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Kitabı oku: «Gräfin Elisa von Ahlefeldt, die Gattin Adolphs von Lützow, die Freundin Karl Immermann's», sayfa 13

Yazı tipi:

16

Münster, den 16. Juni 1838.

Wie sehr, theuerste Frau Gräfin, Ihr jüngstes holdes Schreiben tief im Herzen mich erfreut hat, wie sehr es mich zu Ihnen hingezogen hat – wie wäre das in Buchstaben darzulegen! Es hat bei mir angeklungen, wie einst der Ton der Memnonssäule beim Sonnenaufgang! Es hat in mir eine Sehnsucht erregt nach Ihnen, die zum Schmerz werden würde, wenn ich nicht mit Zuversicht darauf rechnen könnte, Sie bald zu sehen. – Ich reise morgen nach Bremen und will von da zurück, so daß ich in gerader Richtung zum Rhein komme und zu dem heitern Dörflein, wo eine Liebenswürdige waltet, der ich so oft, mehr als sie glauben kann, im Geiste nahe bin! – Es mögen wohl nahe an drei Wochen vergehen, bis ich zu diesem schönen Ziele komme; wahrscheinlich noch früher. Alsdann hoffe ich den Strom noch weiter heraufzukommen. Fände sich doch dort irgendwo auf ein paar Tage ein gemeinschaftliches, schönes Plätzchen! – Sollten Sie etwa um dieselbe Zeit verreist sein, so möchte ich inständig bitten, mir durch ein paar Zeilen Kunde zu geben, wo Sie athmen, wo Sie wandeln, wo die Fluren Ihnen zu Liebe schöner werden, damit ich womöglich Sie aufsuchen könne.

Für die Festbeschreibung von Immermann danke ich Ihrer Güte mehr als einmal! – Sie ist gar schön, glänzend Styl- und Dichtkunst. In unserem ganzen Reich ist sicherlich nichts Schöneres, ja nichts Gleiches erschienen. Wäre ich König, ich sagte zu Immermann: »Setze Dich zu meiner Rechten!« –

Darf ich glauben, daß Sie mir noch gut sind? Ihr Schreiben trägt die grüne Farbe! Das soll mir Hoffnung geben! – Adieu, adieu!

Der treu ergebene

Möller.

17

Münster, den 26. August 1838.

Wie sehr, meine Theure, hat mich Ihre gütige Nachricht erfreut, daß endlich einmal Ihre holde Erscheinung mir hier werden soll. Kaum kann ich diese Freude aussprechen.

Könnten Sie sich entschließen, hier eine Weile zu sein und sogleich an meiner Wohnung, Böselagerhof auf der Hollenbeckerstraße abzusteigen und das Logis zu nehmen! Ich bin zwar ganz allein, aber desto romantischer für mich! Meine Hausgenossin ist nach Elberfeld.

Könnte ich doch durch Eine Zeile von Ihnen erfahren, an welchem Tage Sie hier eintreffen. Ich würde dann auf dem Posthofe um acht Uhr sein und in der Passagierstube Sie begrüßen, und zur Erquickung etwas darbieten. Erhalte ich die Zeilen nicht, so wird doch vom 2. September an, jeden Morgen ein Wesen auf dem Posthofe sein, das bei der Ankunft des Düsseldorfer Wagens nach Ihnen fragt. – Wäre ich ein freier Mann, statt ein gebundener zu sein, ich führe mit Ihnen bis – Hamburg – Holstein! – Mein Herz will schon jubeln, es wird aber geschwind in das Schnürleib der eisernen Nothwendigkeit eingeklemmt.

Und wenn denn auch nur ein Blick von Ihnen jetzt mir werden soll, so muß ich doch dringend bitten, hoffen, flehen, beschwören, daß Sie auf der Rückreise meine unvergleichlichen Gärten sehen wollen. Mein Haus ist reich an Zimmern, ganze Familien sind oft bei mir – dabei reich an gutem Willen – an Liebe! Ich meine letztere besonders jetzt ganz eigen zu fühlen. Es ist mir innig wohl zu Muthe.

