Kitabı oku: «Eigenständig im Alltag unterwegs (E-Book)», sayfa 5

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4. Cash und Credit anhand des SALSA-Modells


Im Einführungskapitel haben wir Ihnen erklärt, wie Sie anhand des SALSA-Modells in acht Schritten geeignete Lernsituationen finden und umsetzen können. Auf den folgenden Seiten zeigen wir nun anhand dieser acht Schritte die fachspezifischen Überlegungen im Bereich Finanzen und der Erweiterung der Finanzkompetenz. Bei den Schritten 1 und 2 geht es um die Klärung der Rahmenbedingungen und Voraussetzungen in Ihrem beruflichen Umfeld, in den Schritten 3 bis 8 nehmen Sie die Planung der spezifischen Lernsituation in die Hand.

Schritt 1: Grundhaltung reflektieren

Machen Sie sich selbst Gedanken und diskutieren Sie im Team Ihren eigenen Umgang mit Geld, Ihre Finanzkompetenz und Ihr Kaufverhalten. Klären Sie, mit welchem Wertesystem Sie an diesen Themenkomplex herangehen. Beantworten Sie die folgenden Fragen für sich selbst und diskutieren Sie diese im Team:

 Wie wichtig ist für mich materieller Besitz und Reichtum?

 Wofür gebe ich selbst gerne Geld aus und wieso?

 Gibt es Ausgaben, die Menschen in meinem Umfeld tätigen und die ich nicht nachvollziehen kann? Was stört mich an diesen Ausgaben?

 Wie gehe ich selbst mit Onlinebestellungen und bargeldlosem Einkauf um?

 Mit welchen Hilfsmitteln arbeite ich in meiner eigenen Budgetplanung und warum?

 Wie stehe ich zu Verschuldung und Überschuldung – ist das eher belastend oder eher normal?

 Was ist meine Meinung zur «Konsumgesellschaft» und zur «konsumorientierten Jugend»? Wie erlebe ich diese stereotypen Bilder konkret in meinem Alltag?

 Wie steht es um meine eigene Finanzkompetenz – ist sie gut ausgebildet? Wieso (nicht)?

 Haben ich Vertrauen in meine Klient*innen, dass diese die eigenen Ausgaben sinnvoll gestalten können? Wieso (nicht)?

 Geld wird oftmals im Sinne einer operanten Konditionierung eingesetzt, indem Klient*innen mit Geld belohnt oder mit Geldentzug sanktioniert werden. Welche Haltung habe ich diesbezüglich? Welche Risiken könnte diese Art der Konditionierung bergen?

 Welchen Umgang haben Eltern und Angehörige der Klient*innen? Sind wir mit Situationen von «paradoxen Elternhaltungen» konfrontiert, das heisst mit Eltern, die wenig Geld haben, aber ihre Kinder in einer Art kompensatorischer Handlung übermässig beschenken? Wie gehen wir mit solchen Situationen um? Was müssen wir aus einer systemisch-lösungsorientierten Perspektive berücksichtigen?

 Wie gehen wir damit um, wenn Klient*innen ihr ganzes Geld für In-Game-Käufe oder In-App-Käufe ausgeben wollen? Wo liegt unsere Verantwortung in der Abwägung zwischen Schutz und persönlicher Freiheit?

 Wie reagieren wir auf Sammelwellen, wenn beispielsweise Panini-Bilder oder Ähnliches im Trend sind?

 Wie können wir die Klient*innen in ihrer Impulskontrolle und Selbststeuerung unterstützen, wenn es um Konsumverlockungen und Konsumwünsche geht?

 Welchem Druck sind die Kinder und Jugendlichen in Bezug auf Konsum im Kontext der Peergruppe ausgesetzt? Wie können wir sie unterstützen, sich in einer guten Art davon zu distanzieren?


Schritt 2: Lernfelder erkennen

Diskutieren Sie im Team, welche Lernfelder für Mehrpersonensettings aktuell bestehen, zum Beispiel:

 Gruppenbudgets für Ausflüge pro Wochenende;

 Gruppenbudgets für Verpflegung pro Kocheinheit (1x/Woche kochen, xy CHF pro Person);

 Gruppenbudgets für Wohneinrichtung.

