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Was müssen gute Lehrerinnen und Lehrer wissen und können?

Was müssen gute Lehrerinnen und Lehrer wissen und können?

Antworten auf die nicht ganz einfache Frage «Was müssen Lehrerinnen und Lehrer heute – und morgen – unbedingt wissen und können?»

In den letzten Jahren wird im deutschsprachigen Raum sowohl auf der bildungspolitischen als auch auf der erziehungswissenschaftlichen Ebene eine intensive Debatte über die Kompetenzen von Lehrpersonen in einem veränderten gesellschaftlichen und schulischen Umfeld geführt. Von verschiedenen Seiten werden Antworten auf die Frage «Was müssen Lehrerinnen und Lehrer heute – und morgen – unbedingt wissen und können?» präsentiert.

In ihren Ende 2004 veröffentlichten diskussionsleitenden Standards für die Lehrerbildung hat die deutsche Kultusministerkonferenz diese Frage pointiert beantwortet: Die Kompetenzen von Lehrerinnen und Lehrern lassen sich mit den vier Haupttätigkeitsfeldern Unterrichten, Erziehen, Beurteilen und Innovieren umschreiben. Lehrerinnen und Lehrer sind Fachleute für das Lehren und Lernen, die ihre Erziehungs- und ihre Beurteilungsaufgabe gerecht und verantwortlich ausüben und ihre Kompetenzen ständig weiterentwickeln. Zur Unterrichtskompetenz gehört, dass sie ihren Unterricht fach- und sachgerecht planen und sachlich und fachlich korrekt ausführen; dass sie durch die Gestaltung von Lernsituationen das Lernen von Schülerinnen und Schülern unterstützen und die Lernenden motivieren und befähigen, Zusammenhänge herzustellen und Gelerntes zu nutzen; dass sie die Fähigkeiten von Schülerinnen und Schülern zum selbstbestimmten Lernen und Arbeiten fördern. Zur Erziehungskompetenz gehört, dass sie die sozialen und kulturellen Lebensbedingungen von Schülerinnen und Schülern kennen und im Rahmen der Schule Einfluss auf deren individuelle Entwicklung nehmen; dass sie Werte und Normen vermitteln und selbstbestimmtes Urteilen und Handeln von Schülerinnen und Schülern unterstützen sowie Lösungsansätze für Schwierigkeiten und Konflikte in Schule und Unterricht finden. Zur Beurteilungskompetenz gehört, dass die Lehrerinnen und Lehrer Lernvoraussetzungen und Lernprozesse von Schülerinnen und Schülern diagnostizieren; Schülerinnen und Schüler gezielt fördern; Lernende und deren Eltern beraten; Leistungen von Schülerinnen und Schülern auf der Grundlage transparenter Beurteilungsmaßstäbe erfassen. Zur Innovationskompetenz gehört, dass sich die Lehrpersonen der besonderen Anforderungen des Lehrberufs bewusst sind und dass sie ihren Beruf als ein öffentliches Amt mit besonderer Verantwortung und Verpflichtung und als ständige Lernaufgabe verstehen sowie dass sie sich an der Planung und Umsetzung schulischer Projekte und Vorhaben beteiligen (vgl. KMK 2004, S. 7–13).

