Kitabı oku: «Handbuch des Strafrechts», sayfa 35

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Ausgewählte Literatur

Weiteres, beitragsübergreifend zitiertes Schrifttum im Literaturverzeichnis des Bandes


Aulinger, Susanne § 31a BtMG – Der Auftrag des BVerfG und die Rechtswirklichkeit, NStZ 1999, 111 ff.
Böllinger, Lorenz Das Scheitern strafrechtlicher Drogenprohibition, HFR 2015, 23 ff.
Cassardt, Gunnar Zur Feststellung der nicht geringen Menge im Betäubungsmittelstrafrecht, NStZ 1995, 257 ff.
Duttge, Gunnar/Steuer, Melanie Legalisierung von Cannabis: Verkommt Deutschland zu einer berauschten Gesellschaft?, ZRP 2014, 181 ff.
Eckstein, Ken Besitz als Straftat, 2001.
Engländer, Armin Revitalisierung der materiellen Rechtsgutslehre durch das Verfassungsrecht?, ZStW 127 (2015), 616 ff.
Enzensperger, Daniel Entschärfung des Betäubungsmittelstrafrechts?, HFR 2014, 48 ff.
Eul, Joachim/Stöver, Heino Konsumerfahrung, Konsumbereitschaft, Risikoeinschätzung und gewünschte Rechtslage und deren Wechselbeziehungen untereinander zu Cannabis und anderen Drogen in der Bevölkerung Deutschlands, Akzeptanzorientierte Drogenarbeit 2014; 11, 1 ff.
Geschwinde, Thomas Rauschdrogen, 8. Aufl. 2018.
Holzer, Tilmann Die Geburt der Drogenpolitik aus dem Geist der Rassenhygiene: Deutsche Drogenpolitik von 1933 bis 1972, 2007.
Kinzig, Jörg Auf dem Weg zu einer Entkriminalisierung des Umgangs mit geringen Mengen von Cannabis?, FS Kargl, 2015, S. 273 ff.
Kleiber, Dieter/Kovar, Karl-Artur Auswirkungen des Cannabiskonsums, 1997.
Kudlich, Hans Die Relevanz der Rechtsgutstheorie im modernen Verfassungsstaat, ZStW 127 (2015), 635 ff.
Iversen, Leslie Drogen und Medikamente, 2004.
Nobis, Frank „LegaI-High“-Produkte – wirklich illegal? Oder: Wie ein Aufsatz sich verselbstständigt!, NStZ 2012, 422 ff.
Oğlakcıoğlu , Mustafa Über die Bestrafung des Umgangs mit neuen (vielleicht – sicherlich – hoffentlich?) gefährlichen, psychoaktiven Substanzen, NK 2016, 19 ff.
Pasedach, Christina Verantwortungsbereiche wider Volksgesundheit.: Zur Zurechnungs- und Rechtsgutslehre im Betäubungsmittelstrafrecht, 2012.
Patzak, Jörn/Marcus, Alexander/Goldhausen, Sabine Cannabis – wirklich eine harmlose Droge?, NStZ 2006, 259 ff.
Petersen, Kai/Thomasius, Rainer Auswirkungen von Cannabiskonsum und -missbrauch, 2007.
Schmidbauer, Wolfgang/vom Scheidt, Jürgen Handbuch der Rauschdrogen, 2003, zit.: Schmidbauer/Scheidt, Handbuch Rauschdrogen.
Schünemann, Bernd Das Rechtsgüterschutzprinzip als Fluchtpunkt der verfassungsrechtlichen Grenzen der Straftatbestände und ihrer Interpretation, in: Hefendehl, Roland/von Hirsch, Andrew/Wohlers, Wolfgang (Hrsg.), Die Rechtsgutstheorie, 2003, S. 133 ff.
Stuckenberg, Carl-Friedrich Grundrechtsdogmatik statt Rechtsgutslehre, GA 2011, 653 ff.
Schwitters, Jan Hendrik Die Vorverlagerung der Strafbarkeit beim unerlaubten Handeltreiben im Betäubungsmittelstrafrecht, 1998.
Thomasius, Rainer Cannabiskonsum und -missbrauch: Deutschlands Suchtproblem Nr. 3 bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen – Mit Prävention und frühen Hilfen der Suchtgefahr entgegenwirken, MSchrKrim 2006, 107 ff.
Vogel, Joachim Strafrechtsgüter und Rechtsgüterschutz durch Strafrecht im Spiegel der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, StV 1996, 110 ff.
Weber, Klaus Der Begriff des Handeltreibens, 2008.
Weber, Klaus/Kornprobst, Hans/Maier, Stefan Betäubungsmittelgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2021, zit.: Weber/Kornprobst/Maier-Bearbeiter, BtMG.
Werse, Bernd Wie kriminell sind ‚Social Supplier‚ – Ergebnisse zum Drogenkleinsthandel aus zwei empirischen Studien, Rausch 2014; 3 (2), 98 ff.
WHO WHO Expert Commitee on Drug Dependence, Critical Review – Cannabis and cannabis resin, World Health Organisation, 2018.

