Kitabı oku: «Seewölfe Paket 21», sayfa 9

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„Es ist die einzig denkbare Taktik“, sagte Don Juan zustimmend. „Wenn ihr einverstanden seid, werde ich meinen bisherigen Kurs wieder aufnehmen und eure nachfolgenden Schiffe verständigen.“

„Sehr gut“, sagte Hasard und nickte, „für Siri-Tong, Thorfin und die anderen ist es ebenfalls wichtig, auf dem laufenden zu sein. Das gilt vor allem für die neue Zusammensetzung des Kampfverbandes. Von den sechs Schaluppen hätten wir natürlich nichts geahnt.“

„Laß dir von unserem Nordmann keinen Schreck einjagen“, sagte Ben Brighton lächelnd. „Thorfin sieht schlimmer aus, als er ist. Und wenn er herumbrüllt, ist das nur die rauhe Schale über dem weichen Kern.“

„Ich werde es mir merken“, versprach Don Juan. „Sobald alle Kapitäne informiert sind, gehen wir mit der Schebecke wieder auf Gegenkurs und versuchen, so schnell wie möglich aufzuschließen, damit wir aktiv eingreifen können.“

„Bei den guten Segeleigenschaften eures Dreimasters dürftet ihr das spielend schaffen“, sagte Hasard.

Don Juan winkte ab. „Deine ‚Isabella‘ und die beiden Schwesterschiffe sind auch nicht zu verachten.“

Sie verloren keine weiteren Worte. Don Juan verabschiedete sich, setzte wieder über und jagte kurz darauf mit der Schebecke weiter nach Nordwesten. Hasard übernahm es, Jean Ribault anzupreien und ihn über die Neuigkeiten zu informieren.

Mit nur zwei Schiffen würden sie gegen neun ebenbürtige Gegner zu kämpfen haben. Allen Männern auf der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ war klar, was ihnen damit bevorstand.

Es entsprach ihrem eisernen Willen, die Schlangen-Insel zu verteidigen, daß sie dem Augenblick der Konfrontation um so mehr entgegenfieberten.

5.

Fast genau vierundzwanzig Stunden später, am Nachmittag des 24. Juni, war es für die Crews der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ mit der Anspannung vorbei.

Klar und durchdringend erklang Dan O’Flynns Stimme aus dem Vormars. Er hatte es sich nicht nehmen lassen, erneut als Ausguck zu fungieren.

„Feind in Sicht! Mastspitzen voraus!“

Die Männer an Deck gerieten in Bewegung, als hätte der Blitz aus wolkenlos blauem Himmel eingeschlagen. In Sekundenschnelle befanden sie sich allesamt auf Gefechtsstation, ohne daß auch nur ein entsprechendes Kommando des Seewolfs erfolgt war. Jeder einzelne wußte nur zu gut, daß noch geraume Zeit vergehen würde, bis man dem Feind auf den Pelz gerückt war. Aber es tat gut, nicht mehr tatenlos herumlungern zu müssen. Den Arwenacks juckte es mächtig in den Fäusten. Welches Höllenfeuer sie entfachen konnten, das sollten die Dons sehr schnell erleben.

Auch die Männer auf der „Le Vengeur“ waren aufmerksam geworden, und ebenso wie Hasard und Ben Brighton beobachtete auch Jean Ribault die südöstliche Kimm mit dem Spektiv.

In der Tat gab es dort Mastspitzen – selbst mit dem Spektiv jedoch nur hauchdünn zu erkennen.

Die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ standen inzwischen nördlich querab der Bahia de Nipe, der letzten größeren Bucht im östlichen Teil Kubas. Nach der zeitlichen Berechnung war es durchaus möglich, daß Dan den spanischen Kampfverband gesichtet hatte.

Dennoch blieb Hasard skeptisch.

„Ich weiß nicht recht“, sagte er und ließ das Spektiv sinken, „für einen Verband sieht mir das ziemlich dünn aus.“

Ben Brighton furchte die Stirn.

„Könnte sein, daß es die Schaluppen sind, von denen Don Juan gesprochen hat. Eine Art Nachhut vielleicht. Wenn Cubera ähnliche Überlegungen angestellt hat wie wir, könnte er doch damit rechnen, daß wir ihm jetzt im Nacken sitzen.“

Der Seewolf antwortete nicht. Statt dessen spähte er erneut durch das Spektiv.

Bereits eine halbe Stunde später zeigte sich, daß er recht gehabt hatte.

Abermals ertönte Dan O’Flynns Stimme aus dem Vormars, merklich dumpfer diesmal.

