Kitabı oku: «Das Geschlechtsleben in der Deutschen Vergangenheit», sayfa 11
Tanz und Spiel
Der Tanz, das Spiel der grossen Kinder, blickt auf eine nach Jahrtausenden zählende Vergangenheit zurück. Er findet sich zu allen Zeiten, in allen Kulturepochen der Menschheit; ebenso bei den auf der niedrigsten Geistesstufe stehenden Wilden, wie bei den führenden Nationen. Doch welch unendlicher Abstand liegt zwischen dem grotesk-sinnlosen Stampfen und Sprüngen, den Gliederverrenkungen oder dem hüpfenden Trippeln jener und dem graziösen Tanze im lichtflutenden Ballsaale, und trotz dieses himmelweiten Unterschiedes hat die Sprache für all diese Verrichtungen nur das eine kennzeichnende Wort: Tanz! Dort die Begleitung von Gutturaltönen, Händeklatschen oder misstönenden primitiven Musikinstrumenten, hier die fascinierenden Walzerklänge, und all dieses ist Tanzmusik, unzertrennlich von Tanzeslust, leuchtenden Augen, hochklopfenden Herzen.
Die Erfindung des Tanzes verursachte kaum viel Kopfzerbrechen. Schon in der Körperbewegung, im Gehen, Laufen und Springen liegt die Grundidee des Tanzes. Die den Menschen eigentümliche Neigung, vor Freude zu hüpfen, mag die Entstehungsursache des Tanzes gewesen sein. So findet sich denn auch der Tanz oder Tanzformen bei allen Völkern, über die geschichtliche Überlieferungen berichten.
Auf den Bildertafeln der ägyptischen Tempel schweben florbekleidete Tänzerinnen dahin. Die Bibel kündet von »Spiel und Tanz« der Frauen Judas. Mirjam, die Prophetin, zog mit den Frauen und Jungfrauen hinaus auf den Rain zum Reigen. David »tanzte mit aller Macht vor dem Herrn her«, und Salome, die Tochter Herodias', ertanzte sich das Haupt Johannes des Täufers, wenn wir der Legende und Sudermann glauben dürfen.
Bei den Griechen, wie auch später bei den Römern und zur Zeit noch bei den meisten Naturvölkern, dann den Quäkern von Massachusetts und den Mormonen, galt der Tanz, verbunden mit Hymnengesang, als ein Bestandteil des Gottesdienstes. Der Tanz-Gesangskunst, Orchestik, der Griechen huldigten Hoch und Gering. Selbst ein Sokrates verschmähte es nicht, zu tanzen. Allerdings hing er seiner Tanzliebe ein Ausrede-Mäntelchen um, indem er den Tanz ein vorzügliches Mittel, den Appetit zu wecken, die Geistes- und Körperkraft rege zu erhalten und zu steigern nannte. Die Eitelkeit und Schaulust der Griechen, dieser Franzosen des Altertums, suchte Gelegenheit, ihrer Tanzlust möglichst oft zu frönen. Man tanzte schon in homerischer Zeit bei Gastmählern, bei öffentlichen und privaten Festen, im Hause, auf freien Plätzen, auf der Bühne, selbst bei Begräbnissen. Bei den Römern dekretierte Numa Pompilius (715-672 v. Chr.) den Tanz als gottesdienstliche Handlung. Dionysius von Halikarnass nannte die Marspriester, deren Kultustänze zu den heiligsten Ceremonien gezählt wurden, »Tänzer und Hymnensänger der Waffengötter«. Mit der fortschreitenden Kultur Roms war das hüpfende Vergnügen die Hauptsache jeder festlichen Veranstaltung. Es wimmelte von Kindern Terpsichores beiderlei Geschlechtes in Rom und wohin römische Sitte drang. Sie waren überall gern gesehene, wenn auch wenig geachtete Gäste. Auch bei den Leichenzügen der Cäsaren spielten Tänzer eine Rolle. Sie hatten den Verstorbenen in Maske und Gebärden zu kopieren. Mit der römischen Kultur entarteten auch die Tänze, über die wir von den Satirikern sehr Unerbauliches erfahren. Den Vergnügungstänzen lag ein erotischer Gedanke zu Grunde, wie dies z. B. bei den Tänzen der Spanier und dem Czardas auch noch jetzt der Fall ist.
Dem ernsten Sinne des Germanen waren derartige Tänze ein Unding. »Jünglinge, welchen das eine Lustbarkeit ist, tanzen nackt zwischen aufgestellten Schwertern und Speeren umher. Die Uebung erzeugt Fertigkeit, die Fertigkeit Anmut. Doch thun sie das nicht zum Erwerb oder um Lohn; wiewohl in dem Vergnügen der Zuschauer der kühne Mutwille seine Belohnung findet.«176 Die Frauen der Germanen blieben dem Tanze fern, erst im Mittelalter wagten sie es, sich am Tanzvergnügen zu beteiligen und an der Seite eines Tänzers sich im Schreit-, Schleif- oder Springtanz zu erlustigen.