Mustafa Oğlakcıoğlu

§ 55 Arzneimittelstrafrecht

A. Einführung1 – 6

I. Arzneimittelrecht als Verbraucherschutzrecht 1

II. Praktische Bedeutung des Arzneimittelstrafrechts2 – 4

III. Arzneimittelrecht als „Auffangbecken“ für unliebsame Substanzen?5, 6

B. Grundlagen7 – 24

I. Systematik der Strafvorschriften7, 8

II. Tatbestandsstrukturen, insbesondere Blanketttechnik9 – 12

1. Binnenverweise und Normspaltung10

2. Außenverweise und Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 3 GG11, 12

III. Grundbegriffe des Arzneimittel(straf)rechts13 – 22

1. Arzneimittel, § 2 AMG14 – 21

a) Definition im Einzelnen15 – 20

aa) Präsentationsarzneimittel18

bb) Funktionsarzneimittel19, 20

b) Arzneimitteldefinition und Arzneimittelstrafrecht21

2. Tathandlungen: Inverkehrbringen und Abgabe22

IV. (Europäische) Rechtsquellen des Arzneimittel(straf)rechts23, 24

C. Die Strafvorschriften der §§ 95 ff. AMG im Überblick25 – 27

I. Statistisches25

II. Aufbau der Strafvorschriften26, 27

Ausgewählte Literatur

A. Einführung

I. Arzneimittelrecht als Verbraucherschutzrecht

1

Das deutsche Arzneimittelrecht soll die ordnungsgemäße Arzneimittelversorgung von Menschen und Tieren sichern und ist damit in erster Linie Verbraucherschutzrecht (vgl. → BT Bd. 6: Mustafa Oğlakcıoğlu, Betäubungsmittelstrafrecht, § 54 Rn. 1). Schutzgut der arzneimittelstrafrechtlichen Vorschriften ist folglich der „Arzneimittelmarkt“, was zu einem reflexhaften Schutz von Leib und Leben und des Vermögens führt. Zudem beziehen sich zahlreiche Vorschriften auch auf Tiere, sodass die Vorschriften insofern auch dem Tierschutz dienen. Dadurch, dass der Gesetzgeber fast jeden Verstoß gegen Verhaltens- und Verbotsvorschriften des AMG am „dicken Ende“ der §§ 95 ff. AMG mit Strafe bewehrt oder zumindest als Ordnungswidrigkeit geahndet wissen will, ist Arzneimittelrecht eigentlich immer auch „Arzneimittelstrafrecht“. Die verfassungsrechtlich zum Teil als problematisch erachtete Blanketttechnik[1] wird in den §§ 95, 96 AMG in all ihren Facetten (Binnenverweise, dynamische Verweise auf EU-Verordnungen etc., vgl. noch Rn. 9 ff. m.w.N.) zelebriert.[2] Den verfassungsrechtlichen Bedenken, welche vor allem den dynamischen Verweis in § 6 AMG betrafen, begegnete man unter expliziter Bezugnahme in der Gesetzesbegründung auf die bundesverfassungsgerichtliche Rechtsprechung mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (AMVSÄndG)[3], indem man die bisherige Rechtsgrundlage für Verbotsverordnungen um klare strafbewehrte Verbotsnormen ergänzte.

II. Praktische Bedeutung des Arzneimittelstrafrechts

2

Trotz des umfangreichen Straftatenkatalogs lässt sich das Arzneimittelrecht – jedenfalls inzwischen – schon im Hinblick auf die geringe praktische Bedeutung der (zahlreichen) Strafvorschriften nicht – oder: jedenfalls nicht mehr – als strafrechtliche Materie bezeichnen. Dies lässt sich schlicht auf den Gegenstand des Gesetzes zurückführen. Das AMG regelt schließlich den Umgang mit Arzneimitteln, die in jedem Fall – soweit die Arzneimitteleigenschaft bejaht werden kann – nicht derart gefährlich sein dürften, dass ein umfassendes Umgangsverbot gerechtfertigt sein könnte. Der Verdacht „kriminellen Handelns“ rührt bei Arzneimitteln kraft der gesetzlichen Ausgestaltung (Regulierung der Herstellung und des Vertriebs) nicht bereits daher, dass man mit dem fraglichen Stoff umgeht. Da es sich auch um echtes Verbraucherschutzstrafrecht handelt, wird der Endkonsument selbst aus dem Visier der strafrechtlichen Verfolgung genommen.

