Kitabı oku: «Schicksalhafter Kompromiss», sayfa 4

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Die andere sagte: „Gut, dass ich so einen fleißigen, braven Mann habe. Ich brauche nicht in der Hitze auf dem Feld arbeiten und kann mich daheim ausrasten.“

„Wie machst du das?“, fragte eine andere neugierig.

„Ich sage ihm, dass ich ihm eine gute Jause und einen Wein nachbringen werde und verspreche ihm, ihn abends für seinen Fleiß im Ehebett zu belohnen. Und dann arbeitet er fleißig allein auf dem Feld. Wenn er dann müde nach Hause kommt, ist er ohnehin zu erschöpft für die Liebe.“ Und alle lachten.

Der Höhepunkt für die Buben im Schacht war, und dies war der eigentliche Grund, warum sie im Schacht waren, wenn eine Frau in den Schacht urinieren ging und sie im Schacht stehend einen Blick auf deren Geschlechtsteil erhaschen konnten, während sich diese erleichterte. Dass die Frauen unter ihren vielen Kitteln keine Unterhosen trugen, wussten sie. Dann, als eine Frau urinierte, kam ihnen ein stinkendender Geruch wie bei einem toten Fisch, zusammen mit dem Urinstrahl entgegen. Sofort drückten die Buben Patrik unter den Urinstrahl, welchen er mit einem weinerlichen Gesicht und geschlossenen Augen lautlos ertrug und war fortan aufgenommen in ihren Freundeskreis.

„Das alles bleibt unter uns. Nichts für ungut“, sagten die Frauen beim Abschied, wenn sie ihren Heimweg antraten, während die stillen Mitwisser im Schacht sich versteckt ins Fäustchen lachten.

Nach dieser Mutprobe gehörte Patrik dazu und hatte durchwegs auch schöne Erlebnisse. Immer, wenn er sich in einem unbeobachteten Moment heimlich davonschlich, hatte er mit den Dorfbuben interessante Erlebnisse. Sie nahmen ihn mit, wenn sie nachts ihre Bubenstückl ausführten, um eine Hetz zu haben.

Lächelnd erinnerte sich Patrik an den Gründungstag des Verschönerungsvereines im Dorf zurück, an dem sogleich beschlossen wurde, dass die vor den Häusern stehenden alten Zwetschkenbäume entfernt werden müssten, um „neumodische“ Sträucher und Blumen zu pflanzen. Es wurde heftig dabei gestritten. Und am nächsten Tag, als alle Zwetschkenbäume von den Buben umgeschnitten waren, wurde darüber gerätselt, wer dies getan haben könnte. Versonnen erinnerte er sich, wie sie sich heimlich in die Bergkeller schlichen, mit dem Weinheber aus Kürbisgewächs Wein aus den Fässern saugten und sich mit dem Wein betranken. Das rund ums Haus aufgestellte Kukuruzstroh oder die Kukuruzbeikerl (aufgestellte Kukuruzmandl) warfen sie um, verstreuten vom Misthaufen viel Mist auf den Höfen oder versteckten Werkzeug und Holz.

Freundlich boten sich die Buben bei den Bauern an, die Milch zum Abrahmen in die Milchsammelstelle zu bringen, um den Rahm heimlich abzuschöpfen und ihn zuhause als Süßrahm zu verzehren. Aber auch, um Milch von den fremden Milchkannen in die eigene Milchkanne zu schütten. Sie kletterten mittels einer Räuberleiter oder Steigeisen auf die Bäume und nahmen die Jungen aus den Krähen- und Wachtelnestern oder richteten Krahschrecker aus Stroh vor den Stalltüren auf, sodass diese den Bauern frühmorgens im Dunkeln entgegenfielen. Oder sie warfen Strohtristen um, stahlen das Obst von den Obstbäumen und rissen die Weintrauben von den Reben.

Und so beschloss Patrik an jenem Abend, nachdem er zusammengeschlagen wurde und voller Schmerzen auf Angelique wartete, seinem Leben eine Kehrtwendung zu geben, in geordnete Bahnen zu lenken und mit ihr aufs Land zu ziehen.

Ich lasse mich nie wieder zusammenschlagen und werde nie wieder Angst vor einer Schlägerei haben. Deswegen werden wir aufs Land gehen, um ein ruhiges Leben zu führen. Und als am selben Abend noch dazu Angelique wieder einmal vorjammerte, wie schwer ihr Leben auf dem Straßenstrich verlaufen würde, teilte er ihr seinen Entschluss mit. In einem Anflug von Wut, Resignation und Selbstmitleid beteuerte er, er hätte die Nase voll von diesem lasterhaften Leben in dieser Stadt, welches ihn auszehren und krank machen würde. Er erzählte ihr, dass er öfters davon träume, ein neues, bescheidenes Leben mit ihr auf dem Land beginnen zu wollen.

