Kitabı oku: «Der Tunnel», sayfa 6
Auf Sohle 8 arbeiteten einhundertundachtzig Menschen — und doch sah Mac selten jemand. Zuweilen einen Steiger, den Schießmeister, das war alles. Es war stets ein Ereignis, wenn irgendein Lämpchen im finsteren Stollen auftauchte und ein einsamer Wanderer angestapft kam. Seine ganze Schicht lang fuhr Mac in diesen öden, schwarzen, niedern Gängen hin und her. Er sammelte die Kohlenkarren bei den Flözen und Bremsbahnen und fuhr sie zum Schacht. Hier hängte er sein Pferd vor den fertigen Zug, leere Hunde, Hunde mit Gestein zum Ausfüllen der abgebauten Flöze, mit Stempeln, Balken und Brettern zum Verzimmern der Stollen, und brachte die Wagen an die betreffenden Stellen. Er kannte das ganze Labyrinth der Stollen, jeden einzelnen Balken, den der hereindrückende Berg geknickt hatte, alle Flöze, sie mochten heißen George Washington, Merry Aunt, Fat Billy oder wie immer. Er kannte die Wettervorhänge, aus denen schwere Grubengase stiegen. Er kannte jeden „Sargdeckel“, ins Gestein eingesprengte kurze Säulen, die plötzlich herausfahren können, um dich an die Wand zu nageln. Er kannte die Wetterführung genau, Türen, die der stärkste Mensch nicht öffnen konnte, bevor er nicht die dagegenpressende Luft durch ein kleines Fenster in der Türe hatte ausströmen lassen — dann pfiff die Luft wie ein eisiger Sturmwind. Und wieder, da gab es Stollen voll dumpfer, heißer Luft, daß einem sofort der Schweiß vom Gesicht stürzte. Hundertmal in der Schicht durchquerte er diese eisigen und kochenden Stollen, ganz wie es tausend Pferdejungen in diesem Augenblick tun.
Nach der Schicht fuhr er aus mit den Kameraden im aufwärtsschießenden, klirrenden Korb, aus und wieder ein, ohne sich dabei etwas zu denken, genau wie ein Clerk den Lift nimmt, um in seine Office und von der Office auf die Straße zu kommen.
Da drunten auf Sohle 8 machte Mac die Bekanntschaft von Napoleon Bonaparte, gekürzt Boney. So hieß sein Schimmel. Boney hatte Jahre da unten in der Dunkelheit zugebracht und war halb blind. Sein Rücken war gebogen und der Kopf bis zum Boden gesenkt, von dem ewigen Bücken in den niedrigen Stollen. Boney hatte sich in den Pfützen zwischen den engen Schienen die Hufe breitgetreten, so daß sie wie Kuchen waren. Er war aus den besten Jahren heraus und die Haare gingen ihm aus. Um die Augen und die Nüstern hatte er fleischrote Ringe, die nicht hübsch aussahen. Dabei aber ging es Boney prächtig, er war dick und fett und phlegmatisch geworden. Er ging stets im gleichen Trott. Sein Gehirn hatte sich auf diesen Trott eingestellt und er konnte jetzt nicht mehr anders. Mac konnte mit der Bürste (von ihr wird gleich die Rede sein) vor ihm hertanzen — Boney ging nicht rascher. Mac konnte ihn schlagen — da tat dann Boney, der alte Schwindler, als werde er eifriger, er zeigte seinen Willen, nickte rascher mit dem Kopf, klatschte nachdrücklicher in den Schmutz — aber er ging nicht rascher.