Die Schreittänze trugen ritterlich-höfisches Gepräge. Der Tänzer fasste eine oder zwei Tänzerinnen bei der Hand und hielt schleifenden Schrittes einen Umgang im Saale, sei es unter den Klängen von Instrumenten oder nach dem Takte von Tanzliedern, welch letztere der Vortänzer anstimmte, und in deren Refrain die ganze Gesellschaft einfiel.177 Bei solchen Tänzen musste es steif zugehen, denn die Männer blähten sich in gesuchter Grandezza, während die Damen in ihren langen, wallenden Gewändern affektiert dahintrippelten, »die trittel – als zuo einer henne ein han«.
»Uf den zehen slichent's hin
Nach dem niuwen hovesin«
Bei den Rundtänzen ging die Gesellschaft in der Runde und suchte den Inhalt des vorgesungenen Tanzliedes durch einfache Bewegungen mimisch darzustellen. Während solcher Rundtänze wurden sogar Trauungen vollzogen, wenn aus einer Stelle im Tristan ein allgemeiner Schluss gezogen werden kann. Aus diesen Rundtänzen entwickelten sich dramatische Tänze mit unterlegter Handlung, der einfache Vorgänge aus der Tierwelt zum Vorwurfe dienten. In einem Gedichte des 11. Jahrhunderts, »Ruodlieb«, treten Ritter und Edelfräulein einander gegenüber und stellen Falke und Schwalbe dar; der Raubvogel verfolgt in Sprüngen das Vögelchen, gleitet aber an ihm vorüber, statt es zu erhaschen.178
Zu den Variationen des Rundtanzes gehörte auch der noch heute bei fürstlichen Vermählungen gebräuchliche Fackeltanz. Bereits unter Kaiser Konstanz (337-350) in Byzanz nach griechischem Vorbild eingeführt, hat dieser Tanz eine Parallele in einem Hochzeitsbrauch der heidnischen Preussen, die die Braut an der Grenze ihres neuen Heimatortes mit einem »Brandfeuer« empfingen. Im 11. Jahrhundert war der Fackeltanz, wie aus der Reimchronik Peters von Hagenbach ersichtlich, als Vergnügen nach Turnieren allgemein. Den an sich langweiligen Rundgang mit den brennenden Lichtern suchte man durch Figuren zu beleben und unterhaltender zu gestalten. Man spielte mit den Fackeln, stemmte erst eine Hand, dann beide Hände in die Seite, trug die Hände abwechselnd unter dem Gürtel, winkte mit der Hand, legte sie über die Augen, trug Tannenreiser im Munde, winkte und drohte sich zu und beschmierte sich schliesslich gegenseitig die Gesichter mit Russ. Begreiflicherweise ging es bei diesen Tänzen höchst ehrbar zu, so dass Kirchenfürsten nicht anstanden, selbst derartige Feste zu veranstalten und ein Tänzchen mitzumachen, was Geiler zu dem ärgerlichen Ausspruch veranlasst: »O Mönch, wie passt die Kutte zum Tanze, wie die Tonsur zu den Kränzen der Frauen?«
Waren die Tänze an sich auch anständig, so scheint dies von den dabei gesungenen Tanzliedern weniger der Fall gewesen zu sein, wie Geiler hervorhebt. »Noch het ich schier ein trutz vergessen, nemlich den reien tantz; da werden auch nit minder untzucht und schand begangen, weder inn den andern, von wegen der schandtlichen und schamparen (schandbaren) hurenlieder, so darinn gesungen werden, damit man das weiblich geschlecht zu der geilheit und unkeuschheit anreitzet.« Dann weiter: »Auch in schmählichen Liedern wird gesündigt: das pflegt zu geschehen bei den Tänzen, die wir deutsch ›Leygerleyss‹ oder ›ein scheiblecht tenzlein‹ nennen, wo Eine vorsingt und die anderen nachfolgen, und wo viel Schmachvolles von Liebe gesungen wird, was zur Wollust anreizt und gegen die Ehrbarkeit gerichtet ist … Mit leichtfertigem und unzüchtigem Schmuck bis auf den halben Rücken ist Alles bloss und nackt von vorn bis zu den Brüsten, dass sie auch die enthaltsamsten Männer locken können« – also schon damals Balltoiletten wie in der Ära der Lex Heinze – ja, Alles schon dagewesen! Der zweite Teil der eben mitgeteilten Philippika ist auf das ausgelassene Volk gemünzt, das sich nicht mit den feierlich-faden Schreittänzen begnügte, dessen leichteres Blut eine flottere Unterhaltung begehrte. Man tanzte im Dorfe auf dem Plane, den eine Linde überschattete, oder auf dem Tanzhügel. Im Winter flüchtete man in grosse Stuben, in das Dorfwirtshaus oder auch in Scheuern. Aber auch die Kirchen der Städte, ihre Vorhallen und die Kirchhöfe waren seit alter Zeit beliebte Tanzplätze, wenn auch die Geistlichkeit auf Synoden und von der Kanzel herab bis zum Ende des Mittelalters dagegen zeterte; ja noch mehr, man tanzte sogar zu denselben weltlichen Melodien, nach denen man in der Kirche die geistlichen Texte sang, weshalb Erasmus von Rotterdam von dem Kirchgesange sagt: »Da hört man schändliche und unehrliche Buhllieder und Gesang, darnach die Huren und Buben tanzen.«
Da ging es denn auch ganz anders zu, wenn sich die Tänzer auf solchen Plätzen zusammenfanden, die Weisen des Spielmannes lockten, die langen Fähnchen und mit ihnen die Gespreiztheit im Dunkel der Truhen verschlossen lagen und der Zwang des vornehmen Rathaussaales oder des städtischen Tanzhauses vergessen war. Da klopften die Pulse höher, da lohte die Jugendlust und Tanzfreude auf, da offenbarte sich der lebensvolle Übermut, da kam die unverfälschte Menschennatur zum Vorschein, befreit von den Fesseln des mit Mühe festgehaltenen »guten Tones«, da hiess es auf die Sittenpredigt des gestrengen Seelenhirten:
»Bruoder Berthold, rede waz dû wellest!