Es kommt auf die Lehrerin, den Lehrer an

Es kommt auf die Lehrerin, den Lehrer an

Keine einfache Aufgabe – kein einfacher Beruf …

Dieses beispielhaft gezeigte Kompetenzenprofil stellt die Lehrpersonen und die Schulleitungen einerseits und die Lehrer- und Lehrerinnenbildung andererseits vor große Herausforderungen. Zusätzlich erschwert wird die aktuelle Situation durch verschiedene berufsspezifische Brennpunkte wie beispielsweise Praxis versus Theorie, Realität versus Idealität, Belastung versus Entlastung. Angesichts dieser Schwierigkeiten ist es nicht weiter erstaunlich, wenn in verschiedenen Forschungsüberblicken diagnostiziert wird, dass wir es bei der pädagogischen Arbeit mit «Unsteuerbarkeit, Undurchschaubarkeit und Ungewissheit des beruflichen Handelns» (Combe & Kolbe 2004) zu tun haben, hervorgerufen durch die Aufgabe selbst, die sich als Gefüge unaufhebbarer Antinomien darstelle, für die Krisenhaftigkeit als Normalfall unterstellt werden müsse, und dass die Tätigkeit der Lehrpersonen als «ein unmöglicher Beruf» bezeichnet wird (vgl. den Sammelband «Der Lehrer – ein (un)möglicher Beruf» von von Carlsburg & Heitger 2005).

… aber man kann ihn bewältigen

Dieser von verschiedenen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern gerne gepflegten und publizierten Metaphorik der «Unmöglichkeit» und des «Technologiedefizits» widerspricht Heinz-Elmar Tenorth dezidiert: «Der Beruf der Lehrerin oder des Lehrers bleibt schwierig – aber er ist mit einem professionstheoretisch klar zu bezeichnenden Handlungsrepertoire zu bewältigen, und man kann lernen, die Arbeit besser oder schlechter zu machen, und im Lichte von Kompetenzerwartungen und Standards über ihn sprechen, wie das ja auch geschieht …» (Tenorth 2006, S. 584).

Entscheidend ist die Lehrperson

Die Frage «Kommt es überhaupt auf den Lehrer, die Lehrerin an?» ist nicht nur in der öffentlichen und veröffentlichten Meinung ein Dauerbrenner; auch die Forschung beschäftigt sich seit Langem mit dieser Frage. Forschungsbefunde, aus denen zu entnehmen ist, dass Reichtum und Sozialstatus und nicht der Unterricht die Leistungen der Schülerinnen und Schüler bestimmten (vgl. Woolfolk 2008, S. 3), haben für viele eine in hohem Maße irritierende Wirkung und sorgen für viel Aufsehen. Studien, die überprüften, ob ein Zusammenhang zwischen Lehrerqualifikation und Schülerleistungen besteht, ergaben: «Effiziente Lehrer, die gute Beziehungen zu ihren Schülern aufbauen, haben einen nachhaltigen Einfluss auf das Leben der Schüler. Problemschüler profitierten am meisten von gutem Unterricht» (ebd., S. 5).

Empirische Belege zur Wichtigkeit guter Lehrpersonen

Diese Aussagen werden auch von der umfangreichen OECD-Studie «Teachers matter» aus dem Jahr 2005 bekräftigt: «Eine gut abgestützte Schlussfolgerung ist, dass von allem, was durch die Bildungspolitik beeinflusst werden kann, die Faktoren betreffend Lehrpersonen und Unterrichten die bedeutendsten Einflüsse auf das Lernen der Schüler und Schülerinnen haben. Insbesondere besteht ein breiter Konsens, dass ‹Qualität des Lehrens› die bedeutendste einzelne Einflussvariable bezüglich Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern ist. Die Effekte unterschiedlicher Lehrqualität sind substanziell. […] Nach Einschätzung von Sanders und Rivers (1996) sind die Lehrpersoneneffekte groß, und nicht nur das – Schüler und Schülerinnen der effektivsten Lehrpersonen haben viermal höhere Lernerfolge als jene der am wenigsten effektiven Lehrpersonen –, sondern diese Effekte kumulieren sich auch über eine längere Zeit. […] Gemäß Rockoff (2004), der sich auf sehr reichhaltige Daten von Lehrpersonen über eine Zeit von 10 Jahren bezieht, erklären die Unterschiede zwischen Lehrpersonen bis zu 23 % der Unterschiede von Schüler- und Schülerinnentests» (OECD 2005, S. 26).

