Kitabı oku: «Mo Morris und die Anti-CO2-Maschine», sayfa 3
Da Donovan sie einen anderen Weg zum Haus zurückführte, kamen sie an einem Geröllhaufen vorbei, den sie vorher nicht gesehen hatten und auf dem ein großes, verwittertes Holzkreuz mit der Aufschrift „Tully Cross“ stand.
„Tully Cross bedeutet so viel wie das Kreuz auf dem Berg“, erläuterte Donovan dazu. „So heißt das kleine Dörfchen an der westirischen Küste, von dem einst mein Vater aufbrach, um in der neuen Welt sein Glück zu machen. Ihm ist es leider nie wirklich gelungen, dafür mir umso mehr. Sie sehen also, dass mir meine Wurzeln wichtig sind.“
Er wollte bereits weitergehen, drehte sich dann aber um und meinte zu Mary:
„Ihr Name Kelly weist auf irische Vorfahren hin, während es bei Dr. Morris wohl englische sein müssen.“
Als Mary daraufhin einiges über ihre Herkunft und ihre irischen, in die USA ausgewanderten Großeltern zu erzählen begann, trat Donovan irgendwann auf sie zu und packte sie einfach mit seiner großen, kräftigen Pranke am Kinn. Er drehte ein paar Mal ihr Gesicht hin und her und begutachtete mit Kennerblick ihre helle Haut, ihre spitze, zarte Nase und ein paar feine, kaum zu sehende Sommersprossen auf ihren Wangen. Dann meinte er:
„Sie tragen einen Rotstich in ihren brünetten Haaren, durch den sie für mich schon fast eine waschechte Irin sind. Dann können Sie sicher auch etwas von der Sehnsucht verstehen, die alle Iren in ihren Genen tragen. Es ist die, sich auf eine fruchtbare grüne Insel zurückzuziehen, auf der nicht allzu viele Menschen leben und auf der man seine Ruhe hat. Genau wie ich es hier auf Block Island getan habe.
Sie und Dr. Morris dürfen sich freuen, dass Ihr Auftrag Sie in die Nähe der Heimat Ihrer Vorfahren führen wird. Ich werde Sie nämlich nach England, beziehungsweise vor die Küste Englands, schicken. Näheres dazu erfahren Sie gleich.“
Noch bevor Mary über das ihr zugedachte Reiseziel protestieren konnte, hatte Donovan sich schon wieder umgedreht und seinen Marsch Richtung Haus fortgesetzt. Die Art, wie er ihr Gesicht gefasst hatte, hatte allgemeine Verhaltensregeln verletzt, doch Mary, Mo und Una zerstreuten das Gefühl leichter Peinlichkeit durch Gelächter. Una hatte sie über einige Eigenheiten ihres Vaters vorgewarnt und so konnten sie ihm nichts übel nehmen.
Sie gelangten von einem Graspfad auf einen Sandweg und sahen in einiger Entfernung ein kleines Steinhaus im irischen Cottagestil, in dem – wie Una erklärte - die Familie des für die Pflege und die Sicherheit des Grundstückes zuständigen Angestellten lebte. Bald darauf erreichten sie das Haupthaus von der hinteren Seite, betraten den Kräutergarten durch ein kleines Holztürchen und wurden von Donovan hinein gebeten. Als sie eine dunkle, mit dicken Steinplatten ausgelegte Diele betraten, drang von allen Seiten ein intensiver Pflanzenduft auf sie ein. Er stammte von den Kräutern, die Una auf einem schmalen und langen Holztisch zum Trocknen ausgelegt hatte und dem Haus direkt bei seinem Betreten eine besondere Note gaben. Eine zweiflügelige Holzkassettentür mit aufwändig geschnitzten floralen Ornamenten ließ sie direkt in den Hauptraum gelangen, der sich ohne Zwischenwände durch das gesamte Erdgeschoss zog und nur durch ein paar dicke, tragende Balken strukturiert wurde. Der Boden war mit breiten und groben Holzdielen ausgelegt und die unverputzten, von länglichen Holzsprossenfenstern durchzogenen Felssteinwände wurden hier und da von Sideboards gesäumt, die durch ihre schlichten, zeitlosen Formen und ihre aufwändig furnierten Oberflächen an den Art-Deco-Stil erinnerten. Zwischen Ihnen befanden sich massive Holzbänke, die durch ihre mit Schaffellen bespannten Lehnen fast so wirkten, als wollten sie imaginären mittelalterlichen Fürsten oder Kelten-Oberhäuptern Platz bieten. Ein großer, an der Wand hängender indianischer Federschmuck war womöglich eine Anspielung darauf, dass Block Island ursprünglich von Indianern besiedelt gewesen war.
Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass der eklektische Stil, der Elemente verschiedener Epochen in Form von Andeutungen zu einem einzigartigen, kaum definierbaren Ganzen zusammenfügte, einer genau durchdachten Absicht entsprungen war. Als Mo und Mary klar wurde, dass ein Haufen von Schafsfellen, der am Ende des Raumes vor einem großen, aus Felssteinen gemauerten Kamin am Boden lag, Donovans Schlafplatz darstellte, hatten sie endgültig kapiert, wie sehr er sich an diesem Ort in eine eigenwillige Parallelwirklichkeit jenseits des modernen Amerikas zurückgezogen hatte.
Sie bekamen kaum Gelegenheit, sich genauer in dem Raum umzusehen, da Donovan trotz seines unverkennbaren Hangs zum Ungewöhnlichen offenbar einem geordneten Zeit- und Tagesplan folgte.
„Kommen Sie, Dr. Morris und Dr. Kelly. Da ich später noch an einer Videokonferenz mit einigen meiner Leute in England teilnehmen muss, möchte ich Sie bitten, mich in mein Arbeitszimmer ins Obergeschoss zu begleiten.“
„Nennen Sie mich Morton bitte. Ich habe nämlich das Gefühl, dass unsere heutige Begegnung der Beginn einer fruchtbaren Zusammenarbeit sein wird…“, entgegnete Mo mit einem tiefgründigen Lächeln, so als läge seiner Bitte irgendeine besondere Ahnung zugrunde.
„Von einem solchen Gefühl lasse ich mich gerne leiten. Ich hoffe, es wird sich bewahrheiten. Da bei Donovan EAW grundsätzlich ein lockerer Umgangston herrscht, können Sie beide Ronan zu mir sagen. Wir sind ja schließlich alle nur Menschen und die Förmlichkeiten, wie sie heute noch Geltung haben, können eigentlich nur Adelige und arrogante Snobs erfunden haben.“
Donovan schickte seinen Terrier, den er „Cyrus“ nannte, in den Garten und begab sich zu einer offen im Raum liegenden Treppe, die mit jedem seiner Schritte unter seinem schweren Körper so ächzte und knarrte, als wäre sie viele hundert Jahre alt. Auf einem Absatz drehte er sich um und erklärte:
„Una wird an unserem Gespräch teilnehmen. Sie muss in die Aufgabe hineinwachsen, mir einiges abzunehmen. Sie wird eines Tages die Führung von Donovan EAW übernehmen, wozu Ihre Brüder meiner Meinung nach nicht fähig sind. Die Beiden werden wohl noch viele Jahre dem Mammon die Stiefel lecken müssen, bevor sie vielleicht eines Tages aufwachen und ihr höheres Selbst entdecken.“
Er lachte und stapfte den Rest der Treppe ins Obergeschoss hinauf. Es war im Gegensatz zum Erdgeschoss in Räume eingeteilt und besaß in seiner Mitte einen langen, schmalen Gang, dessen Wände aus gemauerten Felssteinen und den tragenden Balken der schweren Dachkonstruktion bestanden. Er zog sich über die gesamte, fast 50 Yards betragende Länge des Hauses hin und besaß in unregelmäßigen Abständen kleine Holzkassettentüren, die in diverse Dachkammern führten. Lediglich Donovans Büro besaß eine breite, Licht spendende Milchglastür, durch die sie in eine riesigen, bis zum Firstbalken nach oben offenen Raum gelangten, der sich in einer länglichen Grundfläche an der Dachneigung entlang zog. Er verfügte über eine ungewöhnlich breite, gerundete Gaube, durch deren Sprossenfenster die Solaranlage und die große Satellitenschüssel zwischen den wilden Brombeersträuchern des Gartens zu sehen waren.
