Kitabı oku: «Perry Rhodan Neo Paket 2: Expedition Wega», sayfa 13

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»Man muss Prioritäten setzen«, sagte er.

Sie schaute ihm direkt in die Augen. »Wie wahr.« Sie lächelte auf ihre eigene, undurchschaubare Art; kühl und schön wie die perfekt harmonische Statue einer altgriechischen Göttin. Das schlohweiße Haar verstärkte die distanzierte Ausstrahlung noch.

Die Zentrale des arkonidischen Beibootes bot keine direkte Sichtmöglichkeit ins All. Einige Dutzend Meter und etliche Wände aus Arkonstahl, vor allem in der äußeren Kugelschale, lagen zwischen ihnen und dem Weltraum. Das Hologramm vor Thora bot allerdings einen mehr als guten Ersatz: eine inzwischen perfekte, dreidimensionale Aufnahme ihrer kosmischen Umgebung.

Ras Tschubai trat einen Schritt vor und streckte die Hand aus. Die Fingerspitzen verharrten kurz vor den äußeren Grenzen des Hologramms, in dem sich die Planeten und Monde unablässig bewegten. Nur die Sonne stand als glühender, fast faustgroßer – und in Wirklichkeit zweifellos gigantischer – Flammenball unbeweglich im Zentrum. Die schwarzen Finger des Sudanesen ragten in das Sonnenabbild. Sie zitterten, ehe sie sich zu einer Faust ballten. Der Teleporter-Mutant konnte seine Erregung kaum verbergen. »Wie viele Welten sind es?«

»42 Planeten«, erklärte die Arkonidin. »Die Zahl der Monde spielt keine Rolle.«

»Für Sie vielleicht nicht. Sie haben schon alles gesehen. Ich jedoch …« Tschubai brach ab. Offenbar hatte er keinerlei Lust, mit Thora darüber zu diskutieren, ebenso wenig wie Rhodan. Der Augenblick zählte, der Moment, als Mensch des Planeten Erde unendlich viel tiefer ins All vorgedrungen zu sein als jeder andere vor ihnen. Bis in ein fremdes Weltensystem, das eigenes Leben hervorgebracht hatte.

»Das ist wohl leicht übertrieben, Mister Tschubai. Ich habe bei Weitem nicht alles gesehen. Diese große Ansammlung von Planeten beeindruckt mich ebenfalls – vielleicht genauso sehr wie Sie, wenn auch auf eine andere Weise. Viele dieser Welten tragen Leben. Allein das gebietet mir Ehrfurcht.« Die Arkonidin veränderte die Bildwiedergabe, indem sie die Wega-Sonne näher heranzoomte. Weltenkugeln wuchsen, rasten zu den Begrenzungen des Hologramms und verschwanden. »Lassen Sie mich Ihnen allen etwas zeigen.«

Thora

Thora war tatsächlich beeindruckt. Sie fragte sich, ob sie in diesem Planetensystem den Hinweis finden würde, den sie suchte. Genau wie Crest. Schon so lange.

Inzwischen zeigte das dreidimensionale Abbild nur noch das zentrale Gestirn und exakt neun Planeten auf den jeweiligen Abschnitten ihrer Bahn rundum. »Es geht mir um die Positionen sieben bis neun.« Thora verlieh ihrer Stimme eine lehrerhafte Neutralität. »Den Orterergebnissen zufolge gibt es noch mehrere Himmelskörper in diesem System, die besiedelt zu sein scheinen, aber diese drei Welten weisen die größte Bevölkerungsdichte auf. Sie alle tragen eine Sauerstoffatmosphäre, die der Erde extrem ähnlich ist. Dieses Volk kann also genau wie die Menschheit und die Arkoniden auf demselben Planeten ungeschützt überleben.«

Sie sah in die Runde. Wie nicht anders erwartet, versammelten sich inzwischen alle an Bord rund um das Hologramm und schauten es mit großen Augen an. Thora schätzte ihre Gefühle als eine Mischung zwischen Begeisterung und Ehrfurcht ein. Etwas, das vielen Arkoniden, wenn nicht sogar fast allen, verloren gegangen war. Thora war erleichtert darüber, dass sie selbst sich in einem Wandel befand, dass sich ihr Blick wieder weitete.