wir mügen ungetanzet niht sîn«,
denn …
»… hier ist des Volkes wahrer Himmel.
Zufrieden jauchzet Gross und Klein,
Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!«
Wenn auch die Städter niederen Ranges, wie die Bauern, sich emsig bemühten, den höfischen Reigen, wie alles, was von »oben« kam, nachzuäffen, was Neithard von Reuenthal bezeugt, so waren doch die Repräsentationstänze nur einzelne, der lieben Mode wegen eingeschobene Programmnummern, zwischen denen dann jene Tanzformen auftauchten, die das Wesen und die Anschauungen des Volkes schärfer charakterisierten, als die sentimentale Stadelweise oder der flottere, aber noch immer zahme Ridewanz.
Die Namen der Bauerntänze sind fast alle ungelöste Sprachrätsel. Man tanzte Köwenanz, Sulawranz, Hoppaldei, Heierlei, Folafrantz, Ahsel, Houbetschoten (Kopfschütteln), Troialdei, Firgamdray, Wânaldei, Treirôs, Mürmum, Bôzalt, Gimpelgampel, Drauraran, Krumme Reien179, Adelswanck, Schwingewurz, Trümmekentanz180 und andere schönbenamste Tänzchen mehr. Trotz dieser grundverschiedenen Namen hatten alle diese Tänze das eine gemein, dass sie weder graziös noch sittenverbessernd waren – darin sind alle massgebenden Autoren der Vergangenheit einig, die ausnahmslos den Stab über diese »Törpertänze« brechen.
Das Springen von Tänzer und Tänzerin, »den reien springen«, war eine Hauptsache bei all diesen Tänzen. Von einem Mädchen heisst es in einem Liede Neithards:
»Sie spranc
Mêr dan einer klâfters lanc
Unt noch hôher danne ie magt gesprunge.«
und Oswald von Wolkenstein sagt:
»Gar weidlich tritt sie den firlefanzen,
Ihre hohe Sprünge, unweiblich fast zu tanzen.«
Wie bei diesen Sprüngen die leichte Gewandung flattern musste! Aber es kam noch toller: Man schwenkte die Tänzerinnen in die Luft empor, »dass man hoch sieht die blossen Beine«, wie Brant im Narrenschiff sagt. – Es sei hier nebenbei erwähnt, dass Beinkleider den mittelalterlichen Frauen gewöhnlichen Standes unbekannt waren.181
Geiler eifert gegen derartiges Tanzunwesen:
»Darnach findt man Klötz, die tantzen also sewisch (säuisch) und unflätig, dass sie die weiber und jungfrawen dermassen herumbschwencken und in die hohe werffen, das man jhn hinden und vornen hinauff siehet biss in die weich, also dass man jhr die hübsche weisse beinle siehet … Auch find man etlich, die haben dessen ein ruhm wann sie die jungfrawen und weiber hoch inn die höhe konnen schwencken und haben es bissweilen die jungfrawen (so anders solche jungfrawen zu nennen sein) fast gern und ist jnen mit lieb gelebt, wann man sie also schwencket, das man jhnen, ich weiss nicht wohin siehet.«
Murner variirt dasselbe Thema dahin:
»Seh' ich die Sache richtig an,
Kein frommes Kind dort hingehn kann,
Nur solche, die da stützen kann
Den Burschen, wenn er hebet an
Zu springen, und ihn hebt empor.
Ihr wisst's, kein Wort lüg' ich euch vor.
Es ist nicht Scham noch Zucht dabei,
Wenn sie die Mägdlein schwenken frei
Und Gretlein so weit treibt den Spass,
Dass man kann seh'n, ich weiss nicht was.
