Kitabı oku: «Maritime E-Bibliothek: Sammelband Abenteuer und Segeln», sayfa 12

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Kap Palmas – meine alte Heimat

Die Abfahrt verzögerte sich dadurch, daß ich den Anker nicht einhieven konnte. Sofort sprang der Lübecker hilfsbereit ins Wasser und tauchte mehrere Male, bis er den Anker klar bekam. Mit einem Motorboot begleitete er mich noch auf die See hinaus, bis ihn die hereinbrechende Dunkelheit zurückrief.

Mein nächstes Ziel war Kap Palmas, etwa 100 Seemeilen entfernt und im äußersten Süden von Liberia gelegen. Dort unterhält die Firestone-Gesellschaft eine kleine Plantage, auf der ich ein Jahr lang arbeitete und den Einbaum baute, der später den Atlantik überquerte.

Da die Strömung in diesen Gewässern besonders stark ist und da ich zusätzlich die Windkraft eines Tornados gut ausnutzen konnte, warf ich bereits am Mittag des folgenden Tages direkt vor der Einfahrt zum Hofman-Fluß den Anker. Obwohl ich die Furt in den Fluß genau kannte, durfte ich es selbst bei Hochwasser nicht wagen, die Barre, die Meer und Fluß voneinander trennt, zu überqueren.

Im übrigen ist man draußen auf Reede immer vor dem Angriff unzähliger Mücken sicher, ganz zu schweigen von dem Besuch neugieriger Krausköpfe.

Im Süden des Kaps war man gerade dabei, einen kleinen Hafen zu bauen, der vor allem der Küstenschiffahrt dienen soll. Große Dampfer müssen nach wie vor auf Reede gehen. Gehässige Zungen behaupten sogar, der Hafen diene vor allem den persönlichen Bedürfnissen des Präsidenten, seiner Farm und seiner Luxusyacht. Tubman besitzt zwei Riesenyachten, von denen eine nur ihm selbst zur Verfügung steht, während die andere als liberische Marine anzusehen ist. Eine dieser Yachten traf ich schon in Las Palmas auf den Kanarischen Inseln. Der junge spanische Kapitän ließ sie dort gerade überholen.

Mit dem Faltboot, das ich inzwischen repariert hatte – es war ja in der Sturmboe vor der Saharaküste in der Mitte durchgebrochen –, paddelte ich durch die gefährliche Furt und landete dort, wo vor Jahren der Einbaum vom Stapel gelaufen war. Binnen Sekunden war das Boot von Neugierigen umringt, jeder wollte mich mit liberischem Handschlag – ein mehrmaliges Fingerknipsen – begrüßen. Fragen stürzten auf mich ein, Ausrufe der Überraschung und Freude wurden laut.

Dann kam Jule, der Fischer, der mir damals den Einbaum besorgt hatte: „Doktor, ich wußte immer, daß Sie noch mal zurückkommen würden! Herzlich willkommen bei ihren alten Freunden!“

Harper, das kleine Städtchen auf Kap Palmas mit seiner reizvollen Lage zwischen Meer und Fluß, bietet ein ausgesprochen tropisches Bild: primitive Lehmhütten stehen neben selbstgebauten Bungalows, gegenüber vom Palast des Präsidenten wackelt eine altersschwache Bretterbude im Wind, und in Kloakengewässern wühlen hungrige Schweine grunzend nach Futter.

Am Stadtausgang ragten mitten aus einem verwahrlosten Feld ein paar funkelnagelneue Gebäude hervor, doch weit und breit war keine einzige Menschenseele zu sehen, denn die Häuser sind unbewohnt! Sie sind das neue Hospital, dessen Inneneinrichtung angeblich in Kisten verpackt bereits eingetroffen – indessen noch nicht bezahlt ist.

Dieser Fall erinnerte mich lebhaft an die Klage eines indischen Lehrers, der dem Spital gegenüber wohnte. Seine Schule sollte aus Monrovia Lehrmittel für den Physikunterricht erhalten, große Freude! Doch was kam an: nichts als ein paar Reagenzgläser! Die Bunsenbrenner waren offensichtlich anderswo gelandet, die Glaskolben wieder woanders etc.

