Kitabı oku: «Steuerstrafrechtliche Risiken in Krise und Insolvenz», sayfa 9
b) Korrekturen aufgrund einer Insolvenzanfechtung
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Zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters gehört es u.a., Insolvenzanfechtungsansprüche sowie den Zeitpunkt des Eintritts der materiellen Insolvenz zu ermitteln. Dies dient der umfassenden Befriedigung der Gläubiger.88
337
Der Insolvenzverwalter ist unter Berücksichtigung der Erfolgsaussichten sowie der wirtschaftlichen Vertretbarkeit verpflichtet, die Insolvenzanfechtungsansprüche durchzusetzen.89
338
Die Unterlassung der Durchsetzung aussichtsreicher Insolvenzanfechtungsansprüche kann strafbar sein.90
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Ist ein Insolvenzanfechtungstatbestand, §§ 130ff. InsO, gegeben, so ist gemäß § 143 Abs. 1 Satz 1 InsO zur Insolvenzmasse zurückzugewähren, was durch die anfechtbare Handlung aus dem Vermögen des Schuldners veräußert, weggegeben oder aufgegeben ist. Die Insolvenzanfechtung, §§ 129ff. InsO, führt somit zu einem Rückgewähranspruch.91
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Der Insolvenzanfechtungsanspruch entsteht mit der Eröffnung des Verfahrens und wird bereits zu diesem Zeitpunkt fällig.92
341
Es ist Sache des Insolvenzverwalters, die Konsequenzen aus einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung zu ziehen. Diese hängen davon ab, ob eine Rückabwicklung einer Leistungsbeziehung vorliegt oder aber eine neue Leistungsbeziehung begründet wird.
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Durch eine erfolgreiche Insolvenzanfechtung wird der Anfechtungsgegner verpflichtet, den angefochtenen Zahlbetrag an die Insolvenzmasse zu erstatten. Im Gegenzug lebt sein Anspruch gegen die Insolvenzmasse gem. § 144 InsO wieder auf. Zahlt ein Gläubiger des Insolvenzschuldners Beträge, die er vor Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner vereinnahmt hat, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Folge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung an die Insolvenzmasse zurück, hat der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Rückzahlung den Vorsteuerabzug zu berichtigen.93
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Wird aufgrund der vom Insolvenzverwalter erklärten Insolvenzanfechtung zurückabgewickelt, zahlt der Anfechtungsgegner den Betrag an die Insolvenzmasse. Im Gegenzug lebt sein Anspruch gegen die Insolvenzmasse gemäß § 144 InsO wieder auf.
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Zahlt ein Gläubiger des Insolvenzschuldners Beträge, die er vor Insolvenzeröffnung vom Insolvenzschuldner vereinnahmt hat, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens infolge einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung in die Insolvenzmasse zurück, hat der Insolvenzverwalter im Zeitpunkt der Rückzahlung den Vorsteuerabzug gemäß § 17 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 17 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 UStG zu berichtigen, ungeachtet dessen, dass es sich um einen gesetzlichen Anspruch handelt. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs führt zum Entstehen einer Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO.94
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War die zugrunde liegende Lieferung oder sonstige Leistung umsatzsteuerpflichtig, so sind Umsatzsteuer und Vorsteuer gemäß § 17 UStG zu berichtigen.95
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Handelte es sich bei dem Ausgangssachverhalt um eine Zahlung ohne umsatzsteuerliche Belastung, also insbesondere eine Sozialversicherungs- oder Steuerzahlung, ist nichts zu veranlassen.