„Deck! Es ist nicht der Feind! Es sind – Fischerboote!“

Ein paar Atemzüge lang standen die Männer auf der Kuhl und auf der Back wie erstarrt. Kein Laut war zu hören, nur das Singen des Windes in Wanten und Pardunen.

Dann war es Ed Carberrys Stimme, die mit einem tiefen Grollen einsetzte und sich langsam zu einem Donnergebrüll steigerte.

„O Himmel, Arsch und Hagelwetter! Das ist denn doch zum Mäusemelken! Man könnte sich selbst in den Hintern beißen! Was für einen Affenarsch von Ausguck haben wir bloß? Einen mit Plattfischen auf den Augen, was, wie?“

„Reg dich ab, Mister Carberry!“ brüllte Dan aus dem Mars zurück. „Auf die Entfernung hättest du mit deinen Matschklüsen nicht mal einen Pottwal erkannt.“

Ed Carberry schluckte trocken hinunter, und sein Rammkinn geriet in mahlende Bewegungen. Er warf den Kopf in den Nacken und stemmte die Fäuste in die Hüften. Seine Donnerstimme hallte in der steif gebauchten Fläche des Focksegels und erreichte den Ausguck mit voller Lautstärke.

„Ho, ho, du vorwitzige Hanflaus! Paß auf, daß ich dich nicht aus dem Mars pflückte, Mister O’Flynn! Könnte sein, daß deine schönen Kulleraugen dick und blau werden!“

Dan kam zu keiner Antwort mehr. Denn in diesem Moment waren es die anderen, die ebenfalls ihrem Unmut Luft verschafften.

„Runter mit dir, Dan O’Flynn! Dann merkst du, was wir von deinen lausigen Fischerbooten halten!“

„Bei der Gelegenheit können wir dich gleich ein bißchen kielholen!“

„Aber vorher teeren und federn!“

„Oder unangespitzt zwischen die Planken rammen!“

Das Gebrüll schwoll zu einem wirren Durcheinander an. Alles, was sich in den vergangenen Stunden in den Männern aufgestaut hatte, platzte jetzt lautstark heraus. Und der Zufall wollte es eben, daß ausgerechnet der bedauernswerte Dan O’Flynn wegen seiner Sichtmeldung zum Prügelknaben wurde. Viel hätte nicht gefehlt, und ein paar von den Arwenacks wären in den Fockwanten aufgeentert, um ihn tatsächlich aus dem Mars zu zupfen.

Hasard hatte es sich eine Weile angehört. Gemeinsam mit Ben Brighton verfolgte er das Geschehen von der Querbalustrade des Achterdecks aus.

„Die kriegen sich nicht mehr ein“, sagte Ben trocken.

Der Seewolf nickte. Er packte die Balustrade und beugte sich vor. Mit metallischem Klang hieb seine Stimme in das Gebrüll.

„Ruhe, verdammt noch mal! Ihr verwandelt euch von ausgewachsenen Arwenacks in keifende Waschweiber! Also Schluß mit dem Geschwafel. Wir haben wichtigere Dinge zu tun.“

Innerhalb von Sekunden war es ruhig geworden. Die Männer senkten verlegen den Kopf, und Dan O’Flynn wandte sich im Mars nach vorn, um sein Grinsen nicht zu zeigen. Nur Ed Carberry drehte sich zum Achterdeck um und riskierte ein Widerwort.

„Wenn’s erlaubt ist, Sir, warum stauchst du uns zusammen? Haben wir etwa ‚Feind in Sicht‘ gemeldet, oder was?“

„Das nicht, Mister Carberry“, entgegnete Hasard schneidend, „aber so verkehrt war Dans Meldung keineswegs. Es hätte sich durchaus um die Schaluppen handeln können, die den Kampfverband als Aufklärer begleiten. Und jetzt Schluß der Debatte.“

„Aye, aye, Sir“, erwiderte der Profos willig. Er spürte, daß es nicht der richtige Zeitpunkt war, gegen den Seewolf anzustinken. Wenn Hasard diesen bestimmten Ton und dieses bestimmte Blitzen in den Augen hatte, dann sagte man besser kein Wort zuviel.

„Außerdem“, fügte Hasard grimmig hinzu, „sind die Fischerboote vielleicht doch nicht so unnütz. Wenn sie sich in diesen Gewässern zum Fang aufgehalten haben, werden die Leute unter Umständen etwas beobachtet haben, was uns interessiert.“

Das leuchtete den Arwenacks ein. Ihr Groll auf Dan O’Flynn verrauchte so schnell, wie er aufgewallt war, und sie konzentrierten nun ihre ganze Aufmerksamkeit auf die herannahenden Boote. Kleine Einmaster waren es, tief im Wasser liegend, die Segel an vielen Stellen geflickt.