„Seit einiger Zeit überlege ich, zusammen mit dir ein ruhiges Leben zu beginnen. Ich werde keinen Alkohol mehr trinken und das Geld nicht mehr sinnlos verprassen. Das ruiniert nur meine Gesundheit. Ich möchte mit dir ein neues Leben auf dem Land mit Kindern und Tieren beginnen“, erklärte er sichtlich geläutert, während er seine blauen Flecken betrachtete. „Das Leben auf dem Land ist langsamer, erholsamer, als wärest du im Urlaub. Da habe ich keine Feinde und brauche mich nicht fürchten, niedergeschlagen zu werden“, versuchte er Angelique zu überzeugen.

„Ich gehe nicht aufs Land und auf gar keinen Fall kriege ich ein Kind“, verneinte Angelique entschieden. Am liebsten hätte sie ihm entgegengeschmettert, dass kein Mann der Welt wert sei, für ihn ein Kind auszutragen.

Dass er auf derart großen Widerstand stieß, befremdete ihn. Wütend darüber, schrie er: „Du willst die Hurerei gar nicht aufgeben, obwohl du immer jammerst. Dir gefällt es immer, abwechselnde Männer im Bett zu haben. Ein Mann allein genügt dir nicht. Du kriegst nie genug. Weißt du überhaupt, wie viele Freier du schon gehabt hast?“

In ihrem Zorn, unterstützt durch ihre aufgestaute Wut, funkelte sie ihn an: „Eine ganze Kompanie. Ich könnte mit meinen Freiern eine Leitung rund um die Stadt legen.“

Einen Augenblick überlegte Patrik. Dann erklärte er, um Versöhnung bemüht: „Ein Kind könnte neues Leben in unsere Beziehung bringen.“

„Nein, nie und nimmer.“

Weshalb hätte sie ihm sagen sollen, dass sie durch die vielen Infektionen und Aborte unfruchtbar geworden war?

„Vor vielen Jahren habe ich einen Sohn bekommen, den ich zur Adoption freigab. Ich habe seitdem nichts mehr von ihm gehört“, erklärte sie und erschrak im selben Moment darüber, dass sie ihm unbewusst ihr größtes Geheimnis verraten hatte.

Was wusste Patrik, welche Qualen sie litt. Jedes Mal, wenn sich ein schüchterner Junge vor ihr das erste Mal auszog, fürchtete sie, es wäre ihr Sohn, ein ständiger Albtraum.

Erst gestern hatte sie einen bestimmt erst Vierzehnjährigen in die Liebe einführen müssen. Sie hatte sich anfangs sehr geschämt, diesem jungen, unerfahrenen Kind ihr schändliches Treiben zu offenbaren, da sie seine Großmutter hätte sein können. Als er dann aber seine Befriedigung fand, sah sie in seine glücklichen Augen und wusste, dass sie an ihm eine gute Tat vollbracht hatte. Er versprach, fleißig sein Taschengeld zu sparen und sobald er das Geld für ihren Lohn wieder beisammen habe, wieder zu kommen.

Du hast einen Sohn. Gut zu wissen, mein Täubchen, überlegte Patrik süffisant. Damit, mein Goldschatz, hast du mir ein Werkzeug in die Hand gelegt, welches ich verwenden werde, falls du nicht mehr spurst.

Durch Patriks Übermut, seine Unverlässlichkeit, seine Attacken gegen Angelique und seine immer höheren Geldausgaben, begann es in der Ehe bald zu kriseln.

An jenem regnerischen Novemberabend, als sich Patrik von den Schlägen wieder erholt und sich das erste Mal wieder aus der Wohnung getraut hatte, hatten ihn Fredy und seine guten Freunde als eine Art Willkommensgruß zu ein paar Drinks eingeladen, sodass er betrunken wurde. Als Angelique erkältet und patschnass nach Hause ging und sich darauf freute, in ihre warme Wohnung zu kommen, um sich an Patrik wärmen zu können, zuhause weder Patrik vorfand noch die Wohnung geheizt war, entlud sich ihr Zorn das erste Mal explosionsartig, als er endlich betrunken heimkam.

