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Kitabı oku: «Reise durch den Stillen Ozean», sayfa 27

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XX
BESTEIGUNG DES KILAUEA

Wilder Ausritt. Das Halfway House zu Olaa. Der Krater thut sich auf. Das Volcano Hotel und seine Vorzüge. Besuch des kochenden Lavakessels. Mondschein und Hölle. Beschwerlicher Abstieg nach Puna. Erstarrte Lavaströme und eingestürzte Lavadome. Kapitän Eldart und sein Gehöft Kapoho. Die warmen Quellen. Awa und Brotfrucht. Glücklich wieder in Hilo.

Früh am folgenden Morgen rief uns ein lebhaftes Getümmel im Garten vor dem Hotel aus den Betten. Obgleich wir schon gestern unsere Wahl getroffen hatten, waren noch einige spekulative Kanakas mehr mit Pferden gekommen, in der Hoffnung, vielleicht doch noch ein Geschäft zu machen.

Ueber eine Stunde verging, ehe wir wegkamen, ehe wir die Ausrüstung der Pferde genau untersucht, ehe hier ein liederlich zusammengestoppeltes Zaumzeug geflickt, dort ein halb durchgerissener Steigbügelriemen durch einen neuen ersetzt, ehe alle die Satteltaschen gepackt und aufgeschnallt waren. Den Kanakas ist in Dingen der Propretät niemals zu trauen, und in Bezug auf ihre Thiere lügen sie wie alle Pferdeverleiher dieser schnöden Erde. Ein paar Mädchen schmückten uns noch schnell mit Blumen und Guirlanden. Dann schwangen wir uns in den Sattel, drückten den Hut fest in die Stirn und gallopirten südwärts zur Ortschaft hinaus. Links und rechts bellten wüthend die Hunde, und die halbe Einwohnerschaft lief auf die Strasse uns ein freundliches »Aloha« nachzurufen.

Würde es einem gesitteten Staatsbürger zu Hause einmal einfallen, in demselben Aufputz auszureiten, in dem wir damals mit Uebertreibung der grelle Farben und Blumenschmuck liebenden Landessitte den Ritt nach dem Kilauea antraten, er würde unfehlbar arretirt werden. Rock und Weste hatten wir zu Hause gelassen, um das Scharlachroth unserer Garibaldihemden zur Geltung zu bringen. Grosse dreizöllige Spornräder starrten uns von den Stiefeln, buntes Troddelwerk und klirrendes Schellengeklingel bedeckte das mexikanische Sattel- und Zaumzeug, und an den Hüten, um Hals und um Brust hingen uns flatternde Guirlanden von Farnkraut und weithin leuchtenden schwefelgelben Blüthen oder pomeranzengelben Pandanusfrüchten.

Eben so wild wie unser Aufputz war unser Ritt. Der Weg war der schlechteste, den man sich denken kann, und so schmal, dass wir eigentlich nur in einer Reihe hätten reiten sollen, zu beiden Seiten Farn und Busch. Ueberall nichts als glasharte Lava, in unzählige Schrunden und Blöcke zerklüftet. Die Pferde drängten alle vorwärts, eines strebte dem anderen zuvorzukommen, und mit einem Leichtsinn, der aller Vernunft Hohn sprach, sprengten wir, eng in einander gekeilt, Knie dicht an Knie und uns gegenseitig mit Armen und Beinen zurückreissend, rücksichtslos über den gefährlichen Boden, durch das zerfetzende Gestrüpp. Unsere hawaiischen Pferde, an solche rauhe Pfade gewöhnt und unübertrefflich zäh, stolperten kaum ein einziges mal und flogen dahin wie auf einer ebenen Chaussee.

Die Hetzjagd dauerte zum Glück nicht lange. Es ging mehrmals in steile Gräben hinab, in denen unten sumpfige Tümpel waren, und Lavablöcke von grösseren Dimensionen stemmten sich uns entgegen. Ueberall nichts als Lava, glasharte, widerlich kratzende und knirschende Lava, die meistens noch deutlich die Faltung ihres Gusses zeigte, als wäre die Masse eben erst jetzt erstarrt. Stellenweise dröhnte es hohl unter den Hufen von unterirdischen Räumen. Trotz der Frische des noch wenig verwitterten Bodens war doch schon eine reichliche Vegetation aus den Schrunden emporgesprosst. Ein nicht sehr dichter Wald von Ohiabäumen, an denen sich Schlingpflanzen mit schönen rothbraunen Blüthen hinaufrankten, mit eingestreuten Pandaneen folgten auf Farnkrautbestände, die an Neuseeland erinnerten. Die Sonne brannte glühend heiss herab, und da wo der Busch nicht dicht und nicht hoch genug war, um Schatten zu gewähren, rieselte uns und den Pferden der Schweiss von den Gliedern.

