Kitabı oku: «Gesund ohne Aluminium», sayfa 5
Sonne auf der Haut
Wer sich Fotos der altehrwürdigen Sanatorien in den »Luftkurorten« Österreichs oder der Schweiz ansieht, dem stechen vor allem die großzügigen Sonnenterrassen ins Auge. Hier sollten die Kranken täglich einige Stunden verbringen um bei guter Luft und den wohltuenden Strahlen der Sonne Heilung zu erlangen. »Das Sonnenlicht führt reine positive Lebensgeister aus dem kosmischen Äther mit sich«, heißt es etwa in einer »Anleitung zur Sonnenkur« aus dem 19. Jahrhundert. Berühmte Kurorte wie Davos, oder die Sanatorien am Semmering warben mit ihren zahlreichen »Sonnentagen«, welche den Gästen auch dann noch Sonnenbäder ermöglichten, wenn die Täler längst in den Herbst- und Winternebeln versunken waren.
Seit dieser Zeit hat der Ruf der Sonne einige Schrammen abbekommen. Ausgehend von der hohen Hautkrebsrate der Australier ging über mehrere Jahre eine regelrechte Lawine von Schockmeldungen durch die Medien. Sonne wurde zum Synonym für Melanome – die bösartigste Form von Schwarzem Hautkrebs. Und an manchen Badeorten hat man den Eindruck, die Designer der aktuellen Sommermode seien strenggläubige Taliban. Wer seine Haut dennoch der Sonne aussetzen wollte, wappnete sich – angeleitet durch die mediale Hysterie – mit einem Sonnenschutzfaktor von 25 aufwärts.
Wer bei der Wahl der Sonnencreme das falsche Mittel erwischt, kann eine recht hohe Dosis an Aluminium ausfassen. »Wenn man sich nach den offiziellen Empfehlungen der WHO zum Sonnenschutz richtet«, sagt Alu-Experte Chris Exley, schmiert man sich an einem durchschnittlichen Tag am Strand mehr als ein Gramm Aluminium auf die Haut.«
Zur Erinnerung: Die tolerierbare Wochendosis bei Lebensmitteln liegt bei einem Aluminiumgehalt von einem Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht.
Bleibt also die Frage, wie viel Aluminium durch die Haut in den Körper dringt. Laut Kosmetikindustrie wird der Großteil der Produkte abgewaschen. Genauere Untersuchungen fehlen jedoch.
Aber auch zur Frage, was das Aluminium in der äußeren Hautschicht anstellt, ist wenig Substanzielles bekannt. Wie hoch ist etwa das Risiko, dass Aluminium – ähnlich wie bei den Zellen der Brust – Doppelstrangbrüche an der DNA der Hautzellen auslöst und damit zum Hautkrebsrisiko beiträgt?
Wenn man in die internationale Medizin-Datenbank »pubmed« die Suchwörter Hautkrebs, Sonnencreme und Aluminium eingibt, erhält man null Resultate.
Wenn man in der Suchmaske Hautkrebs weg lässt, sieht es schon anders aus. Dann erscheinen gleich mehrere hundert Studien zu eigenartigen Themen, wo auch jemand wie ich, der fast täglich medizinische Studien liest, ein Fachlexikon braucht, um auch nur annähernd den Sinn und Zweck der Arbeiten zu verstehen. Meist geht es dabei um die Rezeptur neuer Sonnencremes aus metallischen Partikeln die verbesserte Filtereffekte gegen die UV-Strahlen der Sonne liefern sollen. Solche Arbeiten erscheinen dann in Publikationen wie beispielsweise dem »Journal of Nanoscience and Nanotechnologie«.
Als Nanopartikel bezeichnet man Atom- oder Molekül-Verbände im Bereich von 1 bis 100 Nanometer (nm).
1 nm entspricht einem millionstel Millimeter. Diese Partikel sind so winzig, dass sie – wenn sie eingeatmet werden – bis in die Lungenbläschen vordringen können und dort ins Blut übergehen. Dabei geraten sie mit dem Immunsystem in Konflikt und können heftige Entzündungen auslösen. Über die Nasenschleimhaut aufgenommen, zeigte sich dass Nanopartikel entlang der Nervenbahnen des Riechkolbens wandern können und im Weiteren auch die normalerweise recht gut abgesicherte Blut-Hirn-Schranke überwinden und ins Gehirn gelangen. Der Schutz des Gehirns vor hochreaktiven und vermutlich gewebeschädigenden Substanzen ist somit aufgrund der Größe der Nanopartikel nicht mehr gewährleistet.
