Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 32
a) Besitz
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§ 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG sanktioniert das tatsächliche Herrschaftsverhältnis über ein gelistetes Betäubungsmittel, das faktisch die unmittelbare Einwirkung unter Ausschluss Dritter ermöglicht mit einem entsprechenden Herrschaftswillen.[201] Oftmals wird der Tatbestand ungenau als unerlaubter Besitz bezeichnet; weil es sich allerdings nicht um eine erlaubnisfähige Umgangsform handelt bzw. diese in der Erlaubnis, die Betäubungsmittel zu erwerben aufgeht, knüpft § 29 Abs. 1 Nr. 3 BtMG an den Besitz, ohne zugleich im Besitz einer Erwerbserlaubnis zu sein. Praktisch handelt es sich um einen Auffangtatbestand, dogmatisch wird über die Einordnung derartiger Delikte diskutiert. Einem Modell, das den Zustand als solches strafbarkeitsbegründend einordnet,[202] ist aber eine Absage zu erteilen. Stattdessen ist von einem echten Unterlassungsdelikt auszugehen, das die Aufrechterhaltung solch eines Zustandes (Herrschaftsverhältnis über schädliche Substanzen/gefährliche Gegenstände etc.) sanktioniert.[203]
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Ob der Täter Besitz innehat (auf die Eigentumslage kommt es nicht an), beurteilt sich nach den Anschauungen des täglichen Lebens und hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.[204] Diese strafrechtlich-autonome Normativierung nähert den Begriff des Besitzes demjenigen des Gewahrsams an, der ebenfalls sozial-normativ bestimmt wird und bei dem den sachenrechtlichen Besitzverhältnissen allenfalls eine Indizfunktion zukommt. Freilich dürfte bei einem unmittelbaren oder mittelbaren Besitz im zivilrechtlichen Sinn regelmäßig auch der Besitz im betäubungsmittelstrafrechtlichen Sinn zu bejahen sein. Hingegen führt eine Besitzdienerschaft (§ 855 BGB) gerade nicht dazu, dass auch bei der betäubungsmittelstrafrechtlichen Betrachtung stets zu fingieren wäre, dieser hätte keinen Besitz; vielmehr bleibt es bei einer einzelfallbezogenen Betrachtung, wobei eine ganz kurze Hilfstätigkeit eines Besitzdieners auch gegen einen Besitz sprechen kann;[205] weitestgehend überschneiden dürfte sich dagegen der Begriff mit demjenigen der Verfügungsgewalt. Restriktionserfordernisse können sich in den Fällen der fürsorglichen Ansichnahme von Betäubungsmitteln ergeben oder in Konstellationen, in denen der Täter die Herrschaft nur äußerst kurzfristig innehat, um sich der Drogen alsbald zu entledigen. In beiden Konstellationen ist stets ein genauerer Blick auf den subjektiven Herrschaftswillen zu werfen.[206] Entsprechend führt das BayObLG in einer neueren Entscheidung aus, dass eine Sachherrschaft, welche sich auf keine nennenswerte Dauer erstreckt, auch nicht erstrecken soll, und zugunsten eines anderen in dessen Beisein ausgeübt wird, nicht unter den Besitz i.S.d. § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 BtMG subsumiert werden kann.[207]
b) Abgabe und Veräußern
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Abgabe bedeutet Übertragung der Verfügungsgewalt;[208] erfolgt diese entgeltlich, liegt ein Veräußern vor. Tatsächliche Verfügungsgewalt setzt kein Eigentum voraus; der Abgebende muss allerdings die Herrschaft über das Betäubungsmittel innehaben: Die noch ausstehende Beschaffung der Droge, um sie im Anschluss abzugeben, stellt noch nicht einmal eine strafbare Versuchshandlung dar. Insoweit handelt es sich bei der unerlaubten Abgabe um ein Sonderdelikt, da sie unmittelbar an die Verfügungsmacht über Drogen knüpft. Einem Kurier fehlt es im Regelfall an der Verfügungsgewalt, was auch zur Ablehnung eines Besitzes führen muss. Dies gilt jedenfalls in Fällen, in denen der Kurier keinen Zugriff auf die Drogen hat, unter ständiger Beobachtung steht oder die Zeitspanne des Zugriffs äußerst kurz ist, er also als einfacher Bote oder Besitzdiener fungiert.[209]