Die Entfernung von Hilo bis zum Krater beträgt 29 englische Meilen oder 44 Kilometer. Im Halfway House zu Olaa, einem Platz, der nur aus drei oder vier zwischen Felsen, Gebüsch und spärlichen Wiesenfleckchen zerstreuten Hütten besteht, machten wir Mittag. Wir nahmen unseren Pferden Sattel und Zaum ab und liessen sie grasen. Einige Hühner erlitten den Tod, und bis sie gebraten waren, legten wir uns in den kühlen Schatten des Wirthshauses und liessen unter den Händen brauner Mädchen das »Lome lome« über uns ergehen. Diese nach einem anstrengenden Ritt höchst erquickende Prozedur besteht in dem kunstgerechten Kneten der Muskeln des Rumpfes, der Beine und Arme und bildet einen Theil der landesüblichen Gastfreundschaft, der dem eben angekommenen Fremdling auf sein Verlangen und oft auch ohne sein Verlangen geleistet wird. Kaum ist man irgendwo in einem Dorfe vom Pferde gestiegen und hat sich müde auf der Erde ausgestreckt, als auch sogleich ein paar Frauenzimmer nebenan Platz nehmen und erst schüchtern, dann immer dreister und eindringlicher zu kneten beginnen.

Bis zum Ziele unserer Partie ging es immer durch dieselbe Landschaft von dünnem Busch und Farnkraut, immer über denselben knirschenden, glasharten Boden fort. Höchstens dass hier und da in einer Vertiefung so viel Humus angesammelt war, dass die Hufe auf einige Schritte zu kratzen aufhörten und dadurch dem gequälten Ohr eine angenehme Rast gewährten.

Ich war in Bezug auf die Wahl meines Pferdes der glücklichste von uns allen gewesen. Und auch mein Pferd durfte mit seinem Loose zufrieden sein, denn ich war der leichteste Reiter der Gesellschaft. Es war dafür auch allen anderen voran, und während hinter mir ein paar kurzathmige Häuter bereits erbärmlich keuchten, und klatschende Hiebe und Flüche auf die armen Thiere herabregneten, brauchte ich nur ein wenig mit der Zunge zu schnalzen, um meinen Grauschimmel aufzumuntern. Auch verstand er das Terrain viel besser als ich und wusste genau Bescheid, wann er gallopiren oder traben durfte, und wann er im Schritt gehen musste, und kletterte so geschickt über Lavablöcke und stieg so sicher und vorsichtig in die jeden Augenblick unseren Pfad kreuzenden Gräben hinab, dass ich ihn ganz sich selbst überlassen konnte.

So schlängelte sich unser Ritt ermüdend unter beständigem Wechseln der Gangart über Felsen und Schluchten, durch sumpfige Mulden und über glasharte vor wenigen Jahren noch feurigflüssige Lava dahin, links und rechts in den engen Saumpfad hereinreichendes Gebüsch, welches uns ins Gesicht schlug und an den Steigbügeln zerrte. Ein lechzender Durst peinigte uns, und wo wir eine vom Regen der letzten Nacht zurückgelassene Pfütze fanden, stiegen wir ab, legten uns auf den Bauch und schlürften mit dem Munde das schmutzige Wasser. Keine prangenden Blumenguirlanden schmückten mehr unsern Körper, wir hatten sie weggeworfen, und nichts erinnerte mehr an die Farbenpracht des Morgens, als die rothen Hemden, an denen die moorige Erde haftete.

Wir merkten nicht, dass wir höher stiegen. Der Krater Kilauea ist kein Berg im gewöhnlichen Sinne des Wortes, er liegt blos 4000 englische Fuss oder 1200 Meter über dem Meere, und der Weg von Hilo bis hinauf und somit die ganze Erhebung dehnt sich gleichmässig, nur unterbrochen von kleinen welligen Vertiefungen, auf 44 Kilometer aus. Mit gespannter Erwartung spähten wir umsonst nach einem Feuerschein oder nach Rauchsäulen vor uns. Wir näherten uns dem grössten thätigen Vulkan der Erde. Die schwüle Atmosphäre war trübe und düster, und eine dunkle Wolkenwand überlagerte den Horizont in der Richtung, in der er liegen musste, so dass wir berechtigt waren, von den höheren Punkten aus, die eine weitere Umschau gestatteten, doch endlich ein Anzeichen von ihm zu erhalten. Aber keine Spur war zu entdecken.

