Kitabı oku: «Arbeitsstrafrecht», sayfa 15

Yazı tipi:

[177]

Müller/Preis 1. Abschnitt Rn. 8; MK-StGB/Radtke § 11 Rn. 20.

[178]

Vgl. ErfK/Preis § 611a BGB Rn. 132; Zöllner/Loritz/Hergenröder § 4 III.1.

[179]

MK-BGB/Spinner § 611a Rn. 117.

[180]

Z.B. § 1 Abs. 2 KSchG: Dienststellen- statt Betriebsbezug; Personalvertretung statt Betriebsverfassung gemeinsam mit den Beamten.

[181]

BeckOK-VwGO/Garloff § 22 Rn. 4; Schoch/Schneider/Bier/Stelkens/Panzer § 22 Rn. 8.

[182]

Vgl. § 266a Abs. 4 S. 2 Nr. 3 StGB.

1. Kapitel Grundlagen › D. Haftung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen

D. Haftung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen

137

Der einzelne Arbeitgeber als Individualperson ist in der Praxis eher die Ausnahme als beschuldigter Adressat von Straf- oder Bußgeldtatbeständen; jedenfalls das Gros der Arbeitnehmer ist bei Unternehmen beschäftigt, die als juristische Person organisiert sind. Hieraus ergeben sich im Hinblick auf das geltende (Individual-)Schuldstrafrecht einige zu beachtende Besonderheiten bzgl. arbeitsstrafrechtlicher Tatbestände; diese richten sich – wie bereits dargelegt[1] – nahezu ausnahmslos an den Arbeitgeber.

Anmerkungen

[1]

Vgl. 1. Kap. Rn. 14, 32.

1. Kapitel Grundlagen › D. Haftung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen › I. Straf- und bußgeldrechtliche Verantwortung von Unternehmen

I. Straf- und bußgeldrechtliche Verantwortung von Unternehmen

1. Bislang fehlende „Strafbarkeit“ von Unternehmen – Ausblick auf ein Verbandssanktionenrecht

138

Unser Strafrecht kannte bislang keine Strafbarkeit juristischer Personen („societas delinquere non potest“).[1] Unternehmen sind daher de lege lata weder beschuldigungs-, bestrafungs- noch bemaßregelungsfähig.[2] Nach der Konzeption des Schuldstrafrechts können nur menschliche Individuen für ihr Fehlverhalten mit einer echten Kriminalstrafe belangt werden.[3]

139

In einer Vielzahl europäischer und sonstiger Staaten ist dies schon seit längerem anders: Jedenfalls in bestimmten Deliktsbereichen ist eine echte Unternehmensstrafbarkeit dort üblich.[4] Auch in der Bundesrepublik wurde schon seit längerer Zeit ein Verbands- bzw. Unternehmensstrafrecht gefordert.[5] Eine entsprechende Gesetzgebungsinitiative des Landes Hessen aus dem Jahre 1998[6] wurde allerdings zurückgenommen.[7] Die vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte „Kommission zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems“ hatte in ihrem Abschlussbericht vom März 2000 noch die Einführung einer Unternehmenssanktionierung abgelehnt.[8] Noch im Mai 2013 stützte sich die damalige Bundesregierung auf die Begründung der Kommission, dass ein strafrechtliches Regelungsmodell erhebliche Bedenken hinsichtlich des Schuldprinzips aufwerfe und das bestehende Instrumentarium (§§ 30, 130 OWiG) zur Unternehmenssanktionierung ausreiche.[9] Im Koalitionsvertrag zwischen den Parteien CDU, CSU und SPD für die 18. Legislaturperiode hieß es hingegen, dass ein Unternehmensstrafrecht (zumindest) für multinationale Konzerne geprüft werden solle.[10]