Ich muß abbrechen, da ich zu Vinckens zum Mittag gebeten bin. Prinz Wilhelm wird zum zweitenmale erwartet.

Tausendmal grüßt Sie mein Herz! Wie viel öfter noch ruft es: Willkommen! – Wie sind Sie jetzt schon in meiner warmen Phantasie so nahe

Ihrem ergebenen

Möller.

18

Münster, den 9. November 1838.

O, wie sehr, Holdeste, haben mich die jüngsten Zeilen Ihrer lieben Hand erfreut. Ich konnte sie nicht ungeküßt lassen und fühlte mich dann wie vermählt mit Ihrem Wesen. O, daß ich Ihrer süßen Lockung nach Derendorf folgen könnte! Ich bin jetzt durchaus gebunden, aber das Möglichste wird, so der Himmel will, geschehen. Ein feindseliges Geschick hat mich schon mehrmals gehindert zu kommen, als sollte ich nur unter Wünschen leben! – Selbst habe ich bei Ihrer zweiten Durchreise Sie – auch nicht einmal – erblicken sollen! Ich weiß dies nicht zu verschmerzen! – Selige Augenblicke, Sie bei mir gesehen zu haben! Sehr Weniges weiß ich jetzt mir selbst davon zu sagen, – denn ich habe nur Sie, nur Sie, Geliebte, empfunden. Meine Wohnung ist mir viel lieber, seitdem Sie in derselben geathmet. Hätte ich Sie doch auch in den oberen Theil derselben geführt – und dann auch Ihr Schatzkästlein gezeigt, voll weißer, grüner, rother, lieber Blätter! Das Alles ist jetzt vorüber, wie der Schmuck der Bäume und Gärten vor den Stürmen des Herbstes. Nur jene Blätter werden mir bleiben – sie tragen ja liebe Worte Ihres Herzens! –

Ich freue mich herzlich, daß Sie Ihre vaterländischen Gegenden glücklich erreicht und die Ihrigen wohlauf wiedergesehen haben. Liebe Erinnerungen werden Ihnen eine schöne Nachlese von dieser Reise geben. Ich war während jener Zeit im alten Soest auf einer Synode von sechzig Predigern und Kirchenältesten, unter welchen ich dem größeren Theile nach befreundet bin. Im Kreise der Geistlichen befanden sich drei Bischöfe: Roß zu Berlin, Eylert zu Potsdam, Dräseke zu Magdeburg. – Nach vierzehn Tagen fuhr ich nach Arnsberg, eine neue Stadt in modernem Styl gebaut, in einer schönen gebirgigen Gegend. Ich begrüßte dort mehrere gute Freunde, unter anderen den Präsidenten Kesler, Verfasser des Lebens seines seligen Schwiegervaters, Doctor Heim, das so unzählige Leser gefunden. Der Aufenthalt war mir um so lieber, da ich in der Nähe des Stammsitzes meiner Familie väterlicherseits, Warstein, mich befand. Die Jahre meiner Kindheit und ersten Jugend sind in diesen romantischen Umgebungen dahingeflogen; fröhliche Erinnerungen ohne Zahl traten mir dort vor die Seele. Aber jetzt hatte ich mit Ossian zu singen:

»Ich bin allein auf diesen schweigenden Hügeln!«

Keiner war jetzt dort mir, ich keinem bekannt. – Darum halte ich mich so fest an dem, was jetzt noch mein ist. O Theure, bleiben Sie mir zugethan! –

