Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 12

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(3) Realisierung der Gefahrenquelle

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Eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit des Delegierenden setzt erst dann ein, wenn sich infolge seines Sorgfaltsmangels gerade diejenige Gefahrenquelle auswirkt, um derentwillen diese Sorgfaltspflicht besteht. Dies ist bspw. nicht der Fall, wenn (so das Beispiel von Stratenwerth[602]) der Arzt einer hierfür unzureichend qualifizierten Lernschwester die selbstständige Durchführung eines Einlaufs überträgt (anstatt – wie erforderlich – den Vorgang zu überwachen), die Lernschwester aber versehentlich eine verwechslungsfähige Flasche mit einer ätzenden Flüssigkeit hierbei verwendet: Da sich die Sorgfaltspflicht des Arztes nur auf die sachgemäße Durchführung des Einlaufs bezog und für die Möglichkeit einer Verwechslung von Flaschen keine Anhaltspunkte gegeben waren (der Verletzungserfolg also auch bei sorgfaltsgemäßem Verhalten des Arztes eingetreten wäre[603]), entfällt eine Strafbarkeit des Arztes aus § 229 StGB.

(4) Zusätzliche Pflichtwidrigkeit des Angewiesenen

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Der Delegierende kann sich im Übrigen nicht dadurch entlasten, dass er sich auf eine etwaige – zusätzliche – Pflichtwidrigkeit des Angewiesenen (Rn. 99 f.) beruft, die im Ausführen der fehlerhaften Weisung lag: Abgesehen davon, dass sich ohnehin niemand wirksam zu seiner Entlastung auf ein Mitverschulden eines Anderen berufen kann,[604] besteht angesichts der Gesamtverantwortlichkeit[605] des Anweisenden für die Patientenbehandlung die vom Delegierenden verletzte Pflicht gerade darin, ein Fehlverhalten des Angewiesenen von vornherein zu verhindern.[606] Anders als im Beispiel von Rn. 96 läge auch der erforderliche Pflichtwidrigkeitszusammenhang vor.

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Näheres zu den Auswahl-, Instruktions- und Überwachungspflichten[607] des Anweisenden sowie zur Grenze der Zulässigkeit[608] von Delegationen auf Krankenpflegekräfte[609] findet sich in der Spezialliteratur.[610]

bb) Fahrlässigkeitsstrafbarkeit der Angewiesenen (Delegat)[611]

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Im Fall der Arbeitsteilung können sich die Angewiesenen ihrerseits umgekehrt grundsätzlich auf die Richtigkeit der ihnen erteilten Anweisungen verlassen und brauchen sie, auch soweit ihnen dies möglich wäre, nicht zu überprüfen.[612] Hierdurch wird zwar die Ausführung einer nach den Regeln der ärztlichen Kunst fehlerhaften Anweisung nicht vom Makel objektiver Sorgfaltswidrigkeit befreit: Das Verabreichen einer überhöhten Dosis eines Medikaments ist objektiv sorgfaltswidrig, gleichgültig, ob der Arzt selbst oder auf seine Anweisung eine Krankenschwester handelt. Der Vertrauensgrundsatz wirkt sich hier also nicht auf der Ebene der objektiven Sorgfaltsnormen, sondern auf der Ebene der Fahrlässigkeitsschuld als eine Begrenzung der auf den Inhalt dieser Normen bezogenen sog. Erkenntnisverschaffungspflicht aus. Ein Handeln in Unkenntnis dessen, was rechtliche Sorgfaltsnormen gebieten, bleibt objektiv sorgfaltswidrig, weil das Recht – jedenfalls bei seiner Festlegung objektiver Handlungsbefugnisse – die Möglichkeit dieser Kenntnis bei jedermann voraussetzen muss.[613]