Wie weit Nanopartikel aus Kosmetikprodukten über die Haut in den Organismus gelangen können, wird kontrovers diskutiert. Einige Studien widerlegen eine Aufnahme von Nanopartikeln bis zu lebenden Zellschichten des Epithelgewebes; andere Untersuchungen geben Hinweise auf gegenteilige Befunde. So können in Kosmetikprodukten enthaltene Nanopartikel über die Hornhaut direkt oder über Haarwurzeln in die Haut aufgenommen werden und dort zur Schädigung der Zellen durch Radikalenbildung führen und möglicherweise Hautirritationen und -allergien auslösen. Im Organismus besteht die Gefahr, dass die Partikel die Arbeit der Mitochondrien und somit den Zellstoffwechsel stören[23]. Medizinisch eingesetzte Nanopartikel können die DNA sogar schädigen, ohne dafür in die Zellen eindringen zu müssen[24]. Die genaue Wirkung ist jedoch noch unzureichend erforscht, deshalb scheint es sehr bedrohlich, dass zahlreiche Hautpflegeprodukte bereits Nanopartikel enthalten.
Wie sich konkret die Nanopartikel von Aluminium im lebenden Organismus verhalten, dazu findet man bisher nur vereinzelt Arbeiten. Wissenschaftler der Universität Kairo testeten in einer Studie mit Ratten [25] wie Nanopartikel von Aluminium im Gewebe und den verschiedenen Organen aufgenommen werden. »Aluminium akkumulierte sich in Gehirn, Leber, Nieren, Darm und Rückgrat der Ratten signifikant stärker als in der Kontrollgruppe, wenn das Aluminium in Form von Nanopartikeln zugeführt wurde«, schreiben die Autoren und bemerken abschließend: »Aluminium hat eine hohe Neigung sich im Gewebe bis zu einem Grad anzusammeln, der sich toxisch auf die Gene auswirken kann.«
Hautkrebs ist eine der häufigsten Krebsformen. In Deutschland waren im Jahr 2012 beinahe 1,5 Millionen Menschen erkrankt, davon 318.000 mit dem gefürchteten bösartigen Melanom. Seit 2005 bedeutete das einen Anstieg um 60 Prozent. Der »helle Hautkrebs« mit Basalzell- und Stachelzellkarzinom ist deutlich harmloser und bildet selten Metastasen. Er ist laut Erhebung der Barmer Krankenkasse im selben Zeitraum sogar um 79 Prozent angestiegen. Ein Teil der Steigerungen ist sicherlich durch die Einführung des Hautkrebs-Screenings im Rahmen der Früherkennungsprogramme erklärbar. Doch womit erklärt man den Rest?
Sind es wirklich vor allem die Sonnenbrände und die Schädigung der Hautzellen in der Folge übertriebener Solarium-Bräunungskuren? Oder geht vielleicht von den Sonnencremes ebenfalls ein Risiko aus? – Warum ist Australien nach wie vor internationaler Spitzenreiter bei Hautkrebs obwohl dort auch am meisten gecremt und eingeölt wird? Ist das wirklich damit zu begründen, dass Menschen, die sich eincremen dann selbstgefährdend lange in der Sonne schmoren, weil sie ihren Schutz überschätzen? Oder geht zumindest ein Teil des Risikos auf das Konto der Inhaltsstoffe?
Gesicherte Antworten auf diese Fragen gibt es derzeit nicht. Immer klarer wird jedoch die Tatsache, dass die Gefahr nicht in der Sonne liegt und die sonnenfeindlichen Kampagnen vielleicht den Kosmetik-Konzernen nützt, aber nicht den Konsumenten.