Der 18. Oktober ist hier in einer großen Gesellschaft von Generalen, von Pfuel,4 von Wrangel etc. und Offizieren und Beamten und ehemaligen Mitstreitern gefeiert. Auch mich ergriff das patriotische Feuer, und ich habe zur Ehre Preußens mit hinreißender Beredtsamkeit geredet, – ohne vorher daran gedacht zu haben. Aber alle dankten mir. Ich weiß noch nicht, wie mir geschehen! – Es ist ein herrliches Gefühl, einmal über sich selbst erhoben zu werden. Wie selten ist aber Veranlassung, dazu zu kommen, in unserer trockenen schlechten Welt. Am folgenden Tage wurde ich zum Mahl auf's Schloß gebeten, wo ich unter anderen in der Familie von Pfuel wohl aufgehoben war.

Da muß ich nun schließen! Ach, Abschied, immer Abschied – von der ich nimmer scheiden möchte. Da steht sie vor mir, die liebe, holde Gestalt! – Ich fasse ihre Hände, ich schmiege mich ihr an. – Adieu, Adieu! –

Möller.

19

Münster, den 6. Mai 1839.

Wie haben Sie, Holde, Gütige, mich durch Ihre goldenen Worte erfreut! – Ich hatte sie nicht geträumt, nicht gehofft! – Ich eile, sofort sie zu erwiedern, sofern dies möglich ist! – Ich erröthe, daß ich mir habe zuvorkommen lassen, denn wie oft habe ich schreiben wollen. Ich meine dann immer, ich müsse eine schönere, gedankenreichere Stunde abwarten! – Jetzt ist mir der nächste Augenblick der beste. – Ich fühle mich Ihnen so nahe, und wie könnte ich das, ohne die süßesten Bewegungen des Herzens. – Sie gedenken des Musikfestes. Wie oft habe ich schon desselben gedacht. Es ist mein ernster Wille, es zu benutzen Sie wiederzusehen, denn die Musik wäre mir doch nur, so sehr ich sie liebe, Nebensache. Ich komme aber eher los, wenn ich zum Musikfest reise, wohin alle Welt reist. Was ich beabsichtige, weiß niemand. – Es wird mir nicht leicht gemacht, dahin zu kommen, da alsdann grade geschäftsvolle Tage hier sind. Möge ich wie ein tapfrer Ritter um seine Dame mich durchschlagen! Es treibt mich sehr, vorzudringen. Welche Freude wäre mir ein solches Wiedersehen! Ich muß mich üben zu einer ruhigen Fassung. Auch bin ich hierin schon weitergekommen, so daß ich mit Ossian singen kann:

 
»Die stürmenden Winde haben sich gelegt,
Von ferne tönt des Gießbachs Murmeln,
Sanfte Wellen spielen am Ufer ferne.« –
 

Daß Sie, vortreffliche Freundin, in dem gräulichen Winter an Unwohlsein gelitten, betrübt mich sehr. Sie müssen immer wohl sein! Ich kann und mag Sie nicht anders denken, als heiteren Blicks, aus blauem Auge. – Kehrten Sie doch noch einmal so in meine Wohnung ein; und dies auf lange und immer längere Zeit! – Im Gärtchen säßen wir dann Morgens unter der Kastanie und Abends in der Weinlaube. – Lange könnte ich noch fortfahren in dieser Weise zu denken und immer weiter und schöner zu träumen. Und warum nicht? Gehört's nicht auch in's Leben? – Hätte ich nur eine Seele neben mir, die also sich gehen zu lassen liebte!

Uebrigens haben wir den Winter hindurch doch manche Erfreuung von außen gehabt; ein sehr gutes Theater und treffliche Conzerte und mancherlei gesellige Kreise. In die Familie von Vincke komme ich oft, und jetzt ist im Schlosse auch noch eine andere, die von Pfuel; er ist ein gar wackerer Mann, und sie eine angenehme, gesellige Dame, so wie ihre Tochter. Beide waren noch gestern Abend bei uns.