Eben war der Weg etwas besser geworden, und eben hatten wir voll Freude darüber wieder eine kleine Hetzjagd angeschlagen, mein unübertrefflicher Grauschimmel weit voran, während zwei oder drei Pferde übermüdet zurückblieben, ungerührt von den rasselnden Peitschenhieben, als plötzlich der nun dichtere Busch sich lichtete, eine Grasfläche uns entgegenschimmerte mit einem Haus und einigen Hütten darauf, und links vom Wege ein tausend Fuss tiefer Abgrund sich aufthat, der grosse, 9 Meilen im Umfang zählende Krater, die Behausung der gefürchteten alten hawaiischen Göttin Pele. Wie ein riesiger kreisförmiger Steinbruch lag er unter uns, rings umgeben von senkrechten Wänden. Und auf der erhöhten Mitte dieses gewaltigen Zirkus, etwa 2 englische Meilen von unserem Standpunkt, qualmten aus einem Kessel gelbliche Dämpfe empor, und hier und da erschienen über den schwarzen, zackigen Rändern desselben glühendrothe Massen, die sich deutlich bewegten – flüssige, kochende Lava. Im Hintergrunde streckte sich sanft ansteigend und mit ungebrochenen geraden Linien der Maunaloa in die Wolken, die noch etwa 2000 Meter seiner Höhe verhüllten. Die nächste Umgebung bestand aus Ohiabusch. Rechts neben den menschlichen Wohnstätten dampfte es in einer Vertiefung aus unzähligen Fumarolenlöchern.

Der Kilauea ist bereits ein sehr zivilisirter Krater. Denn sein nördlicher Rand, an dem wir standen, trägt ein gutes Hotel, welches die schönste Aussicht auf ihn hinab bietet. Nur an Touristen ist noch ein bedenklicher Mangel, und wenn es gut geht, kommen im Durchschnitt monatlich einmal Gäste. Wir waren noch im Beschauen des Kilauea begriffen, als die Wirthsleute, ein amerikanisirter Schotte und seine eingeborene Gattin, sowie einige braune Burschen sich daran machten, unsere Pferde abzuzäumen und uns selbst zum Absteigen einzuladen.

Es war kalt hier oben, und ein rauher Wind blies über die öden, todesstillen, buschigen Flächen der Umgebung, so dass wir das im Kamin lodernde Feuer dankbar begrüssten. Durch die Fenster und von der Veranda aus konnten wir den Vulkan überblicken, dessen Schauspiel mit vorrückender Dunkelheit immer glänzender und grossartiger wurde. Als es Nacht war, kamen noch einige feurige Spalten mehr zum Vorschein, die von dem zentralen Feuerbecken nach verschiedenen Richtungen ausstrahlten. Deutlich sahen wir mit dem Fernglas, wie die glühenden Wogen geschmolzener Lava sich schwerfällig über den Rand desselben hinüberwälzten. Das Ganze machte den Eindruck einer brennenden Stadt, und Paris, wie ich es in den letzten Mainächten der Kommune von den Wällen des Forts Nogent aus gesehen, ein prasselnder Höllenpfuhl, kam mir in die Erinnerung.

Als wir nach dem Essen wieder durchs Fenster nach dem Krater ausguckten, lag ein dicker Nebel über ihm, der ihn vollständig verhüllte, so dass keine Spur eines feurigen Scheins zu sehen war. Sollte mich das bisherige Glück mit dem Wetter verlassen wollen, und sollte es uns gehen, wie anderen vor uns, die im Fremdenbuch klagten, gar nichts vom Kilauea gesehen zu haben? Unter solchen Zweifeln gingen wir zu Bett und entschliefen, nachdem wir den Wirth und uns selbst verpflichtet hatten, alle aufzuwecken, falls einer den Vulkan in heftigerer Thätigkeit wahrnehmen würde. Wir wurden auch wirklich um Ein Uhr geweckt, da der Nebel verschwunden war und die Lava in ausnehmend starken Garben über den Rand des feurigen Kessels wallte.