Überlegen Sie sich als Bezugsperson, welche Lernfelder individuell für Ihre Bezugsklient*innen bestehen, zum Beispiel:

 frei verfügbares Taschengeld Ihrer Bezugsklient*innen;

 Einzelbudgets der Bezugsklient*innen für kleinere Anschaffungen (z.B. Kleider, Hygieneartikel);

 Planung von grösseren Anschaffungen oder Reisen;

 Verwaltung von Jugendlohn oder Lehrlingslohn.

Überlegen Sie sich sowohl für das Mehrpersonensetting wie für Ihre Bezugspersonen, wo es potenziell sinnvolle Lernfelder gibt und wie Sie diese erschliessen können.


Schritt 3: Lernsituationen auswählen

Diskutieren Sie im Team, wie Sie mit angepassten Schritten im vorhandenen Mehrpersonensetting erste Aufgaben anpacken können und wie Sie die möglichen Lernfelder priorisieren. Setzen Sie sich als Team einen ganz konkreten Rahmen mit ganz konkreten Zielen, zum Beispiel am Freitagabend eine Mahlzeit selbst kochen mit einem von den Klient*innen verwalteten Budget von 9 Franken pro Person und zwei Betreuungspersonen vor Ort. Überlegen Sie sich auch als Bezugsperson, wie Sie die Lernfelder für Ihre Bezugsklient*innen priorisieren und einen den Voraussetzungen angemessenen Rahmen setzen, zum Beispiel wie hoch das Budget ist, das Ihre Klientin pro Aufgabe überblicken kann.

Schritt 4: Fachkompetenz sichern

Stellen Sie sicher, dass Sie selbst über das notwendige Fachwissen verfügen oder dieses in Ihrem Team abrufbar ist. Dazu gehören folgende Grundlagen:

 Kenntnisse in Versicherungsfragen, insbesondere bezüglich IV, Ergänzungsleistungen, Krankenkasse, Steuern;

 rechtliches Grundlagenwissen in den Bereichen Handlungs- und Urteilsfähigkeit, Vertragswesen, Schulden;

 Finanz- und Planungskompetenzen, vor allem Budgets erstellen, verwalten, abrechnen;

 Kenntnisse in den Bereichen bargeldlos bezahlen, E-Banking, Onlinebestellungen;

 Allgemeinwissen zu Einkommenssituation und Lebensstandard in der Schweiz, unter anderem Medianeinkommen, Armutsschwelle, SKOS-Richtlinien, IV-Budget;

 Allgemeinwissen zu gesellschaftlichen Trends und neue Anforderungen, zum Beispiel weg von physischem Geld hin zu bargeldlos bezahlen, digitale Konsumangeboten.

Schritt 5: Lernzugänge abrufen

Stellen Sie sicher, dass Sie das erforderliche Methodenrepertoire zu den Lernzugängen abrufen können, die in diesem Bereich besonders sinnvoll sind:

 analytisch-verstehendes Lernen (inkl. Begriffs- und Regellernen);

 observatives Lernen;

 sensorisches Lernen (inkl. Visualisierungen).

Schritt 6: Analyse und Konklusion durchführen

Wie bereits erwähnt spielt die individuelle Finanzbiografie der Klient*innen eine wichtige Rolle. Gestalten Sie die Lernsituationen so, dass Ihre Klient*innen sie möglichst eigenständig bewältigen können. Gerade weil es um Finanzfragen geht, müssen Sie dabei eine gute Balance zwischen Schutzpflicht und Förderung der Klient*innen bewahren und Art wie Umfang der Lernsituationen angemessen auswählen. Klären Sie das individuelle Vorwissen und die Voraussetzungen der Gruppe oder Einzelperson, unter anderem welche Kenntnisse bezüglich Zahlenraum und Rechnen sowie abstraktem Denkens bestehen, aber auch wie ausgebildet die Selbstkompetenz im Sinne der Selbststeuerung und Impulskontrolle ist. Fehlen letztere, kann es zum Beispiel zu Spontaneinkäufen kommen und das ganze Monatsbudget ist bereits Anfang Monat aufgebraucht. In einem solchen Fall sollten Sie die Lernstufen feinteilig gestalten und gezielt auf die eigenständige Verwaltung des Monatsbudgets hinarbeiten.