Wenn Sie mir Immermann's neueste Schriften nennen, wird mir ängstlich zu Muthe. So auch bei den Namen Freiligrath, Uechtritz, und so manchen andern schönen Geistern, die unter uns auftreten. Wer möchte sich nicht an ihren Gaben erfreuen, laben, erquicken, jubeln! Aber im Strome der Zeit, der täglichen Berufsarbeiten, so vieler anderer nöthiger Studien kommt man zurück, was man dagegen auch thue. Dabei fast lauter Menschen um sich her, die nichts dergleichen denken und suchen, in unserem sterilen und hölzernen Zeitalter.

Den 16. Mai.

Ich bin abgehalten worden, das vorstehende Schreiben zu vollenden. Sie glauben nicht, meine Theuerste, welch ein Leben voll Arbeit und unvermeidlichem Getreibe ich führe. Die Hoffnung zum dortigen Musikfest habe ich noch immer unterhalten, muß sie aber jetzt erwürgen. Welche Schaaren werden dort sein! – Ich aber bleibe wie ein Gescheiterter an der Küste. Was mich tröstet ist einestheils, daß das Getümmel dort so groß sein wird, daß kaum ein musikalischer Genuß möglich ist, und auch Sie in demselben mit begriffen sein werden, daß mir Ihre Nähe wenig erquicklich und genußreich sein würde; das Aergste, was mir begegnen könnte. Daher habe ich jetzt den Entschluß gefaßt, einer mir gewordenen Einladung nach Koblenz zu folgen, und auf diesem Zuge auch Düsseldorf oder vielmehr – Sie zu sehen. O, des süßen Gedankens, der so unzähligemal in meinem Innersten aufgewallt, endlich gestillt werden wird! Das menschliche Leben erstirbt unter Wünschen. Ich erfahre dies in einer ausgezeichneten Weise. Wenn alles geht, wie es soll, bin ich etwa in der zweiten Woche des Junius in Düsseldorf. – Auch jetzt vermag ich beim Gedränge der Geschäfte leider nichts mehr. Von hier sind auch Viele dort. Hätte ich mich diesen anschließen können, – ich hätte die Musica fahren lassen können, um bei und mit Ihnen zu sein. »Selig allein ist die Seele, die liebt.« – Tausend Lebewohl und Herzensgrüße!

20

Münster, den 4. August 1839.

So eben, holde Freundin, wird mir durch die Engels die Nachricht, daß Sie in eine weite Ferne reisen, und wohl auch künftighin in andern Regionen weilen werden. – Das hat mir eine Thräne in's Auge gerufen. – Ich schmiege mich Ihnen an, als ob ich Sie halten könnte und drücke Ihnen tausendmal küssend die lieben Hände. – Ach, wann sähe, wann fände ich Sie wohl wieder! – Wie könnte ich je aufhören, nach Ihnen zu verlangen, mit meinem Herzen je ferne von Ihnen sein! – Wundersam, wie so unablässig Ihr Wesen mich anzieht. Irgend einmal werde ich doch erfahren, in welchen glücklichen Gefilden Sie weilen; wo Sie durch Ihr Walten, durch Blick und Wort, Güte und Liebe, Anmuth und Liebreiz Herzen erfreuen! – O, wie danke ich Ihnen, daß dies alles so vielfach durch Sie mir geworden. – Möge der Himmel Ihnen durch lauter Liebes, Gutes und Schönes dies alles vergelten! – O, wenn Sie in einer lieblichen Natur, Ihrem Bilde ähnlich – in der Abendröthe, in einer Sternennacht, auch meiner noch einmal gedächten, und in dem sanften Schauer, der Ihre Seele durchdränge, die Herzensnähe eines Freundes ahnten, der so sehr Sie liebt! – Gott befohlen! Holde Freundin! Süßes Leben!

Der Ihrige

Möller.

21

Münster, den 21. Mai 1840.

