Kitabı oku: «Streitlösung in der arbeitsrechtlichen Praxis», sayfa 2
c) Streitbeilegung nach einem Urteil
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Das ist selten der Fall und kann doch erfolgreich sein. Denn wenn die Frage, wer Recht hat, geklärt ist, ist so mancher Emotion der Boden entzogen und die obsiegende Partei kann sich ehrlich die Frage stellen, ob das Urteil dem entspricht, was sie wirklich wollte. Falls nicht, kann jetzt die Gelegenheit sein, doch noch einmal auf die andere Partei zuzugehen und möglicherweise eine kreative Lösung zu finden. Ein Urteil muss nicht immer vollstreckt werden.
2. Alternative Wege
a) Die außergerichtliche Mediation – es ist nie zu spät
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Die Mediation wird oft als „letzter Versuch“ zur Kittung einer zerrütteten (Arbeits-)Beziehung ins Feld geführt, hat jedoch den Ruf einer „überpsychologisierten“ Art der Konfliktlösung. Nur: Konflikte sind immer auch menschliche und damit psychologische Konflikte. Der rechtliche Konflikt ist manchmal Ursache und manchmal Wirkung des psychologischen Konfliktes. Daher stimme ich dem Autor des IV. Kapitels in Teil B auch zu, wenn er alle Arten rechtlicher Konflikte als mediativ lösbar bezeichnet. Dennoch sehen viele Entscheidungsträger in Unternehmen und auch Arbeitnehmer eine solche Art der Konfliktlösung als „an der Sache vorbei“ an. Ist ein Konflikt bereits so weit eskaliert, dass die Parteien einen Anwalt zu Rate ziehen, wollen sie oft zunächst nur eins: streiten und dann Recht bekommen. Nun wäre es Aufgabe des Anwalts, den Mandanten weg von der reinen Rechtsfrage und hin zu den wahren Interessen zu bringen. Viele Anwälte tun das jedoch nicht, sondern stürzen sich sofort auf das, was sie am besten können und wofür sie zugegebenermaßen auch ausgebildet wurden: die rechtliche Risikobewertung und die Erfolgsaussichten bei einem Gerichtsverfahren. Andere Optionen werden oft nicht aufgezeigt. Dies mag nicht unbedingt dem Streben nach Umsatzmaximierung geschuldet sein, sondern den fehlenden Erfahrungen und Kenntnissen über alternative Konfliktlösung.
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Dabei ist die Mediation vom Gesetzgeber hoch aufgehängt: Es gibt ein Mediationsgesetz,5 das auf einer europäischen Richtlinie basiert.6 Der Gedanke dahinter ist gut: Die außergerichtliche Konfliktlösung soll gefördert werden. Dies vor allem dadurch, dass das Gesetz regelt, welche Qualifikation ein zertifizierter Mediator haben muss und vor allem, welchen Pflichten er unterliegt. Das Ergebnis ist ernüchternd. Denn gebracht hat das Mediationsgesetz (und auch der § 54a ArbGG) auf den Punkt gebracht: Nichts.
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Seit Einführung des Mediationsgesetzes ist die Zahl der durchgeführten Mediationen nicht gestiegen. Sie stagniert auf sehr niedrigem Niveau (in manchen Rechtsgebieten sogar nur im Promillebereich, was den Anteil an Verfahren anbelangt, die in eine Mediation überführt werden) und ist sogar in den letzten Jahren etwas rückläufig.7 Warum das so ist, liegt meines Erachtens auf der Hand: Die Mediation hat zu wenig Fürsprecher, um sie „alltagstauglich“ zu machen.8 Hier können Anwälte und auch Richter die Schuld gerne bei sich selbst suchen. Die Mediation ist ein Weg, der immer noch neu ist und sich aus dem starren Korsett der prozessualen Streitentscheidung löst. Neue Wege zu beschreiten erfordert Mut.