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Erfolgt zwischen Anfechtungsgegner und Insolvenzverwalter eine vergleichsweise Regelung, ist eine andere Betrachtung geboten. Ein entgeltlicher Verzicht auf eine Rechtsposition – z.B. das Anfechtungsrecht des Insolvenzverwalters – ist als steuerbare sonstige Leistung i.S.v. §§ 1 Abs. 1 Nr. 1, 3 Abs. 9 UStG zu beurteilen.96
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Schließt der Insolvenzverwalter mit einem Anfechtungsgegner einen gerichtlichen oder außergerichtlichen Vergleich, so entsteht durch diese Einigung eine neue Leistungsbeziehung, die gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG der Umsatzsteuer unterliegt, sofern der Schuldner seinerseits Unternehmer im umsatzsteuerrechtlichen Sinne ist.97
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Die Vorsteuerkorrektur erfolgt auf der Ebene der Insolvenzforderungen gemäß § 38 InsO, während die Umsatzsteuer aus der Rückabwicklung oder der Begründung einer neuen Leistungsbeziehung auf der Ebene von Masseverbindlichkeiten i.S.v. § 55 InsO zu behandeln ist. Dafür spricht, dass die vollständige Tatbestandsverwirklichung – die Änderung der Bemessungsgrundlage erfolgt erst mit der tatsächlichen Rückgewähr – nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vollzogen wird und der Insolvenzanfechtungsanspruch erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens entsteht.98
350
Nach Auffassung von Kahlert ist die aufgelebte Forderung dem vorinsolvenzlichen Unternehmensteil zuzuordnen, weil der Sachverhalt, der zur Insolvenzanfechtung geführt hat, vor Verfahrenseröffnung eingetreten ist.99
351
Auch wenn der Insolvenzverwalter der Auffassung folgt, dass eine Berichtigung nicht zu einer Masseverbindlichkeit führt, so hat er gleichwohl der Finanzverwaltung den Sachverhalt mitzuteilen. Folgt der Insolvenzverwalter – wenn auch mit guten Gründen – lediglich einer Literaturmeinung und lässt er die Auffassung der Finanzverwaltung außer Acht, kann damit der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO gegeben sein, wenn ein zu geringer Umsatzsteuerbetrag erklärt wird.
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Werden Vergleiche über Insolvenzanfechtungsansprüche geschlossen, ist es darüber hinaus aus Sicht des Insolvenzverwalters auch zweckmäßig, in dem Vergleich zu regeln, ob der Vergleichsbetrag sich brutto oder netto versteht.100
c) Schädigung des Umsatzsteueraufkommens
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Gemäß dem bis zum 1.7.2021 geltenden § 26b Abs. 1 UStG handelt ordnungswidrig, wer die in einer Rechnung i.S.v. § 14 UStG ausgewiesene Umsatzsteuer zu einem in § 18 Abs. 1 Satz 4 oder Abs. 4 Satz 1 oder Satz 2 UStG genannten Fälligkeitszeitpunkt nicht oder nicht vollständig entrichtet (vgl. im Einzelnen Rn. 946ff.).
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Der Tatbestand gemäß § 26b Abs. 1 UStG, der gemäß § 26b Abs. 2 UStG mit einer Geldbuße bis zu 50.000 € geahndet werden kann, kann allerdings im Insolvenzverfahren nur dann angenommen werden, wenn der Insolvenzverwalter in vorwerfbarer Weise gehandelt hat.
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Stellt sich nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens heraus, dass die Insolvenzmasse nicht ausreicht, um die Kosten des Verfahrens zu decken, so stellt das Insolvenzgericht gemäß § 207 Abs. 1 Satz 1 InsO das Verfahren ein. Der Verwalter hat, soweit Barmittel in der Masse vorhanden sind, gemäß § 207 Abs. 3 Satz 1 InsO vor Einstellung des Verfahrens die Kosten, von diesen zuerst die Auslagen, nach dem Verhältnis ihrer Beträge zu berichtigen. Fällt die Finanzverwaltung aufgrund der Regelung des § 207 InsO aus, kann eine Ordnungswidrigkeit gemäß § 26b Abs. 1 UStG nicht angenommen werden, da die Frage, ob eine Entrichtung erfolgen darf, vorrangig insolvenzrechtlich zu beurteilen ist.
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Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO liegt vor, wenn die Kosten des Verfahrens gedeckt sind, die Insolvenzmasse jedoch nicht ausreicht, um die fälligen sonstigen Masseverbindlichkeiten zu erfüllen. Im Falle der Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO sind die Massegläubiger nach Maßgabe von § 209 Abs. 1 InsO zu befriedigen. Auch hier gilt, dass ein vorwerfbares Verhalten des Insolvenzverwalters nur vorliegen kann, wenn der Insolvenzverwalter gegen Verteilungsvorschriften der Insolvenzordnung verstößt, sodass eine Ordnungswidrigkeit ausscheidet, wenn er sich im Rahmen der insolvenzrechtlichen Vorschriften verhält.
