Kitabı oku: «Seewölfe Paket 21», sayfa 21

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6.

„Heiliges Kanonenrohr“, sagte Matt Davies entgeistert. Mit der Hakenprothese kratzte er sich am Hinterkopf. „Wenn an dieser Geschichte nicht was faul ist, fresse ich meine Stiefel ungekocht und ohne Zutaten.“

„Aus dem Genuß wird nichts“, entgegnete Dan O’Flynn, „die Sache stinkt nämlich zum Himmel.“

Unter ihnen, so nahe, daß man fast hinüberspucken konnte, hatte die Schaluppe den Ausgang der Bucht hinter sich gebracht und ging nun auf Westkurs.

„Es gibt keinen Zweifel“, sagte Don Juan. Er stützte sich auf den rechten Ellenbogen und blickte seine beiden Gefährten an. „Der Dicke auf der Achterducht des Beiboots war kein anderer als Don Antonio de Quintanilla.“

„Keine Verwechslung möglich?“ entgegnete Dan.

„Ausgeschlossen. Ich habe den sehr ehrenwerten Gouverneur zur Genüge kennengelernt. Und das in jeder Beziehung.“

„Also gut.“ Dan richtete sich halb auf. „Dann gibt’s nicht mehr viel zu überlegen. Nehmen wir die Verfolgung auf, und sehen wir, was der hochwohlgeborene Fettsack im Schilde führt!“

Die drei Männer machten auf der Gurtschnalle kehrt, krochen ein paar Yards abwärts und richteten sich dann auf, als keine Gefahr mehr bestand. Die Ausguckposten auf Grand Turk mußten ohnehin sehr scharfe Augen haben, wenn sie in der Dunkelheit überhaupt etwas bemerken wollten.

So schnell es der Strauchbewuchs erlaubte, eilten Dan O’Flynn, Don Juan und Matt Davies auf den schmalen Strand zu. Auf der „Empress“ war keine Lampe gesetzt worden. Eine Vorsichtsmaßnahme, die vielleicht überflüssig war, aber der alte O’Flynn gehörte zu denen, die stets auf Nummer Sicher gingen. Überraschungen hatte es für den Bund der Korsaren bereits zur Genüge gegeben. Es bestand bei keinem der Männer ein Verlangen nach neuen Unwägbarkeiten. Jeden einzelnen von ihnen erfüllte der feste Wille, den Auftrag zur Zufriedenheit auszuführen. Das Fortbestehen der Schlangen-Insel und ihrer aller Zukunft hingen davon ab.

Am Strand angelangt, zogen die drei Männer das Beiboot aus dem Gestrüpp. Zwei Minuten später pullten sie mit kraftvollen Schlägen auf die „Empress“ zu.

Old Donegal, Jean Ribault und die anderen erwarteten sie bereits. Auch die Zwillinge harrten erwartungsvoll an Deck aus. Lediglich Plymmie war in einen der Unterdecksräume gesperrt worden, aus Sicherheitsgründen, denn man konnte nie wissen, wann und aus welchem Anlaß sie plötzlich in Gebell auszubrechen gedachte.

„Hievt das Boot an Bord“, befahl der alte O’Flynn, noch bevor die Nußschale längsseits ging. „Schnell, beeilt euch.“

„Kannst du Gedanken lesen?“ rief Dan verwundert.

Old Donegal lachte krächzend.

„Mein Sohn, ich habe nicht das zweite Gesicht, wenn du das meinst. Aber ich kann zwei und zwei zusammenzählen. Und aus der Tatsache, daß ihr alle drei den Beobachtungsstand verlassen habt, läßt sich nur eines folgern: Es gibt einen besonderen Grund, weshalb wir sofort ankerauf gehen sollten. Genau deshalb habe ich auch alle Mann an Deck befohlen.“

„Was ist unser Old Man doch für ein kluges Kerlchen“, sagte Matt Davies halblaut und mit einem glucksenden Lachen.

Dem Alten entging es dennoch nicht.

„Und gute Ohren hat das kluge Kerlchen auch schon“, sagte Old Donegal giftig. „Paß auf, daß ich dir die deinen nicht gleich langziehe, Mister Davies!“

Die drei Beobachter enterten auf, und Matt befleißigte sich, respektvollen Abstand von dem Alten zu bewahren. Wenn Old Donegal einen seiner Wutausbrüche erlitt, geriet man besser nicht in seine Nähe.

Nachdem sie das Beiboot aufgehievt hatten, begaben sich Jean Ribault, Dan O’Flynn und Don Juan gemeinsam mit Old Donegal auf das Achterdeck. Die übrigen Männer waren unterdessen dabei, den Anker zu lichten und die Segel zu setzen.