Schritt 7: Sequenzierung gestalten

Bei Finanzfragen eignen sich zeitlich fix eingeplante Meilensteine, beispielsweise jede Woche eine Budgetbesprechung, sowie kurz-, mittel- und langfristige Ziele. Erfolge sollten zudem explizit gemacht und wo möglich sogar visualisiert werden. Schuldenfreiheit beispielsweise wird nicht per se sichtbar, kann aber mit lebensweltorientierten Hilfsmitteln oder Metaphern visualisiert, thematisiert und wertgeschätzt werden.

Der Kompetenzaufbau hin zu einem verantwortungsbewussten Umgang mit Geld bedingt eine Reihe von Vorwissen und verläuft stufenweise. Klären Sie, auf welcher Kompetenzstufe Ihre Klient*innen stehen und fördern Sie diese gezielt. Vereinfacht dargestellt verläuft der Kompetenzerwerb über folgende Stufen:[35]

1 Tauschbeziehungen und deren Bedeutung erkunden (z.B. Ware gegen Ware, Ware gegen Geld, Ware gegen Zeit).

2 Geldwert kennen (Münzen, Banknoten, bargeldloses Bezahlen).

3 Modell eines einfachen Wirtschaftskreislaufes kennen (Tausch von Gütern, Arbeitskraft und Geld zwischen Unternehmen und Haushalten).

4 Einfache Einkäufe planen und Nutzen, Kosten und Sparmöglichkeiten abwägen.

5 Konsumentscheidungen unter Berücksichtigung der finanziellen Möglichkeiten prüfen sowie Alternativen der Bedürfnisdeckung diskutieren (z.B. selbst herstellen).

6 Formen des Zahlungsverkehrs beschreiben und sich über Vertragsbedingungen informieren (z.B. Barzahlung, Überweisung, Onlineshopping, Kreditkarte, Kleinkredit, Leasing).

7 Budget planen, sich über fixe und variable Kosten informieren, Auswirkungen von Einkommensveränderungen auf Handlungsspielräume und Sparmöglichkeiten erkennen.

8 Ursachen von Verschuldung sowie der Schuldenspirale erklären und präventive Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und diskutieren.

Schritt 8: Lernsituation reflektieren

Evaluieren Sie selbst, mit den Klient*innen und im Team, was bei der umgesetzten Lernsituation gut und was weniger gut funktioniert hat, und passen Sie bedarfsorientiert das Lernsetting an.

Schein und Sein: Wie Werbung mich und meine Konsumentscheide beeinflusst
1. Warum das Thema «Konsumkompetenz» didaktisch wichtig ist
Ausgangslage

Es ist kein Geheimnis, dass wir in der Schweiz zu viel konsumieren. Nicht nur klassische Konsumgüter wie Bekleidung, Nahrungsmittel oder Elektronikgeräte, sondern auch verstecktere Konsumformen von Gütern wie Wasser, Elektrizität, Benzin, Wohnfläche, Heizöl oder Verpackungsmaterial tragen zur massiven Übernutzung der Biokapazität bei. Würden global alle so konsumieren wie die Schweizer Bevölkerung, wären fast drei Erden erforderlich.[36] Es liegt auf der Hand: Der Konsum muss hierzulande deutlich reduziert werden.

Wie stehen Sie zu Konsumfragen? Gehen Sie gerne einkaufen und freuen sich an Schnäppchenangeboten? Oder empfinden Sie den ständigen Konsumdruck als Belastung und sehnen sich eigentlich nicht nach mehr materiellem Besitz, sondern nach einer besseren Lebensqualität und mehr Zeit mit Freund*innen, mehr Zeit in der Natur? Ärgern Sie sich, dass Konzerne auf Gewinnmaximierung setzen und durch ihre Aktivitäten in Billiglohnländern – vom Rohstoffabbau über die Produktion bis hin zu Abfallentsorgung und Endlagerung – die Missachtung von Menschenrechten in Kauf nehmen? Belastet Sie das Wissen um unfaire Arbeitsbedingungen, etwa in der Kleiderproduktion? Oder haben Sie für sich bereits Möglichkeiten gefunden, wie Sie Ihren Konsumalltag mit einem guten Gefühl gestalten können?