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Der Schuldvorwurf der Fahrlässigkeit ist allerdings in den hier fraglichen Fällen nur dann begründet,[614] wenn sich die Unrichtigkeit einer Anweisung (etwa infolge fachlicher Unvertretbarkeit der gewählten Methode oder aufgrund des erkennbaren Fehlens der für die angewiesene Tätigkeit erforderlichen eigenen Qualifikation) der Hilfsperson nach ihren persönlichen Kenntnissen und Fähigkeiten auch ohne besondere Nachprüfung hätte aufdrängen müssen.[615] Sind für den Angewiesenen derartige Anhaltspunkte erkennbar, so besteht für ihn die Pflicht zu gefahrvermeidendem Innehalten und zur Rückfrage (Remonstration).[616] Unterlässt er dies, kann er sich anschließend nicht darauf berufen, seine (unterbliebene) Remonstration wäre erfolglos geblieben, weil der Anweisende seine fehlerhafte Anweisung wiederholt hätte.[617] Sollte der Anweisende seine fehlerhafte Weisung wiederholen, so muss vom Angewiesenen trotz des auch im unterschiedlichen Fachkenntnisstand wurzelnden hierarchischen Gefälles verlangt werden, dass er eine Anweisung jedenfalls dann nicht erfüllt, wenn dies bei einer Weisung, deren Fehlerhaftigkeit dem Delegaten sicher bekannt ist oder die zumindest offensichtlich fehlerhaft war,[618] erkennbar mit einer erheblichen Gesundheits- oder gar Lebensgefährdung des Patienten verbunden wäre.

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Zusätzlich trifft den Angewiesenen die Pflicht, die ihm übertragene Aufgabe fachgerecht durchzuführen. Zweifelt er an seinen eigenen Fähigkeiten hierzu, so hat er ggf. die Umsetzung der Weisung abzulehnen.[619]

6. Verantwortlichkeit von Leitungszuständigen (Organisationsfehler)

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Unterläuft dem behandelnden Arzt ein Behandlungsfehler, so kann dies neben seiner persönlichen Strafbarkeit zusätzlich eine Bestrafung der für die Organisation des Krankenhausbetriebs (oder derjenigen einer sonstigen Organisation zur Erbringung ärztlicher Leistungen) Verantwortlichen[620] auslösen. Da die Leitungspersonen stets die Letztverantwortung für die ordnungsgemäße Organisation des Krankenhausbetriebes trifft, wurden diese Organisationspflichten von der Zivilrechtsprechung – sicherlich auch zur Schließung als unbillig empfundener Haftungslücken – immer weiter ausgedehnt, so dass in der Literatur inzwischen schon von einem „catch-all“-Instrument gesprochen wird.[621] Es geht hierbei um Pflichten des für die Organisation der Patientenbehandlung Verantwortlichen, deren Verletzung eine Sorgfaltspflichtverletzung i.S.d. §§ 222, 229 StGB begründet.[622] Auch die Gesetzesbegründung zu § 630a Abs. 2 BGB[623] begreift die Pflicht zur ordnungsgemäßen Organisation der Krankenbehandlung als Teil des medizinischen Standards. Insgesamt liegt diesen Pflichten die Überlegung zu Grunde, dass die Krankenbehandlung so zu organisieren ist, dass eine sachgemäße und für den Patienten gefahrlose Behandlung gewährleistet ist.[624] Diagnostik, Therapie und Nachbehandlung müssen in einer Form organisiert sein, dass jede vermeidbare Gefährdung der Patienten ausgeschlossen ist.[625] Als strafbarkeitsbegründender Organisationsfehler kann sowohl das Fehlen gebotener organisatorischer Maßnahmen als auch eine fehlerhafte (oder gar fehlende) Organisation angesehen werden.[626] Die Schaffung gefährlicher Strukturen genügt für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit, sofern dieser Mangel eine Patientenschädigung zurechenbar verursacht hat.[627] Die in diesem Zusammenhang für zivilrechtliche Ersatzansprüche im Falle von Verkehrspflichtverletzungen praktizierte Umkehr der Beweislast für die Pflichtverletzung (sofern sich ein sog. voll beherrschbares Risiko i.S.v. § 630h Abs. 1 BGB realisiert hat[628]) kann für das Strafverfahren allerdings keine Rolle spielen.

