Kitabı oku: «Die vier Ebenen des Glücks», sayfa 2

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Es gibt kaum einen Menschen, der nicht am eigenen Geist interessiert ist. Die Meditation ist die Wissenschaft des Geistes und besteht nicht nur daraus, sich hinzusetzen und konzentriert zu werden. Immer wieder können wir unsere geistigen Reaktionen erkennen und dabei auch feststellen, dass sie immer auf persönlichen Komfort ausgerichtet sind. Oft ist es uns dann ganz egal, ob es für unseren Nachbarn auch angenehm ist, denn vor allen Dingen soll es uns angenehm sein. Wir können diese Einstellung nicht sofort ändern, aber wir können sofort erkennen, wie wir das handhaben und auch, dass die ganze Menschheit so handelt, dass wir immer so gehandelt haben und nie befriedigt waren.

Dann können wir dieses »nicht befriedigt sein« dazu benutzen, um die Dringlichkeit der Praxis zu erkennen und weitere, höhere Ebenen des Glücks kennen zu lernen. Der Buddha hat nicht gesagt, dass die Sinnesbefriedigungen nicht existieren sollen oder dürfen. Das ist eine Frage, die immer wieder gestellt wird. Von »sollen« oder »dürfen« wird nicht gesprochen. Je mehr gutes Karma wir gemacht haben, umso mehr angenehme Sinneskontakte werden wir haben. Je mehr schlechtes Karma wir gemacht haben, umso mehr unangenehme Sinneskontakte erleben wir. Sind wir sehr großzügig gewesen, so werden wir viele schöne Dinge bekommen. Sind wir sehr kleinlich gewesen und haben immer nur an uns selbst gedacht oder höchstens noch an die eigene Familie, wird uns nicht so viel Angenehmes zuteilwerden. Es hat kein Mensch, keine Situation und nichts Äußeres daran schuld. Schuld und Sühne gibt es in der Buddha-Lehre nicht, sondern nur Ursache und Wirkung. Wie du säst, sollst du ernten, und wir ernten nur unsere eigene Saat. Wir können nicht in Nachbars Garten ernten, dort erntet er selbst.

Wenn wir angenehme Sinneskontakte haben, so sollten wir das nicht für eine Selbstverständlichkeit halten. Das ist auch ein allgemeiner Fehler, den wir alle machen. Wir glauben, sie stehen uns zu. Keiner hat an unserer Wiege prophezeit, dass wir nur Annehmlichkeiten erleben werden. Im Gegenteil, wenn einer etwas prophezeien könnte, hätte er sicherlich gesagt, dass wir beides, Angenehmes und Unangenehmes erleben werden. Wir sollten dankbar sein für schönes Wetter, gutes Essen, angenehmes Sitzen, liebe Freunde, gute Lehren, dankbar sein für alles, was uns geboten wird. Was tun wir aber wirklich? Wir sind erbost über das, was uns nicht gefällt. Wir sollten es einmal genau umdrehen und tief dankbar sein für alles, was wir bekommen und haben. Was wir nicht haben, das haben wir uns eben nicht erarbeitet. Das ist doch ganz einfach. Was nicht bei uns existiert, das haben wir einfach nicht gesät. Wir machen aus vielen Dingen große Affären, die nur in unserem Geist existieren.

Die Dankbarkeit für die Annehmlichkeiten bringt auch Erkennen, wieso der Buddha die Sinnesbefriedigung die unterste Ebene des Glücks genannt hat. Wir bekommen Freude, Vergnügen und Glück durch die Sinneskontakte, vor allen Dingen durch die verfeinerten. Manche Menschen sind auf der Suche nach Glück durch grobe Sinneskontakte. Das bringt natürlich nur Dukkha. Das kann Alkohol sein oder Drogen, Sex (in verstärktem Maße) oder auch Essen. Es gibt aber auch verfeinerte Sinneskontakte, die fraglos Glück bringen. Wenn wir zum Beispiel Dinge sehen oder hören, die auf einer uns erhebenden geistigen Ebene liegen, wie ein schönes Gedicht oder wunderbare Musik. Das sind Sinneskontakte, die einen Wert für uns haben. Auch wenn wir selbst malen, so ist das eine Sinnesbefriedigung, die auf einer höheren Ebene liegt und daher Glück bringt, wenn auch nur befristet. Diese Sinneskontakte werden vom Buddha nicht abgelehnt.