„Was hältst du von der Sache?“ wandte sich Jean Ribault an den Spanier, nachdem Dan O’Flynn einen knappen Bericht erstattet hatte. „Du kennst unseren hochverehrten Gouverneur schließlich am allerbesten.“

„Das kann man wohl sagen“, erwiderte Don Juan grimmig. „Für mich ist es völlig klar: Don Antonio will sich absetzen. Er sieht seine Felle davonschwimmen, und ihn hält nichts mehr bei dem kläglichen Rest des Kampfverbandes.“

„Und wenn es sich nun um eine Patrouillenfahrt handelt?“ sagte Old Donegal. „Vielleicht wollen sie sogar bei Nacht die Schlangen-Insel erkunden.“

Don Juan lachte.

„Nie und nimmer. Dafür ist Don Antonio de Quintanilla nicht der richtige Mann. Außerdem ist die Schaluppe heimlich verschwunden – zu einem Zeitpunkt, der dafür besonders gut geeignet war. Nur die Deckswachen hielten sich auf den oberen Decks der Kriegsschiffe auf. Im übrigen hatte der Einmaster vorher rechtzeitig zum Ausgang der Bucht verholt. Ich bin sicher, der ehrenwerte Gouverneur hat wieder einmal sein Bestechungsgeschick angewandt, damit alles reibungslos klappt. Außerdem: Wenn Cubera wirklich die Schaluppe zur Erkundung losgeschickt hätte, dann wäre das bei Einbruch der Dunkelheit geschehen und nicht erst um Mitternacht.“

„Alles sehr logisch“, sagte Dan O’Flynn. „Ich bin dafür, daß wir sofort die Verfolgung aufnehmen.“

„Ich auch“, sagte Old Donegal, „aber damit vernachlässigen wir unsere eigentliche Aufgabe. Die lautete, den spanischen Verband zu beobachten.“

„Cubera und seine Leute sitzen noch eine Weile in der Bucht fest“, entgegnete Don Juan. „Mit der schnellen ‚Empress‘ müßten wir den Gouverneur sehr bald schnappen und rechtzeitig wieder hier sein.“

Trotz der Dunkelheit war das stolze Lächeln des alten O’Flynn zu erkennen. Schließlich war er es gewesen, der Hesekiel Ramsgate verklart hatte, wie die „Empress of Sea“ auszusehen hatte. Demzufolge war auch dieses Prachtexemplar einer Kleinstkaravelle entstanden, mit der man allen Teufeln sämtliche Ohren absegeln konnte.

Die Abstimmung der Männer fiel einstimmig aus: Sofortige Verfolgung der Schaluppe, die ohne Zweifel auf Westkurs gegangen war.

Die Männer an Bord der „Empress“ arbeiteten so leise wie möglich, als sie Segel setzten und die Bucht verließen. Erst außerhalb der Sichtweite von Grand Turk gingen sie ebenfalls auf Westkurs. Über Backbordbug segelnd, lief der kleine Dreimaster sehr bald rauschende Fahrt. Eine spanische Schaluppe konnte mit dieser Geschwindigkeit beim besten Willen nicht mithalten.

Der Wind zeigte sich abermals als zuverlässiger Verbündeter, denn er blies handig und stetig aus Nordosten wie an den Tagen zuvor.

Jean Ribault, Dan O’Flynn und die anderen teilten jene Meinung, von der Don Juan felsenfest überzeugt war.

Der Gouverneur würde die kürzeste Route nach Havanna nehmen – südlich an Great Inagua vorbei auf die östliche Nordküste Kubas zu und an ihr entlang weiter westwärts nach Havanna. Auf diese Weise hatte er stets die Möglichkeit, nötigenfalls einen der Häfen anzulaufen, um Proviant und Trinkwasser zu ergänzen.

Don Antonio wandte sich noch einmal um, hielt sich an der Heckverschanzung der Schaluppe fest und spähte nach achteraus.

Er war nicht müßig gewesen, immer wieder darauf hinzuweisen, welche Strapazen er in den letzten Stunden durchgestanden hatte. Trotzdem genoß er es, zumindest vorübergehend die Rolle des Kommandierenden zu spielen. Mit Hinweis auf sein Pflichtbewußtsein hatte er darauf verzichtet, sich in die für ihn hergerichtete Kammer zu begeben, bevor die unmittelbare Gefahr ausgestanden war.

Don Antonio drehte sich wieder um.