Welche empirischen Evidenzen zur Stützung der These «Es kommt auf den Lehrer an!» angeführt werden können und welche Lehrermerkmale sich in bisherigen Studien als Prädiktoren für den Lernerfolg von Schülerinnen und Schülern identifizieren ließen, fasst Frank Lipowsky wie folgt zusammen: «Lehrer haben mit ihren Kompetenzen und ihrem unterrichtlichen Handeln erheblichen Einfluss auf die Lernentwicklung von Schülern. Insbesondere für das Fach Mathematik konnte gezeigt werden, dass das Wissen und die Überzeugungen von Lehrern direkte und auch indirekte Effekte auf Schülerleistungen haben können. Was die Bedeutung des Unterrichts anbelangt, lassen sich die dargestellten Ergebnisse dahingehend deuten, dass nicht nur allgemeine, fachunabhängige Merkmale, wie eine effiziente Klassenführung, für die Lernentwicklung wichtig sind, sondern auch Merkmale, die auf eine vertiefte inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Unterrichtsgegenstand hindeuten. Hierzu gehören eine interessante, klare, verständliche und vernetzte Präsentation neuer Inhalte und Konzepte, die Aktivierung des vorhandenen Vorwissens der Schüler, das Evozieren kognitiv anspruchsvoller Tätigkeiten, die Kultivierung eines diskursiven Unterrichtsstils, der Einsatz geeigneter Repräsentationsformen, die Förderung der Bewusstheit für das eigene Lernen sowie die Vermittlung von Strategien zur Strukturierung und Elaboration des Unterrichtsgegenstandes» (Lipowsky 2006, S. 64).

Dilemmata und Komplexität im Lehrberuf

Bei der generellen Frage «Was sind gute Lehrerinnen und Lehrer?» sind viele auf den ersten (Laien-)Blick als einleuchtend erscheinende Pauschalantworten umstritten und werden infrage gestellt. Etwas aber gilt: Gute Lehrerinnen und Lehrer zeichnen sich durch ihre Bereitschaft und Fähigkeit aus, Komplexität zu erkennen – und auszuhalten. Fakt ist: Der Lehrberuf ist durch eine ganze Reihe von Dilemmata geprägt: didaktische, konzeptuelle, pädagogische, kulturelle, politische. Ein klassisches didaktisches Dilemma zeigt sich darin, dass es gilt, die Versuche zum selbstständigen Denken der Schülerinnen und Schüler anzuerkennen, aber trotzdem nicht von der Vermittlung des notwendigen Fachwissens abzuweichen. Eine typische Frage zu einem kulturellen Dilemma lautet, ob sich Lehrpersonen darauf verlassen können, dass die Schülerinnen und Schüler für ihr eigenes Lernen Verantwortung übernehmen (vgl. Woolfolk 2008, S. 440).

Um Komplexität im Lehrberuf, der durch Antinomien geprägt ist, zu erkennen und auszuhalten, müssen Lehrpersonen in der Lage sein – ja sogar Freude daran haben –, sich komplexe Mittel des Verstehens und Handelns anzueignen und ein ausgeprägtes Komplexitätsbewusstsein und Komplexitätsbedürfnis zu entwickeln und zu erhalten. Dazu gehört zwingend auch ein Widerstand gegen Simplifizierungen, gegen vereinfachende Slogans und Rezepte, gegen das Verlangen nach Klarheit und Leichtigkeit, gegen den Wunsch nach Wiederherstellung der «sicheren» Werte, gegen den reaktionären sich barbarisch gebärdenden «Simplismus» unterschiedlichster Provenienz (vgl. Berner 2006, S. 288 f.). Eine Schlüsselkompetenz von Lehrpersonen auf dem Weg zur Professionalität ist Reflexionskompetenz. Diese zeigt sich in einem episodischen selbstbezüglich-biografischen Wissen: Angesichts der Tatsache, dass Lehrerhandeln stark in biografisch aufgeschichteten Deutungsbeständen wurzelt, bildet eine fundierte biografische Reflexion einen wichtigen Beitrag gegen ein Ausgeliefertsein in einer als diffus erlebten Praxis (vgl. Combe & Kolbe 2004, S. 835).