Viele Ärzte haben bis heute Probleme damit, ihren Patienten therapeutische Sonnenbäder zu empfehlen. Dabei ist der Zusammenhang zwischen Sonne und Melanomen, der gefährlichen Form des »schwarzen Hautkrebs«, bis heute wissenschaftlich umstritten. So gibt es beispielsweise kein geringeres Melanom-Risiko bei traditionell verhüllten Moslem-Frauen im Vergleich zu jenen, die nichts dabei finden im Bikini an den Strand zu gehen. »Menschen, die sich berufsbedingt ständig in der Sonne aufhalten, haben im Gegenteil sogar ein geringeres Melanom-Risiko«, erklärt Marianne Berwick, Leiterin der Division für Epidemiologie und Prävention von Krebserkrankungen an der Universität von New Mexico in Albuquerque.
Wissenschaftlich eindeutig gesichert sind die ursächliche Rolle der UV-Strahlung und der Einfluss von Sonnenbränden nur bei der häufigsten Form von »weißem Hautkrebs«, dem Basalzellkarzinom. Diese Tumoren entwickeln sich meist im Kopfbereich, bilden keine Metastasen und können normalerweise gut entfernt werden. Damit ist der Krebs dann in den meisten Fällen endgültig geheilt.
Im Jahr 2010 erschien dazu eine große dänische Übersichtsarbeit[26], die ein wirklich sensationelles Ergebnis brachte: nämlich die meines Wissens erste und einzige Studie, in der die Gruppe der Krebspatienten einen Überlebensvorteil hatte. Die Auswertung der dänischen Daten von 72.295 Fällen von Basalzellkarzinom ergab nämlich, dass diese Patienten nicht kürzer, sondern signifikant länger lebten als die Durchschnittsbevölkerung.
Natürlich war es nicht der Krebs, der diesen Überlebensvorteil bewirkte, sondern der Zusammenhang mit der Sonne. Wer diesen Krebs bekam, war öfter in der Sonne und hatte einen höheren Vitamin-D-Spiegel als der Durchschnitt.
Mittlerweile ist die aggressive Angst-Kampagne, nur ja nicht zu lange in die Sonne zu gehen, etwas abgeebbt. Zu offensichtlich standen die Hautkrebs-Organisationen im Bund mit den Sonnencreme-Herstellern.
Langsam erlebt die Einsicht ein Comeback, dass der Stern, dem wir alles Leben auf Erden verdanken, doch nicht so schlecht sein kann. Über neue wissenschaftliche Erkenntnisse materialisieren sich nun auch die »Lebensgeister«, die im Sonnenlicht enthalten sind. Verantwortungsvolle Mediziner raten heute dazu, wann immer sich die Gelegenheit bietet, Sonne zu tanken – speziell im Herbst und Winter. Und besonders gilt dieser Rat – so wie in den alten Zeiten der Sonnenkuren – für kranke und gebrechliche Menschen. Die generelle Einführung von Sonnenterassen in Alten- und Pflegeheimen – und die eifrige Nutzung derselben – wäre demnach ein konsequenter und vor allem heilsamer Schritt.
Natürlich ist das alles kein Plädoyer für den Sonnenbrand, sondern ein Aufruf zu verantwortungsvollem Umgang mit dem Sonnenlicht. Und dazu gehört es auch, die Sonne an die Haut zu lassen und diese nicht über nanotechnologisch aufgepeppte Filterschichten aus modernen Sun-Blockern abzuschirmen. Besonders gilt das natürlich für Sonnenschutzmittel, die zu allem Überfluss auch noch Alu-Verbindungen enthalten.
Tabuthema Aluminium
Vor einigen Jahren betrieb ich einen Blog auf der Plattform »Scienceblogs.de«. Dabei handelte es sich um die kleine deutsche Schwester einer recht bekannten und einflussreichen US-Plattform. Ich war heftig umworben worden und erhoffte mir ein attraktives Umfeld und größeres Publikum für meine Beiträge. Also war ich von meiner alten Blogger-Plattform dorthin übersiedelt. Honorare für meine Beiträge erhielt ich keine.
