Kitabı oku: «Nox Arcanum», sayfa 4
Was die ‚Heilslehre‘ an positiv angebbaren Heilsgütern aufweise, umgreift und durchquickt sie alle, aber erschöpft sich nicht in ihnen. Und indem sie sie durchdringt und durchglüht, macht sie aus ihnen selber mehr als was der Verstand von ihnen begreift und sagt. Sie gibt den Frieden, der über aller Vernunft ist. Die Zunge lallt nur davon. Und nur in Bildern und Analogien gibt sie von Ferne von sich einen unzulänglichen und verworrenen Begriff.
Mir ist niemand bekannt, der das fascinans von etwas Heiligem erlebt hat und den Glauben an dieses Heilige je wieder vollständig verloren hätte.
Wiederum lautet die Frage an alle Leser, ob ihnen so etwas schon passiert ist. (Und ich meine wirklich passiert, denn vorstellen kann man sich so etwas nicht – ich hab vorher auch gedacht ich könnte, und Thomas von Aquin sicher auch.) Ist es passiert? Ohne Heroin? Wenn nicht, so kann ich nur wiederum auf die Übungen am Schluss dieses Kapitels verweisen. Wenn ja, dann sollte es wiederum leichter fallen, den Rest meiner Ausführungen nachzuvollziehen. Wer sowohl tremendum als auch fascinans kennt, ist an dieser Stelle eingeladen, sich beide Gefühle als gleichzeitig von der eigenen Göttlichkeit ausstrahlend vorzustellen und in dem heiligen Schauer zu baden, der die Kraft des luziferianischen Fanatismus verleiht.
Die große, wichtige, doppelt rot zu unterstreichende Erkenntnis bei Rudolf Otto ist, dass fascinans und tremendum untrennbar zusammengehören. Sie verstärken sich gegenseitig, bedingen sich gegenseitig. Deswegen üben – sofern man glaubt – die schauerlichsten Dämonen auch ihre eigentümliche Faszination aus, deswegen flößt auch der gütigste Gott immer Ehrfurcht ein. Nur wer sich von Angst erfüllt die Abgründigkeit und Unerforschlichkeit des Heiligen vergegenwärtigt, der findet genügend Raum für eine so überwältigende Glückseligkeit. Wer sich nicht völlig in die liebende Vereinigung mit dem Göttlichen begibt, der erlebt nicht die unermessliche Entfaltung von dessen entsetzlicher Macht.
Na gut, nach diesem langen schwülstigen Gelaber dürfte klar sein, dass wir den Boden der Rationalität verlassen haben. Ich hoffe, dass – wenigstens denen, die sich in derartige Gefühle hineinspüren können – aber auch klar ist, wie so eine Begegnung mit dem „Heiligen“ die unbändige Kraft des Fanatismus hervorbringen kann. Verglichen mit dieser Phantasmagorie von Gefühlen und Visionen sind Widerstände und Probleme einfach bedeutungslos. Und genauso bedeutungslos sind potentiell auch die Meinungen und Gefühle anderer Menschen; vielleicht die Schmerzen desjenigen, den man gerade auf dem Scheiterhaufen verheizt, vielleicht aber auch der Glaube des anderen, man selbst wäre kein Gott. Vor der Perspektive des Absoluten besteht keine Relativität. Kein Mitleid. Keine Vernunft.
Na? Wer hatte denn gerade Angst, das könnte wahnsinnig machen? Wer lässt sich da ertappen beim Zurückschrecken vor etwas, worüber ein Gott nur lachen könnte? Wer hat es denn da mit dem Luziferianismus so ernst doch nicht gemeint?
Kurze Denkpause.
Und jetzt ein Glückwunsch an alle, die mit dem Begriff tremendum nichts anfangen können und sich gerade angesprochen gefühlt haben: ganz genau das in euch, was euch gerade angesprochen hat, ist euer tremendum.
Ich werde diese Spielchen im Rest des Textes unterlassen.
Wenn wir uns nun einmal unter den „Linkshändern“ dieser Welt umschauen, so stellen wir sehr schnell fest, dass es da mit fascinans und tremendum nicht besonders weit her ist. Wieviele Luziferianer haben schon unsterblich verliebt vor dem Spiegel gestanden? Welcher Saturngnostiker hat schon die Welt dafür bedauert, dass sie keinen Gott außer ihm hat? Es gibt sicher Beispiele für so eine Haltung – obwohl mir nur Austin Osman Spare einfallen will – aber sie sind meinem Dafürhalten nach zumindest ausgesprochen selten.