Der Nebel kam nicht wieder, und den nächsten Morgen stiegen wir unter strahlendem Sonnenschein in den Krater hinab. Dies klingt viel gefährlicher, als es in Wirklichkeit war. Denn der Boden des Kilauea, so wie ich ihn damals am 25. Aug. 1876 gesehen habe, war bis auf jene verhältnissmässig kleine Stelle vollständig erstarrt, ein gefrorener See. Entweder durch Senkung der peripherischen oder durch Hebung der zentralen Theile desselben hatte sich nicht ganz in der Mitte, sondern etwas näher der westlichen Wand ein sekundärer Kraterkegel in dem primären Krater von 9 Meilen Umfang gebildet, dessen Spitze den noch nicht gefrorenen feurigflüssigen Lavakessel trug. Wir stiegen also in den primären Krater hinab, der Wirth und einer seiner Kanakas als Führer voran, alle mit tüchtigen Stöcken bewaffnet. Gerade vor dem Hotel ist die hier etwa 180 Meter tiefe Wand eingestürzt und hat so Staffeln von Trümmerhaufen aufgeschüttet, über die steile und geschlängelte Pfade uns rasch hinuntergeleiteten. Grosse rosenfarbige Heidelbeeren wuchsen zwischen dem Geröll und unterbrachen freundlich den rauhen Abhang.

Wir betraten die nackte, frisch wie Metall glänzende Lava und stiegen langsam aufwärts. Erstarrte Lavaströme, in konzentrischen Bogen gewulstet, überlagerten einander in verschiedenen Richtungen und von verschiedenen Farben, schwarz, grünlich und gelbbraun wie Erz. Breite und tiefe Spalten zerklüfteten diese Ströme. In den Ritzen zwischen den Falten des Gusses fanden wir überall jenes eigenthümliche Mineral, das Haar der Göttin Pele oder Pelenit genannt, zu Fäden ausgesponnene Schlacke, welches genau so aussieht, wie die Schlackenwolle unserer Eisenwerke. Die Oberfläche, auf der wir im Gänsemarsch hinter den Führern marschirten, war sehr spröde und voll von grossen Luftblasen, in die wir häufig einbrachen, manchmal über ein Meter tief. In diesen Blasen herrschte eine bedeutende Hitze und Feuchtigkeit. Wenn man sich mit der Hand auf den Boden stützte, um sich herauszuarbeiten, stachen feine splitterige Nadeln, die ihn allenthalben überzogen, die Haut. Es dröhnte beständig hohl unter unseren Schritten. Wir passirten einige alte Nebeneruptionspunkte von jeder Form, so zum Beispiel einen 2 Meter hohen Schornstein, durch aneinander gebackene Schlackentropfen aufgebaut, aus dessen Oeffnung es geheimnissvoll rauchte.

Schon lange ehe wir unser Ziel, den kochenden Kessel erreichten, bereitete uns die aus ihm emporspritzende Lava ein höchst eigenthümliches Phänomen. Die Sonne stach grell auf den metallisch wie Messing blitzenden Pfad herab. Und obwohl bekanntlich unter dem Sonnenlichte jegliches Feuer bedeutend an Wirkung verliert, so war doch die Farbe der flüssigen Lava von einer Gluth, wie ich sie bisher nur an feuerrothen Blumen gesehen hatte. Hinter grossen schwarzen zackigen Blöcken von Schlacke spritzte die flüssige Lava rastlos in grossen Fetzen und Tropfen empor und machte mir den Eindruck, als ob Blüthenbouquets von besonders brennendem Roth beständig in die Höhe geworfen würden.

Wir näherten uns dem Rande bis auf etwa vier Schritte. Der Kessel war bis zum Ueberlaufen mit flüssiger und kochender Lava gefüllt, und wir standen, da der Rand erhöht war, noch unter dem Niveau, welches von unserer Augenhöhe nicht viel überragt wurde. Das ganze Bassin hatte zwei Abtheilungen, von denen jede einen guten Steinwurf im Durchmesser breit war und mit der andern durch eine schmale Verbindung zusammenhing, so dass beide durch eine Achterfigur begrenzt waren.

In jeder der beiden Abtheilungen schwammen Platten halberstarrter, noch glühender Lava, die fast die ganze Oberfläche einnahmen und sich beständig im Kreise drehten. Intensiv glühende fussbreite Spalten zogen sich durch diese Platten, und aus ihnen brachen alternirend bald hier bald dort die feurig flüssigen Garben und spritzten etwa 20 bis 30 Fuss hoch empor. Drei oder vier solche Spritzfontänen waren immer zu gleicher Zeit thätig. Es wallte fortwährend, und die schwimmende Rinde bog sich wellenförmig, ebenso wie dünnes Eis, durch welches ein Dampfer seinen Weg bahnt. Ein dumpfes Rollen erschütterte den Boden unter unseren Füssen. Hier und da donnerte es plötzlich heftiger, die Rinde bekam einen neuen Riss, und nun wallte es aus diesem hervor, da wo eben nichts zu sehen war, als die glühende Rinde.