„Wenn meine Augen nicht allzu müde sind“, sagte er, „dann meine ich, daß Grand Turk jetzt endgültig außer Sichtweite ist. Ich sehe nur noch schwarze Nacht. Habe ich recht, Señores?“

De Pinzón und Coloma beeilten sich, im Chor zu antworten.

„Voll und ganz, Señor Gouverneur. Keine Gefahr mehr.“

„Keine direkte Gefahr mehr“, verbesserte Don Antonio und unterdrückte ein Gähnen. „Wichtig ist für uns, daß wir unbeobachtet verschwunden sind. Jetzt aber kommt es auf unsere weitere Taktik an. Früher oder später werden die Kerle in der Bucht feststellen, daß die Schaluppe verschwunden ist. Und was werden sie dann tun? Nun, was glauben Sie, Señores?“

Coloma hielt sich aus dem Gespräch heraus, da er derartige Erwägungen nicht als sein Ressort betrachtete.

„Sie werden den Verbandsführer alarmieren“, sagte Vicente de Pinzón indessen eilfertig.

Don Antonio nickte zufrieden. Er lehnte sich gegen die Verschanzung und stöhnte leise, um die Schmerzen seiner Verwundung im achteren Bereich zu dokumentieren. Er faltete die Hände über dem mächtigen Bauch.

„Sehr richtig, de Pinzón. Nun folgt aber das Entscheidende: Wie wird Cubera reagieren? Glauben Sie, daß er die Hände in den Schoß legt und den Verlust einfach hinnimmt?“

Der Schaluppenführer schüttelte den Kopf.

„Bestimmt nicht, Señor Gouverneur. Ich nehme an, er bläst sofort zur Verfolgung.“

Wieder nickte Don Antonio mit der gnädigen Miene eines Schulmeisters, der die Fortschritte seines Zöglings beobachtet.

„Genau das. Und welches Schiff würden Sie an Cuberas Stelle für die Verfolgung einsetzen?“

De Pinzón grinste breit.

„Da hat er keine große Auswahl, Señor Gouverneur. In Anbetracht der Umstände kann er sich nur für die Karavelle entscheiden.“

„Auch richtig. Und auf welchen Kurs wird er die Karavelle schicken?“

„Hm …“ De Pinzón überlegte diesmal etwas länger. Schließlich gab er sich einen Ruck. „Mit Verlaub, Señor Gouverneur, er wird annehmen, daß Sie auf direktem Weg nach Havanna zurückkehren wollen. Also wird Capitán Cubera die Karavelle auf Westkurs schicken.“

„Sehr gut!“ rief Don Antonio strahlend. „Nun, da wir das wissen, was tun wir?“

„Wir gehen auf einen anderen Kurs“, sagte de Pinzón sofort.

„Prächtig, prächtig.“ Don Antonio atmete schnaufend durch. „Und was schlagen Sie in Ihrer Eigenschaft als erfahrener Schiffsführer vor?“

Geschmeichelt straffte Vicente de Pinzón seine Haltung.

„Angesichts der herrschenden Winde sollten wir auf Nordwestkurs gehen und Great Inagua nördlich passieren. Damit wird kein Verfolger rechnen – immer vorausgesetzt, daß man vermutet, wir segeln auf direktem Wege nach Havanna.“

Don Antonio stieß sich von der Verschanzung ab, bewegte sich watschelnd auf den Schaluppenführer zu und klopfte ihm auf die Schulter.

„Genauso ist es richtig. Geben Sie die entsprechenden Anweisungen an Ihre Mannschaft, de Pinzón. Ich sehe schon, Sie haben das Zeug zu einem wirklich guten Teniente.“

De Pinzón strahlte über das ganze Gesicht, bedankte sich überschwenglich und wandte sich nach vorn, um seine Befehle zu bellen. Voller Zufriedenheit stellte er fest, daß die Männer spurten wie selten zuvor. Auch sie hatten begriffen, daß es sich auszahlte, wenn man mit dem Gouverneur auf gutem Fuß stand. Wenn sie erst in Havanna eingetroffen waren, das wußten sie, erwartete sie ein feines Leben voller Vergünstigungen.

„Ich möchte mich jetzt zurückziehen“, sagte Don Antonio und gähnte herzhaft. „Gibt es an Bord jemanden, der als Feldscher ausgebildet ist? Ich glaube, meine Verwundung müßte vor der Nachtruhe noch einmal versorgt werden. Nun, Señores, Sie sehen, die Folgen schwerster Kampfhandlungen verschonen auch einen Gouverneur nicht.“

„Ich schicke Ihnen Marino“, sagte de Pinzón. „Er versteht sein Fach und hat hier auf dem Schiff alle Verwundeten stets zur Zufriedenheit behandelt.“

Don Antonio bedankte sich mit einer Handbewegung.