Die meisten Anhänger des Pfades zur Linken, die ich kennengelernt habe, sagen zwar, sie wären ihr eigener Gott, verhalten sich diesem Gott gegenüber aber keineswegs so, wie es eines Gottes würdig wäre. Daran ist erst einmal nichts Verkehrtes, als Gottheit wird man ja wohl selbst wissen, ob es angemessen ist, sich beispielsweise zur besseren Verehrung eine eigene Kirche zu bauen. Aber eins ist dennoch Fakt: da ist kein tiefes Erschüttertsein durch das Göttliche, da ist kein Absolutes als Angelpunkt, an dem sich in höchste Höhen der Leistungsfähigkeit aufzuschwingen wäre. Kurz, da ist kein Fanatismus. Unter der Folter würdet ihr alle zerbrechen.
Nach dem, was oben über den Zusammenhang von fascinans und tremendum gesagt worden ist, dürfte auch klar sein, woran das liegt: die meisten Linkshänder finden sich selbst zwar toll (was zumindest in Richtung fascinans geht), haben aber keine Angst vor dem Ausmaß ihrer Macht (tremendum). Es fehlt ihnen Gottesfurcht. (Wie jeder beliebige Christ bestätigen wird, dem man nicht zu genau erklärt, wem die Gottesfurcht gelten soll.) Damit haben wir für das konkrete Problem, wie luziferianischer Fanatismus zu erreichen wäre, erst einmal eine recht abstrakte Lösung: Gottesfurcht entwickeln, das eigene tremendum kennenlernen.
Kein Problem. Wer als Okkultist mit der magischen Technologie vertraut ist, Veränderungen im Einklang mit dem eigenen Willen herbeizuführen, hat es natürlich wesentlich leichter, Gottesfurcht herbeizubeschwören als, sagen wir, ein Imam in einer pakistanischen Koranschule. Um ein paar erste Anregungen zu geben, und damit dieser Text nicht als abgehobenstes Theoriegeschwafel seit Fra. Ratatosks „Chaos Magick Theory“ in die Magiegeschichte eingeht, hier noch ein paar Ideen für die rituelle Praxis der Invokation des Selbst in seiner ganzen göttlichen Pracht und Entsetzlichkeit.
Bei invokatorischen Arbeiten funktioniert nichts so gut wie der Exzess.
– Pete Carroll –
Luziferianischen Fanatismus hervorrufen heißt genau und ausschließlich: gleichzeitige Invokation des tremendum und des fascinans. Beide hängen zusammen (bei Otto heißt der Gesamtbegiff: das Numinose), das heißt auch wenn man bei der Invokation nur auf eines der beiden Gefühle zielt, bekommt man eine Dosis vom anderen mit hinzu. Der Rest ergibt sich von allein. Wenn tremendum und fascinans invoziert sind, strahlt das eigene göttliche Selbst alles aus, was irrational gläubig macht. Zunehmend wächst der Glaube an die eigene Göttlichkeit. Der irrationale (weil rein mit Gefühlswahrnehmungen begründete) Luziferianismus wird durch immer unmittelbareren Kontakt zum (selbstverkörperten) luziferianischen Prinzip zusehens radikaler. Und das bewirkt in der Summe, wie oben ausgeführt, Fanatismus und alle seine Eigenarten.
Und natürlich bleibt die beeindruckende und furchteinflößende Ausstrahlung, die durch die Invokationen entsteht, nicht nur für einen selbst wahrnehmbar.
Hier müssen – oder dürfen – wir den Zuständigkeitsbereich christlicher Theologen verlassen, denn die halten ja unsinnigerweise Erlebnisse dieser Art für nicht genau erklärbar (obwohl Rudolf Otto interessanterweise anerkennt, dass rituelle, schamanische und andere Praktiken dem Zweck dienen können, das Heilige zu erreichen). Als Magier kennen wir uns da spätestens seit Abra Melin besser aus.