3

Hinzu tritt, dass Ermittlungsverfahren erst in denjenigen Fällen angestoßen werden, in denen das Anzeigerisiko durch die Beeinträchtigung von Individualinteressen ansteigt und bei denen das Arzneimittelstrafrecht kontextual verwirklicht ist (mithin als Vorbereitungstat oder Durchgangsstadium für einen anderen Tatbestand fungiert, insbesondere Betrug, Untreue, aber auch Körperverletzung).[4] Als Vergehen sind die §§ 95 ff. AMG einer flexiblen Handhabung durch die Staatsanwaltschaft (§§ 153, 153a StPO) zugänglich, zumal nicht selten polizeipräventive und berufsrechtliche Maßnahmen als „Sanktion“ ausreichen. Entsprechend dünn besiedelt ist die Rechtsprechung zum Arzneimittelstrafrecht (was zumindest ihre Auswertung vereinfacht): Diverse Rechtsprechungsdatenbanken zeigen bei Eingabe der Grundstrafnorm (§ 95 AMG) in die Suchmaske für den gesamten Zeitraum der Erfassung zwischen 50–100 Entscheidungen an, für den Zeitraum zwischen 2014–2017 sind es zwischen 15–30 Treffer.

4

Viele Auslegungsfragen der Arzneimittelmarktregulierung (man denke an die Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Arzneimitteln,[5] die Einordnung der Zulassung als produkt- oder personenbezogen[6] oder an die Grenzen und Reichweite des Re- und Parallelimports[7]) betreffen ausschließlich den legalen Arzneimittelverkehr. Über diese wird in zivil- und verwaltungsrechtlichen Verfahren gestritten, weswegen sie – mögen sie aus gesundheitspolitischer Perspektive paradigmatisch sein – für das Strafrecht keine Rolle spielen. Die dargelegten Streitfragen werden von „Betroffenen“, also denjenigen ausgefochten, die ihr Verhalten idealtypisch an den Vorschriften des AMG ausrichten (Pharmazeuten, Apotheker etc.). Daher werden gerichtliche Entscheidungen meist auch durch ein „transparentes Verhalten“ (Antragsstellung) herausgefordert.[8]

III. Arzneimittelrecht als „Auffangbecken“ für unliebsame Substanzen?

5

Überhaupt hat das Arzneimittelrecht bis dato strafrechtlich stets dann eine Rolle gespielt, wo es gerade keine Anwendung hätte finden dürfen, namentlich im Bereich der Rauschgiftkriminalität und des Dopings. So wurde bis vor kurzem noch der Funktionsarzneimittelbegriff – im wahrsten Sinne des Wortes – zur Erfassung neuer psychoaktiver Substanzen funktionalisiert, die mangels Aufnahme in die Anlagen des BtMG nicht als Betäubungsmittel klassifiziert werden konnten (→ BT Bd. 6: Oğlakcıoğlu, § 54 Rn. 5 ff.). Die meisten höchstrichterlichen Urteile zum Arzneimittelstrafrecht haben Sachverhalte zum Gegenstand, in denen es eben um diese Auffangfunktion des Arzneimittelbegriffs innerhalb der Rauschgiftkriminalitätsbekämpfung geht.[9] Der EuGH hat diesem Vorgehen mit einer Entscheidung vom 10. Juli 2014[10] einen Riegel vorgeschoben, worauf der Gesetzgeber mit dem Erlass des Neue-Psychoaktive-Stoffe-Gesetzes (NpSG) reagierte.[11] Präparaten, die der Leistungssteigerung dienen, wurde nach einem kurzen Intermezzo der Dopingstrafbarkeit über die Vorschriften des AMG (§ 95 Abs. 1 Nr. 6a AMG a.F.)[12] ein eigenständiges Regelwerk, das Antidoping-Gesetz gewidmet.[13]