Mo und Mary fielen sofort die Skizzen und Abbildungen technischer Anlagen und Gebilde ins Auge, die so zahlreich und chaotisch an die geneigte, holzverkleidete Dachunterseite geheftet waren, als hätte in dem Raum Tag und Nacht ein emsiger Erfinder sein Werk getan. Große Teile der innen liegenden Wände waren von hohen Holzregalen bedeckt, die bis in den letzten Winkel mit Buchbänden voll gestopft waren; dazu passend waren auf der Sitzfläche einer großen Couch hohe Stapel diverser wissenschaftlicher, halbwissenschaftlicher und esoterischer Zeitschriften zu sehen. Donovan, der nie das College besucht hatte, war allem Anschein nach nicht nur ein gute Zeichner, sondern auch ein fleißiger und wissbegieriger Autodidakt, der seine Fühler in viele verschiedene Richtungen ausstreckte. Er leitete den entscheidenden Teil ihres Gespräches mit einer seiner scheinbar typischen pathetischen Anwandlungen ein, indem er sich in der Mitte des Raumes aufstellte, einmal rundherum mit ausgestreckter Hand um sich wies und meinte:
„Normalerweise lasse ich hier niemanden außer Una und meiner Frau Susan hinein und wenn ich bei Ihnen eine Ausnahme mache, hat das natürlich seinen guten Grund.
Ich wurde nämlich ins Herz getroffen, jawohl mitten ins Herz, und es wird Ihre Aufgabe sein, diese schwere Verwundung zu lindern und zu heilen!“
Er begab sich zu einem sehr langen Schreib- und Zeichentisch, der direkt unter den Fenstern der Gaube auf einer Vielzahl von Holzböcken stand, tippte auf einem bereitstehenden Laptop herum, woraufhin auf einem großen, über dem Tisch hängenden LCD-Screen das Foto einer besonderen technischen Anlage erschien. Es handelte sich um eine gestochen scharfe Satellitenaufnahme von „Aqua City“, einer großen, aus mehreren schwimmenden, künstlichen Inseln zusammengefügten Forschungsanlage, die als Donovans derzeitiges Top-Projekt galt. Es sollte den sowohl ideellen also auch finanziellen Durchbruch bringen, um in Zukunft mit den Geldern von Regierungen und privaten Spendern im großen Stil Anti-CO2-Anlagen in der gesamten Welt zu bauen und so die Erderwärmung durch Geoengineering gezielt zu bremsen.
Der Anblick von „Aqua City“ mit seinen kreisrunden, durch Stege verbundenen Inseln und seinen wie kleine Schlote in den Himmel ragenden „Rüsseln“ erstaunte Mo aus ganz bestimmten Gründen nicht sehr. Durch seine zuletzt durchgeführten Recherchen über Donovan hatte er nämlich die Ähnlichkeit Aqua Citys zu dem Traumbild, aus dem er tags zuvor in seinem Arbeitszimmer durch die feuchte Zunge seines Hundes Dr. Watson aufgeweckt worden war, sehr schnell festgestellt. Der hauptsächliche Unterschied zu dem Traumgebilde bestand darin, dass das Zentrum von Aqua City aus einer großen schwimmenden Plattform mit einem mehrstöckigen Aufbau bestand, in dem Forschungslabore und Unterkünfte untergebracht waren. Um diese zentrale Plattform herum waren wie Blätter um eine Blüte in zwei kreisförmigen Ringen weitere Schwimminseln angebracht.
Während Mo und Mary näher an den Bildschirm traten, begann Donovan zu erklären:
„Sie werden bereits einiges über Aqua City gehört haben. Zurzeit hat die Insel unweit von London und der Themsemündung wenige Meilen vor der englischen Küste festgemacht. Bevor ich auf den springenden Punkt komme und Ihnen verrate, was mich so tief getroffen hat, möchte ich Ihnen die wesentlichsten Hintergründe des Projekts erläutern.
Aber Eines noch vorweg: Ich bin natürlich überzeugt, dass es das Beste wäre, die Abholzung der Regenwälder sofort zu stoppen und die gesamte Erde radikal aufzuforsten, um die Bäume und alle sonstigen Pflanzen als natürliche CO2-Umwandler und Sauerstoffproduzenten für uns arbeiten zu lassen. Da es aber keine Anzeichen dafür gibt, dass dies schnell genug und in ausreichendem Maß geschehen könnte, sind wir gezwungen zusätzlich nach technischen Mitteln zu suchen, um ausreichend Zeit für natürliche und nachhaltige Lösungen zu gewinnen.
Die Zeit rennt. Sie wissen, der Erderwärmungsprozess beschleunigt sich unter anderem durch das zusätzliche CO2, das aus den sich erwärmenden Ozeanen aufsteigt, oder etwa durch das Methan, das durch die auftauenden Permafrostböden frei wird. Wir befinden uns mitten in einem gigantischen Klimaveränderungsprozess, der auf die alleinige Reduktion des von Menschen Gemachten CO2 so reagieren wird, wie ein Wassertropfen, der auf einen heißen Felsblock fällt.