Professionelles Handeln statt «Anything goes»

Komplexität darf aber keine Ausrede für ein «Anything goes» sein, mit dem das gesicherte professionelle Wissen immer wieder relativiert wird. Dass der Lehrberuf von Komplexität und Dilemmata geprägt ist, heißt nicht, dass es kein klares Professionswissen gibt. Wie in den meisten Berufen kann eindeutig benannt werden, was falsch bzw. nicht professionell ist und wie es besser zu machen ist. Wie in allen Berufen gibt es im Lehrberuf da und dort unterschiedliche Auffassungen, doch sie sollen professionell diskutiert werden.

Eine Frage noch: Was ist eine schlechte Lehrerin, ein schlechter Lehrer?

Eng verbunden mit der Frage nach den guten Lehrpersonen ist die – in der Literatur dominierende – Frage nach den schlechten. Und erstaunlicherweise können sich sehr viele Menschen bemerkenswert schnell verständigen – denn alle wissen, dass es sie gibt: die wirklich schlechten Lehrerinnen und Lehrer! Und (praktisch) alle kennen eine(n). Wenn man beispielsweise an einem Fest darauf zu sprechen kommt, können alle mit mehr oder weniger drastischen und mehr oder weniger unterhaltsamen Schilderungen etwas zu diesem Thema beitragen: fehlendes oder veraltetes Fachwissen, didaktisch-methodische Unfähigkeit, unfaire Notengebung, autistische Züge im Umgang mit Menschen, Sarkasmus und Zynismus, gegen null tendierendes Engagement für Schülerinnen, Schüler und Schule …

Es ist schon so: Das eigentliche Problem des Schulalltags ist nicht, dass es zu wenige gute Lehrerinnen und Lehrer gibt, sondern zu viele schlechte. Deshalb wäre es für die Qualität der Schule entscheidender, die schlechten Lehrpersonen zu entfernen (Terhart 2006, S. 46).

Eine pointierte Aussage zu diesem Thema stammt von Ottmar Hitzfeld, der vor seiner großen Karriere als Fußballspieler und Fußballtrainer von Beruf Lehrer war: «In meinem Leben hatte ich mehrheitlich gute Lehrer und Trainer – aber natürlich gab es auch schlechte. Von beiden konnte ich profitieren, doch habe ich von den schlechten fast mehr gelernt, da es für mich eindrückliche und abschreckende Erfahrungen waren. Ich wurde dadurch gewarnt und wollte ihre Fehler auf keinen Fall nachahmen» (Hitzfeld zit. in Berner & Isler 2009, S. 25).


Abbildung 2: Ottmar Hitzfeld (© Donat Bräm)

Ein guter Trainer ist ein Fußball-Lehrer

Für Ottmar Hitzfeld ist übrigens absolut klar, dass ein guter Trainer letztlich ein guter Lehrer ist – ein Fußball-Lehrer.

Literatur

Aebli, H. (1983). «Wo ein guter Lehrer am Werk ist, wird die Welt ein bisschen besser» – Hans Aebli zum 60. Geburtstag. Beiträge zur Lehrerbildung, 1 (2), S. 3–13.

Berner, H. (2006). Über-Blicke – Ein-Blicke. Pädagogische Strömungen durch vier Jahrzehnte. Bern: Haupt.

Berner, H. & Isler, R. (2009). Immer noch Lehrer! Portraits und Essays. Bern: Haupt.

Carlsburg, G.-B. von & Heitger, M. (Hrsg.) (2005). Der Lehrer – ein (un)möglicher Beruf. Frankfurt a. M.: Peter Lang.

Combe, A. & Kolbe, F.-U. (2004). Lehrerprofessionalität: Wissen, Können, Handeln. In W. Helsper & J. Böhme (Hrsg.), Handbuch der Schulforschung (S. 833–851). Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Helmke, A. (2004). Unterrichtsqualität – erfassen, bewerten, verbessern. Seelze: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung.