3. Ertragsteuern
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Bei der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer und der Gewerbesteuer stellen sich vergleichbare Problemlagen, von denen nachfolgend exemplarisch (a) die Auflösung von stillen Reserven, (b) die Auflösung von Rückstellungen, (c) die Konsequenzen einer Insolvenzanfechtung sowie die Probleme einer parallel angeordneten (d) Zwangsverwaltung behandelt werden.
a) Auflösung von stillen Reserven
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Stille Reserven entstehen durch den Ausschluss einer Aktivierungsmöglichkeit, erhöhte Absetzungen für Abnutzung oder spätere Wertsteigerungen bei Fortführung der Buchwerte. Solche stille Reserven werden grundsätzlich nur versteuert, wenn sie durch Erfüllung eines Besteuerungstatbestandes verwirklicht werden. Dies entspricht dem „Realisationsprinzip“.101
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Das Ansammeln und Halten stiller Reserven ist einkommensteuerrechtlich irrelevant; ihre Erfassung in diesem Stadium der betrieblichen Vermögensbildung widerspräche dem Leistungsfähigkeitsprinzip.102
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Verwertet der Insolvenzverwalter eine Immobilie, so wird der Besteuerungstatbestand nach Insolvenzeröffnung vollständig verwirklicht und ist damit insolvenzrechtlich begründet. Daher ist die aus der Gewinnrealisierung resultierende Einkommensteuer als Masseverbindlichkeit i.S.d. § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO zu qualifizieren. Dies gilt auch dann, wenn durch die Veräußerung nach Insolvenzeröffnung stille Reserven aufgedeckt werden, die vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens entstanden sind. Für die Steuerverwirklichung ist unbeachtlich, wann der Wertzuwachs entstanden ist. Eine Trennlinie zwischen sonstigen Masseverbindlichkeiten und Insolvenzforderungen ist, ob der Rechtsgrund der Entstehung der Forderung im Augenblick vor Verfahrenseröffnung bereits gelegt war. Diese Einkommensteuerschuld ist auch dann in voller Höhe Masseverbindlichkeit, wenn das verwertete Wirtschaftsgut mit Absonderungsrechten belastet war und – nach Vorwegbefriedigung der absonderungsberechtigten Gläubiger aus dem Verwertungserlös – der (tatsächlich) zur Masse gelangte Erlös nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommensteuer zu befriedigen.103 Dies gilt auch in der Zwangsversteigerung: Wird ein zur Insolvenzmasse gehörendes und mit einem Absonderungsrecht belastetes Betriebsgrundstück nach Insolvenzeröffnung auf Betreiben eines Grundpfandgläubigers ohne Zutun des Insolvenzverwalters versteigert und hierdurch – infolge Aufdeckung stiller Reserven – ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn ausgelöst, ist die auf den Gewinn entfallende Einkommensteuer eine „in anderer Weise“ durch die Verwaltung bzw. Verwertung der Insolvenzmasse begründete Masseverbindlichkeit. Die Massezugehörigkeit des Vermögensgegenstandes sowie dessen fehlende Freigabe durch den Insolvenzverwalter stellen die entscheidenden Wertungsmomente für die Annahme von Masseverbindlichkeiten dar.104
361
Auch wenn zum Teil die Auffassung vertreten wird, dass diese Rechtsprechung systemwidrig den Umstand ausblendet, dass das Insolvenzverfahren der gemeinschaftlichen Befriedigung der Gläubiger aus der Insolvenzmasse dient und insoweit dem Verkehrswert der Vermögensgegenstände das entscheidende Gewicht beizumessen ist, so ist die Beurteilung durch den BFH eindeutig.105
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Der Insolvenzverwalter ist freilich nicht gehindert, eine andere Auffassung zu vertreten als der Bundesfinanzhof.
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Da der Insolvenzverwalter zuvörderst auch die Aufgabe hat, die Befriedigung der Insolvenzgläubiger sicherzustellen, kann er zugunsten der Insolvenzgläubiger durchaus eine Rechtsauffassung vertreten, die von der Rechtsprechung des BFH abweicht. Er ist jedoch zur Vermeidung des objektiven Tatbestands des § 370 Abs. 1 AO gehalten, gegenüber der Finanzverwaltung den Sachverhalt offenzulegen und seine Position ggf. im Einspruchs- und Klageverfahren zu verteidigen.
b) Auflösung von Rückstellungen
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Wegen einer ungewissen, betrieblich veranlassten Drittverpflichtung, die in der Vergangenheit verursacht ist und aus der eine Inanspruchnahme wahrscheinlich ist, kann bei Vorliegen der Voraussetzungen im Übrigen eine gewinnmindernde Rückstellung gebildet werden.106
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Gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 AGB sind Rückstellungen für ungewisse Verbindlichkeiten und drohende Verluste aus schwebenden Geschäften zu bilden. Gemäß § 249 Abs. 2 Satz 2 HGB dürfen Rückstellungen nur aufgelöst werden, soweit der Grund hierfür entfallen ist.