Als einmal in Harper ein Haus zusammenbrach und etwa zehn Personen verletzt wurden, konnte der europäische Arzt ihnen nicht helfen, weil er keine Medikamente und Verbandstoffe mehr hatte. Er kabelte um Soforthilfe nach Monrovia, und in der Tat, man half: ein Sonderflugzeug traf in Harper ein und überbrachte – acht Mullbinden!

Wie wird man reich?

Ein Libanese, Besitzer mehrerer Geschäfte und Häuser, fuhr mich zur Plantage. Auf der Fahrt erzählte er mir seinen Werdegang, der typisch für Karriere der Syrer und Libanesen ist, die in Westafrika einen großen Teil des Handels an sich gerissen haben.

Joseph Kashouh war als kaufmännischer Angestellter aus dem Libanon nach Liberia gekommen. Die ganze Familie hatte zusammengelegt und unter großen Opfern seine Fahrt finanziert. Nach seiner Ankunft in Liberia arbeitete er drei Jahre lang bei einem anderen Libanesen und machte sich danach mit seinem Bruder in dem Flecken Pleebo in der Nähe von Harper selbständig. Das war zu der Zeit, da ich auf der Plantage arbeitete und ihn und seine Bekannten, Kaufleute aus seiner Heimat, behandelte. Damals besaß Joseph nichts als sein liebenswürdiges Lächeln.

Aber er scheute sich nicht, wie alle seine Landsleute auch, ganz einfach, beinahe afrikanisch, anzufangen. Was er seinen afrikanischen Kollegen voraus hatte, waren sein Bienenfleiß und seihe Aktivität, und was ihm gegenüber den europäischen Kaufleuten Vorteile verschaffte, war seine Anspruchslosigkeit. Zusätzlich half ihm der Umstand, daß Afrikaner häufig lieber bei Weißen kaufen, weil sie ihnen – meist mit Recht – mehr vertrauen.

Kurz und gut: Joseph wurde in kurzer Zeit reich. Aber noch heute wohnt und ißt er sehr bescheiden, hat keine Interessen außer seinem Geschäft und leistet sich als einzigen Luxus nur Kaffee und eine kleine Afrikanerin, an der er sehr hängt und die ihm bereits drei Kinder geschenkt hat.

Ausländische Kaufleute haben es in einigen Gebieten Westafrikas nicht ganz so leicht. Wie sollen sie zum Beispiel einen Minister dazu bewegen, die Schulden zu bezahlen, die seine Frau bei ihnen macht? Denn zum Privileg hoher Beamter gehört es, Schulden zu machen, und der Kaufmann, der keine Unannehmlichkeiten haben will, treibt sie am besten nicht ein.

Ein andermal lud mich ein liberischer Ingenieur ein. Er hatte in Amerika studiert und leitete jetzt den Straßenbau in der Provinz, besaß aber auch eine eigene Reparaturwerkstatt, in der die Straßenbaumaschinen wieder hergerichtet wurden. Als ich ihm erzählte, daß ich als nächsten Hafen Abidjan besuchen wollte, fragte er mich: „Auf dem Cavally nach Abidjan?“ Das wäre ungefähr so, als wenn ein Hamburger fragen würde, ob ich auf der EIbe nach Rotterdam segeln wollte. Später klärte man mich auf, daß der „Ingenieur“ nur ein Mechaniker sei, aber im übrigen das Gehalt eines ausländischen Arztes empfange.

Die Liberianer sind im allgemeinen hilfsbereit, sehr gastfreundlich, immer zu Späßen aufgelegt. Kein Weißer wird jemals von ihnen verletzt oder unfreundlich behandelt werden – solange er sie respektiert. Wer jedoch arrogant auftritt, stößt auf Abneigung und tief verborgene Ressentiments. Die Frage “Wann reist du ab, weißer Mann?“ gilt für Kolonialsysteme, jedoch niemals für den Europäer im einzelnen. Im Gegenteil: überall bemühen sich die westafrikanischen Regierungen verzweifelt darum, neue europäische Fachkräfte für ihr Land zu verpflichten. Die Zeit des Europäers ist noch lange nicht zu Ende, der Weiße muß jedoch als Freund kommen, als Helfer und nicht als Ausbeuter und Besserwisser.