Egal was Sie auf diese Fragen antworten, eines wird klar: Konsumfragen sind nie neutral. Im eigenen Verhalten zeigt sich immer eine bestimmte Konsumhaltung. Und Sie als Berufsfachpersonen leben Ihren Klient*innen entsprechend immer eine Konsumhaltung vor. Im Minimum sollten Sie sich daher auf eine kritische Selbstreflexion einlassen, um die eigene Haltung zu erkennen und sich aktiv dafür zu entscheiden, was Sie selbst vertreten und vorleben wollen. Denn mit konsumbezogenen Dilemmata sind auch Ihre Klient*innen konfrontiert. Die Fähigkeit, eigene, bewusst gefällte Konsumentscheidungen zu treffen, die dem Finanzrahmen entsprechen, den Bedarf decken, die Bedürfnisse berücksichtigen und dabei möglichst nachhaltig sind, ist täglich gefragt. Sie als Berufsfachperson haben hier eine wichtige Vorbildfunktion und eine zentrale Aufgabe in der Begleitung Ihrer Klient*innen auf dem Weg zu einer differenzierten Konsumhaltung.


Erlauben Sie uns noch ein paar Worte zur Einordnung des Problems des Überkonsums: Auch wenn zunehmende und grundlegende Kritik an der heutigen Wirtschaftsweise hör- und sichtbar wird, etwa in Form der weltweiten Klimastreik-Bewegung, fehlt es bisher an griffigen regulatorischen Massnahmen, um beispielsweise Schritte in eine umwelt- und sozialverträglichere Kreislaufwirtschaft zu machen. Die Veränderung des Konsumverhaltens ist eine grosse gesellschafts- und wirtschaftspolitische Aufgabe, und es wären wirksame politische Lenkungsmassnahmen erforderlich, sowohl in der Schweiz wie grenzüberschreitend im europäischen und internationalen Wirtschaftsraum. Es bräuchte Massnahmen, die Breitenwirkung entfalten und schon bei der Art der angebotenen Produkte beginnen. Doch die Konsumfrage wird nach wie vor zur Privatsache erklärt. Der Weg hin zu einem umwelt- und sozialverträglichen Konsumverhalten beinhaltet zwar immer auch – aber eben nicht nur – Veränderungen auf persönlicher Ebene. Mit individuellen Verhaltensänderungen allein kommen wir kaum ans Ziel. Dafür sind die Fortschritte schlicht zu langsam und zu fragmentiert. Insofern ist der individuelle Beitrag angesichts der Grösse der Probleme immer zu gering. Das heisst nun im Umkehrschluss aber nicht, dass das eigene Konsumverhalten keine Rolle spielt. Im Gegenteil, es macht sehr wohl einen Unterschied, wie, was und wie oft Sie einkaufen und konsumieren. Denn Veränderung beginnt auch im Kleinen. Wir möchten Sie mit diesen einleitenden Worten daher einerseits davon entlasten, in Eigenregie die Welt verändern zu müssen, aber andererseits auch motivieren, dass Sie dort anpacken, wo Sie tatsächlich etwas tun können: In Ihrem täglichen Konsumverhalten, in Ihrer Rolle als Berufsfachperson und in Ihrer Rolle als Bürger*in.

Exkurs: Konsummengen Schweiz

Konsum ist nicht nur eine Frage des Kaufens, sondern findet auch tagtäglich in Form von Strom-, Wasser-, oder Papierverbrauch statt und spielt zudem bei der Entsorgung von Abfall eine Rolle. Wir haben Ihnen hier in der Folge einige wenige, aber aussagekräftige Zahlen zum Konsum in Privathaushalten in der Schweiz zusammengestellt.[37] Im Haushalt lässt sich mit einfachen Anpassungen vieles verbessern. Im stationären und teilstationären Kontext bieten Ihnen diese Konsumfelder daher weitere Anknüpfungspunkte für Ihre Arbeit mit den Klient*innen.