„Darf ich Sie auf dem Weg zu Ihrer Kammer begleiten?“ meldete sich Alonzo Coloma ehrerbietig zu Wort.

„Dagegen ist nichts einzuwenden“, erwiderte der Gouverneur gnädig.

Der Proviantmeister der „San José“ verneigte sich und ließ sich von einem der Decksleute eine Laterne bringen. Dann führte er Don Antonio im Schein des blakenden Lichts durch den engen Gang im Achterschiff.

„Ich weiß, die Räumlichkeiten sind nicht im entferntesten mit dem Komfort einer Galeone zu vergleichen“, sagte Coloma. „Aber ich habe mich dennoch bemüht, Ihnen den Aufenthalt auf der Schaluppe so angenehm wie möglich zu gestalten, Señor Gouverneur.“

„Sie?“ fragte Don Antonio erstaunt.

Coloma öffnete das Schott und wich beiseite, um ihn eintreten zu lassen.

„Nun, es blieb vor unserer – hm – Abreise genügend Zeit, um einiges zu organisieren, Señor Gouverneur.“ Coloma sagte es mit verhaltenem Selbstlob und beobachtete den Dicken voller Erwartungsfreude, als dieser sich schwerfällig in die Kammer schob.

Im nächsten Moment verharrte Don Antonio und sperrte die Augen auf. Der Proviantmeister erschien neben ihm und stellte die Lampe auf den Tisch, der mit einer feinen weißen Decke verziert war. Von feinstem Damast war auch die Bettwäsche in der Koje. Ein handgeknüpfter Teppich bewahrte den Gouverneur davor, daß er mit seinen Füßen die nackten Planken berühren mußte.

Don Antonios Kinnlade sackte herunter, als sein Blick auf den kleinen Hocker neben der Koje fiel. Eine Schale stand darauf, und im Lampenlicht schimmerte ein kleiner Berg kandierter Früchte.

„Donnerwetter!“ entfuhr es Don Antonio. „Wo, in aller Welt, haben Sie die aufgetrieben?“

Coloma lächelte geschmeichelt, senkte den Kopf und verschränkte die Hände vor dem Bauch.

„Ich habe mir erlaubt, in Remedios einen kleinen Vorrat beiseite zu schaffen – als Reserve für besondere Fälle, gewissermaßen. Leider hatte ich bislang keine Gelegenheit, Ihnen diese Reserve auszuhändigen. Aber vielleicht ist der jetzige Anlaß sogar noch der beste.“

Don Antonio watschelte auf die Leckerbissen zu und schob sich gierig eins der roten Kügelchen zwischen die Wulstlippen.

„Ihr Organisationstalent ist bemerkenswert“, sagte er schmatzend. „Ich bin sicher, daß ich Sie im Gouverneurspalast für besondere Aufgaben einsetzen werde, Coloma.“

„Ich weiß die Ehre zu schätzen, Señor Gouverneur“, erwiderte der Proviantmeister mit einer Verneigung.

Dann zog er sich dezent zurück, denn der mit der Funktion des Feldschers betraute Decksmann tauchte auf.

Unter Ächzen und Stöhnen ließ sich Don Antonio von dem drahtigen kleinen Mann namens Marino behandeln. Unerheblich war es dabei für ihn, welche Gedanken der Mann angesichts der mächtigen Kehrseite und der winzigen Splitterverletzung hegte. Schließlich wechselte ein Goldtaler den Besitzer, und Don Antonio erwarb damit das Recht, sich ausgiebig bemitleiden und bedauern zu lassen.

Mit einer kühlenden Salbe und einem neuen Verband versorgt, riskierte es Don Antonio, sich vorsichtig auf die Koje zu setzen – die kandierten Früchte in Reichweite.

Natürlich traf Coloma keine Schuld, daß er ihm die Leckereien nicht vorher hatte aushändigen können. Cubera hatte das verhindert, dieser sture Hund, der sich erdreistet hatte, keinen geringeren als den Gouverneur von Havanna unter Arrest setzen zu lassen.

Das sollte noch ein Nachspiel haben, schwor sich Don Antonio – wenn Cubera nicht von den Piraten auf den Meeresgrund geschickt wurde. Letzteres war allerdings sehr wahrscheinlich, so daß man sich die Mühe eines neuerlichen Mordanschlags zweifellos ersparen konnte.

