns die Liebe und verspricht Vergebung jedem Sünder, so er reumütig Einkehr hält!“

Unwillig und erregt rief Rudolf: „Weiß der Erzbischof nichts von Cölibat, nichts von tugendsamer Enthaltsamkeit? Er muß das wissen, dafür ist er Bischof, steht an des Klerus höchster Spitze! Erwählet vom Kapitel, vom Papst bestätigt wie vom Kaiser ist der Kirchenfürst, muß ein leuchtend Beispiel sein der Enthaltsamkeit und Tugend! Von alledem keine Spur beim Salzburger! Fürchtet er nicht Gottes Zorn, den Bannstrahl Roms, die Strafe schon auf Erden hienieden?“

Salome raffte sich auf, eine edle Begeisterung erfüllte ihr Herz, in bewegten Worten sprach die liebende, für ihre Kinder ringende Frau: „Gott der Herr ist barmherzig und milde, Gott verzeiht, wenngleich die Menschen verdammen. Mein gnädiger Landesherr hat in jungen Jahren mich, die Unterthanin, erkoren zum ehelichen Gemahl. Wohl wußten wir und kannten das Hindernis, die Jugend und die Hoffnung belebte den Bund. Im salzburgischen Gebirg wie anderswo sind zahlreich die Pfarrer und Kuraten in kirchlich geschlossener Ehe. Was dem letzten verstattet, konnte doch auch gewährt werden dem Höchsten im Klerus! Mein gnädiger Herr hat lange geharret und gehofft mit mir, sich füglich unterworfen, die Trauung ist mit nichten erfolget, um Rom nicht zu verletzen. Was ich unter solchem Entschluß gelitten, ich hab' es durchgerungen. —“

„Ihr seid verblieben dennoch?!“

„Ja, Kaiserliche Majestät! Es ist ein Bund fürs Leben, in Treue harr' ich aus bis zu des Lebens letztem Atemzug! Wahre Treu' braucht die Stola nicht —“

„Gott, wenn Euch ein Diener der heiligen Kirche hörte —“ rief erschrocken der tief im Banne fanatischer Priester stehende Kaiser.

„Die Treu' muß im Herzen wohnen! Treu war ich dem Fürsten, Treue bewahrte mir der Herr!“

„Und Verdammnis wird sein Euer Los!“

„In langen Jahren hat Rom kein Wort des Tadels gesprochen! Wollen die Priester päpstlicher sein als der Papst? Ist es weniger sündhaft wie lebet mancher Kirchenfürst gleich dem Türken, der Bamberger und der von Köln!“

„Still davon! Man darf nicht reden über solche Dinge!“

„Verzeihet gnädigster Kaiser! Wirft Steine man auf mich, darf ich da nicht hinweisen auf den Wandel anderer? Ist ein ehrbar Eheleben schmachwürdig? Nimmer kann ich's glauben!“

Zaghaft und scheu sprach Rudolf: „Hab' recht ich Euch verstanden, so hat unterworfen sich der Erzbischof von Anbeginn dem Gebote Roms, wonach er doch die kirchliche Trauung hat vermieden?“

Salome seufzte tief und nickte in wehmutsvoller Ergebenheit.

„Das mildert wohl den ansonsten bösen Fall in etwas. Und Rom hat geschwiegen! Was soll nun ich? Was führt Euch zu mir?“

Salome kniete nieder, hob flehend die Hände empor und sprach: „Des Kaisers Gnade möcht' erbitten ich aus tiefstem Herzensgrund für – meine Kinder! Helfet mir, o Herr und Kaiser!“

Rudolf bat wiederholt, es möge die Dame sich erheben.

Doch Salome blieb knieen, auch Wolf und das Schwesterlein knieten und hoben die Händchen bittend empor.