Wir warfen Schlackenstücke hinein, welche nicht schwer genug waren, um durchzubrechen, sondern liegen blieben, bis sie von einer neuen plötzlich hervorquellenden Lavafontäne verschlungen wurden. Schwere, dichte Steine hätten die Rinde vielleicht durchbrochen. Wir standen auf der Windseite, sonst wären wir nicht sicher gewesen. Wäre der Wind von der anderen Seite gekommen, so konnten die rothen Tropfen und Fetzen auf uns niederfliegen. Wo sie uns gegenüber auf die Schlackenblöcke des Randes fielen, flossen sie entweder flüssig bleibend in das Becken zurück, oder sie kollerten, allmälig verdunkelnd, nach aussen hinab, und es war mir, als könnte ich dann, trotz des unterirdischen Grollens und trotz des pfeifenden Windes, das klappernde Geräusch vernehmen, welches sie dabei machten. Es war ziemlich heiss hier, aber nicht so bedeutend, als die Strahlung so mächtiger feurig flüssiger Massen erwarten liess. Die Luft zitterte über dem Becken, halb undurchsichtig von gelblichen Dämpfen.

Wir blieben nicht lange. Denn über den Rand eines zum Ueberlaufen vollen kochenden Lavakessels zu blicken und dabei auf einem Boden zu stehen, unter dem es beständig donnert, rumort und stampft, ist eine unheimliche Situation. Die Fluth schien höher zu steigen, und wir ergriffen die Flucht.

Den Rückweg nahmen wir in einer anderen Richtung, als von der wir gekommen waren. Wir passirten noch mehrere erstorbene Eruptionspunkte im Krater. Mehrere hundert Schritt lange und gegen zwanzig Meter tiefe Klüfte mit rothen Wänden durchzogen kreuz und quer den westlichen Theil, der aus Terrassen höherer und tieferer Flächen bestand. Eingestürzte, kuppelförmige Gewölbe von dichter Lava lagen neben Schutthügeln von grossen gleichmässigen Steinwürfeln. Ueberall Spalten im älteren Gestein, aus denen jüngere noch ganz frischglänzende Lava herausgequollen war, in konzentrischen Kreisen erstarrt, mit nichts besser zu vergleichen als mit den Verdauungsprodukten weidender Rinder auf unseren Wiesen, nur dass diese Lavafladen 30 bis 50 Schritt im Durchmesser hatten. Mehrere dunkle Höhlen, wie die Bogen grosser Brücken gewölbt, führten in die Tiefe. In einer derselben stiegen wir etwa zwanzig Meter schräg über Schutthaufen hinab. Sie wurde nach unten zu enger, aber wir hätten noch viel weiter hinabsteigen können, wenn nicht eine erdrückende Hitze und ätzender Wasserdampf uns zurückgeschreckt hätten. Der Führer zündete eine Stearinkerze an, welche bald immer wieder zu knistern begann und erlosch. Tropfsteinbildungen aus grauschwarzen und hohlen drusigen Aesten hingen von der Decke herunter, und zarte weisse Krystalle von Alaun hatten sich in den Schrunden ansublimirt.

Wir waren sehr glücklich gewesen, den Kilauea so stark in Thätigkeit zu finden. Oft weicht die Lava in ihm ganz zurück, und andere Besucher sahen dann statt des bis zum Rande gefüllten Beckens nur in ein hundert Fuss tiefes Loch hinab, aus dem gelbe Dämpfe emporqualmten.

Das genossene Schauspiel war allerdings hinter den Erwartungen zurückgeblieben, zu welchen die überschwänglichen Schilderungen des grössten aktiven Vulkans der Erde von 9 Meilen Umfang und die Aufschneidereien über die haarsträubenden Gefahren seines Innern, die ich gelesen, berechtigten. Nichtsdestoweniger war das Wunderbare, Dämonische der Erscheinung, das fremdartige, rastlose Arbeiten todter Massen ohne sichtbare Ursache ergreifend und überwältigend genug, um auch ohne grössere Dimensionen den grossartigsten bleibenden Eindruck zu hinterlassen. Ich begreife sehr wohl, wie noch heutzutage die Eingeborenen der hawaiischen Inseln als echte Naturkinder an ihrer alten Göttin Pele, der Beherrscherin und Urheberin des Kraters, festhalten und ihr zuweilen, sie zu beschwichtigen, Opfer darbringen, indem sie Münzen und andere Kostbarkeiten oder auch Schweine und Ziegen in den feurigen Schlund werfen, trotz des Christenthums. Sind ja doch bei unseren Bauern ähnliche abergläubische Ueberbleibsel der Heidenzeit nach mehr als tausend Jahren noch zahlreich vorhanden.