»Scienceblogger« sind im Idealfall Wissenschaftler aus den verschiedensten Fachbereichen, die auch noch journalistische Qualitäten haben und ihre Berichte direkt von der Quelle liefern, entweder aus ihrer eigenen Forschung oder aus ihrem Fachbereich. Soweit die Theorie. Während dem knappen Jahr, das ich auf der deutschen Plattform verbracht habe, wunderte ich mich oft über das recht beschränkte Interessensprofil meiner Blogger-Kollegen. Denn in erster Linie sah man sich als eine Art freiwillige Kampfgruppe gegen Homöopathie, Alternativmedizin und vermutete esoterische Umtriebe. Mehr als die Hälfte der Hervorbringungen der Bloggerkollegen widmeten sich diesem Themenbereich.
Dass auch Impfkritik in diesen Kreisen als esoterischer Umtrieb gilt, merkte ich an den Reaktionen auf einen Beitrag zum Thema ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung), der ein regelrechtes transatlantisches Pulverfass zündete.
Zunächst kurz zu meinem Artikel. Ich hatte von einem neuartigen Untersuchungsverfahren [27] berichtet, mit dessen Hilfe zwei Gruppen von Kindern auf Hirnveränderungen untersucht worden sind: 47 Kinder mit der Diagnose ADHS und 66 Kinder ohne diese Störung in der Kontrollgruppe. Bei Jungen mit der Diagnose ADHS wiesen die Gehirnaufnahmen aus der MR-Röhre ein signifikant verringertes Volumen im Bereich der Basalganglien auf. Diese Hirnregion ist besonders in der Kontrolle der Motorik involviert.
Die Ergebnisse hatten sich auch in vorangegangenen Studien bereits angekündigt. Allerdings brauchte es das neue technische Verfahren, um die Volumenbestimmung zu präzisieren. Anlass des Artikels war also ein technisches Verfahren, das bei Kindern mit der Diagnose ADHS konkrete Schäden im Gehirn fand. »Ob die Hirnveränderungen von Geburt an bestehen oder ob sie beispielsweise über entzündliche Prozesse oder Vergiftungen im frühen Lebensalter hervorgerufen werden, ist unklar«, schrieb ich und befasste mich mit diesem »Grundrätsel von ADHS«.
Seit rund drei Jahrzehnten wird ja heftig über alle möglichen Ursachen dieses Syndroms diskutiert. Manchmal auch über die Frage, ob es sich dabei überhaupt um eine Störung handelt, oder ob nicht bloß eine gestörte Gesellschaft mit »den besonders aktiven, unangepassten Kindern« nicht mehr zurechtkommt – und diese deshalb »mit Psychopharmaka ruhigstellt.«
Unbestritten gibt es auch solche Phänomene der Übertherapie – ohne organischen Hintergrund. Doch ist es bei sorgfältiger fachlicher Anamnese durchaus möglich, gesunde Kinder mit rein psychischer Auffälligkeit von wirklichen ADHS-Fällen zu unterscheiden. Die Studie war in diesem Sinne ein klarer Beweis, dass die Entwicklungsstörung körperliche Ursachen hat und nicht als Erziehungsfehler oder Einbildung abgetan werden kann.
Immer mehr Fachexperten zählen ADHS denn auch dem Krankheitsbereich des Autistischen Spektrums zu. Auch hier gibt es etwa dasselbe Geschlechterverhältnis mit deutlich mehr Jungen, dieselbe Bedeutung der genetischen Komponente, und etwa dasselbe Manifestationsalter. Außerdem gibt es in der Praxis derartig viele Überschneidungen bei den Patienten, dass allein aus diesem Grund eine gewisse Verwandtschaft der Diagnosen logisch scheint.
Bei Autismus besteht das Kernproblem in einer »Vernetzungsstörung« im Gehirn, wo bestimmte wichtige Areale nicht miteinander in Kontakt sind, isolierte Areale aber à la »Rain Man« besonders hoch entwickelt sein können. ADHS wäre somit eine Spezialform des Autistischen Spektrums. Welche Krankheit sich manifestiert, hängt demnach von Art und Ausmaß der Hirnschädigungen ab.
Nach dieser These, schrieb ich, müsse also ein Umwelteinfluss bestehen, ein Trigger, der die genetischen Anlagen überhaupt erst zum Ausbruch bringt. Denn während sich Erbkrankheiten über die Jahrhunderte in der Prävalenz recht stabil verhalten, haben sich die Fallzahlen bei Autismus und Hyperaktivität allein im Lauf der letzten Jahrzehnte vervielfacht.