Aber um es ganz deutlich zu machen: Wir müssen wissen, dass das nicht eine unabhängige Glücks- und Friedenssituation ist, auf die wir uns verlassen können. Wir können nicht darauf bauen, dass unsere Sinneskontakte angenehm sind und dass sie so bleiben. Wie Wilhelm Busch richtig sagt: „Ist ein Wunsch erfüllt, so kriegt er gleich wieder Junge.“ Wir müssen erkennen, dass wir auf dieser Ebene unsere Sehnsucht nicht erfüllen können. Und dennoch tut es die Menschheit, weil sie nichts anderes kennt. Wir haben ganz andere Möglichkeiten, ein ganz anderes Potenzial.

Es ist also unumgänglich nötig, die vier Schritte des Geistes zu kennen, die mit dem Sinneskontakt anfangen (Sinneskontakt, Gefühl, Etikett und Reaktion). Die meisten Menschen merken nichts anderes als die Reaktion. Dann greifen sie auf den Sinneskontakt zurück und beschuldigen denjenigen, der den Sinneskontakt ausgelöst hat. Die beiden Schritte in der Mitte, das Gefühl und das Etikett, merken die meisten überhaupt nicht. Merken, bemerken, dabei sein, nicht fantasieren, die Dinge einmal so sehen, wie sie wirklich sind, sind des Buddhas Wegweiser.

Wir, als Menschen, haben ein Potenzial der vollkommenen Freiheit, des vollkommenen Erkennens, des Durchblickens durch alle Ideen und Absurditäten und Unvollkommenheiten. Diese Fähigkeiten ermöglichen auch, nicht nur zu erkennen, sondern auch zu verzeihen und Mitgefühl zu haben. Je weniger wir uns selbst erkennen, umso weniger wissen wir, was in der Welt passiert. Da können wir jede Tageszeitung lesen und jede Nachrichtensendung im Fernsehen anschauen. Wir wissen doch nicht, was in der Welt geschieht, sondern bleiben nur an der Oberfläche. Um zu wissen, wieso etwas geschieht, müssen wir erkennen, warum es bei uns selbst geschieht. Dann wissen wir, warum es anderswo auch geschieht. Dazu brauchen wir Achtsamkeit, Willenskraft, Wachsein und einen Geist, der untersuchen will, und nicht einen, der sich einlullen lassen will. Letzteres bringt auch nur Dukkha, denn immer wieder gibt es ein grobes Wachgerüttelt werden.

Erklärung der Kontemplation

Um uns mit der Kontemplation zu beschäftigen, müssen wir den Unterschied zwischen Ruhe und Einsicht kennen. Wenn wir Atembetrachtung oder Gehmeditation üben, so sind wir dabei, den Geist zur Ruhe zu bringen, damit er einmal aufhört, sich Dinge auszudenken, die im Prinzip im Moment keinerlei aktuellen Wert für uns haben, sodass wir eines Tages in der Lage sind, den Geist dorthin zu dirigieren, wo wir ihn haben wollen. Der Mensch, der das kann, braucht nie mehr unglücklich zu sein. Nur ein Narr würde freiwillig unglücklich werden. Solange wir den Geist nicht dort hinwenden können, wo wir ihn haben wollen, macht er mit uns, was er will. Die Ruhemeditation stärkt die Kraft des Geistes, die es uns ermöglicht, einmal ohne den Wellenschlag der Emotionen zu sein, sodass wir tiefe Einsichten haben können. Kontemplation ist ein Mittel, um Einsicht zu erlangen. Sie ist nicht auf Ruhe ausgerichtet, sondern einzig und allein auf Einsicht.

Die Kontemplation ist daher eine Art Fragestellung, die wir natürlich auf jede beliebige Art und Weise machen können. Wenn wir sie für uns allein machen, so können wir die Fragestellung, die wir für uns für wichtig halten, benutzen. Wir müssen uns nicht an die Worte halten, die wir jetzt hier finden werden. Aber die Fragestellung soll kein diskursives Denken hervorrufen, wie zum Beispiel: „Das ist aber interessant. Das habe ich doch schon irgendwo gelesen. Wer hat das Buch geschrieben? Die Physiker wissen sehr viel, aber eigentlich interessieren mich die Wissenschaften gar nicht.“ Das ist keine Kontemplation, sondern diskursives Denken. Die Kontemplation bleibt bei dem Thema, das angeschnitten wurde, und versucht, im Gefühl, im eigenen Spürsinn, im inneren Erkennen die Antwort zu finden und nicht irgendwelche Antworten zu akzeptieren, die der Geist gerade geneigt ist zu geben.