Die Männer an Bord waren größtenteils Farbige, ärmlich gekleidet, doch mit ehrlichen Gesichtern. Reichtümer verdienten sie mit dem Fischfang zweifellos nicht. Da sie aber mit dieser Form des Lebensunterhalts zufrieden waren, gehörten sie nicht zur Kategorie der Schnapphähne und Küstenhaie. Auch zeigten sie keine Anstalten, auf Ausweichkurs zu gehen. Vielleicht hofften sie sogar auf einen kleinen Handel mit den Besatzungen der großen Schiffe.

Hasard ließ indessen keinen einzigen Fetzen Tuch wegnehmen. Auch Jean Ribault dachte nicht daran, die Fahrt zu verringern. Sie konnten sich nicht einmal den winzigsten Zeitverlust leisten.

Rechtzeitig preite der Seewolf den ersten Bootsführer in spanischer Sprache an.

„Hola, Señores! Vom Fang zurück? Wart ihr erfolgreich?“

„Das kann man sagen, Capitán“, erwiderte der Bootsführer mit vernehmlicher Stimme. „Aber Zeit, die Proviantvorräte ein wenig aufzufrischen habt ihr nicht, wie?“

„Leider nein“, entgegnete der Seewolf unumwunden. Das erste Fischerboot befand sich bereits auf gleicher Höhe. „Wir sind auf der Suche nach einem Verband von neun Kriegsschiffen und sechs Schaluppen.“

„Oho, damit können wir dienen!“ rief der Bootsführer, dessen Einmaster sich nun bereits nach achteraus entfernte. „Vor ungefähr einer Stunde sind wir so einem Verband begegnet. Neun Kriegsschiffe und sechs Schaluppen, jawohl. Kurs Südosten, wie ihr. Wollt ihr euch etwa mit denen anlegen?“

Hasard mußte seine Stimmkraft verdoppeln, damit der Bootsführer ihn noch verstehen konnte.

„Sehen wir so aus? Wir wollen unseren spanischen Freunden nur kurz guten Tag sagen!“

Gelächter ertönte auf der Kuhl der „Isabella“. Es klang erleichtert, beinahe erlöst. Vergessen war Dan O’Flynns Meldung, und vergessen war alle Nervosität der vergangenen Stunden. Eine Stunde Vorsprung! Jetzt würde es nicht mehr lange dauern, bis man sich endlich gegenüberstand. Auge in Auge. Wobei die Augen eher mit den Mündungen der Geschützrohre zu vergleichen waren.

Während die „Isabella“ und die „Le Vengeur“ weiter nach Südosten jagten, blieben die Fischerboote mit kopfschüttelnden Männern an Bord zurück. So viele Schiffe hatten sie in so kurzer Zeit noch nie zu sehen gekriegt. Der Teufel mochte wissen, was das zu bedeuten hatte. Doch eins stand für die ahnungslosen Küstenfischer fest: Sicher würde sehr bald Geschützdonner über die See rollen.

An Bord der „Isabella“ überprüften die Männer noch einmal alle Maßnahmen zur Gefechtsbereitschaft. Erreichbar in der Nähe der Culverinen standen die Kohlebecken mit der schwelenden Glut, die wieder neu angefacht wurde. Sand war auf den Decksplanken ausgestreut worden, und die üblichen Pützen mit Wasser standen überall bereit, damit etwaige Brandherde im Keim erstickt werden konnten.

Al Conroy, der schwarzhaarige Stückmeister, hatte seine Geschütz-Crews eingeteilt, und Ferris Tucker überprüfte auf der Back ein letztes Mal seine Höllenflaschenabschußkanone. Big Old Shane und Batuti hatten ihre englischen Langbogen klariert, und in ihren Lederköchern steckte ein reichhaltiges Reservoir an Brandpfeilen.

Der Seewolf und seine Arwenacks waren bereit, mitten ins Höllenfeuer zu segeln. Wie oft hatte es in der Vergangenheit solche Momente gegeben, in denen sie gewußt hatten, daß sie ihr Leben tödlicher Bedrohung aussetzten! Doch immer waren sie entweder als Sieger aus mörderischen Gefechten hervorgegangen oder zumindest doch mit einem blauen Auge davongekommen.