„Wo warst du? Wieso warst du nicht zuhause? Während ich patschnass, frierend, mit kalten Füßen heimgegangen bin und mich auf dich und die warme Wohnung gefreut habe, hast du gefeiert und gesoffen. Weder warst du daheim noch war die Wohnung warm.“

Schwankend und wortlos ging er teilnahmslos zum Kühlschrank und nahm sich ein Bier. „Du wirfst mein sauer verdientes Geld mit beiden Händen beim Fenster hinaus. Du weißt nicht, wie schwer ich es verdienen muss“, fuhr sie wütend fort.

Während sie selber sparsam lebte, ärgerte sie sich über Patriks maßlose Geldverschwendung. Denn Patrik verspürte den Drang, ständig vor seinen neuen Freunden mit Geld zu prahlen und sich als würdig erweisen zu müssen, um dazuzugehören. Einmal bestellte er betrunken aus Jux und Tollerei drei Taxis gleichzeitig. Das erste Taxi musste seinen Hut, das zweite Taxi seinen Mantel und das dritte Taxi musste ihn nach Hause befördern. Als Angelique davon hörte, war sie außer sich vor Wut.

„Kannst du mir das Bier öffnen? Ich bin zu betrunken“, fragte er lallend, als würden die Vorwürfe nicht ihm gelten, was Angelique noch mehr ärgerte.

„Ich tue alles für dich, nur dass mein Sunnyboy glücklich und zufrieden ist. Denn, dass es dir gut geht, ist alles, was ich will“, schrie sie, während sie die Bierflasche öffnete. Im Normalfall turnte Patrik diese vollkommene Untergebenheit und Selbstaufgabe der Frauen an, aber irgendwie schien das bei Angelique nicht zu funktionieren. Eigentlich war er nur in dem Moment glücklich mit ihr, wenn er von ihr Geld bekam.

Dann trank er gierig aus seiner Bierflasche.

„Was würde ich ohne meine Seelentrösterin tun?“ Er schaute auf die Bierflasche als wäre diese seine Geliebte und Angelique nicht vorhanden.

Das machte Angelique noch wütender. „Du weißt nicht, welche Opfer ich für dich bringe. Selbst wenn ich erkältet bin, arbeite ich, während du nichts für mich tust“, fuhr sie wütend fort. Es ärgerte sie, wenn er zu viel trank, die Zeit vergaß und seinen Teil der Abmachung, so wie heute, nicht einhielt. Wenn schlechtes Wetter war, empfing sie ihre Freier zuhause. Wenn sie dann von ihrer Straßenecke, wo sie die Freier sonst ansprach, heimkam, Patrik nicht zuhause war und seinen Teil der Abmachung nicht erfüllte, war sie böse. Denn Patrik hatte die Aufgabe, die Wohnung zu heizen, ein dämmriges Licht einzuschalten, Blumen, Kondome bereitzustellen, wohlriechende Duftstoffe zu versprühen, einen Imbiss und eine Flasche Sekt in einem Sektkübel zu kühlen, damit eine vornehme, erquickliche Wohlfühlatmosphäre aufkommen sollte. Wie sollte sie sich zitternd vor Kälte in der eiskalten Wohnung ausziehen und ein aufreizendes Negligé anziehen? „Warum kommst du nicht heim und erfüllst deinen Teil der Abmachung? So kannst du mich nicht beschützen vor etwaigen gewalttätigen Freiern?“ Immer, wenn sie mit einem Freier heimkam, wusch sie diesen, seifte ihn sanft ein, aß und trank mit ihm, schäkerte solange, bis die erste halbe Stunde mit der Vorbereitung verstrichen war. Gewöhnlich meldete sich Patrik als ihr Beschützer und verlangte das Geld auch für die nächste halbe Stunde im Vorhinein, um zu signalisieren, dass er als ihr Beschützer da war.

„Du nimmst mir die Luft zum Atmen, willst mich wie eine Spinne im Netz immer an deiner Seite haben“, entgegnete er entrüstet.

„Es bleibt sowieso kein Geld übrig, ich werde meinen Beruf aufgeben“, drohte sie.

Erschrocken über diese Drohung, suchte Patrik Lerner die Versöhnung und ließ nichts unversucht, sie zu beruhigen, um seinen luxuriösen Lebenswandel aufrechterhalten zu können.

Du bist mein von Gott geschickter Goldesel, dich melke ich, so lange es geht. Nur schwindet das Geld viel zu schnell. Ich muss dafür sorgen, dass dein Einkommen höher wird. Mehr will ich nicht von dir, befand Patrik trotzig.

Um ihr Einkommen zu erhöhen, schaltete Patrik Zeitungsanzeigen. Außerdem vereinbarte er mit ihren Freiern, dass er bei Schlechtwetter eine rote Puppe außen am Fenster hinhängen würde als Zeichen, dass sie zuhause arbeitete, um ja keinen Verdienstentgang zu haben.