Ich möchte es mir ersparen, an dieser Stelle ausführlicher auf Invokation und Illuminationsmagie im Stil des Liber Samekh einzugehen, denn wer darin noch nicht bewandert sein sollte, findet alles nötige im Liber Null. Stattdessen stelle ich genau wie Crowley fest, dass die entscheidende Formel lautet:
INVOZIERE OFT!
Alles folgende sind bloße Fußnoten zu diesem Zitat.
Führe in jeder beliebigen Situation folgende Meditation aus. Werde dir intensiv deiner Umgebung bewusst. Erahne außerdem den unermesslichen Strom von vergangenen Ereignissen, die nötig waren, um genau diese Situation zu schaffen – wenn du willst, bis zurück zum Urknall. Mach dir bewusst, dass du allein alle diese Zusammenhänge mit dem ausschließlichen Ziel bewirkt hast, genau diese Situation zu schaffen. Erahne außerdem die Zukunft, die unendlichen Möglichkeiten, die sich aus jeder deiner möglichen Entscheidungen in dieser Situation ergeben können. Mach dir bewusst, dass du allein alle diese Möglichkeiten mit dem ausschließlichen Ziel bewirkt hast, dir deine momentanen Wahlmöglichkeiten zu geben. Nun mach dir bewusst, dass du allein verantwortlich für das bist, was jetzt geschieht. Tu was du willst. Versuch diesen Zustand umfassender Bewusstheit so lange wie möglich aufrechtzuerhalten – anfangs werden es höchstens wenige Sekunden sein. Sei bestrebt, öfter und öfter in diesen Zustand einzutreten. Das ist die beste der hier genannten Techniken.
Invoziere auf die klassische Weise. Bau einen Tempelraum zu deiner Verehrung. Dekoriere ihn mit Bildern, Besitztümern und Zitaten von dir. Improvisiere Gebete an dich selbst, ruf sie laut und voller Begeisterung für dich selbst. Nimm rituelle Handlungen vor, wie es dir richtig erscheint. Tu stets alles voller Dankbarkeit für die Gnade, und voller Ehrfurcht für die Pflicht, dich selbst verherrlichen zu dürfen. Mach dir bewusst dass alle Welt auf subtile Weise an dem Ritual teilnimmt. Dass die Luft in deinen Lungen glückselig darüber ist, deine Stimme tragen zu dürfen. Dass der Fußboden ängstlich dem Moment entgegen zittert, in dem du deinen göttlichen Fuß wieder von ihm entfernen wirst. Wenn du das Ritual beendest, tu es mit dem Wissen dass du etwas Gutes getan hast. Das ist die leichteste der hier genannten Techniken.
Fertige Kunstwerke und schreibe Texte, die deine göttliche Natur ausdrücken. Sie sind die Reliquien und heiligen Bücher, auf die die Welt seit Äonen gewartet hat und die du ihr einzig aus deiner göttlichen Gnade heraus zueignest. Verfahre mit den Geschenken deiner Gnade, wie es dir richtig erscheint. Wenn du sie verschenkst, schenkst du den höchsten Segen den ein Mensch erhalten kann. Wenn du sie auf den Müll wirfst, machst du den Müllhaufen zu einem Heiligtum. Das ist die fortgeschrittenste der hier genannten Techniken. Sie ist nur sinnvoll zu verwenden, wenn durch den Gebrauch der vorigen zwei (oder anderer) Methoden die Invokation bereits in hohem Maß verwirklicht ist. Und jetzt los mit dir.
Von heute an will ich Furcht und Schrecken vor dir auf alle Völker unter dem ganzen Himmel legen, damit, wenn sie von dir hören, ihnen bange und weh werden soll vor deinem Kommen.
– 5.Mose 2,25 –
Ich komme, dich überzusetzen über den Strom zu endloser Nacht, lodernden Feuern und klirrender Kälte.