Diesmal indessen waren die Chancen für einen Sieg so gering, daß etliche der Männer an Bord der „Isabella“ kaum eine Hoffnung hegten. Nur ihre Entschlossenheit war eisern und ungebrochen. Es war der feste Wille, das freiheitliche Leben des Bundes der Korsaren ohne Rücksicht auf das eigene Leben zu verteidigen.

Lediglich Mac Pellew hatte im Augenblick andere Sorgen. Vom Backbord-Schanzkleid aus blickte er den Fischerbooten sehnsüchtig nach. Dann, als die tiefliegenden kleinen Einmaster fast außer Sicht waren, stieß er einen Fluch aus und wandte sich abrupt um. Ohne die grinsenden Männer an Deck zu beachten, stürmte er in die Kombüse, wo der Kutscher damit beschäftigt war, weitere Holzkohle für Reserve-Kohlebecken vorzubereiten.

„Dich interessiert das wohl alles nicht?“ fauchte Mac und blieb beim offenen Schott stehen.

Der Kutscher blies in die entstehende Kohlenglut und erwiderte, ohne den Kopf zu heben: „Wie groß mein Interesse an den für uns schicksalhaften Geschehnissen ist, kannst du wohl kaum ermessen, Mac. Denn dann müßtest du schon in meine Seele hineinschauen. Laß dir aber gesagt sein, daß ich mit jeder Faser meiner Sinne um unsere Zukunft bange. Und daß ich meinen bescheidenen kleinen Beitrag leisten werde, damit wir alle die bevorstehende Bewährungsprobe bewältigen.“

„O Himmel!“ stöhnte Mac und griff sich an den Kopf. „Wir kennen uns doch nun lange genug. Mußt du wieder so geschraubt mit mir reden?“

„Du verwechselst Geschraubtheit mit Ernsthaftigkeit. Im Moment gibt es wirklich nichts zu lachen, mein Lieber.“

„Aber einen anständigen Happen zu beißen braucht der Mensch in jeder Lebenslage“, entgegnete Mac knurrend. „Ich verstehe nicht, warum wir diesen Leuten nicht ein paar schöne frische Fische abgekauft haben. Das hätte endlich mal Abwechslung in den Speiseplan gebracht.“

„Hasard und Jean Ribault werden ihre Gründe haben, keine Zeit zu verlieren.“

„Unsinn! Wahrscheinlich hat Hasard andere Sachen im Kopf, und deshalb hat er an den Fisch gar nicht gedacht. Deine Aufgabe wäre es gewesen, ihn darauf hinzuweisen.“

Der Kutscher blickte nun doch auf.

„Meine Aufgabe?“ wiederholte er ärgerlich. „Ich habe dir schon gesagt, was meine Aufgabe ist. Und du tätest besser daran, nicht immer an die verdammte Fresserei zu denken. Ist das klar und deutlich genug? Oder immer noch zu geschraubt?“

Mac Pellews Kinnlade klappte herunter.

„Kümmere dich lieber um die Krankenkammer“, fuhr der Kutscher bissig fort. „Sorge gefälligst dafür, daß alles klar ist, wenn es losgeht. Dazu gehört zum Beispiel auch die Säge zum Amputieren von Armen und Beinen. Los, verschwinde.“

Mac Pellew erbleichte. Entsetzt blinzelnd schüttelte er den Kopf.

„Ich muß unter Verrückte geraten sein“, knurrte er. „Hölle und Teufel, bin ich denn nur von Irren umgeben? Ich sage dir, im nächsten Hafen steige ich aus. Ich habe die Nase voll. Endgültig.“

„Dann tu’s“, sagte der Kutscher gelassen. „Tu es, falls es noch einen nächsten Hafen für uns gibt. Aber vorher klarierst du die Krankenkammer.“

Mac Pellews Kinn klappte wieder hoch. Es gab einen trockenen Laut, als seine Zähne aufeinanderschlugen. Er starrte den Kutscher an, brachte aber keinen Laut mehr hervor. Dann wandte er sich ruckartig ab und stapfte los. Der Kutscher verstand nicht, was Mac vor sich hinbrummelte. Es klang wie „hat ja doch alles keinen Zweck“ oder ähnlich.

Zwei Stunden nach der Begegnung mit den Fischerbooten brüllte Dan O’Flynn erneut sein „Feind in Sicht!“

Diesmal handelte es sich nicht um eine Falschmeldung. Für Dan war es an der Zeit, seinen Platz im Vormars zu verlassen und sich auf das Achterdeck zu begeben. An seiner Stelle enterte Batuti auf, während sich Big Old Shane mit seinem Bogen in den Großmars begab.

6.