Wenn wir also eine steigende CO2-Konzentration in der Atmosphäre wirklich als eine ernsthafte Bedrohung für das Leben auf Erden erkennen wollen, dann müssen wir logischerweise nicht nur auf Vermeidung, sondern auch auf die Umwandlung von CO2 setzen. Es wird kaum möglich sein, das Problem auf andere Weise ernsthaft anzugehen.
Ich persönlich zweifle übrigens etwas daran, dass unsere heutigen Klimaphänomene allein vom Menschen hervorgerufen worden sind. Ich glaube vielmehr an einen natürlichen, zyklischen Erwärmungsprozess, der durch das von Menschen verursachte CO2 sowie die allgemeine Umweltzerstörung verstärkt wird. Es gibt nämlich Belege dafür, dass auch die Temperaturen auf anderen Planeten unseres Sonnensystems in einem großen, weit gefassten Zeitrahmen zyklisch steigen und fallen. Hier wirken kosmische Zusammenhänge, die über die alleinige Beobachtung der Natur unserer Erde weit hinausgehen und zu komplex für die öffentliche Diskussion sind.
Sie wissen, die Politik und die Öffentlichkeit brauchen einfache Parolen und Erklärungen, die niemanden überfordern und die Massen auf eine bestimmte Linie einschwören. Insofern äußere ich auch nur im vertraulichen Rahmen, was ich gerade gesagt habe.“
Als sich Donovan hier unterbrach, beeilte sich seine Tochter einzuwerfen:
„Was mein Vater damit sagen will, ist, dass das Erdklima zu komplex für vereinfachte Diskussionen ist, die abweichende Denkweisen nicht zulassen. Außerdem sollte man grundsätzlich zwischen denjenigen Kräften unterscheiden, die ernsthaft an der Bewahrung unserer Natur und Schöpfung interessiert sind, und denen, die das Klimaproblem als ein willkommenes Vehikel für die Durchsetzung bestimmter politischer Interessen sehen.
Wir wollen das hier nicht weiter diskutieren, weil unser derzeitiges Problem in eine ganz andere Richtung geht. Ich überlasse es meinem Vater, es Ihnen zu erläutern.“
„Das werde ich gleich tun. Aber zuvor möchte ich noch etwas Wesentliches über Aqua City sagen“, zog Donovan wieder das Wort an sich. Nachdem er ein paar Mal Sauerstoff inhaliert und sich ächzend auf einen gepolsterten, vor dem Schreibtisch stehenden Bürostuhl fallen gelassen hatte, fuhr er fort:
„Man muss Aqua City vor allem als ein Versuchsprojekt betrachten, mit dem wir erst noch erforschen wollen, inwieweit Geo-Engineering überhaupt sicher, sinnvoll und möglich ist. Es existieren noch viel zu wenige Erfahrungswerte hierfür. Zum Beispiel weiß niemand genau, was passieren würde, wenn wir der Atmosphäre in kurzer Zeit in sehr großem Umfang CO2 entziehen. Immerhin sind ja alle Fotosynthese treibenden Pflanzen auf CO2 angewiesen. Genau so wenig ist die Frage der dauerhaften Umwandlung und Speicherung von CO2 ausreichend geklärt. Vielleicht haben Sie schon von dem niederländischen Projekt Porthos gehört. Es geht darum, eine Leitung aus dem Hafen von Rotterdam in die Nordsee zu legen, in die ansässige Unternehmen ihre Abgase leiten. In Zukunft sollen jährlich 5 Millionen Tonnen CO2 aus den Abgasen herausgezogen und durch die Leitungen in leere Gasfelder gepumpt werden, die 12 Meilen vor der niederländischen Küste in fast 2 Meilen Tiefe in porösem Sandgestein unter dem Meeresboden liegen. In einer chemischen Reaktion werden die Abgase gereinigt, komprimiert, verflüssigt und dann in die Sandsteinformationen gepresst. Kritiker befürchten allerdings, dass lokale Ökosysteme durch austretendes CO2 versauern könnten.
