Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 22
IV. Zulässigkeitsvoraussetzungen der Arzneimittelprüfung
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Einen Schwerpunkt der medizinischen Forschung am Menschen bildet die Arzneimittelstudie, die auch als klinische Prüfung bezeichnet wird.[117] Die Legaldefinition des § 4 Abs. 23 S. 1 AMG versteht unter der klinischen Prüfung „jede am Menschen durchgeführte Untersuchung, die dazu bestimmt ist, klinische oder pharmakologische Wirkungen von Arzneimitteln zu erforschen oder nachzuweisen oder Nebenwirkungen festzustellen oder die Resorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Ausscheidung zu untersuchen, mit dem Ziel, sich von der Unbedenklichkeit oder Wirksamkeit der Arzneimittel zu überzeugen“. Die VO (EU) Nr. 536/2014 differenziert demgegenüber zwischen klinischer Prüfung und klinischer Studie. Nach Art. 2 Abs. 2 Nr. 1 ist unter einer klinischen Studie jede am Menschen durchgeführte Untersuchung zu verstehen, die dazu bestimmt ist,
a) | die klinischen, pharmakologischen oder sonstigen pharmakodynamischen Wirkungen eines oder mehrerer Arzneimittel zu erforschen oder zu bestätigen, |
b) | jegliche Nebenwirkungen eines oder mehrerer Arzneimittel festzustellen |
c) | oder die Absorption, die Verteilung, den Stoffwechsel oder die Ausscheidung eines oder mehrerer Arzneimittel zu untersuchen, |
mit dem Ziel, die Sicherheit und/oder Wirksamkeit dieser Arzneimittel festzustellen. Hingegen liegt eine klinische Prüfung gemäß Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 bei einer klinischen Studie vor, die mindestens eine der folgenden Bedingungen erfüllt:
a) | Der Prüfungsteilnehmer wird vorab einer bestimmten Behandlungsstrategie zugewiesen, die nicht der normalen klinischen Praxis des betroffenen Mitgliedstaats entspricht; |
b) | die Entscheidung, die Prüfpräparate zu verschreiben, wird zusammen mit der Entscheidung getroffen, den Prüfungsteilnehmer in die klinische Studie aufzunehmen, oder |
c) | an den Prüfungsteilnehmern werden diagnostische oder Überwachungsverfahren angewendet, die über die normale klinische Praxis hinausgehen. |
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Die Schaffung dieses zweistufigen Systems, bei dem die klinische Studie den Oberbegriff bildet, der neben der hier interessierenden klinischen Prüfung auch die nichtinterventionelle Studie umfasst (vgl. Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung; dazu Rn. 49), soll der begrifflichen Präzisierung und der Anpassung an internationale Leitlinien und das Unionsrecht für Arzneimittel dienen.[118] § 4 Abs. 23 S. 1 AMG n.F. verweist zur Definition der klinischen Prüfung zukünftig unmittelbar auf Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 der VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln.