b) Außergerichtliche Streitschlichtung aufgrund von Kollektivvereinbarungen
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Ab und an wird auch den Mitarbeitern in Betriebsvereinbarungen das Recht gegeben, bei Meinungsverschiedenheiten eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle, häufig Kommission oder Runder Tisch genannt und bestehend aus Arbeitgeber und Betriebsrat, anzurufen. Natürlich kann dies nur als zusätzliches Recht neben dem Rechtsweg eingeräumt werden und nicht als Pflicht. Durchaus häufig kann hier bereits ein aufkeimender Streit geschlichtet und eine Lösung für das Problem gefunden werden. Sinnvoll ist eine solche Regelung beispielsweise bei Zielvorgaben im Falle des Nichterreichens durch den Mitarbeiter. Dieser Weg unter direkter Einbeziehung der betroffenen Mitarbeiter ist oft einfacher, als der formalere Weg über eine gegebenenfalls ständige Einigungsstelle. Auch von Vorteil ist, dass die Besetzung je nach Sachverhalt wechseln kann. Eine solche Möglichkeit für Konfliktlösungen ist frei in der Gestaltung und häufig dann erfolgreich, wenn eine Zusammenarbeit zwischen den Betriebspartnern auf Arbeitsebene (noch) gut funktioniert. In einer Betriebsvereinbarung sollte zur Klarstellung geregelt werden, dass darüber hinaus der individuelle Rechtsweg für den Mitarbeiter unberührt bleibt.
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So wie die Betriebspartner, können auch Tarifpartner eine Schlichtungsmöglichkeit für individualrechtliche Konflikte vorsehen, ebenfalls zusätzlich zum Rechtsweg. Auch hier sind die Tarifpartner frei in der Gestaltung, solange es für den Mitarbeiter ein freiwilliges Verfahren ist.
c) Außergerichtliche Schlichtung aufgrund von Individualvereinbarungen
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Auch unabhängig von der Einbindung kollektiver Gremien kann zwischen Arbeitgeber und Mitarbeiter eine Schlichtung stattfinden. Dem Arbeitgeber ist oft daran gelegen, da er aufwändige Gerichtsverfahren grundsätzlich scheut. Dies wird auch der übliche Weg sein, zumindest in – im Übrigen – funktionierenden Arbeitgeber-Mitarbeiter-Beziehungen. Ein klärendes Gespräch mit einer Führungskraft, der der Mitarbeiter vertraut, wirkt oft Wunder. Gezwungen werden kann ein Mitarbeiter zu solchen Schlichtungsgesprächen allerdings nicht, erst recht nicht zu einer Mediation in einem formalen Rahmen. Eine Ausübung des Direktionsrechts dergestalt, dass der Arbeitnehmer zur Teilnahme an einer Mediation (mit dem Arbeitgeber oder einem anderen Arbeitnehmer) gezwungen wird, dürfte in den allermeisten Fällen unbillig sein. Hier setzt das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers dem Weisungsrecht des Arbeitgebers Grenzen.9 Auch die Idee, diese Pflicht vertraglich und damit beidseitig im Arbeitsvertrag zu verankern, dürfte scheitern. § 309 Nr. 14 BGB schließt bei Formularverträgen eine Klausel, die eine gerichtliche Geltendmachung von Ansprüchen von einer vorherigen außergerichtlichen Streitschlichtung abhängig macht, als unwirksam aus.