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Mit Katzenmeier[629] und Quaas[630] sind insoweit am Beispiel der Krankenhaus-Organisation folgende Pflichten der Leitungszuständigen zu unterscheiden:[631] Die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten im Krankenhaus müssen durch Einsatzpläne und Vertreterregelungen deutlich abgegrenzt[632] und insbesondere Sonntags-, Nacht- und Bereitschaftsdienste gesichert sein.[633] Das Personal muss sorgfältig ausgewählt, angelernt[634] und überwacht werden.[635] In jeder Behandlungsphase muss ein qualifizierter Arzt bereitstehen, um die notwendigen Anweisungen zu geben und ihre Ausführung zu kontrollieren.[636] Der Facharztstandard muss personell[637] und apparativ[638] gesichert sein.[639] Die Patientensicherheit ist durch hinreichende Hygiene[640] sowie die Funktionsfähigkeit aller medizinischen Geräte zu gewährleisten.[641] Zusätzlich ist dem Schutzbedürfnis besonders gefährdeter Personen Rechnung zu tragen (insbesondere bei suizid-[642] oder sonst verletzungsgefährdeten[643] Personen). Nachfolgend sollen stellvertretend die Problembereiche der sog. Anfängeroperation sowie des Bereitschaftsdienstes betrachtet werden.

a) Anfängeroperation[644]

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Eine sachgerechte fachärztliche Ausbildung verlangt, dass auch einem Assistenzarzt, der sich erst in entsprechender Ausbildung befindet, die Durchführung einer Operation übertragen wird: Neben dem Lernen von Theorie ist praktischer Dienst unerlässlich, der das Einüben berufserforderlicher Tätigkeiten ermöglicht. Andererseits verbieten es die Sicherheitsinteressen der betroffenen Patienten, sie durch eine Nicht-Facharzt-Behandlung einem zusätzlichen Risiko auszusetzen.[645] Der 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs[646] hat anerkannt, dass ein Nachwuchsarzt langsam und schrittweise in das operative Geschehen einzuführen ist; er darf hierbei aber „nur unter unmittelbarer Aufsicht eines erfahrenen Chirurgen eingesetzt werden (…), der jeden Operationsschritt beobachtend verfolgt und jederzeit korrigierend einzugreifen vermag. Immer muß nämlich der Standard eines erfahrenen Chirurgen gewährleistet sein (…). Aus diesem Grunde muß immer ein Facharzt dem Berufsanfänger bei chirurgischen Eingriffen assistieren. Nur ein Facharzt kann die Gewähr übernehmen, daß der in der Ausbildung befindliche Arzt richtig angeleitet und überwacht wird, und nur er hat die erforderliche Autorität gegenüber einem Berufsanfänger, um erforderlichenfalls eingreifen zu können.“ Die Überwachung muss mithin durch einen besonders befähigten Operateur erfolgen,[647] der in der Lage ist, überraschenden Fehlleistungen des Berufsanfängers sofort gegenzusteuern.[648] Hierbei muss die ständige Eingriffsbereitschaft und Eingriffsfähigkeit des aufsichtsführenden Facharztes gewährleistet sein;[649] hierfür kann im Einzelfall auch eine Überwachung von einem angrenzenden Monitorraum aus genügen.[650] Die Zivilrechtsprechung[651] besteht insoweit auf einem formell qualifizierten Facharzt, da nur er die erforderliche Autorität gegenüber einem Berufsanfänger habe, um erforderlichenfalls eingreifen zu können.[652] Im Übrigen muss der auszubildende Arzt vorher auf seine Zuverlässigkeit sowie seinen Ausbildungsstand hinreichend kontrolliert werden.[653] Auf jeden Fall haben das Wohl und die Sicherheit des Patienten stets den Vorrang. Die mit der Ausbildung junger Ärzte naturgemäß verbundenen höheren Verletzungsgefahren sind von den für den Einsatz Verantwortlichen deshalb durch besondere Vorkehrungen auszugleichen.[654] Unterlassen sie dies, so kann ihre strafrechtliche Verantwortlichkeit nach §§ 222, 229 StGB begründet sein.[655] Zusätzlich kommt auch eine Strafbarkeit des Berufsanfängers selbst unter dem Aspekt der Übernahmefahrlässigkeit (hierzu unten unter Rn. 139 ff.) in Betracht.[656]