Die Antwort, die wir finden, könnte vielleicht »Dukkha« heißen. Dukkha ist aber nur vorhanden, wenn wir die Dinge nicht akzeptieren wollen, so wie sie sind, sondern sie anders haben wollen. Sobald wir hinnehmen, was ist, und erkennen, dass das nicht zufriedenstellend ist, brauchen wir nicht darunter zu leiden. Die ständige Flucht vor dem Dukkha ist eine ewige Sackgasse. Es ist niemals möglich zu entkommen. Kontemplation bedeutet Fragestellung, und dazu gehört auch die Infragestellung von sich selbst. Weiß ich wirklich, was ich glaube zu wissen? Bin ich wirklich derjenige, der ich denke zu sein? Was sind meine Fundamente, an denen nicht gerüttelt werden darf?

Das sind alles Möglichkeiten, die in der Kontemplation benutzt werden können. Vielleicht können wir sogar erkennen, woran unser Falschdenken liegt. Wenn wir das erkannt haben, haben wir einen Grund zu unendlicher Freude, denn dann können wir vielleicht bald so denken, dass wir Glück und Frieden erleben. Falsch denken und richtig denken bedeutet hier nicht, dass wir nicht studiert haben. Es hat damit zu tun, dass wir unser Innenleben noch nicht studiert haben. Für die Kontemplation müssen wir uns nicht spezifische Worte merken, sondern wir können die Worte, die wir für bedeutsam halten, verwenden.

Kontemplation über die Sinneskontakte

Um anzufangen, bitte die Achtsamkeit für ein paar Momente auf den Atem lenken.

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Wir wollen uns an einen Tagesablauf erinnern, vielleicht den heutigen oder den von gestern, und einmal feststellen, wie oft wir an einem Tag versuchen, den Unannehmlichkeiten, die wir durch die Sinne aufnehmen, zu entkommen. Wie oft wir uns abwenden, wie oft wir negativ werden, welche Sinneskontakte uns nicht erfreuen.

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Können wir uns an spezifische Momente erinnern, in denen wir uns von Unannehmlichkeiten abgewendet haben oder auch über sie ärgerlich geworden sind, Widerwillen gespürt haben?

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Jetzt wollen wir versuchen, uns zu erinnern, wie oft am Tag wir angenehme Sinneskontakte suchen, um unser Dukkha zu übertünchen. Angenehme Sinneskontakte können Kaffee, Tee, Süßigkeiten, Fernsehen, Telefonate, Ausruhen sein. Ist uns klar, was wir da machen? Das bedeutet nicht, dass man das nicht machen darf, sondern nur, dass wir einmal erkennen, wieso wir diese Dinge tun.

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Haben wir schon gemerkt, dass wir auf unsere Körperempfindungen besonders stark reagieren? Im Positiven wie auch im Negativen. Oder nehmen wir es immer noch als selbstverständlich an, dass unser Körper uns nur Annehmlichkeiten verschaffen sollte?

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Wir wollen untersuchen, ob und wie oft wir die Unannehmlichkeiten des Körpers schon als Entschuldigung benutzt haben, dass wir das, was wirklich wichtig ist, nicht tun können.

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Jetzt wollen wir einmal untersuchen, wie oft wir schon daran gedacht haben, dankbar für das Schöne zu sein, das uns durch unsere Sinne widerfährt.

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Wir untersuchen, ob wir die Vergänglichkeit aller Sinneskontakte erkennen können. Ob wir uns schon im täglichen Leben daran erinnert haben. Ob wir sie immer noch als das akzeptieren, was uns zusteht. Können wir in diesem Moment die Vergänglichkeit von allem, was unsere Sinne uns bieten, erkennen und daher wissen, dass sie nicht total befriedigend sein können?

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Jetzt wollen wir untersuchen, welchen der sechs Sinneskontakte, die wir haben können, wir am meisten suchen und am meisten begehren. Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Berühren, Denken. Welches ist uns der wichtigste Sinneskontakt?

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Wieviel Zeit verwenden wir darauf? Sind wir total befriedigt durch diesen wichtigen Sinneskontakt?

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Oder spüren wir immer noch eine Sehnsucht in uns nach einer Vollkommenheit, die wir noch nicht kennen? Ist uns klar, wenn wir diese Sehnsucht spüren, dass sie selbst durch den wichtigsten Sinneskontakt nicht zu befriedigen ist? Können wir das schon erkennen?