140

Schließlich wurde im November 2013 durch einen Entwurf für ein Verbandsstrafgesetzbuch des Landes Nordrhein-Westfalen[11] erneut eine Kontroverse zum Erfordernis eines Unternehmensstrafrechts ausgelöst, die bis heute andauert und eine Vielzahl von Gegenentwürfen mit unterschiedlichen Ansätzen und Zielrichtungen hervorbrachte. So schlug z.B. der Bundesverband der Unternehmensjuristen e.V. (BUJ) 2013 die Reform über eine Änderung der §§ 30, 130 OWiG vor.[12] 2017 folgte der „Kölner Entwurf“ der Forschungsgruppe Verbandsstrafrecht, der zwar strafrechtliche Sanktionierungen vorsieht, dessen primäres Ziel jedoch spezialpräventive Zwecke sind.[13] Einen weiteren Beitrag aus der Wissenschaft lieferten in 2018 die „Frankfurter Thesen zur Unternehmensverantwortung für Unternehmenskriminalität“.[14]

141

Mittlerweile ist auch die Politik wieder aktiv geworden. Die Bundesregierung einigte sich im Koalitionsvertrag zur 19. Legislaturperiode darauf, dass das Sanktionsrecht für Unternehmen verschärft werden solle.[15] Ein erster, nicht offiziell veröffentlichter Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes (VerSanG) war seit August 2019 im Umlauf.[16] Im April 2020 veröffentlichte schließlich das BMJV einen Referentenentwurf unter dem Titel „Gesetz zur Stärkung der Integrität in der Wirtschaft“.[17] Wie schon der inoffizielle, hat auch dieser offizielle Entwurf viel Kritik erfahren.[18] Doch trotz zahlreicher Änderungsvorschläge aus der Verbandsanhörung wurde im Juni 2020 – bereits vier Tage nach Ablauf des Anhörungsverfahrens – der Regierungsentwurf[19] veröffentlicht. Er enthält keine inhaltlichen Abweichungen vom Referentenentwurf.[20] Im September 2020 hat der Bundesrat den Regierungsentwurf entgegen den Empfehlungen seines Rechts- und seines Wirtschaftsausschusses[21] gebilligt, sieht jedoch erheblichen Korrekturbedarf.[22] Nunmehr bleibt das weitere Gesetzgebungsverfahren abzuwarten.[23] Mit einer zeitnahen Einführung eines Sanktionsrechts für Unternehmen in Deutschland ist jedenfalls zu rechnen.

142

Auch bis zu einem etwaigen Inkrafttreten eines solchen deutschen Verbandssanktionenrechts wird der grenzüberschreitend tätige Berater und Verteidiger eine etwaige Verbandsstrafe, die in den einzelnen Staaten unterschiedlich konzipiert ist, stets zu berücksichtigen haben und hierbei – wie generell in transnationalen Verfahren jeglicher Art von Wirtschaftsstrafsachen – kaum ohne Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen aus dem jeweiligen Staat tätig werden können.[24]

2. Sanktionen gegen Unternehmen

143

Das bisherige Fehlen einer Kriminalstrafe für Unternehmen in Deutschland führte (und führt) jedoch keineswegs dazu, dass das Unternehmen bzw. der Arbeitgeber bei der Begehung von Straftaten durch Unternehmensangehörige bzw. Arbeitnehmer keine Sanktionen zu befürchten hätte: Auch das geltende Recht sieht einschneidende, im Einzelfall existenzgefährdende Regelungen zu Lasten von Unternehmen vor, sofern Leitungspersonen durch die Begehung von Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten unternehmensbezogene Pflichten verletzt haben oder die juristische Person (bzw. die Personenvereinigung) hierdurch bereichert wurde. Möglich ist insoweit eine Bebußung des Unternehmens nach § 30 OWiG[25] oder die Anordnung der Einziehung gegen das Unternehmen als begünstigter Dritter nach § 29a Abs. 2 OWiG.[26]

Anmerkungen

[1]

Statt vieler Eidam Kap. 5 Rn. 179.

[2]

Minoggio § 2 Rn. 3; Bottke wistra 1997, 241, 246 f.

[3]

Vgl. bereits Hafter S. 20 ff.; vgl. auch BGHSt 5, 28, 32 (Unternehmensstrafe „passt nicht zum sozialethischen Schuld- und Strafbegriff“) und BVerfGE 123, 267, 413 f. (Lissabon-Urteil).

[4]

Vgl. jeweils den Überblick bei: Eidam Kap. 6 Rn. 28 ff.; Kirch-Heim S. 128 ff.; Mittelsdorf S. 90 ff.

