Kitabı oku: «Segretissimo, streng geheim!», sayfa 8

Yazı tipi:

Innsbrucker Jesuit und Professor

Herwig Büchele gilt heute als einer der renommiertesten Theologen Österreichs. Der 1935 geborene Vorarlberger studierte Wirtschaft und Philosophie in Innsbruck und danach von 1965 bis 1970 Theologie in Löwen (Leuven). Er tritt schließlich den Jesuiten bei und wird 1969 zum Priester geweiht. Von 1972 bis 1983 ist Büchele Leiter der Katholischen Sozialakademie Österreichs, von 1978 bis 2001 Professor für Christliche Gesellschaftslehre an der Universität Innsbruck und von 1995 bis 1999 dort auch Dekan der Theologischen Fakultät. Seit 2001 ist Büchele emeritiert. Der Politikwissenschaftler Anton Pelinka schreibt in einer Würdigung zu Bücheles 80. Geburtstag:

Bücheles Werdegang ist sehr persönlich, atypisch und spezifisch. Als Student der Volkswirtschaft war er Mitglied der schlagenden Burschenschaft „Brixia“; nach Abschluss seines (Erst-)Studiums war er Mitarbeiter von Ferdinand Ulmer, der in den 1950er- und 1960er-Jahren die Brücke zwischen seinem Engagement als (ehemaliger) Nationalsozialist und dem gewaltbereiten Flügel der Südtirol-Aktivisten bildete. Doch dann änderte Büchele seine Perspektive, sein Leben. Karl Rahner, der damals an der Theologischen Fakultät Innsbruck lehrte, beeindruckte und beeinflusste ihn entscheidend. Büchele studierte Theologie, wurde Priester und Jesuit.16

Herwig Büchele spielte im BAS eine wichtige Rolle. Als Student und Burschenschafter der Innsbrucker Brixia ist er einer der engsten Mitarbeiter und Vertrauensleute von Norbert Burger. Der Wiener Militärhistoriker Hubert Speckner schreibt im sogenannten Historikerbericht der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ):

Die Bedeutung bzw. der Einfluss Norbert Burgers auf die Brixia wird gemäß übereinstimmenden Aussagen von deren „Alten Herren“ aber zumeist überbetont. Burger war lediglich häufiger Gast im Innsbrucker Brixenhaus. Hingegen war vielmehr der Jesuitenpater Herwig Büchele, ein Vorarlberger, der an der Theologischen Fakultät der Universität Innsbruck lehrte, eine der anregenden Persönlichkeiten und prägenden Gestalten. Pater Büchele war bis zu seiner Priesterweihe als Brixe aktiv und hielt viele Vorträge zum Südtirol-Problem, wodurch er – neben der Geschichte der Burschenschaft Brixia – wesentlich an der Bewusstseinsbildung der aktiven Brixen zur Südtirol-Frage beitrug.17

Theologe und Hochschulprofessor Herwig Büchele: BND-Quelle in den Burschenschaften und im BAS.

In den österreichischen Burschenschaften werden ab 1958 immer wieder Geld-Sammelaktionen für Südtirol veranstaltet. 1959 gründet Herwig Büchele mit mehreren anderen Mitgliedern der Brixia in Innsbruck den „Bund Aufrechter Südtirolfreunde“ (BAS). Das Ziel des Bundes ist es, das Südtiroler Selbstbestimmungsstreben „mit allen Mitteln“ zu unterstützen. Am Kommers des Grazer DBÖ-Tages, des Dachverbands der österreichischen Burschenschaften, wird die „Sammelaktion für Südtirol“ von Büchele vorgestellt, der damals Volkstumsreferent des DBÖ ist. Jeder Burschenschafter soll an den „Bund Aufrechter Südtirolfreunde“ 10 Schilling zahlen, die dann über Herwig Büchele nach Südtirol gehen sollen.18Dass Bücheles Bund dieselbe Abkürzung hat wie der „Befreiungsausschuss Südtirol“, ist kein Zufall. Man hat das Akronym BAS bewusst gewählt, als Tarnbezeichnung für den richtigen BAS, dem das Geld zugutekommen soll. Am 2. März 1960 schickt die Wiener BND-Residentur „Handelskontor“ eine Meldung über das Verhältnis zwischen dem richtigen BAS und Bücheles BAS nach Pullach. Dort heißt es:

Unterstützt wird diese Tätigkeit von einer Aktivistengruppe in Nordtirol (Österreich), die sich im „Bund Aufrechter Südtirolfreunde“ (BAS!) eine organisatorische Basis geschaffen hat. Präsident dieses Bundes ist der Universitätsassistent Dr. Herwig Büchele, Innsbruck, ein in der national-freiheitlichen Bewegung bekannter Aktivist. Seine Hauptaufgabe sieht der Bund in der Beschaffung der Kampfmittel für den BAS/Südtirol.