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Jetzt untersuchen wir, ob wir immer noch andere Menschen oder Situationen für unangenehme Sinneskontakte verantwortlich machen, oder ob uns schon klar ist, dass jeder Mensch Angenehmes und Unangenehmes erlebt.

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Wir untersuchen, ob uns klar ist, dass nur unsere Reaktion die Unannehmlichkeit hervorruft, dass der Sinneskontakt im Prinzip nichts anderes ist als das, was er ist, und nur unsere Wertschätzung uns zum Leid führt. Können wir das aus eigener Erfahrung erkennen?

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Können wir erkennen, dass die Suche nach den Annehmlichkeiten Zeit und Energie verschwendet, weil wir dennoch nur das bekommen, was wir gesät haben und daher auch nur das ernten können?

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Wir wollen uns einmal vorstellen, wie es ist, auf einen unangenehmen Sinneskontakt nicht zu reagieren. Wenn wir es uns vorher vorstellen, so wird es uns leichter fallen, es auch auszuführen, genauso, als ob wir uns eine Zeichnung gemacht haben, nach der wir uns dann richten können.

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Können wir aus eigener Erfahrung erkennen, dass unser Dukkha nur davon kommt, dass wir die Dinge nicht so akzeptieren, wie sie sind, sondern sie anders haben wollen?

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Und daher wollen wir, wenn uns jetzt im Moment irgendetwas bedrückt, und sei es nur eine Kleinigkeit, den Wunsch, dass es anders sein sollte, fallenlassen. Können wir die Erleichterung spüren? Dukkha existiert, aber wir brauchen nicht darunter zu leiden.

Mögen alle Menschen glücklich sein.

II
Die zweite Ebene des Glücks
Die Reinheit des Herzens

Wir haben bis jetzt die erste Ebene des Glücks untersucht, die die unterste und auch die gröbste ist und die wir alle ganz genau kennen. Sie macht uns zwar Schwierigkeiten, da unsere Sinneskontakte natürlich nicht immer glückbringend sind, aber wir kennen all das, was mit ihnen zusammenhängt – was wir suchen und was wir ablehnen. Es ist von großer Wichtigkeit und Dringlichkeit, in uns selbst zu erkennen, wie oft und in welcher Art wir versuchen, durch die Sinne glücklich zu werden.

Wenn wir achtsam sind und uns selbst gut beobachten, dann werden wir sehr schnell merken, dass wir das tagtäglich von morgens bis abends mit wenigen Unterbrechungen tun. Ein ungeübter, untrainierter Geist beschäftigt sich nur damit. Es ist auch hilfreich, einmal die Dinge zu untersuchen, die nicht ganz so offensichtlich mit den Sinneskontakten zu tun haben. Wir merken dann wahrscheinlich doch, dass auch sie auf nichts anderes ausgerichtet waren. Grobe Sinneskontakte sind leicht erkennbar, aber die verfeinerten gehören auch zu der gleichen Ebene. Die Kontemplation ist ein wichtiger Bestandteil der Meditationspraxis. Das heißt nicht, dass sie gleichzeitig geübt werden können oder sollten, sondern dass wir uns mit beidem beschäftigen. Die Kontemplation hilft uns, uns selbst besser kennenzulernen.

Wir kommen jetzt zur zweiten Ebene des Glücks, die wir auch alle kennen und von der wir schon oft in anderen Zusammenhängen gehört haben. Es ist die Ebene der Läuterung der Emotionen. Wir haben bereits vom Etikettieren gesprochen und dass wir den Denkprozess im täglichen Leben auch soweit erkennen müssen, dass wir das Unheilsame mit dem Heilsamen ersetzen können. Jetzt kommen wir zu den Emotionen. Die Emotionen sind im Prinzip unser Innenleben. Die Gedanken, die wir denken und aussprechen, sind größtenteils auf Emotionen aufgebaut. Es kann auch umgekehrt sein; wenn wir sehr kopflastig sind, denken wir erst und haben dann Emotionen. Aber bei den meisten Menschen sind die Gefühle der Auslöser. Der Meditationsprozess ist einzig und allein auf Gefühlen aufgebaut. Die Meditation zu erdenken, ist vollkommen unmöglich, sie muss gefühlt werden. Daher ist die jetzt vorliegende zweite Ebene unerlässlich für den spirituellen Pfad, während die erste Ebene für das Überleben unerlässlich ist. Alle Ebenen werden gebraucht und sind in uns zu finden, aber wir müssen sie erkennen können, sodass wir dann mit ihnen in einer wirklich vernünftigen Art umgehen können.