Stromverbrauch

Der Elektrizitätsbedarf in Privathaushalten hat in den letzten 20 Jahren zugenommen, dies hauptsächlich, weil immer mehr Elektrogeräte und vermehrt Wärmepumpenheizungen eingesetzt werden. 2019 entfielen gemäss Bundesamt für Energie in den Schweizer Privathaushalten 7,6 Prozent des Elektrizitätsverbrauchs auf Kochherde, 5,9 Prozent auf Beleuchtung, und 8,3 Prozent auf Informations-, Kommunikations- und Unterhaltungselektronik. 36 Prozent des Elektrizitätsbedarfs fiel bei weiteren Elektrogeräten wie Bohrmaschinen, Staubsaugern, Waschmaschinen, Trocknern, Kühl- und Gefrierschränken, Geschirrspülern und Küchengeräten an. Der restliche Elektrizitätsbedarf fiel auf Beheizung, Belüftung und Warmwasser.[38]

Ein durchschnittlicher Vierpersonenhaushalt nutzt rund 4500 Kilowattstunden (kWh) Strom pro Jahr.[39] Zur Einordnung: Mit einer Kilowattstunde kann man zehn Stunden am Computer arbeiten, eine Maschine Wäsche waschen, 60 Minuten lang die Haare föhnen oder 133 Scheiben Brot toasten.[40]

Mit diesen Tipps lässt sich im Haushalt einfach Strom sparen:[41]

 Kochen mit Deckel auf der Pfanne;

 Backofen nicht Vorheizen;

 Backofen oder Herdplatte etwas früher ausschalten und Restwärme nutzen;

 Kühlschranktür rasch schliessen, Kühlschrank und Gefrierfach regelmässig abtauen;

 waschen ohne Vorwäsche, mit tiefen Temperaturen (30–40°);

 Wäsche an der Luft trocknen;

 Sparduschkopf verwenden;

 Computer, Tablet und Smartphone erst ersetzen, wenn die Lebensdauer der Geräte genutzt wurde;

 Elektrogeräte ganz ausschalten, nicht auf Stand-by lassen;

 möglichst energieeffiziente Geräte kaufen.

Wasserverbrauch

Fast 15 Prozent des Energieverbrauchs in Privathaushalten entfällt auf die Warmwasseraufbereitung.[42] Der Wasserverbrauch spielt daher auch für den Energieverbrauch eine grosse Rolle. In der Stadt Bern werden gemäss EWB täglich pro Person und Tag 175 Liter Wasser genutzt für Haushalt, Hygiene und Trinken. Davon werden für die Toilettenspülung täglich gut 50 Liter genutzt, für Baden und Duschen gut 43 Liter, für das Lavabo im Bad knapp 20 Liter, für das Abwaschbecken in der Küche rund 28 Liter und für die Waschmaschine 21 Liter.[43]

Papierverbrauch

Gemäss Industrieverbänden wurden 2019 in der Schweiz pro Person 118 kg Papier und Karton verbraucht. 39 kg entfielen auf Verpackungsmaterialien, 20 kg auf Zeitungspapier, 17 kg auf Klo- und Haushaltspapier und 38 kg auf Schreib-, Druck und Kopierpapier.[44] Für die Produktion von Papier braucht es viel Holz. 40 Prozent der gefällten Bäume, die industriell verwertet werden, werden für die Papierproduktion verwendet.[45] Für die Herstellung von 500 Blatt Kopierpapier im Format DIN A4 (80 g, ohne Altpapieranteil) werden durchschnittlich 3,6 kg Holz, 202 Liter Wasser und 35 kWh Energie verbraucht.[46] Mit der gleichen Energiemenge könnte man einen Monat lang das Mittagessen für vier Personen kochen.[47]

Abfallmenge und Food Waste

Im Jahr 2020 sind gemäss Bundesamt für Umwelt in der Schweiz pro Einwohner*in 700 kg Siedlungsabfall angefallen, 369,7 kg davon landeten in Recycling- und Sondermüllstellen (134,7 kg Papier, 161,3 kg Kompost, 43,8 kg Glas, 14,9 kg Elektrogeräte, 7,5 kg Textilien, 4,1 kg PET-Flaschen, 1,5 kg Konservendosen, 1,5 kg Aluverpackungen und Getränkedosen, 0,4 kg Batterien).[48]