Seufzend stopfte Don Antonio eine kandierte Frucht nach der anderen in sich hinein. Er fühlte sich ganz als geplagter Mann, dem endlich einmal wieder die verdiente Erleichterung beschert worden war.

Wenige Minuten später näherten sich Schritte, und jemand pochte an das Schott der kleinen Kammer.

Don Antonio grinste. Seine neuen Handlanger hatten es eilig damit, sich im voraus seiner Gunst zu versichern. Ganz nach seinem Geschmack. Zu wissen, daß man immer noch Autorität hatte, war ein wohltuendes Gefühl.

„Herein!“ rief er gutgelaunt.

Vincente de Pinzón schob seinen hageren Kopf durch das nur vorsichtig geöffnete Schott und blinzelte vertrauenheischend.

„Ist es gestattet, Señor Gouverneur? Trotz der späten Stunde?“

„Ich pflege nicht mit den Hühnern ins Bett zu gehen“, sagte Don Antonio kauend. „Wie ist die Lage, Sub-Teniente?“ Er sprach das „Sub“ mit einer besonderen Betonung aus und grinste dabei freundlich.

„Alles zum besten“, erwiderte de Pinzón, trat eilig ein und schloß das Schott hinter sich. „Ich habe zwei Männer als Ausgucks eingeteilt. Bei dem prächtigen Nordost haben wir keine Mühe, den Kurs zu halten. Bislang wurden keine Verfolger gesichtet.“

„Ausgezeichnet“, sagte Don Antonio mit zufriedenem Nicken. „So soll es auch bleiben. Ich verlasse mich darauf, daß Sie uns heil nach Havanna bringen, de Pinzón.“

„Ich werde Sie nicht enttäuschen, Señor Gouverneur“, sagte der Sub-Teniente selbstbewußt. „Auf meiner Schaluppe sind Sie so sicher wie in Abrahams Schoß. Capitán Cuberas Karavelle wird uns nicht mehr aufspüren, und auch wegen der Piraten brauchen wir uns nicht zu sorgen. Ich denke, die Halunken haben genug damit zu tun, ihre Wunden zu lecken.“

„So wird es sein“, erwiderte Don Antonio, nachdem seine Zähne eine weitere kandierte Frucht zermalmt hatten. Der Vorrat in der Schale war bereits auf die Hälfte zusammengeschmolzen.

Vicente de Pinzón trat zögernd einen Schritt näher. Seine geneigte Körperhaltung spiegelte Unterwürfigkeit.

„Wir haben eine Weile Ruhe“, sagte er vorsichtig. „Darf ich die Gelegenheit nutzen, um Ihnen einige Fragen zu stellen, Señor Gouverneur?“

Don Antonio nickte väterlich herablassend.

„Fragen, die mit Ihrer Zukunft zu tun haben, wie? Ein kleines bißchen Vorfreude auf das aufregende Leben im großen Havanna?“

„Nun, ja …“ De Pinzón trat verlegen von einem Bein auf das andere. „Wenn ich ehrlich sein soll, habe ich an zuviel Aufregung eigentlich nicht gedacht – zumindest, was das berufliche Leben betrifft.“

Don Antonio zog die Augenbrauen hoch, was seine Schweinsäuglein ungewöhnlich groß erscheinen ließ.

„Ah, ich verstehe. Nach dem nervenzehrenden Dienst vor der Küste bei Remedios wünschen Sie sich einen etwas ruhigeren Posten, nicht wahr?“

De Pinzón knetete seine Finger, daß es knackte.

„Ja, also, so direkt will ich das nicht einmal sagen, Señor Gouverneur. Natürlich werde ich den Aufgaben, die man mir stellt, vollauf gerecht werden. Ein Mann muß wissen, daß er an seinem Platz das zu tun hat, was von ihm verlangt wird.“

„Schöne Worte, de Pinzón. Ich muß sagen, so etwas gefällt mir.“ Don Antonio fuhr fort, seine Früchte zu kauen.

„Andererseits“, sagte der Sub-Teniente gedehnt, „lege ich nicht unbedingt Wert darauf, auf See eingesetzt zu werden. Ich schätze den Dienst an Land nicht geringer. Wissen Sie, ich gehöre nicht zu denen, die nur dann zufrieden sind, wenn sie Schiffsplanken unter den Stiefelsohlen spüren.“

Don Antonio hob die Arme und klatschte die Handflächen gegeneinander.

„Warum reden Sie so lange um den heißen Brei herum? Sie kriegen Ihre Beförderung zum Teniente, und ich gebe Ihnen einen Posten an Land. Nichts einfacher als das. Loyale Leute brauche ich immer – beispielsweise in der Stadtgarde. Oder sogar in der Palastwache. Wir können uns darüber noch im einzelnen unterhalten, wenn wir erst einmal in Havanna sind.“

De Pinzón verneigte sich tief.