Die zweite Ebene heißt »die vier Brahmavihāras«, Brahma = Götter und Vihāra = Verweilungsstätte, »die Göttlichen Verweilungsstätten«, was keine besonders deutliche Übersetzung für uns ist. Es sind die vier höchsten Emotionen und die einzigen, die der Buddha als wertvoll und heilsam bezeichnet hat. Wir könnten sagen, dass wir das innere Paradies erleben können, wenn wir diese vier Emotionen in uns zur Vollendung bringen. Daher werden sie »Göttliche Verweilungsstätten« genannt. Diese vier heißen: bedingungslose Liebe (mettā), Mitgefühl (karuṇā), Mitfreude (muditā), Gleichmut (upekkhā). Die erste davon wird meistens mit »liebender Güte« übersetzt; wenn wir einfach »Liebe« dazu sagen, so hat das eine tiefergehende Bedeutung für uns. Es ist ein Wort, das für jeden Assoziationen hat und sein Innenleben berührt.

Wir haben hier die gleiche Möglichkeit wie beim Denken, nämlich das Unheilsame mit dem Heilsamen zu ersetzen. Es ist aber vor allen Dingen wichtig, dass wir einmal erkennen, wieviel Glück wir in uns tragen und auch erleben können, wenn wir jeweils eine dieser vier Emotionen in den Vordergrund unseres Bewusstseins bringen.

Das Interessante daran ist: Liebe ist erlernbar. Und das ist eigentlich ein besonders wichtiger Punkt, denn im Allgemeinen wird geglaubt, erzählt und in Filmen gezeigt, dass Liebe ein Glücksfall ist, vor allem auch darum, weil wir ja Liebe mit gegenseitiger Zuneigung gleichsetzen. Die meisten Menschen suchen diesen Glücksfall, bis sie vielleicht eines Tages merken, dass diese Art der Bemühung gar nicht uneingeschränktes Glück bringt. Der ferne und absolute Feind von Liebe ist natürlich Hass. Das ist ganz einfach zu verstehen, aber der nahe Feind von Liebe ist Anhänglichkeit, und das ist bereits viel schwieriger zu erkennen. Im Allgemeinen kennen wir nichts anderes als Anhänglichkeit, was aber gleichbedeutend mit Anhaften ist. Anhaften woran? An irgendeiner Person, wodurch Angst entsteht. Angst wiederum bedeutet Hass. Wir können sofort untersuchen, ob wir etwas, wovor wir Angst haben, lieben könnten. Es handelt sich aber nicht darum, dass wir die spezielle Person hassen, sondern nur, dass wir die Möglichkeit des Verlustes ablehnen.

Wir haben dies wahrscheinlich schon alle erlebt. Manchmal wiegen wir uns in Sicherheit. Es ging schon so viele Jahre gut, es wird auch weiter gut gehen. Aber plötzlich ändert sich die menschliche Beziehung auf dramatische Art und Weise. Wieso geschieht das? Weil das Gesetz der Vergänglichkeit uns nie in Ruhe lässt. Wenn wir nichts anderes kennen als anhaftende Liebe, dann stehen wir plötzlich eventuell ohne Liebe da und auch, als wären wir nicht mehr liebenswert. Unser Selbstwertgefühl ist geschädigt und vor allem unsere Liebesfähigkeit. Das stimmt überhaupt nicht, denn die Liebesfähigkeit ist immer vorhanden und sollte nicht von einer einzigen Person in diesem Weltall abhängig sein. Wenn das der Fall ist, dann machen wir uns nicht nur äußerst abhängig, sondern begrenzen unser Herz in einer Art und Weise, die total unnötig ist und nichts anderes als Schwierigkeiten bringen kann.

Nichts bleibt so, wie es ist. Es gibt wenig Menschen, die daran zweifeln, dass sich alles ständig verändert. Allein jeder Atemzug, jeder Gedanke, jedes Gefühl, jede Bewegung, unser Körper – alles ist in ständiger Bewegung, man könnte sogar sagen in ständigem Aufruhr. Weil uns das eigentlich gar nicht passt, sind wir schon allein darum niemals völlig zufrieden. Im Prinzip wollen wir das Universum und die Naturgesetze unseren Wünschen anpassen, aber genau das Gegenteil ist nötig. Wir lernen, uns den Naturgesetzen anzupassen.

