Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 14
dd) Missachtung des Patienten
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Letztlich könnte bei Akzeptanz der hypothetischen Einwilligung der Arzt – sogar ohne eine Grundaufklärung[794] – dem Patienten jedes von der medizinischen lex artis gedeckte Risiko aufzwingen.[795] Somit würden bei Akzeptanz der hypothetischen Einwilligung im Strafrecht letztlich paternalistische Vorstellungen (doctor knows best) durch Unterlaufen der Patientenautonomie befördert.[796] Auch wäre es befremdlich, wenn für den Arzt das strafrechtliche Haftungsrisiko bei einem Aufklärungsmangel erheblich größer als bei einem Behandlungsfehler wäre.[797] Der Arzt würde im Strafrecht – dort spielen ärztliche Kunstfehler infolge des erforderlichen Nachweises der Kausalität zwischen ärztlicher Pflichtverletzung und Verletzungseintritt eine relativ geringe Rolle – schärfer dazu angehalten, sorgfältig und vollständig aufzuklären als sorgfältig zu behandeln. Dies kann nicht im Interesse des Patienten liegen.[798]
ee) § 630h Abs. 2 S. 2 BGB
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Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der 2013 in das BGB eingefügten Vorschrift des § 630h Abs. 2 S. 2. Danach kann sich in Fällen, in denen die ärztliche Aufklärung nicht den Anforderungen des ebenfalls neu eingestellten § 630e BGB genügte, der Behandelnde darauf berufen, dass der Patient auch im Fall einer ordnungsgemäßen Aufklärung in die Maßnahme eingewilligt hätte. Bei dieser zivilrechtlichen Vorschrift, mit der die hypothetische Einwilligung, anschließend an die Zivilrechtsprechung, Anerkennung erfuhr, handelt es sich aber – wie bereits ihre amtliche Überschrift ergibt – lediglich um eine Beweislastregelung für das Zivilverfahren.[799]
3. Restriktion der ärztlichen Aufklärungslast
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Lehnt man die Anwendung der hypothetischen Einwilligung im Arztstrafrecht aus grundsätzlichen Erwägungen ab, so könnte hiermit die Gefahr verbunden sein, dass der Sanktionierungsbereich des Strafrechts denjenigen des Zivilrechts überschreitet: Der betroffene Arzt würde zwar zivilrechtlich von Haftung freigestellt, bliebe hingegen strafrechtlich verantwortlich.[800] Es müssen also andere Wege beschritten werden,[801] um die zivilgerichtlich weit ausdifferenzierte ärztliche Aufklärungslast im Strafrecht zurückzuschneiden.[802] Hierzu biete es sich an, die Grenzen gebotener ärztlicher Aufklärung im Strafrecht angemessen restriktiv zu bestimmen.[803] Hiermit knüpft man an die häufig vernachlässigte ultima ratio-Funktion des Strafrechts – verfassungsrechtlich ausgedrückt: an das Verhältnismäßigkeitsprinzip[804] – an. Dies führt im Arztstrafrecht dazu, die schadensersatzorientierten Haftungsprinzipien des Zivilrechts nicht unbesehen zur Bestimmung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit heranzuziehen. Dies ist schon deshalb naheliegend, weil es im Strafrecht nicht um den Ausgleich materieller Interessen eines schwer geschädigten Patienten auf der einen Seite, eines wirtschaftlich potenten Krankenhausträgers (bzw. eines ebensolchen Versicherungsunternehmens) auf der anderen Seite, geht. Im Strafrecht steht hingegen [805]die mit sozialethischer Missbilligung verbundene Verurteilung des behandelnden Arztes als Individuum im Mittelpunkt. Deshalb ist es geboten, der in der zivilgerichtlichen Praxis erkennbaren Neigung zu einer richterlichen Fortune-Korrektur durch Anwendung der Aufklärungsrüge anstelle eines Kunstfehlernachweises[806] entgegenzutreten.