Wer seine Tochter fromm will sehen,
Der lass' sie nicht zum Tanze gehen.
Der Schäfer von der neuen Stadt
Schon manches Kind verderbet hat,
Geschändet, ihm geraubt die Ehr',
Das nun ein Eheweib wohl wär';
Doch nun sitzt sie im Frauenhaus,
Der Ehre ist der Boden aus.«182
Agrippa von Nettesheim, keineswegs so schwarzseherisch und pedantisch wie Murner und Geiler, sagt trotzdem in seinem 1526 verfassten Buche »De vanitate scientiarum«, man tanze mit unehrbaren Gebärden und tosendem Fussgestampfe nach lasciven Weisen und zotigen Liedern. In buhlerischen Umarmungen lege man dabei unzüchtige Hände an Mädchen und Matronen, küsse sie, und, Lasterhaftigkeit für Scherz ausgebend, stehe man nicht an, das schamlos zu entblössen, was die Natur verberge und die Sittsamkeit verhülle.
Diese harten Worte bestätigt auch Heinrich von Wittenweiler in seinem obengedachten »Ring«:
»Die Mäczli (Mädchen) warent also rüg
Und sprungen her so gar gefüg
Daz man in oft, ich wayss nit wie
Hinauf gesach bis an die Knie.
Hilden Hauptloch was ze weyt
Darumb ir an derselben zeit
Das tüttel aus dem puosem sprang;
tanczens gyr sey dar zuo twang.
Hüddelein der ward so hayss,
day sey den Kittel vor auf rayss
des sach man ir die iren do
und macht vil mängen herczen fro.«
Mädchen, die dem Werfen ausweichen wollten, warf man gewisse Gründe dafür vor:
»Dier da nit entspringt
Die treit ein Kint«
sagt der Tannhäuser trocken.
In der Abhandlung »was schaden tantzen bringt«, meint der unbekannte Verfasser: »der tufel stifft solich tentz vff daz sich die vnkuschen menschen an sehen an griffen vnd mit einander reden, vnd dar durch entzundt werdent durch vnkuschheit, vnd böse fleischlich begirde gewynnen, vnd gunst dar zu geben, vnd lust dar jnne haben, damit sie tötlich sünden vnd jn vil stricke des tufels vallen …«, und so geht es weiter in allen Tonarten.
Von einem anderen wird der Tanz der Kuppelei beschuldigt: »Es sind solche, die gehen darum zu Tanz, damit sie andere zur Unzucht und zum Mutwillen anstacheln. Da fasst man sich an, wird einander hold, da schwätzt man Lieb und Leib mit einander, da man sonst nicht zusammenkommt, da drücken sie sich die Hände, geben sich Liebesbriefe (bulen brieffle) u. s. w.«
Noch kräftiger drückt sich Florian Daulen von Fürstenberg, Pfarrherr zu Schellenwalde, in seinem einst allbekannten und vielbesprochenen »Tanzteufel«183 aus.
»Wir wollen vom Tanzteufel, wie fürgenommen, sagen, dass unter allen andern, so jetzt erzählt und in Krätschemen (Krug, Wirtshaus) zu geschehen pflegt, der teuflische, verfluchte, unziemliche, unzüchtige, Gottes Zucht und Ehr vergessene, leichtfertige Tanz, der besonders die Nacht in Krätschemen geschieht, zu verfluchen, zu schelten und zu verdammen sei.
Der Tanz ist, sobald der Fiedler oder Spielmann aufmacht, ein stätiges, unordentliches Rennen und Laufen. Wie das unvernünftige Vieh laufen sie durcheinander; auch mit tollem, unvernünftigem Geläuf laufen sie von fern mit den Köpfen zusammen, und treffen eins das andere zu Boden, nicht allein von hinten auf die Füsse, dass die Schuhe entfallen, sondern sie rennen sich auch gar darnieder und machen ein so gräulichen Staub, dass vernünftige, fromme Leute in der Stube nicht bleiben können. Die Tanzenden offt durcheinander gehen, unordentlich gehen und lauffen wie die bisenden Küh, sich werfen und verdrehen, welches man jetzt verködern heisset. So geschiehet nun solch schendtlich, unverschämt schwingen, werffen, verdrehen und verködern von den Tantzteuffeln, so geschwinde, auch in aller Höhe, wie der Bawer den Flegel schwinget, dass bissweilen den Jungfrauwen, Dirnen und Mägden die Kleider biss über den Gürtel, ja biss über den Kopff fliegen. Oder werffens sonst zu boden, fallen auch wol beide und andere viele mehr, welche geschwinde und unvorsichtig hernach lauffen und rennen, dass sie