Das Angstgefühl, die geliebten Personen zu verlieren, schließt das Kennenlernen der wahren Liebe aus. Das wirkliche Problem, das wir mit Liebe haben, ist, dass Liebe ein Reinheitsgefühl in unserem Herzen ist und nicht eine Bestätigung unseres Wertes. Unser ganzer spiritueller Weg hängt davon ab, dass wir die vier »heilenden«, »heilsamen«, »heiligen« Emotionen in uns entwickeln. Wenn wir die Liebesfähigkeit des Herzens nicht erwecken und sie so entwickeln, dass wir unabhängig lieben, dann ist unser Pfad blockiert, weil die Reinheit des Herzens und die Unabhängigkeit von Zuwendung notwendig sind, um das Anhaften zu mindern und eines Tages loszulassen.

Die Freiheit, die der Buddha uns versprochen hat, das absolute Ende jeglichen Dukkhas, bedeutet: nicht anhaften. Das Wort Nibbāna bedeutet wörtlich übersetzt »nicht brennen«, aber hängt von Nicht-Anhaften ab. Wir lernen, uns nicht mehr mit gewissen Emotionen, Menschen und Situationen zu identifizieren. Solange wir eine Liebesbeziehung zu einer Person haben und der Rest der Welt uns nicht zu sehr stört, merken wir nicht, dass wir die wahre Liebe noch nie kennengelernt haben. Diese eine Person mag uns sehr wichtig sein, wir mögen sie sehr liebenswert finden, wir sind sehr froh, dass sie da ist, aber die wahre Liebe haben wir noch nicht kennengelernt.

Wahre Liebe bedeutet, die Fähigkeit des Herzens, die jeder besitzt, entwickelt zu haben. Es ist nicht so, dass wir etwas entwickeln müssten, was noch nicht vorhanden wäre. Das wäre sehr kompliziert und schwierig und kaum denkbar. Aber Liebesfähigkeit hat jeder und kennt sie. Wir haben sie auch alle schon ein oder mehrere Male erlebt. Eine Liebesbeziehung kann daher als ein Samenbeet angesehen werden, als ein Auslöser und ein Erkennen, wie es sich anfühlen würde, wenn wir die Liebe im Herzen so entwickeln, dass wir sie immer fühlen.

Vielleicht können wir uns erinnern, wie wir uns das erste Mal verliebt haben. Das war doch grandios! Alles sah viel schöner aus. Das einzige Hindernis war die Angst, dass es nicht funktionieren würde, und wir haben uns dadurch sehr unsicher gefühlt. Was sollte eigentlich funktionieren? Vor allem wohl die Gegenliebe, das war die Hauptsache. Aber trotz der Angst war das Gefühl der ersten Liebe absolut glückbringend. Wir hatten das Gefühl, als wären wir zwanzig Pfund leichter geworden und könnten springen statt gehen, fühlten uns also leicht beschwingt. Das könnten wir immer fühlen, ohne die Angst, dass wir nicht wiedergeliebt werden.

Wieso wollen wir uns nicht einmal auf diesen Pfad begeben? Es ist doch reine Unvernunft, darauf zu warten, dass ein anderer uns wiederliebt. Was bedeutet es denn überhaupt, von jemandem geliebt zu werden? Doch nichts anderes, als dass wir in den Augen dieses Menschen liebenswert erscheinen. Dann ändert dieser Mensch seine Ansicht, und wir sind nicht mehr liebenswert. Wieso eigentlich? Hundertprozentig liebenswert ist nur ein Erleuchteter, alle anderen Menschen kämpfen mit den fünf Hindernissen, die uns allen das Leben erschweren. Dennoch machen wir uns davon abhängig, ob ein anderer Mensch zustimmt, dass wir trotz unserer Fehler liebenswert sind. Es ist keine Frage, dass wir trotzdem liebenswert sind. Wir brauchen niemanden, der uns das bestätigt. Das können wir selbst empfinden. Und wie geschieht das? Ganz einfach: Indem wir lieben, und nicht danach suchen, geliebt zu werden. Die ganze Menschheit macht diesen Fehler, und dann entstehen Kummer und Trübsal, wenn Freundin oder Freund uns verlassen und wir uns einsam und zurückgesetzt fühlen. Wozu das alles! Das wird bestimmt nicht unsere Liebesfähigkeit vergrößern.