1. Phasen einer klinischen Prüfung
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Der klinischen Prüfung eines Arzneimittels vorgelagert ist das sog. Screening. Dieses umfasst die Wirkstoffsuche in verschiedenen Präparaten, die im weiteren Verlauf in der präklinischen Phase an Tieren bzw. in zunehmendem Maße auch in vitro an aus Stammzellen abgeleiteten Zellen getestet werden.[119] Die Anforderungen an die Durchführung von Tierversuchen sind dabei insbesondere in den §§ 7 ff. TierSchG sowie in der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt.[120] Die präklinische Phase dauert in der Regel ca. 4–6 Jahre.[121] Hat sich der erprobte Wirkstoff als erfolgversprechend erwiesen, so schließt sich an die präklinische Phase die klinische Prüfung an.[122] Die klinische Prüfung ist in vier Phasen unterteilt, die sich vom ersten Versuch am Menschen über die Anwendung in umfangreicheren Patientengruppen bis hin zur fortdauernden Kontrolle nach erfolgter Zulassung erstrecken.[123] Auch bei planmäßig vor der Hauptstudie durchgeführten Pilotstudien handelt es sich um klinische Prüfungen i.S.d. § 4 Abs. 23 S. 1 AMG; sie unterfallen daher ebenfalls den Anforderungen der §§ 40 ff. AMG.[124]
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Bei der Phase I handelt es sich um ein kontrolliertes wissenschaftliches Experiment, da die Durchführung der Gesundheit des Probanden nicht in unmittelbarer Weise nutzt.[125] In dieser Phase werden durch die Erprobung an einer geringen Anzahl i.d.R. männlicher[126] Probanden Informationen zur Verträglichkeit der Prüfsubstanz, zu ihrer Pharmakokinetik und Pharmakodynamik gewonnen.[127] Bei einigen Substanzen wie z.B. Chemotherapeutika, die aufgrund ihrer potenziellen Wirkung bzw. gravierenden Nebenwirkungen nicht an gesunden Probanden getestet werden können, muss bereits in der ersten Phase auf erkrankte Personen zurückgegriffen werden.[128]
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In der Phase II werden erstmals an einer Anzahl von ca. 100 bis 500 einschlägig erkrankten Probanden die Wirkungen des Arzneimittels auf die definierten Krankheitssymptome getestet, um seine therapeutische Wirksamkeit im geplanten Indikationsbereich nachzuweisen und etwaige Neben- bzw. Wechselwirkungen und Begleiterscheinungen festzustellen.[129] Zur Sicherstellung der Validität der Ergebnisse wird in Phase II üblicherweise eine Randomisierung vorgenommen. Dabei werden die Probanden nach einem auf dem Zufallsprinzip beruhenden mathematischen Auswahlverfahren in zwei Gruppen aufgeteilt (sog. Randomised Controlled Trial, RCT).[130] Die erste Gruppe (die sog. Verum- oder Testgruppe) erhält das in der Erprobung befindliche Arzneimittel, bei der zweiten (der sog. Kontrollgruppe) wird die Standardtherapie[131] angewandt oder ausnahmsweise ein Placebo verabreicht.[132] Dabei wirft die Placebogabe aufgrund ihres fehlenden Nutzens für den erkrankten Patienten intrikate rechtliche und medizinethische Fragen auf.[133] Unzulässig sind entsprechende Studien, wenn sie die Heilungschancen der Probanden verringern. Die Probanden dürfen durch den Verzicht auf das Verum keinen Schaden erleiden.[134] Probleme zeitigt der Einsatz von Placebos darüber hinaus im Hinblick auf die Aufklärung der Studienteilnehmer, da eine vollständige Offenlegung den (erwünschten) Placeboeffekt nivellieren würde (siehe dazu auch Rn. 66).