über einem hauffen liegen. Die gerne unzüchtig Ding sehen, denen gefellt solch schwingen, fallen und Kleiderfliegen sehr wol, lachet und seind fröhlich dabei, denn man machet jnen gar ein fein welsch Bellvidere. Welche Jungfraw, Magd und Dirne am meisten am Tantze herumgefüret, geschwungen, gedrehet und geschawet wirdt, die ist die fürnembste und beste und rühmen und sagen die Mütterlein selber: »Es ist gar bedrang umb meine Tochter am Tantze, jedermann wil mit jr tantzen, sie hat heut am Tantz guten Markt gehabt. Auch sticht der Narr unsre jungen und alten Witwen, die treibens ja so körbisch, wilde und unfletig als die jungen Mägdlein …«
»Alle Tänze sind jetzt gemeiniglich also geartet, gar wenige ausgenommen, dass wahrlich an auch den Tänzen, die bald nach geschehener Mahlzeit auf den Wirthschaften gehalten, nicht viel zu loben ist, denn das junge Volk ist gar vom Teufel besessen, dass sie keine Zucht, Ehre und Tugend mehr lieben. Die jungen Gesellen meinen, wenn sie Fochtel und Degen neben den Tanz an der Seite tragen, sich ungebärtig stellen, hoch springen, schreien, wüthen und drohen, sie hätten nicht recht getanzt, zu geschweigen der unzüchtigen Worte und Geberden, so die garstigen Esel am Tanze treiben.« Luther verdammt das Tanzen an sich nicht, »wo es züchtig zugeht«. »Dass aber Sünde da geschehen, ist des Tanzes Schuld nicht allein, sintemal auch über Tisch und in der Kirche dergleichen geschehen. Gleichwie es nicht des Essens und Trinkens Schuld ist, dass etliche zu Säuen darüber werden.«184
In dem »Ehespiegel« des Cyriakus Spangenberg (1578), in dem 50 Brautpredigten des Verfassers enthalten sind, werden für das letzte Viertel des 16. Jahrhunderts die alten Klagen laut. Spangenberg stellt dem ehrbaren »Bürgerlichen« den »Buben- und Hurentanz« gegenüber, bei denen es zuging, »dass einer schwört, es hätten die Unfläter, so solchen Regenführern, aller Zucht und Ehre vergessen, wären taub und unsinnig und tanzten St. Veitstanz«.
Wie es auf einem Balle oder Tanzfeste im 16. Jahrhundert zuging, davon gibt der gelehrte markgräflich badische Rat und Obervogt zu Pforzheim, Johann von Münster in seinem zuerst 1594 gedruckten »gottseligen Traktat vom ungottseligen Tanz« genaue Mitteilung: »Die deutsche allgemeine Tanzform besteht hierinnen, dass nachdem bei den Pfeiffern und Spielleuten der Tanz zuvor bestellet ist, der Tänzer aufs Zierlichste, Höflichste, Prächtigste und Hoffärtigste herfürtrete und aus allen allda gegenwärtigen Jungfrauen und Frauen eine Tänzerin, zu welcher er eine besondere Affektion trägt, jene erwähle. Dieselbe mit Reverentz, als mit Abnehmen des Hutes, Küssen der Hände, Kniebeugen, freundlichen Worten und anderen Ceremonien bittet, dass sie mit ihm einen lustigen, fröhlichen und ehrlichen Tanz halten wolle. Diese (hochnöthige) Bitte schlägt die begehrte Frauensperson nicht leichtlich ab, unangesehen auch der Tänzer, der den Tanz von ihr begehrt, bissweilen ein schlimmer Pflugbengel, oder ein anderer unnützer vollgesoffener Esel, und die Frauensperson eine stattliche vom Adel, oder andere ansehnlich denn reiche Frau oder Jungfrau ist. Es wäre denn, dass sie um eines Verstorbenen Willen trauert oder Leid trüge. In dem Falle ist sie, und auch eine Mannsperson entschuldigt. So ferne noch bei dem, der den Tanz begehret, so viel Verstandes übrig ist, dass er diese Entschuldigung annehmen will. Ist aber der Kerl gar voll und toll, der den Tanz begehret, so muss die Frauensperson eben wol fort. Will sie nicht tanzen, so mag sie schleiffen. Will sie im Tanz nicht lachen und frölich springen, so mag sie weinen und sauer aussehen und traurig tanzen. Denn er verlässt sie nicht, weil er sie bei der Hand hat, sondern er zieht mit ihr immer fort, zum Tanze, wie mit einem Widder zur Küche. Darüber lachen etliche, die dabei stehen und