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Wurde die Rückstellung z.B. gebildet, weil der Steuerpflichtige wegen eines angeblichen Anspruchs im Klagewege in Anspruch genommen worden ist, ist die Rückstellung nicht aufzulösen, bevor die Klage rechtskräftig abgewiesen worden ist.107
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Die Auflösung der Rückstellung führt zu einer Gewinnerhöhung.108
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Unter die Masseverbindlichkeiten gemäß § 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO fallen auch die Einkommensteuerschulden, die sich daraus ergeben, dass nach Auflösung einer Rückstellung ein Gewinn entsteht. Dieser führt zwar nicht zu einer „echten“ Vermögensmehrung. Es wird vielmehr lediglich der Gewinn der Vorjahre nachversteuert.109
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Diese Grundsätze gelten auch, wenn der Schuldner an einer Personenhandelsgesellschaft beteiligt ist und auf der Ebene der Gesellschaft eine Rückstellung aufgelöst wird. Zu den Masseverbindlichkeiten gehören auch die Einkommensteuerschulden, die sich daraus ergeben, dass bei Beteiligung an einer Mitunternehmerschaft durch Auflösung einer Rückstellung auf der Ebene der Gesellschaft (Mitunternehmerschaft) ein Gewinn entsteht. Die sich aus der Auflösung der Rückstellung ergebende Einkommensteuerschuld ist in dem Fall, dass die Auflösung nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens erfolgt, gegenüber dem Insolvenzverwalter festzusetzen.110
370
Der Insolvenzverwalter hat diese Rechtsprechung zu berücksichtigen, auch wenn sie nicht zu überzeugen vermag, da der Insolvenzmasse durch die Auflösung der Rückstellung kein verwertbarer Vermögenszufluss zugutekommt. Vielmehr erfolgt lediglich die Entlastung von einer drohenden Verbindlichkeit. Davon haben die Gläubiger allerdings lediglich in Höhe einer möglicherweise höheren Insolvenzquote Anteil.
c) Korrekturen aufgrund Insolvenzanfechtung
371
Welche ertragsteuerlichen Konsequenzen sich bei einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung ergeben, hängt davon ab, ob der Schuldner seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich (§ 4 Abs. 1 EStG) oder durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG) ermittelt.
372
Wann eine Einkommensteuerforderung begründet ist, kann auch von der Art der Gewinnermittlung abhängen. Im Fall der Einnahmen-Überschussrechnung ist dies nach dem Zuflussprinzip erst mit tatsächlicher Vereinnahmung der Fall, sodass im Fall einer erfolgreichen Insolvenzanfechtung die ertragsteuerlichen Folgen nach Verfahrenseröffnung eintreten.111
aa) Betriebsvermögensvergleich
373
Sofern der Schuldner dem Betriebsvermögensvergleich gemäß § 4 Abs. 1 EStG unterliegt, sind handels- und steuerbilanziell insolvenzrechtliche Rückgewähransprüche zu aktivieren. Die Aktivierung dem Grunde nach erfolgt allerdings erst dann, wenn sich der Anspruch hinreichend konkretisiert hat, z.B. dadurch, dass der Anfechtungsgegner den Anspruch anerkannt hat oder eine Verurteilung vorliegt. Im Rahmen der Aktivierung der Höhe nach ist zu überprüfen, ob der Anspruch in voller Höhe durchsetzbar ist, was z.B. dann nicht der Fall ist, wenn der Anfechtungsgegner nicht hinreichend leistungsfähig ist.112
374
Auf der Passivseite ist der Anspruch des Anfechtungsgegners zu berücksichtigen. Gemäß § 144 Abs. 1 InsO lebt die Forderung des Anfechtungsgegners wieder auf, sofern er aufgrund der Anfechtung das Erlangte zurückgewährt hat. Somit ist der Anspruch des Anfechtungsgegners zu passivieren.