[135] Um einer systematischen Verzerrung der Prüfungsergebnisse durch Autosuggestion und subjektive Eindrücke vorzubeugen, werden Arzneimittelstudien – mit Einwilligung der entsprechend aufgeklärten Probanden[136] – in Form sog. (Doppel-)Blindversuche durchgeführt. Beim einfachen Blindversuch weiß lediglich der Arzt, ob der Proband der Kontrollgruppe oder der Verumgruppe angehört. Der Doppelblindversuch zeichnet sich dadurch aus, dass auch der Arzt nicht über die Information verfügt, ob sich der Proband in der Verumgruppe oder in der Kontrollgruppe befindet.[137] Auf diesem Wege soll eine Beeinflussung des Probanden durch den Arzt vermieden werden, der im Falle der Kenntnis unbewusst optimistische oder pessimistische Signale aussenden könnte.[138] Möglich ist schließlich auch das sog. Cross over-Verfahren, bei dem die Zuordnung der Probandengruppe in regelmäßigen Zeitabständen wechselt.[139] Die letztgenannten Verfahren geben Anlass zur Frage, ob das Selbstbestimmungsrecht durch den Studienteilnehmer angemessen ausgeübt werden kann, wenn er nicht weiß, ob er das Verum erhalten wird oder nicht.[140]
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Die Phase III dient der Überprüfung der Testergebnisse aus Phase II. Dazu wird die Prüfung an einer großen Probandenzahl, die bis zu mehreren tausend Personen umfassen kann, fortgesetzt. Phase III erfolgt meist multizentrisch, also zeitgleich an unterschiedlichen Kliniken nach einem einheitlichen Versuchsplan; daneben können auch die Praxen niedergelassener Ärzte einbezogen werden.[141]
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Durch die Phase III werden die Voraussetzungen für den Zulassungsantrag geschaffen, mit welchem dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als der zuständigen Bundesoberbehörde (§ 77 Abs. 1 AMG) die in § 22 AMG aufgeführten Zulassungsunterlagen vorzulegen sind.[142] Im Falle eines positiven Bescheids folgt auf die Zulassung die Phase IV, die der Überwachung des Arzneimittels dient. Im Fokus dieser auf den Gedanken der Verkehrssicherungspflicht[143] zurückzuführenden Überwachung stehen unerwünschte Arzneimittelneben- oder -wechselwirkungen; darüber hinaus sollen offene Fragen bezüglich der Dosierung oder Applikationsform geklärt werden. Langzeiterfahrungen ermöglichen weitere Erkenntnisse hinsichtlich der therapeutischen Effekte und der gesundheitlichen Risiken.[144] Bisweilen werden in Phase IV auch Therapieoptimierungsstudien durchgeführt, die der Verbesserung therapeutischer Strategien durch Hochdosierung des Arzneimittels, neue Arzneimittelkombinationen oder modifizierte Anwendungsschemata dienen.[145] Da auch die Phase IV als Teil der klinischen Prüfung gilt, sind die in den §§ 40 ff. AMG normierten Vorschriften zum Probandenschutz weiterhin zu beachten.[146] Anders ist dies bei Anwendungsbeobachtungen, für die nach § 67 Abs. 6 S. 1 AMG lediglich eine Anzeigepflicht besteht.[147]
2. Rechtliche Rahmenbedingungen nach dem AMG und der VO (EU) Nr. 536/2014
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Bei der Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung klinischer Prüfungen wird neben den einschlägigen Vorschriften der §§ 40 ff. AMG zukünftig auch die VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln zu berücksichtigen sein. Da die durch die Verordnung veranlassten Änderungen im nationalen Recht bereits durch das 4. AMG-ÄndG vorgenommen wurden, ihr Inkrafttreten jedoch teilweise bis zur Geltungserlangung der Verordnung aufgeschoben wurde (Rn. 13), geht die nachfolgende Darstellung auf beide Rechtsregime ein. Bereits verabschiedete aber noch nicht in Kraft getretene Vorschriften des AMG werden durch den Zusatz „n.F.“ gekennzeichnet.