Jedes Jahr werden gigantische Mengen an essbaren Lebensmitteln weggeworfen. In der Schweiz sind es gemäss BAFU rund 2800000 Tonnen Lebensmittel, die statt auf dem Teller als Food Waste enden. Dabei fällt etwa die Hälfte der Umweltbelastung des Food Waste auf den Stufen landwirtschaftliche Produktion, Lebensmittelverarbeitung sowie Detail- und Grosshandel an. Die andere Hälfte fällt auf die Privathaushalte (rund 778000 Tonnen Food Waste) und die Gastronomie (210000 Tonnen Food Waste).[49]

Achtlos weggeworfener Abfall, der in der Natur landet, ist sehr problematisch – nicht nur weil es das Landschaftsbild stört und potenziell Haus-, Weide- und Wildtiere gefährdet, die den Abfall verschlucken, sondern auch weil die Natur viele Jahre mit dem Abfall belastet wird. Eine Bananenschale ist nach etwa drei Monaten verrottet, ein Zigarettenstummel überlebt in der Natur bis zu zwei Jahren, Kaugummi bis zu fünf Jahren, eine Getränkedose bis zu 100 Jahren, eine PET-Flasche sogar bis zu 1000 Jahren.[50]

Werbeverführungen im Fokus

Gerade weil wir heute immer noch im Paradigma des Mehrkonsums leben und wir dadurch diesem Konsummodell täglich und über viele Kanäle via Werbung ausgesetzt sind, ist es eine so grosse Herausforderung, eine eigenständige Konsumhaltung zu entwickeln. Werbung zielt auf Mehrkonsum ab, spricht in vielen Fällen aber nicht im engen Sinn von den Vorteilen des Produktes, etwa dass ein Pullover warm hält, sondern von versteckten Wünschen wie Coolness oder gesellschaftliches Ansehen. Angefeuert von Werbung mischen sich daher permanent die verschiedenen Motivationen für den Konsum, und das Unterscheiden zwischen einem echten Bedarf, wie dem Besitz von warmer Kleidung, und einem Bedürfnis, wie Zugehörigkeit zur Peergroup dank dem passenden Marken-Pullover, wird zur echten Herausforderung.

Um Absatzmärkte zu steigern und Profite zu maximieren, wird zudem heute zunehmend auf das umfassende Kauferlebnis gesetzt. Das heisst beispielsweise im Bereich Mode, dass das Shoppingerlebnis mit besonderen Events oder mit exklusiven Sonderangeboten für Club-Mitglieder verbunden wird, oder dass jährlich bis zu 20 verschiedene Modezyklen in die Läden kommen, immer mit dem Ziel, die Kund*innen zu Mehrkonsum anzuregen. Einkaufen wird zur Freizeitbeschäftigung. Es erstaunt daher nicht, dass während des Lockdowns 2020 und 2021 im Rahmen der Corona-Krise der Onlinehandel boomte und die Post zeitweise unter der Paketflut fast kollabierte. Generell wird der Onlinehandel zunehmend wichtiger, und damit verbunden auch die Onlinewerbung. Dabei setzen Konzerne ihre Präsenz auf Social-Media-Kanälen geschickt ein und agieren mittels Influencer*innen bis tief in verschiedenste Communities. Diese platzieren gegen Bezahlung auf ihren Onlineprofilen Produkte und bewerben diese spezifisch bei ihren Follower*innen. Was früher die Tupperware-Party erledigte, übernehmen heute also Influencer*innen. Auch passgenaue Werbung, die je nach Konsumvorlieben und scheinbar wie von Geisterhand auf Facebook oder Google erscheint, ist heute integraler Bestandteil des Werbebusiness. Offensichtliche Werbung ist dabei meist das kleinere Problem, viel schwieriger wird es mit der «Below-the-Line-Kommunikation». Dazu gehören Werbemassnahme wie Sponsoring, Gewinnspiele, Bonusprogramme, Kundenclubs, Suchmaschinen-Optimierung, oder eben alle Arten von Social-Media-Marketing, inklusive Arbeit mit Influencer*innen.