Wenn wir das Gefühl der bedingungslosen Liebe in uns wirklich zur Blüte bringen und in uns verankern, dann braucht uns niemand zurück zu lieben. Im Gegenteil, wenn wir selbst lieben, dann brauchen wir keine Bestätigung dafür.

Man könnte das vielleicht mit einem intelligenten Geist vergleichen. Suchen wir ständig jemanden, der uns sagt: „Du bist aber sehr intelligent!“ oder: „Das ist ja fabelhaft, wie du Kopfrechnen kannst!“? Wir können es und tun es, soweit es uns möglich ist. Wir benutzen unsere Intelligenz für alles Notwendige, egal, ob uns jemand bestätigt, es sei fabelhaft oder nicht, eben nur, weil es unserer Fähigkeit entspricht. Mit der Liebe ist es genauso, weil wir die Fähigkeit haben zu lieben.

Der Buddha hätte dies nie als die zweite Ebene des Glücks bezeichnet, wenn wir nicht das Potenzial dazu in uns hätten. Er hat Menschen, genau wie wir es sind, gelehrt, die all diese Fähigkeiten in sich trugen und auch verwirklichen konnten, wenn sie in Hingabe, Respekt und Ehrerbietung den Anweisungen gefolgt sind. Wir können auch bei uns heute erleben, dass diejenigen, die den Anweisungen folgen, eine deutlich gefestigtere Ebene des Glücks finden, weil sie sich mit einem höheren Ideal identifizieren können, das weit hinausgeht über die Marktplatzebene, in der wir leben. Solange wir genauso viel zurückbekommen wollen, wie wir geben, ist auch die Liebe noch auf der Marktplatzebene. Sehr häufig ist es auch bei Beziehungen so, dass keiner mehr Liebe geben will als der andere, weil er sich sonst übervorteilt oder geschädigt fühlt. Kann man wirklich Liebe auf eine Waagschale legen?

Wir müssen auch mit unseren Beurteilungen und Verurteilungen vorsichtig sein, denn wir können nur das erkennen, was wir selbst in uns tragen. Alles andere ist uns verschlossen. Wenn wir also über jemanden in irgendeiner negativen Weise urteilen, dann können wir sicher sein, dass wir die gleiche Schwierigkeit in uns haben, sonst würden wir sie gar nicht erkennen. Ein Mensch, der lieben kann, spürt die Liebesfähigkeit in anderen Menschen. Sie muss nicht auf ihn persönlich ausgerichtet sein. Das ist die Hauptsache bei dem Erlernen der Liebe. Wenn wir uns auf Persönlichkeiten fixieren, so begrenzen wir unsere Liebesfähigkeit so stark, dass das spirituelle Wachstum unterbrochen und unterbunden wird. Jede Begrenzung, die wir uns auferlegen, egal welcher Art, behindert unsere Entwicklung.

Im Allgemeinen ist es so, dass wir die Menschen, von denen wir glauben, dass sie »mein« sind (meine Kinder, meine Frau, mein Mann, meine Eltern, mein Freund, meine Freundin), in eine Spezialkategorie einteilen und auch fähig sind, zu ihnen wirklich liebevoll zu sein. Je liebevoller wir die Menschen dieser Kategorie behandeln, desto leichter sollte es uns fallen, diese Spezialkategorie aufzulösen. Unsere Liebe in einer Schublade für besondere Menschen aufzuheben, ist nicht sehr vernünftig. Diese Einteilung nutzt uns nichts auf dem spirituellen Pfad. Sie ist zwar allgemein auf der Marktplatzebene anerkannt und je größer die Anhänglichkeit, desto mehr »lieben« wir angeblich. Das stimmt aber leider überhaupt nicht.

Wenn wir unser Herz begrenzen und einteilen in die, die wir lieben, und die anderen, die uns im Prinzip ganz gleichgültig sind, dann haben wir eine ganz deutliche Unterscheidung. Diese Unterscheidung besteht dann in allen Bereichen unseres Lebens. Gleichgültigkeit ist ein großes Hindernis und wird der nahe Feind von Gleichmut genannt, wogegen Gleichmut einer der Erleuchtungsfaktoren ist. Wenn uns also klar geworden ist, dass wir an sich lieben könnten, dann ist die Zeit gekommen, um das zu üben. Es gibt überhaupt nichts anderes als üben.