„Ich weiß Ihr Entgegenkommen sehr zu schätzen, Señor Gouverneur. Glauben Sie mir, ich werde Ihnen dafür immer dankbar …“

Don Antonio wischte energisch mit der Hand durch die Luft.

„Papperlapapp. Bedanken Sie sich nicht im voraus und nicht mit Worten. Taten, die ich später sehe, sind mir wichtiger. Wie gesagt, Loyalität von Untergebenen ist eine Eigenschaft, die ich sehr zu schätzen weiß.“

De Pinzón verneigte sich abermals.

„Ich verstehe, Señor Gouverneur.“ Er richtete sich auf, und ein listiges Funkeln entstand in seinen eng zusammenstehenden Augen. „Ich freue mich auf unsere künftige Zusammenarbeit.“

„Ich auch“, sagte Don Antonio gelassen.

Seine Aufmerksamkeit war bereits wieder voll auf die kandierten Früchte gerichtet, als der Schaluppenführer die Kammer verließ.

7.

Eine knappe halbe Stunde lag das Ankeraufgehen in der Bucht jetzt zurück, und Don Juan de Alcazar war merklich unruhig geworden.

Dan O’Flynn kehrte vom Vorschiff zurück, nachdem er zum wiederholten Male ausgiebig nach Westen gespäht hatte. Die Sichtverhältnisse waren der späten Stunde entsprechend mäßig. Doch Dans scharfen Augen würde selbst in der Dunkelheit der kleinste sich bewegende Schatten nicht entgehen.

„Nichts“, sagte er und zog die Schultern hoch, als er sich zu den Männern auf dem Achterdeck gesellte.

„Das verstehe ich nicht“, sagte Don Juan kopfschüttelnd, „bei der Schnelligkeit der ‚Empress‘ hätten wir die Schaluppe bereits sichten müssen.“

„Kann man wohl sagen.“ Old Donegal nickte stolz. „Diese lahme spanische Gurke hätten wir längst eingeholt. Nichts für ungut, aber in ganz Spanien gibt es keinen Schiffbaumeister wie Hesekiel Ramsgate.“

„Und in England?“ sagte Jean Ribault. „Da kannst du die, die sich mit Hesekiel messen können, auch an den Fingern einer Hand abzählen.“

„Weiß ich“, knurrte der alte O’Flynn. „Ich will ja auch die Spanier nicht schlechtmachen. War nur eine Feststellung.“

„Wollen wir jetzt über Schiffbau diskutieren?“ fragte Dan. „Oder haben wir vielleicht wichtigere Dinge zu erörtern?“

„Schon gut, schon gut.“ Old Donegal winkte beleidigt ab. „Aber laß dir eins gesagt sein, mein Sohn: Ohne die ‚Empress‘ brauchten wir uns über die wichtigeren Dinge gar nicht zu unterhalten. Dann hätten wir nämlich überhaupt keine Chance, die verdammte Schaluppe einzuholen.“

Don Juan mischte sich lächelnd in die Debatte ein und brachte das Thema auf eine andere Bahn.

„Vielleicht liegt der Fehler bei mir“, sagte er unumwunden. „Möglich, daß ich das Verhalten des Gouverneurs falsch eingeschätzt habe.“

Jean Ribault sah ihn erstaunt an.

„Du meinst, er will vielleicht gar nicht nach Havanna zurück?“

„Doch, das schon. An keinem anderen Ort könnte er seine Macht voll ausnutzen. Aber es wäre denkbar, daß er mit Verfolgern rechnet. Und vielleicht ist er raffiniert genug, sich darauf einzurichten.“

„Das ist mir zu vage“, entgegnete Jean. „Die Wahrscheinlichkeit, daß er Direktkurs auf Havanna nimmt, halte ich für größer. Ich bin dafür, daß wir den Kurs beibehalten.“

„Ich auch“, sagte Dan, „manchmal muß man einfach stur sein.“ Er wandte sich seinem Vater zu. „Und was hältst du von der Sache?“

„Nett, daß du mich auch fragst.“

„Immerhin bist du der Kapitän“, sagte Dan grinsend.

„Hm. Manchmal könnte man das glatt vergessen.“ Er verschränkte die Arme vor der Brust, hob den Kopf und blickte die anderen nacheinander an. „Der Kurs wird gehalten. Ist jemand dagegen?“

Es gab keine Gegenstimme.