Die dauerhafte Speicherung von CO2 in sehr großen Mengen ist nun einmal das größte Problem. Wir in Aqua City forschen auf vielen verschiedenen Ebenen dazu.“
Als Donovan sich abermals schnaufend an den Schlauch seines Sauerstoffgerätes hing, warf Mo ein:
„Man kann also die Funktion von Aqua City als eine Art schwimmendes Forschungslabor verstehen… Es geht zurzeit noch nicht darum, der Atmosphäre relevante Mengen an CO2 zu entziehen, sondern vor allem darum, zunächst umfangreiche Experimente mit CO2 durchzuführen.“
„Genau so ist es, Morton“, bestätigte Donovan. Er wies zu dem Bildschirm mit der Satellitenaufnahme von Aqua City und meinte:
„Sie sehen ja dort die schlotförmigen Rohre auf den äußeren, sich um das Zentrallabor herumgruppierenden Inseln. Sie saugen große Mengen Luft an, aus der wir mit verschiedenen Methoden das CO2 extrahieren und versuchsweise in verschiedene Speicherformen überführen. Zurzeit forschen wir etwa nach isländischem Vorbild daran, wie man CO2 in vulkanischem Basalt mineralisieren kann. Das Kohlendioxid reagiert mit dem Basalt und bildet Karbonate. Der Vorteil ist, dass es danach nicht mehr entweichen kann. Ein anderes Forschungsprojekt beschäftigt sich zum Beispiel damit, mit Hilfe von CO2 Algen aufzuziehen, die man später als Biokraftstoff verwenden kann. Vielleicht haben Sie ja auch schon einmal von künstlichen CO2-Bäumen gehört, mit deren Hilfe man am Rande von Autobahnen CO2 aus der Luft filtern kann.
Übrigens beschränken sich unsere Forschungen in Aqua City nicht nur auf CO2. Wir interessieren uns für alle Arten von Umweltthemen. Wir betreuen beispielsweise auch eine Plastikmüllreinigungsanlage, die sich momentan genau wie Aqua City in der Nähe der Themsemündung vor der englischen Küste befindet.“
„Es scheint, als ob Sie eine ganz besondere Beziehung zu Wasser hätten, Ronan“, stellte Mary daraufhin mit einem bedeutungsvollen Lächeln fest. „Aqua City, Ihr Sommersitz auf einer Insel, eine Plastikreinigungsanlage auf dem Meer und dann all diese Abbildungen hier…“
Sie deutete zu den Bildern und technischen Entwurfszeichnungen, die an der Wandschräge über dem Schreibtisch hingen und von denen viele in irgendeiner Form eine Beziehung zur See aufwiesen.
„Sehen Sie, laut der Evolutionstheorie kommt doch alles Leben aus dem Meer. Stirbt das Meer, stirbt auch das Leben, nicht wahr?“, konstatierte Donovan mit einem schmerzlichen Seufzen. „Die tragische Verseuchung der Meere mit Mikro- und Makroplastik, aber natürlich auch die unserer gesamten Umwelt inklusive der Nahrungskette ist etwas, was mich besonders stark bewegt und beschäftigt. Allein schon deshalb, weil es gar nicht so schwer wäre, Plastikverpackungen abzuschaffen und durch unschädliche Alternativen zu ersetzen. Solange eine große Industrie sehr viel Geld mit Kunststoffen verdient, werden Veränderungen nur durch drastische Verbote und politische Interventionen möglich sein. Mittlerweile bin ich sicher, nicht die USA, sondern die EU wird Vorreiter bei diesen Verboten sein, weil sie effektiver als wir im Reglementieren ist. Dies kann man sowohl positiv als auch negativ verstehen.“
„Sie wissen ja sicher, dass mein Vater noch in eine ganze Reihe weiterer Projekte investiert ist, die im weitesten Sinne mit Naturschutz und dem Klimawandel sowie seinen Folgen zu tun haben“, mischte sich daraufhin Una wieder ein. „Donovan EAW kauft beispielsweise bedrohte Regenwaldgebiete auf, betreut Wiederaufforstungsprojekte oder entwickelt etwa an der westafrikanischen Küste Meerwasserentsalzungsanlagen zur Bekämpfung der Dürre. In den USA betreiben wir einige Farmen, die sich auf artgerechte Tierhaltung und Biolandwirtschaft spezialisiert haben.
Viele unserer diversen Zweige befinden sich noch im Aufbau und können auf Dauer nur durch die Zuwendungen von Geldgebern vorangetrieben werden. Wenn es nämlich so weitergeht wie bisher, könnte eines Tages das Kapital meines Vaters aufgezehrt sein.