Das zeigt: Werbung ist allgegenwärtig und zielgruppenspezifisch. Zwar kann Werbung durchaus auch positive Seiten haben, die stetigen Angebote verringern etwa den Suchaufwand für Produkte. Doch Werbung beeinflusst und verführt auch zu Mehrkonsum. Kinder und Jugendliche werden dabei als eigene Zielgruppe intensiv bewirtschaftet, denn sie gelten als wichtiger Wirtschaftsfaktor. Nicht nur, weil sie selbst konsumieren, sondern auch weil sie das Einkaufsverhalten in ihren Familien beeinflussen. Zudem sind sie die potenziell zahlungskräftige Kund*innen von morgen. Kund*innenbindung beginnt früh, bereits im Kleinkindesalter, etwa durch Comicfiguren, die auf Kindernahrung aufgedruckt sind und für einen kindergerechten Wiedererkennungseffekt und Markenbindung sorgen sollen.

Exkurs: Onlinewerbung

Interview mit Moritz Zumbühl, FEINHEIT AG und Blindflug Studios (Computergames)

1. Welche Arten von Onlinewerbung gibt es und welche sind am meisten verbreitet in der Schweiz?

MZ: Der Hauptteil der Werbeschaltungen sind heute immer noch Banner, aber das ändert sich gerade: Video-Werbung im Internet nimmt rasant zu, es wird schon heute mehr Werbung im Internet als im Fernsehen geschaut. Hauptplattformen sind Facebook (v.a. mit Instagram) und Google (v.a. mit YouTube).

2. Wie funktioniert Onlinewerbung? Welche Algorithmen wirken auf meinem Smartphone?

MZ: Video-Werbung wird personalisiert: Wenn beispielsweise jemand eine Kreditmöglichkeit sucht, wird er danach immer wieder Kreditangebote erhalten. Es geht aber nicht nur um die Produkte, die personalisiert beworben werden, sondern auch die Werbung für dieselben Produkte unterscheidet sich von Person zu Person. Das wird in den nächsten drei bis fünf Jahren noch stark zunehmen. Für das gleiche Produkt sehen Sie und ich also auf dem Smartphone nicht die gleiche Werbung. Algorithmen erstellen pro Person eine Karte und sammeln möglichst viele Attribute zur Person. Es kann dann für eine Werbung definiert werden, welche Typen von Menschen erreicht werden sollen. Danach wird die Onlinewerbung automatisch personalisiert und eingespielt. Der Online-Werbemarkt ist gross und relevant, allein der Umsatz in der Schweiz beläuft sich geschätzt auf jährlich über eine Milliarden Franken.

3. Welche Zielgruppen sind auf welchen Onlinekanälen besonders im Fokus der Werbung und was macht den Umgang mit Onlinewerbung so anspruchsvoll?

MZ: Es ist sehr schwierig, Werbung von Nicht-Werbung zu unterscheiden. Es gibt die redaktionelle Vermischung, aber auch viele Websites, die nur einen Klick weg sind, und die nicht als Werbung gekennzeichnet sind. Auch berühmte Seiten wie der Spiegel oder die Zeit machen das: Sie vermischen Werbung und Inhalt oder kennzeichnen die Werbung nicht genügend. Es gibt auch Phänomene wie den «fat finger»: Das bedeutet, dass man auf einem Smartphone nur minim verrutscht und dann versehentlich einen Link anklickt, und schon ist man auf einer neuen Seite vermerkt und erhält fortan die Werbung von diesem Anbieter. Viele Menschen, die nicht so viel Geld haben, nutzen Gratisangebote im Internet, also Chats, Unterhaltung und mehr. Insbesondere bei diesen Gratisangeboten werden fleissig Daten gesammelt. Das kann auch Informationen aus einem persönlichen Chat betreffen, der von einem Algorithmus auf Schlüsselworte durchsucht wird, um die Werbung zu optimieren. Die Kosten für solche personalisierte Werbung und Datensammlung sind pro Person minim, das heisst auch Menschen mit wenig Geld sind hier eine interessante Zielgruppe. Bei der Nutzung von Gratisangeboten ist daher die Werbepräsenz noch viel höher, die User*innen sind hier besonders stark der Werbung ausgesetzt. Werbung, die nicht offensichtlich nach Werbung aussieht, wirkt grundsätzlich interessanter, weil es vermeintlich mehr um den Inhalt und nicht um den Profit geht. Auch in der Pornografie funktioniert Werbung besser, die nicht als Hochglanz daherkommt, die Klickrate ist viel höher, wenn es nach selbst gemachten Videos aussieht.