„Na also“, sagte Old Donegal zufrieden, „da sind wir uns mal wieder einig. Und verlaßt euch drauf: Wir werden den Fettsack aus Havanna schon schnappen. So oder so.“

„Praktisch müssen wir ihn schnappen“, sagte Jean Ribault. „Wenn er uns nämlich durch die Lappen geht, müssen wir ständig damit rechnen, daß er neues Unheil ausheckt. Schließlich kennt er die Position der Schlangen-Insel.“

In diesem Punkt gab es keinen Zweifel. Von Grand Turk konnten die Freunde indessen eine Weile fernbleiben, denn die Ausbesserungsarbeiten würden mit Sicherheit noch länger andauern – zumindest den nächsten und wahrscheinlich auch noch den übernächsten Tag.

Von der Back der „San José“ aus starrten die beiden Soldaten in die Dunkelheit.

„Kannst du dir das erklären, Fernando?“ sagte der Sargento kopfschüttelnd. „Warum, zum Teufel, haben sie auf der Schaluppe die Lampen gelöscht?“

Der Soldat zog die Schultern hoch, daß der Brustpanzer ein schabendes Geräusch verursachte.

„Ehrlich gesagt, Sargento, ich kann mir überhaupt nichts erklären. Wo sind die Proviantmeister von den beiden anderen Schiffen? Da hat sich doch überhaupt nichts gerührt.“

Der Sargento ruckte herum und starrte seinen Untergebenen an.

„Du meinst, die beiden nehmen an dieser wichtigen Besprechung gar nicht teil?“

„Vielleicht gibt es die Besprechung gar nicht. Vielleicht ist auch die Schaluppe gar nicht mehr da.“

Der Sargento schwieg minutenlang.

„Ich muß zugeben“, murmelte er dann, „diesen Gedanken habe ich auch schon gehabt.“ Er schwieg erneut. Wenn es sich so verhielt, wie Fernando angedeutet hatte, dann waren die Konsequenzen nicht auszudenken.

In der Bucht war es dunkler als draußen auf See, da das Mondlicht durch die Bäume auf der Anhöhe abgeschirmt wurde. De Pinzón konnte mit seiner Schaluppe also in der Tat heimlich das Weite gesucht haben. Und das bedeutete …

„Der Gouverneur!“ sagte der Sargento tonlos. „Um Himmels willen, wenn das wahr ist …“

„Bis gestern stand er unter Arrest.“

„Das ist es ja, verdammt noch mal. Vielleicht hat er die Vergünstigung beim Capitán nur erschlichen, um sich abzusetzen. Und wir verdammten Narren haben ihm dabei auch noch geholfen.“

„Aber vielleicht irren wir uns“, sagte der Soldat lahm.

„Dann müssen wir uns eben Gewißheit verschaffen.“ Einen Moment überlegte der Sargento. Dann traf er seine Entscheidung. „Aber diesmal unternehmen wir nichts mehr auf eigene Faust. Davon habe ich die Nase endgültig voll. Ich werde den Ersten Wahrschauen, Fernando. Du bleibst hier auf deinem Posten, bis ich zurück bin.“

Der Soldat nickte, nahm Haltung an und entspannte sich wieder, als sein Vorgesetzter in Richtung Achterdeck loshastete.

Leise, um nicht die gesamte Schiffsführung aus dem Schlaf zu scheuchen, klopfte der Sargento eine Minute später an das Kammerschott des Ersten Offiziers. Es dauerte nur Sekunden, bis der Stellvertreter Cuberas reagierte und ein verschlafenes „Herein!“ knurrte.

Gleich darauf, als der Sargento seinen Bericht abgespult hatte, war der Erste schlagartig hellwach. Eilends griff er nach seiner Kleidung.

„Sorgen Sie dafür, daß zwei Boote zu Wasser gelassen werden, Sargento. Mobilisieren Sie zwanzig Mann als Rudergasten und lassen Sie sämtliche Laternen an Deck wieder anzünden. Los, los, beeilen Sie sich. Ich bin sofort bei Ihnen.“

Der Sargento salutierte und stürmte nach einer hastigen Kehrtwendung aus der Kammer. Er eilte ins Logis, trommelte den Bootsmann wach und verklarte ihm den Befehl des Ersten.

Zehn Minuten später war es auf der Kuhl der „San José“ lebendig geworden. Zwei Jollen wurden weisungsgemäß gefiert und mit jeweils zehn Rudergasten bemannt. Beide Jollen erhielten Laternen, die am Behelfsmast gesetzt wurden. Der Erste Offizier des Flaggschiffs nahm auf der Achterducht eines der beiden Boote Platz, um die Suchaktion selbst zu leiten.