Die Gründe, warum wir Sie beide engagiert haben, beziehen sich momentan allein auf Aqua City. Wir rechnen allerdings jederzeit damit, dass sich dies ändern kann. Wie ich Morton ja bereits am Telefon andeutete, gab es einige Sabotageakte. Das ist das, was meinen Vater – wie er es eben formuliert hat – so sehr ins Herz getroffen hat!“
„Leider weigerten Sie sich am Telefon, mir mehr darüber zu berichten“, beklagte sich Mo, während er mit Mary den Platz auf dem zur Hälfte mit Zeitschriftenstapeln bedeckten Sofa einnahm, der ihnen kurz zuvor durch Donovan zugewiesen worden war.
„Ich wollte erst sicher sein, dass Sie wirklich hierher kommen und den Auftrag annehmen. Wir versuchen die Sache geheim zu halten, damit unsere Geldgeber nicht verunsichert werden. Außerdem sollen keinen Nachahmer auf Ideen gebracht werden“, hatte Una sofort eine plausible Erklärung parat. Dann ging sie zu dem Laptop hinüber und rief eine weitere Abbildung von Aqua City auf.
„Es handelt sich hier um eine jüngere Satellitenaufnahme als die erste. Ich bin sicher, Ihnen wird der Unterschied sofort ins Auge fallen!“
Tatsächlich konnten sie gleich erkennen, dass eine der äußeren Inseln im nordöstlichen Bereich einfach fehlte. Es war so offensichtlich, dass Una ihre Reaktion hierauf nicht abwartete, zu der entsprechenden Stelle auf dem Bildschirm deutete und erklärte:
„Das fehlende Modul von Aqua City heißt Gamma 2 und wurde vor rund drei Wochen nachts abgetrennt, irgendwohin auf See geschleppt und nach aller Wahrscheinlichkeit versenkt. Jedenfalls hat sich die Spur der Schwimminsel nach einer vergeblichen GPS-Ortung vollkommen verloren, was anders schwer erklärlich ist. Es gab vorher bereits eine Reihe kleinerer Sabotageakte, die ich ihnen in einer Liste zusammengestellt und erläutert habe. Ich händige Sie Ihnen nachher zusammen mit anderen Unterlagen aus. Das Verschwinden von Gamma 2 stellt bisher das mit Abstand größte Ereignis dar. Die Hauptinsel heißt übrigens Alpha 1, während sich die 16 kleineren Forschungsmodule in den zwei, versetzt zueinander liegenden Ringen zu je 8 Inseln um sie herumgruppieren. Gamma 2 lag somit ganz außen im so genannten Gamma-Ring und stellte die Nummer 2 unter insgesamt 8 Schwesterinseln dar.“
„Es wird höchste Zeit, uns zu verraten, wen Sie hinsichtlich dieser Sabotageakte verdächtigen. Am Telefon klangen Sie für mich so, als gäbe es bereits Vermutungen“, forderte Mo mit unverhohlener Ungeduld.
„Obwohl ich meiner Tochter gern die Rolle der Wortführerin überlasse, möchte ich Ihnen dies selber darlegen“, erklärte Donovan diesen wichtigen Punkt zur Chefsache. „Zunächst sei gesagt, dass der Verlust des Bereiches Gamma 2 einen Schaden von fast 5 Millionen Dollar darstellt. Glücklicherweise war die Insel unbewohnt und zum Zeitpunkt des Verschwindens hielt sich niemand auf ihr auf.
Gamma 2 hat sich mit einem unserer sensibelsten und wichtigsten Forschungen befasst: Die künstliche Nachahmung des natürlichen Fotosyntheseprozesses, durch den Pflanzen mit Hilfe des Sonnenlichtes aus Wasser und CO2 Energie gewinnen und Sauerstoff freisetzen. Sie werden wohl sofort verstehen, dass ein nachhaltiger Durchbruch in der Künstliche-Fotosynthese-Forschung eine der denkbar besten Lösungen des CO2-Problemes wäre. Es gibt übrigens auch Ansätze, industrielle CO2-Abgase mit einer fotosyntheseähnlichen Technik zu Methanol oder Kohlenstoffmonoxid umzuwandeln, was etwa in Brennstoffzellen Verwendung finden kann.
Aber bleiben wir bei der Sache. Sie wollen etwas über die Saboteure wissen. Sie werden es mir vielleicht nicht glauben, aber es gab ein Bekennerschreiben in Form einer Email, in der sich eine fundamentalistische religiöse Vereinigung dazu bekennt, die Insel zerstört zu haben.“
„Eine fundamentalistische religiöse Vereinigung? Das klingt ziemlich absurd! Mit was für einer Begründung hat sich diese Vereinigung bekannt?“, rief Mary spontan aus.