2 Der Sonderfall Streitigkeiten zwischen Geschäftsführern und Unternehmen soll hier ebenfalls außen vor bleiben. 3 Siehe hierzu Teil B, Kapitel II. 4 So lauten die Hinweise in der Ladung zum Güterichtertermin häufig so oder so ähnlich: „Im Güterichterverfahren verhandeln die Parteien in aller Regel persönlich. Da bis zu einem etwaigen Vergleichsabschluss keine Prozesshandlungen vorgenommen werden, sondern die Parteien an einer eigenverantwortlichen Lösung ihres Konfliktes arbeiten, wandelt sich die Rolle des Anwalts vom Prozessvertreter zum Begleiter und Berater“. 5 Am Rande sei hier bemerkt, dass der BDA sich vor der Einführung klar ablehnend gegen das Gesetz und auch gegen den § 54a ArbGG gegenüber der Bundesregierung geäußert hatte. 6 Siehe https://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2008:136:0003:0008: DE:PDF (zuletzt abgerufen am 5.2.2020). 7 Siehe https://www.bmjv.de/SharedDocs/Downloads/DE/Service/StudienUntersuchungenFach buecher/Evaluationsbericht_Mediationsgesetz.pdf?__blob=publicationFile&v=1 (zuletzt abgerufen am 5.2.2020). 8 Siehe auch den Beitrag von Pilartz, ArbR Aktuell 2018, 600. 9 BAG, 19.7.2016 – 2 AZR 637/15, NZA 2017, 116.
II. Die Parteien Arbeitgeber – Betriebsrat
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Hier gibt es, anders als im Individualrecht, nicht einen, sondern zwei „klassische Wege“: Das arbeitsgerichtliche Beschlussverfahren und ein weiteres, formales und zum Teil zwingendes Verfahren: die Einigungsstelle.
1. Das gerichtliche Beschlussverfahren
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In Beschlussverfahren gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 83 Abs. 1 ArbGG. Das bedeutet auch, dass das Gericht von Amts wegen feststellt, welche Parteien als Beteiligte hinzuzuziehen sind. So werden häufig alle lokalen Betriebsräte beteiligt, wenn es vor Gericht um Zuständigkeitsfragen mit dem Gesamtbetriebsrat geht. Als weiterer Unterschied zum Urteilsverfahren ist insbesondere die Verpflichtung des Gerichts, den Sachverhalt von Amts wegen zu erforschen, zu nennen. Im Beschlussverfahren ist auch einstweiliger Rechtsschutz möglich. In der Beschwerde- und Rechtsbeschwerdeinstanz gelten die gleichen Grundsätze.
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Was die Streitbeilegung anbelangt, gilt auch hier, wie im Urteilsverfahren, dass der Richter in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Streitbeilegung hinwirken soll. Auch im Beschlussverfahren gibt es in aller Regel mindestens zwei Termine und die Anordnung eines Güteverfahren ist ebenso möglich, § 80 Abs. 2 ArbGG. In jedem Termin wird der Richter nach Einigungsmöglichkeiten fragen. Die Streitigkeiten sind in Beschlussverfahren aber oft vielschichtiger als in Individualverfahren. Hier kommt häufig noch zu dem eigentlichen Streit ein tief sitzendes Misstrauen der Parteien hinzu sowie der „Erziehungsgedanke“. Schließlich sind die Parteien ja in vielerlei Hinsicht aneinander gebunden und voneinander abhängig. Sie können sich nicht, wie im Arbeitsverhältnis, durch eine Aufhebung des Arbeitsverhältnisses voneinander lösen. So ist denn auch die Zahl der durch Vergleich beendeten Beschlussverfahren geringer als in Urteilsverfahren, nämlich unter 30 %.10
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Was als Art innovativer Vergleich angedacht werden kann ist, dass sich die Parteien auf die Einsetzung einer Person als Schiedsgutachter einigen, diese die Streitfrage rechtlich bewertet und die Parteien sich dann nach dem entsprechenden Ergebnis verhalten. Diese Alternative ist sicher nicht ganz kostengünstig, aber kann dem Interesse des Arbeitgebers dienen, wenn er einen vollstreckbaren Beschluss vermeiden möchte. Auch haben dann die Parteien einen Dritten als „Schuldigen“. Vor allem für den Betriebsrat ist das oft einfacher, als einen „selbstverschuldeten“ Vergleich erst gremiumsintern durchsetzen und dann erklären zu müssen.