Dieser Anblick rührte des Kaisers Herz, weich sprach Rudolf: „Was ist Euer Begehr?“

Innig flehte Salome: „Gnädigster Kaiser und Herr! Erbarmet Euch in Eurer Macht dieser unschuldvollen Kinder! Nichts für mich will ich erbitten, will tragen die Schuld meiner Liebe und meines Lebens, doch erfleh' ich des Kaisers Gnade und Barmherzigkeit! Gebt, o Herr und Kaiser, den Kindern das Recht der ehelichen Geburt! Bestätigt in Gnaden die Urkund' meines Herrn und Gebieters!“

„So hat der Erzbischof schon geurkundet in bemeldter Sache?“

„Ja, Kaiserliche Majestät! Mein Herr und Gebieter will geben seinen Namen unseren Kindern, Raittenau, nach des Vaters Geschlecht zu Langenstein im Hagau! O habt Erbarmen gnädigster Herr und Kaiser mit den unschuldigen Kindern!“

„Ihr habet groß Vertrauen zu mir, will mich bedünken!“ sprach mild der Kaiser.

„Mein Denken wie mein Fühlen gilt nächst Gott des großen Reiches mächtigem Herrn und Kaiser! Wie der Allmächtige erhöret ein frumb Geber, wird öffnen Ohr und Herz auch der mächtige Kaiser einer innigen Bitte aus tiefstem Herzensgrund!“

„Erhebet Euch! Steht auf Ihr Kinder! Nicht vergebens sollet die Händchen gehoben haben Ihr zu mir in kindlichem Vertrauen! Der Kaiser wird Euch den Namen geben nach ehelicher Geburt und Recht, darauf geb' ich mein kaiserliches Wort!“

Überglücklich haschte Salome nach des Kaisers Hand, und ehe Rudolf sie entziehen konnte, drückte Salome eine Kuß der Dankbarkeit auf die kaiserliche Rechte.

„Nicht doch! Gewähret sei Euch die rührend Bitte! Und da nichts, mit keinem Wort Ihr für Euch selbst erbeten habet, will der wackeren Mutter ich selbst gedenken und geben Euch die Adelsfreiheit erzstiftischer Landsassen….“

„O welche Gnade, Kaiserliche Majestät! Nicht fassen kann ich solche Huld, weiß der Worte nicht zum tiefsten Dank….“

„Sprecht, wie nennt man Euch zu Salzburg?“

„Mein gnädiger Gebieter und Herr erbaute ein Schloß mir und nannte es Altenau, wasmaßen ich führe den Namen Salome Alt.“

„So soll Altenau sein ein Adelssitz und Ihr sollet führen zu Recht fürder den Namen von Altenau kraft meiner Macht! Nun gehet mit Gott, kehret heim und gedenkt zuweilen im Thuemb im frumben Gebet Eures gnädigen Kaisers!“

Huldvoll grüßte Rudolf II. durch einen Händewink, ein sonniges Lächeln lag auf seinen Lippen wie seit langem nicht.

Glückstrahlend dankte Salome nochmals und verließ mit den Kindern das Gemach.

Sinnend blickte der Kaiser der Dame nach und flüsterte vor sich hin: „Begreiflich find' ich des Bischofs Wahl, solch' Liebreiz nimmt gefangen! Doch möcht' ich trotzdem nicht sein Leben voll verantworten! Mir grauet vor solcher Beicht'!“

Des Kaisers Antlitz verdüsterte sich wieder und trüb ward sein Sinn, er selbst die Beute schreckhafter Gedanken, ein Spielball in den Händen seiner herrschsüchtigen, fanatischen Umgebung.

Doch hielt Rudolf sein gegebenes Wort, er nobilitierte die tapfere Frau und bestätigte den Kindern den Namen Raittenau und gab ihnen die Rechte ehelicher Geburt.

17.Brannte später ab, wurde in veränderter, heute noch erhaltener Form aufgebaut und vom Erzbischof Marc Sitticus, dem Nachfolger Wolf Dietrichs „Mirabella“ genannt.
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01 aralık 2018
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