Mac behandelte ihn nicht besonders zärtlich. Wenn er Boney zur Seite haben wollte, so rannte er ihm den Ellbogen in den Wanst; anders tat es Boney nicht, denn obwohl er sah, daß er Platz machen sollte und die Ohren spitzte, ließ er es erst zu Rippenstößen kommen. Wenn Boney einschlief, was häufig vorkam, so schlug ihn Mac mit der Faust auf die Nase — denn Mac mußte fördern und flog hinaus, wenn er seine Karren nicht bewältigte. Er konnte keine Rücksicht nehmen. Trotz alledem waren sie gute Freunde. Zuweilen — wenn Mac sein Repertoire abgepfiffen hatte — klopfte er Boney auf den Hals und plauderte mit ihm: „He, old Boney, how are you to-day, old fellow? All right, are you?“ —
Nach halbjähriger Bekanntschaft fiel es Mac auf, daß Boney schmutzig war. Er sah nur hier in der Finsternis, bei der Lampe, wie ein Schimmel aus. Hätte man ihn ans Tageslicht gebracht — holy Gee! — wie hätte Boney sich schämen müssen!
Mac nahm einen Anlauf und kaufte einen Striegel. In Boneys Kopf war keine Erinnerung mehr an diesen Komfort, das sah Mac, denn Boney wandte den Kopf. Das tat er aber selbst dann nicht, wenn neben ihm gesprengt wurde. Dann schwang Boney seinen dicken Hängebauch vor Vergnügen hin und her, um die Wollust des Bürstens auszugenießen. Mac versuchte es auch mit Wasser, denn er hatte es sich in den Kopf gesetzt, Boney schneeweiß herzurichten. Aber sobald Boney Wasser spürte, zuckte seine Flanke, als fahre ein elektrischer Strom durch ihn, und er wechselte unbehaglich die Füße. So blieb es beim trockenen Striegeln. Und wenn Mac lange genug striegelte, so streckte old Boney plötzlich den Hals vor und ließ ein tremulierendes, weinerliches Hundeheulen hören — die Ruine eines Gewiehers. Dann lachte Mac, daß der Stollen hallte. —
Mac hat Boney geliebt, ohne Zweifel. Noch heute spricht er zuweilen von ihm. Er hat ein außergewöhnliches Interesse für alte, krummrückige, fette Schimmel, und manchmal bleibt er stehen und klopft den Hals eines Schimmels und sagt: „So sah Boney aus, Maud, siehst du, genau so!“ Aber Maud hat so viele verschiedene Boneys schon gesehen, daß sie an der Ähnlichkeit mit dem old Boney zweifelt. Mac versteht nichts von Gemälden und hat nie einen Cent dafür ausgegeben. Aber Maud entdeckte einen primitiv gemalten, alten Schimmel unter seinen Sachen. Sie war übrigens schon über zwei Jahre mit Mac verheiratet, als ihr seine Sympathie für alte Schimmel auffiel. Einmal, in den Berkshirehills, hielt er plötzlich das Auto an.
„Sieh dir mal den Schimmel an, Maud!“ sagte er und deutete auf einen alten Schimmel, der am Weg vor einem Bauernkarren stand.
Maud mußte laut heraus lachen. „Aber Mac, das ist ein alter Schimmel, wie es Tausende gibt.“
Das sah Mac natürlich ein und er nickte. „Das mag schon sein, Maud, aber ich hatte einmal genau den gleichen Schimmel.“
„Wann?“
„Wann?“ Mac sah an ihr vorbei. Es gab nichts, was ihm schwerer wurde, als von sich selbst zu sprechen. „Das ist schon lange her, Maud. In Uncle Tom.“
Noch etwas hat Mac aus Uncle Tom mitgebracht. Das ist ein gellender Raubvogelschrei — hej! — hej! — den Mac unwillkürlich ausstößt, wenn ihm jemand vor den Reifen des Autos herumläuft. Diesen Schrei hat er in Uncle Tom gelernt. Damit trieb er Boney an, wenn er abfahren wollte, und damit stoppte er Boney, wenn ein Wagen aus den Schienen gesprungen war.
Mac war fast drei Jahre auf Sohle 8 und hatte den halben Erdumfang in den Stollen von Uncle Tom zurückgelegt, als die Grubenkatastrophe eintrat, an die sich heute noch viele erinnern. Sie kostete zweihundertundzweiundsiebzig Menschen das Leben, aber sie sollte Macs Glück werden.
In der dritten Nacht nach Pfingsten, um drei Uhr morgens, ereignete sich eine Explosion schlagender Wetter in der untersten Sohle von Uncle Tom.