c) Sonstiges Inverkehrbringen
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Als im Nebenstrafrecht ubiquitäres Auffangdelikt erfasst das sonstige Inverkehrbringen alle sonstigen Formen der Übertragung der Verfügungsmacht (anders als im Arzneimittelstrafrecht, wo der Begriff mittels Legaldefinition abschließend gefasst ist und nicht alle Formen des Verfügungswechsels erfasst): Unter das sonstige Inverkehrbringen fällt somit jedes gleich wie geartete Eröffnen der Möglichkeit, dass ein anderer die tatsächliche Verfügung über das Rauschgift erlangt.[210] Die Tathandlung kann durch ein aktives Tun (Unterschieben, Dereliktion, man denke an das pflichtwidrige Entsorgen von Drogen), aber auch durch Unterlassen begangen werden. So kommt dem Tatbestand vornehmlich im legalen Verkehr, dort in Form eines fahrlässigen Umgangs mit Betäubungsmitteln, eine bedeutsame Rolle zu. Der Inhaber der tatsächlichen Verfügungsgewalt (Arzt/Apotheker) hat die in seinem Herrschaftsbereich befindlichen Betäubungsmittel bzw. Medikamente so zu sichern und zu überwachen, dass andere Personen oder andere Rechtsgüter nicht in Gefahr geraten, vgl. auch § 15 BtMG.[211]
d) Überlassen und Verabreichen
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Die unmittelbar vor dem Konsum von Betäubungsmitteln liegenden Tathandlungen des Verabreichens und Überlassens unmittelbar zum Verbrauch sind – weil § 3 BtMG an die Existenz der Droge knüpft – nicht erlaubnisfähig. Dementsprechend bezieht sich die Sanktionsnorm auf eine Vorschrift, die sich primär an den erlaubten Betäubungsmittelverkehr (der medizinischen Versorgung mit Betäubungsmitteln nach § 13 BtMG) und damit an Ärzte und Apotheker richtet (hierzu noch Rn. 87). Die legalisierenden Voraussetzungen kann dementsprechend auch nur ein Arzt (im Fall des § 13 Abs. 2 BtMG ein Apotheker) erfüllen, sodass die Verbrauchsüberlassung durch einen Nichtarzt stets den objektiven Tatbestand erfüllt; in Anbetracht des Umstands, dass die Qualifikationstatbestände der §§ 29a ff. BtMG nicht durchweg gleichermaßen an die Abgabe und Verbrauchsüberlassung knüpfen (vgl. § 29a Abs. 1 Nr. 1 einerseits, Nr. 2 BtMG andererseits), ist in jedem Einzelfall zu überprüfen, ob der Täter noch die Verfügungsmacht behalten oder aufgegeben hat. Verabreichen ist die unmittelbare Anwendung des Betäubungsmittels am Körper des Empfängers (Injizieren, Einreiben, Einsprayen),[212] es handelt sich insofern um eine konkretisierte Körperverletzungshandlung.[213] Zum unmittelbaren Verbrauch überlässt der Täter dann, wenn er die Drogen einem anderen zum sofortigen Verbrauch an Ort und Stelle aushändigt, ohne dem Konsumierenden die Sachherrschaft an dem Stoff zu überlassen.[214] Dies gilt in Fällen, in denen der Konsumwillige das auf einem Autospiegel dargebotene Kokain selbst abteilen darf,[215] Heroin in verbrauchsgerechter Portionierung ausgehändigt bekommt etc.[216]
e) Erwerb und Sichverschaffen
