Kitabı oku: «Europarecht», sayfa 32

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E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa)

Europastrafrecht (Elisabeth Rossa)

I.Begrifflichkeit761

II.Historische Entwicklung762

III.Primärrecht763 – 765

IV.Sekundärrecht766 – 768

V.Völkerrecht769 – 771

Lit.:

C. Bochmann, Entwicklung eines europäischen Jugendstrafrechts, 2009; C. Calliess, Auf dem Weg zu einem einheitlichen europäischen Strafrecht? Kompetenzgrundlagen und Kompetenzgrenzen einer dynamischen Entwicklung, ZEuS (11) 2008, 3; F. Dorra, Strafrechtliche Legislativkompetenzen der Europäischen Union. Eine Gegenüberstellung der Kompetenzlage vor und nach dem Vertrag von Lissabon, 2013; G. Hochmayr, Ne bis in idem. Praxis, Probleme und Perspektiven des Doppelverfolgungsverbots, 2015; T. Schaper, Verfassungsrechtliche Probleme bei der Übertragung von Hoheitsrechten zur Schaffung eines europäischen Strafrechts: eine Untersuchung am Beispiel des Rahmenbeschlusses über den Europäischen Haftbefehl, 2009; S. Weber, Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen und parlamentarische Demokratie, EuR 43 (2008), 88; F. Zimmermann, Strafgewaltkonflikte in der Europäischen Union. Ein Regelungsvorschlag zur Wahrung materieller und prozessualer strafrechtlicher Garantien sowie staatlicher Strafinteressen, 2014.

E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › I. Begrifflichkeit

I. Begrifflichkeit

761

Der Begriff Europastrafrecht mag auf den ersten Blick verwirren. So könnte man annehmen, dass auf europäischer Ebene eine den nationalen Strafgesetzbüchern vergleichbare umfassende Kodifikation verschiedener Straftatbestände existiert. Eine Festschreibung europäischer Strafgewalt wurde indes bislang (noch) nicht unternommen. Vielmehr umfasst das Europastrafrecht diejenigen Normen, welche die EU aufgrund der ihr in den Verträgen zugestandenen Kompetenzen im Bereich des Straf- und Strafverfahrensrechts erlassen hat. Wie bereits aus den Regelungen zur → Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (JZS) deutlich wird, beziehen sich die Kompetenzen der EU vorrangig auf die Harmonisierung der nationalen Strafrechtsordnungen und die Förderung einer sich immer weiter vertiefenden Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Bereich der Umsetzung und Vollstreckung strafrechtlicher Normen. Damit zählen nicht nur die Kompetenznormen des AEU-Vertrages (Rn. 763 ff.), sondern auch das auf dieser Grundlage erlassene → Sekundärrecht (Rn. 766 ff.) zum Europastrafrecht. Darüber hinaus sind auch verschiedene völkerrechtliche Verträge, die Auswirkungen auf die EU zeitigen, unter den Begriff des Europastrafrechts zu fassen (Rn. 769 ff.).

E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › II. Historische Entwicklung