– Dante Alighieri –
Die Goetische Magie
Eine kleine Einführung
ASENATH MASON
Die Evokation von Geistern ist eine sehr alte magische Kunst und kann bis ins früheste Altertum zurück datiert werden. Referenzen auf nekromantische und dämonische Evokationen finden wir in vielen Werken der antiken Literatur vor, wie beispielsweise die berühmte Beschwörung des Geistes von Samuel durch die Hexe von Endor. Die Kunst der Evokation von Geistern wurde auch im Mittelalter weitverbreitet praktiziert und in der Zeit vom 14. bis 17. Jahrhundert dann in einem vollständigen Ritualsystem zusammengefasst, als die Mehrzahl der Salomonischen Grimoires in Umlauf kam. Unter diesen magischen Büchern nimmt die Goetia eine wahrhaft einzigartige Stellung ein. Es gibt kein anderes Buch, das einen so allgemein schlechten Ruf hat und es gibt kein anderes Verzeichnis von Geistern, das eine ähnlich große Popularität im westlichen Europa fortlaufend seit dem 15. Jahrhundert genossen hat. In diesem Artikel werde ich die Ursprünge dieses berüchtigten magischen Systems aufzeigen und seine Interpretation in einer modernen Welt.
Der Ursprung der Goetia und antike Ansichten über Dämonologie
Das Wort Goetia stammt vom griechischen Begriff Goēteia, der die Kunst bezeichnet, böse Dämonen herauf zu beschwören und mit antiken Praktiken der Nekromantie in Verbindung stand. Die Etymologie von Goēteia steht auch mit den Wurzeln goēs („Zauberer“, Pluralform goētes) und goos („Trauergesang“) oder goaō („das Singen eines Trauergesangs“) in Beziehung. Der Begriff Goēteia hat möglicherweise seinen Namen von Totengeistern erhalten, die sich um die Gräber herum aufhielten, die gooi und thrēnoi. Es handelte sich um eine Kunst, die assoziiert wurde mit der Auferweckung von Toten, dem Anrufen toter Personen durch die Invokation ihrer Namen und es wurde geglaubt, dass der Name vom Wehklagen (goōn) der Menschen um das Grab herum erlangt worden war. Daher die Assoziation mit „stöhnen, jammern, wehklagen“, wie sie von Aleister Crowley nahe gelegt wurde, als dieser im Jahre 1904 sein berühmtes Werk The Book of the Goetia of Solomon the King veröffentlichte, das ein vollständiges Verzeichnis der 72 Dämonen der Salomonischen Tradition beinhaltete. Lasst uns nun zunächst einen Blick auf die antiken Assoziationen zur Nekromantie werfen.
In der griechischen Literatur finden wir häufig Fragmente, die von der magischen Rolle der goēs berichten „dem Trauernden“, als der Person, die die Geister der Toten evozieren konnte, entweder um von der verstorbenen Person Informationen zu erlangen oder um den Geist zur Ruhe zu betten. Diese Beschwörungen wurden durch Lieder und Trauergesänge bewirkt. In Aischylos Die Perser wird der Geist von Dareios mit hohen durchdringenden Schreien und mit Trauergesängen gerufen. Auf gleiche Weise wird der Geist von Achilles an seinem Grab beschworen in Sophokles Polyxena. Auch Platon spricht von einer Macht, die ein goēs über die Seelen anderer Menschen besitzt. Und solche Referenzen lassen sich auch in vielen anderen Quellen finden. Es gibt Theorien, dass die Macht der goēs sogar noch darüber hinausging, die Toten wiederzubeleben und mit ihnen zu kommunizieren. Bei ihm handelte es sich um einen Schamane, der in Ekstase eine Reise unternehmen konnte, um die Seele einer verstorbenen Person mit magischen Trauergesängen und Musik in die Unterwelt zu geleiten und somit erfüllte er auch die Rolle des Psychopomps.1