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In diesem Zusammenhang ist an die Entscheidung des 2. Strafsenats in seiner bekannten Lederspray-Entscheidung zu erinnern, in der er ausgeführt hat, dass im Rahmen strafrechtlicher Produzentenverantwortlichkeit zwar „manches dafür [spricht], daß dieselben Pflichten, die für die zivilrechtliche Produkthaftung maßgebend sind, auch die Grundlage strafrechtlicher Verantwortlichkeit bilden …. Andererseits dürfen die schadensersatzorientierten Haftungsprinzipien des Zivilrechts nicht unbesehen zur Bestimmung strafrechtlicher Verantwortlichkeit benutzt werden.“[807] Hierbei kann es dann wie im Bereich von § 266 StGB[808] zu einer limitierten Zivilrechtsakzessorietät des Strafrechts kommen.[809] Bei der Untreue einerseits, der Reichweite der für eine wirksame Einwilligung gebotenen ärztlichen Aufklärung andererseits, handelt es sich um einen von der gesetzten Rechtsordnung nicht klar vorstrukturierten Bereich. Auch im arztstrafrechtlichen Zusammenhang geht es um die hinreichende Präzisierung strafrechtlich abgesicherter Handlungsvorgaben: Ein zivilrechtlich materiell erlaubtes bzw. als noch vertretbar eingestuftes Verhalten darf zwar strafrechtlich nicht sanktioniert werden.[810] Umgekehrt gilt diese Gleichsetzung von Zivil- und Strafrecht aber nicht. Angesichts des Subsidiaritätsprinzips (ultima ratio-Grundsatz) für den Einsatz des Strafrechts muss das Strafrecht nicht all das ahnden, was vom Zivilrecht missbilligt wird. Es gilt also ebenso wie bei § 266 StGB[811] ein strafrechtsautonomes Kriterium für die einschränkende Konkretisierung zu entwickeln.[812]
a) Lösungsansätze
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Zur Einschränkung der ärztlichen Aufklärungspflicht werden in der Literatur eine Reihe von Ansätzen vertreten:[813] Nach Albrecht muss dem Patienten nur eine hinreichende Vorstellung über das konkrete Risiko der mit dem Eingriff verbundenen Beeinträchtigung seiner körperlichen Unversehrtheit vermittelt werden.[814] Edlbauer fordert ein erhebliches Aufklärungsdefizit, das zu einer gravierenden Missachtung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten führt;[815] besondere Beachtung insoweit käme der Schwere des Eingriffs und der Dringlichkeit der Behandlung als Determinanten der Aufklärungspflicht zu. Wiesner will strafrechtlich nur Verstöße gegen die Grundaufklärung, also über Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, pönalisieren.[816] Hierbei schließt sie an Rosenau an, der die strafbewehrte Aufklärungspflicht auf ein zum Schutz des Patienten notwendiges Grundmaß dadurch beschränken will, dass dieser Aufklärung über Art und Schweregrad des Eingriffs sowie über die schwerstmögliche Beeinträchtigung erfährt, nicht aber bspw. über gleichwertige Behandlungsalternativen.[817] Riedmeier schließlich regt an, den strafbewehrten Umfang ärztlicher Aufklärung durch einen vom Arzt „angeregten“ Einwilligungsverzicht des Patienten einzuschränken,[818] während Swoboda einen Aufklärungsmangel nur dann für strafrechtsrelevant hält, wenn die Missachtung des Patientenselbstbestimmungsrechts durch den Arzt als verwerflich anzusehen ist.[819]
b) Eigener Vorschlag
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An diese Diskussion anknüpfend sei hier[820] folgende Lösung skizziert:
aa) Rechtsgutsbezug der Einwilligung