6

Damit wurden zwei praktisch bedeutsame Substanzklassen (Doping und nicht unter die Anlagen des BtMG fallendes Rauschgift) dem AMG endgültig und unmissverständlich entzogen und in andere Gesetze überführt. Noch hat sich dieses „Outsourcing“ des Arzneimittelrechts (wegen der ohnehin geringen Bedeutung des AMG in der PKS) kaum bemerkbar gemacht, doch lässt sich für die Zukunft eine weitere Abnahme der praktischen Bedeutung des Arzneimittelstrafrechts prognostizieren. Daran dürfte auch das Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung (AMVSÄndG, Rn. 1) nicht viel ändern, da die Neufassung des § 6 AMG, auf den § 95 Abs. 1 Nr. 2 AMG Bezug nimmt, vor allem dazu diente, den bundesverfassungsgerichtlichen Anforderungen an die Bestimmtheit einer Strafnorm gerecht zu werden; die Vorschrift hatte aber vor dieser Änderung aus strafrechtlicher Perspektive untergeordnete Bedeutung. Im Folgenden beschränken sich die Ausführungen daher auch auf eine Darstellung der Systematik, eines Überblicks hinsichtlich der zentralen Bezugsnormen und der zentralen Begriffe des Arzneimittel(straf)rechts.

B. Grundlagen

I. Systematik der Strafvorschriften

7

Eine Grobstruktur des Arzneimittelstrafrechts erfolgt durch die Dreiteilung in den §§ 95, 96 und 97 AMG: die als besonders schwerwiegend klassifizierten Verstöße werden im Primärtatbestand des § 95 AMG[14] (Geldstrafe bis zu drei Jahren, in einem besonders schweren Falle ggf. sogar bis zu zehn, Abs. 3) zusammengefasst. Diesbezüglich sind sowohl die versuchte als auch die fahrlässige Begehung unter Strafe gestellt, §§ 95 Abs. 2, Abs. 4 AMG. Mittelschwere Verfehlungen finden sich im Katalog des § 96 AMG, der nur die vorsätzliche Begehung erfasst, während die fahrlässige Verwirklichung (§ 97 Abs. 1 AMG) ebenso wie sonstige leichtere Zuwiderhandlungen (insbesondere gegen Verfahrens- und Dokumentationsvorschriften, § 97 Abs. 2 AMG) auf der dritten Stufe nur als Ordnungswidrigkeit geahndet werden.[15]

8

Die Einteilung nach „Schweregraden“ bzw. Pflichtverstößen unterschiedlicher Qualität lässt sich am Beispiel der Abgabe von apothekenpflichtigen Arzneimitteln gut demonstrieren: Während die Abgabe apothekenpflichtiger, aber nicht verschreibungspflichtiger Substanzen außerhalb der Apotheke lediglich eine Ordnungswidrigkeit darstellt (§ 97 Abs. 2 Nr. 10, Nr. 11 AMG), ist die Abgabe von verschreibungspflichtigen Arzneien innerhalb der Apotheke ohne Vorlage eines Rezepts gemäß § 96 Nr. 13 AMG strafbewehrt. Der kumulative Verstoß gegen Apotheken- und Rezeptpflicht wurde in den Katalog der „Primärtatbestände“ aufgenommen, § 95 Abs. 1 Nr. 4 AMG.

II. Tatbestandsstrukturen, insbesondere Blanketttechnik

9

Die im Arzneimittelrecht ausschließlich zur Anwendung kommende „Blanketttechnik“ soll eine Konnexität zwischen Strafnorm und Regelungsmaterie herstellen und durch Legaldefinitionen und Bezugnahmen auf konkretisierte Verbote dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 103 Abs. 2 GG) Rechnung tragen. Gemeinhin wird zwischen echten Blankettvorschriften (also Tatbeständen, die auf Normen Bezug nehmen, die nicht vom parlamentarischen Gesetzgeber erlassen wurden, sondern von einer anderen Normsetzungsinstanz stammen, etwa eine Verordnung als Exekutivakt) und unechten Blanketten in Form einfacher Binnenverweisungen differenziert.[16] Außerdem soll die Ausfüllung echter Blanketttatbestände durch Exekutivakte eine unkomplizierte Aktualisierbarkeit der Strafnormen gewährleisten, während mit der Erklärung etwaiger Wendungen mittels Binnenverweisungen ein greifbares und strukturiertes Gesetz bezweckt wird. Dass dieses Ziel zumindest bei mehrstufigen Blankettdelikten – egal ob „echt“ oder „unecht“ – nicht erreicht werden kann, drängt sich auf; aber dies ist nicht der wesentliche Grund, warum beide Arten der Regelungstechnik auf Kriegsfuß mit Art. 103 Abs. 2 bzw. Art. 20 Abs. 3 GG stehen.