4. Wie wird der Erfolg von Onlinewerbung gemessen?

MZ: Für digitale Angebote, bei denen es rein um einen Verkauf per Kreditkarte geht, ist die Erfolgsmessung einfach: Es wird nur der Umsatz gemessen. Es geschieht keine Segmentierung nach sozialen Schichten, sondern nach Interesse, Affinität und demografischen Daten, die dann mit der Quote des Abschlusses gespiegelt werden. Das wiederum gibt Aufschluss darüber, wie oft eine Werbung gesehen werden muss oder ob eine bestimmte Tageszeit besonders erfolgversprechend ist, damit es zum erfolgreichen Kaufabschluss kommt. Werbung läuft nicht beliebig, sie kann und wird auf einen bestimmten Zeitpunkt hin geschaltet. Bei einem Fussballmatch kann es zum Beispiel schon 30 Sekunden nach dem Tor einer Mannschaft zu einer Werbeschaltung kommen, dann werden die User*innen im Moment einer positiven Emotion abgeholt, was die Werbung noch effektiver macht. Man kann sich als User*in weder der Werbung per se noch dem Fakt, dass diese personalisiert auf die User*in zugeschnitten wird, entziehen.

5. Wie wichtig ist die Arbeit mit Influencer*innen und Promis in der Werbung?

MZ: Das Thema wird immer wichtiger, aber im Internet herrscht «Wilder Westen». Viele halten sich hier nicht an Regeln. Wenn jemand auf YouTube oder TikTok eine Empfehlung macht, muss grundsätzlich davon ausgegangen werden, dass es sich um Werbung handelt, auch wenn es als persönliche Empfehlung daherkommt. Es gibt viele Influencer*innen, die gerade für Menschen, die im schwierigen Spektrum der Gesellschaft leben, eine grosse Nähe generieren. Streamer*innen, die mit anderen gamen, verbringen viel Zeit miteinander. Es ist tough, sich dann der Realität zu stellen, dass diese «Freunde» eben auch Werbung machen – und nicht bloss freundschaftliche Ratschläge erteilen. Man muss das ernst nehmen, es entsteht auch digital eine wichtige Nähe. In solchen Communitys ist Manipulation durch Werbung viel einfacher möglich. Die Nähe ist dabei oft nicht gespielt, aber das Heikle ist, dass in dieser Nähe auch Werbung passiert, und die ist scheinbar banal, aber sie verfängt, sie animiert beispielsweise Jugendliche zum Kauf eines Games, die sich erhoffen, damit noch länger gemeinsam zu gamen. Der Umgang mit dieser Dualität von Nähe und Manipulation ist extrem schwierig. Wie im realen Leben geht es um Gruppenzugehörigkeit oder Gruppenausschluss.

6. Gibt es technische Möglichkeiten, um die Werbeschaltungen zu vermeiden?

MZ: Technischer Schutz ist individuell, aber einen vollständigen Schutz gibt es nicht. Ad-Blocker können helfen, brauchen aber viel Wartung. Die Browser unterscheiden sich stark bezüglich der bereits integrierten Blocker-Funktionen; hier lohnt es sich, die Browsereinstellung zu prüfen oder den Browser zu wechseln. Auch die Kindersicherung einzusetzen kann im Extremfall in Absprache mit den Klient*innen eine Option zum Schutz vor unerwünschten Inhalten sein.

7. Was ist besonders wichtig in der sozialpädagogischen Arbeit mit Klient*innen?

MZ: Die Realität der Onlinewerbung ist aufgrund des individuellen Suchverhaltens im Internet für jede Person anders. Eine Berufsfachperson kann also nicht von sich selbst ausgehen, um die Online-Werberealität der Klient*innen mit der jeweiligen personalisierten Werbung zu verstehen. Das Wichtigste ist daher, dass Berufsfachpersonen mit ihren Klient*innen gemeinsam und auf den Geräten der Klient*innen die Online-Werberealität anschauen, thematisieren und einen Umgang damit finden.

Türler ve etiketler

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402 s. 55 illüstrasyon
ISBN:
9783035519921
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