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Kitabı oku: «Tokeah», sayfa 32

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Die Wilden wurden plötzlich still und sahen den Häuptling forschend an. Ihre Augen begannen wild zu rollen, und das dumpfe Flüstern, das nun in den Reihen umherlief, bewies, daß der Alte eine Saite berührt hatte, die gewaltig in ihrem Innern erklang.

»Und was befiehlt uns der große Miko zu tun?«

»Der Miko ist gekommen auf dem Pfade des Friedens«, versetzte dieser ausweichend. »Die Seinigen sind ferne. Seine Brüder haben seit vielen Sommern seine Stimme nicht gehört. Sie haben sich andere Häuptlinge gegeben – sie müssen diesen gehorchen.«

Er sah bei diesen Worten die Wilden forschend an und horchte auf das Gemurmel, das nun entstand.

»Seine Augen sehen nicht mehr Muscogees«, fuhr er fort. »Sie sehen verkleidete rote Männer, die sich mit den weggeworfenen Gewändern der Weißen behängen, die sich des Wampums ihrer Väter schämen, und deren die Weißen spotten. – Sein Herz sagt ihm, daß unter den engen Röcken der Weißen auch ihre falschen Herzen schlagen, und daß seine Worte in die Ohren seiner und ihrer Feinde geflüstert werden. Der Miko hat sein Volk verlassen, als der Giftzahn in ihre Eingeweide zu schlagen angefangen; das Gift hat um sich gegriffen – er sieht nichts mehr als eiternde Wunden. Er sieht Häuptlinge in den Gewändern der Weißen, Krieger in denen der Weißen und der Muscogees, sein Herz ist traurig.«

»Der Miko der Oconees ist ein weiser Häuptling«, sprach einer der ältesten Wilden. »In ihm rollt das Blut vieler Mikos. Die Männer der Muscogees wollen seine Stimme hören. Sie sind viele Sonnen weit gekommen, um dem Späherauge der Weißen zu entgehen. Sollen sie umsonst gekommen sein?«

»Die Muscogees sind weise«, sprach der Miko mit einer ironischen Betonung und einem bittern, spöttischen Lächeln. »Sie haben die Boten der Weißen getäuscht, aber sie haben ihre Späher mitgebracht. Ein Tor spricht zweimal,« fuhr er fort – »der Miko ist gekommen, um von seinem Volke auf immer Abschied zu nehmen.«

»Dann hat der Miko einen weiten Weg gemacht, den er sich hätte ersparen können«, versetzte ein zweiter, jüngerer Wilder. »Die Muscogees wollen Ruhe, der Miko gibt nimmer Ruhe.«

»Ja,« erwiderte dieser, »mein Bruder hat wahr gesprochen; der Miko ist unruhig, sowie der freie, wilde Büffel es ist, der die Seinigen von den Jägern in die Hürde getrieben sieht. Die Weißen geben den roten Männern Frieden, weil sie bedrängt sind von den Kriegern des großen Vaters der Kanadas. Wenn aber die roten Röcke abgezogen sein werden, dann mögen die armen Muscogees die Sommer zählen, die sie noch auf ihrem Lande leben werden. Es werden deren nicht viele sein. Männer der Muscogees! Ihr habt die Stimme eures großen, ältesten Häuptlings nicht gehört. Ihr habt sein Blut verstoßen. Ihr habt die Quelle in ihrem Ursprunge getrübt, das Blut eurer Häuptlinge mit dem unreinen Feuerwasserschlamm der Weißen vermengt. – Es wird nie mehr rein werden. Eure Häuptlinge füllen ihre Säcke mit Dollars. Sie handeln mit schwarzen Männern und kaufen sie, ihre Felder zu pflügen. Muscogees! der Miko hat mit dem Geiste seines Vaters gesprochen.«

Alle horchten hoch auf.

»Und dieser will seine Gebeine nicht ferner unter einem entarteten Volke lassen, unter einem Volke, das sein Blut verraten.«

»Hugh!« ertönte es abermals mit einem grausenhaften Geheule.

»Der Miko«, sprach der alte Mann, »hat dem Gebote seines Vaters Folge geleistet. Er ist gekommen, um seine Gebeine im freien Lande der großen Cumanchees zu begraben.« Er hob nun den Deckel vom Sarge weg, um den die Wilden sich heulend herumdrängten.

»Der Miko«, nahm einer der alten Indianer das Wort, »ist ein großer, ein hoher Häuptling; – hat ihm der große Sheyah zugeflüstert, seine Gebeine von den Muscogees zu holen?«

»Er hat es«; sprach der Miko.

»Hugh!« ertönte es abermals aus der tiefsten Brust sämtlicher Wilden, die nun heulend durcheinander rannten.

»Der Miko ist gekommen,« sprach der Greis, »um das Gebot seines Vaters zu erfüllen. Die roten Männer können ihn nicht mehr halten. Aber sie mögen kommen in die schönen Gefilde der Cumanchees. Tokeah und sein Sohn, der große El Sol, werden ihnen die Hand öffnen.«

Und mit diesen Worten erhob er sich und verließ die versammelte Menge, ohne sie auch nur eines fernern Blicks zu würdigen. Ein tobendes Geheul schallte ihm noch eine Weile nach, das sich allmählich in den Bergklüften verlor.

Die beiden Häuptlinge schlugen sodann mit den Oconees, die sich wieder zu ihnen gesellt hatten, den Weg zum Mississippi ein.

Was eigentlich die Ursache dieser sonderbaren Zusammenkunft gewesen, läßt sich schwer bestimmen. In der Natur des alten Häuptlings lag jener unergründliche Doppelsinn, den der Wilde überhaupt in einem so hohen Grade besitzt, daß er Jahre lang die größten Entwürfe mit einem undurchdringlichen Schleier verhüllen kann, in einem außerordentlichen Grade. – Und wenn ihn das Geheiß seines Vaters, wie er meinte, oder richtiger zu sprechen, sein Traum zu dem weiten Zuge veranlaßt hatte, so scheint es ebenso gewiß, daß er diesem allmählich einen zweiten Endzweck dann unterschob, als er am Bayou mit der vermeintlichen Verlegenheit seiner Feinde näher bekannt wurde. Ob es ein letzter Versuch gewesen, sein Volk zum Ergreifen der Waffen gegen den Feind zu bewegen, oder ob er dieses bloß ausholen wollte, um auf alle möglichen Fälle bereit zu sein, darüber schweigt sowohl die Tradition als die geschichtliche Urkunde. Sowie er es nun fand, hatte er jeden Versuch für immer aufgegeben. Die Politik der Zentralregierung oder vielmehr das allmähliche Annähern der Amerikaner hatte nämlich während seines langen Exils eines jener Mittel gefunden, wodurch sowohl wilde als zivilisierte, aber noch im Zustande der politischen Kindheit befindliche Völker auf dem sichersten und schnellsten Wege entnationalisiert und gebändigt werden – Zwischenheiraten – durch die der Einfluß der vornehmsten Häuptlinge allmählich auf die sogenannten Halfbloods überging, die, dem amerikanischen Interesse näher verwandt, das übrige Volk in dieses zu ziehen wußten. Es war dieses um so leichter gelungen, als die bedeutenden Jahresgehalte, die den Indianern für ihre Ländereien ausbezahlt wurden, eine Menge junger Abenteurer veranlaßten, die Kupferfarbe der Töchter der Häuptlinge zu übersehen, um sich so in ein Besitztum einzunisten, das noch anziehender durch den bedeutenden Einfluß wurde, den sie durch solche Heiraten unter den Wilden gewannen. Durch eine solche Heirat war auch der Miko um sein Land und um seinen Einfluß gebracht worden, und es war natürlich, daß, als diese Politik häufiger befolgt wurde, die Kluft zwischen ihm und dem Volke immer mehr zunahm.

Die beiden Häuptlinge, sagt die Tradition, eilten nun, so viel es die Erschöpfung des alten Mannes zuließ, dem Bayou zu. Jedoch schon am folgenden Morgen bemerkten sie, nicht ohne Unruhe, Spuren von Mokassins, die kurz vor ihrer Ankunft hinterlassen worden waren. Je weiter sie vorwärts eilten, desto mehr leuchtete ihnen die Gewißheit ein, daß Muscogees vor ihnen denselben Weg gegangen waren. Der Miko schien weniger ängstlich, aber der junge Häuptling wurde mehr und mehr besorgt. Mit der gewohnten Selbstverleugnung jedoch schwieg er. Als sie aber am sechsten Tage nach ihrem Aufbruche vom Talk oder der Zusammenkunft sich soeben an demselben Platze zur Nachtruhe niedergelassen hatten, den die Späher nicht viele Stunden zuvor eingenommen, konnte El Sol seiner Zunge nicht länger mehr gebieten.

»Der Miko hat getan«, sprach er, »wie ein frommer Sohn, als er das Gebot seines Vaters erfüllte; aber er hat nicht wie ein kluger Häuptling gehandelt, als er zu seinem Volke sprach; er hat der kochenden Glut, die an seinem Herzen nagt, gehorcht. Der Miko sollte dies nicht getan haben, wenn er seinen Fuß unter die Weißen setzen will.«

»Sind die roten Männer deshalb weniger Kinder des Miko?« fragte dieser, »weil sie seine Stimme zu hören verschmähen?«

»War es die Stimme eines Vaters, die aus Tokeah zu den Muscogees sprach?« fragte El Sol bedeutsam. —

Der Miko schwieg.

»El Sol ist ein Häuptling,« fuhr der Cumanchee fort, »sein Herz hat noch immer die Wunde nicht vergessen, die die Weißen ihm schlugen, als sie seinen Vater töteten; aber er ist ein Vater vieler Kinder. Könnte er allein die Tat an den Weißen rächen, er würde es tun: aber es würde das Blut seiner Brüder kosten. Er überläßt die Rache Wacondah und lebt für sein Volk. Der Miko muß dies auch tun. Wenn die Weißen erfahren,« fuhr er nach einer Pause fort, »daß der Miko seinem Volke in die Ohren geflüstert hat,« – sein Blick fiel auf die von den Indianern hinterlassenen Spuren, »werden sie ihre Stirn runzeln – vielleicht«, setzte er hinzu, »werden sie das Pfand behalten,« sein Blick fiel auf die Erde – »das ihnen der Miko hinterlassen hat.« Die letzten Worte sprach er leise, beinahe furchtsam.

»Die weiße Rose ist die Tochter des Miko. Er hat Biber- und Bärenfelle für sie gegeben. Er würde sie den Weißen nicht lassen, wenn sie viele tausend Dollars geben würden.« Das Herz des jungen Häuptlings schlug hörbar lauter.

»Mein Sohn muß seine Zunge lösen«, sprach der alte Mann. »Er weiß, daß sein Vater ihn sehr liebt.«

»Wacondah«, sprach der Cumanchee mit kaum hörbarer Stimme, »hat die Tochter des Miko zu sich genommen.« Er stockte, seine Wangen glühten, seine ganze Gestalt zitterte.

»Rosa ist die Tochter des Miko. El Sol«, rief der Alte, »wird wieder der Sohn Tokeahs werden.«

»Mein Vater!« mehr vermochte der junge Mann nicht zu sprechen. Aber er fiel dem Alten bewegt an die Brust, und indem er aufsprang und ihn beinahe unwiderstehlich mit sich fortriß, verriet sich die unsägliche Liebe, die den jungen Wilden erfaßt hatte.

Sie eilten nun rasch und unaufhaltsam dem Bayou zu, wo sie nach Verlauf mehrerer Tage ohne besondere Unfälle anlangten.

»Sieht mein Vater?« rief der Cumanchee aus, als sie an der Höhe der Ufergebirge standen und über die prachtvolle Niederung und den Strom blickten. »Wohl mußte Tokeah in seinem Kampf unterliegen, – möge er nun glücklich seinen Feinden entgehen!« – Eine Weile standen die beiden wie angewurzelt, und dann schlichen sie sich langsam und düster der Talniederung zu.

Neununddreißigstes Kapitel

Es war ein herrlicher, obgleich für die beiden Wilden niederschlagender Anblick, der sich ihnen darbot. Die Natur hatte sich in der Zwischenzeit mit jener prachtvollen Üppigkeit entfaltet, die in diesem Lande schon im ersten Frühlingsmonat alle die Pracht und Schönheit zeigt, die mehr nördlich erst einige Monate später hervortritt. Aus den hell- und dunkelgrünen Baumgruppen tauchten unzählige Pflanzungen und Landhäuser auf, die das Auge in weiter Ferne an den beiden Ufern des Stromes erblicken konnte. Alles war Blüte und Grün, und hinten her, in blauer Ferne, wogten die Wälder des westlichen Ufers, die die Pflanzungen gleich ungeheuern, immer grünen Wällen beschützten. Den hehrsten Anblick jedoch gewährte der majestätische Strom, von herrlichen Landhäusern umgürtet, so majestätisch dahinfließend, als sei er zum Gebieter der Welt erkoren; auf seinen Wellen schaukelten hundert kleine und große Fahrzeuge, die Tausende von Meilen herabkamen oder nun dem Bayou zuliefen, um das schöne Schauspiel zu sehen, das die Ankunft der Milizen darbot. Es war nämlich nicht lange nach der Siegesbotschaft die, nicht minder erfreuliche, vom Abschlusse des Friedens im Staate angelangt, so daß der wichtige Sieg, der erfochten worden, kurz vor Abschluß des Friedens erkämpft worden war. Der größte Teil der Landesverteidiger war bereits nach Hause gekehrt, der Rest kam nun soeben in einem Dampfschiffe den Strom herauf, schon von weitem von einem tausendstimmigen Hurra ihrer versammelten Waffenbrüder begrüßt, die nun in ihrem vollen Waffenschmucke gekommen waren, um ihre Mitbürger zu empfangen. Alle hatten sich nun auf eigene Kosten uniformiert, und ihr rascher fester Marsch und ihre sichere militärische Haltung verriet nichts mehr von jener Unbeholfenheit, die wir früher zu bemerken häufig Gelegenheit hatten. Als das Dampfschiff in das Bayou eingelaufen, wurde es von einem tausendstimmigen Willkommen begrüßt. Die Milizen formierten sich, sowie sie landeten, in Reih› und Glied; dann folgten die Damen, begleitet von den Offizieren. Unter diesen die Frau des Obersten mit ihren Töchtern und Rosa, begleitet von dem Obersten, seinem Sohne und dem Major Copeland. Sowie die Offiziere vorgetreten waren, trat eine Deputation der soeben gelandeten Milizen vor, und einer derselben hielt eine Anrede, und nachdem er im Namen und im Auftrage seiner Mitbürger den sämtlichen Offizieren für die Tätigkeit, Klugheit und Sorgfalt, die sie während dieser kritischen Epoche an den Tag gelegt hatten, gedankt, versicherte er sie zugleich, daß er von seinen Mitbürgern beauftragt sei, ihnen zu bedeuten, daß sie sich des in sie gesetzten Vertrauens vollkommen würdig bewiesen hätten.

Der Oberst erwiderte diese Anrede in demselben würdevollen Tone, indem er seinen Mitbürgern im Namen der Offiziere für das Vertrauen dankte, das sie ihm und seinen Mitbefehlshabern geschenkt hatten, und sie zugleich bat, nun, da sie in ihren häuslichen Kreis und zum bürgerlichen Leben zurückkehrten, sie auch ferner in ihrer Achtung und ihrem Vertrauen zu behalten.

Es war eine kurze, prunklose, aber höchst würdevolle Szene. Die hohe Achtung, der Anstand, der sich hier zwischen zeitherig Befehlenden und Gehorchenden, die nun wieder in ihre vorige bürgerliche Gleichheit zurückkehrten, so männlich kräftig äußerte, war so unverkennbar und charakteristisch hervorgetreten, daß eine Zeitlang nach dem Auftritte eine tiefe Stille herrschte. Auf einmal erschallte jedoch der Ruf: »Major Copeland!« aus mehr als tausend Kehlen.

Der Major, der schweigend mit den Damen gestanden war, auch in einer glänzenden Uniform mit dreieckigem Federhute stak, die ihn einem in einen ledernen Sack eingenähten Elefanten nicht unähnlich darstellte, trat nun vor, jedoch nicht ohne Gefahr, mit seinem Degen in einige Verlegenheit zu kommen.

»Mitbürger!« sprach er, »mein Bataillon ist zwar schon zu Hause, und die Bürger werden sich ihre Ruhe wohl schmecken lassen; da ihr mir aber die Ehre antut, meine Meinung nochmals hören zu wollen, so sage ich: Wir haben als Offiziere unsere Pflicht und Schuldigkeit getan. Ihr habt aber mehr getan. Ehre sei euch deshalb von Kindern und Kindeskindern! Ehre,« rief der bewegte Mann, seinen Federhut abnehmend und hochschwenkend, »Ehre sei euch! Und sollte der letzte von euch in Not sein oder Beistand brauchen, so kommt zum alten Squire Copeland; denn den Major wollen wir einstweilen an den Nagel hängen.«

»Ein Hurra dem Major Copeland!« erschallte es nun neunmal hintereinander so kräftig, daß der Donner der Kanonen vom Dampfboote und die Trommeln übertäubt wurden.

Hierbei ließ es jedoch unser Major, der seine Popularität nicht nur zu gewinnen, sondern auch zu erhalten wußte, nicht bewenden, sondern vortretend, drückte er nun jedem einzelnen die Hand, plauderte einige Worte und zog so von Mann zu Mann, jeden bei seinem Namen begrüßend, durch die Reihen.

»Holla!« rief er plötzlich, als er an den Flügelmann gekommen war und mit seinem Falkenblicke hinüber auf eine Gruppe seitwärts stehender englischer Offiziere schweifte, die nicht ohne Überraschung dem würdevollen Schauspiele zugesehen hatten. »Holla, Kinder! da sehen meine Augen einen alten Bekannten.« Und mit diesen Worten stieg er auf die Gruppe der Briten zu, nicht ohne Gefahr, daß ihm sein drittes Bein, nämlich der Degen, einen Spuk spiele.

»Gentlemen!« sprach er lachend, »es freut mich, Euch hier zu sehen. Laßt Euch›s wohl behagen bei uns. Ihr seid gerne so gesehen; doch habt Ihr da einen Jungen unter Euch, dessen längere Bekanntschaft ich noch für eine Weile haben möchte. Herzensjunge, hast du Lust, mit mir hinüber nach Opelousas zu gehen? Heute bist du mit mir Gast beim Obersten Parker. Nimm dich aber in acht, es gibt eine Schar da, die gefährlichere Schüsse tut, als Kanonen und Kartätschen.«

Die Stegreifanrede galt unserem Midshipman James Hodges, der rasch die Hand des Majors erfaßt hatte und sie herzlich drückte.

»Sehr gerne, Major«, rief der überraschte Jüngling.

Die Offiziere hatten den Major von allen Seiten umringt, um ihm ihre Achtung zu bezeugen. Er drückte jedem die Hand und sprach dann mit dem ihm eigentümlichen schlauen Lächeln:

»Gentlemen, Ihr habt Eure Schuldigkeit getan.«

»Und Sie, Major,« riefen ihm die Offiziere zu, »mehr als Ihre Schuldigkeit.«

»Ah bah«, erwiderte dieser. »Man muß wohl, wenn man so ungebetene Gäste im Pelz sitzen hat, schauen, wie man sie wieder wegbringt. Aber wißt Ihr was, Gentlemen, Ihr zieht vor acht Tagen noch nicht ab; wer von Euch Lust hat, auf ein paar Tage zum alten Squire Copeland auf seine Pflanzung zu einer Bärenjagd zu kommen, ist herzlich willkommen.«

»Major!« riefen alle, »das Anerbieten ist so verlockend, daß es keiner zurückweisen wird.«

»Topp, Ihr seid alle willkommen; Ihr habt alle Platz, auf meiner Pflanzung nämlich; im Stadthause geht›s enge her, wie der Junge da weiß. Ihr kommt doch auch, Oberst Wedding?«

»Mit dem größten Vergnügen«; versetzte ihm der Baronet.

»Morgen oder heute noch kommt der General en Chef, und übermorgen geht Ihr also mit mir. Doch nun verzeiht, diesen jungen Springinsfeld entführe ich Euch.«

Und mit diesen Worten griff er an seinen Hut und nahm Abschied von den mit der Aussicht auf die Bärenjagd hochentzückten Briten.

»Doch hört, Major Copeland,« rief der Midshipman, »wie kommen doch diese saubern Zeisige in Euer so wohl geordnetes Gemeindewesen?«

Er deutete auf einen Zug von Männern, die sich hinter den Damen längs dem Bayouufer dem Städtchen zugeschlichen.

»Welche meinst du?« rief dieser.

»So wahr ich lebe, das sind die Seeräuber.«

»Pah!« versetzte der Major in einiger Verlegenheit, »du siehst wieder einmal verkehrt«, und ohne ihm Zeit zu geben, den Nachzüglern einen zweiten Blick zuzusenden, zog er ihn den Damen zu.

»Mistreß Parker!« sprach er, »erlaubt mir, Euch einen Jungen da aufzuführen, einen so wackern Jungen, versichere ich Euch, als je in seinen eigenen Schuhen stand, und der wahrlich mehr reelles Blut im kleinen Finger hat, als ein Pferd schwemmen könnte. Und da, mein lieber Engel,« rief er Rosen zu, »Ihr seid ohnedies alte Bekannte.«

»Mister Hodges,« sprach diese mit einem leichten Erröten, »es ist lange Zeit, daß ich Sie nicht mehr gesehen.«

»Miß Rosa!« rief der verwirrte Jüngling.

»Ja, ich glaube, die Miß Rosa mußt du bald aufgeben. Sie haben ihr einen andern Namen irgendwo im Mexikanerlande gefunden, und – doch nun gehst du mit uns. Und da Mistreß Parker schon so gütig ist und meiner Zudringlichkeit nichts abschlagen kann, so bleibst du bei mir in Haft. Haben gehört von deinen Heldentaten. Wie war es mit der Mistreß Blum?«

»Aber Squire,« schalt ihn Virginie, »Sie sind doch wirklich ein Erzbarbar.«

Der Jüngling errötete bis über die Ohren.

»Nein, Major Copeland,« sprach die Oberstin, »Sie müssen Ihrem und unserem Gast nicht so arg mitspielen, sonst verbittern Sie ihm unser Haus, ehe wir noch die Schwelle erreichen.«

»Glaubt das nicht!« rief dieser, »er ist nicht so blöde, versichere Euch, und er hat es bewiesen, aber er hat sein dem Indianer gegebenes Ehrenwort wie ein Ehrenmann gehalten und Euerm Pompey das Leben gerettet, wie ein tüchtiger, wackerer Junge. Und übermorgen geht er mit mir, und Rosa, du kommst doch auch nach, wenn Mistreß Copeland dich holt?«

»Da wirst du Wunder sehen, liebe Rosa«, lachte Virginie. »Sie sind liebe Narren, die guten Leute in Opelousas, mit ihren Kornhusking und Hopsesa!«

»Mein Plagegeist mir wieder auf der Ferse?« rief der Major; »aber ich habe Mittel und Wege, ihn zu Paaren zu treiben.«

»Nun, ich gebe schon Frieden und bitte wieder darum«; meinte Virginie.

»Um ihn in einer Viertelstunde wieder zu brechen.«

»Es geht nun in der Welt nicht anders«; entgegnete die Miß mit einem komischen Seufzer.

Die Familie war so unter Scherzen und Lachen mit ihren Gästen im Landhause des Obersten angekommen, wo dieser unsern Midshipman mit den Worten begrüßte:

»Sie sind hier zu Hause, lieber Mister Hodges, und je länger Sie uns das Vergnügen Ihrer Gegenwart schenken wollen, destomehr soll es uns freuen. Ihr Freund wird Ihnen übrigens als Beispiel an die Hand gehen, wie man ohne Zwang bei uns verfährt!«

»Ja, das will ich,« sprach der Major, »und um es Euch zu beweisen, will ich mich sogleich aus der verdammten Jacke mit Gold und Schnüren und dem Federhute, den ich bald rechts, bald links aufsetze, heraustun. Stelle dir nur vor, Junge, da haben sie mich in einen solchen Sack hineingetan, so knapp, so enge, daß ich hundert Stoßseufzer in einer Minute vorbringe. Kostet mich die Lappalie da dreihundert Dollar; hätte damit einem wackern Jungen auf die Beine und zu einem Stücke Landes verhelfen können; aber sie wollten es nicht anders. Wohl! wenn ich nach Hause komme, will ich mich meinen dreißig Negern zeigen, die werden nicht wenig schauen. Wohl! und so Gott will, bleibst du dann eine schöne Weile bei uns.«

»Und der ›Donnerer‹?« fragte der Brite.

»Wird auch ohne dich flott werden. Deine Karriere ist ohnedies so ziemlich vorüber. Ich glaube, du tätest am besten, du hängtest dein Kriegsleben an den Nagel.«

»Wollen sehen«, lachte der Brite.

»Und nun, meine Damen, überlasse ich Ihnen das Jüngelchen, um mich wenigstens für ein paar Stunden bis zum Balle in eine weniger militärische Garderobe zu werfen.«

»Mister Hodges,« sprach der Oberst, »Sie haben das Herz des Majors auf eine Weise gewonnen, die Ihnen sehr erfreulich sein darf.«

»Fürwahr, Oberst, so schmeichelhaft mir dieses ist, so weiß ich doch wirklich nicht, wie es damit zuging.«

»Es ehrt Sie. Sie werden einen der würdigsten Männer in unserem Staate kennen lernen, der ungemein viel für sein County und sein Land getan hat.«

»Doch Mister Hodges,« fiel ihm die Oberstin ein, »auch Sie müssen sich ein wenig zu unserem Balle vorbereiten; denn da Sie nicht mit den Waffen in der Hand gefangen wurden, so behandeln wir Sie als einen der Unsrigen. Mein Sohn, Leutnant Parker, ist ohnedies von Ihrer Größe, und Sie werden sich am besten mit ihm verstehen.«

In dem Augenblicke trat der Leutnant ein. Er begrüßte den Briten herzlich, und die beiden jungen Männer schienen aneinander Gefallen zu finden. Der schnelle Wechsel seines Glückssterns, der ihn aus einer verlassenen Zielscheibe des Spottes plötzlich zum Gegenstande der herzlichsten Teilnahme in einem Hause gemacht, dessen fürstlichen Reichtum er mit Staunen bemerkte, hatte den jungen Mann wieder in seine volle, frohe, heitere Stimmung versetzt, die unser Squire Copeland ganz richtig deutete, als er nun in seine gewöhnliche Kleidung umgestaltet eintrat.

»Nicht wahr, Herzensjunge!« rief er, »hier läßt sich›s leben. Aber wenn du uns näher kennen lernst, wirst du finden, daß wir so gut zu leben wissen, wie Eure Herzoge und Marquise und Carls. Siehst du, Junge, bei Euch sind bloß ein paar tausend Familien Herren im Lande, bei uns eine Million. Alle haben wir – sowie einst unsere Voreltern, die Normanen, das alte England – so unser Land erobert, nur mit dem Unterschiede, daß Ihr Eure Überwundenen triebt, Eure Felder zu pflügen, und sie zu einer Art Sklaven machtet, und wir unsere durch den Pflug gemachten Eroberungen auch mit dem Schwerte zu behaupten wissen. Hab› ich dir›s nicht gesagt, daß wir Euch ledern werden? Sei froh, daß du nicht dabei warst. Hättest du die Unsrigen gesehen! Nein, mir selbst wurde das Blut in den Adern kalt. Höre, wie Mauern standen sie, als die Eurigen anrückten, und gerade als ob sie auf Hirschböcke anlegten. Du konntest sie hören, wie sie sich zuriefen: Ich nehme den Flügelmann gerade an der Nase; John, ich den daneben ins rechte Auge; Isaak, ich den dritten ins linke, und so ging es fort durch Reih› und Glied, und so wie sie sprachen, so taten sie, und jeder Schuß streckte seinen Mann zu Boden, und dann nahmen sie kaltblütig ein frisch geladenes Gewehr vom Hintermann und taten wie zuvor. Beim ersten Angriff der Eurigen fielen an die tausend Mann, und Eure Kommandierenden mit ihnen. Da liefen die armen Narren, sowie eine Herde Schafe, die ihren Führer verloren. Sieh, die Unsrigen wären schon nicht gelaufen, wenn zehn Generale gefallen wären, weil jeder sich so gut wie der General selbst dünkt. Beim zweiten Angriff, unter den Befehlen irgendeines Sir Richard oder Peter oder Paul – die armen Wichte dauerten mich, es ist auch eine verfluchte Sache, sich so aufs Gebot eines rappelköpfischen, hohen, gebietenden Narren zum Totschießen für sechs Pence hinstellen zu müssen – ließen sie wieder an die fünfhundert Mann, hatten wieder ihren Kommandierenden weggeschossen. Ein Generalleutnant war noch übrig, und der kam nun auch, um sich seinen Teil zu holen, sammelte die Flüchtlinge und kam zum dritten Male. Und ließ wieder an die Fünfhundert am Platze, und er selbst blieb liegen; dann freilich liefen die Eurigen, als ob ihnen die Schuhsohlen brennten; aber das Wiederkommen vergaßen sie. Hatten alle ihre Generale und Oberoffiziere weggeschossen; haben aber doch ihre Schuldigkeit getan. Übrigens, Junge, sind wir noch die Alten, und obgleich dem General die Ehre des Sieges zukommt, und er nun Sieger von New – heißt, so haben wir ihm doch nichts geschenkt. Sieh, bei Euch hätte man ihm auf Kosten der Nation eine Schenkung gemacht, und er wäre halb vergöttert worden; wir haben ihm, gleich nachdem die Nachricht vom geschlossenen Frieden ankam, den Prozeß gemacht und ihn seine Konstitutionsverletzung büßen lassen. Und was glaubst du, daß geschehen ist? Je nun, er kam mit einer Geldbuße von zweitausend Dollar davon. Das ist eine Warnung für unsere zeitweiligen Machthaber, die ihnen vom Volke zum Besten anvertraute Gewalt nicht zu mißbrauchen und Bürger nicht zu behandeln, als wenn sie Neger wären. Schadet ihm nichts. Siehst du, so müssen Männer über ihre Freiheit wachen.«

Der junge Brite hatte den letzten Teil der Rede unseres Squire nicht ohne Verwunderung angehört; denn obwohl in einem verhältnismäßig freien Lande geboren und erzogen, war ihm doch der außerordentlich republikanische Starrsinn, der einer solchen Verurteilung unter diesen Umständen zugrunde lag, eine neue Erscheinung.

»Major,« lachte er, »wenn Ihr Eure großen Männer so behandelt, dann ist›s besser bei Euch klein zu sein.«

»Nein, lieber Junge,« entgegnete der Squire; »wir achten unsere großen Männer so gut wie Ihr, ja noch mehr; aber bei uns hat der Kleinste Gelegenheit, groß zu werden. Sieh, der General war ein armer Schlucker, so wie ich; aber verstehst du, bei uns gibt es Leute, so gut wie in der alten Welt, die hoch hinaus und ihre Mitbürger zu Reitpferden machen wollen, auf die sie nur Sattel und Zaum zu legen brauchen, um zur Oberherrschaft und Tyrannei zu galoppieren. Laß es ihnen einmal hingehen, und sie werden es ein zweites Mal versuchen.«

»Ich wette, Major,« lachte ihm der Brite zu, »Ihr wußtet die Sache klüger anzufangen; sowie ich sehe, so habt Ihr Eure guten Männer von Opelousas ziemlich stark im Garne.«

»Glaubst du, Junge?« sprach der Squire. »So wenig, versichere ich dich, daß mich der erste Fehltritt in einem gewissen kitzligen Punkte, ein Hinneigen zum Föderalismus zum Beispiele, um meinen ganzen Kredit bringen würde. Bei uns ist Verstellung unmöglich, lieber Junge; aber ich will dir sagen, ein offener Kopf, ein reines, für das Wohl seiner Mitbürger warmes Herz tut viel. Sieh, ich bin drei Jahre in Opelousas. Seit dieser Zeit hatte ich an die fünfzig junge, tüchtige Bürger angesiedelt und ihnen zu Land und Haus und Hof verholfen, und auf die leichteste Weise. Als ich herabkam, kaufte ich nämlich an fünfzehntausend Acker schönen Landes. Wenn ich nun so einen ordentlichen Burschen sah, der bei mir oder im County anklopfte, da fragte ich nicht, wie schwer er sei, sondern schaute ihm ins Gesicht, und war er ein ehrlicher Junge, so gab ich ihm ein-, zwei- oder dreihundert Acker und ebensoviele Dollars obendrein, und so gedieh ich und er auch. Ich habe an die Fünfzig angesiedelt. Sie sind alle verheiratet und ordentliche Bürger und werden reich und das Land auch. Siehst du, wie ich meinen Einfluß gewann?«

Der Jüngling drückte dem wackern Manne, der gerade und ungekünstelt, aber männlich gediegen sich jede Stunde weitschweifiger, aber auch vorteilhafter zeigte, herzlich die Hand. Er war vom redseligen Squire beim Knopfe festgehalten worden, und beide befanden sich schon einige Zeit allein im Empfangszimmer, ehe es von diesem bemerkt wurde.

»Holla!« rief er auf einmal, »die haben alle Reißaus genommen, und da steht eben«, er sah durchs Fenster, »die Oberstin und schwatzt. Sonderbar! Wer ist der Wicht, wenn ich nicht irre, derselbe, der dich jungen Springinsfeld aus der Presse holte.« Und mit diesen Worten verließ er die Türe und trat an die Sprechenden heran.

»Darf ich?« fragte er die Oberstin.

»Wir wollten Sie soeben rufen«, sprach diese. »Mister Parker ist unten am Bayou, um mit dem Komitee Anordnungen zum Empfang des Generals zu treffen. Monsieur Madiedo hat die verdächtigen Gäste wieder aufgenommen.«

»Ihr habt Euch wacker im Punkte mit Rosa benommen,« sprach der Major zum Wirt, »und so bezeugt, daß das Gute bei Euch überwiegt. Was Ihr nun zu tun habt, will ich Euch sagen. Die verdächtigen Marodeurs müssen weg, sobald als möglich; wir können sie jedoch nicht zwingen, denn es ist ein freies Land; so lange sie hier bleiben wollen, mögen sie; nur müssen wir genaue Kundschaft von ihrem Tun und Treiben haben.«

»Die soll Ihnen werden, Herr Major.«

»Das ist alles, was wir brauchen. So lange sie hier sind, werden wir sorgen, daß an dreißig Mann noch unter Waffen bleiben. Und nun mögt Ihr gehen.«

»Wohl, Herr Major«, versetzte der Wirt, der sich verbeugte und, nachdem er über das Bayou gesetzt hatte, rasch seiner Schenke zum Kaisergardisten zuging.

Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
30 ağustos 2016
Hacim:
590 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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