Einschließlich des ostwärtigen Ausgangs zur See hin wurde die gesamte Bucht abgesucht. Auf der zweiten Galeone und auf der Karavelle, so stellte sich heraus, schlummerten die Proviantmeister selig und ahnungslos. Nachdem sie geweckt worden waren, erfuhr der Erste der „San José“, daß die beiden Männer von einer angeblich so wichtigen Besprechung nichts wußten.

Es hatte eine solche Besprechung also nie gegeben.

Und von der Schaluppe fehlte in der Bucht jede Spur.

Der Erste ließ vorsorglich die Kommandanten und Offiziere der Galeone und der Karavelle wecken, ehe er sich wieder an Bord der „San José“ begab.

Capitán Cubera erwartete ihn bereits an der Pforte des Schanzkleids, als er über die Jakobsleiter auf enterte.

„Wenn Sie erlauben“, sagte der Erste, „möchte ich die Meldung lieber unter vier Augen erstatten.“ Cubera nickte nur und begab sich gemeinsam mit dem Offizier in die Messe. Von der Wache hatte der Capitán bereits einen ersten Hinweis erhalten, was es mit der Suchaktion auf sich hatte. In Fällen dieser Art war es gut, Stillschweigen zu bewahren. Die Autorität der Offiziere und Kommandanten konnte leicht untergraben werden, wenn Mannschaften von der Unzuverlässigkeit ranghöherer Personen erfuhren.

In geraffter Form erstattete der Erste Offizier seinen Bericht. Dabei beschränkte er sich auf das Wesentliche, und eben das war für Cubera bestürzend genug.

Es stand unwiderlegbar fest:

Der Gouverneur, der Proviantmeister der „San José“, der Schaluppenführer und die gesamte Crew der Schaluppe waren verschwunden.

Cuberas Schläfenadern schwollen an. Der Zorn stieg wie eine wallende Glut in ihm auf. Er mußte sich beherrschen, um nicht loszubrüllen.

„Was das bedeutet, ist klar“, sagte er mit bebender Stimme.

Der Erste nickte. In seinem Gesicht standen harte Furchen.

„Fahnenflucht, Señor Capitán. Coloma, de Pinzón und die Mannschaft der Schaluppe sind Angehörige der spanischen Marine.“

„Und dieser elende Fettsack aus Havanna dürfte sie dazu angestiftet haben“, sagte Cubera erbost. Er atmete tief durch. „Wir müssen sofort das Notwendige veranlassen. Schicken Sie mir die beiden Wachsoldaten herein. Und dann wünsche ich eine Besprechung mit den Kommandanten und Offizieren.“

„Jawohl, Señor Capitán.“

Nachdem der Erste die Messe verlassen hatte, blieben für Cubera einige Minuten Zeit, über den ungeheuerlichen Vorfall nachzudenken. Einen gewissen Selbstvorwurf konnte er sich nicht ersparen. Er hatte geahnt, daß de Quintanilla etwas im Schilde führte. Warum, zum Teufel, war er nur so leichtfertig gewesen, den Posten abzuziehen? Genau das war es doch gewesen, worauf es dieses Schlitzohr von einem Gouverneur angelegt hatte!

Doch es war sinnlos, sich mit diesen Vorwürfen zu plagen. Cubera wußte, daß er die Suppe auslöffeln mußte, die er sich zum Teil selbst eingebrockt hatte.

Der Sargento und der Soldat meldeten sich kurz darauf, und deutliches Schuldbewußtsein war in ihren Mienen zu lesen.

„Stehen Sie bequem“, sagte Cubera. Seine Stimme klang leidenschaftslos, weder vorwurfsvoll noch mitfühlend. Es war seine Absicht, den Männern gegenüber keine Gefühlsregungen zu zeigen. Er lehnte sich gegen die Kante des langen Tisches und verschränkte die Arme. „Sie wissen, um was es geht. Schildern Sie, was vorgefallen ist. Nur Tatsachen. Lassen Sie nichts weg, und fügen Sie nichts hinzu.“

„Wir haben einen Fehler begangen“, sagte der Sargento, „und ich übernehme die Verantwortung dafür.“

„Danach habe ich nicht gefragt“, entgegnete Cubera, und es klang beinahe schroff. „Was ich von Ihnen will, ist eine klare Schilderung des Geschehens, ohne persönliche Eindrücke, ohne Schuldgefühle und dergleichen. Als Sargento müssen Sie wissen, wie ich es meine.“

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