Lipowsky, F. (2006). Auf den Lehrer kommt es an. Empirische Evidenzen für Zusammenhänge zwischen Lehrerkompetenzen, Lehrerhandeln und dem Lernen der Schüler. Zeitschrift für Pädagogik, Beiheft 51, S. 47–70.

OECD (2005). Teachers matter: Attracting, developing and retaining effective teachers. Paris: OECD Publications.

Rockoff, J. (2004). The Impact of Individual Teachers on Student Achievement: Evidence from Panel Data. American Economic Review, 94 (2), S. 247–252.

Sanders, W. & Rivers, J. (1996). Cumulative and Residual Effects of Teachers on Future Student Academic Achievement. Research Progress Report, University of Tennessee Value-Added Research and Assessment Center, Knoxville, Tennessee.

Kultusministerkonferenz KMK (2004). Standards für die Lehrerbildung: Bildungswissenschaften. Beschluss der KMK vom 16.12.2004. Bonn: Sekretariat KMK.

Tenorth, H.-E. (2006). Professionalität im Lehrerberuf: Ratlosigkeit der Theorie, gelingende Praxis. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), S. 580–597.

Terhart, E. (2006). Was wissen wir über gute Lehrer? Pädagogik, 58 (5), S. 42–47.

Weinert, F. E. (1996). «Der gute Lehrer», «die gute Lehrerin» im Spiegel der Wissenschaft. Beiträge zur Lehrerbildung, 14 (2), S. 141–151.

Woolfolk, A. (2008). Pädagogische Psychologie. München: Pearson Studium.

Texte


1 Best-Practice-Lehrpersonen in der Deutschschweiz

1 Best-Practice-Lehrpersonen in der Deutschschweiz

Diese Studie, finanziert von Avenir Suisse, setzte sich zum Ziel, erfolgreiche Lehrpersonen zu identifizieren. Zu diesem Zweck wurden die Leistungen von dritten Klassen verglichen, wobei Faktoren wie vorteilhafte sozioökonomische Zusammensetzung der Klasse oder großzügige Ressourcen mit statistischen Methoden korrigiert wurden. Die verbleibenden Unterschiede zwischen den Klassen konnten auf den Einfluss der Lehrperson zurückgeführt werden. In der Folge wurden fünfzehn der erfolgreichsten Lehrpersonen befragt, um zu verstehen, was sie anders oder besser machen. Mit dem hier wiedergegebenen Auszug beginnt das abschließende Kapitel «Die gute Lehrerin, der gute Lehrer».

< Die gute Lehrerin, der gute Lehrer

Die Analyse von Best Practice führte unweigerlich zu einem Bild der guten Lehrerin, des guten Lehrers. Ein erster Eindruck entstand, indem die Erklärungen für die Klassenergebnisse von erfolgreichen und weniger erfolgreichen Lehrpersonen verglichen wurden. Verblüffend oft begründeten die erfolgreichen Lehrpersonen die guten Leistungen in Mathematik und Deutsch mit Unterrichtskonzepten, die im Zuge neuer Lernkulturen kaum an erster Stelle stehen. Die guten Leistungen wurden mit der vorhandenen Disziplin im Klassenzimmer erklärt. Üben wurde so häufig erwähnt, dass eine Renaissance der längst überholt geglaubten Paukerschule befürchtet werden musste.

Je länger die Diskussion über erfolgreichen Unterricht anhielt, desto mehr wurde dieser Eindruck korrigiert. Hier handelte es sich um Lehrpersonen, die sehr differenziert und mit meist klaren Vorstellungen über guten Unterricht diskutierten. In der Tat war es für die erfolgreichen Lehrpersonen keine Frage, dass die Lerninhalte eingehend gefestigt werden, dass kleinste Lernschritte immer wieder überprüft werden, dass der Unterricht in hochdeutscher Sprache erfolgt, dass klare Instruktionen und ein klarer Aufbau das A und O im Unterricht sind, dass Fertigkeiten und Automatismen eine Voraussetzung für höhere Verständnisleistungen sind, dass der Unterricht in ruhiger und respektvoller Atmosphäre stattfinden muss, dass Regeln das Zusammenleben erleichtern. Wahrlich keine Schlagwörter, die einem Werbeprospekt einer modernen Privatschule entstammen.