Als ich im Jahr 2008 Jahren diesen Artikel schrieb, war in den USA laut US-Behörde CDC (Centers for Disease Control) ein Kind von 150 autistisch. 2013 wurde auf der CDC-Webseite[28] ein Verhältnis von eins zu 88 angegeben. Und im März 2014 war in den USA bereits eines von 68 Kindern betroffen[29]. Beim männlichen Geschlecht ist es noch deutlich schlimmer: Einer von 42 Jungs leidet heute an Autismus.
ADHS ist noch viel häufiger und liegt je nach Bundesstaat in einer Bandbreite von 8 bis 11 Prozent. Auch in Mitteleuropa sitzen bereits in jeder Schulklasse im Schnitt ein bis zwei Kinder mit »Zappelphilipp-Syndrom«.
Als möglichen Umwelteinfluss vermuten manche die fortgeschrittene Reizüberflutung im Kindesalter mit Dauerfernsehen, Computerspielen und Mobiltelefonen. Andere machen die Strukturlosigkeit mancher Familien oder die überbordenden Leistungs-Ansprüche der Schule verantwortlich. Ältere Thesen identifizierten Erziehungsfehler, Vernachlässigung oder frühkindliche Traumata als Auslöser. Als heiße Kandidaten werden auch Lebensmittelzusätze und ein Übermaß an künstlichem oder natürlichem Zucker gehandelt.
Nachdem ich dies alles angeführt hatte, kam schließlich die Passage in meinem Artikel, welche die Explosion auslöste. Ich schrieb:
»Mir persönlich erschiene es wichtig, endlich auch den möglichen Einfluss der Impfungen im Babyalter unvoreingenommen zu untersuchen. Konkret geht es dabei um die Aluminiumsalze, die in zwei Drittel der derzeitigen Kinderimpfungen als Hilfsstoffe enthalten sind. Anstatt die Ursachensuche ernsthaft zu forcieren, beschäftigen sich Wissenschaft und Medizin aber lieber mit der Verwaltung und Vermarktung von ADHS. Ritalin und Co. sind heute Megaseller. Und die ADHS-Experten ausgebucht.«
Jemand hatte dieses Zitat anscheinend übersetzt und über den Teich zum großen Bruder »scienceblogs.com« gemailt und sofort nahmen zwei prominente US-Blogger die Diskussion auf. Orac nannte sich der eine, der zweite war PZ Myers, Autor des weltweit damals populärsten Wissenschaftsblogs Pharyngula. Und sie konzentrierten sich sofort auf das Wesentliche: Nicht auf die Frage, ob Aluminium an der Entstehung von Gehirnentzündungen beteiligt sein kann, ob es Autoimmunreaktionen fördert und die Entwicklung des kindlichen Nervensystems stört; nein, das wurde gar nicht erst erwähnt. Zentrales Thema der Beitrage war die Frage: Gibt es da etwa Quacksalberei bei unserer kleinen deutschen Schwester? Hat sich gar ein Impfgegner ins wissenschaftliche Heiligtum geschummelt?
Es folgten unzählige Kommentare, in denen sowohl aus dem deutschen Sprachraum als auch aus den USA mit wirklich bemerkenswerter Aggressivität auf mich draufgeknüppelt wurde. Nur sehr vereinzelt fanden sich Leute, die für mich Partei ergriffen oder zumindest zugestanden, dass im Wissenschaftsbetrieb doch Fragen und Diskussionsbeiträge eigentlich erlaubt sein sollten.
Als schließlich die Kampagne mit hunderten hasserfüllten Kommentaren im Dezember 2008 ihren Höhepunkt erreichte, fand ich nicht mehr die Zeit und verspürte auch immer weniger Lust, mich gegen diese Flut von Anwürfen zu wehren. Nachdem die Leitung von »scienceblogs.de« selbst ins Visier dieser Pressure-Group geriet wurde mir mitgeteilt, »dass man sich von mir trennt«.
Ich weine den Scienceblogs keine Träne nach und wünsche ihnen viel Erfolg bei ihrer ebenso kindischen wie fruchtlosen Mission als Sammelplattform für selbst ernannte Eso-Ghostbuster.