375
Ermittelt der Schuldner seinen Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich, ist die erfolgreiche Insolvenzanfechtung ergebnisneutral.113
bb) Einnahme-Überschuss-Rechnung
376
Sofern der Schuldner seinen Gewinn durch Einnahme-Überschuss-Rechnung i.S.v. § 4 Abs. 3 EStG ermittelt, ist eine Zu- und Abflussrechnung zu fertigen.114
377
Forderungen und Verbindlichkeiten bleiben grundsätzlich – anders als bei der Bilanzierung – unberücksichtigt.115
378
Sofern der Schuldner der Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG unterliegt, ist im Zeitpunkt der Zahlung durch den erfolgreich in Anspruch genommenen Anfechtungsgegner ein gewinnwirksamer Zahlungseingang zu berücksichtigen, ohne dass die gemäß § 144 Abs. 1 InsO wiederauflebende Forderung des Anfechtungsgegners zu berücksichtigen ist.116
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Hat der Schuldner keine hinreichenden Verlustvorträge, so kann die erfolgreiche Insolvenzanfechtung zu einer Ertragsteuerbelastung führen. Der Insolvenzverwalter wird dann aber zu prüfen haben, ob er von dem Wahlrecht einer Option zu § 4 Abs. 1 EStG (Betriebsvermögensvergleich) Gebrauch macht. Da der Wechsel von der Einnahme-Überschuss-Rechnung zu einem Betriebsvermögensvergleich allerdings Maßnahmen zum Jahresbeginn voraussetzt, kann er ohne zeitnahe Erstellung einer Eröffnungsbilanz und Einrichtung einer kaufmännischen Buchführung nicht nachgeholt werden.117
380
Hat der Insolvenzverwalter diese Maßnahmen unterlassen, so hat er den sich ergebenden Gewinn zu erklären. Unterlässt er dies, ist der objektive Tatbestand des § 370 Abs. 1 AO erfüllt.
381
Der Insolvenzverwalter hat im Übrigen auch seine mögliche Haftung gegenüber den Insolvenzgläubigern gemäß § 60 InsO zu berücksichtigen, sodass es zweckmäßig sein wird, bereits mit Verfahrenseröffnung zu überprüfen, ob ein Wechsel zur Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 1 EStG geboten ist. Der Insolvenzverwalter wird dann bereits mit Eintritt in die Pflichten des Steuerpflichtigen aufgrund von § 155 Abs. 2 InsO die erforderlichen Maßnahmen ergreifen.118
d) Zwangsverwaltung
382
Im Rahmen einer Zwangsverwaltung stellen sich zahlreiche steuerliche Fragen, bei denen bislang der Fokus bei der Umsatzsteuer in der Zwangsverwaltung lag.119
383
Es war bislang anerkannten Rechts, dass im Falle von Einkünften aus der Vermietung oder Verpachtung einer Immobilie durch eine Personengesellschaft – oder wie im vom BFH entschiedenen Fall einer Erbengemeinschaft – die ertragsteuerliche Behandlung der Einnahmen durch die Gesellschafter der Personengesellschaft bzw. die Mitglieder der Erbengemeinschaft bzw. deren Insolvenzverwalter und nicht durch einen parallel bestellten Zwangsverwalter zu erfolgen hat.120
384
Der Insolvenzverwalter hatte nach damaliger Rechtslage somit zur Vermeidung der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes von § 370 Abs. 1 AO die Einkünfte des Schuldners aus der Vermietung oder Verpachtung von Immobilien auch dann zu erklären, wenn Zwangsverwaltung angeordnet und aufgrund dessen der Zwangsverwalter die vereinnahmten Beträge an den betreibenden Grundpfandgläubiger ausgezahlt hat.
385
An dieser Auffassung hält der BFH nicht mehr fest. Der Zwangsverwalter hat auch die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt. An der Entrichtungspflicht des Zwangsverwalters ändert sich nichts, wenn während der Zwangsverwaltung das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners eröffnet wird.121
386
Diese Rechtsprechung hat der BFH unlängst bestätigt: Der Zwangsverwalter hat die Einkommensteuer des Vollstreckungsschuldners zu entrichten, soweit sie aus der Vermietung der im Zwangsverwaltungsverfahren beschlagnahmten Grundstücke herrührt.122
387
Aus dieser neuen Rechtsprechung ergeben sich zwar keine Risiken für den Insolvenzverwalter hinsichtlich der Steuerhinterziehung i.S.v. § 370 Abs. 1 AO. Der Insolvenzverwalter sollte jedoch diese Rechtsprechung zur Vermeidung einer Haftung gemäß § 60 InsO anwenden, da ansonsten die Gefahr besteht, dass die Insolvenzgläubiger aufgrund der Abführung der Einkommensteuer aus der Insolvenzmasse einen Quotenverminderungsschaden erleiden.
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