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Damit der sachliche Anwendungsbereich der §§ 40 ff. AMG eröffnet ist, muss es sich bei dem Prüfpräparat zunächst um ein Arzneimittel i.S.v. § 2 AMG handeln.[148] In Abgrenzung zum Heilversuch muss die Erprobung des Prüfpräparates (auch oder ausschließlich) der Gewinnung verallgemeinerungsfähiger Erkenntnisse in Bezug auf dessen Wirksamkeit und/oder Sicherheit dienen.[149] Gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AMG muss ein Sponsor oder ein Vertreter des Sponsors[150] vorhanden sein, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat (vgl. zukünftig Art. 74 der VO (EU) Nr. 536/2014, § 40a S. 1 Nr. 1 AMG n.F.). Als Sponsoren kommen gemäß § 4 Abs. 24 AMG natürliche oder juristische Personen in Betracht, welche die Verantwortung für die Veranlassung, Organisation und Finanzierung einer klinischen Prüfung bei Menschen übernehmen (vgl. zukünftig § 4 Abs. 24 AMG n.F. i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Nr. 14 VO (EU) Nr. 536/2014). Dabei verbleibt die Gesamtverantwortung auch dann beim Sponsor, wenn dieser die Durchführung der Studie auf ein privates Forschungsunternehmen (sog. Contract Research Organization) überträgt.[151] Während in Deutschland bislang das Prinzip des einheitlichen Sponsors gilt,[152] erlaubt Art. 72 der VO (EU) Nr. 536/2014 in Zukunft das sog. Co-Sponsoring.[153]
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Die klinische Prüfung muss darüber hinaus gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 AMG in einer geeigneten Einrichtung[154] von einem angemessen qualifizierten Prüfer verantwortlich durchgeführt und von einem Prüfer mit mindestens zweijähriger Erfahrung in der klinischen Prüfung von Arzneimitteln geleitet werden. Nach § 4 Abs. 25 S. 1 AMG soll es sich bei dem Prüfer in der Regel um einen Arzt handeln; in begründeten Ausnahmefällen kommt jedoch auch eine andere Person, deren Beruf auf Grund seiner wissenschaftlichen Anforderungen und der seine Ausübung voraussetzenden Erfahrungen in der Patientenbetreuung für die Durchführung von Forschungen am Menschen qualifiziert, als Prüfer in Betracht.[155] Die VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln enthält in Art. 49 Abs. 1 eine entsprechende Formulierung und bringt daher wohl keine Veränderung bei den Anforderungen an die Qualifikation des Prüfers mit sich; sie führt allerdings in Art. 2 Abs. 2 Nr. 16 den sog. Hauptprüfer wieder ein, auf den im nationalen Kontext erst im Jahr 2012 verzichtet worden war.[156] Zu den Anforderungen an die Prüfeinrichtung vgl. zukünftig § 40a S. 1 Nr. 5 AMG n.F., Art. 50 i.V.m. Anhang I Nr. 67 VO (EU) Nr. 536/2014.
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Gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 AMG darf die klinische Prüfung vom Sponsor nur begonnen werden, wenn die zuständige Ethikkommission diese nach Maßgabe des § 42 Abs. 1 AMG zustimmend bewertet[157] und die zuständige Bundesoberbehörde (§ 77 AMG) diese entsprechend § 42 Abs. 2 AMG genehmigt hat. Mit Rücksicht auf die lange Verfahrensdauer wird von einer Anfechtung der Bewertung der Ethikkommission oder der Entscheidung der Bundesoberbehörde abgeraten und stattdessen vorgeschlagen, auf einen Kompromiss hinzuwirken oder den Antrag nach Rücknahme in modifizierter Form erneut einzureichen.[158] Eine gewisse Entlastung könnten insofern die in der VO (EU) Nr. 536/2014 vorgesehenen strengen und knappen Fristen mit sich bringen, die vor allem die Ethikkommissionen unter einen erheblichen Handlungsdruck setzen dürften.[159] Als wesentliche Neuerung bringt die Implementierung der Verordnung eine Zusammenführung der bislang getrennten Verfahren bei Ethikkommission und Bundesoberbehörde zu einem nationalen Genehmigungsverfahren unter Federführung der Bundesoberbehörde mit sich (vgl. im Einzelnen § 40 AMG n.F.).[160] Soll eine klinische Prüfung in mehreren Mitgliedstaaten der EU durchgeführt werden, so übernimmt ein Mitgliedstaat auf Vorschlag des Sponsors (Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 der VO (EU) Nr. 536/2014) als sog. berichterstattender Mitgliedstaat die Rolle des Koordinators zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten.[161]