Nur einer fehlte selbstverständlich in dem Reigen der Terraner – der noch immer ohnmächtige Japaner Tako Kakuta. Er besaß offenbar eine schwache Konstitution, wenn er bereits auf einen so kurzen Transitionssprung derart extrem reagierte. Vielleicht spielten bislang unbekannte Komponenten mit hinein; der Umgang mit Mutanten war auch für Thora etwas Neues. Sie hoffte, dass Kakuta sich bald einsatzbereit zeigen würde. Er war unverzichtbar für diesen Flug, den Rhodan lediglich für eine Rettungsmission aufgrund eines Notrufes hielt.

Thora hatte sich die Namen all ihrer Begleiter genau eingeprägt. Nach ihren bitteren Erfahrungen mit der lethargischen Besatzung ihrer AETRON war es ein Genuss, mit diesen Menschen voller Tatendrang zusammenzuarbeiten. Vor Kurzem hätte sie es noch für unmöglich gehalten, je zu einer solchen Einschätzung zu gelangen.

Am linken Rand des Hologramms stand Rod Nyssen, gefolgt von Conrad Deringhouse, Darja Morosowa, Alexander Baturin, Ras Tschubai, Anne Sloane und Wuriu Sengu. Einschließlich Rhodan waren immerhin fünf von ihnen Astronauten, zumindest ihrem Verständnis nach. Echte Weltraumfahrt sah jedoch völlig anders aus als die kurzen Vorstöße ins All bis zum Trabanten ihres Planeten, die die Menschen der Erde bislang vollbracht hatten. Auf sie alle, sollten sie lange genug überleben, warteten noch eine Menge Überraschungen.

Gerade die nicht weltraumerfahrenen Mutanten konnten besonders wertvolle Helfer sein. Seien es nun die Teleporter Tschubai und Kakuta, die Telekinetin Anne Sloane oder Wuriu Sengu, der so genannte Späher, der durch feste Materie zu blicken vermochte, als wäre sie nicht vorhanden.

Ein interessanter Zufall, dass gerade in diesen Tagen auf der Erde so viele Männer und Frauen mit besonderen Fähigkeiten auftauchten. Wenn man es denn einen Zufall nennen wollte, zumal die Heimatwelt dieser Menschen ausgerechnet so nahe am Wega-System lag. Thora war sich allerdings noch nicht sicher, ob …

Sie riss sich aus den Gedanken. Es gab in diesen Minuten leider Wichtigeres. Alles der Reihe nach. Wie hatte Rhodan es genannt? Man muss Prioritäten setzen.

»Mit einiger Wahrscheinlichkeit«, fuhr sie fort, »stammte der Notruf, der uns hierher geführt hat, von einer dieser Welten auf den Positionen sieben bis neun. Zur allgemeinen Erinnerung spiele ich noch einmal eine Aufzeichnung der Worte vor.«

Es kostete nur eine kurze Schaltung, und die Worte, die wohl ohnehin alle an Bord auswendig zitieren konnten, erklangen erneut.

Echsen haben uns gefunden. Sie werden das System überrennen! Dunkelheit verdrängt das Licht! Du lebst länger als die Sonne, heißt es. Eile herbei! Kerlon.

»Zum nächsten Punkt«, sagte sie, als der Notruf verklang. »Niemand von uns weiß etwas über dieses Sonnensystem, das Sie Wega nennen. Weder Crest noch ich kannten es, und in unseren wenigen verbliebenen Positroniken ließen sich ebenfalls keine Aufzeichnungen darüber finden. Der Ursprung der Hyperfunksendung wurde allerdings korrekt zugeordnet, er stammt zweifelsohne aus diesem System. Auch wenn alles friedlich wirkt.«

»Lassen wir uns von dem Schein nicht trügen«, sagte die russische Kosmonautin Darja Morosowa. »Diese Echsen, von denen in Kerlons Botschaft die Rede ist. Wer ist damit gemeint?«

Selbstverständlich hatte Thora längst eine Theorie entwickelt, doch diese wollte sie nicht zum Besten geben, solange es keine Beweise dafür gab. »Wie ich bereits erwähnte, ist mir dieses System ebenso unbekannt wie Ihnen. Die blumige Sprache von Dunkelheit, die das Licht verdrängt, mutet außerdem verwirrend an.«

»Genau wie der Hinweis, dass etwas – oder jemand – länger lebt als die Sonne«, ergänzte Rhodan. »Vielleicht sollten wir versuchen, diesen Kerlon ausfindig zu machen, der den Notruf absandte.«