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Spiegelbildlich zur Abgabe versteht die h.M. unter Erwerb die Erlangung der tatsächlichen Macht zur freien Verfügung über das Betäubungsmittel im Einverständnis mit dem zuvor Verfügungsberechtigten unabhängig vom Zweck des Erwerbs. Der Erwerb kann an ein entgeltliches Rechtsgeschäft knüpfen, mithin unterscheidet das Gesetz bei potentiellen Konsumenten nicht mehr zwischen der „Grundlage“ des Verfügungswechsels (Kauf, Schenkung, Tausch) bzw. dessen Zweck (auch die fürsorgliche Wegnahme von Drogen durch ein Elternteil fällt unter den Erwerb, zu denken ist aber in derartigen Fällen an einen Tatbestandsausschluss nach dem Prinzip der Risikoverringerung bzw. an eine Rechtfertigung nach § 34 StGB[217]), sondern nur hinsichtlich des Einvernehmens bzgl. der Verfügungsmachtübertragung. Liegt diese nicht vor – so etwa beim „Diebstahl“ von Drogen – kommt ein Sich-Verschaffen in Betracht, welche als Auffangmodalität (sozusagen als Pendant zum Inverkehrbringen, Rn. 83) jede sonstige Form der Erlangung von Verfügungsmacht über Drogen erfasst.[218]
f) Strafloser Konsum
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Hat der Konsument keine Verfügungsmacht erlangt (was bei gemeinsamen Konsumrunden oder Partys denkbar ist), kann der Konsument für den bloßen Verbrauch nicht bestraft werden; hingegen macht sich der Dritte wegen Verbrauchsüberlassung (siehe Rn. 84) strafbar.[219] Dabei macht es keinen Unterschied, ob der Dritte dem Angeklagten einen fertigen Joint zum Konsum übergibt oder lediglich das Marihuana überreicht, um für ihn einen Joint zum anschließenden Verzehr zu bauen. Solange der Dritte sich unmittelbar bei dem Angeklagten aufhält, gibt er seinen unmittelbaren Besitzwillen nicht auf.[220] Entsteht allerdings zwischen der Empfangnahme und dem Verbrauch eine Zeitspanne, in deren Rahmen eine beliebige Verfügbarkeit gegeben ist, oder entfernen sich Übergebender oder Empfänger voneinander, bevor der Konsum erfolgt ist, erlangt der Empfänger die tatsächliche Verfügungsgewalt über das Betäubungsmittel und es lässt sich ein unerlaubter Erwerb bejahen (etwa wenn der Angeklagte das Betäubungsmittel in die Hosentasche gesteckt hat).[221]
5. Missbräuchliche Verschreibung und Abgabe aus der Apotheke
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Ärzte, Apotheker und Mitarbeiter in Heil- und Therapieeinrichtungen sind als Beteiligte am System der medizinischen Versorgung von bestimmten Erlaubnisvorbehalten des Betäubungsmittelrechts freigestellt (siehe bereits Rn. 48). Als „arztspezifische“ Handlungsmodalitäten unterliegen die Verschreibung, Verabreichung oder Verbrauchsüberlassung durch den Arzt keinem Erlaubnisvorbehalt. Dennoch ist der „Vertriebsweg“ bzw. die Versorgung des Patienten streng reglementiert. Der Arzt hat bei seiner Verschreibung die Voraussetzungen des § 13 Abs. 1 BtMG und die diesen konkretisierenden Vorschriften der BtMVV zu beachten.[222] Erfolgt eine Verschreibung durch den Arzt (verschreibungsfähig sind lediglich Betäubungsmittel der Anlage III) so darf der Apotheker das Betäubungsmittel (nur) auf die Vorlage des Rezepts abgeben, § 4 Abs. 1 Nr. 1c BtMG. Halten die Beteiligten den vorgesehenen Vertriebsweg von Betäubungsmitteln nicht ein oder verstoßen sie gegen ihre Prüfpflichten, handeln sie ebenso illegal. Der Verstoß gegen die sich an den Arzt richtenden Pflichten (§ 13 Abs. 1 BtMG) wird von § 29 Abs. 1 Nr. 6 BtMG sanktioniert;[223] die illegale Abgabe aus Apotheken entgegen § 13 Abs. 2 BtMG wird hingegen von § 29 Abs. 1 Nr. 7 BtMG erfasst.