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Eine – allerdings für sich allein noch nicht hinreichende – Einschränkung bietet der auch sonst im Bereich von Willensmängeln bei der Einwilligung vertretene, wenngleich keineswegs unumstrittene, rechtsgutsbezogene[821] Ansatz: Dem Patienten muss nur die hinreichende Einsicht darüber vermittelt werden, was während des Eingriffs mit seinem Körper geschieht (also bspw. Körperöffnung durch Operationsschnitt), wozu auch die mit dem Eingriff direkt verbundenen Risiken (bspw. Verletzung nahe gelegener Blutgefäße) zählen.[822] Ferner besteht eine rechtsgutsbezogene Aufklärungspflicht darüber, welche unmittelbaren körperlichen Auswirkungen dieser Eingriff entweder sicher (z.B. Organentfernung bzw. Amputation) oder möglicherweise (etwa Risiko einer Lähmung) nachsichzieht. Aufklärungsmängel hingegen, die sich auf mögliche Spätfolgen, also auf die über die durch den Eingriff als solchen bewirkten körperlichen Veränderungen hinausgehenden körperbezogenen Folgen des Eingriffs beziehen (bspw. gewisses Risiko späterer Unfruchtbarkeit nach einem Schwangerschaftsabbruch[823]), also in der Diktion Merkels[824] auf nichtverletzende Nebenumstände, sind von vornherein nicht geeignet, eine wirksame (rechtsgutsbezogene!) Einwilligung des Patienten in Frage zu stellen. Entsprechendes gilt für eine fehlerhafte Diagnose-[825] und Alternativenaufklärung[826] sowie für eine verspätete Aufklärung,[827] sofern dem Patienten noch hinreichend verdeutlicht werden konnte, worauf er sich körper- und gesundheitsbezogen einlässt. Die in diesen Fällen vorliegende Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten kann über das zivilrechtliche Schadensersatzrecht ausgeglichen werden, einen Anwendungsfall des Körperverletzungstatbestandes von § 223 StGB stellt sie nicht dar.[828] Entsprechendes gilt erst recht für sonstige, von vornherein nicht körperbezogene Aufklärungsfehler, wie sie dem Arzt etwa im Zusammenhang mit der wirtschaftlichen Aufklärung unterlaufen mögen,[829] sowie selbstredend für die im Rahmen zivilrechtlicher Beweiswürdigung (§ 630h Abs. 3 BGB) relevanten Dokumentationsverstöße.[830]
bb) Arglistige Täuschung
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In den Fällen, in denen der behandelnde Arzt seinen Patienten arglistig über den eigentlichen Eingriffszweck getäuscht hat – dies war etwa im Bandscheiben- bzw. Bohrerspitzen-Fall[831] gegeben – gelten die Regeln, die allgemein für entsprechende Fälle eines auf arglistiger Täuschung beruhenden Willensmangels des Einwilligenden Anwendung finden:[832] Die Täuschung ist dann von Belang, wenn sie zu einer rechtsgutsbezogenen Fehlvorstellung des Patienten führt (bspw. bei der Täuschung des Patienten darüber, dass Körperteile entfernt werden sollen). Dies war im Bohrerspitzen-Fall nicht gegeben: Der Patient wusste, dass seine Schulterkapsel geöffnet werden sollte.[833] Zusätzlich wird man in derartigen Fällen eine unwirksame Einwilligung aber auch dann anzunehmen haben,[834] wenn zwar nicht der Irrtum als solcher rechtsgutsbezogen ist, durch die arglistige Täuschung für den Einwilligenden aber eine Situation rechtsgutsbezogener Unfreiheit geschaffen wird, die, wäre sie durch eine entsprechende Drohung herbeigeführt worden, eine wirksame Einwilligung gleichfalls ausschließen würde. Dies würde bspw. bei der Einwilligung einer Mutter in eine angeblich für ihr lebensgefährlich erkranktes Kind (in Wahrheit aber für einen Dritten) dringend benötigte Blutspende zu gelten haben oder bei der ärztlichen Vorspiegelung, eine in Wahrheit zur Behebung eines (verschwiegenen) Fehlers bei der Erstoperation (abgebrochene Bohrer-Spitze) indizierte Operation sei unerlässlich, da andernfalls wegen körperbedingter postoperativer Komplikationen eine Lähmung des Schultergelenkes drohe.