[5]

Zur rechtswissenschaftlichen und -politischen Diskussion vgl. nur Mittelsdorf S. 68 ff.; zu den Folgen einer etwaigen Einführung vgl. Trüg wistra 2010, 241 ff.

[6]

BR-Drucks. 690/98.

[7]

BR-Drucks. 385/99.

[8]

Vgl. den Abschlussbericht, Abschnitt 12.2.1.

[9]

Plenarprotokoll 17/239 v. 15.5.2013, S. 30115.

[10]

Vgl. Koalitionsvertrag mit dem Titel „Deutschlands Zukunft gestalten“, S. 145; vgl. auch die Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Katja Keul, Nicole Maisch, Luise Amtsberg, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – BT-Drucks. 18/2056 –, BT-Drucks. 18/2187, S. 2, 6.

[11]

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Unternehmen und sonstigen Verbänden; abrufbar unter https://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMI16-127.pdf.

[12]

Vgl. hierzu Beulke/Moosmayer CCZ 2014, 146.

[13]

Henssler/Hoven/Kubiciel/Weigend Kölner Entwurf eines Verbandssanktionengesetzes; abrufbar unter https://www.verbandsstrafrecht.jura.uni-koeln.de/sites/fg_verbandsstrafrecht/user_upload/Koelner_Entwurf_eines_Verbandssanktionengesetzes__2017.pdf.

[14]

Jahn/Schmitt-Leonardy/Schoop wistra 2018, 27.

[15]

Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und SPD zur 19. Legislaturperiode, S. 126; abrufbar unter https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/koalitionsvertrag-zwischen-cdu-csu-und-spd-195906.

[16]

Abrufbar unter https://www.steuerberater-center.de/media/VerSanG_RefE.pdf (2.12.2019); vgl. hierzu auch Gercke/Grözinger „BMJV-Entwurf zu Verbandssanktionen: Zuckerbrot und Peitsche“, in: Legal Tribune Online, 23.8.2019.

[17]

Abrufbar unter https://www.bmjv.de/SharedDocs/Gesetzgebungsverfahren/Dokumente/RefE_Staerkung_Integritaet_Wirtschaft.pdf?__blob=publicationFile&v=1.

[18]

Vgl. nur DAV NZG 2020, 305; Soyka DRiZ 2020, 137; Cordes/Wagner NZWiSt 2020, 215; Köllner NZI 2020, 60; Baur/Holle ZRP 2019, 186; mit Fokus auf die Regelungen zu internen Ermittlungen und Beschlagnahme Kainer/Feinauer NZA 2020, 363; Ott/Lüneborg NZG 2019, 1361. Besonders kritisch mit Blick auf verfassungsrechtliche Legitimationsfragen Rostalski NJW 2020, 2087. Vgl. auch den sog. „Münchner Entwurf“: Saliger/Tsambikakis/Mückenberger/Huber (Hrsg.), Münchener Entwurf eines Verbandssanktionsgesetzes, 2019.

[19]

BR-Drucks. 440/20.

[20]

Rotsch/Mutschler/Grobe CCZ 2020, 169, mit entsprechender Kritik.

[21]

Vgl. die Empfehlungen der Ausschüsse v. 8.9.2020, BR-Drucks. 440/1/20.

[22]

Stellungnahme des Bundesrates v. 18.9.2020, BR-Drucks. 440/20 (Beschluss).

[23]

Siehe nun auch BT-Drucks. 19/23568 v. 21.10.2020.

[24]

Zur grenzüberschreitenden Verteidigung im Einzelnen vgl. nur Salditt StV 2003, 136, 137.

[25]

Inzwischen wurde die Höhe der möglichen Geldbuße durch eine Gesetzesänderung sogar auf 10 Mio. € erhöht und damit verzehnfacht (!), Art. 4 des Gesetzes v. 26.6.2013, BGBl. I 2013, S. 1738, 1748.

[26]

Vgl. ausführlich hierzu 3. Kap. Rn. 69 ff., 85 ff.