b) Bereitschaftsdienst im Krankenhaus

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Da – rein betriebswirtschaftlich betrachtet – eine ununterbrochene Notfallversorgung im Krankenhaus hohe Personalkosten verursacht, denen im Vergleich mit anderen Abteilungen vergleichsweise geringe Erlöse gegenüberstehen, besteht ein erheblicher Anreiz für die Krankenhausleitung, das für Notfälle rund um die Uhr vorzuhaltende Personal (Bereitschaftsdienst) zu reduzieren.[657] Personelle Engpässe in diesem Bereich können sich aber für den Patienten verhängnisvoll auswirken, da ggf. äußerst kurzfristig medizinisch interveniert werden muss. Aus diesem Grunde ist zu gewährleisten, dass der Facharztstandard „rund um die Uhr“ eingehalten wird.[658] Hieraus ergibt sich die Konsequenz, dass der Nacht- und Sonntagsdienst im Krankenhaus so zu organisieren ist, dass für den Patienten auch in Not- und Eilfällen der Standard eines Facharztes gesichert ist.[659] Dem haben die Organisationsverantwortlichen dadurch Rechnung zu tragen, dass jedenfalls für Abteilungen mit einer bekanntermaßen hohen Rate an Not- und Eilfällen (Chirurgie, Geburtshilfe/Gynäkologie) eine hinreichende personelle Ausstattung vorgehalten wird.[660]

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Die rechtlich gebotene – nicht etwa infolge wirtschaftlicher Zwänge der mitunter um ihren Fortbestand[661] kämpfenden Krankenhäuser suspendierte[662] – Gewährleistung des Facharztstandards setzt auch der „Notlösung“ eines fachübergreifenden Bereitschaftsdienstes enge Grenzen.[663] Hierbei soll der Facharztstandard dadurch gewährleistet werden, dass im Bereitschaftsdienst ein (Fach-)Arzt auch für solche Stationen und Bereiche zuständig wird, die nicht seinem eigenen Fachgebiet zuzurechnen sind. Da aber bei unvorhergesehenen Komplikationen gerade in den Bereichen von Chirurgie und Geburtshilfe/Gynäkologie Komplikationen überhaupt erst (und zwar sofort!) erkannt werden müssen, um dann schnellstmöglich Abhilfe zu schaffen, entspricht hier[664] der Einsatz fachfremder Ärzte[665] dem zu gewährleistenden Facharztstandard keineswegs.[666] Hieran ändert auch ein Rufbereitschaftssystem nichts, durch den ein nicht in der jeweiligen Klinik anwesender Facharzt alarmiert werden kann. Hiermit würde zwar versucht, die „Facharztlücke“ zu schließen, doch besteht die ernsthafte Gefahr, dass der fachkompetente Arzt zu spät eintrifft;[667] die Notversorgung würde dann zu einer Nichtversorgung führen.