Ein wunderschöner Moment des Lebens, Theuerste, ist mir geworden durch Ihr überraschendes, so eben bei mir eingetroffenes, herrliches Schreiben! Ich fühle mich davon wie von einem Nectar berauscht. Sie immer noch in den Gärten der Hesperiden mir denkend, wo ich mich so oft Ihnen nahe geträumt, wird mir auf einmal der Anblick der Züge Ihrer holden Hand, – zweifelnd, ob ich meinen Augen trauen dürfe, bis die Lösung des Siegels Gewißheit gab. Ich muß es Ihnen offenbaren, daß ich bei der Eröffnung Ihrer Zeilen in den ersten Augenblicken mehr geküßt, als – gelesen! Hocherfreut über die treue Freundin, die kaum von den Apeninnen und Alpen zurückgekehrt, sofort auch schon des alten Freundes nicht nur gedenkt, sondern auch alle genossenen Wonnen mit ihm theilt! O, wie dankbar wallt das Herz! Eine so schöne Bewegung hat es lange nicht erfahren!

 
Ist es nur ein Traum, Elise?
Jeder Hain und jede Wiese
Ist Gesang um mich herum!
Friede, nie gefühlter Friede,
Tönet hier in jedem Liede, –
Dieses ist Elysium!
 

Sie lächeln des Schwärmers im Alter? – Aber was sind Jahre für's Herz! Es hat nichts mit der Zeit zu thun! – O wie oft habe ich auf Spaziergängen die Wolken über mir gefragt, wo Sie weilen möchten! – Wie oft in nächtlicher Stunde den Sternen zugeflüstert: Sagt mir, wo sie ruht, und zwei andere bläulichte Sterne jetzt zum Schlummer sich geschlossen? – Keine Antwort! – Plötzlich vernehme ich wie ein Echo Ihres Herzens, köstliche Botschaft! – fröhliche Nachricht! – herzgewinnende, liebeathmende Worte! Herrliche Mittheilungen über die Reise, – Lombardei, Genua, Venetia, Padua, Firenze etc. oder über das Beste und Schönste – über Sie selbst! Nun erst gefällt mir Italien vollständig! Habe mehr als zuviel darüber gelesen, daß ich's auswendig kann, – aber erst jetzt hat das große schöne Bild für mich Reiz, Leben, warmen Athem erhalten! Wie jede Stätte uns dann erst recht lieb wird, wo ein uns hochverehrtes und liebes Wesen geruht, gewandelt, gewebt hat, so mir von nun an Italia! – aber auch jedes andere noch so klein und gering scheinende Plätzchen. Noch heute bin ich vorzugsweise gern an der Stelle meines Kanape's, wo Sie vor einiger Zeit – ach, nur für Augenblicke! – meine Wohnung beglückten.

Tausend Fragen und Bemerkungen zu Ihrer Mittheilung kommen mir entgegen – aber mein ganzes Wesen drängt sich zu Ihnen selbst. – Ueber jenes erlauben Sir mir weiterhin mich zu äußern. Ich komme nach einiger Zeit nach Elberfeld und so auch nach Düsseldorf. Dort werde ich Immermann von Ihnen erzählen und auch was Sie ihm gesagt wünschen, in zarter Weise mittheilen.

Mit mir ist einiges vorgefallen, was mich sehr angegriffen hat. – Indem man dem Prediger Daub die mir angehörige Pfarrstelle an unserer hiesigen evangelischen Kirche angewiesen, bin ich nach ganz unrichtiger Angabe beim geistlichen Ministerii (mit Beibehaltung meines Consistorialpostens) als Pfarrer emeritirt worden. Ich habe gleich protestirt. – Schon wollte ich deshalb nach Berlin reisen. Wie hocherfreulich wäre es dann, Sie dort zu sehn und ganz in Ihrer Nähe zu leben! – Ja, so sehr, daß mir dieser herrliche Umstand jenen Vorsatz sehr verstärken und beleben könnte! Auf einmal durchströmt mich schon Leben und Wonne! – O, daß Sie so weit entfernt sind! – Es ist in Münster jetzt viel schöner als früher, und eine auch für mich neue Menschenwelt, mit wenig Ausnahmen. Sie fänden hier gewiß ein freies Leben. – Freundin Engels, die einen großen schönen Handel zum Besten der Armen führt, und hier zahlreiche Verbindungen hat, grüßt tausendmal. – Wie ungern endige ich! Aber die längsten Briefe würden nicht ausreichen zu sagen, wie sehr, wie mit der gefühlvollsten Liebe, Sie, Liebenswürdige, umfaßt, und Ihr ganzes Wesen sich anschmiegt