Den Nachmittag benutzten wir dazu, die Fumarolen und Solfataren in der unmittelbaren Nähe des Hotels zu besichtigen. In einem flachen und kleinen Thale erheben sich mehrere Hügel von lockerer, zerbröckelter, weisslicher Erde und verwittertem, geröstetem Gestein, feucht und förmlich gedünstet von Wasserdampf, der entweder überall aus den Spalten hervorraucht oder aus einigen Löchern unter Hochdruck herauszischt. Aeusserst zarte Krystalle von Schwefel und Alaun haben sich in den Spalten angesetzt und zerfallen, sobald man sie mit der Hand berührt. Der Boden ist stellenweise so weich, dass man leicht stecken bleibt und sehr unangenehm die Hitze des Bodens empfindet.

Eines der dampfenden Löcher wird als Dampfbad benützt. Ein Schwitzkasten mit einer runden Oeffnung oben für den Hals, so faul und baufällig, dass man in Gefahr schwebt, durchzubrechen und in die geheimnissvolle Tiefe zu sinken, ist darübergebaut, das Ganze umschliesst und deckt eine Hütte aus Flechtwerk. Mein Gefährte Bats und ich machten sofort von dieser Gelegenheit Gebrauch, was aber nichts weniger als genussreich war. Theils die überraschend hohe Temperatur, theils die ätzenden Beimischungen des Dampfes verursachten unserer wundgerittenen Haut grässliche Schmerzen. Die einzige Entschädigung dafür bestand darin, dass wir die übrigen Reisegefährten einen nach dem anderen verleiteten, ebenfalls in den Kasten zu steigen, und dass wir uns dann an ihren Qualen weideten und sie nicht eher aus der Halsumschliessung des Deckels befreiten, als bis sie in den flehentlichsten und demüthigsten Ausdrücken um ihre Erlösung baten.

Links und rechts von der Hütte liegen zwei kanuuartig ausgehöhlte Baumstämme unter den Längsseiten des überhängenden Strohdaches, in welche die kondensirte Feuchtigkeit des Dampfbades herabträufelt. Das auf diese Weise gesammelte Wasser muss hier oben zum Trinken dienen.

Ein bitter kalter Wind brachte abermals Nebel mit Regenschauer und verhüllte damit auf einige Stunden den Krater. Gegen Abend peitschte er ihn wieder weg, und über einem schönen klaren Himmel stieg der Mond in die Höhe, beeinträchtigte aber nur wenig die Wirkung der immer lebhafter werdenden Feuermasse des Lavakessels. Wir wollten diesem auch in der Nacht einen Besuch abstatten. Unsere Führer und der Wirth jedoch waren entschieden dagegen, sie behaupteten, ein grösseres Ueberfliessen der Lava stände bevor, und es sei zu gefährlich. Wir stimmten ab und beschlossen, statt in den Krater hinunter, oben auf dem Rande an seine Nordecke zu gehen nach jenem Punkt, der dem Feuerkessel am nächsten lag. Dort kauerten wir uns, in Decken gehüllt, auf einem Felsvorsprung zusammen und sahen wirklich, wie die glühende Lava in mächtigen kochenden Wellen überwallte, ungefähr da, wo wir heute Morgen gewesen waren, und zwei glühende Bäche flossen von jener Stelle strahlenförmig durch den grossen Krater etwa ein Kilometer hinab. Neue Eruptionspunkte hatten sich daneben gebildet, aus denen ebenfalls Lava emporspritzte. Es wäre jetzt nicht möglich gewesen, auf demselben Wege wie am Morgen den Kessel zu erreichen.

Lange sassen wir so da, blickten hinab auf das glänzende Schauspiel und froren, dass uns die Zähne klapperten. Hinter uns war die öde, buschige Fläche vom Silberlichte des Mondes übergossen, auf unseren Gesichtern und auf den Felswänden um uns flackerte der röthliche Schein der glühenden Lava. Gespenstige Nebelgestalten flogen, vom heulenden Winde gepeitscht, rasch durch die Luft und schufen einen doppelten Mondregenbogen, wie ich ihn niemals so vollkommen gesehen. Unten aber prasselte und donnerte, glühte und kochte es unaufhörlich in dem feurigen Kessel, als ob es hier direkt zur entsetzlichsten Stufe der Hölle ginge.