Mac brachte seinen Zug leerer Hunde zurück und pfiff einen Gassenhauer, den gegenwärtig der Phonograph in Johnsons „Saloon“ jeden Abend brüllte. Plötzlich hörte er durch das Gerassel der eisernen Hunde hindurch ein fernes Donnern und blickte sich ganz mechanisch um, immer noch pfeifend: da sah er, wie die Stempel und Balken wie Streichhölzer knickten und der Berg hereinbrach. Er riß Boney mit aller Gewalt am Halfter und gellte ihm in die Ohren: „Hej, hej! Git up — giit up!“ Boney, der erschrak und die Stempel hinter sich krachen hörte, versuchte einen Galopp, old Bonaparte streckte seinen plumpen Leib, daß er ganz flach lag, warf die Beine hinaus zu einem verzweifelten finish — dann verschwand er unter dem stürzenden Gestein. Mac lief wie besessen, denn der Berg kam hinter ihm her. Es galt! Aber zu seinem Entsetzen sah er, daß die Stempel und Balken vor ihm ebenfalls knackten und die Decke sich senkte. Da drehte er sich ein paarmal im Kreise, wie ein Kreisel, die Hände an den Schläfen und stürzte in einen Seitenverschlag. Der Stollen brach donnernd zusammen, der Seitenverschlag krachte, und gehetzt von stürzendem Gestein flog Mac dahin, rasend und flink. Endlich lief er nur noch im Kreise, die Hände am Kopf, und schrie!
Mac zitterte an allen Gliedern und war ganz ohne Kraft. Er sah, daß er in den Pferdestall gelaufen war, was Boney ebenfalls getan haben würde, wenn ihn der Berg nicht erfaßt hätte. Er mußte sich setzen, da ihn die Knie nicht mehr trugen, und da saß er nun, betäubt vom Schrecken, und dachte eine Stunde lang gar nichts. Endlich beschäftigte er sich mit seiner Lampe, die ganz winzig brannte, und leuchtete die Umgebung ab; er war vollkommen eingeschlossen von Geröll und Kohle. Er versuchte zu denken, wie es gekommen war, aber es fiel ihm gar nichts ein.
So saß er lange Stunden. Er weinte aus Verzweiflung und Verlassenheit, dann raffte er sich zusammen. Er nahm ein Stück Kaugummi und seine Lebensgeister kehrten zurück.
Es war eine Schlagwetter- oder Kohlenstaubexplosion, das stand fest. Boney hatte der Berg erschlagen — und ihn, nun ihn würden sie wohl herausgraben!
Mac saß neben seiner kleinen Lampe am Boden und begann zu warten. Er wartete ein paar Stunden, dann überschlich ihn eine eisige, kalte Angst, und er fuhr erschrocken auf. Er nahm die Lampe und ging in die Stollen links und rechts hinein und leuchtete das Geröll ab, ob kein Weg offen sei. Nein! Es blieb also nichts übrig, als zu warten. Er untersuchte die Futterkiste, setzte sich auf den Boden, und ließ die Gedanken in seinem Kopfe tun, was sie wollten. Er dachte an Boney, an Vater und Fred, die mit ihm eingefahren waren, an Johnsons Bar. An das Lied des Phonographen. An den Pokerspielapparat in Johnsons Bar. Und in Gedanken spielte er eine unendliche Serie von Spielen: er warf seine fünf Cent ein, drehte die Kurbel, ließ los — und merkwürdig, immer gewann er: full hand, royal flush ...
Aus diesem Spiel erweckte ihn ein eigentümlicher Laut. Es zischte und knackte wie im Telephon. Mac lauschte angestrengt. Da hörte er, daß er nichts gehört hatte. Es war die Stille. Seine Ohren schliefen ein. Aber diese schreckliche Stille war unerträglich. Er steckte die Zeigefinger in die Ohren und schüttelte sie. Er räusperte sich und spuckte laut aus. Dann saß er, den Kopf gegen die Wand gelehnt und sah vor sich hin auf das Stroh, das für Boney da war. Schließlich legte er sich auf das Stroh, und mit einem jämmerlichen Gefühl der größten Hoffnungslosigkeit schlief er ein.