2. Die Einigungsstelle
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Die betriebliche Einigungsstelle ist ein zwingend vom Gesetz angeordnetes innerbetriebliches Schlichtungsverfahren, sie ist eine betriebsverfassungsrechtliche Institution eigener Art.11 Ihre Bedeutung ist immens und für Anwälte und Vorsitzende eine große Spielwiese. Der Bedeutung angemessen sind daher drei Beiträge dieses Buches der Einigungsstelle gewidmet. Das Gesetz ist von der Grundsystematik her klar: Es gibt nur ein Entweder/oder. Entweder den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten oder den Weg in die Einigungsstelle. Entweder eine Rechtsstreitigkeit oder eine Regelungsstreitigkeit. In Verbindung kommen beide Verfahren an zwei Stellen: Wenn die Einigungsstelle streitig eingesetzt werden soll über § 100 ArbGG und wenn der Spruch der Einigungsstelle angefochten wird. Zu beidem später mehr.12 Die formalen Voraussetzungen und das Verfahren der Anrufung sowie der Gang des Verfahrens bis zu einem Spruch werden ebenfalls später dargestellt, so dass hier nicht vorgegriffen werden soll. Lediglich zwei formale Aspekte möchte ich herausgreifen, da sie vielen Arbeitgebern und Betriebsräten unbekannt sind: die Besetzung der Einigungsstelle und die Teilnahmeberechtigung an Sitzungen. Oftmals wird über die Zahl der Beisitzer nicht gestritten. Der Betriebsrat schlägt drei oder gar vier vor und der Arbeitgeber stimmt zu, um wenigstens hierüber nicht zu streiten. Dabei liegt hier ein erhebliches Sparpotenzial. Denn eine Partei hat keine Einflussmöglichkeiten auf die personelle Auswahl der Beisitzer der anderen Partei. Das wird dann für die Arbeitgeberseite schmerzlich, wenn der Betriebsrat ausschließlich externe Personen als Beisitzer benennt, die als solche honorarberechtigt sind (im Allgemeinen 7/10 des Honorars des Vorsitzenden). Der Maßstab der Erforderlichkeit gilt hier nicht.13 Nach neuerer BAG-Rechtsprechung ist der Betriebsrat auch nicht aus sonstigen Gründen verpflichtet, einen oder mehr interne Beisitzer zu benennen. Kommt dann noch zusätzlich ein Prozessbevollmächtigter hinzu, bei dessen Hinzuziehung der Betriebsrat immerhin pflichtgemäßes Ermessen walten lassen muss, steigen die Kosten bei mehreren Sitzungen schnell in schwindelerregende Höhe. Sparen kann dann nur noch die Arbeitgeberseite, indem sie ihren Prozessbevollmächtigten zum Beisitzer benennt und so immerhin eine Person mit einer Doppelfunktion ausstatten kann. Gespart werden kann auch an Zeit, denn je mehr Mitglieder einer Einigungsstelle, desto mehr Terminkalender müssen überein gebracht werden. Fährt eine Seite eine Verzögerungstaktik, sind Terminschwierigkeiten eine willkommene Hilfestellung.
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Unabhängig von Kosten- und Zeitaspekten sollten beide Parteien bei der Wahl der Beisitzer Wert auf Fach- und Entscheidungskompetenz legen. Auch hier ist man auf den guten Willen der anderen Partei angewiesen, denn das BAG lässt den Parteien extrem viel Handlungsspielraum. Im Vordergrund steht, dass die Beisitzer das Vertrauen der jeweiligen Partei genießen. Ein Beisitzer kann von der anderen Partei nur dann erfolgreich abgelehnt werden, wenn dieser offensichtlich ungeeignet ist. Wann diese Schwelle erreicht ist, ist jedoch unklar. Das BAG jedenfalls hat einzelne verbale Entgleisungen gegenüber der anderen Partei nicht genügen lassen, auch, wenn diese schwerwiegend waren.14 Jede Partei sollte aber immer sorgfältig entscheiden, welche Personen sie für das Ziel, zu einer einvernehmlichen Einigung (manchmal auch zu einem Scheitern) zu gelangen, für gut geeignet hält. Bisweilen tut auch ein frisches Gesicht den verfahrenen Verhandlungen gut. Für den Betriebsrat ist noch zu beachten, dass die Bestellung der Beisitzer per Beschluss zu erfolgen hat.