Natürlich können wir erst einmal lieben üben mit den Menschen, die uns etwas liebenswert erscheinen, die uns näher stehen und bei denen es einfacher ist. Dann üben wir mit denen, die uns schwieriger erscheinen, und am Ende mit denen, die wir ablehnen. Menschen zu lieben, die wir aus irgendeinem Grund ablehnen, ist dann der Schwerpunkt, der Beweis, ob wir lieben gelernt haben oder nicht. Wir haben alle tagtäglich Konfrontationen, und lieben bedeutet nicht, sich alles gefallen zu lassen. Es bedeutet vielmehr, dass wir lieben können, obwohl wir ganz deutlich sehen, dass vieles nicht in Ordnung ist. Wir brauchen das Verbrechen nicht anzuerkennen, im Gegenteil, wir können sehen und verstehen, dass es ein Verbrechen ist. Aber den Verbrecher, der dahinter steckt, können wir trotzdem lieben. Das stellt das erreichbare Ideal dar.

Wie wissen wir, ob wir lieben? Wir können immer wieder auf unsere Liebesbeziehungen zurückgreifen und den Unterschied zwischen dem Gefühl diesem einen und allen anderen Menschen gegenüber erkennen. Das ist eine einfache Art und Weise, uns zu verdeutlichen, ob wir überhaupt lieben. Wenn wir zum Beispiel eigene Kinder haben, ist es leicht, dies zu überprüfen. Wenn unser eigenes Kind ein gutes Zeugnis nach Hause bringt, sind wir beglückt. Ist es uns genauso wichtig, wenn das Nachbarkind ein gutes Zeugnis nach Hause bringt? Das ist materielles Denken. Wenn wir das spirituelle Leben nicht in unseren Alltag integrieren können, dann haben wir es noch nicht verinnerlicht. Wir müssen lernen, Verluste zu akzeptieren, weil wir wissen, dass uns am Ende unseres Lebens sowieso nichts übrig bleibt. Wir müssen üben, uns mit anderen Menschen genauso zu verbinden wie mit denen, die uns besonders wichtig sind. Wieso sind uns einige denn wichtig und andere vollkommen gleichgültig? Weil die wichtigen Menschen uns helfen und unterstützen, also unsere Ichbezogenheit verstärken. Diejenigen, die uns gleichgültig sind, beschäftigen sich mit ihren eigenen Interessen und gehen uns nichts an. Aber wenn es uns nicht möglich ist, unser Herz einmal so zu erweitern, dass wir viele Menschen mit einbeziehen können, dann ist unser Weg blockiert. Wir kennen das Glücksgefühl der Liebe. Wieso kümmern wir uns nicht darum? Wieso benutzen wir so oft und so unnötigerweise das Hass- oder Ablehnungsgefühl? Das beglückt niemanden, weder uns selbst, noch diejenigen, die wir ablehnen, noch die Welt um uns herum.

Es ist erlebbar, dass es ein universelles, kosmisches Bewusstsein gibt. Alles, was wir denken und empfinden, breitet sich um uns herum aus. Es gibt ein altes Lied: „Gedanken sind zollfrei.“ Das stimmt überhaupt nicht, wir müssen überall Zoll bezahlen. Jeder Gedanke, jedes Gefühl fließt aus uns heraus, und wir bekommen den Widerhall. Das sind die Ausstrahlungen, die ein Mensch hat, von denen wir ja oft reden und hören. Aber wissen wir auch, dass wir sie selbst haben und kümmern wir uns darum? Wir spüren vielleicht unsere eigenen nicht, aber wir spüren sie bei jedem anderen. Was sind diese Ausstrahlungen? Hass oder Liebe, Hilfsbereitschaft oder Gleichgültigkeit erwecken Herzenswärme oder Kälte, was leicht zu merken ist, genau wie Sonnenschein oder Schneestürme uns berühren. Wenn wir die Idee haben, anderen helfen zu wollen und dazu beitragen wollen, dass die Welt in Frieden lebt, dann haben wir keine andere Wahl, als erst einmal uns selbst zu helfen, inneren Frieden zu schaffen und das Glücksgefühl der Liebe in uns zu fördern. Wenn wir das getan haben, können wir es auch ausstrahlen, und die Umwelt um uns herum, die Menschen, die nahe sind, werden von dieser Ausstrahlung beeinflusst. Wir selbst sind mit Liebe angefüllt.

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Hacim:
241 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783931274559
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