Er erwachte (wie er glaubte nach einigen Stunden) infolge von Nässe; die Lampe war ausgegangen und er plätscherte mit den Füßen im Wasser, als er einen Schritt machte. Er war hungrig, nahm eine Handvoll Hafer und begann zu kauen. Er setzte sich auf Boneys Barren, zusammengekauert, in die Dunkelheit blinzelnd und kaute Korn um Korn. Dabei lauschte er, aber er hörte weder Klopfen noch Stimmen, nur das Rieseln und Tröpfeln von Wasser.
Die Dunkelheit war furchtbar, und nach einer Weile sprang er herab, knirschte mit den Zähnen und raufte sich das Haar, während er toll vorwärtsrannte. Er stieß gegen die Mauer, rannte zwei-, dreimal den Kopf dagegen und hieb sinnlos mit den Fäusten aufs Gestein ein. Seine verzweifelte Raserei dauerte nicht lange, dann tastete er sich den Weg zum Barren zurück und fuhr fort, Hafer zu kauen, während er die Tränen laufen ließ.
Stundenlang saß er so. Nichts regte sich. Sie hatten ihn vergessen!
Mac saß, kaute Hafer und dachte. Sein kleiner Kopf begann zu arbeiten, er wurde ganz kühl. In dieser furchtbaren Stunde mußte es sich zeigen, was an Mac war. Und es zeigte sich!
Plötzlich sprang er wieder auf den Boden und schwang die Faust in der Luft: „Wenn those blasted fools mich nicht holen,“ schrie er, „so werde ich mich selbst ausgraben!“
Aber Mac begann nicht sofort zu wühlen. Er nahm wieder auf dem Barren Platz und dachte lange und sorgfältig nach. Er zeichnete sich im Kopf den Plan der Sohle beim Pferdestall. Im Südstollen war es unmöglich! Wenn er überhaupt herauskam, so konnte es nur durch Merry Aunt, Pattersons Flöz, sein. Die Abbaustelle dieses Flözes lag siebzig, achtzig, neunzig Schritte vom Stall entfernt. Das wußte Mac ganz genau. Die Kohle in Merry Aunt war schon durch den Druck des Gebirges brüchig geworden. Das war von großer Wichtigkeit.
Noch um ein Uhr hatte er zu Patterson hinaufgeschrien: „He, Pat, Hikkins sagt, wir fördern nur noch Dreck!“
Pats schwitzendes Gesicht war im Lichtkreis der Lampe erschienen und Pat hatte wütend geheult: „Hikkins shall go to the devil, sag’ ihm das, Mac! To hell, Mac! Merry Aunt ist nichts als Dreck, der Berg hat sie zerdrückt. Hikkins soll das Maul halten, Mac, sag’ ihm das, sie sollen besser versetzen!“
Pat hatte das Flöz mit neuen guten Stempeln solid gestützt, denn er hatte befürchtet, daß ihn das Gebirge totschlagen werde. Das Flöz war steil, zweiundfünfzig Meter hoch und führte über eine Bremsbahn auf Sohle 7.
Mac zählte die Schritte ab, und als er siebzig gezählt hatte, wurde ihm eiskalt, und als er fünfundachtzig gezählt hatte und ans Gestein stieß, jubelte er hell auf.
Eiskalt vor Energie, mit harten Sehnen und Muskeln machte er sich sofort an die Arbeit. Nach einer Stunde hatte er — knietief im Wasser stehend — eine große Nische aus dem Geröll geschlagen. Aber er war erschöpft und wurde in der schlechten Luft seekrank. Er mußte ausruhen. Nach einer Pause arbeitete er weiter. Langsam und besonnen. Er mußte die Steine oben und zu beiden Seiten abtasten, um sich zu sichern, nicht verschüttet zu werden, Steinsplitter und Steine zwischen gefährlich hängende Brocken treiben, Stempel und Bretter aus dem Stall zum Stützen holen und die Felsstücke herauswälzen. So arbeitete Mac stundenlang, keuchend, kurz und heiß atmend. Dann war er total erschöpft und schlief auf dem Barren ein. Sobald er erwachte, lauschte er, und als er nichts hörte, machte er sich wieder an die Arbeit.