II. Historische Entwicklung

762

Die historische Entwicklung des Europastrafrechts hängt eng mit der Forcierung der JZS und den in diesem Rahmen ergriffenen Maßnahmen zusammen. Die mit dem Vertrag von Maastricht begonnene und mit dem Vertrag von Lissabon bislang erreichte Form der europäischen Integration (→ Europäische Union: Geschichte) erfordert nicht nur eine verstärkte Zusammenarbeit in Wirtschaft und Politik, sondern ebenso im strafrechtlichen Bereich. Das Erfordernis eines einheitlichen → Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts (RFSR) und damit auch möglichst harmonisierter Straf- und Strafverfahrensnormen wurde insbesondere mit dem → Schengener Abkommen und der damit verbundenen innereuropäischen Grenzöffnung relevant. Verblieben die strafrechtlichen Regelungsbereiche zunächst allerdings noch vollständig in nationaler Kompetenz, wurde die Justiz- und Innenpolitik der EU mit dem Vertrag von Lissabon – zumindest in Teilen – supranational ausgestaltet. Damit wurde der EU nunmehr u.a. ermöglicht, Vorschriften zur leichteren gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen der Strafgerichte anderer Mitgliedstaaten zu erlassen. Die Kompetenz zur Rechtsangleichung nationalen Strafrechts steht allerdings unter dem Vorbehalt der Wahrung grundlegender Aspekte der jeweiligen nationalen Strafrechtsordnung, um die Rechtsidentität und Souveränität der Mitgliedstaaten in den sensiblen Bereichen des Strafrechts zu wahren. Die Bedeutung eines solchen Vorbehalts ist gerade i.R.d. Strafrechts nicht zu vernachlässigen, da zwischen den europäischen Mitgliedstaaten nicht nur Unterschiede in der grundsätzlichen Höhe von zu verhängenden Strafen bestehen, sondern bspw. auch die Mitwirkungsrechte der Opfer im Verfahren sowie die Vorschriften zu Haftbedingungen teils stark voneinander abweichen.

E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › III. Primärrecht

III. Primärrecht

763

Weder der EU-Vertrag noch der AEU-Vertrag enthalten eine grundsätzliche und umfassende primärrechtliche Kompetenz zur Setzung von Strafnormen, die in den Mitgliedstaaten unmittelbare Anwendung finden und damit Durchgriffswirkung entfalten. Jedoch beinhalten die Verträge einzelne Bestimmungen, die eine supranational zu verstehende Kompetenz der EU für Teilbereiche des Strafrechts vorsehen und von der die EU mittels → Verordnung Gebrauch machen könnte. Eine solche Ermächtigung der EU wird bspw. in Art. 325 Abs. 4 AEUV gesehen. Hiernach sind das → Europäische Parlament und der → Rat (Ministerrat) dazu ermächtigt, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren (→ Rechtsetzungsverfahren) die erforderlichen Maßnahmen zur Verhütung und Bekämpfung von Betrügereien zu ergreifen, die sich gegen die finanziellen Interessen der Union richten. Darüber hinaus wird die EU über Art. 33 AEUV dazu ermächtigt, Maßnahmen zum Ausbau der Zusammenarbeit im Zollwesen zwischen den Mitgliedstaaten sowie zwischen den Mitgliedstaaten und der → Europäischen Kommission zu treffen. Wie auch bei Art. 325 AEUV enthielt die vorhergehende Fassung der Normen im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft jeweils einen Strafrechtsvorbehalt zugunsten der Mitgliedstaaten, der mit dem Vertrag von Lissabon nunmehr entfallen ist. So kann eine Zusammenarbeit der Zollbehörden auch i.R.d. Strafrechts verstärkt werden, während in diesem Zusammenhang allerdings auch Art. 87 AEUV zu berücksichtigen bleibt, der für eine unionsweite Verbesserung der Zusammenarbeit der Strafverfolgungsbehörden die vorrangige Kompetenz enthält.

764

Neben dem Zollwesen in Art. 33 AEUV wird die Verzahnung der Vorschriften zum RFSR mit dem Europastrafrecht auch in zahlreichen weiteren Bereichen der europäischen Justiz- und Innenpolitik deutlich. So bestimmt sich dessen Umfang zu einem Großteil auch aus der unionsrechtlichen Kompetenz zur Rechtsangleichung. Diese Befugnis findet sich bspw. in Art. 83 Abs. 1 UAbs. 2 AEUV, in welchem eine Beschränkung der Ermächtigung auf die dort genannten Bereiche schwerer Kriminalität vorgenommen wird. Eine Normierung von Mindestvorschriften zur Festlegung von Straftaten und Strafen in Bereichen besonders schwerer Kriminalität kann die EU nach Art. 83 AEUV durch Erlass einer → Richtlinie vornehmen. In Umsetzung dieser und anderer Richtlinien, die gerade ein europaweit einheitliches Rechtsregime zum Ziel haben, kommt u.a. der Grundsatz der unionsrechtskonformen bzw. richtlinienkonformen Auslegung zum Tragen, der eine Berücksichtigung des Unionsrechts bei Anwendung des jeweiligen nationalen Rechts fordert (→ Auslegung des nationalen Rechts). Dadurch kann nicht nur eine gleichförmige Rechtsanwendung, sondern auch der Schutz von Unionsrechtsgütern erreicht werden, die ohne unionsrechtskonforme Auslegung keinem Strafrechtsschutz unterfallen würden.