1. Kapitel Grundlagen › D. Haftung von Unternehmen und Unternehmensverantwortlichen › II. Organ- und Vertreterhaftung nach § 14 StGB bzw. § 9 OWiG

II. Organ- und Vertreterhaftung nach § 14 StGB bzw. § 9 OWiG

144

Arbeitsstrafrechtliche Tatbestände richten sich regelmäßig an den Arbeitgeber (s.o.). Es handelt sich mithin um Sonderdelikte, wobei der eigentliche Adressat („der Arbeitgeber“) in aller Regel eine juristische Person und weder handlungs- noch deliktsfähig ist (s.o.). Im Hinblick darauf, dass die straf- und bußgeldrechtliche Verantwortlichkeit an das schuldhafte bzw. vorwerfbare Handeln einer natürlichen Person anknüpft, würden so grundsätzlich Haftungslücken entstehen.[1] Um dies zu vermeiden, erfolgt eine Zurechnung bzgl. Individualpersonen über § 14 StGB bzw. für das Ordnungswidrigkeitenrecht über die wortgleiche Regelung des § 9 OWiG. Die genannten Vorschriften werden ergänzt durch die Haftung von Betriebs- und Unternehmensinhabern wegen Aufsichtspflichtverletzungen (§ 130 OWiG) und die Sanktionierung von juristischen Personen und Personenvereinigungen selbst wegen betriebsbezogener Zuwiderhandlungen von Organen und bestimmten Vertretern (§ 30 OWiG).

145

§ 14 StGB und § 9 OWiG führen damit zu einer Ausweitung der straf- bzw. bußgeldrechtlichen Haftung, indem sie Personen zu Normadressaten – also tauglichen Tätern – machen, denen eigentlich ein täterschaftsbegründendes besonderes persönliches Merkmal fehlt.[2]

1. Besondere persönliche Merkmale

146

Die besonderen persönlichen Merkmale nach § 14 Abs. 1 StGB sind mit denen des § 28 StGB nicht gleichbedeutend.[3] Das Gesetz unterteilt sie in „besondere persönliche Eigenschaften, Verhältnisse oder Umstände“. Nach h. M. trägt diese Differenzierung allerdings wenig zur Klärung des Regelungsbereichs der Organ- und Vertreterhaftung bei.[4]

147

Persönliche Eigenschaften sind die mit der Person des Menschen als solcher verbundenen Merkmale geistiger, körperlicher oder rechtlicher Art (z.B. Lebensalter).[5] Jedoch sind diese Eigenschaften ihrer Natur nach unübertragbar und persönliche Eigenschaften daher im Rahmen von § 14 StGB irrelevant.[6]

148

Persönliche Verhältnisse sind die äußeren Beziehungen eines Menschen zu anderen Menschen, Institutionen oder Sachen.[7] Zu dieser Gruppe zählen auch die sog. Statusbezeichnungen, soweit sie mit vertretbaren Pflichten verbunden sind.[8] Im arbeitsrechtlichen Kontext ist die Statusbezeichnung „Arbeitgeber“ von zentraler Bedeutung.[9] Als weitere Beispiele täterschaftsbegründender Statusbezeichnungen sind hier insbesondere „Unternehmer“ (§ 404 Abs. 1 SGB III, § 209 Abs. 2 SGB VII), „Verleiher“ (§ 15 AÜG) und „Entleiher“ (§ 15a AÜG) zu nennen.[10]

149

Für die persönlichen Umstände verbleiben solche täterbezogenen Merkmale, die nicht bereits zu den Eigenschaften oder Verhältnissen gehören.[11] Sie wurden aufgenommen, um klarzustellen, dass die besonderen persönlichen Merkmale nicht dauerhaft vorliegen müssen, sondern auch solche von nur vorübergehender Dauer sein können.[12] Dazu zählen aber insbesondere momentane Einstellungen in Gestalt von Beweggründen oder Gesinnungen, die als subjektive täterbezogene Merkmale außerhalb des § 14 StGB stehen.[13]