Nachdem ich mit meinen alten Freunden ein anstrengendes Neujahrsfest im „Club“ der Plantage verleben durfte, verließ ich schweren Herzens Liberia, dessen Einwohner ich immer sehr geschätzt habe. Aber die Zeit drängte, Nifia und ich hatten einen festen Fahrplan vereinbart, den ich einhalten mußte.

Wieder einmal waren meine Eindrücke von Liberia gegensätzlich; dem guten Willen des Präsidenten steht das selbstgefällige und verständnislose Gebaren einiger seiner Mitarbeiter entgegen.

In Haiti und Liberia hatten Afrikaner Gelegenheit, zu kolonisieren. Sie haben es nur bedingt vermocht. Erst als Liberia das Vorbild der großen „kapitalistischen Firmen“ im eigenen Lande aus nächster Nähe beobachten konnte, erst als Präsident Tubman mit seiner Politik die engen Tore seines Landes öffnete, zeigte es sich, daß auch Afrikaner ihr eigenes Land zum Besten der Allgemeinheit erschließen können.

1 Wind, der von seitlich-hinten einfällt.

SECHSTES KAPITEL
DER WEISSE „JU – JU – MANN“

Im Städtchen Harper in Südliberia hatte ich eine aufgeregte Liberianerin kennengelernt, die nach Abidjan fliegen wollte, um ihren Mann zurückzuholen. Das „Paris Westafrikas“ nannte sie diese Stadt an der Elfenbeinküste, in der ihr Mann Urlaub machte, all sein Geld ausgab und um neues kabelte.

„Nehmen Sie sich in acht vor Abidjan“, meinte sie, als sie hörte, daß die sündige Stadt als nächstes Ziel auf meinem Fahrplan stand. Sie konnte sich beruhigen: ich fand Abidjan, das ich von früher her kannte, nicht mehr und nicht weniger sündig als alle größeren Orte Afrikas – und zudem kümmere ich mich nicht um die Sünden anderer.

Von der Pfeffer- zur Elfenbeinküste

Von Kap Palmas, dem südöstlichsten Felsvorsprung Liberias, nach Abidjan sind es etwa 250 Seemeilen. Die Elfenbeinküste unterscheidet sich in nichts von der Pfefferküste, wie man einst Liberias Küste nannte: beide sind meist flach, und hinter dem Strandwall, auf den die Brandung, die Kalema, mit großem Getöse donnert, erstrecken sich oft große Lagunen mit Mangrovensümpfen weithin ins Land.

An den Bezeichnungen Pfeffer-, Elfenbein-, Gold- und Sklavenküste erkennt man, welche Waren früher in jenen Gegenden für den Export gediehen. Von der Pfefferküste – die Engländer sagen Grain Coast, und die Seeleute vergessen dabei das „g“ und machen die Körnerküste zu einer Regenküste – stammten die Paradieskörner, der Guineapfeffer, der in Europa ebenso gerne zum Würzen von Speisen gebraucht wurde wie der Pfeffer von der indischen Pfefferküste. Man versuchte sogar, ihn zum Bittermachen des Bieres zu verwenden. Heute habe ich Eingeborene niemals Paradieskörner benutzen sehen; sie hielten sich alle an den viel schärferen Cayennepfeffer.

Abidjan, die moderne Hauptstadt der Elfenbeinküste, liegt an der riesigen Lagune Ebrit! und erlangte erst Bedeutung, als die Franzosen die Lagune durch einen Kanal mit dem Atlantik verbanden.

Als ich mit der Tide durch den Kanal und die Lagune segelte, sah ich viele Dampfer Kaffee, Kakao, Bananen und sogar Baumwolle laden. In kurzer Zeit sollen auch die Bauxit-, Eisenerz- und Manganlager der Elfenbeinküste ausgebeutet werden, und das Land wird dann seine hervorragende Stellung, die es im Exporthandel innerhalb von Westafrika innehat, weiter festigen können.