In der Sonne des späten Nachmittags zeichneten die Spektive ein klares Bild.

Der spanische Kampfverband segelte in jener Marschformation, die bereits Don Juan de Alcazar beschrieben hatte – an der Spitze das Flaggschiff „San José“, ihm folgend jeweils vier Kriegsschiffe beiderseits in Kiellinie. Lediglich die Schaluppen waren nicht zu sehen. Aber das mochte daran liegen, daß sie ihre Aufklärer-Funktion wahrnahmen.

An Bord der „Isabella“ und der „Le Vengeur“ harrten die Männer in gebannter Ruhe aus. Auch ihre persönliche Bewaffnung war inzwischen vollständig. Jeder, der sich auf Gefechtsposten befand, trug neben seinem Entersäbel eine sorgfältig geladene Pistole. Überdies standen geladene Musketen in ausreichender Zahl bereit.

Edwin Carberry hatte ein wachsames Auge darauf geworfen, daß das „Viehzeug“ in gesonderten Unterdecksräumen sicher unter Verschluß war. Arwenack, der Schimpanse, und Sir John, der Papagei, hatten in Gefechtssituationen an Deck nichts zu suchen.

Der Seewolf hatte seinen sechsschüssigen Radschloß-Drehling bereit, und Ben Brighton war mit einer doppelläufigen Pistole ausgerüstet. Wie auch Jean Ribault auf dem Achterdeck der an Steuerbord segelnden „Le Vengeur“ setzten Hasard und Ben die Spektive keinen Moment ab.

„Da tut sich etwas“, sagte der Erste Offizier der „Isabella“ unvermittelt. Ein kaum merklicher rauher Klang lag in seiner Stimme – das einzige Anzeichen, das seine innere Anspannung verriet.

Hasard hatte es im selben Augenblick bemerkt. Er antwortete nicht sofort. Seine Lippen bildeten einen Strich.

Vier Schiffe scherten aus dem spanischen Verband aus.

Also hatten sie die Verfolger gesichtet.

Drei Galeonen und eine Karavelle waren es, die auf Gegenkurs gingen. Währenddessen segelte der restliche Verband auf seinem ursprünglichen Kurs weiter.

„Klug gehandelt“, sagte der Seewolf, ohne das Spektiv sinken zu lassen. „Die sollen uns aufhalten.“

„Und die anderen halten weiter Kurs auf die Schlangen-Insel“, entgegnete Ben Brighton grimmig.

„Hättest du als Verbandsführer nicht genauso gehandelt? Ich hätte jedenfalls nicht anders entschieden. Für die Spanier ist es die zwingend logische Lösung.“

Ben konnte nicht widersprechen.

Hasard traf seinerseits die Entscheidung, die als Gegenmaßnahme nicht minder logisch war. Er trat an die Steuerbordverschanzung des Achterdecks und verständigte sich mit Jean Ribault.

„Jean, wir werden nach Norden und Süden ausweichen! Dadurch umgehen wir die vier Gegner, lassen sie leerlaufen und stoßen wieder auf den Restverband zu.“

„Und schlagen zu, daß ihnen die Kürbishosen flattern!“ brüllte der Franzose zurück. Mit einer Handbewegung zeigte er klar. Es gab keine Worte mehr zu verlieren.

Hasard wandte sich dem Gefechtsrudergänger zu. Der Nordost erwies sich als ein stetiger Geselle, denn er wehte mit unverminderter Kraft.

„Pete, du hast es gehört. Geh so hoch wie möglich an den Wind.“

„Aye, aye, Sir!“ rief Pete Ballie und legte Ruder. Dabei wandte er nur kurz den Kopf. Seine Augen leuchteten voller Tatendrang.

Ben Brighton befand sich bereits an der vorderen Querbalustrade des Achterdecks. Seine Befehlsstimme dröhnte über die Kuhl, und die Männer nahmen in Windeseile ihre Arbeit an Schoten und Brassen auf. Hart nach Backbord krängend, legte sich die „Isabella“ auf den Beim-Wind-Kurs.

Unterdessen war die „Le Vengeur“ aus der Leeposition heraus nach Süden abgefallen. Sehr rasch gewannen beide Schiffe voneinander Distanz.

Doch die Spanier reagierten prompter, als der Seewolf erwartet hatte. Er mußte erkennen, daß er es mit Gegnern zu tun hatte, die keineswegs auf eine starre Taktik festgelegt waren. Der Verbandsführer war offenbar ein Mann, der seine Kapitäne zur Beweglichkeit des Denkens veranlaßte und sie nicht als gut funktionierende Befehlsempfänger betrachtete.