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Der zweite formale Aspekt wird oftmals verkannt: Die Einigungsstelle ist eine nicht öffentliche Veranstaltung. Sie ist aber der sogenannten Betriebsparteiöffentlichkeit zugänglich. Das bedeutet, neben den Beisitzern kann das komplette beteiligte Betriebsratsgremium anwesend sein; und hat auch ein Recht darauf, angehört zu werden. Arbeitgeberseitig können auch mehrere Vertreter in entsprechend leitender Stellung anwesend sein, es werden aber nahezu immer nur die Beisitzer abgestellt, so dass es bisweilen zu einem starken zahlenmäßigen Missverhältnis kommt. Hiergegen kann aber tatsächlich nicht vorgegangen werden. Lediglich bei den Beratungen und der Abstimmung dürfen nur der Vorsitzende und die Beisitzer anwesend sein. Was übrigens auch oft zu Überraschungen vor allem auf Arbeitgeberseite führt, ist die Tatsache, dass ein Beisitzer sein Amt höchstpersönlich ausüben muss. Ohne Zustimmung der Einigungsstelle darf er keinen Vertreter schicken. Was jedoch jederzeit durch die Parteien möglich ist, ist der Ersatz eines Beisitzers durch einen anderen. Dies deshalb, weil die Beisitzer zwar nicht weisungsgebunden, aber Interessenvertreter der Partei und somit von deren Vertrauen abhängig sind, das ihnen jederzeit entzogen werden kann. Begründet werden muss der Austausch nicht.
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Auch zur Wahl des Vorsitzenden sei noch ein Wort verloren, denn er kann in vielen Konstellationen zum Dreh- und Angelpunkt werden. So beispielsweise, wenn eine Partei wieder in richtige betriebsverfassungsrechtliche Bahnen gelenkt werden muss oder wenn ein gordischer Knoten existiert, der aufzulösen ist. Oftmals ist der gemeinsame „Erfolg“ in der Einigungsstelle der Beginn einer Aufwärtsspirale. Da die Parteien um die Bedeutung des Vorsitzenden wissen, führt der Streit hierum häufig zu einer Verzögerung der Einsetzung, was immer dann misslich ist, wenn eine Partei unter Zeitdruck steht. So ist zu empfehlen, in einer Betriebsvereinbarung zu einem Regelungsgegenstand auch bereits die Person des Vorsitzenden festzulegen und zwar inklusive mindestens einem Ersatz, besser zweien. Oft sind potenzielle Einigungsstellenvorsitzende nämlich gut gebucht oder aufgrund ihrer hauptamtlichen Tätigkeit als Arbeitsrichter nur eingeschränkt zur Übernahme dieses Nebenamtes befugt. Zudem finden die Parteien erfahrungsgemäß eher einen Konsens über die Person des Vorsitzenden, wenn die Gemüter nicht bereits aufgrund einer Streitigkeit erhitzt sind.