Ihr treu ergebener

Möller.

In der That, liebe Freundin, es scheint ein guter Vorschlag, daß Sie hierher kommen. Der Adel ist freilich immer auf dem Lande. Unter denen vom Militär sind treffliche Familien, so grade jetzt von Felden, Pfuel's, Grabowsky u. a. m., mit denen wir auch Umgang haben. – Sie können nichts ersinnen, was Ihnen hier unangenehm sein könnte. Und mir ginge ein Morgenstern auf, ein neuer Himmel und eine neue Erde! Wie wollten wir so wonniglich zusammensein! O, bedenken Sie dies Wörtchen und erwägen Sie es in Ihrem feinen und guten Herzen, und fixiren Sie sich nicht ganz und gar an der Potsdamer Chaussee 38, die ich übrigens doch auch gern sähe! Ich fasse Ihre lieben Hände mit Kuß und Gruß!

22

Münster, den 17. August 1840.

Nachdem ich, holdeste Freundin, für Ihre unvergleichlich lieben Zeilen Ihnen tausendmal im Herzen gedankt, kann ich's nun auch endlich auf diesem Blättchen, das fröhlich unter Grüßen und Küssen zu Ihnen hinüberfliegt. Ich bin nun auch mit Briefen aus Berlin erfreut worden, die mich zur Reise dorthin ermuthigt haben. Leider kann ich sie erst in der zweiten Octoberwoche antreten. – O, weilte ich schon an der Potsdamer Chaussee 38! – Das ist mir, Lieblichste, mehr als alles, was Großes und Schönes mir dort zum Anschaun und Genusse erwiesen werden kann. –

Ich habe lange wie in der Solitüde gelebt, wo ich dann auch Ihrer um so genußreicher gedenken, und unter anderem auch nach Ihrer Italienischen Reiseskizze mit Ihnen lustwandeln konnte; welche süße Freude haben Sie mir hierdurch gemacht, welche liebliche Eindrücke hat Ihre Gestalt bei diesen Wanderungen auf mich gemacht; wie habe ich oft mit Klopstock in seiner Ode an Edone gewünscht:

»Verwandle die Erscheinung und werd' Edone selbst!« –

Des neuen Königs erste Eröffnungen seines schönen Sinnes entzücken die Welt. Arndt's und Jahn's Befreiung von ihren bisherigen Schranken werden mit Jubel begrüßt. Die Befreiung aller sogenannten Demagogen findet ebenfalls überall Anklang.

Ich muß scheiden, wenn auch so ungern! Edle, Liebenswürdige! – Mit den schönsten Wünschen umschwebt Sie täglich

Ihr so sehr ergebener

Möller.

23

Münster, den 18. September 1840.

Meine theure Freundin!