Die Gegenmaßnahmen waren frappierend einfach.

Zwei Kriegsgaleonen, in Kiellinie segelnd, luvten an. Ihr eindeutiges Ziel war es, die „Isabella“ zu packen, bevor sie nach Norden entwischen konnte.

Inzwischen fielen die andere Galeone und die Karavelle ab, und naturgemäß würde es ihnen bei rauhem Wind sehr rasch gelingen, den Kurs der „Le Vengeur“ zu kreuzen.

„Verdammter Mist“, sagte Ben Brighton gepreßt.

Gemeinsam mit Hasard beobachtete er das Geschehen, in das Jean Ribault und seine Männer verwickelt wurden. Die beiden Verfolgergaleonen, die die „Isabella“ zu erwischen versuchten, waren noch nicht nahe genug heran, um gefährlich zu werden.

„Aus dem Leerlaufenlassen wird also nichts“, sagte der Seewolf. „Wie es aussieht, werden wir uns mit den Kerlen erst herumschlagen müssen.“

In der Tat dachten die Dons nicht daran, sich auf den Leim führen zu lassen.

Minuten später zeigte Jean Ribault jedoch, wie geschickt er und seine Männer es verstanden, die Vorzüge der „Le Vengeur“ auszunutzen. Urplötzlich luvte der schnittige Dreimaster hoch und entwischte dem Kollisionskurs der beiden Gegner. Gleich darauf brach er hinter ihnen auf den alten Kurs durch.

Mit einem donnernden „Ar – we – nack“ brüllten die Männer auf der „Isabella“ ihren Beifall.

Zwar drehten die beiden Spanier mit einer eilends eingeleiteten Halse nach und nahmen die Verfolgung auf, doch die „Le Vengeur“ hatte bereits einen beträchtlichen Vorsprung herausgeschunden. Vorerst gerieten die Dons ins Hintertreffen.

Hasard und Ben Brighton konzentrierten ihre Aufmerksamkeit wieder auf die eigenen Verfolger. Außer den Schwanz einzuziehen und nach Westen davonzulaufen, gab es nur eine einzige Möglichkeit, ihnen zu entwischen und dem Verband nachzusetzen.

Ohne lange zu fackeln, ließ der Seewolf die „Isabella“ kurzerhand nach Osten abfallen. Seine Hoffnung, auf diese Weise am Gegner vorbeistoßen zu können, schien berechtigt.

Es mußte sich wohl um einen Zufall handeln, daß die beiden Galeonen fast zum selben Zeitpunkt ebenfalls abfielen.

Ben Brighton reagierte mit der gewohnten Schnelligkeit.

„Steuerbordgeschütze klar zum Gefecht!“

Al Conroy stand bereits auf dem Sprung, um das Ausrichten der Siebzehnpfünder und Fünfundzwanzigpfünder zu überwachen. Die mächtigen Holzlafetten rumpelten unter der Tonnenlast, als die Geschützrohre durch die bereits geöffneten Stückpforten ausgerannt wurden.

Hasard veranlaßte Pete Ballie, den Kurs zu halten. Schon jetzt ließ sich abschätzen, daß sie die beiden spanischen Galeonen auf einer Distanz von etwa hundert Yards passieren würden. Aus den Augenwinkeln heraus bemerkte der Seewolf, daß auch Al Conroy eben dies sehr genau taxierte.

Bei halbem Wind segelnd, hatte die „Isabella“ eine nur leichte Schräglage nach Steuerbord. Für den Stückmeister erwies sich auch die Stetigkeit von Wind und Wellengang als ein positiver Faktor beim Richten der Geschütze.

Durch die Spektive beobachteten der Seewolf und sein Erster Offizier die heranrauschenden Spanier. Nach wie vor segelten beide Galeonen in Kiellinie. Zweifellos bauten sie darauf, daß bereits die erste Breitseite für Kleinholz sorgte. Die zweite Galeone würde dem „Piratenschiff“ dann den Fangschuß verpassen. Hasard war fest entschlossen, ihnen einen Strich durch diese Rechnung zu ziehen. Ihr Kalkulationsfehler würde auf der immensen Feuerkraft der „Isabella“ beruhen.

Mit einsatzbereiten Luntenstöcken standen Al Conroys Männer auf dem Sprung.

Von Sekunde zu Sekunde schmolz der Abstand zwischen der „Isabella“ und der ersten spanischen Galeone zusammen.

Hasard konnte sich indessen eines leichten Unbehagens nicht erwehren, als er die Bewegungen an Bord der Kriegsgaleonen beobachtete. Da schimmerten Helme und Brustpanzer in fast unübersehbarer Zahl. Decksleute und Geschützmannschaften hasteten hin und her, und auf dem Achterdeck standen die Señores Offiziere in scheinbar stoischer Ruhe.

Hasard schätzte, daß beide Galeonen mit etwa zweihundert Soldaten und Decksleuten bemannt waren. Auf einen Enterkampf durfte er sich also unter keinen Umständen einlassen. Denn das würde das sichere Ende der Arwenacks bedeuten. Bei allem Kampfeswillen waren sie doch zahlenmäßig hoffnungslos unterlegen.

Noch fünfzig Yards. Vierzig Yards. Die Männer auf der „Isabella“ hielten den Atem an.

Hasard ließ das Spektiv sinken und ruckte herum. Seine Entscheidung war gefallen. Per Handzeichen verständigte er sich mit Al Conroy. Der Stückmeister, der erwartungsvoll zum Achterdeck gespäht hatte, zeigte klar. Ein wildes Lächeln lag in Conroys Gesicht. Es war diese Entscheidung, die er erwartet hatte. Und blitzschnell gab er seinen Geschütz-Crews entsprechende Order.

Noch zwanzig Yards.

Der Seewolf gab das Zeichen „Feuer frei“. Lautstark gebrüllte Befehle waren wegen der geringen Distanz zum Gegner nicht angebracht. Ohnedies waren die Männer an Bord der „Isabella“ so gut aufeinander eingespielt, daß sie sich in jeder Situation ohne Worte verständigen konnten. Bisweilen genügten sogar Blicke, wenn sie sich gegenseitig verklaren wollten, was gemeint war.

Al Conroys Aufgabe war es, den entscheidenden Moment abzupassen. Und jeder an Bord wußte, daß es für dieses Handwerk keinen besseren Mann gab.

Die letzten Yards Distanz wurden vom Gegenkurs der beiden Schiffe regelrecht aufgesogen. Der Moment, auf den sie so lange gewartet hatten, war da. Jetzt konnten sie dem Gegner tatsächlich fast ins Auge sehen.

Sekunden später gellte Al Conroys Befehl.

„Feuer!“

Ruckartig senkten sich die Luntenstöcke auf die Zündlöcher. Funken sprühten. Doch die Männer auf dem Quarterdeck und auf dem darunterliegenden Deck reagierten nicht auf Conroys Befehl. Nur die drei Siebzehnpfünder unter der Back und die vier Fünfundzwanzigpfünder auf der Kuhl wurden gezündet.

Erst in diesem Moment reagierten die Spanier – als sich der Bug der beiden Schiffe etwa auf Mittschiffshöhe des Gegners befand. Doch der Feuerbefehl ihres Kapitäns, der sich auf eine volle Breitseite versteift hatte, erfolgte zu spät.

Mit urgewaltigem Wummern entluden sich die sieben Geschütze der „Isabella“. Mächtige Flammenzungen leckten nach außenbords und trieben die Eisenkugeln mit mörderischer Gewalt auf das Vorschiff des Gegners zu. Pulverrauch wölkte fettig-schwarz auf und verwehrte den Arwenacks sekundenlang die Sicht, während die „Isabella“ unter dem Rückstoß noch nach Backbord krängte. Die polternden Geschützlafetten wurden von den armdicken Brooktauen aufgefangen.

Dann klang es den Arwenacks wie Musik in den Ohren – das Schmettern und Bersten der Einschläge übertönte den Nachhall des Geschützdonners. Schreie gellten vom Gegner herüber.

Erst jetzt, entscheidende Sekunden zu spät, brüllte die Breitseite der spanischen Galeone auf. Vorsorglich gingen die Männer an Bord der „Isabella“ in Deckung. Doch Al Conroys sorgfältig gerichtete Geschütze hatten ihre Wirkung nicht verfehlt. Durch die Wucht der Einschüsse war das Visieren des Gegners gestört worden. Wassersäulen gischteten bedrohlich nahe vor der Steuerbordwand der „Isabella“ auf, aber es gab keinen einzigen Treffer.

Aufatmend richteten sich die Männer auf. Was sie jetzt im verfliegenden Pulverrauch erblicken konnten, veranlaßte sie zu einem dröhnenden „Ar – we – nack!“ Der alte Kampfruf aus Cornwall hallte wie Donner über das Wasser. Mindestens fünf Treffer im Vorschiff hatten die spanische Galeone arg gerupft. Die Galion bestand nur noch aus einem häßlichen splittrigen Stumpf. Bugspriet und Blinde hingen abgeknickt vor dem Steuerbordbug und beeinträchtigten das Schiff in seiner Manövrierbarkeit. Zwei weitere Treffer hatten Löcher von der Größe eines Steuerruders in die vordere Bordwand gerissen, knapp über der Wasserlinie.