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Wie beim Heilversuch muss auch bei der klinischen Prüfung eine positive Risiko-Nutzen-Bewertung und eine wirksame Einwilligung des ordnungsgemäß aufgeklärten Probanden vorliegen (§ 40 Abs. 1 S. 3 Nrn. 2, 2a, 3 AMG bzw. zukünftig Art. 28 Abs. 1 lit. a–c der VO (EU) Nr. 536/2014). Im Rahmen der Aufklärung ist der Proband über Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung sowie über sein Recht zu informieren, die Teilnahme jederzeit zu beenden (§ 40 Abs. 2 S. 1 AMG bzw. Art. 29 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 536/2014). Die Aufklärung soll den Probanden zu einer eigenständigen Risikoeinschätzung befähigen; sie muss daher insbesondere auf den Charakter als Forschungseingriff und die damit verbundenen besonderen (unter Umständen noch unbekannten) Risiken eingehen.[162] Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung zur umfassenden datenschutzrechtlichen Aufklärung des Teilnehmers (§ 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 3c, Abs. 2a AMG bzw. § 40b Abs. 6 AMG n.F.).[163] Der Aufklärung kommt nach dem Inkrafttreten der VO (EU) Nr. 536/2014 gesteigerte Bedeutung zu, da der Widerruf der Einwilligung in die Datenverarbeitung gemäß Art. 28 Abs. 3 S. 2 der Verordnung nur ex nunc wirkt und deshalb die zuvor gewonnenen Daten entsprechend verwendet werden können.[164] Besondere Relevanz besitzt außerdem die Freiwilligkeit der Studienteilnahme, die nach Auffassung des Gesetzgebers bei Personen, die aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind, von vornherein nicht gewährleistet werden kann, weshalb § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AMG die Durchführung klinischer Prüfungen mit dieser Personengruppe ausschließt (vgl. zukünftig § 40a S. 1 Nr. 2 AMG n.F.).[165]
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Gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 8 AMG ist vor der Durchführung der Studie eine Probandenversicherung abzuschließen, die den Vorgaben des § 40 Abs. 3 AMG entsprechen muss (vgl. zukünftig § 40a S. 1 Nr. 3 AMG n.F.). Sie leistet in den Fällen, in denen keine anderweitige Versicherung für einen aus der Studienteilnahme resultierenden Schaden eintritt.[166]
V. Besonderheiten bei nichtinterventionellen Studien
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Nichtinterventionelle Studien sind epidemiologische Untersuchungen, welche nicht aktiv in die Behandlung oder Diagnostik eingreifen, sondern Ergebnisse von therapeutischen oder diagnostischen Maßnahmen im Wege der Beobachtung der üblichen ärztlichen Behandlungspraxis auswerten.[167] Zu den nichtinterventionellen Studien zählen insbesondere die bislang (vgl. Rn. 49) in § 4 Abs. 23 S. 3 AMG definierten nichtinterventionellen Prüfungen, etwa in Form sog. Anwendungsbeobachtungen (§ 67 AMG);[168] darüber hinaus kann etwa auch die Unbedenklichkeitsprüfung (sog. Post-Authorisation Safety Study = PASS) nach § 4 Abs. 34 AMG in Form einer nichtinterventionellen Studie durchgeführt werden (vgl. §§ 63f und 63g AMG).[169]