Zum Abschied schrieb ich dem Scienceblogger Ulrich Berger, Mathematiker mit Schwerpunkt Spieltheorie, der einer meiner schärfsten Kritiker war folgendes:
»Es gibt verschiedene Arten von Medizinjournalismus. Manche schreiben jeden Tag an einer anderen Studie oder einer anderen Pressekonferenz und liefern dann brav ihren Artikel ab, so wie ein Huhn auch jeden Tag ein Ei legt. Produziert aus dem, was vorgefunden und verarbeitet wurde. Und mit nur undeutlicher Erinnerung, welches Ei genau gestern oder vor einer Woche gelegt wurde.
Das ist dann Wissenschaftsjournalismus im Random-Modus. Wo ein und dieselbe Substanz mal Krebs verursacht, dann begünstigt und sechs Monate später schließlich heilt.
Solche Kollegen sind dann nebenher meist fanatische Radfahrer oder Segler. Denn irgendwas muss es ja geben, auf das man sich freuen kann – neben dem öden Brotjob.
Ich selbst bin seit mehr als 20 Jahren Journalist, seit mehr als 10 Jahren mit dem Schwerpunkt auf Medizin. Ich habe mir die Hochachtung für die Wissenschaft bewahrt. Ich mache meine Arbeit nach wie vor gerne. Es genügt mir aber längst nicht mehr, den geworfenen Stock zu apportieren, die gesprochenen Sätze brav abzutippen und die vermittelte Botschaft wortneutral ans Publikum zu bringen. Zu vieles – auch von dem was ich berichtet habe – hat sich schon nach kurzer Zeit als falsche Hoffnung, als viel zu optimistisch oder sogar als kontraproduktiv erwiesen. Und so denke ich bei jeder neuen frohen Botschaft auch die alten frohen Botschaften mit.
Manche werfen mir hier nun vor, dass ich Thesen behaupte, die ich nicht belegen kann. Dass es mir also nicht gelingt, einen klaren Zusammenhang zwischen Aluminiumsalzen in Impfstoffen und der nachfolgenden Entstehung von ADHS zu beweisen.
Nein das gelingt mir nicht. Wenn dieser klare Zusammenhang bereits bestätigt wäre, müsste ja auch niemand mehr darüber nachdenken.
Ich habe nicht behauptet, dass ich das beweisen kann, sondern gefordert, dass hier wissenschaftliche Ressourcen eingesetzt werden, um diesen Zusammenhang zu prüfen, bzw. auszuschließen.
Ich habe in einer kurzen Literaturübersicht gezeigt, wie enorm die Wissenslücken und auch die Risiken im Bereich der Interaktion von Adjuvantien + Immunsystem + Nervensystem sind.
Ein ganz Witziger meinte, dann könne man ja ebenso Förderungsgelder zur Erforschung des Flugverhaltens der Maikäfer im November beantragen.
Ich denke nicht, dass der von mir angesprochene Zusammenhang so an den Haaren herbeigezogen und lächerlich ist.
Allein schon die ganz primitive Korrelation von höherer Aluminiumsalz-Belastung durch die in den letzten Jahrzehnten zahlreicher werdenden Impfungen und der im selben Zeitraum steigenden Prävalenz von Krankheiten, die mit Störungen des Immunsystems assoziiert sind, hätte Anlass für eine ganze Batterie von Forschungsaufträgen sein müssen.
Was gibt es stattdessen? Eine magere Metaanalyse der vorhandenen Literatur zu Nebenwirkungen nach Impfung mit aluminiumhaltigen Impfstoffen die zu folgender großartigen Schlussfolgerung kommt:
›Trotz einem Mangel an Evidenz von guter Qualität empfehlen wir nicht, dass bei diesem Themenbereich weitere Forschungen unternommen werden.‹
Ich habe Tom Jefferson, den Hauptautor dieser Metaanalyse [30] konkret gefragt, warum er hier quasi einen Forschungsstopp gefordert hat, bevor die Forschung überhaupt richtig begonnen hat. Er ist mir die Antwort schuldig geblieben, hat bloß achselzuckend gemeint, da sei nichts dran.
Ich bin zu lange im Geschäft, um mich mit derart substanzlosen Auskünften abspeisen zu lassen.