Nichts fehlte dem Volcano House, wie das Hotel sich nennt, an Komfort, uns den Aufenthalt so angenehm als möglich zu machen. Vortreffliche amerikanische Betten, ein für die Verhältnisse guter Tisch und ausgezeichnetes Bremer Flaschenbier, das um so freudiger überraschte, als wir auf der Insel Hawaii, auf der es keine Lizenz für den Verkauf von Spirituosen giebt, derlei nicht zu finden gehofft hatten, ein schönes wärmendes Feuer, liebenswürdige Bedienung, einige Jahrgänge von Frank Leslies Illustrirter Zeitung, Alles war vorhanden, was wir in einem Hotel in so ferner Abgeschiedenheit nur wünschen konnten.

Was aber noch besser war und ein unschätzbares Vergnügen gewährte, selbst ein Fremdenbuch lag hier auf, in welchem jeder Besucher seine Erfahrungen und Gefühle über den Kilauea verewigt hatte, jene sinnige Einrichtung, die leider bei uns zu Hause in den Touristenhotels der Alpen immer mehr ausser Brauch kommt. Zwei dicke Foliobände waren bereits mit poetischen und prosaischen, witzigen und langweiligen, guten und schlechten Ergüssen und Zeichnungen über die Kilauea-Partie gefüllt. Auch der bekannte amerikanische Humorist Mark Twain, der über die Sandwich-Inseln einen mehr amüsanten als wahren Bericht geschrieben, hatte ein paar Seiten geliefert. An deutschen Inschriften fehlte es natürlich nicht, ebenso wenig an schlechten deutschen Gedichten, deren Urheber verschwiegen sein mögen. Von illustren Namen fand ich den des ehemaligen preussischen Konsuls Lindau in Yokohama verzeichnet. Mit grosser Befriedigung entnahmen wir, dass wir ausnahmsweise glücklich gewesen waren. Wenige vor uns hatten den Vulkan bei so günstigem Wetter und in so lebhafter Thätigkeit gesehen. Manche hatten nur Nebel und Regen hier oben gefunden. Einer ging so weit, feierlich gegen die Existenz des Kilauea als einen grossen Schwindel zu protestiren.

Am anderen Morgen brachen wir in aller Frühe auf, um nach Kapoho zu reiten. Es war noch dunkel, und der Vulkan leuchtete ziemlich stark herauf, theilweise verschleiert von einem dünnen Nebel. Der eine Lavabach mochte vielleicht 200 Schritte vorgerückt sein.

Wir nahmen den Rückweg nach Hilo durch den Distrikt Puna, welcher den östlichen Vorsprung der dreieckigen Insel Hawaii umfasst. Während wir von dem nordöstlich gelegenen Hilo in ziemlich gerader Richtung gekommen waren, wandten wir uns jetzt nach Südost um zunächst an das Meer hinabzusteigen und dann, den Windungen der Küste folgend, die östliche Spitze Hawaiis, Kapoho, zu erreichen und dort in dem Gehöft eines Deutschen namens Eldart abermals Rasttag zu halten. Denn es galt heute einen schweren Ritt von 42 englischen Meilen oder 64 Kilometer immer über dieselbe glasharte kratzende Lava.

Bald wich die Kälte des Berges der Gluth der tropischen Sonne, und die morgentlich starren und ungelenken Glieder salbte rieselnder Schweiss. Durch Ohiagebüsch an einem alten Vulkan von kleineren Dimensionen vorbei gelangten wir zu dem Absturz des Hochlandes.

Auf unglaublich steilen Pfaden trugen uns die Pferde vorsichtig hinunter. Hätten wir uns nicht vor dem Führer geschämt, wir wären wahrscheinlich aus dem Sattel gestiegen und zu Fuss geklettert. Wohl rutschten zuweilen die Hufe knirschend von glatten Felsblöcken ab, wohl strauchelte zuweilen eines unserer wackeren Thiere und drohte zu stürzen, und einen Sturz auf diesem widerlich harten Boden voll scharfer Kanten und tiefer Löcher hätten die besten Knochen nicht ausgehalten. Aber glücklich kamen wir über alle Gefahren und Hindernisse hinab.