In einer späteren Periode ging die ursprüngliche Bedeutung von Goēteia verloren und wurde mit Schadensmagie und Zauberei assoziiert. Der Nekromant wurde ein Zauberer, der es wagte, die natürlichen Gesetze des Universums zu verletzen, indem er Geister evozierte, um Einfluss auf die Welt um sich herum auszuüben. Die Goēteia wurde eine verhängnisvolle, dunkle Kunst, die jenen vorbehalten blieb, die sich nicht davor fürchteten das Schicksal der anderen zu manipulieren und ihr eigenes dazu, was als verboten angesehen wurde, weil die Menschen in der Antike glaubten, dass jeder Mensch sein eigenes Schicksal zu erfüllen hätte und es niemandem erlaubt sei, dieses zu ändern. Neu war auch die Unterscheidung zwischen einem goēs „Zauberer“ und einem magos „Magier“, letzterer hatte einen höheren Status und wurde oft als Priester oder als Weiser angesehen. Die magoi versuchten nicht die natürliche Ordnung der Welt zu verändern sondern ihre Funktion bestand darin, deren Phänomene zu erklären und zu interpretieren. Sie genossen großen Respekt und wurden als die Nachfolger der alten persischen Magi angesehen, den Gefolgsleuten von Zarathustra und seiner Doktrin. Deren Praktiken beinhalteten Divination und die Interpretation von Träumen, und sie hielten auch die soziale Ordnung aufrecht, indem sie metaphysische Gründe für die sozialen Strukturen lieferten, während von den goētes geglaubt wurde, dass sie gegen diese Ordnung agierten, indem sie Praktiken verwendeten, die mit der Unterwelt in Verbindung standen, wie Nekromantie, Verzauberungen, Flüche und Täuschungen. Diese Unterscheidung wird in vielen antiken Schriften und literarischen Werken erwähnt. So schreibt beispielsweise Apuleius in seinen Metamorphosen im zweiten Jahrhundert über zwei Arten von zeitgenössischer Magie; die erste stamme aus Ägypten und genieße den Segen der Götter; die andere aber würde von den Göttern verachtet und sei von diesen verboten worden, da sie gegen die Natur arbeiten würde. Diese würde von den Hexen in Thessalien praktiziert
Tatsächlich werden in den antiken Quellen drei Arten von Magie erwähnt: goēteia, mageia und theourgia. Abgesehen von den bereits erwähnten Vorstellungen wurde die goēteia als die niederste und einfachste Form der Magie betrachtet und oft wurde sich auf sie als „bloße Gaunerei“ oder als die Kunst der Gaukler bezogen. Ein Zauberer, der goēteia praktizierte, benutzte Elemente des objektiven Universums, um den Willen zu bewirken, der in seinem eigenen, subjektiven Universum erzeugt worden war. Dies wurde bewerkstelligt, indem Gottheiten, Engel, daimôns, Formeln, magische Operationen und alle anderen verfügbaren Mittel verwendet wurden, auf dass sie den Willen des Zauberer bewirken sollten. Mageia war die Kunst, die von einem Magier praktiziert wurde, der eine bestimmte Ebene persönlicher Initiation erreicht hatte und in der Lage war, auf einer göttlichen Ebene zu agieren. Dieser beauftragte nicht irgendwelche objektiven Kräfte, seinen Willen zu tun, sondern er hatte eine Einheit mit „Gott“ als Teil von sich selbst erlangt. Daher bedurften seine Arbeiten keinerlei Intervention durch irgendwelche Geistwesen, sondern sie passierten allein durch den Willen. Diese Form der Magie wurde manchmal auch als „Wunder-Wirken“ bezeichnet. Die dritte Art von Magie war die Theurgie oder „göttliches Werk“. Es gab bestimmte Ähnlichkeiten zwischen dieser Art der Magie und der goēteia, was die Theurgie jedoch einzigartig machte, war ihr Bestreben „philosophisch korrekt“ – und harmonisch mit der Natur – zu wirken, statt nur effektiv und machtvoll zu sein, wie es bei der Arbeit der goēs der Fall war.2
Dämonen