cc) Gravierender Aufklärungsmangel
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Dieses Kriterium hinreichenden Rechtsgutsbezugs kann aber nur ein erster, für sich allein genommen noch nicht genügender Filter sein. Gerade bei der Risikoaufklärung[835] besteht rechtliche Ungewissheit über deren gebotene Reichweite. Dies ist im Grunde unvermeidlich, da hierbei auf die spezielle Situation des Patienten abzustellen ist.[836] Deshalb sollte der erste Filter (hinreichender Rechtsgutsbezug der Aufklärungspflichtverletzung) durch das Erfordernis eines besonders gravierenden Aufklärungsmangels ergänzt werden.[837] Ein derartiger Aufklärungsmangel sollte entsprechend den Kriterien bestimmt werden, die die zivilrechtliche Judikatur zum „groben Behandlungsfehler“ (Rn. 117) entwickelt hat. Hiermit wäre auch ein gewisser Anschluss zur strafrechtswissenschaftlichen Diskussion[838] um eine angemessene Reduzierung ärztlicher Sorgfaltspflichten in Bezug auf Behandlungsfehler[839] hergestellt. – Die gebotene, einengende Konturierung des – angesichts überbordender zivilrechtlicher Judikatur kaum noch handlungsleitend wirkenden – Umfangs der Risikoaufklärung sollte anhand des Leitmaßstabs einer (erweiterten) Grundaufklärung erfolgen.[840] Strafrechtsrelevant sind dann nur Verstöße gegen das Aufklärungsgebot über die statistisch häufigsten Risiken sowie hinsichtlich der für den jeweiligen Patienten schwerstmöglichen Beeinträchtigungen (wie etwa die einer Fingerlähmung bei einem Pianisten), aber auch nur dann, wenn dem Arzt in Bezug auf die unterlassene Aufklärung eine schwere Nachlässigkeit unterlief, er mithin dasjenige unbeachtet ließ, was jedem verständigen Arzt als aufklärungsrelevant eingeleuchtet hätte. – Schließlich sollte zum Schutze des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ein grober Aufklärungsfehler auch dann angenommen werden, wenn der Arzt seinem Patienten auf dessen ausdrückliches, weiter ausgreifendes Nachfragen zum Eingriffsrisiko eine eindeutig unzureichende Antwort erteilt.[841]
IV. Risiko-Einwilligung
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Möglicherweise kann ein über die hiermit verbundenen Risiken informierter Patient den Arzt von der Befolgung eines in der ärztlichen Praxis für richtig und erforderlich angesehenen Verhaltens[842] entpflichten (sei es in Fällen fehlender Indikation, sei es bei der Unterschreitung des in persönlicher und sächlicher Hinsicht gebotenen Behandlungsstandards). Für diese Fälle bleibt zu klären, ob der Arzt durch eine Einwilligung des Patienten in eine risikoträchtige Behandlung von strafrechtlicher Verantwortlichkeit (§§ 229, 222 StGB) jedenfalls dann entlastet werden kann,[843] wenn er den Patienten sowohl über die dem medizinischen Standard nicht entsprechende Behandlung als auch über Möglichkeiten, eine standardgemäße Behandlung ggf. andernorts zu erhalten, hinreichend informiert hat.