765

Während Art. 83 AEUV die Angleichung des materiellen Strafrechts ermöglichen soll, gibt Art. 82 Abs. 2 AEUV dem Europäischen Parlament und dem Rat die Kompetenz zur Angleichung des Strafverfahrensrechts. Wie schon bei Art. 83 AEUV (→ Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen [JZS]) steht den Mitgliedstaaten auch bei einer Angleichung der nationalen Rechtsordnungen im Hinblick auf das Strafverfahrensrecht die Möglichkeit einer „Notbremse“ nach Art. 82 Abs. 3 AEUV zu, um grundlegende Aspekte der nationalen Strafverfahrensordnung schützen zu können. Für eine restriktive Auslegung der Kompetenzen der EU in den Bereichen der Rechtsharmonisierung sprach sich auch das Bundesverfassungsgericht in seinem sog. Lissabon-Urteil im Jahre 2009 aus (BVerfGE 123, 267), wobei es sich insbesondere an dem sehr weiten und damit unbestimmten Wortlaut des Art. 83 Abs. 1 AEUV störte.

E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › IV. Sekundärrecht

IV. Sekundärrecht

766

Das unter den Begriff Europastrafrecht zu fassende Sekundärrecht der EU deckt sich weit überwiegend mit den i.R.d. RFSR erlassenen → Rechtsakten. Das Ziel des europäischen Strafrechts liegt wie bei der JZS vornehmlich in einer Erleichterung der innereuropäischen gegenseitigen Anerkennung von Entscheidungen und der damit einhergehenden Verbesserung der Vollstreckungsbedingungen. Dieses Ziel kann v.a. durch die Angleichung nationaler Rechtsordnungen erreicht werden.

767

Ein die innereuropäische Strafverfolgung und -vollstreckung erleichternder Sekundärrechtsakt ist bspw. der Rahmenbeschluss über den Europäischen Haftbefehl (RbEuHb, RB 2002/584/JI; s. dazu auch → Justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen [JZS]). Im Rahmen der → Polizeilichen Zusammenarbeit (PZ), die ebenfalls Teil des RFSR ist, wurde etwa die Verordnung für die Aus- und Fortbildung auf dem Gebiet der Strafverfolgung (EPA, VO [EU] 2015/2219) auf Art. 87 Abs. 2 AEUV gestützt. Die EPA soll dabei für den RFSR und die PZ essentielle Aufgaben wahrnehmen. Hierzu zählen etwa die Durchführung von Aus- und Fortbildungsmaßnahmen für ranghohe Polizeibedienstete der Mitgliedstaaten. Durch diese Maßnahmen sollen die nationalen Bediensteten zu einer Verbesserung der europäischen Zusammenarbeit angeleitet werden. Insgesamt erhofft man sich dadurch eine gesteigerte gesamteuropäische Kompetenz in der Strafverfolgung. Eine weitere Stärkung der innereuropäischen Strafverfolgung ist auch die Verordnung (EU) 2017/1939 vom 12.10.2017 („EUStA-VO“), welche die Gründung einer Europäischen Staatsanwaltschaft („EUStA“) ermöglicht. Diese soll sich mit Aufnahme ihrer Arbeit im Jahre 2020 insbesondere mit der strafrechtlichen Untersuchung und Verfolgung von Straftaten zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Union (Art. 4 EUStA-VO) befassen.