Die Unterscheidung zwischen „guter“ Magie und „böser“ Magie hallte bis tief in die mittelalterliche Philosophie und die Theorie der okkulten Künste wieder. Mit dem Aufstieg des Christentums und dem Wachstum der Kirche wurden alle heidnischen Geister der alten Religionen zu bösartigen Dämonen und Agenten des Teufels, die fortwährend danach strebten, die menschliche Seele der Verdammnis und den ewigen Torturen der Hölle auszuliefern. Die antiken „Dämonen“ waren allerdings keineswegs die übelwollenden Geister der christlichen Lehre. Das Wort „Dämon“ hat einen antiken Ursprung und es leitet sich von dem griechischen Wort daimôn ab, ein Geist, der das Konzept eines höheren Bewusstseins verkörperte. Ein daimôn war eine Art Halbgott oder eine Quasi-Vergöttlichung guter oder schlechter Qualitäten und er konnte einem Individuum mit Hilfe magischer Techniken angeheftet werden. In der hermetischen Magie wurden diese Geister auch daimônion genannt und als die Vermittler zwischen den Göttern und der Menschheit gesehen. Im antiken Griechenland wurde geglaubt, dass ein daimôn entweder gut und hilfreich (die agathodaimôn) oder boshaft und böse (die kakodaimôn) sein konnte. Diese guten daimônen wurden später mit den Engeln gleichgesetzt (angelos – Botschafter der Götter). Häufiger noch wurden daimônen in einem neutralen Sinne erwähnt, weder gut noch schlecht. Sie waren unabhängig, relativ unsterblich und machtvolle Wesenheiten, manchmal wurden sie sogar als Halbgötter betrachtet. Ein römisches Äquivalent für den daimôn war der genius; ein familiäres Geistwesen, das entlang der genetischen Linie innerhalb einer Familie weitervererbt wurde. Eine der wichtigsten Arbeiten zeitgenössischer Magie bestand darin, den persönlichen daimôn zu absorbieren und sich mit ihm zu vereinigen. Durch diese Einheit konnte ein Magier „der Sohn eines Gottes“ werden und seinen Willen über das gesamte Universum ausüben.3
Die mittelalterliche Ansicht über das Konzept eines „Dämonen“, die zum größten Teil von christlichen Doktrinen beeinflusst war, bestand darin, in ihm einen gefallenen Engel zu sehen, ein Geistwesen, das von Gott bestraft und aus dem Himmel ins Exil vertrieben worden war, gezwungen für alle Ewigkeiten in den infernalen Regionen zu verweilen. Diese Geister hatten sich dem Willen Gottes widersetzt, entweder durch die Ur-Sünde sich mit sterblichen Frauen gepaart zu haben oder durch Stolz und Ungehorsam. Sie lebten in der Dunkelheit und waren von der höchsten Belohnung ausgeschlossen, die in der Gegenwart Gottes und des Lichtes bestand; aber sie konnten auf der Erde, in der Welt der Menschen erscheinen, und sie konnten von einem Magier gerufen werden, der im Namen Gottes agierte. Da ihre Engelsgesichter durch die Scheußlichkeit ihrer Sünden, die sie gegen Gott begangen hatten, verunstaltet waren, wurden sie zu schrecklichen und abstoßenden Kreaturen, die den Menschen als die geliebte Schöpfung Gottes mit Hass und Bosheit entgegen traten. Sie lebten in einem infernalen Königreich, eingeteilt in Hierarchien, die von ihrer Kraft und ihren Qualitäten abhingen, die mächtigsten führten den Vorsitz über viele Legionen infernaler Geistwesen.
Die mittelalterlichen dämonischen Hierarchien schlossen eine große Bandbreite von Geistwesen aus allen möglichen Weltmythologien und -religionen mit ein, besonders Götter und weniger hohe Wesenheiten der Griechen, Römer, Semiten und aus dem Mittleren Osten. Antike Gottheiten wie etwa die Fruchtbarkeitsgöttin Astarte wurden zu so abscheulichen Dämonen wie Astaroth. Der antike Gott Ba’al war der Prototyp für zwei machtvolle Dämonen der infernalen Hierarchie: dem lüsternen und arroganten Dämon der Lügen, Belial, und dem Herrn der Fliegen, Beelzebub. Sogar der Phönix, jener heilige mythische Feuervogel der ägyptischen und phönizischen Mythologien, wird im infernalen Verzeichnis der Goetia als einer der Dämonen aufgeführt. Das waren nur einige Beispiele dafür, wie die antiken Geister unter der neuen Doktrin dämonisiert wurden. Sie wurden auch in einer neuen Gestalt wahrgenommen: einige von ihnen wurden zu haarigen und satyr-artigen Kreaturen, andere ähnelten den Wüstendschinn der arabischen Lehre oder sie wurden Ziegen wie die Dämonen der Wildnis. Naturgeister, antike Götter, häusliche Wesenheiten – sie alle fanden ihren Platz in der neugegründeten dämonischen Struktur.