1. Bewusst eingegangene Risikosituation
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Für die Beantwortung der Frage, wem die unerwünscht eingetretenen Folgen zuzurechnen sind, die aus einer sowohl vom Täter als auch Opfer bewusst eingegangenen Risikosituation resultieren,[844] gilt folgender Ausgangspunkt:[845] Von der Einwilligung als Zustimmung in die Verletzung des geschützten Rechtsgutsobjektes ist die Einwilligung in dessen bloße Gefährdung (Risiko-Einwilligung) zu unterscheiden. Bei letzterer ist der Rechtsgutsinhaber in Kenntnis der seinem Rechtsgut möglicherweise erwachsenden Gefahren mit der Vornahme von riskanten Handlungen eines anderen einverstanden. Hierbei handelt er in der Erwartung, dass diese Gefahr sich schon nicht realisieren werde; auf die Arzt-Patienten-Konstellation bezogen: Kenntnis des Patienten, dass bspw. der Arzt ihm lediglich eine den gebotenen Standard unterschreitende Behandlung angedeihen lassen wird, wobei der Patient allerdings optimistisch davon ausgeht, dass er zwar ein Risiko eingeht, hierdurch sein Gesundheitszustand sich aber letztlich nicht verschlechtern wird bzw. sogar Heilung oder Linderung seines Leidens eintreten werden. Diese Risiko-Einwilligung hat mit der Einwilligung (als Rechtfertigungs- oder Tatbestandsausschlussgrund[846]) gemeinsam, dass in beiden Fällen der Inhaber des betroffenen Rechtsgutes von seinem Selbstbestimmungsrecht Gebrauch macht: Darf er dieses von Dritten verletzen lassen, so ist es ihm auch gestattet, sein Rechtsgut einer bloßen Gefährdung auszusetzen. Diese Gemeinsamkeit rechtfertigt es aber nicht, die Fälle bewusst eingegangener Gefährdungen dem Bereich der Einwilligung zuzuschlagen: Ein Ausschluss des Unrechts bei Erfolgsdelikten setzt voraus, dass neben der Aufhebung des Handlungsunrechts (hier: infolge Zustimmung des Patienten zur standardunterschreitenden ärztlichen Behandlung) auch das Erfolgsunrecht (vorliegend: die Verschlechterung des Gesundheitszustandes oder gar Tod des Patienten) durch eine hierauf bezogene Einwilligung aufgehoben wird.[847] Würde man demgegenüber bei Fahrlässigkeitsdelikten die Einwilligung allein auf die (möglicherweise) sorgfaltswidrige Täterhandlung beziehen und eine Einwilligung in den Erfolg für entbehrlich halten,[848] so liefe das auf eine Übergewichtung des Handlungsunrechts zu Lasten des Erfolgsunrechts hinaus. Hierbei würde die Bedeutung außer Acht gelassen, die das Strafrecht als Rechtsgüter-Schutzrecht sowohl dem Erfolgseintritt[849] als auch der Schwere des bewirkten Erfolges[850] zumisst. Auch wäre es alles andere als überzeugend, in Fällen, in denen vom Betroffenen für eigene Rechtsgüter bewusst Risiken eingegangen werden, anzunehmen, eine derartige Einwilligung würde sich nicht nur auf die pflichtwidrige Täterhandlung, sondern darüber hinaus auf die dann eingetretene Rechtsgutsverletzung beziehen.[851] Dies liefe auf eine das Opfer strafschutzlos stellende Fiktion hinaus.[852] Es ist ein ganz wesentlicher Unterschied bei der Disposition über die eigenen Rechtsgüter, ob der Rechtsgutsinhaber nur mit einem der Täterhandlung immanenten Risiko einverstanden ist oder ob er nicht nur das Risiko, sondern auch den damit etwa verbundenen Erfolg in Kauf nimmt.[853]
2. Willentliche Rechtsgutspreisgabe