zusehen, etliche aber, denen die Frauensperson verwandt ist, sehen übel aus, und dürfen bisweilen mit diesem unzeitigen Tänzer Händel und Streit anfangen. Ist aber die Frauensperson also daran, dass sie aus wahrer Erkenntnis Gottes den Tanz hasset und dem Tänzer den Tanz abschlägt, oder aus anderen Ursachen mit ihm zu tanzen sich weigert, so ist das Ei zertreten. Dann fängt der Tänzer an zu fragen, oder beschickt die Frauensperson durch seine Freunde, was sie für Ursache habe, ihm den Tanz zu verweigern, ob er nicht redlich, ehrlich oder gut genug dazu sei u. s. w. Zuweilen wartet der Tänzer nicht so lange, dass er die Beschickung kann fürnehmen, sondern schämt sich auch nicht, die Jungfrau oder Frau, sobald sie ihm den Tanz geweigert hat, wider alle Billigkeit, Rechtlichkeit und Recht aufs Maul zu schlagen. Etliche geben dem Schläger Recht und verteidigen seine lose Sache mit den Spruch: einem ehrlichen und redlichen Mann muss und soll man keinen Tanz weigern. Darum ist der Person Recht geschehen u. s. w. Andere aber halten dieses (wie denn billig ist), für eine solche unbescheidene, tyrannische That, dass sie wert sei, dass die ganze Gesellschaft derselben sich annehme und sie räche. Daraus dann endlich solch Werk erfolget, dass ohne Blutvergiessen und ständigem Hasse nicht wol oder kaum kann beigelegt und verglichen werden. Wenn aber die Person bewilligt hat, den Tanz mit dem Tänzer zu halten, treten sie beide herfür, geben einander die Hände, und umfangen und küssen sich nach Gelegenheit des Landes185, auch wol recht auf den Mund, und erzeigen sich sonst mit Worten und Geberden die Freundschaft, die sie vor langer oder kurzer Zeit gewünscht haben, einander zu erzeigen. Darnach, wenn es zum Tanze selbst gekommen ist, halten sie erstlich den Vortanz, derselbe gehet etwan mit ziemlicher Gravität ab. Es kann aber in diesem Vortanz das Gespräch und Unterredung, derer die sich lieb haben, besser gebrauchet werden, als in den Nachtanz. Dies aber haben sie gemein, dass die Tänzer, wenn sie zum End des Gemaches, in welchem sie tanzen, gekommen sind, wieder umkehren, und sich zu beiden Seiten, zur rechten und zur linken, so lang wenden und treiben, vorgehen und folgen müssen, bis der Pfeiffer aufhört zu spielen, und ihn gelüstet, ein Zeichen zu geben, dass der Vortanz ausgetanzet sei. Darnach ruhen sie ein wenig, stehen aber nicht lange still. Sind es gute Freunde, so reden sie miteinander von den Dingen, die sie gern hören. Ist aber die Freundschaft nicht so gross, so schweigen sie still, und warten bis der Pfeiffer wiederum aufblaset zum Nachtanz. In diesem gehet es was unordentlicher zu, als in dem vorigen. Denn allhier des Lauffens, Tummels, Handdrückens, heimlichen Anstossens, Springens und bäurischen Rufens und anderer ungebührlichen Dinge, die ich Ehren wegen verschweige, nicht verschonet wird, bis dass der Pfeiffer die Leute, die wohl gern, wenn sie könnten, einen ganzen Tag also toller Weise zusammenliefen, durch sein Stillschweigen geschieden hat. Da hört man denn oft einen schrecklichen Fluch über den Pfeiffer, dass er viel zu bald den Tanz ausspielet, oder auch manchmal den Tanz zu lang gemacht hat. Denn sie schämen sich aufzuhören zu tanzen, ehe und bevor der Spieler aufgehört hat zu pfeiffen. Die Strafe wird ihm bisweilen auch zugelegt, dass er noch einmal um dasselbe Geld (wie sie reden) aufblasen muss. Da gilt es denn mit Tanzen aufs Neu. Wenn aber der Tanz zu Ende gelaufen ist, bringt der Tänzer die Tänzerin wiederum an ihren Ort, da er sie hergenommen hat, mit voriger Reverentz, nimmt Urlaub und bleibet auch wol auf ihrem Schoss sitzen und redet mit ihr, darzu er durch den Tanz sehr gute und keine bessere Gelegenheit hat finden mögen.«186