Die Salomonische Tradition
Die Goetia ist eines der Bücher, das angeblich dem legendären König Salomon zugeschrieben wird. Salomon war eine historische Figur, der Herrscher über Israel im 10. Jahrhundert v. Chr. Angeblich war er der Erbauer des ersten Tempels in Jerusalem, was mit Hilfe von Dämonen erreicht wurde, die er sich zu diesen Zwecke unterworfen hatte. Er besaß Talismane, magische Ringe und machtvolle Zauber, durch die er den Dämonen jede Aufgabe befehlen konnte und schließlich gab es noch Gerüchte, er hätte geheime Bücher über die Magie hinterlassen. Das Leben von König Salomon war das Thema vieler Geschichten und Legenden in so renommierten Werken wie der Bibel, dem Koran, den Märchen aus Tausend und einer Nacht und einer enormen Sammlung von Schriften, apokryphischen Texten ebenso wie kabbalistischer und talmudischer Literatur. Seine Macht, sein Ruhm, seine Beziehung mit der mythischen Hexe, der Königin von Saba, seine magischen Fähigkeiten und sein letztendlicher Untergang, der unter merkwürdigen Umständen stattfand, all dies trug dazu bei, dass seine Reputation als der größter Magier aller Zeiten entstand.
Eine Legende über seine Macht über Dämonen erzählt die Geschichte, wie er böse Geister in ein Messinggefäß einsperrte, das er dann in den tiefen See bei Babylon versenkte. In dem Glauben, das Gefäß enthalte einen geheimen Schatz, bargen es die Babylonier und brachen das Siegel entzwei, durch das die Dämonen gebunden waren. Als das Sigel brach, flogen augenblicklich alle Geister davon und begaben sich wieder an ihre früheren Wohnorte mit Ausnahme von Belial, der in eine Statue Einzug hielt und für seine Anbeter zu einem Orakel wurde. Der Legende zufolge befanden sich 72 Hauptdämonen in dem Gefäß, und dabei handelt es sich um die gleichen Geister, die später in die Liste mit aufgenommen wurden, die den Hauptteil der Goetia ausmachen.
Die Goetia und verschiedene ähnliche Grimoires erschienen in der Zeit vom 14. bis 17. Jahrhundert und sie wurden fortan von vielen praktizierenden Magiern verwendet. Es ist höchst unwahrscheinlich, dass der wirkliche König Salomon tatsächlich diese Texte verfasst hat, allerdings erscheint es gerechtfertig eine solch legendäre Gestalt als Autor für dämonische Grimoires auszuwählen. Im späten Mittelalter und in den Zeiten der Renaissance war es normal, solche Bücher oder Grimories anonym zu schreiben oder sie König Salomon zuzuschreiben. Es verdient Erwähnung, dass dies sehr schwierige Zeiten für Magier waren, das Zeitalter der Hexenverbrennungen, der Inquisition und schwerer Unterdrückungen von „Häretikern“. Für Gelehrte, Mönche und Männer der Wissenschaft war es natürlich, ihre Praktiken der dämonischen Magie unter dem Deckmantel anderer Interessenfelder zu verbergen. Wenn also damals ein Grimoire aus dem salomonischen Kanon seinen Weg in die Hände eines zeitgenössischen Magiers gefunden hatte, dann nur durch „Untergrund“-Kanäle und die Autoren zogen es vor anonym zu bleiben, um ihren guten Ruf und ihr Leben zu schützen.
Die Geschichte und der Ursprung der Geister, die nun die berühmten Schlüssel ausmachten, können möglicherweise bis in das erste Jahrhundert unserer Ära zurückverfolgt werden, als Josephus ein Buch mit Zauberformeln zur Beschwörung von Dämonen erwähnt, das unter dem Name Salomons seine Runde machte. Er beschreibt wie ein Jude mit Namen Eleazar das Buch verwendet, um dämonische Besessenheit zu kurieren. Dieser mysteriöse Text ist niemals gefunden worden aber es gab viele andere „salomonische“ Schriften, die in mittelalterlichen Quellen genannt werden, wie das Salomonis libri de gemmis et daemonibus, das Le Livre de Salomon, das Sigillum Salomonis, oder der Clavicula Salomonis, die als „Werke der Nigromantie“ zur damaligen Zeit aufgelistet wurden. Die meisten waren ein Amalgam aus jüdischen magischen Texten, die im ersten Jahrhundert dieser Ära im hellenistischen Teil Europas verfügbar waren, stark beeinflusst von hermetischer Magie und griechischen Zauberpapyri. Die Zauberformeln waren Mischungen aus biblischen Psalmen, Volkszaubern sowie lateinischen, griechischen und hebräischen Formeln, in die die anonymen Autoren die Namen von „Dämonen“ eingearbeitet hatten, bei denen es sich hauptsächlich um antike heidnische Geister und Gottheiten handelte, die nun unter neuen, verzerrten Namen erschienen.