Länger leben als die Sonne … Thora sah auf eine der virtuellen Schaltflächen, die sie als Bildschirm nutzte, auf dem die Positronik des Schiffs unablässig die einkommenden Orterergebnisse auswertete. »Den Möglichkeiten der GOOD HOPE sind leider Grenzen gesetzt, und mit Ihrem Wunsch verlangen Sie, diese Grenzen zu überschreiten. Wir dürfen Technologie nicht mit Magie verwechseln.«

»Das habe ich gewiss nicht vor. Es geht mir lediglich darum, den exakten Ursprungsort des Notrufs …«

»Moment«, unterbrach Thora. »Die Schiffssysteme haben einen Datenstrom aufgefangen, der mit einer Bildinformation unterlegt ist. Die Entschlüsselung und Übertragung läuft. Mit etwas Glück können wir gleich einen Bewohner dieses Sonnensystems sehen.«

Wäre die GOOD HOPE kein halbes Wrack gewesen, stünde die Bildwiedergabe längst zur Verfügung. Dennoch war das teilzerstörte arkonidische Beiboot immer noch vielen überlichtfähigen Raumschiffen anderer Völker überlegen. Dass die Bewohner dieses Sonnensystems etwas Gleichwertiges aufweisen konnten, wagte Thora zu bezweifeln. Diesen Nachteil würden sie allerdings im Zweifelsfall durch schiere Masse leicht wettmachen, und für die GOOD HOPE gab es nun einmal keinen Nachschub, keine weiteren Einheiten, um sie zu unterstützen. Also galt es, extreme Vorsicht walten zu lassen, solange nicht feststand, was es mit dem etwas exzentrisch formulierten Notruf auf sich hatte.

Noch ehe die Entschlüsselung eine holografische Bilddatei lieferte, erbebte die Zentrale. Ein Stoß durchlief die GOOD HOPE, den die Absorber nicht neutralisieren konnten. Metall ächzte, schriller Lärm hallte durch den Raum.

Thora spannte sich an und fing den Ruck ab; Rhodan gelang es ebenfalls. Rod Nyssen stürzte, und Anne Sloane stieß einen kurzen Schrei aus. Die anderen nahm Thora nicht wahr. Mit einem tausendfach geübten, routinierten Handgriff gab sie automatisch Befehle in die leuchtenden Schaltflächen ein. Sie musste dazu noch nicht einmal den Blick senken.

Das Hologramm der inneren Planeten erlosch. Ein letzter Lichtpunkt irisierte und verwehte. Stattdessen baute sich ein anderes Bild auf, schematisch und stilisiert; eines, das nicht mehr darauf abzielte, durch optische Details Eindruck zu schinden, sondern das nüchterne, effektive Informationen lieferte.

Es war genauso, wie Thora befürchtet hatte. Schiffe stürzten mitten im System in den Normalraum zurück. Große Schiffe. Kriegsschiffe. Und, bei allen Sternengöttern, die GOOD HOPE steckte mittendrin!

2.

Eine Spindel in der Wüste

Sid González

Der ehemals dicke Junge schwitzte in der Hitze der Wüste Gobi. Er produzierte schon immer viel zu viel Schweiß und stank dann wie fauliger Seetang; so hatten es die anderen Straßenjungen zumindest bezeichnet. Inzwischen war er dürr und am Ende seiner Kräfte, weil seine Teleportergabe ihn auszehrte – aber das Schwitzen war nicht verschwunden.

Mist.

Es gehörte zu den Sachen, die er an sich überhaupt nicht mochte. Die Liste war auch sonst nicht gerade kurz, obwohl er sich hütete, mit jemandem darüber zu reden. Was Sid González von Sid González hielt, ging nur ihn selbst etwas an.

»Ich wollte schon immer Außerirdische sehen«, sagte er, »und die Arkoniden sind ja auch klasse. Na ja, manche davon. Darum bin ich auf diese Fantasy-Leute erst recht gespannt.« Das konnte er tatsächlich kaum abwarten.