Ein Schlepper kam gefährlich nahe an mich heran und bot mir an, die LIBERIA abzuschleppen; ich lehnte sein Angebot ab und gelangte mit Hilfe der Seebrise auch ohne ihn in die Baie du Banco, in der ich vor einer Werft Anker warf. Keine hundert Meter entfernt lud ein deutscher Dampfer Baumstämme.

Sofort kamen ein paar Franzosen und wollten mir helfen. Läuft man einen französischen Hafen an (wenn man Abidjan so nennen darf), so findet man immer schnell Kontakt zu den Einwohnern, wird eingeladen und lernt Land und Leute kennen.

Schon vor einigen Jahren hatte ich die Elfenbeinküste besucht; damals war sie noch Kolonie, und die Franzosen bedachten die Neger mehr als nötig mit vertrauten Tiernamen. Ein Jahr später war ich wieder dort, und die Tiernamen galten nur noch den Tieren, aber Schwarz und Weiß begegneten sich noch immer voller Mißtrauen. Und bei meinem jetzigen Besuch war die Elfenbeinküste innenpolitisch unabhängig und die Atmosphäre gereinigt; die Afrikaner zeigten sich zugänglicher und arbeiteten mit größerem Eifer und Interesse. Das hatten die Franzosen anscheinend nicht erwartet.

Überhaupt schien mir die Lage in Abidjan ruhiger und entspannter als in den anderen westafrikanischen Ländern zu sein, die ich zuvor besucht hatte; meine Freunde führten das auf die einsichtige Politik des Ministerpräsidenten Felix Houphouet-Boigny zurück.

Houphouet-Boigny ist Häuptlingssohn, reicher Plantagenbesitzer, afrikanischer Arzt – er studierte in Dakar – und hat hohe Posten in der französischen Regierung innegehabt. In der Elfenbeinküste ist er Führer einer Partei, die mehr den Charakter einer Volksbewegung besitzt und deren Ziel die Unabhängigkeit war. Unabhängig ist das Land heute, doch im Gegensatz zu Sekou Touré legt Houphouet-Boigny noch immer Wert auf die Zusammenarbeit mit Frankreich.

„Wir braumen einander“, erklärte er. „Ich weiß, daß unsere Wirtsmaft ohne französisme Hilfe zusammenbremen würde, daß französismes Kapital für uns unerläßlich ist. Was wir von den Franzosen wollen, ist die Anerkennung der Integrität des schwarzen Mannes, Amtung und Liebe.“

Der Minister und die Doktorarbeit

Geamtet aber werden die Afrikaner erst seit kurzem. Hatten die Kolonialvölker denn wirklich keine Möglichkeit, ihre afrikanischen Länder durch eine klügere Politik Europa zu erhalten?

Als ich den jungen Ernest Boka, Erziehungsminister der Elfenbeinküste, fragte, wie er den Kolonialismus in der Gesmichte Westafrikas beurteile, antwortete er zu meinem Erstaunen:

„Sehen Sie, im arbeite gerade an meiner Dissertation, und der Kolonialismus ist mein Thema. Im glaube, er ist eine Erscheinungsform der menschlichen Entwicklung im allgemeinen und nicht den Europäern vorbehalten. Schauen Sie sich Liberia an, dort haben Afrikaner ihre eigenen Brüder versklavt, smlimmer als die Europäer es selbst in den schlimmsten Zeiten taten.“

„Dann hat also der sogenannte Kolonialismus Ihrer Meinung nach für Westafrika seine geschichtliche Berechtigung?“

„Ich glaube ja. Wir alle wissen, daß er seine barbarischen Seiten hatte, daß aber umgekehrt die bleibenden Werte, die er geschaffen hat, doch überwiegen: die Sprache der kolonisierenden Völker als Band und Verständigungsmittel, die Beendigung der Streitigkeiten zwismen den einzelnen Stämmen und natürlich die Errichtung von Plantagen und Industrieanlagen, der Bau von Städten, Häfen, Krankenhäusern. Wir verdanken den Franzosen sehr viel.“

Boka glaubt wie ich nicht daran, daß der Intellekt der Afrikaner dem der Europäer nachsteht. Bei gleichen Voraussetzungen – gleicher Schulung und Ausbildung – könnte die schwarze Rasse geistig das Gleime leisten wie die Weißen.