Grimoires
Es wird angenommen, dass das älteste bekannte Grimoire das The Testament of Solomon ist und auf die Zeit vom 1. bis 3. Jahrhundert zurück datiert werden kann. Das Wort Grimoire leitet sich von der griechischen Wurzel „grammatikos“ ab und bezieht sich auf den Begriff Grammatik, das System einer Sprache. Ein Grimoire ist daher eine „Grammatik der Magie“, „ein Lehrbuch für Magier, das Formeln, Siegel und Anweisungen enthält, wie die gewählten Geister angerufen werden können, bei denen es sich meistens um „teuflische“, infernale Dämonen handelt. Es wurde geglaubt, dass auch wenn Gott die Welt erschaffen hatte und der oberste Herrscher über alle Kreaturen sei, es tatsächlich Satan war, der die Herrschaft über die Erde und deren Schätze und Phänomene inne hatte. Ein Magier, bei dem es sich oft um einen Priester oder zumindest um einen frommen Christen handelte, hatte die Macht, die gefallenen Geister aus ihrem infernalen Wohnort herbeizurufen indem er als Repräsentant von Gott agierte. Er war ein Vermittler zwischen Hölle und Himmel und er konnte alle Geister heraufbeschwören, binden und ihnen Befehle erteilen, sowohl die himmlischen wie auch die infernalen, wenn er nur keusch und fromm genug war, um die göttlichen Kräfte auf Erden zu repräsentieren. Unter der Voraussetzung, dass sogar die Dämonen in der Hölle Gottes Befehlen zu gehorchen hatten, konnte der Magier sie durch die göttlichen Namen und Gebete dazu zwingen, jede Aufgabe für ihn zu übernehmen. Und auch wenn es sehr schwierig war, ein erfolgreicher Magier zu sein und das Leben so zu führen, wie es in den Direktiven der Magie-Bücher verlangt wurde, so wuchs doch rasch die Popularität dieser Texte im westlichen Europa.
Die erste schriftliche Liste von Dämonen erschien im 16. Jahrhundert in Johann Weyers Pseudomonarchia Daemonum (1577) und später in Reginald Scotts Discoverie of Witchcraft (1574). Diese ersten Dämonenverzeichnisse beinhalteten 69 Geister mit ihren Ämtern und Funktionen. Die vollständige Liste über 72 Dämonen erschien im 17. Jahrhundert in dem Grimoire Der Kleine Schlüssel Salomons oder Clavicula Salomonis auch bekannt als das Lemegeton. Das gesamte Buch ist in fünf Bereiche unterteilt, und wie im Originalmanuskript erklärt wird:
Der erste Teil ist ein Buch über böse Geister, genannt GOETIA. Es zeigt, wie solche Geister gebunden und verwendet werden. Verschiedene Dinge, durch die er großen Ruhm erlangte.
Der zweite Teil ist ein Buch über Geister zum Teil gutartig zum Teil böse, das genannt wird THEURGIA GOETIA, alle Geister der Lüfte.
Der dritte Teil handelt von den Geistern, die über die Planetenstunden herrschen und welche Geister zu jedem Grad des Zeichens gehören und die Planeten in den Zeichen. Es wird PAULIN KUNST genannt.
Der vierte Teil dieses Buches wird ALMADE[L] des Salomon genannt, das 20 Hauptgeister enthält, die die vier Altituden regieren oder die 360 Grad des Tierkreises.
Diese letzten beiden Orden von Geistern sind gutartig und es wird THEURGIA genannt und danach sollte von dem Suchenden nach Göttlichkeit gestrebt werden.4
Die erste moderne Ausgabe des Lemegton wurde 1904 von Aleister Crowley und S. L. MacGregor Mather unter dem Titel The Book of the Goetia of Solomon the King herausgegeben. Seit damals wurde es viele Mal in den unterschiedlichsten Versionen neu herausgegeben, zusammengestellt und editiert von vielen mehr oder weniger bekannten Okkultisten des 20. und 21. Jahrhunderts und es ist immer noch eines der populärsten und renommiertesten Bücher über rituelle Magie.
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