768

Ein weiterer Ansatz, der zur Verbesserung einer europäischen Verfolgung von Straftaten beitragen soll, liegt in einem engen und koordinierten Informationsaustausch, der in den Bereichen der organisierten Kriminalität und des Terrorismus zwischen europäischen und nationalen Stellen installiert werden soll. Zu diesem sich immerzu vergrößernden Netzwerk zählen bspw. das zentrale Visa-Informationssystem (VIS), das Unregelmäßigkeiten in der Beantragung von Visa innerhalb des Schengen-Raums (→ Schengener Abkommen) aufdecken und bei Relevanz für die innere Sicherheit zur Ergreifung geeigneter Maßnahmen führen soll. Die bereits angesprochene Notwendigkeit europäischer Zusammenarbeit in Angelegenheiten des Zollverkehrs wird in diesem Rahmen durch das Zollinformationssystem (ZIS) unterstützt. Hierdurch wird die Weitergabe relevanter Daten zwischen nationalen Zollbehörden ermöglicht.

E › Europastrafrecht (Elisabeth Rossa) › V. Völkerrecht

V. Völkerrecht

769

Das europäische Strafrecht wird durch einzelne völkerrechtliche Verträge ergänzt, die bspw. zwischen einzelnen EU-Mitgliedstaaten geschlossen wurden oder durch die EU mit Drittstaaten. Konkret können etwa das bereits erwähnte → Schengener Abkommen sowie das Schengener Durchführungsübereinkommen genannt werden.

770

Auch hat die EU selbst mit den Vereinigten Staaten von Amerika einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen, der 2012 in Kraft getreten ist und Auswirkungen auf die PZ haben wird. Dabei handelt es sich um das Abkommen zwischen den USA und der EU über die Verwendung von Fluggastdatensätzen und deren Übermittlung an das United States Department of Homeland Security. Ziel dieses Abkommens ist es, durch eine verstärkte Zusammenarbeit – auch mit transatlantischen Partnern – dem Terrorismus und der grenzüberschreitenden schweren Kriminalität Einhalt zu gebieten.

771

Ebenfalls einen Bereich des Strafrechts stellt der Umgang mit Drogenkriminalität dar. Zur Verbesserung der Prävention und Verfolgung von Drogendelikten ist völkerrechtlich u.a. das Übereinkommen gegen den unerlaubten Verkehr mit Suchtstoffen und psychotropen Stoffen aus dem Jahr 1988 relevant, das auch die EU ratifiziert hat.

E › Europol (Björn Schiffbauer)

Europol (Björn Schiffbauer)

I.Historische Entwicklung773 – 783

1.Schrittweise Umsetzung einer Idee773 – 775

2.Europol-Übereinkommen776 – 779

3.Europol-Beschluss780 – 782

4.Europol-Verordnung783

II.Rechtsgrundlagen784 – 789

1.EU-Recht784 – 788

a)Primärrecht: Art. 88 AEUV784, 785

b)Sekundärrecht786 – 788

2.Deutsches Recht789

III.Aufgaben und Arbeitsweise790 – 803

1.Zuständigkeit790 – 792

2.Befugnisse793 – 796

3.Insbesondere Datenschutz797

4.Kooperationspartner von Europol798 – 803

a)Mitgliedstaaten798 – 800

b)Andere Einrichtungen der EU801, 802

c)Internationale Kooperationen803

IV.Organisation804 – 813

1.Einordnung im System der EU804

2.Innerer Aufbau805 – 811

a)Verwaltungs- und Leitungsstruktur805 – 807

b)Personalstruktur und Aufgabenverteilung808 – 811

3.Nationale Europol-Stellen812, 813

V.Kontrolle und Rechtsschutz814 – 819

1.Kontrolle814 – 816

2.Rechtsschutz817 – 819

Lit.:

J. P. Albrecht/N. J. Janson, Die Kontrolle des Europäischen Polizeiamtes durch das Europäische Parlament nach dem Vertrag von Lissabon und dem Europol-Beschluss, EuR (47) 2012, 230; S. Gleß, Europol, NStZ 2001, 623; R. Mokros, in: Lisken/Denninger, HdbPolR, 5. Aufl. 2012, Kap. O, Rn. 30 ff.; D. Neumann, Europol, in: U. Sieber/H. Satzger/B. von Heintschel-Heinegg, Europäisches Strafrecht, 2. Aufl. 2014, § 44; R. Priebe, Europol – neue Regeln für die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Strafverfolgung, EuZW (27) 2016, 894; J. Ruthig, Gesetz zur Umsetzung des Beschlusses des Rates 2009/371/JI vom 6. April 2009 zur Errichtung des Europäischen Polizeiamts (EuropolG), in: W.-R. Schenke/K. Graulich/J. Ruthig, Sicherheitsrecht des Bundes, 1. Aufl. 2014; K. Schoppa, Europol im Verbund der europäischen Sicherheitsagenturen, 2013.

772

Europol ist eine Agentur (→ Einrichtungen und sonstige Stellen) der Europäischen Union mit Sitz in Den Haag, die für die mitgliedstaatliche Kooperation auf dem Gebiet der Verfolgung und Verhütung von Straftaten zuständig ist und zum EU-Betätigungsfeld der → Polizeilichen Zusammenarbeit (PZ) zählt. Unter der Bezeichnung „Europäisches Polizeiamt“ wurde Europol am 1.7.1999 vollumfänglich in Betrieb genommen und dient seitdem im Wesentlichen als Knotenpunkt zum Informationsaustausch zwischen den EU-Mitgliedstaaten, um schwerer grenzüberschreitender Kriminalität auf europäischer Ebene koordiniert zu begegnen. Die Aufgabenschwerpunkte von Europol wurden sukzessive erweitert und liegen heute in der Verhütung und Bekämpfung von Straftaten mit grenzüberschreitendem Sachverhalt durch Erhebung, Auswertung und Austausch von Daten sowie operative Unterstützung nationaler Polizeibehörden. Polizeiliche Zwangsbefugnisse stehen den Beamten von Europol dagegen nicht zu.

E › Europol (Björn Schiffbauer) › I. Historische Entwicklung

I. Historische Entwicklung

1. Schrittweise Umsetzung einer Idee

773

Europol geht auf eine Initiative des deutschen Bundeskanzlers Helmut Kohl und des französischen Staatspräsidenten François Mitterrand auf der Tagung des → Europäischen Rates am 28. und 29.6.1991 in Luxemburg zurück. Ihrer Vision zufolge sollte bis Ende 1993 eine europäische kriminalpolizeiliche Zentralstelle eingerichtet werden, um den internationalen Drogenhandel und die organisierte Kriminalität besser bekämpfen zu können. Dieses Ziel sollte in zwei Schritten verwirklicht werden: Zunächst wollte man bis zum 31.12.1992 eine Relaisstation zum mitgliedstaatlichen Informations- und Erfahrungsaustausch geschaffen und im Anschluss daran – bis zum 31.12.1993 – eine echte europäische Polizeibehörde mit Handlungsbefugnissen in den Mitgliedstaaten errichten.

774

Dieser ambitionierte Plan konnte allerdings zunächst nicht umgesetzt werden. Schon der am 1.11.1993 in Kraft getretene Vertrag von Maastricht (→ Europäische Union: Geschichte) – dort Art. K.1 Nr. 9 a.E. – sprach lediglich von dem „Aufbau eines unionsweiten Systems zum Austausch von Informationen i.R.e. Europäischen Polizeiamts (Europol)“. Zwangsbefugnisse, wie sie eine Polizeibehörde im Regelfall hat, waren für Europol-Beamte dagegen nicht vorgesehen. Überdies war Europol in der bis zum Vertrag von Nizza noch bestehenden Säulenstruktur der EU als Teil der Polizeilichen und Justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen (sog. dritte Säule) intergouvernemental angelegt, weshalb dessen Errichtung von einem separaten einstimmigen Beschluss des → Rates (Ministerrat – und damit de facto aller Mitgliedstaaten) abhing und gerade nicht aus den Verträgen selbst hervorgehen konnte.