Der Erziehungsminister hat in Grenoble Rechtswissenschaften studiert. Den steten Mangel an französischen Lehrern versucht er, zuweilen durch persönlich abgeschlossene Kontrakte mit französischen Lehrerinnen zu beheben. Großzügig stellt er den jungen Damen ab und zu eine seiner Villen als Wohnung zur Verfügung, in der Hoffnung, daß seine Gastfreundschaft entgolten wird. Aber auch bei Französinnen kann man sich täuschen; wenigstens lachte man in Abidjan damals gerade über eine Ohrfeige, die der Minister in seinem Haus empfangen haben sollte. Diese Geschichte gewinnt an Wahrscheinlichkeit, wenn man die vielen, ausgesucht hübschen jungen Damen sieht, die in seinem Vorzimmer aus- und eingehen.

Daß die Franzosen in zahlreichen Ländern ihrer riesigen überseeischen Gebiete sehr Beachtliches geleistet haben, kann keiner abstreiten. Man denke allein an Marokko. Die Elfenbeinküste liegt zwar weiter entfernt von der französischen Metropole, und ihr Klima lockt weniger Siedler herbei, aber man muß dennoch den Aufschwung dieses Landes, das die Franzosen erst kurz vor der Jahrhundertwende erwarben, nach dem Zweiten Weltkrieg bewundern.

Abidjan selbst hat sich in den letzten 20 Jahren mehr als verdoppelt; etwa 10.000 Franzosen und über 120.000 Eingeborene sind heute dort ansässig. Straßen und Eisenbahnen ziehen sich durchs Land; Afrikaner wie Weiße haben im Regenwaldgebiet der Küste oder in der Savanne des Hinterlandes ungezählte Plantagen angelegt. Die Elfenbeinküste könnte eines der reichsten Länder der Welt werden, wenn ihr mehr Arbeitskräfte zur Verfügung stünden, denn 2,5 Millionen Einwohner sind für ein Gebiet, das so groß ist wie Norwegen und so ertragreich wie ein Treibhaus, viel zu wenig.

Die fliegenden Früchte der Mangobäume

Eines Tages besuchte mich ein französischer Segler und lud mich zu einem Drink in einem der Cafes an der Hauptstraße ein. Von unserem Tisch aus blickten wir auf einen gepflegten Park, der mit gewaltigen Mangobäumen umsäumt war. Mein Gastgeber machte mich auf die „Früchte“ in den Wipfeln dieser Bäume aufmerksam, die wie Nester von Webervögeln aussahen. Erst als diese Früchte zu fliegen und zu kreischen begannen, merkte ich, daß er mich auf den Leim führen wollte. Es waren fliegende Hunde, große Fledermäuse, die sich ihren Schlafplatz mitten in der Stadt gesucht hatten. Vagabunden bei Nacht, schlafende Spießbürger bei Tag!

Für die Afrikaner sind die fliegenden Hunde Leckerbissen, denen sie oft genug nachstellen, zumal diese Tiere auf den Fruchtplantagen großen Schaden anrichten – ganze Bananenbündel können sie binnen einer Nacht verspeisen. In Amerika habe man Fledermäuse bereits dressiert, meinte mein Bekannter; in Kalifornien gäbe es auch bestimmte Arten, die sich sogar Fische fangen. Andere Arten ernähren sich von Fleisch und jagen nach Vögeln, wieder andere leben vom Nektar der Blumen. Und die Tiere – so erzählte er weiter – besäßen nicht nur Radarausrüstung, sondern auch navigatorische Instrumente: wie könnten sie sonst von den USA nach den Bermudas fliegen, etwa 1000 Kilometer entfernt! Zur „Winterfrische!“