»Fantan-Leute«, verbesserte Sue, die zierliche, kleine, verstümmelte Sue Mirafiore mit nur einem Arm. Sid sah ihr an, dass sie am liebsten gerannt wäre, um schneller voranzukommen, doch Reginald Bull hatte ihnen eingetrichtert, einen ruhigen und gelassenen Eindruck zu erwecken. Und das hieß vor allem, auf keinen Fall zu rennen. »Fantan«, wiederholte sie. »Nicht Fantasy, kapierst du das?«

Sid tippte sich an die Stirn. »Ist klar. Kann mir eben auch nicht jedes dämliche Detail sofort merken, was der alte Crest so von sich gibt. Was hat er denn erzählt über diese … äh …«

»Fantan«, sagte Sue so langsam, als würde sie zu einem kleinen Kind sprechen. Dabei hob sich ihr Armstumpf, was an ihrem T-Shirt im Schulterbereich seltsam aussah. Der Stoff beulte sich aus.

Sieht aus, als krabble darunter eine riesige Spinne, dachte Sid. Er zog die Nase hoch. Er war müde und schlecht gelaunt. Trotzdem mochte er Spinnen. Wenn ich kein Teleporter wäre, hätte mich Reginald Bull garantiert nicht für diese Erstkontakt-Mission ausgewählt. Ich würde zwar eine Menge verpassen, aber ich könnte auch gemütlich auf irgendeiner Couch in Terrania herumliegen und ein Nickerchen halten. Doch gedanklich vor sich hin zu jammern, half ihm bestimmt nicht weiter. »Also, was hat Crest über diese Leute gesagt?«

»So gut wie nichts«, mischte sich Reginald Bull zum ersten Mal in das Gespräch ein. »Das ist das Problem. Unsere Informationen sind sehr spärlich. Der alte Arkonide hat das Spindelraumschiff gesehen, als es neben Terrania zur Landung ansetzte, und gemeint, dass es wahrscheinlich den Fantan gehört. Das war's schon.«

»Super.« Sid gab einen knurrenden Laut von sich. »Das hätte ich auch noch hinbekommen. Mal schnell einen Namen erfunden. Passt auf.« Er verstellte die Stimme. »In dem Schiff sitzen möglicherweise die Jeroen-Leute. Das ist rasch gesagt. Und wenn es später doch nicht stimmt, hat man ja keinen Fehler gemacht.«

»Was soll das, Sid?« Sue klang aggressiv wie eine angreifende Klapperschlange. »So hat Crest das bestimmt nicht gemeint.«

Er wusste selbst nicht, was mit ihm los war. Vielleicht war es die Müdigkeit oder dieses Gefühl, dass ihm diese ganze Sache über den Kopf wuchs. Die Angst. Sein Leben. Es war alles so schnell gegangen. Wo war sie hin, die Zeit, als er noch ein Straßenjunge gewesen war, ein Niemand, nach dem sich keiner umdrehte und der tun und lassen konnte, was immer er wollte?

Inzwischen galt er – bei aller Bescheidenheit – als einer der wichtigsten Leute auf der Erde. Ein Teleporter. Einer, den man auswählte, wenn es darum ging, den Erstkontakt zu einem fremden Sternenvolk herzustellen, das soeben mit einem äußerst seltsam aussehenden, verdammt riesigen Raumer einfach so, ohne Vorankündigung, direkt neben dem entstehenden Terrania gelandet war. Der neuen, geplanten Hauptstadt der friedlich vereinten Erde, wenn es nach Rhodan und den anderen Träumern ging, zu denen er selbst gehörte.

Das Schiff dieser Fantan-Leute – Sid hatte sich bewusst so schnoddrig gegeben, als hätte er den Namen vergessen – sah aus, als wäre ein geisteskranker Ingenieur und Raumschiffsdesigner auf die Idee gekommen, zwei halbe Torpedos mit den Spitzen aneinanderzumontieren. Oder, um Reginald Bulls nüchterne Beschreibung zu benutzen, es besaß die Form einer Spindel. Damit allerdings konnte Sid nichts anfangen. Er hatte nie zuvor eine Spindel gesehen. Und wahrscheinlich hatte noch nie irgendein Mensch auf diesem Planeten auf eine Spindel gestiert, die derart riesig in den Himmel ragte.

400 Meter lang, hatte Bull gesagt, als er das Pod darauf gerichtet und eine Fernmessung angestellt hatte. Vierhundert Meter! Darin konnten Hunderte oder Tausende dieser Außerirdischen namens Fantan sitzen. Eine ganze Armee, die zuerst Terrania und danach alle Großmächte auf der Erde plattmachte.

Zack, und das war sie gewesen, die Geschichte von Sid González, Sue Mirafiore, Reginald Bull und den anderen so genannten Helden. Over und out, Ende.