Außerdem meinte er eines Abends, um Gleichgültigkeit bemüht: „Unser Unternehmen ist ausbaufähig“, als wäre er ein erfahrener Geschäftsführer einer großen Firma. Du kannst viel mehr Geld von deinen Freiern herausholen, so wie es deine jungen Kolleginnen auch tun. Die Konkurrenz schläft nicht“, mahnte er.

Auch das noch, erschrak Angelique. In seinen Augen war sie eine alte, billige Hure, die zu wenig Geld einbrachte. Woher wusste er, wie ihre jungen Konkurrentinnen arbeiteten? Sie schaute ihn aus eiskalten Augen wortlos an, sodass er erstarrte. Wenn sie jetzt eine Waffe in Händen gehabt hätte, hätte sie ihn bedenkenlos abgeknallt. Sie erkannte in diesem Moment, dass er nicht besser war als ihr vorheriger Zuhälter Schurli, den alle Adlerauge nannten, weil er alles sah und den sie oft gedanklich aus Wut erschoss.

Angelique war als junge Frau mit dem festen Vorsatz nach Österreich gekommen, um hier Arbeit zu finden. Als dies nicht gelang, wollte sie frei und unabhängig ihrem Gewerbe nachgehen, anstatt eines Zuhälters ihre rumänische Familie unterstützen und einen ruhigen Lebensabend mit ihrem Erspartem in ihrer Heimat verbringen, dort wo ihre Wurzeln waren. Aber schon beim ersten Mal, als sie auf dem Straßenstrich stand, wurde sie in einer stockdunklen Nacht wortlos zusammengeschlagen. Als sie weinend mit blauen Flecken übersät dalag, half ihr ihr vermeintlicher Wohltäter auf, wischte den Staub von ihrer Kleidung und riet ihr, sie solle sich einen Beschützer besorgen, allein wäre es viel zu gefährlich. Nach einigem Zureden stimmte sie zu, was sie später oft bereute. Noch dazu gelangte sie immer mehr zur Erkenntnis, dass ihr Angreifer und Wohltäter dieselbe Person, nämlich ihr nunmehriger Ausbeuter Schurli war.

„Unser Unternehmen ist ausbaufähig“, hatte Patrik gesagt, wobei sie das Wort unser störte. Er trägt nichts bei zu unserem Unternehmen, er kassiert nur. Ich allein hole die Kastanien aus dem Feuer. Sie erkannte in dem Moment, dass alle Freier in ihrer Gier nach Geld gleich waren und ihre Huren bis zum letzten ausquetschten. Nur, dass sie das auf unterschiedliche Art und Weise taten. Patrik war nicht besser als ihr ehemaliger Zuhälter Schurli, ein gefürchteter Strizzi.

Schurli hatte sie meist aus unmittelbarer Nähe ihres Stammplatzes beobachtet. Wenn er sah, dass sie entgegenkommende Männer nicht absichtlich anrempelte, augenzwinkernd schmutzige Bemerkungen wie „Wie wär’s mit uns beiden“ und dergleichen zurief, die Männer nicht unsittlich wie zufällig am Schritt berührte, die Männer sich nicht in ein Gespräch zwecks Geschäftsabwicklung einließen oder wenn sie zu wenig Geld heimbrachte, schlug er sie grün und blau. Brachte sie viel Geld heim, verwöhnte er sie und hievte sie in den Himmel. Dann erfuhr sie selten, aber doch so etwas wie Anerkennung und Stolz, ein Gefühl, das sie sonst nicht kannte. Als Schurli dann eines Tages sagte, er brauche wegen seiner schwachen Lungen Luftveränderung und müsse ans Meer fahren, drohte er ihr, sie müsse ihm das ganze Geld nachschicken, denn an seiner statt würde sie von seinem besten Freund kontrolliert. „Wehe, du betrügst mich. Dann Gnade dir Gott, wenn ich wieder zurückkomme.“

Bald kam sein erster Brief von seinem Aufenthalt am Meer mit der Kontoverbindung. Und so überwies sie ihm das Geld auf sein Konto aus Angst, von seinem Freund verdroschen zu werden. Als ihr aber jemand zuflüsterte, der Schurli sei mit seiner neuen Flamme ans Meer auf Urlaub gefahren, den du bezahlst, hätte sie ihn am liebsten getötet. Ab dann schickte sie ihm kein Geld mehr nach. Aus Angst, Schurli würde zurückkommen, wenn er von ihr kein Geld mehr bekäme, hatte sie sich Patrik angelacht als ihren neuen Freier und Beschützer.