Alle diese Anklagen finden amtliche Bestätigung durch die zahllosen Tanzordnungen, wie solche die ganzen Jahrhunderte hindurch erlassen wurden und immer wieder erneut werden mussten bis in das 17. Jahrhundert hinein. Man gab genaue Vorschriften, wie man sich beim Tanze zu benehmen und zu kleiden hatte, welche Tänze erlaubt und welche verpönt waren. In Zürich war sogar das Verbot nötig, nicht »bei nacktem Leibe« auf dem Tanzboden zu erscheinen. Nürnberg untersagte nur das »halsen und umbfahen«, während die Sächsisch-Meissnische Polizeiordnung von 1555 gar das Kind mit dem Bade ausschüttete, denn sie besagt, es sei besser, für manche Orte überhaupt keinen Tanz zu gestatten, da sich bei solchen viele Mannspersonen unzüchtig und Ärgernis erregend benahmen. Deshalb hätten Männer und Frauen züchtig bekleidet zu sein und müsse das unziemliche Drehen, Geschrei und unanständige Gebärden unter allen Umständen unterbleiben. In Danzig wurden 1530 sieben Männer und ebensoviele Weiber gestäupt und ihnen die Stadt »auf ewig« verboten, weil sie »in nicht gebräuchlicher, unanständiger Kleidung« öffentlich getanzt hatten.187 In Freiburg im Breisgau legte man 1556 die Spielleute, die bei einem Tanze mitgewirkt, in das Spitals-Gefängnis. Als alles dies nichts half, lenkte man in einzelnen Städten ein und sandte zu den Tanzunterhaltungen Beamte als Zensoren, um darüber zu wachen, dass nicht allzu grobe Ausgelassenheiten vorfielen.188
Der älteste Tanz des deutschen Volkes ist der auch heute noch in manchen entlegeneren, namentlich Gebirgsgegenden nicht gänzlich verschwundene Johannistanz, wenn auch Voss seine Behauptung vom Ursprunge dieses Tanzes unter dem vierten König der Gallier, Bardus II., etwa 2140 oder 2174 v. Chr. G., nicht zu beweisen vermag.189 Immerhin besitzt er ein ehrwürdiges Alter, denn schon das sechste Konzil zu Konstantinopel im Jahre 680 schritt gegen die »abgöttischen Feuertänze« der Christen, der heilige Elipsius um dieselbe Zeit gegen diese heidnische Sitte der Deutschen ein, »die an dem Johannisfeste die Sonnwendlieder und andere teuflische Gesänge, Tanz und Sprünge üben«. Als die Geistlichkeit einsah, diese althergebrachten Festbräuche nicht ausrotten zu können, nahm sie sich – sanft wie die Tauben und klug wie die Schlangen – ihrer an, gab ihnen durch Aufoctroyierung eines Heiligen als Paten einen kirchlichen Charakter, und ein neuer Feiertag mit Kirchgang und Opferung war fertig. Die Hauptsache an dem neugebackenen St. Johannistag blieben aber die Johannisfeuer, mächtige Scheiterhaufen, die von der Jugend unter heiteren Gesängen umtanzt und, wenn die Flammen in den zusammengesunkenen Scheitern nur noch glimmten und Rauchwolken den verkohlten Hölzern entströmten, mit kühnen Sätzen durchsprungen wurden. In Stadt und Land freute sich mondelang vorher die tanzfreudige Jugend auf den Sonnwendabend, der hoch und gering auf den Feuerplätzen versammelt sah.
In München fand sich 1401 der lustige Herzog Stephan, Kaiser Ludwigs des Bayern Sohn, mit seiner Gemahlin beim Sonnwendtanze ein, ebenso tanzte König Friedrich IV. auf einem Reichstage in Regensburg 1471 im Reigen um das Feuer. Kaiser Maximilians Sohn Philipp liess am Johannistage 1496 auf dem Fronhof zu Augsburg einen 54 Schuh hohen Scheiterhaufen aufrichten. Alle »Frauenzimmer« der Geschlechter waren eingeladen und erschienen im höchsten Putze, weil bekannt worden war, dass der Prinz eine von ihnen zum Tanze auffordern würde. Einer schönen Ulmerin, der Susanne Neidhartin, wurde dies Glück zu teil; sie durfte mit einer Fackel den Holzstoss entzünden, den unter Trompeten- und Paukenschall die ganze Gesellschaft umtanzte.190 Dass zu diesen Tänzen auch die leichtfertigen Weiber der städtischen Bordelle zugelassen waren, ist bereits oben mitgeteilt worden, daher dürfte es auch nicht an Ausschreitungen gefehlt haben, wozu die Sprünge durch das Feuer mit hochgeschürzten Kleidern willkommenen Anlass boten.