Dass es nicht so kam, dafür wollten fünf Leute sorgen:

Reginald Bull, seines Zeichens momentan Boss von Terrania, solange Perry Rhodan abwesend war.

Eric Manoli, ehemaliger Bordarzt der STARDUST und Lebensretter von Crest.

Sue Mirafiore, das Mädchen, das jünger aussah, als es war, und das eine seltsame Parabegabung aufwies. Wenn man Paragaben nicht sowieso als seltsam ansah. Sid jedenfalls hatte sich an seine eigene immer noch nicht gewöhnt.

Außerdem ging Tatjana Michalowna mit ihnen, die bis vor Kurzem willige Handlangerin der entsetzlichsten Kreatur gewesen war, die Sid sich nur vorstellen konnte. Ihr Atem roch schlecht und stank manchmal nach Alkohol. Inzwischen schienen Leute wie Crest und Bull allerdings große Stücke auf sie zu halten.

Und er, Sid González, war der Fünfte in der Runde. Sein echter Vorname lautete Chico, aber den hatte er schon fast vergessen. Er war ein ganz normaler Junge. Zumindest wäre er das gern gewesen. Er hatte sich nicht ausgesucht, ein telekinetisch begabter Held zu sein. Aber er freute sich auch auf das, was ihnen bevorstand. Sein Leben lang war er Weltraum- und Science-Fiction-Fan gewesen, hatte von genau einem Moment wie diesem immer wieder geträumt …

Die allgegenwärtige Hitze der Wüste Gobi ließ die Luft flirren. Die ständig durch den Einsatz von Roboterheeren wachsenden Gebäude Terranias blieben zurück. Die kleine Gruppe erreichte die Stadtgrenze. Nicht weit entfernt stand das Spindelschiff der Fantan. Darin wartete …

… ja, was? Das Verderben? Ein feindliches Heer? Freundliche Außerirdische, die ihnen die Hände schüttelten? Wie sahen sie wohl aus? Auch so menschenähnlich wie die Arkoniden? Ähnelten alle Völker im All einander so sehr? Oder würden sie gleich intelligente Pilze treffen, die nicht redeten, um zu kommunizieren, sondern ihre Sporen in genau dosierten Wolkenstößen verströmten?

Bei dem Gedanken musste Sid grinsen. Wahrscheinlich hatte er doch zu viele Weltraum-Science-Fiction-Comics gelesen. Intelligente Pilze. So ein Unfug. Das Grinsen verwandelte sich in ein Lachen.

Tatjana Michalowna beugte sich zu ihm. »Was ist so lustig, Junge?«

Sie sah sexy aus, auf ihre Art. Nicht Sids Typ und viel zu alt, aber sexy. Doch, das konnte er nicht leugnen. Trotzdem mochte er sie nicht leiden. Sie hatte mit Clifford zusammengearbeitet, dem Mutanten, der ihm jahrelang entsetzliche Angst eingejagt und sein Leben zur Hölle gemacht hatte. »Das kapierst du nicht.«

»Du nimmst das alles wohl nicht ernst? Es ist sehr gefährlich!«

»So? Sie greifen uns nicht an. Mit einem so riesigen Schiff hätten sie doch mit Leichtigkeit ein paar Bomben auf Terrania werfen können, und es wäre nur ein Schutthaufen geblieben.«

Sie erwiderte nichts, obwohl ihr Mund halb offen stand, als ob sie etwas sagen wollte. Ihre Zähne waren leicht gelblich verfärbt, wie Elfenbein, fand Sid.

»Weißt du«, meinte er, »ich stelle mir eine Menge Fragen. Ich weiß nicht, wie es dir geht, aber …«

»Bitte seid still«, unterbrach Reginald Bull. Der bekennende Nachrichtenjunkie tippte auf seinem Pod, hielt den Blick darauf gerichtet und hob ihn nur manchmal, um zu dem riesigen Spindelschiff zu schauen. »Wir müssen uns konzentrieren.«

Sid deutete auf den tragbaren Minicomputer. »So wie du, ja?«

»Er versucht uns den Hintern zu retten«, erläuterte Eric Manoli. »Der Landeplatz wird weiträumig abgesperrt, damit uns niemand in die Quere kommt. Es braucht eine Menge Leute, die sich darum kümmern. Bai Jun zum Beispiel oder John Marshall. Menschen mit mehr Erfahrung, als du sie hast, Sid. Das alles will organisiert sein. Also bitte, Sid, reiß dich am Riemen!«

Der Junge knirschte mit den Zähnen. Ein Funke tanzte zwischen seinen Fingern. Nicht jetzt! »Verstanden«, sagte er und ging weiter, dem Fantan-Raumer entgegen.