Von nun an ging es bis Hilo auf dem breiten Saum der Küste entlang, welcher, aus demselben Material gegossen wie die ganze gewaltige Masse der Insel, die erste niedrigere, nur vielleicht zwanzig Meter aus dem Meer sich erhebende Staffel bildet. Von ferne sieht dieser breite Saum aus, als ob er nahezu eben wäre, und nur einige schärfere Horizontallinien deuten, allmälig verschwimmend im Blau des Horizonts, Vertiefungen an, die sich in der unmittelbaren Nähe als nicht zu verachtende Schluchten erweisen. Ueberall knirscht der Huf auf harter Lava, und doch scheint bereits eine dichte Vegetation links und rechts sich zusammen zu drängen. Wo nur die kleinste Schrunde etwas Erde zurückhält, sprossen Pflanzen empor, die wahre Natur des noch intakten Lavabodens verhüllend.

Schrecklich zu reiten ist dieser Lavapfad, aber reich an interessanten Gebilden vulkanischen Ursprungs. Der Hauptsache nach ist der Boden aus Einem Guss. Aber hie und da fliessen jüngere Ströme darüber hin, deutlich erkennbar an den dunkleren frischeren Farben ihres Gesteins und an der geringer entwickelten Vegetation. So zum Beispiel tritt einmal ein 200 Schritt breiter schwarzer Strom bis nahe an den Weg heran. Er lässt sich mit dem Auge weit nach oben verfolgen, wie er gleich einer riesigen Schlange durch den Wald sich herabwälzte, bis er hier unten erstarrte und stehen blieb. Die ganze Oberfläche des Stromes ist so verschlackt und zerklüftet, dass sie den Eindruck eines hingeschütteten Koakshaufen macht, dessen einzelne Stücke mehrere Kubikmeter betragen. Versengte und halbverkohlte Bäume sind hineingebacken, wahrscheinlich oben von der glühenden Fluth ergriffen und mit heruntergeschwemmt.

Oft dröhnte es wieder hohl unter den Hufen wie am ersten Tage, und mehrmals sah ich in tiefe Blasenräume hinab, die durch Einsturz der domartigen Gewölbe freigelegt waren. Unten ruhten die Trümmer der fussdicken Kuppeln, Aussen- und Innenseiten an der Rundung leicht unterscheidbar, und einmal sah ich die wenigen Bruchstücke noch so geordnet, dass man sie ohne Mühe hätte zusammenfügen können, als wären sie nur deshalb hinabgesunken, weil die tragenden Wandungen plötzlich auseinander wichen. Kokospalmen haben sich in diesen Verliessen angesiedelt und gucken mit ihren Kronen in die schwarzgraue Wüste hinaus.

Auf lange Strecken scheint der Weg eine einzige gerade und ebene Linie zu sein. Man freut sich darüber und spornt sein Pferd zum Gallop – da gähnt unerwartet eine in der Perspektive verborgene Querschlucht, die uns steil hinab und auf der anderen Seite eben so steil wieder hinauf zu klimmen nöthigt. Manchmal geht es so nahe dem Ufer hin, dass man die donnernde Brandung emporspritzen sieht. Oder mächtige dünenartige Hügel aus grobem Lavageröll haben sich über die niedrigen Ränder gehäuft, in breiten schaumigen Zungen lecken die Wogen herauf, und scheue schnepfenartige Vögel trippeln darin herum und fischen. An einer solchen Stelle kam uns ein isolirter mehr als zehn Meter hoher Kegel aus Lavasand zu Gesicht, der nicht durch die See allein gebildet sein konnte.

Eine kleine Gruppe von Brotfruchtbäumen und Palmen, dazwischen eine einsame Hütte, winkte uns freundlich entgegen. Dort machten wir Halt, um Kokosnussmilch zu trinken und den Pferden Wasser zu geben. Die Kokosnüsse werden hier zu Lande anders geöffnet als auf Viti. Man reisst nicht erst die äussere Faserhülse ab, sondern durchschneidet sie mit dem Messer sammt der inneren Schale. Der Mann dem die Hütte gehörte hatte vor etlichen Tagen eine Rippe gebrochen und konsultirte mich, was er thun sollte. Er sass vor der Thüre und sonnte sich, nur mit dem Maro und einem grossen Pflasterfladen, welcher die verletzte Seite überdeckte, bekleidet. Ich empfahl ihm Ruhe und etwas mehr Gewandung. Der berühmteste Haruspex hätte ihm nichts Besseres verordnen können.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 haziran 2017
Hacim:
630 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain
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