Er grub und grub. Mac grub auf diese Weise einige Tage — und im ganzen waren es doch nur vier Meter! Hundertmal hat er später geträumt, daß er gräbt und gräbt und sich durchs Gestein wühlt ...
Dann fühlte er, daß er an der Mündung des angeschlagenen Flözes war. Er fühlte es deutlich an dem feinen Kohlenstaub, der da lag von den abgerutschten Kohlen. Mac füllte sich die Taschen mit Hafer und stieg in das Flöz ein. Die meisten Stempel standen, der Berg hatte nur wenig Kohle hereingedrückt, und Mac jauchzte und zitterte vor Freude, als er merkte, daß sich die Kohle leicht wegschieben ließ, denn er hatte zweiundfünfzig Meter vor sich. Sich von Stempel zu Stempel schiebend, stieg er das schwarze Flöz in die Höhe. Zurück konnte er jetzt nicht mehr, denn er verschüttete sich selbst den Weg. Plötzlich spürte er einen Stiefel und am rauhen, abgeschürften Leder erkannte er sofort Pattersons Stiefel. Old Pat lag da, verschüttet, und der Schrecken und das Entsetzen lähmten Mac derartig, daß er lange Zeit untätig kauern blieb. Noch heute wagt er es nicht, an diese grauenhafte Stunde zu denken. Als er wieder zu sich kam, kroch er langsam höher. Dieses Flöz war in normaler Verfassung leicht in einer halben Stunde zu besteigen. Aber da Mac erschöpft und schwach war, die Kohle in ganzen Tonnen wegräumen mußte und vorsichtig erst zu untersuchen hatte, ob die Stempel noch standen, so dauerte es lange bei ihm. Schweißtriefend, zerschlagen erreichte er die Bremsbahn. Diese Bremsbahn führte von Sohle 8 direkt zur Sohle 7.
Mac legte sich schlafen. Er erwachte wieder und kletterte langsam die Gleise hinauf.
Endlich war er oben: Der Stollen war frei!
Mac kauerte sich nieder und kaute Hafer und leckte seine nassen Hände ab. Dann machte er sich auf den Weg zum Schacht. Er kannte die Sohle 7 so genau wie die Sohle 8, aber verschüttete Stollen zwangen ihn immer wieder, den Weg zu ändern. Er wanderte stundenlang, bis das Blut in seinen Ohren rauschte. Zum Schacht mußte er, zum Schacht — die Glocke ziehen ...
Plötzlich aber — als er schon zitterte vor Angst, nun hier eingeschlossen zu sein — plötzlich sah er rötliche Lichtfunken: Lampen! Es waren drei.
Mac öffnete den Mund, um zu schreien — aber er brachte keinen Ton heraus und brach zusammen.
Es ist möglich, daß Mac doch geschrien hat, obschon zwei von den Männern schworen, nichts gehört zu haben, während der dritte behauptete, es sei ihm gewesen, als habe er einen leisen Schrei gehört.
Mac fühlte, daß ihn jemand trug. Dann fühlte er, daß er sich im ausfahrenden Korb befand, und zwar erwachte er, weil der Korb so langsam ging. Dann fühlte er, wie man Decken über ihn breitete und ihn wieder trug — und dann fühlte er nichts mehr.
Mac war sieben volle Tage im Berg eingeschlossen gewesen, obschon er glaubte, es seien nur drei gewesen. Von allen Leuten auf Sohle 8 war er der einzig Gerettete. Wie ein Gespenst kam der Pferdejunge aus der zerstörten Sohle herauf. Seine Geschichte ging seinerzeit durch alle Blätter Amerikas und Europas. Der Pferdejunge von Uncle Tom! Sein Bild, wie man ihn hinaustrug, zugedeckt, und seine geschwärzte kleine Hand hing herab, wie er im Hospital im Bett aufrecht saß, erschien in allen Journalen.