Die Schamlosigkeit der meisten Tänze, die sich, je weiter das Mittelalter vorschritt, immer mehr vergröberte, und in der von Thränen und Blut triefenden Wiedertäufertragödie zu Münster (1534-1535) ihren Kulminationspunkt erreichte, den selbst die allgemeine Verwilderung der grausen 30 Kriegsjahre nicht zu erreichen vermochte191, fand stellenweise durch das Volk selbst eine drastische Verurteilung, die sich gegen jene Mädchen richtete, deren Moralität durch allzu häufiges Aufsuchen von Tanzgelegenheiten in Zweifel gezogen wurde. So herrschte am Rhein, in »Franckenland und ettlichen anderen Ortten« folgender Gebrauch: »Merkwürdig ist, was am Aschtage (Aschermittwoch) an den meisten Orten geschieht. Alle Jungfrauen, die in dem Jahre an dem Tanze teilgenommen, werden von den jungen Männern zusammengebracht, statt der Pferde an einen Pflug gespannt und samt dem Pfeifer, der spielend auf dem Rosse sitzt, in einen Fluss oder einen See hineingetrieben. Warum das geschieht, sehe ich nicht ein; ich denke mir, sie wollen damit abbüssen, dass sie an den Feiertagen gegen das Gebot der Kirche sich von leichtsinnigen Vergnügungen nicht fernhielten.«192
In einer Geschichte des Geschlechtslebens dürfen auch die Hexentänze nicht übergangen werden, da sie zeigen, welch grauenvolle Bilder sexueller Ausschweifungen verderbte Gemüter jener finstersten Zeit des finsteren Mittelalters auszuhecken im stande waren. Was auf den Hexenversammlungen auf dem Blocksberg, Heuberg, Hörselberg, Fellerberg u. s. w. an den Hexensabbathen vorgegangen sein soll, füllt die zahllosen Protokolle der Hexenprozesse mit dem ekelhaftesten Schmutz. Nur der ausgesprochene Irrsinn oder wahrhaft teuflische Verderbtheit konnte jene Beschreibungen diktiert haben, die entmenschte Richter den sich unter Folterqualen windenden »Hexen« in den Mund legten.193
Eine weitere Erscheinung, die den mittelalterlichen Tanz als Ursache hat, war die um 1021, 1278, 1374 und 1418 grassierende Tanzwut. Noch waren die Gräber der vielen Millionen von der Pest, dem schwarzen Tod, dahingerafften Menschen nicht überwachsen, als eine seltsame Krankheit die Menschheit ergriff. Bei ihrem ersten Erscheinen, im 11. und im 13. Jahrhundert, nur einzelne Individuen ergreifend, tauchten 1374 in Aachen Scharen von Männern und Frauen auf, die, wie von einer höheren Macht getrieben, Hand in Hand Reigen bildeten, und erst gemächlich, dann immer toller, anscheinend ihrer Sinne nicht mächtig in wilder Raserei ohne Scheu vor den Zuschauern tanzten, bis sie erschöpft zu Boden sanken. Wie eine Epidemie breitete sich diese Tanzlust aus, namentlich aus den niederen Volksschichten unzählbaren Zuzug erhaltend. Nach allen Städten verpflanzte sich durch umherziehende Tanzkranke diese Seuche, die Müssiggängern und losen Weibern ein willkommener Deckmantel war, betteln und ihren Gelüsten frönen zu können. Denn zweifellos befanden sich unter den armen hysterischen St. Veitstänzern eine Unzahl von Simulanten, worüber übrigens helle Köpfe schon damals nicht im Zweifel waren194, wie aus folgender zeitgenössischer Schilderung hervorgeht: »Anno 1374 zu mitten im Sommer, da erhub sich ein wunderlich Ding auff Erdreich, und sonderlich in Teuttschen Landen, auff dem Rhein und auff der Mosel, also dass Leute anhuben zu tantzen und zu rasen, und stunden je zwey gegen ein, und tantzten auff einer Stätte ein halben Tag, und in dem Tantz da fielen sie etwan ufft nieder, und liessen sich mit Füssen tretten, auff ihren Leib. Davon nahmen sie sich an, dass sie genesen wären. Und lieffen von einer Stadt zu der andern, und von einer Kirchen zu der andern, und huben Geld auff von den Leuten, wo es ihnen mocht gewerden. Und wurd des Dings also viel, dass man zu Cölln in der Stadt mehr dann fünfhundert Täntzer fand. Und fand man, dass es eine Ketzerey war, und geschahe um Golds willen, dass ihr ein Theil Frau und Mann in Unkeuschheit mochten kommen, und die vollbringen. Und fand man da zu Cölln mehr dann hundert Frauen und Dienstmägde, die nichteheliche Männer hatten. Die wurden alle in der Täntzerey Kinder-tragend, und wann dass sie tantzeten, so bunden und knebelten sie sich hart um den Leib, dass sie desto geringer wären. Hierauff sprachen ein Theils Meister, sonderlich der guten Artzt, dass ein Theil werden tantzend, die von heisser Natur wären, und von andern gebrechlichen natürlichen Sachen. Dann deren war wenig, denen das geschahe. Die Meister von der heiligen Schrift, die beschwohren der Täntzer ein Theil, die maynten, dass sie besessen wären von dem bösen Geist. Also nahm es ein betrogen End, und währete wohl sechszehn Wochen in diesen Landen oder in der Mass. Auch nahmen die vorgenannten Täntzer Mann und Frauen sich an, dass sie kein roth sehen möchten. Und war ein eitel Teuscherey, und ist verbottschaft gewesen an Christum nach meinem Bedünken.«195 Da auch die Kölner Chronik von 1374 (Cöllen 1499) »vill bouerie« (Büberei) unter den Tanzkranken vermutet, was auf sich allgemein ausbreitendes Misstrauen schliessen liess, so erlosch die Krankheit nach und nach von selbst, als die Teilnahme des Publikums für die von ihr Befallenen gänzlich erstorben war, um noch einmal im Verlauf der Geschichte, in Frankreich während der Jahre 1727 bis 1762, also volle 40 Jahre, als »Konvulsionen« mit ausgeprägt erotischem Charakter, eine Rolle zu spielen.196