Erfolgreicher Unterricht ist mehr als die viel zitierte Variation der Unterrichtsmethoden. Die Lehrpersonen zeichnen sich eben gerade dadurch aus, dass sie gewisse Erkenntnisse der Lernpsychologie nicht an Unterrichtsmethoden oder Lernformen festbinden. Lernziele werden wenn immer möglich individuell ausgerichtet und vor allem regelmäßig überprüft, auch wenn der Unterricht durch lehrerzentrierte Instruktion erfolgt. Offene Unterrichtsmethoden schließen Strukturen nicht aus, sondern setzen sie voraus. Selbstständiges Lernen entbindet die Lehrpersonen nicht von der Instruktion, sondern verlangt klare Aufträge, Unterstützung und Kontrolle. Kooperatives Lernen findet nicht einfach dann statt, wenn Probleme zu zweit oder in Gruppen gelöst werden, sondern wenn die Kinder mit geschickten AufgabensteIlungen oder Anleitungen zur Kooperation hingeführt werden und eine gewinnbringende Interaktion ausgelöst wird. Die erfolgreichen Lehrpersonen zeigen ein differenziertes Verständnis moderner Unterrichtskonzepte – sind gewissermaßen Realisten, die nicht geneigt sind, pädagogischen Illusionen zu erliegen.

Realitätssinn ist das eine, Optimismus das andere. Erfolgreiche Lehrpersonen wissen, dass sie etwas bewirken können. In der Diskussion verschiedener Erklärungsansätze und Unterrichtskonzepte wird immer wieder das eigene Handeln thematisiert. Unterrichtsmethoden werden mit einer gewissen Distanz diskutiert, ebenso die Rahmenbedingungen. Gleich wie die Anwendung einer Methode nicht automatisch zum Lernerfolg führt, sind schwierige Rahmenbedingungen nicht a priori ein Hindernis für erfolgreichen Unterricht und dementsprechend gute Leistungen. Wichtig ist, wie Lehrpersonen damit umgehen, was sich kaum direkt erfragen oder beobachten lässt. Mithilfe der Delphi-Methode (ein zyklisches Verfahren der Befragung von Experten und Expertinnen) war es aber zumindest möglich, einer Eigenschaft erfolgreicher Lehrpersonen auf die Spur zu kommen:

Sie verfügen über eine aktive, optimistische, zuversichtliche und von Selbstwirksamkeit getragene Berufsauffassung, die ihnen hilft, auch in schwierigen Lagen dezidiert positive Seiten zu sehen. ›

Auszug aus: Moser, U. & Tresch, S. (2003). Best Practice in der Schule: von erfolgreichen Lehrerinnen und Lehrern lernen. Buchs: Lehrmittelvertrag des Kantons Aargau, S. 137–139 © 2003 Schulverlag plus AG.

2 Professionelle Kompetenz von Lehrkräften

2 Professionelle Kompetenz von Lehrkräften

In ihrem Artikel zum Thema professionelle Kompetenz von Lehrpersonen stellen Jürgen Baumert und Mareike Kunter ein Modell professioneller Handlungskompetenz vor, beschreiben Wissen und Können von Lehrpersonen als Kern der Professionalität, resümieren die wichtigsten Befunde der Expertiseforschung und weisen auf den hohen Stellenwert der eigenen schulischen Erfahrungen hin.