Ich weiß ja nicht, ob Sie Jeffersons Schluss teilen. Und wir dafür nicht besser wieder ein paar Millionen Euro an Forschungsgeld in die Suche nach Genen stecken sollten, die an Autoimmun-Prozessen beteiligt sind, oder diese begünstigen.
Bloß ja nicht am Impfen anstreifen. Bloß ja keine unangenehmen Fragen stellen. Bloß ja nicht das autoimmune Potenzial der aluminiumhaltigen Adjuvantien thematisieren und damit die Impffreudigkeit der Bevölkerung gefährden, wo es draußen im Land ohnehin nur so wimmelt vor lauter radikalen Impfgegnern. Das wäre doch bloß Wasser auf deren Mühlen.
Es stimmt, es ist ein schwieriges Umfeld.
Es ist ein schmaler Grad. Sowohl für Wissenschaftler als auch für Journalisten.
Und es ist immer einfacher, seine Beißreflexe auszuleben, als möglichst vorurteilsfrei zu diskutieren.« [31]
Soweit mein Abschlussbrief zu meiner Scienceblogs-Episode. Ich zitiere die Auseinandersetzung hier als ein Beispiel von unzähligen derartigen Vorfällen. Mit der Auseinandersetzung um mein Buch »Dirty Little Secret« haben die Anwürfe weitere Höhepunkte erklommen. Wer möchte, kann diese Schlammschlacht, die von einem weitgehend gleich bleibenden Kern bestehend aus fanatischen Impfbefürwortern sowie der so genannten »Skeptiker«-Bewegung mit ihrer »Gesellschaft zur Wissenschaftlichen Untersuchung von Parawissenschaften« (GWUP) ausgeht, gerne googeln. Allerdings braucht es einen guten Magen.
Da werde ich als fanatischer Impfgegner bezeichnet, als Kindesmisshandler beschimpft, weil ich den Kindern die segensreichen Impfungen vorenthalten will, oder – wenn die Argumente vollständig versiegen – als »Aidsleugner« oder »Aidsspinner« apostrophiert. Letzteres ist besonders originell, als ich mich mit dem französischen Entdecker der HI-Viren Luc Montagnier bei unseren bisherigen Kontakten großartig verstanden habe und seine wissenschaftlichen Ansichten weitgehend teile. Dass ich seinen US-Konkurrenten und Gegenspieler Robert Gallo mit der ihn umgebenden Clique von Geschäftemachern und Lobbyisten im Gegenzug für unseriös halte, auch dafür bin ich öffentlich eingestanden. Insofern hat es mich besonders gefreut, als Robert Charles Gallo im Jahr 2008 bei der Nobelpreis-Verleihung an Luc Montagnier vom schwedischen Komitee übergangen wurde.
Doch das ist ein anderes Thema. Wissenschaftliche Forschung wird seit langem als Verkaufsargument für Marketing-Kampagnen missbraucht und es ist kein Geheimnis, dass mehr als 90 Prozent der wissenschaftlichen Studien von Auftraggebern bezahlt werden, die ein kommerzielles Interesse an »guten« Resultaten haben. Niemals bestand ein Mangel an gut ausgebildeten Experten, die sich gerne hier einspannen und bezahlen lassen. Doch auch abseits finanzieller Vorteile schöpfen viele Menschen ihr Selbstbewusstsein aus der Tatsache, dass sie auf Seiten der Mehrheit stehen. Unzählige Personen haben keine Probleme damit, den Mainstream noch etwas dickflüssiger zu machen und auf Kritiker und Opponenten aggressiv hinzuhacken.
Tabus offen anzusprechen und Graubereiche an der Grenze zwischen Wissenschaft und Ökonomie darzustellen, war für mich stets eine der wesentlichen Motivationen in meinem Beruf. Und es stört mich auch nicht, wenn ich damit anecke. Es stört mich bloß, wenn ich im Internet von Feiglingen, die sich hinter Nicknames verstecken und sich nicht einmal getrauen, mit ihrem eigenen Namen für ihre Anwürfe einzustehen, aus dem anonymen Off heraus verleumdet werde. Ich werde weiterhin offen für meine Aussagen einstehen.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.