Und nun wollte Patrik mehr Geld und quetschte sie ebenso aus wie eine Zitrone, eine Erkenntnis die schmerzhaft für sie war. In ihrem Zorn hätte sie Patrik am liebsten den Laufpass gegeben. Dennoch, eines musste sie Patrik zugutehalten. Wenn er auch öfters bemängelte, sie bringe zu wenig Geld heim, schlug er sie nie grün und blau. Er verstand es auf eine andere Art und Weise, sie wie ein billiges Flittchen hinzustellen, welches wie ein kleines, dummes Kätzchen nach seiner Pfeife zu tanzen hatte und von ihm Belehrungen hinzunehmen hatte, um mehr Gewinn zu erzielen.

Zwar wusste Angelique, dass sie leichtgläubig war und sich zu leicht von den Männern einwickeln und besänftigen ließ, aber um dagegen anzukämpfen, war sie zu schwach.

Patrik wusste, wie er seine Ziele durchsetzen konnte. Die Regeln bestimmte er. Als er sie das nächste Mal stürmisch liebte, wandte er seine oft erfolgreich erprobte Taktik an, um sie umzustimmen. Als sie miteinander schliefen, sie im Liebesrausch von überwältigender Sinneslust beherrscht war, hielt er plötzlich inne. „Nein“, schrie sie laut protestierend. „Dann musst du mir versprechen, mein Vorhaben durchzuführen“, stöhnte er.

„Ja“, schrie sie, unfähig, dagegen zu protestieren, während sie ihn unsanft in ihren Schoß drückte, um wohltuende Befriedigung zu finden. So holte er sich in ihrem höchsten Liebestaumel ihre Zusicherung, sein Einkommen zu vermehren.

Vordergründig galt es bei diesem Abkommen, sein Einkommen zu erhöhen. Und so instruierte er sie wie bei einer Dressur, die Vorlieben und Illusionen ihrer Kunden herauszufinden, um ihren Verdienst zu erhöhen und um mehr Stammkundschaften anzulocken. „Wichtig ist ein gepflegtes Äußeres. Deine Hände müssen manikürt, die Füße pedikürt sein. Du musst immer allerfeinste Unterwäsche tragen und nie nuttig aussehen. Dein Freier muss alles besser als zuhause vorfinden, als befände er sich in einer anderen Welt. Du musst ihm all das bieten, was er zuhause nicht hat. Sauberkeit, gute Düfte, ein gutes Parfüm ist oberstes Prinzip. Denn er muss denken, dass er dafür bezahlen muss, sich in dieser besseren Welt aufhalten zu dürfen. Verschwiegenheit ist eines der obersten Prinzipien. Der Kunde ist König und muss sich bei dir sicher fühlen, noch dazu, wenn er liiert ist. Du darfst ihn niemals verraten. Besser du wechselst die Straßenseite, wenn du ihn mit seiner Frau oder Freundin begegnest. Für den Freier bist du oft wie ein psychologischer Sozialdienst. Du bist Ersatz, entweder für seine Mutter die ihn nie geliebt hat, für seine Lehrerin, die er bewunderte und die ihn durchfallen ließ, für ein Mädchen, das er anhimmelte und nie bekommen hat. Aber du bist auch ein Fußabstreifer für jene Freier, welche von Schuldgefühlen geplagt sind, und deren Gewissensbisse du erleichtern sollst. Du bist ein Ventil für jene Freier, deren Wut über ihr erlittenes Unrecht du entgelten und ihre offenen Rechnungen bezahlen sollst. Du bist für den Freier Freiwild. Alles, was ihm gefällt, muss dir gefallen, alles, was er liebt, musst du lieben. Seine Vorlieben darfst du niemals belächeln.“

Sie müsse sich scheu und unerfahren geben, als wäre sie zum ersten Mal bereit, mit ihm zu schlafen. Es gehöre zu ihrem Geschäft, jedem Mann höchste Erregung vorzutäuschen, um jedem ihrer Freier das Gefühl zu geben, er wäre was ganz Besonderes.