6. Sonstige Tathandlungen
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Die sonstigen Modalitäten des § 29 Abs. 1 BtMG haben praktisch kaum eine Bedeutung, sodass sie im Folgenden nur äußerst knapp skizziert werden: Die unerlaubte Werbung (Nr. 8)[224] bezieht sich ausschließlich auf das Werbeverbot im legalen Betäubungsmittelverkehr (§ 14 Abs. 5 BtMG), erfasst also nicht das pauschale Anpreisen des Betäubungsmittelkonsums bzw. die öffentliche Verherrlichung des Drogenmissbrauchs. In § 29 Abs. 1 Nr. 9 BtMG findet sich eine Vorschrift, die das Erschleichen einer Verschreibung (Nr. 9) sanktioniert.[225] § 29 Abs. 1 Nr. 11 BtMG erfasst das Gewähren einer Verbrauchsgelegenheit außerhalb eines Konsumraums i.S.d. § 10a BtMG (Nr. 11),[226] ferner sind das Auffordern zum unbefugten Verbrauch als verselbstständigte Teilnahmehandlung am (grundsätzlich erlaubten Konsum, Nr. 12),[227] das Bereitstellen von Geldmitteln (das ebenfalls im Regelfall eine Beihilfe zum Handeltreiben darstellt, Nr. 13)[228] sowie etwaige Zuwiderhandlungen gegen eine Rechtsverordnung (in Betracht kommen vornehmlich Verstöße gegen die BtMVV) unter Strafe gestellt.
IV. Qualifikationstatbestände
1. Überblick
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Betäubungsmittelstrafrecht wird häufig auch abwertend als „Mengenstrafrecht“ bezeichnet, weil die Art und Menge der Drogen, mit denen der Täter unerlaubt umgeht (besitzt, abgibt, Handel treibt), nicht nur ein bestimmendes Strafzumessungsmerkmal, sondern auch ein zentrales Strafschärfungs-, also Qualifikationstatbestandsmerkmal darstellt. Daneben finden sich in den §§ 29a ff. BtMG auch „klassische“ Qualifikationsmerkmale wie etwa die bandenmäßige oder gewerbsmäßige Begehung, die Verursachung des Todes eines Konsumenten (§ 30 Abs. 1 Nr. 3 BtMG) sowie das Beisichführen von Waffen und sonstigen Gegenständen, die ihrer Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt sind (§ 30a Abs. 2 Nr. 2 BtMG). Als besonders verwerfliche Art und Weise der Begehung von Betäubungsmitteldelikten wird auch die Einbeziehung Minderjähriger in den Betäubungsmittel-Verkehr strafschärfend berücksichtigt. Hier differenziert der Gesetzgeber im Wesentlichen zwischen der Abgabe von Drogen an Minderjährige (wobei die profitorientierte Abgabe nochmals verschärft bestraft wird) und der besonders verwerflichen Einbeziehung von Jugendlichen in den illegalen Drogenhandel.[229]
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Hinsichtlich des Umgangs mit nicht geringen Mengen erkennt man in den §§ 29a ff. BtMG ein Stufensystem. Auf erster Stufe erfasst § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG zahlreiche Formen des Umgangs mit nicht geringen Mengen. Der Strafrahmen erhöht sich nochmals speziell im Falle der Einfuhr nicht geringer Mengen, § 30 Abs. 1 Nr. 4 BtMG. Die Kumulation der Qualifikation des § 30 Abs. 1 Nr. 1 mit § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG führt zu § 30a BtMG, mithin zu einem Strafrahmen von nicht unter fünf Jahren.