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Von einer derart erfolgsbezogenen Einwilligung kann man aber nur dann sprechen, wenn der Einwilligende bewusst auch mit der Rechtsgutseinbuße einverstanden ist,[854] der Patient mithin einer gesundheitsschädigenden Behandlungsfolge zugestimmt hat. Es ist also spiegelbildlich an die Abgrenzung des dolus eventualis von der bewussten Fahrlässigkeit[855] anzuknüpfen. Hiermit stellen sich dortige Zweifelsfragen auch bei der Feststellung „bedingt vorsätzlicher“ Rechtsgutspreisgabe als Mindestanforderung an die subjektive Seite einer Einwilligung. Auf der Basis der für das Handlungsunrecht beim Vorsatzdelikt vertretenen herrschenden Auffassung kann bei der Einwilligung ein hinreichender Konsens des Rechtsgutsinhabers dann angenommen werden, wenn er den Erfolgseintritt für möglich hielt und ihn billigend in Kauf nahm bzw. ihm der Erfolgseintritt zumindest gleichgültig[856] war. Allerdings hat der Bundesgerichtshof in Bezug auf die Feststellung eines Tötungsvorsatzes mehrfach betont,[857] dass aus der bloßen Kenntnis der Gefährlichkeit der Täterhandlung für fremdes Leben noch nicht ohne weiteres auf die voluntative Seite des bedingten Vorsatzes geschlossen werden dürfe. Dies führt bei sinngemäßer Übertragung auf die innere Vorstellung des Einwilligenden zu einer ganz erheblichen Einschränkung der Reichweite der Einwilligung: Die Gestattung einer mittelbaren Selbstverletzung verlangt spiegelbildlich, dass im Vergleich zum Konsens in eine bloße Fremd-Gefährdung eine höhere Hemmschwelle (hier: des Tat-Opfers) überwunden wird. Angesichts des menschlichen Selbsterhaltungstriebes wird ein derartiger erfolgsbezogener Konsens nur dann anzunehmen sein, wenn dem Opfer die hohe Wahrscheinlichkeit des Erfolgseintritts deutlich vor Augen stand und es auch nach seinem Vorstellungsbild nur von einem rettenden Zufall, auf dessen Eintritt es nicht vertrauen konnte, abhing, ob das Risiko sich verwirklicht. Im Regelfall wird anzunehmen sein, dass das Opfer darauf vertraut, dass die von ihm konsentierte Gefährdung für seine Rechtsgüter folgenlos bleiben wird.[858] Im Falle einer vom Patienten erklärten Risiko-Einwilligung wird ihm infolge der ärztlicherseits gebotenen deutlichen Aufklärung zwar die Möglichkeit einer Beeinträchtigung seiner Rechtsgüter Gesundheit und Leben vor Augen stehen, doch dürfte er im Regelfall die Realisierung des mit der standardunterschreitenden Behandlung verbundenen Risikos keineswegs für wahrscheinlich, sondern gerade durch ärztliche Kunstfertigkeit beherrschbar halten.
3. Anderweitige Lösungsoptionen
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Auch einem Ausschluss objektiver Zurechnung (infolge Gleichstellung von einverständlicher Fremdgefährdung mit strafloser Mitwirkung an einer Selbstgefährdung:[859] Täter und Opfer für das Gefährdungsgeschehen gleichrangig verantwortlich[860]) sollte nicht nähergetreten werden: Dem steht vorliegend im Regelfall die strukturelle Unterlegenheit des Patienten[861] gegenüber dem ihn behandelnden Arzt entgegen.[862] Stattdessen sollte eine Straffreistellung des Arztes über eine Reduzierung der ihn treffenden Sorgfaltspflichten – infolge des Opferkonsenses in die Gefahrschaffung – gesucht werden.[863] Diesen Weg bei Fahrlässigkeitsdelikten als allgemeingültige Lösung zu beschreiten, überzeugt zwar in Konstellationen nicht sonderlich, in denen gesetzlich vorstrukturierte Sorgfaltsanforderungen,[864] die generell ein drittschädliches Verhalten unterbinden sollen, vorliegen und eine Risikoschaffung insoweit abstrakt verboten ist (z.B. im Straßenverkehr durch die StVO). Diese Vorgaben können nicht herabgesetzt oder gar suspendiert werden, nur weil auch das Opfer „gegen sich selbst fahrlässig“ handelt:[865] Auch sonst wird im Strafrecht ein (überwiegendes) Mitverschulden des Opfers erst im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigt. Beim Facharztstandard als Kriterium ärztlicher Sorgfaltswidrigkeit bestehen derartige Vorgaben aber nicht, im Gegenteil: § 630a Abs. 2 BGB gebietet eine Patienten-Behandlung nach Facharztstandard nur, „soweit nicht etwas anderes vereinbart ist“, siehe Rn. 73.[866]