„Sie werfen uns vor, wir würden mit unseren Forschungen Gott ins Handwerk pfuschen“, erwiderte Donovan mit einem bitteren Lachen. „Diese Vereinigung, falls sie wirklich existiert, glaubt laut ihres Bekennerschreibens, dass die Entwicklungen auf Erden vorherbestimmt sind und der Klimawandel der Beginn der sieben großen Plagen ist, mit dem Gott die so genannte Endzeit einleitet. Ich nehme an, Ihnen ist die Offenbarung des Johannes in dieser Hinsicht bekannt. Wenn das Ganze kein riesengroßer Quatsch ist, dann hätten wir es mit einer extrem deterministischen Weltbetrachtung zu tun, die Geoengineering als eine unzulässige technische Einmischung in natürliche, von Gott angeleitete Prozesse deutet.“
„Wenn mein Vater von einem riesengroßen Quatsch spricht, bedeutet das nicht, dass wir religiöse Interpretation nicht bis zu einem vernünftigen Grad respektieren könnten“, milderte Una die Worte Donovans etwas ab. „Uns fällt nur schwer zu glauben, eine christlich-fundamentalistische Vereinigung könnte über genügend kriminelle Energie und technische Mittel verfügen, um einfach so eine 500 Quadratmeter große Schwimm-Plattform auf hoher See verschwinden zu lassen!“
Sie trat an den Schreibtisch, nahm einen dicken, bereit liegenden Umschlag und zog ein Papier heraus.
„Wir haben Ihnen hier alle relevanten Informationen zusammengestellt, die Sie sich später ihrem Hotel ansehen können. Sie bleiben doch über Nacht auf der Insel? Behandeln Sie das Material bitte absolut vertraulich, da ein Anschlag auf Aqua City ein gefundenes Fressen für die Medien wäre. Und dies hier ist dann noch das Bekennerschreiben.“
Als sie daraufhin Mo sowohl den Umschlag als auch das Papier übergab, fand er in dem denkbar kurzen Text des Bekennerschreibens keine weiteren Informationen, die über die bisherigen Erläuterungen hinausgegangen wären. Donovan setzte derweil dazu an, Ihnen seine Interpretation der Dinge darzulegen.
„Ich vermute, die Bekenneremail zielt nur darauf ab, deutlich zu machen, dass es sich um einen feindlichen Sabotageakt handelt. Und da die Saboteure nicht verraten können, wer sie wirklich sind, schieben sie eben eine imaginäre religiöse Vereinigung vor. Im Grunde macht man sich damit noch zusätzlich über mich lustig.
Ich bin überzeugt, die Konkurrenz steckt dahinter. Sehen Sie, all diejenigen, die entscheidende Patente für eine technisch und wirtschaftlich machbare Umwandlung von CO2 anmelden, können sich dadurch im besten Fall einen riesigen Zukunftsmarkt erschließen. Die künstliche Fotosynthese und ihre artverwandten Prozesse, mit denen sich etwa auch Wasserstoff für emissionsfreie Antriebe gewinnen ließe, spielen dabei eine nicht unerhebliche Rolle. Aber natürlich auch viele, viele andere Verfahren, wie etwa die schon lange bekannte Möglichkeit, aus Wasser und CO2 synthetische Kraftstoffe zu gewinnen. Aus CO2 lässt sich etwa auch Düngemittel herstellen und neuere Ansätze versuchen sogar, CO2 mit Hilfe eines Elektrolyseprozesses bei Raumtemperatur in festen, gefahrlos aufzubewahrenden Kohlenstoff zurückzuverwandeln. Glücklicherweise gibt es mittlerweile so viele Ansätze, dass es einige Hoffnung auf Lösung des Klimaproblems gibt.
Langer Rede kurzer Sinn: Wahrscheinlich möchte man mich und meine Entwicklungsarbeit gezielt schwächen, um in den entsprechenden Forschungsbereichen an Vorsprung zu gewinnen. Obwohl es mir selber nicht ums Geld geht und ich in alle Richtungen für technische Kooperationen offen bin, sieht das irgendjemand gar nicht so. Sein Kalkül könnte aufgehen, da durch jeden Sabotageakt Geldgeber abgeschreckt werden und unsere kostspielige technische Entwicklungsarbeit stark verzögert wird.“
Als Donovan daraufhin inne hielt und Mo und Mary einen Moment nachdenklich ansah, bekam er eine spontane Idee.