Auf Wunsch müsse sie gekleidet wie ein Püppchen in einem kurzen rosa Rüschenkleid mit weißen Kniestrümpfen, mit einer Federboa mit Zöpfen und Haarmaschen piepsen und zappeln wie ein Kind. Sie müsse sich die Zeit genau einteilen, nicht dass sich die Freier die Klinke in die Hand geben. Auch müsse sie genug Zeit haben, sich einerseits zu waschen und zu pflegen, um immer frisch, aus dem Ei gepellt, auszusehen. Selbst wenn sie ihre Tage hätte, müsse sie Geld verdienen, indem sie sich ein Diaphragma und dann noch einen sterilisierten Schwamm hineinstopfe, der jedes Leck dicht machen würde. Jedem Freier müsse sie das Gefühl geben, sie hätte mit keinem anderen Mann derartiges Glück erlebt und er ihr lang begehrter Traummann wäre, auf den sie Zeit ihres Lebens gewartet hätte. Zärtlich müsse sie ihm mit unschuldigem Augenaufschlag versichern, dass sie erst kürzlich entjungfert wurde und völlig unschuldig in diese Situation geraten wäre, denn nachdem sie keinerlei Unterstützung bekäme, müsse sie ihr Medizinstudium selber finanzieren. Oder sie müsse gegebenenfalls, wenn es gewünscht wurde, bei den unterwürfigen Freiern derbe Sprüche anwenden, gegen zusätzliches Geld als Domina in Lax und Leder, Riemen, in Stiefeln und Reitpeitsche fungieren, sich als Herrin, oder Meisterin anreden lassen und ihn um Schläge bitten lassen. Schläge müsse sie mit der Haarbürste auf seinen Hintern tätigen, um keine Striemen zu hinterlassen. Selbst wenn es ihr eine große Überwindung kosten würde, müsse sie die sexuellen Wünsche ihrer Freier ausreizen. Diese Freier müssten für sie die Drecksarbeit machen und sie waschen und ankleiden. Sie dürfe sie nur mit einem größeren Geldbetrag über ihre Schwelle treten lassen, dabei dürften sie sie nie direkt ansehen, nur wenn sie es ihnen erlauben würde. Sie müssten ihr Treue schwören und ihr bedingungslos folgen, denn was sie befehle, müsse Gesetz für sie sein. Kurzum müsse sie dem Freier die lang gehegten Fantasien, ein lustvoll leidender Sklave einer grausamen Herrin zu sein, erfüllen.

„Wenn der Freier sagt, du bist dein Geld wert, ich komme wieder, weißt du, dass du es gut gemacht hast. Bevor du in ein Auto zum Freier steigst, frage vorher deine Kolleginnen, ob sie den Freier oder das Auto kennen und ob der Freier gefährlich ist. Du musst trachten, dass du mit dem Freier gesehen wirst, wenn du wegfährst, damit man dich finden kann, falls du länger nicht zurückkommst. Am besten wäre es, wenn du dir einen Pfefferspray besorgen würdest. Wenn es auch noch so abwegig ist, was er verlangt, musst du dennoch Lust zeigen. Du bist seine Kurtisane genauso wie jene, welche einst als Geliebte des Königs bei Hof gelebt haben. Du musst, wenn der Freier es wünscht, für seine Frau Geschenke kaufen, nachdem du ihn über ihre Lieblingsfarbe und Kleidergröße ausgefragt hast“, fuhr er fort.

Eventuell sollte sie zusätzlich einen Gewinn dadurch erzielen, dass sie die Freier verliebt mache. Sie müsse ihren Freiern dann erklären, dass sie krank wäre und dringend Geld benötige oder ihnen versprechen, dass sie diesen Job sofort beenden würde, wenn sie mit ihm gemeinsam ein Leben beginnen könne oder Geld hätte, da sie sich von ihrem Zuhälter freikaufen müsse.

Woher wusste er von diesen Geschäftspraktiken? Was trieb Patrik hinter ihrem Rücken, rätselte Angelique, während ihre Eifersucht wuchs.

Indes zählte Patrik in Gedanken das täglich mehr verdiente Geld und welchen finanziellen Zugewinn er sich durch diese neuen Geschäftspraktiken erhoffen konnte.

Vielleicht kann ich noch zusätzlich Fotos von ihr beim Sex mit verheirateten Männern machen und diese dann erpressen? Fredy wird mir helfen. Das brauchte sie nicht zu wissen. Wichtig war, Fredy und seinen Freunden zu imponieren mit Geld, und dass er dadurch seinen Spieleinsatz maximieren und die Gewinnaussichten erhöhen konnte.

Der Streit mehrte sich nicht nur wegen Patriks ausschweifenden Lebensstil und seinem Hang, das Geld sinnlos zu verschwenden.

Seine unterschwelligen Beleidigungen ihr gegenüber, seine Jugend und ihr augenscheinliches Verfallsdatum ständig vor Augen, machte Angelique eifersüchtig und zermürbte sie zusätzlich.