c) Chefarzt-Verantwortlichkeit

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Der leitende Arzt einer Fachabteilung oder eines Instituts (Chefarzt) ist verantwortlich für Diagnostik und Therapie bei allen Patienten seiner Abteilung oder seines Funktionsbereiches. Er trägt rechtlich die Gesamtverantwortung für die ärztliche Versorgung der Patienten.[668] Er hat damit auch die angemessenen organisatorischen Vorgaben und Kontrollen für einen geordneten Dienstbetrieb zu treffen.[669] Zu den wahrlich umfangreichen Pflichten des „allzuständigen“ Chefarztes sei auf die Darstellung von Bock[670] verwiesen. So hat der Chefarzt bspw. durch mehrmaliges Remonstrieren beim Krankenhausträger dafür Sorge zu tragen, dass das zur Wahrung des Facharztstandards erforderliche Personal auch tatsächlich zur Verfügung steht; notfalls hat er das Behandlungsprogramm „herunterzufahren“.[671] Ein derartiges Arbeiten „auf dem Pulverfass“[672] dürfte angesichts der fortschreitenden Ökonomisierung des Krankenhausbetriebs[673] zukünftig die Besetzung von Chefarztstellen zumindest erschweren. Entsprechendes gilt erst recht für den Ärztlichen Direktor, also für den Leitenden Arzt des gesamten Krankenhauses, der den nach Disziplinen und Subdisziplinen in Abteilungen und Stationen gegliederten, meist hierarchisch geordneten Krankenhausbetrieb insgesamt ärztlich zu organisieren und zu beaufsichtigen hat und der zugleich in aller Regel eine Fachabteilung als Chefarzt leitet.[674] Ihn treffen noch umfangreichere Organisationspflichten als den Chefarzt. Beide Positionen können Auslöser einer strafrechtlichen Verantwortung unter dem Blickwinkel eines Organisationsverschuldens patientenferner Entscheider (Rn. 108 f.) sein.

d) Organisationsverschulden patientenferner Entscheider

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Infrastrukturbedingte Behandlungsfehler[675] können durchaus als Nebenwirkung einer zunehmend ökonomisierten Medizin bezeichnet werden.[676] Diese führt vielfach zur strukturellen Problematik einer (schadensstiftenden) personellen und/oder apparativen Unterversorgung der Patienten. Ein aktueller „Schadensfall“ stellt sich dann als das Ergebnis betrieblicher Fehlentwicklungen dar.[677] Während im zivilrechtlichen Haftungsrecht[678] neben den Ärzten, denen unmittelbar ein Behandlungsfehler unterlief, zumeist die solventen Träger der Gesundheitseinrichtung (wenn auch weniger die für diese juristischen Personen agierenden natürlichen Personen [Organe[679]]) haftbar gemacht werden,[680] ist dies für den Bereich des Strafrechts zumeist[681] nicht der Fall. Hier geraten patientenferne Entscheider, die die patientengefährdenden Krankenhausstrukturen vorgegeben hatten, allenfalls bei der (infolge von Organisationsmängeln abgesenkten) Strafzumessung in Bezug auf die gegen den unmittelbar am Patienten unter dem Regime der Organisation agierenden Arzt zu verhängende Sanktion in den Blick.[682] Dies ist – jedenfalls auf den ersten Blick – deshalb erstaunlich, weil nach allgemeinen Grundsätzen der Fahrlässigkeitsstrafbarkeit eine Verantwortlichkeit patientenferner Entscheider (z.B. des Krankenhaus-Geschäftsführers[683]) als Nebentäter durchaus naheliegt.[684] Insoweit kann auf die klarstellenden Ausführungen von Kudlich/Schulte-Sasse[685] Bezug genommen werden: Die Sorgfaltspflichtverletzung der Krankenhausmanager[686] (bzw. Praxisbetreiber) liegt darin, dass sie – entweder durch aktives Tun[687] oder durch garantenpflichtwidriges Unterlassen[688] – aus betriebswirtschaftlichen Gründen[689] ein patientengefährdendes System der Krankenbehandlung geschaffen bzw. unterhalten haben, das geeignet war, über die Zeit Patienten erheblich zu gefährden.[690] Insoweit ist an die Ausführungen oben unter Rn. 41 ff. zum Einfluss ökonomischer Zwänge auf den Facharztstandard zu erinnern. Dass die konkrete Schädigung des Patienten erst durch den (nicht-)behandelnden Arzt erfolgt, ist unerheblich,[691] da sich in dessen Pflichtwidrigkeit (z.B. Operieren im übermüdeten Zustand) der Sorgfaltsverstoß des patientenfernen Entscheiders im tatbestandlichen Erfolg verwirklicht.[692] Der konkrete Behandlungsfehler hat also keine eigenständige Gefahrenquelle geschaffen, die nach dem Grundsatz des Verantwortungsprinzips eine Zurechnung des Erfolgs auf den Hintermann ausschlösse.[693] Im Gegenteil: In dem konkreten Behandlungsfehler realisiert sich gerade die Gefahr, die der „Hintermann“ als Nebentäter pflichtwidrig durch seine organisatorischen Vorgaben geschaffen hatte.[694] Die vom 6. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs bereits 1985 statuierte Pflicht,[695] der Krankenhausträger dürfe nicht vor ihm bekannten Zuständen mit der Gefahr „illegaler Praktiken“ und sogenannter „Umimprovisationen“ die Augen schließen und darauf vertrauen, die in der Klinik tätigen Ärzte würden mit der jeweiligen Situation schon irgendwie fertig werden und sich nach Kräften bemühen, die Patienten trotz allem vor Schäden zu bewahren, gilt genauso im Bereich strafrechtlicher Ahndung eines Organisationsfehlers.