3. Alternative Wege
a) Freiwillige Einigungsstelle/andere Schlichtungsverfahren
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Einigungsstellen können auch dann tätig werden, wenn sich die Betriebsparteien einvernehmlich darauf verständigen oder dies in einer (freiwilligen) Betriebsvereinbarung so bestimmt haben. Spruchfähig ist diese Einigungsstelle dann nicht, es sei denn, die Parteien unterwerfen sich im Vorfeld freiwillig einem Spruch oder erkennen ihn nachträglich an, § 76 Abs. 6 BetrVG. Auch dies ist bereits mehr oder weniger abstrakt in einer Betriebsvereinbarung möglich.15 Dies kommt jedoch nur sehr selten vor. Bei einer freiwilligen Einigungsstelle können auch Rechtsfragen geklärt werden, sofern die Betriebsparteien über diese Fragen verfügen können.16 Freiwillige Einigungsstellen sind oft deshalb ein guter Kompromiss, weil sie – im Gegensatz zu moderierten Verhandlungen oder gar einer Mediation – allen Parteien geläufig sind und somit die Schwelle, in diesem Rahmen weiter zu verhandeln, niedriger sein mag.
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Oft werden auch in Tarifverträgen betriebliche Einrichtungen für eine Schlichtung bei bestimmten Streitigkeiten vorgesehen, insbesondere bei Eingruppierungs- und Vergütungsstreitigkeiten. Die Tarifvertragsparteien dürfen dies, solange es ein Mehr an Mitwirkung des Betriebsrates bedeutet und nicht ein Weniger. Die Einrichtungen nennen sich ebenfalls häufig „Kommission“ oder ähnlich.
b) Moderierte Verhandlungen
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Diese Art der Streitschlichtung ist relativ neu. Aber, erlaubt ist, was gefällt und hilft. Daher hat sich in den letzten Jahren die Moderation als eine Art Zwischenprozess zwischen Einigungsstelle und Mediation etabliert. Die Vorteile zur Einigungsstelle: Keine Partei muss Angst vor einem Spruch haben und der – ohnehin recht freie – Rahmen einer Einigungsstelle wird weiter gelockert. Der Vorteil zur Mediation: Die Parteien können mit einer Moderation oft mehr anfangen, da hier – zumindest dem Anschein nach, die Sache noch mehr im Vordergrund steht als die Beziehung. Viele Beteiligte tun sich damit leichter.
c) Mediation zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat
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Eine Mediation kann im Rahmen konkreter Verhandlungen erfolgen oder sich daran anschließen, muss es jedoch nicht. Meist ist jedoch ein konkreter Sachverhalt, bei dem man sich wieder ohne Sicht auf einen Ausweg ineinander „verhakt“ hat, der Anlass, eine Mediation auf den Tisch zu bringen. Eine Mediation mit einer neutralen dritten Person, die geschickt die Gespräche begleitet und zu den „Problemen hinter dem Problem“ hinführt, ist sicher nie schädlich. Aber: Beide Parteien müssen die Sinnhaftigkeit dahinter sehen und es wollen. Wenn dem nicht so ist und eine Partei sich nur widerwillig darauf einlässt, stehen die Chancen auf ein offenes Gespräch eher schlecht. Nichtsdestotrotz kann es einem Mediator gelingen, auch diese Partei in den Gesprächen noch zu „drehen“ und ein für beide Parteien gefühlt positives Ergebnis zu bewirken.
10 Qualitätsbericht zur Arbeitsgerichtstatistik 2018, Statistisches Bundesamt, S. 64, https://www. destatis.de/DE/Themen/Staat/Justiz-Rechtspflege/Publikationen/Downloads-Gerichte/ar beitsgerichte-2100280187004.pdf?__blob=publicationFile (zuletzt abgerufen am 5.2.2020). 11 BAG, 13.5.2015 – 2 ABR 38/14, NZA 2016, 116, 120. 12 Siehe Teil B, Kapitel V. 13 BAG, 10.10.2007 – 7 ABR 51/06. 14 BAG, 28.5.2014 – 7 ABR 36/12, NZA 2014, 1213, 1216. 15 Richardi/Richardi/Maschmann, BetrVG § 76 Rn. 40. 16 BAG, 23.3.2016 – 1 ABR 5/14, NZA 2016, 972, 974.