2. Speziell: zum Merkmal der nicht geringen Menge (§§ 29a Abs. 1 Nr. 2, 30 Abs. 1 Nr. 4, 30a Abs. 1 BtMG)
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§ 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG stuft das unerlaubte Handeltreiben, die Herstellung, die Abgabe oder den Besitz zu einem Verbrechen hoch, wenn sich die Handlung auf eine nicht geringe Menge von Betäubungsmitteln bezieht (§ 30 Abs. 1 Nr. 4, 30a Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 2 BtMG). Dem Begriff der nicht geringen Mengen steht derjenige der geringen Menge gegenüber, die im Kontext der Bestimmungen zur Einstellung wegen Geringfügigkeit bzw. zum Absehen von Strafe bestimmt werden muss. Freilich deutet der Begriff „gering“ auf einen Dualismus hin (gering/nicht gering); weil aber nicht jeder Fall einer Bagatelle in ein Verbrechen „umschlägt“, muss man davon ausgehen, dass zwischen den beiden Rechtsbegriffen noch so etwas wie eine „normale Menge“ existiert, bei der zwar § 29a Abs. 1 Nr. 2 BtMG nicht einschlägig ist, gleichsam allerdings auch eine Einstellung wegen Geringfügigkeit ausscheidet.
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Die „nicht geringe Menge“ wird nicht durch das Gesetz bzw. den Verordnungsgeber bestimmt, mithin findet sich weder eine Begriffsbestimmung (der sich zugleich eine Methodik der Festsetzung entnehmen ließe) noch werden besonders gefährliche Dosen in der Positivliste festgelegt. Entsprechend musste die Rechtsprechung Leitlinien zur Bestimmung des Grenzwerts für einzelne Drogen entwickeln und Mengen für bestimmte (besonders häufig vorkommende) Drogen festsetzen. Während aus Praktikabilitätsgründen für die Bestimmung der geringen Menge die Gewichtsmenge als maßgeblich betrachtet wird (Rn. 136), muss beim strafschärfenden Merkmal der nicht geringen Mengen – auch unter Berücksichtigung rechtsgutorientierter Erwägungen – die Wirkstoffmenge ausschlaggebend sein.[230]
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Dabei wird in einem zweistufigen Verfahren[231] zunächst die äußerst gefährliche Dosis der gegenständlichen Droge oder, wenn eine solche nicht feststellbar ist, die durchschnittliche Konsumeinheit bestimmt, die dann mit einer an der Rauschwirkung und der Gefährlichkeit des Betäubungsmittel orientierten Maßzahl (z.B. 150 bei Heroin und 500 bei Cannabis) zu multiplizieren ist.[232] Die Veränderungen auf dem illegalen Drogenmarkt, insbesondere die Abkehr von klassischen Rauschgiften hin zu Medikamenten als „Ersatzdrogen“ einerseits und das Auftauchen neuer psychotroper Substanzen lassen diese Methode schnell an ihre Grenzen stoßen. Während bei Benzodiazepinen (Arzneimittel) keine Gefährlichkeit im weiteren Sinne festgestellt werden kann (jedenfalls keine, die über die „Überdosis-Gebrauchsgefahr“ jeglicher Medikamente hinausgeht), besteht bei neuen psychoaktiven Substanzen das Problem, dass sich meist noch keine Konsumgewohnheiten entwickelt haben, an denen man die Maßzahl ausmachen könnte (weswegen es auch nicht erstaunt, dass man auf dieses Merkmal im NpSG verzichtet hat).[233]
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In folgender tabellarischer Auflistung finden sich exemplarisch die von der Rechtsprechung festgesetzten Grenzmengen zu den wichtigsten Drogen:[234]
Stoff | nicht geringe Menge | Anzahl Konsumeinheiten[235] | Konsumeinheit |
---|---|---|---|