1. Binnenverweise und Normspaltung

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Der genannte Vorteil „bestimmter“ – weil akzessorischer – Vorgaben verkehrt sich regelmäßig, da die einheitliche Begriffsbildung nicht immer durchgehalten werden kann, wenn man das Prinzip „subsidiären Rechtsgüterschutzes“[17] ernst nimmt. Damit läuft die mit der Blanketttechnik angestrebte Vereinheitlichung einer Regelungsmaterie stets Gefahr, sich widersprüchlich fortzuentwickeln, da es vom Einzelfall abhängt, von welchem Ansatzpunkt heraus die Entscheidung gefällt wird: Wenn es die Strafvorschriften sind, die letztlich auch zur Konkretisierung der Verbotstatbestände maßgeblich beigetragen haben sollen, so mag die Sensibilisierung eines Strafrichters im Hinblick auf die Rechtsfolgen (idealtypisch) eher zu einer restriktiven Handhabung führen, als ein Zivilrichter, der einen möglichst umfassenden Verbraucher- oder Wettbewerbsschutz anstrebt.[18] Freilich kann sich dies auch in einem Anwendungsdefizit dergestalt äußern, dass zumindest am Ende der Ermittlungen eine Einstellung nach §§ 153, 153a StPO erfolgt, die nach Gesichtspunkten der Rechtseinheit und Verhältnismäßigkeit kaum tragbar erscheint.

2. Außenverweise und Gewaltenteilung, Art. 20 Abs. 3 GG

11

Die eigentliche Diskussion beginnt im Bereich echter Blankettnormen, bei denen die Sanktionsnorm letztlich nicht durch den formellen Gesetzgeber, sondern durch den Verordnungsgeber konkretisiert wird. Derartige Vorschriften enthalten sog. Rückverweisungsklauseln, d.h. die entsprechende Rechtsverordnung für einen konkreten Tatbestand ordnet an, dass die Verordnung ausdrücklich auf die Straf- bzw. Bußgeldvorschrift, also auf das „Blankett“; zurückverweist. Auf den ersten Blick scheint man mit solch einem Konzept das „Ob“ der Strafbarkeit der Kompetenz des Bundesgesetzgebers entzogen zu haben (weswegen es sich ebenso um eine Frage des Art. 20 Abs. 3 GG handelt).[19] Grundsätzlich wird diese Möglichkeit allerdings von der h.M. akzeptiert, weil der Gesetzgeber selbst die Verordnungsermächtigung erteilt. Bedenklich wird solch eine „Delegation“ aber, wenn nicht lediglich einzelne Tatbestandsmerkmale der „Konkretisierung“ durch den Verordnungsgeber unterworfen werden, sondern der gesamte Verbotstatbestand durch diesen generiert werden kann. Dies galt insbesondere für § 95 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 6 AMG a.F.;[20] dabei sind Wendungen wie das Zuwiderhandeln als Bezugstathandlung Indiz für Straftatbestände ohne eigenen Normbefehl, die als „leere Hülsen“ dem Verordnungsgeber die Ausgestaltung in verfassungswidriger Weise voll und ganz überlassen.

12

Die Rechtsprechung behilft sich noch – wie zuletzt der Zweite Senat in einer Entscheidung zum Inverkehrbringen von Dopingmitteln – mit dem Argument der „Heilung durch legislativen Akt“.[21] Die Bestimmungsgewalt des Gesetzgebers bleibe erhalten, wenn die Bezugnahme auf jährlich aktualisierte Anhänge auch durch die Legislative erfolge, da sie die Bezugsvorschriften aktualisiere und damit die zu demjenigen Zeitpunkt geltenden Verbotslisten in seinen Willen aufnehme. Dieser Ansatz spielt jedoch nur eine Rolle, wenn der Verordnungsgeber seine Kompetenz überschritten oder bereits der Gesetzgeber es verpasst hat, in der Verordnungsermächtigung selbst die Grenzen, Umfang und Ausgestaltung des Verbots klar und deutlich abzustecken (Art. 80 GG).[22] Im Kontext des § 6 AMG hat sich die Problematik weitestgehend entschärft, da der Gesetzgeber mit dem Gesetz für mehr Sicherheit in der Arzneimittelversorgung vom 9. August 2019[23] die in § 95 Abs. 1 Nr. 2 und in § 96 Nr. 2 AMG enthaltenen Rückverweisungsklauseln gestrichen und durch unmittelbar in § 6 AMG formulierte Verbote ersetzt hat (Rn. 1).