Die Russin Tatjana Michalowna kam ihm so nahe, dass ihre Arme sich berührten. »Ich verstehe also nicht, warum du gelacht hast?« Sie flüsterte die Worte, vielleicht, damit Reginald Bull und die anderen nichts davon mitbekamen. »Dabei vergisst du eins, Junge. Ich bin Telepathin.«

Er starrte sie wütend an. Sie lächelte nur. »Raus aus meinem Kopf!«, verlangte er.

»Ich war nie drinnen. Bleib ruhig. Ich stehe auf deiner Seite.«

»Vielleicht habe ich gar keine Seite«, murmelte er. Es war gar nicht für Tatjanas Ohren bestimmt, sondern nur Ausdruck seiner plötzlichen Wut. Aber ihm war klar, dass er Perry Rhodan unterstützen wollte, und darum Reginald Bull. Und wenn es sein Job war, die Erde vor dieser Fantan-Spindel zu retten, dann würde er das tun, sogar gemeinsam mit Leuten wie dieser Russin.

»Eins noch, ehe wir dort vorne mal kräftig anklopfen«, sagte Bull. »Crest kennt diesen Raumer. Oder besser gesagt: Er kennt diese Art von Raumschiff. Es handelt sich um einen ausrangierten Arkoniden-Transportraumer.«

»Ich dachte, um ein Fantan-Schiff«, wandte Sue ein.

Kleine, ahnungslose Sue. »Hast du nicht zugehört?« Sid räusperte sich. »Eine ausrangierte Baureihe. Wahrscheinlich haben diese Fantan-Kerle es aufgekauft.«

Reginald Bull ließ den Pod in seiner Hosentasche verschwinden. »Viel wichtiger ist noch etwas anderes. Dieser Gigant ist kein Kriegsschiff. Das beweist zwar nicht, dass darin keine Feinde sitzen, die eine Invasion planen, aber es gibt mir Hoffnung. Und Hoffnung ist immer gut.«

»Sie lässt nicht zuschanden werden«, sagte Tatjana mit eigenartiger Betonung.

Sid kam dieser Spruch irgendwie bekannt vor, als hätte er ihn schon einmal gehört, aber er konnte ihn nicht zuordnen. Egal. Das war eines der unwesentlichen Details.

Seltsam, was einem alles durch den Kopf geht und worüber man sich unterhält, während man auf den Erstkontakt mit einem fremden Volk wartet, dachte Sid. Der menschliche Geist war erfinderisch, wenn es darum ging, sich von dem Unfassbaren abzulenken.

Die kleine Gruppe ging noch ein Stück weiter, und ehe Bull tatsächlich anklopfen musste, indem er gegen die Metallhülle hämmerte, klackte es, und ein Schott schob sich dicht über dem Boden langsam – sehr langsam – zur Seite.

Dahinter kam das seltsamste Ding zum Vorschein, das Sid jemals gesehen hatte.

Reginald Bull

Während sich das Schott in dem fremden Raumer öffnete, hakte Reginald Bull in Gedanken noch einmal alle Punkte ab. Nicht zum ersten und ganz sicher auch nicht zum letzten Mal.

Er hatte sein Team in aller Schnelligkeit zusammengestellt, ohne lange nachdenken zu können und ohne besonders wählerisch sein zu dürfen, denn alle hatten nicht nur vor Ort in Terrania, sondern sogar in unmittelbarer Nähe sein müssen. Dennoch war er sehr zufrieden mit der Auswahl.

Tatjana Michalowna, als Telepathin von unschätzbarem Wert, wenn es darum ging, die Fremdwesen einzuschätzen: Check!

Sid González, als Teleporter ihre bewegliche, personifizierte Exit-Strategie, der Weg in die Sicherheit: Check!

Sue, als Verstärkerin der Psi-Gaben der anderen Mutanten und trotz ihres jugendlichen Alters als weise Ratgeberin: Check!

Eric Manoli, als Arzt unter möglicherweise fremdartigen Bedingungen im Spindelschiff wichtig, aber vor allem die Besonnenheit, die Reginald selbst fehlte, in Person: Check!