775

Aufgrund der vielschichtigen Interessenlage und der daraus resultierenden schwierigen Verhandlungssituation kam ein entsprechender Ratsbeschluss zunächst nicht zustande. Stattdessen einigten sich die Mitgliedstaaten übergangsweise darauf, eine vorläufige Stelle einzusetzen, die sich mit dem Informationsaustausch zur Bekämpfung von Drogen- und damit verbundener Geldwäschekriminalität befassen sollte. Diese Stelle wurde „Europol-Drogenstelle“ (EDS) genannt und nahm am 3.1.1994 ihren Betrieb auf.

2. Europol-Übereinkommen

776

Währenddessen setzten die Mitgliedstaaten ihre Verhandlungen über die Einrichtung von Europol fort. Am 26.7.1995 verabschiedete der Rat (→ Rechtsakt vom 26.7.1995, 95/C316/01) schließlich das Übereinkommen über die Einrichtung eines Europäischen Polizeiamtes („Europol-Übk.“). Es hatte die Rechtsnatur eines völkerrechtlichen Vertrages (s. auch → Völkerrecht [als Teil d. EU-Rechts]). Das Europol-Übk. musste daher zunächst in jedem Mitgliedstaat ratifiziert werden und trat erst am 1.10.1998 in Kraft. Es wies Europol im Wesentlichen informationelle und organisatorische Aufgabenbereiche zu, nämlich die Erleichterung des Informationsaustauschs zwischen den Mitgliedstaaten, die Informationsauswertung sowie die Koordination der mitgliedstaatlichen Zusammenarbeit.

777

Diese Aufgaben konnte Europol jedoch zu diesem Zeitpunkt noch nicht in der Praxis wahrnehmen, weil zuvor die Immunität der Europol-Beamten völkerrechtlich festgeschrieben werden musste. Dies geschah durch das ebenfalls durch den Rat verabschiedete Protokoll über die Immunität der Europol-Beamten (Rechtsakt vom 19.6.1997, 97/C221/01), das als weiterer völkerrechtlicher Vertrag bis zum 1.7.1999 in allen Mitgliedstaaten ratifiziert wurde. Sodann konnte Europol seine Tätigkeit in vollem Umfang aufnehmen. Spätestens an diesem Tag wurde mit Europol eine neue internationale Organisation geschaffen.

778

Zwischenzeitlich trat am 1.5.1999 der Vertrag von Amsterdam (→ Europäische Union: Geschichte) in Kraft. Der damit einhergehende nächste europäische Integrationsschritt betraf auch Europol, dessen Kompetenzen nach Maßgabe der neuen Art. 29 Abs. 2 und 30 EUV (Version nach Amsterdam) erweitert werden sollten. Darauf fußten in der Folge drei weitere Protokolle zum Europol-Übk., die als weitere Rechtsakte des Rates (vom 30.11.2000, 2000/C358/01; vom 28.11.2002, 2002/C312/01; vom 27.11.2003, 2004/C2/01) erlassen, sodann in den Mitgliedstaaten als völkerrechtliche Verträge ratifiziert wurden und schließlich im März bzw. April 2007 in Kraft traten.

779

Im Rahmen des Vertrages von Amsterdam war es dem Rat nunmehr auch möglich, verbindliche → Beschlüsse ohne Ratifikationserfordernis in den Mitgliedstaaten zu erlassen. Davon machte er erstmals am 12.7.2005 Gebrauch (2005/511/JI), indem er die Kompetenzen von Europol erweiterte. Seitdem ist Europol auch Zentralstelle zur Bekämpfung der Fälschung des → Euro. Freilich mutet es kurios an, dass einer internationalen Organisation per Ratsbeschluss weitere Kompetenzen einseitig, d.h. ohne völkerrechtlichen Vertrag, zugewiesen wurden.

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