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Anwendungsbeobachtungen dienen der Klärung von Fragen zu Anwendungsmodalitäten von Arzneimitteln, der Erhebung von Informationen zur Arzneimittelsicherheit (etwa durch Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen) und der Gewinnung von Rückschlüssen auf einzelne Aspekte des Therapieverlaufs.[170] Gemäß § 67 Abs. 6 S. 1 AMG sind sie unverzüglich der zuständigen Bundesoberbehörde, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. anzuzeigen.[171] Als nicht-klinische Studien folgen Anwendungsbeobachtungen nicht einem detaillierten Prüfplan; sie werden jedoch i.d.R. durch einen sog. Beobachtungs- und Auswertungsplan strukturiert.[172] Im Anschluss an die Studie ist der zuständigen Bundesoberbehörde gemäß § 67 Abs. 6 S. 7 AMG binnen eines Jahres ein Abschlussbericht zu übermitteln. Anwendungsbeobachtungen gelten als Einfallstor für eine unlautere Einflussnahme auf das Verschreibungsverhalten von Ärzten; § 67 Abs. 6 S. 4 AMG schreibt daher vor, dass Entschädigungen, die an Ärzte für ihre Beteiligung an entsprechenden Untersuchungen geleistet werden, nach ihrer Art und Höhe so zu bemessen sind, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht.[173] Steht der Entschädigung keine erkennbare ärztliche Gegenleistung gegenüber oder übersteigt die Entschädigung den von dem Arzt geleisteten Aufwand deutlich, so soll dies nach dem Willen des Gesetzgebers[174] als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung i.S.d. Vorschriften über die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b StGB) zu werten sein (siehe dazu auch noch Rn. 118).[175]
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Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln grenzt die nichtinterventionelle Studie von der klinischen Prüfung ab (vgl. auch § 4 Abs. 23 S. 2 AMG n.F.) und stellt keinen Bezug zum Zulassungsstatus der zu untersuchenden Arzneimittel her. Daher besteht zukünftig auch die Möglichkeit, nichtinterventionelle Studien mit Medikamenten außerhalb ihres von der Zulassung umfassten Anwendungsbereichs durchzuführen (sog. Off-Label-Use).[176]
VI. Sonderformen der Forschung am Menschen
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Neben der im Zentrum dieses Beitrages stehenden klinischen Prüfung mit Arzneimitteln oder Medizinprodukten existieren weitere Formen der Forschung am Menschen, die als Begleitforschung bei der Durchführung medizinischer Forschungsvorhaben auftreten können. Zu nennen sind in diesem Zusammenhang Studien zu diagnostischen Verfahren, Forschungsprojekte unter Anwendung von radioaktiven Stoffen oder ionisierenden Strahlen (Röntgen, CT, PET) sowie die psychometrische Befragung. Kommen im Rahmen der Forschung radioaktive Stoffe oder ionisierende Strahlen zur Anwendung, so sind neben den allgemeinen Vorschriften die Sondervorschriften des Gesetzes zum Schutz vor der schädlichen Wirkung ionisierender Strahlung (Strahlenschutzgesetz – StrlSchG) vom 27. Juni 2017, das überwiegend am 31. Dezember 2018 in Kraft getreten ist,[177] und der zeitgleich novellierten Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) zu beachten.[178] Nach dem StrlSchG ist die Anwendung radioaktiver Stoffe oder ionisierender Strahlung am Menschen zum Zweck der medizinischen Forschung entweder genehmigungsbedürftig (§ 31 StrlSchG) oder zumindest anzeigepflichtig (§ 32 StrlSchG). Für die Erteilung einer Genehmigung ist gemäß § 185 Abs. 1 Nr. 1 StrlSchG das Bundesamt für Strahlenschutz zuständig; fehlt es an einer solchen Genehmigung, liegt eine Ordnungswidrigkeit i.S.v. § 194 Abs. 1 Nr. 2j StrlSchG vor. Vor dem 31. Dezember 2018 nach §§ 23 Abs. 1, 24 Abs. 1, 2 der StrlSchV a.F. oder nach §§ 28a Abs. 1, 28b Abs. 1, 2 der RöV a.F. erteilte Genehmigungen gelten als Genehmigungen bzw. Anzeigen i.S.d. §§ 31, 32 StrlSchG fort (vgl. § 205 StrlSchG). Neben der naturwissenschaftlichen existiert schließlich auch noch die sozialwissenschaftliche Forschung, auf die hier aus Raumgründen nicht näher eingegangen werden kann. Unzulässig sind wegen ihrer nicht-wissenschaftlichen Zielsetzung sog. Marketingstudien.[179]