Zuverlässige Leute wie Bai Jun, John Marshall, Allan Mercant und Lesly Pounder, die wussten, was Verantwortung war und das Gebiet rund um den Landeplatz abriegelten, so dass er sich darum nicht auch noch kümmern musste: Check!

Mehr Zeit zum Nachdenken blieb nicht. Es hätte ohnehin nichts genutzt. Sie mussten die Reaktion der Fremden abwarten, mochten sie nun, wie von Crest vermutet, Fantan-Leute sein oder nicht.

Das Schott gab den Blick auf etwas frei.

Oder – auf jemanden? War das einer der Außerirdischen? Bull, dem bereits sein Name und eine möglichst lockere Begrüßungsfloskel auf den Lippen lag, schluckte beides wieder hinunter. Ihm verschlug so leicht nichts die Sprache, aber dieser Anblick war einfach unfassbar.

Das Ding – Bull schämte sich ein wenig für diese Bezeichnung, die sich in seine Gedanken drängte – mochte knapp zwei Meter groß sein. Mit diesem doch sehr allgemeinen und vagen Merkmal endete bereits die Ähnlichkeit zu einem Menschen oder auch einem Arkoniden.

Es sah aus wie ein feingeschuppter Zylinder mit abgerundeten Enden.

Es – oder er. Der Fantan-Mann. Oder die Fantan-Frau. Falls es diesen Unterschied überhaupt gibt. Bull hörte Eric Manoli ächzen. Von Sid kam ein erstickter Laut. Aus dem Augenwinkel sah er, wie der Junge einen Augenblick lang taumelte. Vielleicht ist es zu viel für ihn. Ich weiß ja nicht mal, ob es zu viel für mich ist!

Dieses Wesen konnte ebenso gut einem uralten Schwarz-Weiß-Science-Fiction-Film entstiegen sein wie einem technisch perfekten 3-D-Schocker. Aber in der Realität hatte es nichts zu suchen. Noch nicht einmal in der Post-STARDUST-Zeit voller Arkoniden und Überlichtgeschwindigkeits-Raumschiffen, mit denen Perry Rhodan mal eben 27 Lichtjahre zum nächsten Sonnensystem flog!

In der oberen Hälfte des Zylinderkörpers gab es mehrere Öffnungen, die wie dunkle Löcher aussahen. Bull fragte sich, ob es sich um Sinnesorgane handelte, um Münder, vielleicht Nasen, Ohren oder Augen.

Gliedmaßen ragten an scheinbar völlig willkürlichen Stellen von dem Körper weg. Insgesamt fünf, nein sechs solcher … Arme und Beine entdeckte Bull. Auf zweien davon stand der Zylinderkörper, zwei weitere hielten etwas, das Reginald Bull nicht erkennen konnte; er sah lediglich ein metallisches Blitzen, als sich das Wesen vorbeugte und ein Sonnenstrahl darauf fiel.

Auf einem der freien Extremitäten, die er eben noch als Arm eingeschätzt hatte, ruhte der Fantan im nächsten Augenblick. Die ganze Gestalt hüpfte aus dem Schott und landete auf dem Boden der Wüste Gobi.

Einer kleiner Schritt für ihn, schoss es Bull durch den Kopf, aber ein großer Schritt für die Fantan-Leute. Fast hätte er gelacht, egal wie unangemessen es in dieser Situation sein mochte. Im nächsten Augenblick nahm ihn das bizarre Geschehen wieder gefangen.

Ein zweiter Zylinderkörper tauchte im offenen Schott auf. Spontan hielt Bull ihn dem ersten Alien für absolut ähnlich, als sei er diesem aus dem Gesicht – das es nicht gab – geschnitten. Dann erkannte er die Unterschiede, die am augenscheinlichsten darin bestanden, dass der Neuankömmling zwar auch sechs Gliedmaßen besaß, diese aber an völlig anderen Stellen aus dem Körper ragten. Ob sie vollbeweglich über den Leib wandern konnten? Oder von Geburt an je nach Individuum verschiedenartig ansetzten? Gab es für diese Wesen überhaupt eine Geburt?