Die ganze Welt lachte gerührt über Macs erste Bemerkung, als er erwachte. Er fragte den Arzt: „Haben Sie nicht etwas Kaugummi, Sir?“ — Diese Bemerkung war aber ganz natürlich. Macs Mundhöhle war ausgetrocknet, er hätte ebensogut um Wasser bitten können.
Mac war in acht Tagen gesund. Als man ihm auf seine Frage nach Vater und Fred ausweichend antwortete, schlug er die mageren Hände vors Gesicht und weinte, wie ein Knabe von dreizehn Jahren weint, der plötzlich allein auf der Welt steht. Sonst aber ging es dem kleinen Mac vorzüglich. Er wurde gefüttert, alle Welt schickte ihm Kuchen, Geld, Wein. Damit aber wäre Macs Erlebnis zu Ende gewesen, wenn nicht eine reiche Dame in Chikago — gerührt durch das Schicksal des verwaisten Pferdejungen — sich seiner angenommen hätte. Sie leitete fortan seine Erziehung.
Mac kam es nicht in den Sinn, daß man etwas anderes werden könne als Bergmann, und so sandte ihn seine Patronesse auf eine Bergakademie. Nach beendetem Studium kehrte Mac als Ingenieur nach Uncle Tom zurück, wo er zwei Jahre blieb. Darauf ging er in die Silbermine Juan Alvarez in Bolivia — in eine Gegend, wo ein Mann genau wissen mußte, wann der richtige Moment für einen gutsitzenden Faustschlag gekommen war. Die Mine verkrachte und Mac leitete hierauf den Bau der Tunnel der Bolivia-Anden-Bahn. Hier war ihm seine „Idee“ gekommen. Die Durchführung seiner Idee hing von verbesserten Gesteinsbohrern ab — und so machte sich Mac an die Arbeit. Der Diamant der Diamantbohrer mußte durch ein billiges Material von annähernder Härte ersetzt werden. Mac trat bei den Versuchswerkstätten der Edison Works Limited ein und versuchte einen Werkzeugstahl außerordentlicher Härte zu schaffen. Nachdem er zwei Jahre mit Zähigkeit gearbeitet hatte und seinem Ziele nahe war, schied er aus den Edison Works aus und machte sich selbständig.
Sein Allanit machte ihn rasch wohlhabend. Zu dieser Zeit lernte er Maud kennen. Er hatte nie Zeit gehabt, sich um Frauen zu kümmern und machte sich nichts aus ihnen. Maud aber gefiel ihm auf den ersten Blick! Ihr zarter brauner Madonnenkopf, ihre warmen, großen Augen, die in der Sonne bernsteinfarben aufleuchten konnten, ihre ein wenig versonnene Art (sie trauerte damals um ihre Mutter), ihr rasch entzündetes und entzücktes Wesen, all das machte einen tiefen Eindruck auf ihn. Besonders ihr Teint tat es ihm an. Es war die feinste, reinste und weißeste Haut, die er je gesehen hatte, und er begriff nicht, daß sie nicht beim kleinsten Luftzug zerriß. Es imponierte ihm, wie mutig sie ihr Leben in die Hand nahm. Sie gab damals Klavierunterricht in Buffalo und war von früh bis nachts tätig. Er hörte sie einmal über Musik, Kunst und Literatur sprechen — lauter Dinge, von denen er gar nichts verstand — und seine Bewunderung ihres Wissens und ihrer Klugheit war grenzenlos. Er verschoß sich regelrecht in Maud und beging die gleichen Dummheiten wie alle Männer in dieser Lage. Anfangs hatte er gar keinen Mut, und es gab Stunden, da er ehrlich verzweifelt war. Eines Tages aber entdeckte er einen Blick in Mauds Augen — was für ein Blick war es doch? — und dieser Blick gab ihm Mut. Kurz entschlossen machte er ihr einen Antrag, und einige Wochen darauf heirateten sie. Hierauf widmete er drei weitere Jahre rastloser Tätigkeit der Ausarbeitung seiner „Idee“.
Und nun war er Mac, ganz einfach Mac, den die Volkssänger in den Concerthalls der Vorstadt besangen.
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