Wie so viele Franzosen hatte auch dieser Segler vor, eines Tages um die Welt zu segeln. Er war Architekt, gleich nach dem letzten Kriege nach Abidjan gekommen, seit wenigen Jahren mit einer französischen Apothekerin verheiratet und besaß eine kleine Ananasfarm und hier und da ein paar Aktien. Sein Boot wurde von der Werft gebaut, in deren Gewässern die LIBERIA IV vor Anker lag. Aktien und Farm warfen genug ab, um ihn für den Rest seines Lebens zu versorgen. Eine Mitseglerin hatte er auch schon; sie ist ebenfalls verheiratet, aber ihr Mann hat ebenso wenig wie seine Frau gegen eine mehrjährige Weltreise etwas einzuwenden. Bon voyage!

Westafrika – ein ewiger Unruheherd?

Kurz vor memer Ankunft waren elmge tausend Afrikaner als „unerwünschte Ausländer“ aus Abidjan vertrieben worden. Man konnte sich sehr schwer ein Bild über die Vorfälle machen; die meisten Franzosen wußten gar nichts darüber.

„Eine traurige Affäre“, meinte der Segler. „Es waren alles Fachkräfte, diese Leute aus Togo, Dahomey und selbst aus Nigeria und Ghana. Natürlich hatten die ‚Ausländer‘ bessere Jobs als die hiesigen, aber der Neid und gelenkte Propaganda machten die Hiesigen so wütend, daß sie schließlich losschlugen. Die ‚Ausländer‘ wurden ausgewiesen, erhielten keine Entschädigung und mußten Hals über Kopf das Land verlassen.“

„Glauben Sie, daß diese ‚Ausländer‘ für die höheren Stellungen im Lande geeigneter waren als die Einheimischen?“

„Nein und ja! Durch den Aufschwung der Elfenbeinküste benötigte man in den letzten Jahren so unerhört viele Facharbeiter, daß mehr und mehr Leute aus anderen Gebieten, in denen die Löhne weniger hoch waren, ins Land strömten. Die Hiesigen sind natürlich genauso qualifiziert wie die ‚Ausländer‘, und daß jetzt viele einheimische Fachkräfte, die inzwischen in den letzten zwei, drei Jahren ausgebildet worden sirid, keine Stellung finden konnten, schuf böses Blut. Es wird sicher nicht das letzte Mal sein, daß sich Afrikaner gegenseitig bekämpfen.“

„Ist es nicht gerade typisch für Afrikaner, daß sie sich gegenseitig befehden?“

„In der Vergangenheit sicherlich – ob es in Zukunft besser sein wird, bleibt abzuwarten.“

Ich dachte an die Worte Präsident Tubmans, der – die Streitigkeiten Europas vor Augen – von der Einigkeit der Afrikaner nicht überzeugt war. überdies, wer soll die panafrikanische Bewegung leiten? Früher glaubten die Liberianer, sie seien die Vorkämpfer der afrikanischen Freiheit und Einheit. Dann glaubte Nkrumah, er sei der Auserwählte, sein Volk ist sogar ernstlich empört, wenn man die Leistungen eines anderen Afrikaners mit seinen auch nur vergleicht. Auch Touré wird sich kaum ohne weiteres einem anderen Afrikaner unterordnen.

Westafrika kann gar nicht so schnell zur Ruhe kommen; die Grenzen der einzelnen Länder werden sich noch manches Mal verschieben, Unionen und Föderationen werden kommen und gehen. So hat der starke Mann der Elfenbeinküste, Houphouet-Boigny, die „Union Sahel-Benin“, einen lockeren Staatenbund aus den Republiken Niger, Dahomey, Volta und Elfenbeinküste, als Gegengewicht zu der aus dem Sudan und dem Senegal gebildeten Föderation Mali, geschaffen, die damals gerade ins Leben gerufen worden war, heute jedoch wieder aufgelöst ist.

Bis jetzt machten die Europäer die politischen Fehler in Westafrika, nun sind die Afrikaner in die Lage gekommen, sie zu machen. Werden sie klüger sein? Noch sieht es nicht so aus.