Tausend Fragen stürzten auf Reginald Bull ein, und ihm wurde wieder einmal klar, dass er so gut wie nichts wusste über die Wunder, die der Kosmos bereithielt. Die ganze Menschheit, die sich für ach so unendlich schlau hielt mit ihrer Wissenschaft und Bildung, musste umdenken. Sie war nur ein Staubkorn, stolz darauf, sich selbst zu verstehen – und blind dafür, dass rundum eine riesige Wüste existierte.

Plötzlich flirrte es in der Hand der Gestalt, die das Spindelschiff verlassen hatte. Etwas sirrte auf Bull und seine Begleiter zu.

Sid schrie, Reg sah im Augenwinkel Funken sprühen. »Nicht springen!«, rief er dem Jungen zu. Sie durften sein Geheimnis nicht offenbaren, nicht ohne echte Gefahr, denn das, was auf sie zuflog, konnten keine Schüsse sein. Es ging viel zu langsam.

Vor Bull und den anderen landeten kleine silberne Scheiben auf dem Boden. Wie CD-Rohlinge aus meiner Jugend, dachte er.

Er bückte sich, hob seine Scheibe auf. Sie fühlte sich kühl an. Bei dem Gedanken, dass eben noch ein vollkommen fremdartiger Außerirdischer sie berührt hatte, überlief ihn ein Schauer. Was, wenn er sich allein durch die Berührung mit irgendeinem Virus oder Bakterium infizierte, das aus einer fremden Welt stammte?

In Gedanken hielt er dagegen, dass die Fantan sicher einen einfacheren Weg wüssten, um ihn umzubringen. Und wenn sie mit ihrem riesigen Schiff nur mitten in Terrania gelandet wären und alles unter sich zermalmt hätten. Andererseits konnte der Fantan vielleicht gar nicht wissen, dass er für Menschen tödliche Keime mit sich trug. Und wiederum andererseits war ein Weltraumreisender garantiert erfahren genug, um keine solchen Fehler zu begehen.

Seine Gedanken drehten sich erstaunlich schnell im Kreis, er argumentierte vor sich selbst hin und her. Bis er sah, dass seine Begleiter ihre Silberscheiben ebenfalls aufhoben. Sogar Eric Manoli. Also sterben wir wenigstens alle gemeinsam, wenn es sein muss.

Von dem Fantan kamen unverständliche Laute. Bull sah den Fremden an, während die Scheibe leicht zu vibrieren oder in einem unhörbaren Rhythmus zu schwingen begann. Das Wesen hob eine seiner Extremitäten; in der Hand glitzerte ebenfalls eine der Scheiben. Damit hielt es sie sich gegen den Zylinderleib, dicht unterhalb eines der klaffenden, dunklen Löcher.

Die stumme Aufforderung war klar. Der Außerirdische bat darum, dass sie ebenso verfuhren.

Bull zögerte keine Sekunde. Alles oder nichts! Er hob sich die silbrige Scheibe an die Brust und war nicht einmal überrascht, dass sie dort selbsttätig haften blieb, während sie in seinen Händen keinerlei Anzeichen gezeigt hatte, kleben zu bleiben.

Im gleichen Moment verwandelten sich die unverständlichen Laute des Fantan in klare Worte in perfekt reinem Englisch. Ein Translator, dachte Bull. Diese Scheiben sind automatische Übersetzungsmaschinen. Dann erst wurde ihm klar, was der Außerirdische gesagt hatte, und diese erste Botschaft eines fremden Volkes mutete in höchstem Maß seltsam an: »Was wollen Sie von uns?«

Er fragt uns, was wir von ihm wollen? Reginald Bull konnte es kaum fassen. »Genau dasselbe wollte ich auch gerade fragen!«, rief er.

In diesem Augenblick rasten ein Dutzend und mehr tellerförmige, mehrere Meter durchmessende Objekte aus dem Spindelschiff und jagten in alle Himmelsrichtungen davon. Beiboote, die ausschwärmten, um sich im Umfeld oder sogar im ganzen Land oder der ganzen Welt zu verteilen.

Also doch eine Invasion, dachte Bull bitter. Aber noch war das letzte Wort nicht gesprochen. Er hob seine zur Faust geballte Rechte und legte sie auf die Silberscheibe, als könnte er damit den Kontakt zu den Fremden verstärken. »Ich habe Ihnen etwas zu sagen!« Denn ein Reginald Bull ließ sich so leicht nicht unterkriegen …

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Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
11 kasım 2024
Hacim:
1515 s. 10 illüstrasyon
ISBN:
9783845333847
Telif hakkı:
Bookwire
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