Seinen aufgestauten Hass auf sie, den er in nüchternem Zustand unterdrückte, bekam sie in seinem betrunkenen Zustand, wenn die Hemmschwelle gefallen war, wie schmerzliche Herzstiche zu spüren. In seiner Hassliebe nörgelte er ständig an ihr herum und beschimpfte sie.

Wenn er ihr diese Herzstiche wenigstens aus Eifersucht zugefügt hätte, hätte sie das verstanden und sich damit getröstet. Seine unbedachten Aussagen im betrunkenen Zustand „Die Welt wäre so schön, nur nüchtern sollte man nicht werden. Alle haben so schöne Ehefrauen“, ärgerten sie maßlos. Das brachte ihr Selbstwertgefühl ins Wanken. Das konnte nur heißen, dass er sie im nüchternen Zustand nicht anschauen konnte. Sie war ihm entweder zu hässlich oder zu alt. Niemand brauchte ihr zu sagen, wie alt sie aussah. Immer öfters war sie verbittert und hasste ihren Beruf mehr und mehr. Sie wusste selbst am besten, wie sehr die seelischen und körperlichen jahrelangen Strapazen auf der Straße an ihr nagten, welche Folgeschäden dadurch entstanden waren und ihre einstige Schönheit verwelken ließen. Patrik ließ keine Gelegenheit aus, um sie zu demütigen. Als wäre sie ein Zirkuspferd, extra zu seinem Nutzen geschaffen, prahlte er sich augenzwinkernd in weinseliger Runde vor seinen Freunden mit seinem „Rennpferdchen“, bezeichnete sie als treue Dienerin ihres Herren. Um seine unangetastete Macht über sie zu demonstrieren, riss er ihr die Kleider vom Leib, gab seiner Alten einen Klaps auf den Hintern, als wäre sie sein Eigentum, mit dem er machen könne was er wolle. Wehe, wenn sie nicht pünktlich zu Mittag mit dem Geld da war. Dann beschimpfte er sie als unzuverlässige Schlampe. „Ich muss mir eine zweite Einkommensquelle zulegen. Mit dir geht es bergab.“

In solchen Augenblicken verwünschte sie ihn. Wäre sie ihm nur niemals begegnet. Wo war ihr Stolz geblieben? Wie tief war ihre Abhängigkeit? Gab es ein Entrinnen? Wo waren ihre guten Vorsätze hingekommen, hier Geld zu verdienen, ihre Familie in der Heimat zu unterstützen und im Alter, finanziell unabhängig, zurückzukehren zu ihren Wurzeln in der Heimat?

Noch schlimmer war es für Angelique, wenn er bewusst seine grauenhafteste Taktik vor seinen Freunden anwandte, um sie zu demütigen und zu kränken. Dann sprach er, als wäre sie nicht da, über junge hübsche Newcomer auf dem Markt, die ihn anhimmelten. Immer dann schürte er ihre Eifersucht und ihr Selbstwertgefühl sank ins Bodenlose. Schürte er ihre Eifersucht, um sie absichtlich zur Weißglut zu bringen? Wollte er sie loswerden und traute sich nicht, den ersten Schritt zu machen? Blieb er nur des Geldes wegen bei ihr und amüsierte sich hinter ihrem Rücken?

Die immerwährende Eifersucht und Angst, er würde sie bald wegen einer jüngeren, schöneren Frau verlassen, bohrte in ihr und verbreitete sich wie ein Krebsgeschwür. Amüsierte er sich mit ihrem Geld schon mit einer anderen und verprasste ihr schwer verdientes Geld mit ihr? Sie fühlte, wie sie ihn immer mehr verlor und er die Fassade nur wegen ihres Geldes aufrecht hielt. Ihre Liebe zu ihm schien nie zu versiegen und verwies sie auf den schwächeren Posten. Sie sehnte jede Versöhnung herbei. Denn nach jedem Streit, wenn er wieder nüchtern war, ließ Patrik nichts unversucht, sich wieder mit ihr zu versöhnen. Er ließ seinen ganzen Charme spielen, brachte ihr Blumen, führte sie in elegante Restaurants zum Essen aus und bekräftigte, wie sehr er sie liebe.

Würde sie jemals die Kraft haben, sich von diesem Parasiten zu trennen?

Als Patrik Lerner aber dann jeden Tag mit Fredy spielte und süchtig nach den Spieltischen wurde, das Geld viel zu schnell ausging und er immer mehr Geld von Angelique forderte, häuften sich die Streitereien.