2. Vertretung (§ 14 Abs. 1 StGB, § 9 Abs. 1 OWiG)

150

Die Zurechnungstatbestände des § 14 StGB setzen in Abs. 1 voraus, dass der Handelnde Vertretungsberechtigter einer juristischen Person (Nr. 1) oder einer rechtsfähigen Personengesellschaft i.S.v. § 14 Abs. 2 BGB (Nr. 2) oder gesetzlicher Vertreter einer anderen Person (Nr. 3) ist.[14] Dies gilt entsprechend für den wortgleichen § 9 OWiG.[15]

a) Juristische Personen (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 StGB, § 9 Abs. 1 Nr. 1 OWiG)

151

Juristische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts sind körperlich verfasste, von ihrem Mitgliederbestand regelmäßig unabhängige Organisationen mit eigener Rechtspersönlichkeit.[16] Sie handeln durch ihre Organe. Die strafrechtliche Haftung der vertretungsberechtigten Organe juristischer Personen setzt die rechtlich wirksame Entstehung des Verbandes voraus.[17] Ob dies der Fall ist, bestimmt sich nach den einschlägigen zivilrechtlichen bzw. öffentlich-rechtlichen Regeln, nach denen dies auch bei schwerwiegenden Gründungsmängeln zu bejahen sein kann (vgl. z.B. § 275 AktG, § 75 GmbHG, § 94 GenG). Dagegen kann eine „faktische Betrachtungsweise“ die fehlende Rechtspersönlichkeit nicht ersetzen; hier gilt auch nicht Abs. 3, da dieser sich nur auf Mängel bei der Begründung des Auftrags- und Vertretungsverhältnisses bezieht.[18] Sofern die Organisation die Rechtspersönlichkeit nicht erlangt hat und sie auch nicht als rechtsfähige Personengesellschaft i.S.d. Abs. 1 Nr. 2 eingestuft werden kann, sind ihre Mitglieder selbst Normadressaten; auch können ihre „Organe“ zu solchen nach Abs. 2 werden.[19] Durch Abs. 1 Nr. 1 wird die strafrechtliche Organhaftung bei juristischen Personen auf vertretungsberechtigte Organe beschränkt.[20] Dadurch wird klargestellt, dass nur das Geschäftsleitungsorgan der juristischen Person und nicht etwa andere Organe wie z.B. Mitgliederversammlung, Aufsichtsrat oder Beiräte gemeint sind.[21]

152

Zu den in § 14 Abs. 1 Nr. 1, 1. Alt. StGB genannten vertretungsberechtigten Organen bzw. Organmitgliedern gehören:[22]


beim rechtsfähigen Verein der Vorstand gem. §§ 26, 29 BGB,
bei der rechtsfähigen Stiftung der Vorstand gem. §§ 86, 88 BGB,
bei der AG der Vorstand gem. §§ 76, 78, 84 AktG,
bei der Genossenschaft der Vorstand gem. §§ 17 Abs. 1, 24 GenG,
bei der GmbH der Geschäftsführer gem. § 35 GmbHG,
bei der KGaA der persönlich haftende Gesellschafter gem. § 278 Abs. 2, § 285 AktG, § 170 HGB.

153

Bei den juristischen Personen des öffentlichen Rechts handelt es sich um die öffentlich-rechtlichen Körperschaften, Anstalten und Stiftungen. Die Frage der organschaftlichen Vertretungsberechtigung bestimmt sich nach den einschlägigen Vorschriften des öffentlichen Rechts.[23]

154

Aus § 14 Abs. 1 Nr. 1, 2. Alt StGB folgt, dass bei mehrgliedrig strukturierten Organen jedes Mitglied des Organs grundsätzlich Normadressat ist, und zwar unabhängig davon, ob und wie die Zuständigkeiten intern durch Satzung, Geschäftsordnung, Anstellungsvertrag oder interne Vereinbarung aufgeteilt sind.[24] Das heißt, dass die Geschäftsverteilung den Kreis der Normadressaten nicht begrenzen kann.[25] Insbesondere bei Begehungsdelikten kommt es allein auf das externe Handeln im Geschäfts- bzw. Pflichtenkreis des Vertretenen an.[26] Liegt hingegen der Vorwurf in einem pflichtwidrigen Unterlassen, so wird die strafrechtliche Verantwortlichkeit eines Organmitglieds nach § 14 StGB durch die allgemeinen Haftungsvoraussetzungen des (unechten) Unterlassungsdelikts überlagert.[27]