„Wissen Sie was? Warum bleiben Sie nicht einfach über Nacht hier? Wir haben hier schönere Gästezimmer, als sie Ihnen jedes Hotel auf Block Island bieten kann. Ich schlage vor, Sie studieren jetzt in Ruhe das Material und ich kümmere mich derweil um einige Geschäfte. Dann werden wir gemeinsam zu Abend essen und danach alles Weitere im Detail besprechen. Ich möchte Sie sehr gründlich instruieren, bevor ich Sie beide nach Aqua City schicke!“
Für Mary wurde es allerhöchste Zeit, ein Missverständnis zu korrigieren, weshalb sie sehr entschieden rief:
„Sir, ich werde nicht mit Morton nach England reisen!“
Da sie ihm das Rollenspiel nicht offenbaren konnte, auf das sie sich Mo zuliebe eingelassen hatte, fügte sie als Begründung hinzu:
„Ich habe noch an einigen anderen Dingen zu arbeiten und werde Morton vom Büro aus behilflich sein.“
„Aber, aber mein Kind, Sie wollen sich doch wohl nicht der wichtigen Aufgabe, die Ihnen das Schicksal zugeteilt hat, verschließen? Das kann ich nicht akzeptieren! Ich hatte mich so gefreut, dass Morton eine solch reizende Kollegin mit irischen Wurzeln hat. Obwohl er einen außerordentlich guten Ruf als Detektiv besitzt, wäre es verrückt, einen einzigen Mann auf einen solchen Fall anzusetzen. Ich wollte ursprünglich sogar ein ganzes Team anheuern, aber meine Wahl fiel auf ihn, weil er eine erstklassige Aufklärungsrate vorweisen kann. Wenn Morris Investigations den Auftrag einstreichen will, erwarte ich allerdings, dass mit mehreren Leuten gearbeitet wird. Als ich mich über Sie informierte, fielen mir immer wieder drei Namen ins Auge: Tim Diamond, Betty Cadena und Michael King. Was ist mit den Dreien? Würden sie zur Verfügung stehen, um mit Ihnen nach England zu reisen?“
„Normalerweise läuft es so, dass ich zunächst allein eine Spur aufnehme und erst bei Bedarf auf Miss Cadena und Mr. King zurückgreife. Mr. Diamond arbeitet grundsätzlich nur im Hintergrund von seiner eigenen Detektei Diamond Investigations aus, da er sich bei einem unserer letzten Fälle schwerwiegende Verletzungen zugezogen hat“, versuchte Mo so etwas wie eine übliche Vorgehensweise plausibel erscheinen zu lassen. Dabei verfluchte er insgeheim den Namen Diamond, der an ihm so fest zu kleben schien, als entspräche es irgendeinem höheren Schicksalsplan. Er hatte den Ehrgeiz, den Fall alleine zu lösen und dieses Mal nicht auf Diamonds Hilfe angewiesen zu sein. Allerdings ahnte er schon jetzt, dass dies kaum möglich sein würde.
„Gut, akzeptiert, aber Mrs. Kellys aktive Mitarbeit mache ich zur Bedingung! Wenn Sie schon so restriktiv mit der Mitarbeit Ihrer Kollegen umgehen, sehe ich keinen Grund, warum auch sie in New York zurückbleiben sollte. Das wäre ja geradezu lächerlich und käme einer nicht nachvollziehbaren Verweigerungshaltung gleich!“
Natürlich wollte Mary sofort protestieren, aber Mo warf ihr ein paar so scharfe und flehende Blicke zu, dass sie instinktiv verstummte und nach Luft rang. Als hätte Donovan geahnt, was in Wahrheit in ihr vorging, beeilte er sich,. die Türen für jegliche Rückzugsmöglichkeiten sorgfältig zu verschließen, indem er einen Scheckblock aus einer Schreibtischschublade zog, zwei Schecks ausstellte und Mo und Mary jeweils einen überreichte. Als Mary die Summe sah, blieben ihr zum zweiten Mal innerhalb kurzer Zeit die Proteste im Hals stecken und sie stieß bloß ein paar überraschte, unartikulierte Laute aus. Der harmlose Frühlingsausflug nach Block Island mündete für sie in einen schwerwiegenden Entscheidungskonflikt, der sie fassungslos nach Worten ringen ließ.