< Wissen und Können: Kern der Professionalität

Es besteht weitgehend Übereinstimmung darüber, dass Wissen und Können – also deklaratives, prozedurales und strategisches Wissen – zentrale Kompetenzen der professionellen Handlungskompetenz von Lehrkräften darstellen.

Hinsichtlich der Topologie von Wissensdomänen hat sich ein Vorschlag von Shulman (1986) weitgehend durchgesetzt: Shulman unterschied zunächst allgemeines pädagogisches Wissen (general pedagogical knowledge), Fachwissen (subject matter content knowledge), fachdidaktisches Wissen (pedagogical content knowledge) und Wissen über das Fachcurriculum (knowledge of educational context) sowie erziehungsphilosophisches, bildungstheoretisches und bildungshistorisches Wissen.

Facetten generischen pädagogischen Wissens und Könnens:

1.Konzeptuelles bildungswissenschaftliches Grundlagenwissen

•Erziehungsphilosophische, bildungstheoretische und historische Grundlagen von Schule und Unterricht

•Theorie der Institution

•Psychologie der menschlichen Entwicklung, des Lernens und der Motivation

2.Allgemeindidaktisches Konzeptions- und Planungswissen

•Metatheoretische Modelle der Unterrichtsplanung

•Fachübergreifende Prinzipien der Unterrichtsplanung

•Unterrichtsmethoden im weiten Sinne

3.Unterrichtsführung und Orchestrierung von Lerngelegenheiten

•Inszenierungsmuster von Unterricht

•Effektive Klassenführung (classroom management)

•Sicherung einer konstruktiv-unterstützenden Lernumgebung

4.Fachübergreifende Prinzipien des Diagnostizierens, Prüfens und Bewertens

Literatur

Shulman, L. S. (1986). Those who understand: knowledge growth in teaching. Educational Researcher, 15 (2), S. 4–14.

Auszug aus: Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), S. 469–520, hier: S. 484 f. © Springer Verlag.

< Wichtigste Befunde der Expertiseforschung

Die wichtigsten Befunde der Expertiseforschung lassen sich folgendermaßen resümieren:

•Expertise in Professionen ruht auf dem Fundament theoretisch-formalen Wissens, das in der Regel in akademischen Kontexten erworben wird. Im Lehrerberuf ist das konzeptuelle Verständnis des Vermittlungsgegenstandes ein zentrales Moment pädagogischer Könnerschaft. Von praktischer Expertise als wirklichem Können spricht man aber erst dann, wenn das erfahrungsbasierte Wissen und das Fachwissen in neuer Form integriert sind.

•Die Entwicklung von Expertise ist von systematischer und reflektierter Praxis über einen langen Zeitraum hinweg abhängig.

•Während ihrer Entwicklung ist sie auf Vorbilder, Coaching und diskursive Rückmeldung angewiesen.

•Mit wachsender Kompetenz gewinnen Selbstregulationsprozesse an Bedeutung.

•Expertise hängt schließlich von einem Streben nach Selbstvervollkommnung ab, das für die motivationale Dynamik über lange Zeiträume hinweg sorgen kann.

Der hohe Stellenwert der eigenen schulischen Erfahrungen

Angesichts der Stabilität von epistemologischen Überzeugungen und subjektiven Theorien, die sich oftmals gegenüber Interventionen veränderungsresistent erweisen, wurde thematisiert, inwieweit wissens- und lernbezogene Überzeugungen von Lehrkräften bereits im Rahmen der eigenen Schulerfahrungen ausgebildet werden. Allein aufgrund der Länge der eigenen Schulerfahrungen – so eine Vermutung – könnten sich diese Überzeugungssysteme derartig verfestigen, dass die theoretische Beschäftigung und einführende Praxis während der Lehrerausbildung wirkungslos bleiben müssten. ›

Auszug aus: Baumert, J. & Kunter, M. (2006). Stichwort: Professionelle Kompetenz von Lehrkräften. Zeitschrift für Erziehungswissenschaft, 9 (4), S. 469–520, hier: S. 506 © Springer Verlag.