So viel Regengüsse in diesen Tagen vom Himmel herab, so viel Wünsche und Seufzer zum Himmel hinauf sind aus meiner Brust gestiegen, daß es mir gelingen möge, zu Ihnen zu kommen. Es ist aber der entschiedene Wille der Götter, daß es nicht geschehe. Mein gewaltiges und ungeduldiges Verlangen soll bestraft werden. Dergleichen habe ich so viel im Leben erfahren, daß man wohl zahm werden muß. Ich beklage es dennoch – denn Ihr jüngstes, so liebes seelenvolles Schreiben hatte mein Verlangen auf's höchste gesteigert. Wie kann solche Güte – ich möchte sie neben vielen andern schönen Bezeichnungen auch eine mütterliche nennen – anders als entzücken! Wie könnte ich anders als stolz sein, ein so holdes Wesen mir so geneigt zu wissen! – Wie Thau auf Rosen sind mir Ihre lieben, freundlichen Anerbietungen! – Wie Byron durch die Meerenge, möchte ich durch meine Hindernisse dringen, die mich von der Nummer 38 abhalten. Aber mein Schicksal lacht meines Muthes. Mein einzig möglicher Gefährte, Gessert, ist durch seine Amtsverhältnisse verhindert, jetzt mich zu begleiten. Dazu nun das kalte regnichte Wetter, das den Ofen verlangt und bald ganz winterlich sein wird. – Sie selbst, liebe Freundin, bei Ihrem zarten Wohlwollen, geben mir dies zu bedenken – und ich gehe darauf ein! Doch nur als Aufschub! – Unmöglich ist ganz zu verzichten. Solch Opfer wird mir nicht zugemuthet werden! – Der einmal so tief gefaßte Gedanke wird nicht aufhören und ein rechter Zeitpunkt der Ausführung ergriffen werden. – Finde ich doch auch nach kurzem Aufschub in Ihnen dieselbe wieder! – Dasselbe holde Wesen, geboren um Herzen zu verstehen und durch Vertrauen zu beglücken!

Grade jetzt, liebe, theure Gräfin, wäre ich besonders gern bei Ihnen, da gemeinsame Thränen einen gerechten Schmerz so sehr besänftigen. Als ich Immermanns so unerwartetes Hinscheiden vernahm, gedachte ich in der ersten Erschütterung sogleich auch Ihrer! – In Düsseldorf und der ganzen Gegend ist Trauer gewesen. Mein Schmerz war um so lebhafter, als ich noch so kurz vorher den Freund gesehen. Eine ganze Reihe von Jahren ist er mir ein sehr werther Freund gewesen, an dessen großen Talenten, wie an seiner treuen und immer edelmüthigen Freundschaft ich mich stets so sehr gefreut. Ich kann mich wohl nie gewöhnen an den Gedanken, nicht mehr mit ihm auf Erden zu sein. – Als ich im vorigen Jahre in Düsseldorf über den Markt ging, begegneten wir uns, und als ich auf seine Frage, wohin ich zunächst wolle, antwortete: zur wohlbekannten Gräfin! erwiederte er: – das machen Sie gut! dessen wird sie sich freuen! – Ich sehe noch den bestimmten Blick, die redende, heitre Miene, womit er dies sagte. Wie viel haben so Viele verloren!

 
»Warum sind der Thränen unterm Mond so viel?
Und so manches Sehnen, das nicht still sein will?«
 

Ich habe ein wenig mein Gärtchen durchlaufen – und bin ganz und gar bei Ihnen. Und doch sind Sie so ferne. – Und doch kann ich mit Ihnen reden! – Das ist dann aber immer nur Ein Thema! – Wie viel ist uns mit der Phantasie gegeben! – Und diese soll die ernstere Schwiegermutter – »Weisheit« – (nach Goethe's Erinnerung) mir nimmer rauben! – Von nun an wird jede Zeitung, wo alles voll von Berlin ist, auch Sie mir vergegenwärtigen. – Wie herrlich hat der König in Königsberg gesprochen! – Es ist als ob ein neues Zeitalter begönne! –

Mehr als Sie denken, gedenkt Ihrer mit Grüßen und Küssen

der herzlich ergebene

Möller.
4.General Ernst von Pfuel, 1848 Ministerpräsident und Kriegsminister.
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
05 temmuz 2017
Hacim:
280 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain