Kitabı oku: «Weihnachtliches aus der Geschichtenküche», sayfa 3
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Engel dringend gesucht!
Während der Weihnachtsmann gerade die Schleife des letzten Weihnachtsgeschenkesacks band, bemerkte er, dass sein Engelchen, das ihn Jahr für Jahr begleitete, noch nicht da waren.
„Engelchen, Engelchen, wo bleibst du denn? Engelchen, wir müssen bald los. Kommst du bitte, um mir zu helfen, die Namensschilder an die letzten Weihnachtssäcke zu binden!“
Aber kein Engelchen kam.
Stattdessen antwortete ihm eine Stimme aus dem Nebenraum: „Weihnachtsmann, dein Engelchen kann heute nicht kommen, es ist nicht da!“
„Na gibt’s denn sowas? Nicht da, was soll das heißen?“
Jetzt kam eine ältere Dame in sein Zimmer. Sie brachte einen Schreibblock und einen Stift mit und sagte mit ernster Miene: „Weihnachtsmann, von den vielen, vielen Engelchen, die im letzten Jahr geholfen hatten, ist heute nicht ein einziges erschienen. Alle sind zu Hause geblieben. Und nun rate mal, warum? Da kommst du bestimmt nicht drauf“, setzte sie noch hinzu.
„Da hast du recht, da komme ich nicht drauf. Sag’ schon, warum ist heute kein Engelchen hier?“
„Weihnachtsmann, die Engelchen streiken heute. Die Engelchen haben sich darüber beklagt, dass sie für ihre anstrengende Arbeit viel zu wenig Anerkennung bekommen.“
Der Weihnachtsmann machte ein ernstes Gesicht und schnaufte erregt: „Die können doch das ganze Jahr über streiken. Sie können das ganze lange Jahr über mit Schildern umherlaufen und allen Weihnachtsmännern und Menschen ihre Forderung nach Beachtung und Anerkennung zeigen. Aber warum gerade heute, wo sie so gebraucht werden? Das kann ich nicht verstehen!“
„Ich kann das schon verstehen“, versuchte die ältere Dame, ihn zu beruhigen. „Schau mal, Weihnachtsmann, wenn die Engelchen im Laufe eines Jahres streiken, wenn gerade nicht Weihnachten ist, dann interessiert es doch überhaupt keinen Menschen oder irgendeinen Weihnachtsmann. Das wäre so, als ob die Nachtwächter tagsüber streiken würden, weil sie nachts so viel Arbeit haben. Oder ein anderes Beispiel: Das wäre so, als ob die Lehrer in den Schulferien, also in ihrem Urlaub, streiken würden. Keinen Schüler und keinen Erwachsenen würde das interessieren. Also, was bleibt den Leuten übrig? Richtig: Dann zu streiken, wenn sie am Dringendsten gebraucht werden. Und für die Engelchen bedeutet dieses am Dringendsten gebraucht werden eben heute. So ist das, ob es dir gefällt oder nicht, lieber Weihnachtsmann.“
„Das sehe ich ja ein.“ Er wollte noch ein Aber nachschieben, als die ältere Dame ihren Block anhob, ihre Brille auf der Nase hochschob und meinte: „Ich habe aber schon etwas unternommen. Ich habe viele, viele junge Mädchen eingeladen, die sich bereit erklärt haben, heute als Engelchen auszuhelfen. Ich habe sie per Mail und per Telefon zu uns gebeten und fast alle sind gekommen. Während du die Weihnachtssäcke befüllt hast, habe ich mit ihnen gesprochen. Dabei stellte sich heraus, dass leider die meisten für diese Aufgabe nicht geeignet waren. Bis auf drei Mädchen. Diese drei Mädchen stehen in meinem Zimmer und warten darauf, mit dir zu sprechen.“
Der Weihnachtsmann beruhigte sich dank dieser guten Nachricht wieder und bat die ältere Dame, die drei jungen Mädchen in sein Zimmer zu bringen. Er wollte die Entscheidung treffen, welches von ihnen in diesem Jahr sein Begleitengel sein würde.
Die drei jungen Mädchen hatten alle eine schlanke Figur und blonde, schulterlange, leicht gelockte Haare. Sie trugen die Alltagskleidung, wie sie jedes gleichaltrige Mädchen trug. Die Augen aller drei Mädchen leuchteten.
„Nun“, begann der Weihnachtsmann in ruhigem Ton, „eine von euch darf in diesem Jahr mit mir zu den Kindern gehen, um mit ihnen zu sprechen, ihre Gedichte und Geschichten zu hören und die Geschenke zu verteilen. Ich glaube schon, dass ihr alle drei dazu geeignet seid, aber zwei von euch kann ich leider nicht mitnehmen. Ich werde euch jetzt eine Frage stellen. Wer von euch sie richtig beantworten kann, der kommt in die nächste Auswahlrunde. Einverstanden?“
Die drei Mädchen waren einverstanden und nickten eifrig.
„Ihr kennt doch sicherlich alle die Bibelstelle Lukas 2, Absatz 1 bis 17?“
Das Gesicht eines jungen Mädchens wurde ernst, während bei den beiden anderen Mädchen das Strahlen der Augen weiterhin den Weihnachtsmann begeisterte.
„Weihnachtsmann, es tut mir leid, ich kenne diese Stelle nicht“, flüsterte das ernste Mädchen.
„Dann kann ich dich leider nicht zu den Kindern mitnehmen, schade“, sagte der Weihnachtsmann zu ihm. Er drückte ihm zum Abschied die Hand und steckte ihm noch als Dank für seine Bereitschaft, helfend einzuspringen, einen kleinen Glitzerstern zu, dessen Leuchten nie aufhören würde, solange sie lebe, und an seinen Besuch beim Weihnachtsmann erinnern würde.
Dann wandte er sich wieder den verbliebenen zwei Mädchen zu. Nachdem das erste Mädchen den ersten Teil der Geschichte erzählt hatte, setzte das zweite Mädchen die Geschichte fort. Alles war richtig. Es konnte den Text fast wörtlich, wie er in der Bibel steht, wiedergeben.
Der Weihnachtsmann lehnte sich zufrieden zurück. Die Beantwortung seiner nächsten Frage sollte die Entscheidung ermöglichen, welches der Mädchen ihn als Engel in diesem Jahr begleiten durfte. Die Frage musste also wohl überlegt sein.
„Weshalb brauche ich, weshalb brauchen die Menschen überhaupt einen Engel? Weshalb sollte mich eine von euch beiden begleiten?“
„Ich glaube“, begann das erste Mädchen, „die Kinder wollen einfach einen Engel sehen. Besonders die Mädchen finden es toll, wenn eine Gestalt im weißen, langen Kleid vor ihnen steht. Und außerdem“, jetzt schaute es den Weihnachtsmann ernst an, „haben sie vor dir, lieber Weihnachtsmann, nicht so viel Angst, wenn ein Engel dabei ist. Sie denken, dass ich schon aufpassen werde, dass du nicht zu böse zu ihnen schaust und sie zu mehr Ordnung ermahnst.“
„Du meinst also, dass ich zu den Kindern manchmal zu streng bin und dass ein Engel härtere Strafen und Anweisungen für das neue Jahr verhindern könnte?“
„Ja, das ist die Aufgabe eines Engels. So sehe ich das jedenfalls“, antwortete das Mädchen.
Der Weihnachtsmann sagte dazu nichts. Er wollte erst die Antwort des zweiten Mädchens hören. Er war sehr gespannt, wie es seine Frage beantworten würde.
„Lieber Weihnachtsmann“, begann das zweite Mädchen, „ja, ein wenig hat sie recht. Die Kinder möchten gerne ein wenig Beistand haben. Sie denken, wenn ein Engel in der Nähe ist, also ganz dicht bei ihnen im Zimmer steht, dann kann es nicht so schlimm werden. Der Engel wird darauf achten, dass der Weihnachtsmann nicht zu hart bestraft. Und dass er schließlich auch den Geschenkesack auspackt. Das ist das eine.
Das andere ist, dass jeder Mensch, ob Kind oder Erwachsener, ob groß oder klein, jemanden braucht, auf den er vertrauen kann. Alle brauchen jemanden, dem sie ihre Sorgen und Nöte mitteilen können, jemanden, der ihnen zuhört, der für sie da ist. Das sind Kinder, die vor einer Aufgabe im Kindergarten oder später in der Schule ängstlich sind und aus dieser Ängstlichkeit heraus ganz aufgeregt meinen, die gestellte Aufgabe nicht richtig lösen zu können. Da ist dann eine Kindergärtnerin oder in der Schule die Lehrerin oder der Lehrer der Engel, auf den sie vertrauen können, weil sie oder er beruhigend und vertrauensvoll mit dem Kind spricht und die Angst nimmt und Mut zur Antwort macht.
Oder nimm einen Kranken, der im Bett liegt und starke Schmerzen hat. Wenn derjenige dann eine Schwester oder einen Arzt hat, die oder der zuhört und sich Zeit für ihn nimmt, dann empfindet es der Kranke als hilfreich, als wohltuend, als beruhigend. Da wird die Schwester oder der Arzt zum Engel.
Oder, lieber Weihnachtsmann, nimm irgendwelche Situationen, in denen du selbst nicht weiterwusstest, aber als dir dann der sogenannte rettende Einfall oder die rettende Person zur Lösung des Problems kam, hast du gesagt: Dich schickt der Himmel. Du bist mein rettender Engel. Stimmt’s?“
Der Weihnachtsmann war zunächst sprachlos. Das junge Mädchen hatte die Aufgabe eines Engels richtig erkannt und mit guten Beispielen deutlich gemacht. „Das war gut, sehr gut. Du hast mit deinen wenigen Sätzen genau richtig gesagt, warum Engel so wichtig sind. Du hast recht mit deiner Feststellung, dass jeder Mensch jemanden braucht, auf den er sich jeder Zeit verlassen kann, jemanden, der jeder Zeit, wenn man ihn braucht, hilfreich zur Seite steht. Und weil die Kinder auf diesen hilfreichen Freund auch an Heiligabend vertrauen und an ihrer Seite Unterstützung haben wollen, deshalb ist es so wichtig, dass mich ein Engel gerade an diesem Abend begleitet. Und wenn, wie in diesem Jahr, die Engel streiken, dann, ja dann muss mich ein Ersatzengel begleiten. Und dieser Ersatzengel bist du. Ich freue mich, dass du mich begleiten wirst.“
Der Weihnachtsmann verabschiedete noch das andere junge Mädchen und übergab auch ihm einen kleinen Glitzerstern als Andenken an seinen Besuch bei ihm.
Dann ließ er das dritte junge Mädchen in ein weißes Gewand mit einem weißen Mantel einkleiden, holte noch ein wenig Goldstaub, den er über ihr blondes Haar rieseln ließ, und zeigte ihr auf einer großen Landkarte, wohin sie heute reisen würden.
Nachdem er seinen Mantel zugeknöpft und die Kapuze übergestülpt hatte, griff er nach dem ersten Weihnachtssack und stapfte zu seinem Weihnachtsschlitten. Die Weihnachtswichtel hatten diesen inzwischen mit vielen, vielen prall gefüllten Geschenkesäcken beladen.
Der Weihnachtsmann rief ein schallendes „Ho, ho, ho“ und die Rentiere zogen den Weihnachtsschlitten an.
Weihnachtsmann und Weihnachtsengel sind auf dem Weg zu den Menschen. Bald werden sie auch bei euch sein.
Anmerkung:
Bei der abgefragten Bibelstelle Lukas 2, Absatz 1-17 handelt es sich um die Schilderung der Geburt Jesu. Dieser Teil ist allgemein auch als Weihnachtsgeschichte bekannt.
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Hatschiii!
Also, wie es einem ergeht, der so einen richtigen Schnupfen hat, das wisst ihr bestimmt. Aber wenn ein Weihnachtsmann am 24. Dezember Schnupfen hat, dann ist das für einen Weihnachtsmann doppelt schlimm.
Im Gegensatz zu unserer Gegend, in der man im Dezember in manchen Jahren kurze Hosen oder Röcke anziehen könnte, herrscht zur Winterzeit in der Heimat des Weihnachtsmannes strenger Frost. Dicke Schneeflocken fallen dort vom Himmel. Der Weihnachtsmann zieht sich dann seinen dicken roten Mantel an, zieht sich seine Kapuze über den Kopf, legt sich den weißen Schal um den Hals und stapft in seinen schwarzen Stiefeln zu den Engeln, um die Geschenke einzusacken.
Ich erinnere mich noch an den 20. Dezember. An diesem Tag wollte er von den Engelchen Claudia und Cornelia eine große Kiste abholen. Aber die war so groß und so schwer, dass er seinen Mantel ablegen musste. Er wollte sich beim Anheben nicht die Ärmel ausreißen. Und da es bitterkalt war, muss er sich in diesen wenigen Augenblicken erkältet haben. Kopfschmerzen, Heiserkeit und eine niesende und laufende Nase war die Folge. Er hoffte, dass er mit einem Dampfbad, Medikamenten, Apfelsinensaft und heißer Zitrone die Erkältung schnell zum Verschwinden bringen konnte. Jedoch braucht eine Erkältung auch beim Weihnachtsmann genau so lange wie bei dir oder bei mir.
An Heiligabend ging es ihm nicht gut. Aber er wollte die Kinder nicht enttäuschen. Und so machte er sich mit seinem Schlitten auf den Weg. Auf eine für ihn dieses Mal beschwerliche Fahrt zu den Menschen. Immer wieder musste er zum Taschentuch greifen, um seine laufende Nase zu Schnäuzen.
Er hatte fast alle Geschenke verteilt, als er den Karton mit dem Anhängekärtchen Für den kleinen Thomas in den Händen hielt. Zur Gerberstraße war es nicht mehr weit und so ließ er die Peitsche knallen. Die Tiere liefen noch schneller und schon nach fünf Minuten war er bei Thomas. Er klopfte an die Tür. Es dauerte nicht lange und die Tür öffnete sich. „Sieh mal, wer hier ist“, sagte der Vater zu Thomas.
„Hach, der Weihnachtsmann“, rief Thomas. Dabei winkte er mit seiner Hand so ab, als wenn er sagen wollte, na, wer sollte es heute sonst sein. „Komm ruhig rein, du alter Weihnachtsmann.“ Er fasste den Weihnachtsmann an seine linke Hand und führte ihn in das Weihnachtszimmer. Dort waren alle versammelt: Tante Hetti, Onkel Rolf, Herr Klinke, Oma und Opa, Mama und Brüderchen Klaus. Es war richtig voll. Opa hatte sich gerade eine Zigarre angesteckt und die anderen naschten vom bunten Teller. Als sie den Weihnachtsmann ins Zimmer treten sahen, wurden sie ganz still. Die Kerzen am Weihnachtsbaum brannten und es wurde richtig feierlich. „Hier ist der Weihnachtsmann“, rief Thomas fröhlich, „es kann losgehen, nun pack mal schön aus, Weihnachtsmann!“
Doch so schnell ließ sich der Weihnachtsmann nicht zum Auspacken bewegen. Er stellte den Sack ab und nieste kräftig. Es folgte ein donnernder Husten, wobei ihm fast seine Brille von der Nase fiel. Alle schauten erschrocken den armen kranken Mann an. Nachdem er sich geschnäuzt hatte, bat er Thomas um ein Gedicht.
„Lieber guter Weihnachtsmann ...“ Weiter kam er nicht, denn erneut nieste der Weihnachtsmann. „... hatschiii!!“
Thomas musste lachen. Nicht, weil er sich über den Schnupfen des Weihnachtsmannes lustig machte, sondern weil er glaubte, Onkel Franz als Weihnachtsmann verkleidet erkannt zu haben.
„Na, Onkel Franz, du bist wohl erkältet?“, fragte er keck.
„Ich bin nicht dein Onkel Franz, hatschiii!! Ich bin der Weihnachtsmann, hatschiii.“
„’nen Weihnachtsmann mit Schnupfen hab ich aber noch nicht gesehen. Du bist Onkel Franz.“
Dem Weihnachtsmann fiel ein, dass Onkel Franz ein Telefon hat. „Ruf doch Onkel Franz an, wenn du meinst, dass ich dein Onkel Franz bin. Er kann ja dann n i c h t ans Telefon kommen.“ Er nannte ihm die Telefonnummer und Thomas wählte.
„Hier Franz Lagenstein, frohe Weihnachten.“
Erschrocken und ohne ein Wort zu sagen, legte Thomas den Hörer wieder auf. Er kannte die Stimme von Onkel Franz. Und die Stimme am anderen Ende der Leitung w a r die Stimme von Onkel Franz. Allewetter, da stimmt was nicht, meinte Thomas still zu sich. Er drehte sich wieder zum Weihnachtsmann. Noch genauer als vorhin schaute er ihn sich an. Der muss doch etwas an sich haben, woran man erkennt, wer das ist. Denn an den Weihnachtsmann glaubte er seit November nicht mehr.
November, richtig. Im November sprach Mutti mit der Nachbarin über das Fest. Dabei hat sie irgendetwas vom Weihnachtsmann erzählt. Und wenn sich Thomas richtig erinnerte, sagte die Mutti damals „... der Thomas ist manchmal richtig böse. Da müsste der Weihnachtsmann mal ein ernstes Wort mit ihm reden.“
Er konnte jedoch nichts entdecken, was ihn an irgendeinen Onkel oder Bekannten erinnerte. Es blieb nichts weiter übrig, als aufs Ganze zu gehen. Nachdem der Weihnachtsmann einen kräftigen Nieser herauspruschte, griff Thomas kurzerhand an den weißen Bart und zog mit einem kräftigen Ruck an ihm. Aber wenn ihr denkt, dass Thomas den weißen Bart nun in der Hand hielt, dann irrt ihr. Nichts da! Kein einziges Härchen hat er abgerissen. Das Einzige, was er damit erreichte, war, dass sich das Funkeln und Leuchten in den Augen des Weihnachtsmannes verfinsterte. Denn das war ihm in diesem Jahr nun doch ein wenig zu viel. Kopfschmerzen, Husten, Schnupfen, Heiserkeit und nun noch ein Kind, das ihm am Bart zieht, weil es meint, es gäbe keinen Weihnachtsmann.
Der Mutti und allen anderen im Zimmer war das alles sehr, sehr unangenehm. Thomas war aber auch zu ungezogen. Gerade hatte der Vater dem Weihnachtsmann gesagt, er solle doch alles wieder mitnehmen, da hatte Thomas es sich doch anders überlegt. Er entschuldigte sich beim Weihnachtsmann, sagte sein Gedicht auf und versprach, nicht mehr so böse zu sein. Das ganze folgende Jahr wolle er lieb und artig sein. Der Weihnachtsmann hörte das ebenso gern, wie die Eltern. Und Thomas hatte gerade gesagt „... das verspreche ich dir“, da nieste der Weihnachtsmann dreimal hintereinander. Und ihr wisst ja, wenn man etwas beniest, dann stimmt das, was man gesagt hatte und ein abgegebenes Versprechen wird eingehalten. Ob der Weihnachtsmann an dieser Stelle wirklich niesen musste, oder ob er nur so getan hatte, das weiß nur er selbst.
Ich aber weiß, dass er, nachdem er zu seinen Helferinnen und Helfern zurückgekehrt war, einen heißen Tee von seinen Engelchen zubereitet bekam und schnell wieder in sein dickes, weiches Bett gekrochen ist und die Bettdecke bis an die Nasenspitze gezogen hat. „Gute Besserung, lieber Weihnachtsmann!“
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Pyramidonal
„Gerd, bitte, bitte, bitte. Guck doch mal die hübsche Weihnachtspyramide.“
„Wo denn?“
„Na da, vor dir. Solch eine möchte ich haben.“
„Was sollen wir denn damit? Wir haben doch gar keinen Platz mehr.“
„Ich finde doch immer einen Platz. Ach Gerd, wir kaufen die. Ich möchte gern die dreistöckige Pyramide.“
„Also gut, wenn’s unbedingt sein muss. Aber dann ist endgültig Schluss mit der Kauferei. Das Weihnachtsgeld ist sowieso schon lange alle. Wir verbrauchen gerade das Geld vom Februar des kommenden Jahres. Versprochen?“
„Versprochen.“
Gerd und Anne betreten das Geschäft und beäugen nochmals die Weihnachtspyramide. Gerd sieht nicht nur den Preis, sondern auch das kleine, unten angeklebte Schild.
Made in Taiwan. Nicht bei geöffnetem Fenster benutzen. Bei vier Kerzen = zwei PS, bei sechs Kerzen = vier PS.
„Du, Anne, das hab’ ich ja noch nie gesehen.“
„Ich auch nicht, aber ich will sie trotzdem haben. Den Zettel haben sie bestimmt versehentlich daran geklebt. Der gehört da nicht dran. Komm, da vorn ist die Kasse. Du bist mit Bezahlen dran.“ Gerd bezahlt und das ziemlich schwere Ding wird nach Hause getragen.
Heiligabend, abends um sechs. Das ist die Zeit, zu der bei Abels traditionell Bescherung ist. Und es ist seither auch bei Abels üblich, dass Oma, Opa, Söhnchen Carlo und Hund Fritz erwartungsvoll im Weihnachtszimmer sitzen. Die Lichter des Weihnachtsbaumes leuchten und Carlo packt gerade sein Geschenk aus, als der Mutter die neue Pyramide einfällt. Sie geht ins Schlafzimmer, holt die Pyramide aus dem Schrank, greift sich eine Schachtel Streichhölzer und zündet alle sechs Kerzen an.
„Die ist aber schön“, begeistert sich Oma.
„Und wie schön schnell sie sich dreht“, fügt Opa hinzu.
„Ja, ja erstaunlich schnell“, ergänzt Gerd. Der Propeller oben auf der Pyramide dreht sich schneller und schneller.
„Ist ja Wahnsinn“, kann Söhnchen Carlo gerade noch sagen, als der Propeller seine Höchstdrehzahl erreicht hat und die Pyramide wie eine Rakete auf der Startrampe von Cape Kennedy abhebt.
„Hier meldet sich Cape Abel“, spaßt Carlo und macht dabei die Reporterstimme nach, wie sie bei Raketenstarts aus Amerika zu hören ist. „Sie erleben gerade den Start der dreistufigen Rakete mit drei Personen an Bord. Es handelt sich dabei um die Pyramidonauten Maria, Joseph und erstmals ein Kind, es trägt den Namen Jesus.“
„Hör’ sofort auf, Carlo. Der Spaß ist gar kein Spaß. Das Ding ist gefährlich!“
Carlo findet das trotzdem lustig. Die Pyramide gewinnt Geschwindigkeit und kreist im Zimmer umher. Erst zweimal um den Weihnachtsbaum, dann kurz und knapp über die Köpfe aller Anwesenden. Carlo springt umher und will das Wunderding einfangen, verfehlt es aber immer wieder. Oma lässt ihr Geschenk fallen. Es ist eine Porzellan-Vase. Kaputt, schade. Opa zieht den Kopf ein, kann sich aber ein Lächeln nicht verkneifen und Anne sitzt mit weit aufgerissenen Augen auf einem Stuhl. Sie kann sich vor Schreck überhaupt nicht bewegen.
„Da gibt’s nur eins, Fenster auf. Der Luftzug wird die Kerzen ausblasen und der Spuk hat ein Ende“, schlägt Gerd aufgeregt vor.
„Au ja“, ruft Carlo, „vielleicht saust die Rakete zum Mond.“
Der Vater öffnet das Fenster, aber die Kerzen brennen weiter. Sie scheinen ihre vier PS, also die volle Kraft, entwickelt zu haben, denn jetzt befindet sich der Propeller schon an der Zimmerdecke. Er schneidet wie ein Bohrmaschinenvorsatz ein kreisrundes Loch in die Zimmerdecke. Es dauert nur wenige Augenblicke und die Pyramiden-Rakete ist bei Abels verschwunden und befindet sich nun im Wohnzimmer des Rentnerehepaares Wernecke. Dort umkreist sie erneut die beiden Personen und entschwindet dann durch das offene Fenster. Zunächst kriegen die beiden alten Leute das gar nicht richtig mit. Aber als sie sich aus der Küche etwas zu essen holen wollen, gerät Herr Wernecke mit seinem rechten Fuß in das Loch. Er bückt sich und schaut bei Abels in die Wohnung.
„Hallo, Herr Abel, warum bohren Sie denn heute so ein großes Loch in Ihre Zimmerdecke, ist Ihr Baum denn so groß?“
„Aber Herr Wernecke, haben Sie denn unsere Pyramide nicht fliegen sehen?“
„Sie haben auch ’ne schöne Ausrede, fliegende Pyramiden. Wir haben das Fenster offen, ich hatte nur kurz etwas Helles bemerkt. Ich dachte, die fangen aber früh mit dem Silvesterfeuerwerk an.“
„Gehen Sie doch mal auf Ihren Balkon und sehen Sie nach, ob das Feuerwerk noch da ist.“
Herr Wernecke schaut nach und tatsächlich, da steht eine Pyramide auf seinem Balkontisch. Die Kerzen sind erloschen. Das Gestell ist ziemlich heiß. „Herr Abel, hier steht tatsächlich eine Pyramide. Ich stecke sie hier durch das Loch.“
„Nein, nein, lassen Sie bloß das Ding bei sich. Wir wollen sie nicht mehr.“
„Ist gut und vielen Dank.“ Herr Wernecke legte sich in seinem Sessel etwas zurück, zündete sich sein Pfeifchen an und ... außerdem die sechs Kerzen ... oder besser gesagt die vier PS. Das gleiche Spiel beginnt von vorn.
Und da sich auch hier die Weihnachtspyramide durch die Zimmerdecke bohrt und dies auch in allen anderen Stockwerken darüber, hatten nach etwa zwei Stunden alle elf Stockwerke kurzfristig eine vier PS starke Pyramide im Zimmer und langfristig ein Loch im Fußboden und eins direkt darüber in der Zimmerdecke. Sie können sich nun im kommenden Jahr einen größeren Weihnachtsbaum kaufen. Die Spitze eines großen Baumes kann dann immer in das Loch in der Decke gesteckt werden.
Dann sind die Löcher teilweise geschlossen und sie könnten zumindest sicher sein, dass da keine Weihnachtspyramide mehr durchgeflogen kommt.
Aber wer weiß, was die Taiwaner bis zum nächsten Jahr erfinden.
Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.