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Allerdings wird häufig der für eine Fahrlässigkeitsstrafbarkeit unerlässliche Pflichtwidrigkeitszusammenhang (Rn. 154 f.) nur schwer nachzuweisen sein:[696] Die Patientenschädigung muss sich ja als Verwirklichung der vom Klinikmanagement durch seine organisatorischen Vorgaben unerlaubt gesetzten Gefahr darstellen. Dieser zur Fahrlässigkeitsstrafbarkeit unerlässliche Zusammenhang fehlt aber immer dann, wenn beim erkennenden Gericht auf Tatsachen gestützte, mehr als nur theoretische Zweifel daran verbleiben, dass ein pflichtgemäßes Verhalten den Erfolgseintritt verhindert hätte.[697] Beispielhaft hierfür ist der von Kudlich/Schulte-Sasse[698] angeführte Fall: Bei einem pflichtwidrig angeordneten fachübergreifenden Bereitschaftsdienst (hierzu Rn. 106) übersieht der fachfremde Bereitschaftsarzt Krankheitssymptome, die möglicherweise aber auch ein Facharzt fehlgedeutet hätte; oder: Der Patient stirbt bei einer lebensgefährlichen Operation infolge eines groben Behandlungsfehlers des völlig übermüdeten Chirurgen; es ist aber nicht auszuschließen, dass der Patient auch eine fachgerecht ausgeführte Operation (oder bei Nichtvornahme der Operation die einzig möglicher Verlegung in ein für derartige Eingriffe nicht gerüstetes Krankenhaus) nicht überlebt hätte. Dies darf aber nicht – der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens entgegenstehend – dahingehend missverstanden werden, dass angesichts des in-dubio-Grundsatzes eine entsprechende Strafbarkeit der Leitungsebene stets auszuscheiden hat: Der Anwendung des Zweifelgrundsatzes ist die freie richterliche Beweiswürdigung vorgeschaltet.[699] Ein Letztes: Eine Inblicknahme patientenferner Entscheider und ihre potentielle Strafbarkeit ist dem Schutz von Leib und Leben potentieller Patienten durchaus dienlich, da angesichts des – gegenwärtig allerdings zumeist fehlenden[700] – generalpräventiven Handlungsdrucks des Strafrechts[701] zu erwarten steht, dass in nicht wenigen Fällen die schadensanfällige Organisation verbessert oder zumindest das jeweilige Behandlungs- und Leistungsvolumen den tatsächlich gegebenen Klinikverhältnissen angepasst wird.[702] Derzeit besteht hingegen für die wirtschaftlich verantwortlichen Klinik-Betreiber eher ein Anreiz, kostengünstige, aber potentiell gefährliche Organisationsstrukturen aufrechtzuerhalten oder sogar neu einzuführen.[703]

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