Aber der Seewolf und seine Männer wußten, daß es keinen Anlaß zu vorschnellem Triumph gab. Denn der zweite Gegner nahte unaufhaltsam, und der Kapitän dieser Galeone würde zweifellos aus dem eben Erlebten seine Konsequenzen ziehen.

Mit angespannten Muskeln harrten die Männer an den restlichen sechs Geschützen der „Isabella“ auf den Feuerbefehl. In fliegender Hast überprüfte Al Conroy ein letztes Mal die Zieleinstellung. Diesmal kam es allein auf die Präzision an, denn den Vorteil des ersten Schusses würde es nicht wieder geben.

Rasend schnell verrannen die Sekunden, und als schwimmende Festungen schoben sich die beiden Gegner auf gleiche Höhe.

Nahezu gleichzeitig donnerten die Breitseite des Spaniers und die sechs Geschütze der „Isabella“. Die drei Fünfundzwanzigpfünder auf dem Quarterdeck und die drei Siebzehnpfünder auf dem darunterliegenden Deck jagten ihre Eisenladung mit Feuer und Rauch auf den Gegner zu. Doch dessen Antwort in gleicher mörderischer Sprache verfehlte ihre Wirkung nicht.

Den Männern an Bord der „Isabella“ blieb keine Zeit, dem berstenden Klang ihrer Treffer zu lauschen. Das Krachen, das den Rumpf ihres Schiffes mit allen Planken vibrieren ließ, ging ihnen durch Mark und Bein. Fluchend hatten sie sich in Deckung geworfen, und noch fast blind durch den beißenden Pulverqualm spürten sie, wie Treffer um Treffer auf die „Isabella“ einhieb.

Teile von Verschanzungen, Balustraden und Nagelbänken wirbelten hoch. Splitter sirrten durch die Luft, und die rauhen Stimmen der Männer brüllten durcheinander. Das Bersten und Krachen der Einschläge schien nicht enden zu wollen, und es schien, als würde nun unverhofft und doch endgültig die Hölle losbrechen.

Ein gellender Schmerzensschrei durchstach die übrigen Stimmen auf der Kuhl.

Auf dem Achterdeck schnellte Hasard hoch. Jähe Sorge packte ihn. Er brauchte den Überblick. Was war mit seinen Männern geschehen? Wen hatte es erwischt? Erleichterung befiel ihn, als er aus den Augenwinkeln heraus sah, wie Ben Brighton geduckt auf die Querbalustrade zuhastete. Und Pete Ballie harrte unerschütterlich am Ruder aus.

Immer noch orgelten die Geschosse heran, jaulend und mit häßlichem Ton. Der spanische Kapitän hatte seine Steuerbordgeschütze mit geringer zeitlicher Verzögerung abfeuern lassen. Eine Erkenntnis, die den Seewölfen nichts mehr nutzte.

Ein urgewaltiges Bersten traf den Seewolf auf halbem Weg. Er erstarrte in der Bewegung. Der winzige Sekundenbruchteil, in dem er das Geschehen wahrnahm, reichte nicht, um noch Deckung zu finden. In grenzenlosem Erstaunen weiteren sich seine Augen, als die Besanrute buchstäblich weggefetzt wurde. Seine Sinne schrillten Alarm.

Doch ihm blieb keine Chance, dem mit Drall nach Backbord wirbelnden Holz auszuweichen.

Ein furchtbarer Schlag traf seinen Brustkorb. Schmerz durchzuckte ihn und löschte seine Wahrnehmung jäh aus.

Er spürte nicht mehr, wie er von der Besanrute wie ein Geschoß über das Achterdeck gefegt und nach außenbords katapultiert wurde.

Hasard sah nicht mehr, wie auch Ben Brighton auf dem Achterdeck zusammenbrach, von einem durch die Luft wirbelnden Stück des Steuerbordschanzkleids getroffen.

Und im versiegenden Geschoßdonner konnte der Seewolf auch nicht mehr hören, wie Ed Carberry nach dem Kutscher brüllte. Denn den gellenden Schmerzensschrei hatte Sam Roskill ausgestoßen. Bewußtlos lag er jetzt auf dem Bauch. Den halben Rücken hatte ihm ein riesiger Holzsplitter aus der Steuerbordverschanzung aufgerissen.

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