155

Eine strafrechtliche Organ- bzw. Vertreterhaftung kommt für intern unzuständige Organmitglieder lediglich insoweit in Betracht, als ihnen die Vornahme der rechtlich erwarteten Handlung faktisch und rechtlich möglich sowie zumutbar ist.[28] Zudem setzt die Strafbarkeit intern zur Vornahme der Erfolgsabwendung unzuständiger Organmitglieder bei vorsätzlichen unechten Unterlassungsdelikten Kenntnis der die Erfolgsabwendung erfordernden tatsächlichen Situation voraus.[29]

156

Auch eine Strafbarkeit wegen einer fahrlässigen Unterlassungstat, die eine Pflicht zur gegenseitigen Überwachung voraussetzen würde, kommt nur beschränkt in Betracht. „Eine allgemeine gegenseitige Überwachungspflicht gleichberechtigter Organe besteht nicht […], denn sie würde dem Sinn einer – in großen Betrieben sogar notwendigen – Arbeitsteilung zuwiderlaufen.“[30] Demnach wird man eine Sorgfaltspflichtverletzung des intern nicht zuständigen Organmitglieds nur dann annehmen können, wenn sich ihm die fragliche Pflichtverletzung ohne Weiteres aufdrängen musste oder wenn infolge besonderer Umstände (z.B. früherer Unregelmäßigkeiten) Anlass bestand, sich um die Angelegenheiten des anderen zu kümmern.[31] Solche besonderen Umstände lagen beispielsweise in der Lederspray-Entscheidung[32] vor. Danach „greift der Grundsatz der Generalverantwortung und Allzuständigkeit der Geschäftsleitung ein,[33] wo – wie etwa in Krisen- und Ausnahmesituationen – aus besonderem Anlass das Unternehmen als Ganzes betroffen ist; dann ist die Geschäftsführung insgesamt zum Handeln berufen.“[34]

b) Rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB, § 9 Abs. 1 Nr. 2 OWiG)

157

In § 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB sind die vertretungsberechtigten Gesellschafter einer rechtsfähigen Personengesellschaft genannt, wobei auch hier nur Gesellschafter mit einer rechtswirksam erteilten Vertretungsbefugnis gemeint sind.[35] Eine rechtsfähige Personengesellschaft ist gem. § 14 Abs. 2 BGB „eine Personengesellschaft, die mit der Fähigkeit ausgestattet ist, Rechte zu erwerben und Verbindlichkeiten einzugehen“.

158

Dazu gehören zunächst als sog. Personenhandelsgesellschaften:[36]


die OHG (§ 105 HGB): vertretungsberechtigt sind alle Gesellschafter (§ 125 HGB),
die KG (§ 161 HGB): vertretungsberechtigt sind nur die persönlich haftenden Komplementäre (§ 161 Abs. 2 i.V.m. §§ 125, 170 HGB),

159

Zu den rechtsfähigen Personengesellschaften gehören darüber hinaus:


die Partnerschaftsgesellschaft, PartG: vertretungsberechtigt ist jeder einzelne Partner (§ 7 Abs. 3 PartGG i.V.m. §§ 125 Abs. 1 und 2, 126, 127 HGB),

160

Nicht erfasst sind hingegen:



161

Auch im Rahmen des § 14 Abs. 1 Nr. 2 StGB muss die Gesellschaft wirksam bestehen, was auch bei einem fehlerhaften, aber in Vollzug gesetzten Gesellschaftsvertrag der Fall ist.[44] Andernfalls sind die Gesellschafter selbst Normadressaten. Das gleiche gilt für sonstige nicht-rechtsfähige Personenvereinigungen. Daher kann z.B. der Vorstand eines nicht-rechtsfähigen Vereins, wenn er selbst Mitglied ist (andernfalls kommt Abs. 2 in Betracht), unmittelbar belangt werden.[45]

₺2.884,49

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
1290 s. 1 illüstrasyon
ISBN:
9783811407442
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre
Metin
Ortalama puan 0, 0 oylamaya göre