Amfetamin | 10 g Base[236] | 200 | 50 mg[237] |
Cannabis | 7,5 g THC[238] | 500 | 15 mg |
Heroin (Diamorphin) | 1,5 g HHCl[239] | 30 | 50 mg |
Kokain | 5 g KHCl[240] | 150 | 33 mg |
Metamfetamin (Crystal-Speed) | 6,2 g Metamfetamin-HCl[241] | 200 | 25 mg |
V. Das Sonderrecht des Betäubungsmittelabhängigen, §§ 35 ff. BtMG
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Für einen Betäubungsmittelsüchtigen haben die Strafen als solches selten abschreckende Wirkung, sodass sich Kriminologen relativ schnell einig waren, dass der Gefahr einer Rückfälligkeit nicht mit horrenden Strafandrohungen, sondern mit dem Grundsatz „Therapie statt Strafe“ (als besondere Ausprägung der positiven Spezialprävention im Betäubungsmittelstrafrecht) begegnet werden musste. Nach längeren rechtspolitischen Diskussionen hat dieser Gedanke, wenn auch nur partiell Eingang in das Betäubungsmittelstrafrecht gefunden, nämlich in Form der §§ 35 ff. BtMG, welche die Verfolgung und Vollstreckung von Taten betreffen, die durch einen Betäubungsmittelabhängigen begangen wurden. Anders als § 31a BtMG (vgl. noch Rn. 134) ist dieses Sonderrecht nicht auf bestimmte Deliktsgruppen bzw. auf Bagatellen beschränkt; vielmehr knüpft die Privilegierung im Wesentlichen an eine Kausalität der Betäubungsmittelabhängigkeit für die Tatbegehung.
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Zum einen besteht gemäß § 37 BtMG die Möglichkeit von einer Verfolgung abzusehen, wenn sich der Täter bereit erklärt, sich einer Therapie zu unterziehen. Zum anderen kann bei einem Betäubungsmitteltäter gemäß § 35 BtMG die Strafvollstreckung zurückgestellt werden, wenn sich der Täter innerhalb dieser Zeit einer Therapie unterstellt. Nach § 36 BtMG besteht dann die Möglichkeit, sich die Therapiezeit als vollstreckte Strafe anrechnen zu lassen. Die praktisch-rechtliche Notwendigkeit des § 35 BtMG wird nicht dadurch relativiert, dass im StGB bereits verschiedene Möglichkeiten der Einweisung bzw. Therapie gegeben sind. Insbesondere die Unterbringung nach § 64 StGB hat ihren Fokus auf dem Entgiftungsprozess (also auf der physiologischen Komponente), während die psychische Behandlung des Süchtigen auf der Strecke bleibt. Auf der anderen Seite ist § 56c Abs. 3 Nr. 1 StGB rechtlich nur bei Bewährungsstrafen denkbar (scheidet also bei verwirkten Strafen über zwei Jahren von vornherein aus), während § 35 BtMG auch dann zur Anwendung kommen kann, wenn nur der auszusetzende Strafrest nicht zwei Jahre übersteigt, § 35 Abs. 3 BtMG.
1. Die Voraussetzungen der Zurückstellung im Einzelnen, § 35 BtMG
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Gemäß § 35 Abs. 1 BtMG muss der Täter bereits rechtskräftig wegen (irgend)einer Straftat verurteilt worden sein (während dem Rechtsmittelverfahren kann ein Antrag nach § 35 BtMG also allenfalls vorbereitet, nicht jedoch gestellt werden[242]). Soweit es sich um eine zurückstellungsfähige Rechtsfolge handelt (hierzu zählen Freiheits- und Jugendstrafen, deren Obergrenze zwei Jahre nicht übersteigt, vgl. bei Gesamtstrafen auch § 35 Abs. 3 Nr. 2 BtMG[243]), kann die Vollstreckungsbehörde mit Zustimmung des Gerichts des ersten Rechtszugs die Vollstreckung zurückstellen, wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt oder sonst feststeht, dass der Verurteilte die Tat auf Grund einer Betäubungsmittelabhängigkeit begangen hat.