Dass Angelique ihrer Familie kein Geld mehr schicken konnte, bedrückte sie. Die Bettelbriefe ihrer Familie aus Rumänien taten ihr weh. Sie beantwortete die Briefe stets mit der Lüge, sie könne kein Geld schicken, da sie krank wäre und derzeit nichts arbeiten könne. Gut, dass sie ihren Landsleuten hier auswich, damit ihre Familie in Rumänien nichts von ihrem Hundeleben, welches sie als Prostituierte führte, erfahren konnte. Sie hätte sich sonst nie mehr getraut, in die Heimat zu fahren, zu ihren streng religiösen Eltern.

„Du verspielst und verprasst das ganze Geld und bist nie zufrieden mit dem, was ich dir gebe. Ich habe dich verhätschelt und verwöhnt wie einen Märchenprinzen. Du nimmst das Geld als etwas Selbstverständliches an. Nirgends sonst kannst du ohne Mühe und ohne zu arbeiten so viel Geld verprassen.“ Patrik erwiderte nichts.

Angelique fühlte sich durch ihn immer mehr ausgenützt. Anfangs, in ihrer Verliebtheit, hatte sie es nicht wahrgenommen, dass er die Frechheit hatte, sie zu instruieren, mehr zu verdienen, damit seine Einnahmen größer wurden. Sie schob ihm so viel Geld in seinen gefräßigen Rachen und dennoch war es zu wenig. Mit der Zeit erkannte sie, dass alle seine Schmeicheleien und Heucheleien eigennützig, nur ihrem Geld geschuldet waren. „Ich werde dir in Zukunft das Geld vorteilen und jeden Tag nur Geld für zwei Bier geben“, drohte sie.

Patrik wurde zornig. „Das war der Deal. Du gehst anschaffen, bringst das Geld nach Hause, dafür bekommst du von mir meinen Familiennamen und die österreichische Staatsbürgerschaft, außerdem wirst du von mir beschützt“, schrie er lautstark.

„Du bist undankbar, du weißt nicht, wie schwer ich das Geld verdienen muss und wie es jeden Tag schwieriger für mich wird, diesen Job zu machen. Wie lange werde ich diesen Job noch machen können? Was dann, ohne Geld?“, bohrte sie weiter.

Nach einer Weile klagte sie, dass ihre Kunden immer extravaganter und brutaler werden würden und ihr das Letzte abverlangen würden. Insbesondere die junge Kundschaft verlange nur noch harten Sex. Ohne Schnaps halte sie dieses Leben sowieso nicht aus. Abends, wenn sie anschaffen gehe, fürchte sie diese brutalen, oft blutjungen Rocker, die den harten Sex zum ersten Mal mit ihr ausprobieren wollten. Dazu kam die Angst, in ein fremdes Auto einzusteigen und nicht mehr lebend herauszukommen. Sie kannte einige Prostituierte, welche ermordet worden waren. Deswegen schätzte sie jedes Mal ihre Freier im Wagen ab, wie weit sie in ihrer Perversität gehen würden. Welche brutale Taktik wird er anwenden? Wird dieser Freier mich fesseln und würgen, um an meiner Todesangst Befriedigung zu finden? Oder wird dies allein noch keine Befriedigung für ihn sein?

Ungerührt, als wäre Patrik taub, schaltete er den Fernseher ein und machte es sich auf der Couch bequem.

Wieder einmal ärgerte sie sich über seine Gleichgültigkeit. „Ich schiebe dir schon das ganze Geld in deinen gefräßigen Rachen, sodass ich mir für meine alten, kranken Tage nichts beiseitelegen kann. Was, wenn ich geschlechtskrank werde und nichts mehr verdienen kann?“

Er konnte nichts erwidern, denn er war inzwischen seelenruhig eingeschlafen.

Als sie kurze Zeit später ihren Schmuck im Dorotheum versetzen musste und auch ihr sauer verdientes, erspartes Geld wie Schneeschmelze in der Sonne dahingeflossen war, machte sie ihn allein dafür verantwortlich. Zudem plagte sie die Eifersucht und ihre Existenz- und Zukunftssorgen meldeten sich wie ein Krebsgeschwür zurück. Insbesondere, wenn sie neue, blutjunge, unverbrauchte Mädchen aller Hautfarben als Konkurrentinnen auf dem Straßenstrich sah, welche am liebsten bei ihrem Eintritt alle anderen verdrängt hätten, wurde ihr klar, dass es wegen ihres alternden, verwelkten Körpers mit dem Geldsegen bald vorbei sein könnte. Bei jedem blutjungen Mädchen am Straßenstrich fühlte sie sich älter. Sie merkte deutlich, wie das Alter an ihr nagte und sie immer unattraktiver wurde. Was sollte sie tun, wenn sie für keinen Freier mehr begehrenswert war?

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