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Kitabı oku: «Das blutige Blockhaus», sayfa 18

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»Was sie vorhaben? Was sie vorhaben?« Lassalle brach auf einmal in lautes Lachen aus. »Komm doch um Himmels willen! Sieh nur, so wahr ich lebe, sie haben den Wicht rabenschwarz gefärbt!«

Ich sprang auf den Tisch, den Sessel, schwang mich auf den Dachbalken, hob eine zweite Dachdaube auf und schaute einen Augenblick das herrliche Panorama, im nächsten die Squatters, die wieder in einem Knäuel standen. Es dauerte eine Weile, bis ich ausmitteln konnte, was sie vorhatten. Der Haufen war in großer Bewegung. Die junge Brut heulte, schrie, die Alten waren um zwei mannshohe Fässer gruppiert.

Aus einem dieser Fässer ragte ein menschlicher Kopf heraus, den ich aber nicht mehr zu erkennen vermochte, denn Hals und Kopf waren rabenschwarz oder vielmehr bronziert schwarz wie die Köpfe unserer alten Neger. Mehrere Hinterwäldler um ihn herum tunkten mit langen hölzernen Löffeln ins Faß und leerten sie dann auf dem Kopf des Wichtes, der schrie und tobte.

Jetzt kamen ein paar Squatters mit Stangen, schoben sie unter die Arme des Geschwärzten, hoben ihn aus dem ersten Faß und bugsierten ihn nach dem zweiten, in das sie ihn unter lauten Hurras plumpsen ließen. Eine Wolke von Federn verhüllte uns einen Augenblick die ganze Horde.

Das Faß, in dem der Wicht stak, war mit Federn gefüllt, und zehn Hinterwäldler rieben ihm nun die Federn auf Kopf, Schultern, Armen und allen Teilen ein, die aus dem Faß herausstanden. Bald war er ganz und gar befiedert, eine gräßliche Karikatur auf das zweibeinige Geschlecht. Der Aufruhr, das Toben wurde immer ärger, die Hurras brüllender. Einige Squatters schwangen sich auf die Rücken ihrer Pferde, die an das Gebäude angebunden standen, andere hoben den geteerten und befiederten Wicht aus dem Faß und schnitten die Stricke los, mit denen ihm die Arme gebunden waren.

Nun gab Nathan ein Zeichen. Der ganze Knäuel setzte sich unter brüllenden Hurras in Bewegung, den Abhang hinab, gegen die Prärie zu. Der Befiederte schaute einen Augenblick um sich, stieß einen gellenden Schrei aus und begann im Kreise herumzutanzen. Der Teer — obgleich er heilend wirkt — mußte ihm wütenden Schmerz verursachen, denn er wurde wie rasend, sprang hoch auf, brüllte entsetzliche Flüche und kapriolte mit den tollsten Rundsprüngen den Abhang hinab, so daß seine Verfolger kaum Schritt halten konnten.

Es war etwas so wild Aufregendes in diesem Spektakel, etwas so rasend mutwillig Tolles! Das scheußlich befiederte Zerrbild mit seinen koboldartigen Sprüngen, hinter ihm drein die Brut der jungen Squatters und eine Herde hemdloser kleiner Neger — Wechselbälge beiderlei Geschlechts — dann Hunde, Katzen, alle heulend, schreiend, bellend, und die Reiter mit ihren Peitschen knallend.

Gerade vor uns breitete die rollende Prärie ihren Blumenteppich unabsehbar der blauen dunstigen Ferne zu. In der Morgenbrise bewegten sich die Gräser, wie Wogen des gefächelten Ozeans hin und wieder wallend. Rechts und links, den wellenartig sich erhebenden Kamm entlang, standen Gruppen von riesigen Cottonwoods, unter denen die Hütten der Squatters, Pagoden nicht unähnlich, hervorguckten, umgeben von Welschkorn-, Tabak- und Baumwollenfeldern, die sich zu beiden Seiten des Abhanges hinabbreiteten. Aus allen diesen nicht unlieblichen Verstecken schoß die schwarze Negerbrut mit rasenden Sprüngen hervor, kletterte und purzelte über die Umzäunungen und schloß sich heulend, schreiend, gellend und in der eigentümlichen Weise der Schwarzen hohnlachend der wilden Jagd an.

Die Squatters selbst hatten am Abhang des Kammes gehalten und leiteten von dort aus die Hatz. Brüllten der jungen Brut zu, den Befiederten ja nicht zu schonen, sondern zu jagen und zu schlagen. Aber es bedurfte dieser Aufmunterungen nicht, es war schon eine Jagd auf Leben und Tod geworden. Wir erwarteten jeden Augenblick den Elenden in den Klauen seiner Verfolger und zerfleischt und zerrissen zu sehen.

Er war mit verzweifelten Sprüngen wie blind — Teer und Federn hatten ihm ohne Zweifel die Augen verklebt — den Abhang hinab gerade auf die Prärie zugesprungen, hopste aber bald durch das ellenlange Gras aufgehalten wieder zurück. Wandte sich nach rechts, übersprang eine Umzäunung und flüchtete sich in ein Welschkornfeld. Aus diesem vertrieben, war er wieder links gelaufen, hinter ihm drein die ganze Brut seiner zwei- und vierbeinigen Verfolger. Das Schauspiel wurde peinlich, empörend. Wir waren nicht imstande, den Anblick auszuhalten, mußten uns abwenden.

Unser Blick fiel in die Dachkammer hinab. Da stand Mistreß Strong am Tisch und breitete die für uns bestimmten Linnen so gleichmütig aus, als wenn es zu einer Methodistenpredigt gehen sollte.

»Um Gottes willen, Frau! Was soll der entsetzliche Auftritt, diese unmenschliche Treibjagd?« schrien wir hinab.

»My!« rief sie, schaute schier verwundert zu uns auf, hielt aber im nächsten Augenblick die Hand vor die Augen und wandte uns den Rücken.

»My!« rief sie wieder. »Kalkuliere nichtsdestoweniger, ist nicht richtig in euren Köpfen, was auch Mister Strong dagegen sagen mag, und hat euch das Shake oder etwas noch Ärgeres!«

»Um Gottes willen, Weib! Tut diesem entsetzlich grausamen Spiel Einhalt!« schrien wir abermals.

»Spiel nennt ihr das?« versetzte die Mistreß. »Spiel? Ei, wollte das Spiel nicht oft sehen! Ist ein grausames Spiel, ist — hab‘ die Notion — eine wilde Frolic!«

Und sie verließ die Kammer.

Abermals schauten wir hinaus. Der Gejagte war wie ein Stier mit verbundenen Augen links fortgerannt, von der ganzen Horde verfolgt, die Reiter hinterdrein, ihre Peitschen knallend und laute Hurras brüllend. Er hatte abermals eine Umzäunung erreicht. Aber nicht mehr imstande hinüberzukommen, erfaßte er sie krampfhaft, umklammerte die Zaunriegel mit beiden Armen und biß mit den Zähnen wütend hinein. Die ganze Horde strömte an ihn hinan, und wir erwarteten jetzt den gräßlichen Beschluß.

Die Reiter ließen ihre Peitschen stärker knallen, hieben links und rechts auf die Hunde, Katzen, Neger und Negerinnen ein, bahnten sich so einen Weg zu dem Schlachtopfer und umringten es. Einer warf ihm eine Schlinge über die Schulter und mit demselben plötzlichen Ruck, mit dem der Lassoreiter sein Pferd auf die Hinterbeine bringt, wendet und das gefangene wilde Roß in seinem Lauf zurückwirft, warf er den Elenden vom Zaunriegel und zu Boden. Riß ihn wieder mit der Schlinge empor, und ihn an dieser nachschleppend, schlug er mit den anderen Berittenen die Richtung gegen den westlichen Waldessaum zu ein.

Wir schauten einen Augenblick der wilden Rotte nach, wie sie unter den Bäumen verschwand, und dann auf die Hunde, Katzen, Neger und Negerinnen, die bei diesem letzten Auftritt stumm geworden, ja mit einer Art Schauder den im Waldesdunkel Verschwindenden nachstierten. Es war uns kein Zweifel übrig, die Unmenschen schleppten ihr Schlachtopfer in den Wald, um ihm da den Garaus zu machen.

Wir hatten zur Genüge vom Hinterwäldlerleben gesehen, so zur Genüge, daß wir wortlos die Öffnungen im Dach wieder verschlossen, den Sessel und Tisch hinabstiegen und unsere zerrissenen Kleider zur Hand nahmen, fest entschlossen, diese wilden Squatters unverzüglich zu verlassen. Lassalle war bemüht, den Eingang in die Bruchstücke seiner Beinkleider zu finden, ich hatte die meinigen in der Hand, als ... Nathan eintrat.

Seine Miene hatte etwas von amtlicher Würde und verriet hohe Zufriedenheit. Einen Augenblick schaute er uns beide fragend an, dann trat er zur Familiengarderobe an der Wand und langte mehrere Kleidungsstücke herab.

»Kalkuliere, diese ledernen Hosen da werden es also für Sie tun und diese da für Sie!« Die letzteren Worte waren an mich gerichtet.

»Glaube, wollen uns mit den unsrigen behelfen, so arg sie auch mitgenommen sind«, gab ich zur Antwort. »Wollen Sie uns einen Gefallen erweisen, so verschaffen Sie uns einen Wegweiser zur Pflanzung des nächsten Akadiers.«

Nathan sah uns mit großen Augen an, ohne daß sich jedoch ein Zug in seinem Ledergesicht verändert hätte.

»Einen Wegweiser zum Hause des nächsten Akadiers wollt ihr? Ei, den könnt ihr haben! Ist keine hundert Meilen kalkuliere ich, aber doch ... werdet euch doch zuvor anständig machen und ein Frühstück nehmen!«

»Danken Ihnen für Ihr Frühstück! Wollen sehen, ob wir nicht im Hause des Akadiers eins bekommen.«

»Hab‘ nicht die Notion, euch aufzuhalten«, versetzte Nathan im selben kalten Ton. »Werdet euch aber doch zuvor in ehrbares Geschirr werfen und ein Frühstück nehmen! Ist zwar keine Tagereise, aber doch an sechs bis sieben Meilen zum Blockhaus des nächsten Akadiers. Haben auch noch ein Wort im Gemeindehaus darüber zu reden.«

»Danken Ihnen für Ihr Frühstück und Ihr Geschirr! Wüßten wahrlich nicht, was wir miteinander zu verhandeln hätten!« entgegneten wir etwas vornehm.

»Danken Ihnen für Ihr Frühstück und Ihr Geschirr, und wüßten wahrlich nicht, was wir miteinander zu verhandeln hätten!« murmelte Nathan in sich hinein. »Pshaw! Hielt euch für empfindsame Franzosen, für Leute, die Anstand im Leibe haben und Manieren und nicht in einem Geschirr hinaustrollen, das ein Neger mit seinen Fußtatzen wegstoßen würde, und das so angebrochen ist wie ein zertrümmertes Boot, mit Rippen und Seiten, die im vollen Reißausnehmen begriffen sind. Hat kein Geschick, Fremdlinge, sage es euch, angebotene Gastfreundschaft so schnöde wegzuweisen! Sage es euch, und nehmt es!«

Die letzten Worte waren rauh, ja drohend gesprochen.

Wir sahen den Mann stolz an.

»Sag‘ euch, was es ist, Fremdlinge, will es euch sagen. Hab‘ die Notion, ei, kalkuliere, habt ein Haar gefunden an dem, den ihr da drüben teeren und befiedern gesehen habt?«

»Und Sie fragen?« brachen wir aus, kaum imstande, unsere Entrüstung zu meistern. »Sie fragen — nach diesem unmenschlich rohen, teuflisch mutwilligen Spiel mit Menschenleben und Würde? Nach diesem Schandauftritt, der Kannibalen entehren würde, um so mehr Christen und Republikaner, wie ihr zu sein euch brüstet?«

Wir konnten nicht zurückhalten, es mußte heraus, mochte folgen, was da wollte. Nathan jedoch stand unbewegt, kaum daß ein leichtes spöttisches Lächeln seine harten Züge überflog.

»Ah, die Republikaner, die Republikaner! Guckt endlich der Pferdehuf da hervor! Eine gewisse Freude, nicht wahr, so ein Jucken, ja echt französisches oder kreolisches Jucken, Amerikanern so etwas abgelauert, abgepaßt zu haben, was ihr einen Schandfleck nennt für Kannibalen! Ei, ei!«

Der Mann hielt lächelnd inne und fuhr dann mit dem trockenen spöttischen Lächeln fort:

»Kenne euch Franzosen und Kreolen seit den sieben Jahren. Ei, ihr Franzosen seid quere Leute, kalkuliere ich, zuzeiten so empfindsam weich, daß ihr — lasse ich mir sagen — über alte Geschichten in euren Komödienhäusern Zähren wie alte Weiber vergießt, und dann wieder so mächtig hart und stark, daß ihr das Blut eurer eigenen Landsleute wie Wasser verschütten und ihnen die Köpfe abhacken könnt. So methodisch, die Axt tut es nicht mehr bei euch, müßt Maschinen haben, betreibt es recht systematisch das Gewerbe und ersäuft eure Schwestern, Weiber, Töchter, Mütter und tanzt dazu lustige Tänze — Carmagnolen nennt ihr sie, kalkuliere ich. Steht da in den angeklebten Zeitungen an der Wand, könnt es lesen!«

Lächelnd deutete der Mann auf die angeklebten Zeitungen.

»Das sind auch Republikaner, Mister Nathan!« versetzten wir. »Republikaner, denen Sie immerhin brüderlich die Hand reichen können nach dem Heldenstück, wie ihr es euch heute geleistet habt!«

»Ei, und wer hat sie dazu gemacht, Mann? Wer sie, wer uns zu Republikanern gemacht? Wer als eure Aristokraten und unsere englischen Tories?«

Diese Logik des Hinterwäldlers kam uns so unerwartet, daß wir ihn starr ansahen.

»Sage euch, wollen nicht über diesen Punkt streiten«, fuhr er fort. »Gehen uns auch eure Angelegenheiten nichts an, euch unsere nichts, kehre jeder vor seiner Tür! Und laßt euch, was ihr gesehen, nicht anfechten, ist ganz in Ordnung, was ihr gesehen. Ja, will euch mehr sagen und sage euch keine Lüge, wenn ich sage, daß wir eigens zu dem Zweck gestern hinabgegangen an die Côte gelée und unter eure wilden Akadier, euch Botschaft zu senden heraufzukommen.«

»Ihr uns, die ihr nicht kennt, Botschaft senden?« fragten wir, ungläubig die Köpfe schüttelnd. »Das ist etwas ganz Neues!«

»Mag euch neu sein, ist aber nichtsdestoweniger ein Fakt. Sind hinabgegangen und hatten die Notion, euch durch die Akadier sagen zu lassen, ihr oder einer von euch möchte heraufkommen. Gehen sonst nicht leicht hinab zu den rohen Akadiern.«

»Kennt ihr uns?« fragten wir etwas vornehm.

Nathan gab keine andere Antwort, als daß er seine Backen des ausgesogenen Quids entledigte, einen frischen abschnitt, einen Strahl brauner Jauche durch die Dachluke hindurchspritzte und dann einen frischen Abschnitt einschob.

»Sie haben doch gestern den ganzen Abend keine Silbe geäußert, die uns auf die Vermutung bringen könnte?« bemerkte Lassalle.

»Ob wir euch kennen, das wird sich zeigen!« versetzte Nathan endlich. »Wozu und weswegen wir euch hier haben wollten, das werdet ihr sehen und hören. Hab‘ euch schon einmal gesagt: alles hat seine Zeit!«

»Und ihr habt uns also zu diesem gräßlichen Schauspiel haben wollen?«

»Ei, so wollten wir, ist ein Fakt. Solltet sehen mit euren Augen, hören mit euren Ohren und die Freiheit haben zu sagen, was ihr gesehen, wo und wann ihr wollt. Halten nicht hinterm Busch. Ist der alte Nathan nicht der Mann, der hinterm Busch hält. Darf sich nicht scheuen, der ganzen Welt zu zeigen, was er getan als Regulator. Sage euch, ist ein Fakt. Sind eigens deshalb gestern hinabgegangen an die Côte gelée, um einen von euch, Vignerolles mit dem Geschlechts- und Comte — hab‘ ich die Notion — mit dem Taufnamen, Botschaft zu senden. Waren auf den jungen Akadier gestoßen, der uns sagte, Sie wären selbst der Mann und am Bayou schier verhungert und verdurstet.«

Wir schauten den Mann an, einander. Jetzt konnten wir wohl an seinem Vorhaben nicht mehr zweifeln, so seltsam dieses auch klang. Aber dieses starre Hinhalten, dieses brütende Verschlossensein, es kam uns unheimlich, beinah grausig vor. Der Mann dünkte uns ein furchtbarer Charakter. Er war zum Inquisitor geboren und würde unter den rasendsten Zuckungen seines Schlachtopfers ebenso gleichmütig sein Quid angebissen haben, als er es vor uns tat. Was hatte er vor mit uns? Was sollten wir hier? Diese Fragen schwirrten uns durch die Köpfe, verwirrten uns.

»Aber was sollen wir hier?« fragte endlich Lassalle. »Wir kennen Sie nicht, Sie uns nicht. Sie sind ein seltsamer Mann.«

»Wer ich bin, werdet ihr sehen und hören«, versetzte Nathan trocken. »Jetzt bringt euch in ein anständiges Geschirr, daß ihr den Meinigen und meinen Nachbarn unter die Augen treten könnt, ohne Ärgernis zu geben. Wollen zum Frühstück, und werdet dann sehen und hören!«

Mit diesen Worten verließ er die Kammer. Wir schauten einander abermals an. Der Mann hatte etwas so unheimlich zäh Hin-, Hinternachhaltendes, etwas so starr allen Widerstand Niederbeugendes, das gewissermaßen erdrückte. Was konnten wir tun? In seiner Gewalt, wie wir waren? Nichts Besseres als uns in die Linnen der Mistreß Strong und die ledernen Hosen und Wämser und Jaghemden James‘ und Godsends zu hüllen und das Weitere abzuwarten!

Wir zogen uns also die Squatteruniformen James‘ und Godsends an und waren fertig bis auf die Mokassins, als Nathan wieder eintrat. Er half uns diese anlegen und führte uns dann die Treppe hinab in den Hof und aus diesem einige zwanzig Schritte den Abhang hinab einem sogenannten Quellhause zu, wo er eine Schale voll Wasser schöpfte und uns reichte.

Nachdem wir auf diese patriarchalische Weise unseren Anzug beendet hatten, folgten wir ihm nach dem Hause zurück und traten in die Wohnstube ein, die wir stark gefüllt fanden.

3

Sollte etwas imstande gewesen sein, uns den Squatters in gutem Humor vorzuführen, so war es unsere Kleidung. Lassalle stak in einem Hemd mit einem Kragen, der wohl einen halben Schuh über die Ohren hinauf stand und aus Fäden gewoben war, nicht ganz so dick wie einjährige Weidenruten. War ferner, eingehülst in die ledernen Hosen von James, an den Knien mit Riemen zusammengebunden, eine solche Weste und ein Kaliko-Jagdhemd, mit Fransen und Bändern verziert. Meine Uniform war ein treues Abbild.

Wir waren bitterböse. Unsere Eigenliebe fühlte sich so empört über die Rolle, die uns der alte Squatterdespot abspielen machte, auch die wilde Treibjagd wollte uns so wenig aus dem Kopf. Wir würden den trocknen verschmitzten Tyrannen mit seinen widerwärtigen »Notions« und seinem ewigen »Kalkulieren« auf eine ganz andere Weise abgefertigt haben, wenn uns bei alledem nicht eine gewisse Achtung, eine heilsame Scheu zurückgehalten hätte.

Aber die Wahrheit zu gestehen, das starre verschlossene Lederwams flößte uns Ehrerbietung ein. Der Freche, der sich in unserem Lande einen solchen Spektakel erlauben konnte, er konnte sich auch mit zwei zerlumpten Franzosen, wie er uns in seiner naiven Grobheit genannt, eine gleiche wilde Frolic gelüsten lassen. Es war nicht zu spaßen, wenigstens nicht, bis wir eine gute Anzahl Meilen zwischen ihm und uns wußten. Dann ließ sich schon kräftiger auftreten. Und auftreten wollten wir, und das vor ganz Louisiana! Neben einer solchen Nachbarschaft konnte der gute Ruf unseres Louisiana, die Ehre unseres Landes als eines zivilisierten Staates, die Ehre unserer Regierung, selbst unsere eigene nun und nimmermehr bestehen. Es dünkte uns hohe Zeit, diesem Squatterunfug Schranken zu setzen.

Wie wir als Franzosen fühlten, waren wir geneigt, das Ganze als einen Schimpf, uns und unserer Nation angetan, zu betrachten. Und so war es uns nicht möglich, unsere Entrüstung gegen die Squatterkanaille zu unterdrücken. Mit einer Vornehmheit, die mit unserem ledernen Äußern nur wenig in Einklang stand, traten wir in die Wohnstube ein.

Mistreß Strong und ihre Töchter waren mit dem Auftragen der Speisen beschäftigt. Besonders ins Auge fiel uns die Unzahl kleiner Schüsselchen mit Obst, das in Zucker eingemacht war, mit Trauben, Pflaumen, Kirschen und Persimmons, einer orangefarbigen, pflaumenähnlichen Frucht, wie sie die Wälder in Überfluß gaben und welche die Squatters in höchster Vollkommenheit einzulegen verstanden.

Mehrere junge und ältere Männer standen um einen Tisch, der aus rohen Mahagonibrettern gezimmert war, und sprachen den Gläsern mit Magentrost zu. Wir strichen vornehm leicht durch die Männer und Weiber hin und eilten zum Fenster, um unsere üble Laune durch die Aussicht auf die entzückenden Fluren und Wiesen niederzuhalten. Nathans Frau musterte uns im Vorbeigehen behaglich und sah uns eine Weile nach.

»My! Nathan!« ließ sie sich dann schier verwundert gegen ihren Mann vernehmen. »Sind das sie ... die oben in den Petticoats?«

»Kalkuliere, sie sind es!« versetzte Nathan lakonisch.

»My! Wie doch die Kleider Leute machen! Wohl nun! Kalkuliere nichtsdestoweniger, mögen bei alledem ganz elegant, ja geradezu kapitale Mannsburschen sein. Wie? Das überbietet ja schier die Union!«

»Pshaw!« versetzte Nathan gleichmütig. »Pshaw, altes Weib! Pfeifst du jetzt aus einem andern Ton? Hat sie das Shake noch? Hab‘ die Notion, der alte Nathan kennt seine Leute. Sage dir, obwohl nur Franzosen, sind sie doch, kalkuliere ich, so kapitale Burschen wie irgendein anständiger Squatter, der je im Busch niederhockte. Ist ein Fakt, altes Weib!«

»Fremdlinge!« wandte er sich an uns. »Wollt ihr euch an uns anschließen? Seht Nachbarn und Mister Gale von Tennessee. Kommt einen Morgentrunk nehmen, bis das Weibsvolk aufgetragen hat!«

»Danken euch!« erwiderten wir kurz.

»Wohl, wohl! Ist kapitaler Monongehala, geradezu kapital eleganter! Ein Glas Monongehala des Morgens, zwei Madeira des Abends oder Nachmittags, sage euch, nichts Besseres, das Shake niederzuhalten!«

Er hatte uns bei diesen Worten an den Armen erfaßt. Vergeblich mühten wir uns ab, dem Griff seiner Eisenhände zu entgleiten.

»Mister Nathan!« bedeuteten wir ihm. »Sie können uns in der Tat keinen größeren Gefallen tun, als wenn Sie uns so bald wie möglich einen Wegweiser zum Hause des nächsten Akadiers verschaffen.«

»Hab‘ die Notion, wird nicht vonnöten sein!« Er ließ uns fahren. »Wird nicht vonnöten sein, werdet bald in der Gesellschaft eurer Akadier sein! Vermute aber, ihr habt schlechte Laune!«

Der Alte schaute uns einen nach dem andern an und wandte sich dann zu seinen Nachbarn, die über dem Magentrost ruhig ihre Angelegenheiten besprachen. Wir schwiegen betroffen. Unsere üble Stimmung hatte uns zu einer Unartigkeit verleitet, mir eine Blöße gegeben, die mich ärgerte. Meine Aufmerksamkeit wurde jedoch bald durch die Unterhaltung der Männer angezogen, deren stolze, unabhängige Haltung mir auffiel.

Sie hatten uns kaum bei unserm Eintritt beachtet und auch jetzt nur zuweilen einen Blick auf uns geworfen. Kein Muskel verzog sich in diesen Gesichtern, bloß um die Augenwinkel ließ sich ein leichtes Zucken bemerken. Ein ältlicher Mann sprach mit vieler Einsicht über die Handelsverhältnisse des Westens, der an den Mississippi grenzenden Staaten. Auch die Bemerkungen Nathans und seiner Lederwämser verrieten genaue Kenntnis des Gegenstandes. Der wilden Frolic wurde mit keiner Silbe mehr Erwähnung getan.

»Morbleu! Was ist das, Colonel?« raunte mir Lassalle zu, der durch das Fenster hinausgeschaut hatte.

Aus einer der nächsten Baumgruppen, die auf der kammartig von Osten nach Westen schwellenden Anhöhe so wunderlieblich hingezaubert standen, kam eine seltsame Kavalkade hervorgetrabt. Sie schaukelte in kurzem Trab heran, vorne ein Reiter mit dreieckigem Hut mit einem Federbusch und in der Uniform eines unserer französischen Musketier-Regimenter aus den früheren Regierungsjahren Louis‘ XV., eine wahre Riesengestalt, und zu seiner Seite ...

»Parole d‘honneur! Das ist eine Regimentstrommel!« meinte Lassalle. »Ma foi! Eine Regimentstrommel zu Pferde!«

»Eine Regimentstrommel?« lachte ich. »Nein, das nicht! Aber eine Frau im Reifrock zu Pferde!«

Und es war so. Lassalle hatte den großgeblümten Reifrock, wie wir deren vor Anno 1789 zu Hunderten durch unsere Pariser Kirchentüren drehen gesehen, für eine Regimentstrommel gehalten, aber der Irrtum war verzeihlich. Wem würde es auch außerhalb dieses wunderlichen Landes eingefallen sein, im Reifrock zu Pferde zu steigen?

Die Reiterin kam wie ein Schoner im Wellentrog hin und her rollend heran. Wir unterschieden allmählich die Kappe, die den Kopf, die Schuhe mit hohen Absätzen, die die Füße zierten. Hinter dem seltsamen Paar kam ein Zug von etwa zehn Männern in blauen Röcken, Braguets und Mitassen, der gewöhnlichen Kleidung der Akadier.

Gern hätten wir Nathan über diese sonderbare Kavalkade befragt, allein unser Stolz verbot es, und der Alte schien jetzt seine ganze hinterwäldlerische Starrheit angelegt zu haben. Einen und den anderen Blick warf er durch das Fenster, ohne daß sich ein Muskel in seinem starren Ledergesicht verzogen hätte.

Die Kavalkade war vor dem Hause angekommen. Der uniformierte Riese, in dem wir ohne viel Mühe einen Veteranen der in den fünfziger Kriegsjahren nach Canada und Louisiana gesandten Truppen erkannten, stieg vom Pferde und hob mit militärischer Galanterie die Dame von dem ihrigen. Er war eine wahre Don-Quichote-Gestalt und stand, um mich eines Hinterwäldlerausdrucks zu bedienen, wohl ihre sechs Fuß und ebenso viele Zoll in den Schuhen. Seine Dulzinea wieder war ein drollig winziges gespreiztes Dämchen und sah gegenüber dem langen, hagern Knochenmann aus wie ein sich blähender Truthahn.

Sie reichte ihm ungemein geziert die Hand, die er zärtlich mit den Fingerspitzen ergriff. Dann führte er sie den Porch — die Vorhalle — hinan und galant der offenen Stubentür zu. Ihre Begleiter waren ebenfalls abgestiegen, blieben aber draußen. Wir waren nicht wenig gespannt auf das zärtliche Pärchen.

Im zierlichsten Tanzschritt schwebte sie, im Grenadierschritt marschierte er nach dreimaligem Anklopfen durch die offene Stubentür. Dann trat er vor, berührte militärisch seinen dreieckigen Hut und begrüßte Nathan und die Gesellschaft ganz in der steif zierlichen Art unserer Büttel, wenn sie samt Ehegesponsen ihre untertänigsten Glückwünsche Seiner Gestrengen, dem Amtmann, darbringen. Uns hatten derlei Spießbürgereien zu Hause oft belustigt, aber hier ärgerten wir uns. Wir fühlten uns ordentlich beschämt über den alten Narren, der gegenüber den stolzen Republikanern seine altmodischen Kratzfüße noch nicht verlernt hatte. Sie erschienen uns wie eine Parodie auf unser Land und unsere Bräuche.

Nathan seinerseits empfing die Huldigungen ganz mit dem Benehmen eines Mannes, der sich seiner Autorität bewußt ist. Eine Weile besah er die beiden mit einem kalt lächelnden Blick, dann wandte er sich mit den Worten: »Monshur Lecain, setzen Sie sich mit Ihrem alten Weib nieder!« wieder dem Mister Gale aus Tennessee zu.

Monsieur Lecain und Madame dankten mit Verbeugung und Knicks und blieben ... stehen. Das Gesicht von Madame hatte sich bei dem »alten Weib« einigermaßen verzogen, aber sogleich wieder aufgehellt. Sie war ein ungemein bewegliches altes Weibchen und hatte trotz Runzeln etwas so Kokettes, daß wir sie ohne weiteres für eine Pariserin hielten. Nacheinander fielen ihre Blicke auf die Squatters, die aufgetragenen Schüsseln, die ab- und zugehende Wirtin, ihre Tochter und auf uns. Auf uns — an uns blieben sie haften. Unsere Squatterkleidung verwirrte sie offenbar, man sah ihr die Begierde an, etwas mehr von uns zu wissen.

Sie wisperte, stieß ihren Alten an, der wieder unverwandten Blickes an dem »Mister Regwillähtär« — wie er Nathan nannte — hing. So groß schien aber ihre Scheu vor dem gewaltigen Squatterhäuptling zu sein, daß sie trotz Beweglichkeit und Neugierde es nicht wagte, die Buschmänner zu unterbrechen. Die Gewalt, die er über seine französischen Nachbarn erlangt, mußte in der Tat außerordentlich sein.

Ich war im Begriff, unsere unruhige Landsmännin aus ihrer qualvollen Ungewißheit zu erlösen, als Mistreß Strong, die am untern Ende der Tafel Platz genommen, den Ruf erschallen ließ:

»Männer, wollt ihr euch nicht setzen?«

Die Männer nickten und blieben, der Rede Mister Gales horchend. Der Tennesseer hatte zuvor noch den halben Haushaltsplan des neuen Staates zu beleuchten, dann erst traten alle würdevoll zum Tisch.

Nathan wies uns unsere Plätze neben Mister Gale an.

»Monshur Lecain, habt ihr gefrühstückt?« wandte er sich dann an Monsieur und Madame Lecain.

»Mille pardons!« lehnte Lecain ab, indem er sich erhob und verneigte.

»Kalkuliere, Sie lassen besser Ihre Komplimente!« sagte Nathan trocken. »Setzen Sie sich mit Ihrem alten Weib und helft euch zu, was euren alten Magen gut tut! Hab‘ die Notion, ihr habt einen langen Ritt getan, und sind eure mürben Knochen nicht daran gewöhnt. Hab‘ euch nicht so bald erwartet. Setzt euch, seid willkommen!«

Lecain und Frau zögerten noch immer, verneigten sich und knicksten.

»Was in des Teufels Namen gickst und gackst ihr da wie ein paar Truthühner im Märzmonat?« fuhr Nathan ungeduldig heraus. »Vermute, ihr hört und habt eure Ohren offen, setzt euch! Doch halt, dürfte euch schwer werden, in eurem Takelwerk Anker zu werfen! Wißt, geht kein Schiff vor Anker mit Royal-, Main- und Topsegel und all seinen Segeln. Helft ihr aus dem Canvaß!« bedeutete er Elisabeth und Mary, die bereits beschäftigt waren, die Dame aus einem Teil ihres Segeltuches, wie Nathan ihre Kleidung nicht unzutreffend bezeichnete, auszuhülsen.

Diese Zwischenfälle, die wieder so eigentümlich brummig die schroffen wie guten, milden Falten in Nathans Charakter aufhellten, gefielen uns nicht übel. Der Alte war ein eigen rauher, aber bei alledem kein so schlimmer Patron.

Das Frühstück bestand aus Schweinsfüßen, in Pfeffer und Essig eingelegt, Welschkornkuchen in Sirup getränkt, Enten, einem gebratenen Welschhahn, Hirschziemer, Schinken, Eiern nebst einer Unzahl in Zucker oder Essig eingemachter Früchte, Persimmons, köstlichen Louisianakirschen, Pflaumen, wilden Weintrauben. So verschiedenartig jedoch die Bestandteile, alle mußten sie hinein in die Alligatorenmägen der Squatters. Wir sahen sie in Pfeffer und Essig eingelegte Schweinsfüße zu siruptriefenden Welschkornkuchen verschlingen, türkische Pfefferkapseln, in Essig eingelegt, zu Schinken.

Zuweilen fuhr einer der Squatters mit seinem Messer in das Persimmons- oder Pflaumen-Kompott, schob die Ladung in den Mund und stieß uns dann den Teller hin, ein Gleiches zu tun. Die Gabel mußte ihnen ein ganz überflüssiges Werkzeug dünken. Sonst aber herrschte wieder viel Anstand und jene Ruhe, die dem durch nichts aus der Fassung zu bringenden Hinterwäldler gewissermaßen angeboren ist. Insbesondere benahm sich das weibliche Geschlecht mit einer natürlichen Anmut, die ich nimmermehr erwartet hätte und die uns wieder von dem haushälterischen Regime Nathans einen sehr vorteilhaften Begriff gab. Wir erstaunten über die ruhige Besonnenheit, mit der die drei Töchter der Mistreß Strong bei der Tafel die Honneurs machen halfen.

Im weiblich-häuslichen Kreis erlangt man immer am sichersten über eines Mannes Charakter Aufschluß. Auch uns wurde Nathans Charakter in seiner häuslichen Umgebung klarer. Bei jeder Schale, die uns die anziehende Elisabeth reichte, schwand unsere üble Stimmung, unser Widerwille mehr und mehr.

Wir waren eben in der vollen Prüfung eines Schnittes von dem vortrefflichen Hirschziemer begriffen, als ein plötzlicher Lärm vor dem Hause uns innehalten machte. Es waren laute Stimmen, die sich hören ließen, Stimmen, die uns bekannt an die Ohren schlugen. Wir horchten, bald aber blieb uns kein Zweifel übrig. Es war die hellkreischende Stimme Amadées mit den rauhen Kehltönen Martins, die sich vor dem Porch hören ließen. Wir hörten unsere Namen rufen. Die Tischgesellschaft stutzte einen Augenblick. Wir sprangen auf und eilten zum Fenster.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
460 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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