Bericht des Wiener Handelskontors: Vertrauliche Informationen über den BAS im Frühjahr 1960.

Durch Spendenaktionen werden die Geldmittel zusammengetragen, mit denen Waffen, Munition und Sprengmaterial beschafft werden.19

Warum der BND so zeitnah über den „Bund Aufrechter Südtirolfreunde“ und den wahren Hintergrund informiert ist, geht aus einer Vorbemerkung zu diesem Bericht der Wiener BND-Niederlassung hervor:

Nachstehende Information über Südtirol wurde aus unbedingt zuverlässiger Quelle über eine SV [Sonderverbindung – Anm. d. Autors] bekannt. […] Es darf um besonders vorsichtige Verwendung gebeten werden, da das Bekanntwerden von Einzelheiten aus dieser Information notwendigerweise zur Enttarnung hiesiger SV vor allem gegenüber der Qu. [Quelle – Anm. d. Autors] führen muss, was für die SV äußerst peinliche Folgen hätte. […] Nachstehende Mitteilungen erfuhr SV aus Gesprächen mit Qu., die zwischen Mitte Januar und Mitte Februar 1960 geführt wurden.20

Wer die Sonderverbindung und die Quelle sind, geht aus einer handschriftlichen Notiz hervor, die jemand in Pullach an die Meldung aus dem „Handelskontor“ heftet:

Quelle: Uni-Dozent Herwig Büchele, Innsbruck, geführt von DN Wieland, Wien.21

Rudolf Wihan alias Agent „Wieland“ ist selbst im DÖB tätig und hat zu diesem Zeitpunkt enge Kontakte zu Büchele. Es ist sogar anzunehmen, dass der BND-Mann zumindest bis zu dessen Ausscheiden aus dem BAS Ende 1961 Büchele führt. Ob der Jesuit dabei nur abgeschöpft – das heißt von „Wieland“ unbewusst ausgehorcht wird – oder bewusst für den deutschen Nachrichtendienst arbeitet, geht aus den vorliegenden Akten nicht hervor. Aber es spricht einiges dafür, dass Büchele weiß, mit wem er redet.

Wenige Wochen nach der Feuernacht 1961 schickt der Leiter des „Handelskontors“ denselben Bericht noch einmal nach Pullach. Im Begleitschreiben steht:

In der Anlage Fotokopie eines Berichts vom 2.3.1960. Quelle des Berichts war V-14791 (DN Wieland). V-14 791 hat weiterhin Möglichkeiten, in den in der Meldung erwähnten Kreisen entsprechende Nachforschungen anzustellen. Falls dort Interesse besteht, wird um Rückäußerung gebeten.

Agent „Wieland“ bewährt sich in den rechtsnationalen Kreisen und wird Anfang 1961 vom deutschen Nachrichtendienst auch auf den „Ring Freiheitlicher Studenten“ (RFS) angesetzt. Dort soll der BND-Agent Zuträger und Informanten anwerben, denn der rechtsgerichtete von Burschenschaftern durchsetzte RFS ist ein ergiebiges Rekrutierungsreservoir für die Spionagearbeit des deutschen Nachrichtendienstes in Richtung Ostblock. Man sucht in Wien junge Studenten, die für den BND als Kuriere und Spione in Ungarn oder der Tschechoslowakei tätig werden.

Am 28. Jänner 1961 wird in der BND-Zentrale in Pullach ein neuer Mitarbeiter registriert. Rudolf Wihan wirbt einen neuen Mann an, der in Pullach ab diesem Zeitpunkt unter der Nummer „V-22 271“ geführt wird. Hinter dieser Verwaltungsnummer verbirgt sich der damals 22-jährige Wiener Student und Burschenschafter Rainer Mauritz (* 1939).22

Die Person Rainer Mauritz und seine politische Überzeugung lassen sich am besten anhand eines kleinen Taschenkalenders beschreiben. Dieses „Merkbuch 1961“ hat eine Seite, in die die „Wichtigsten Familiendaten“ eingetragen werden können. Mauritz notiert darin:

Beschlagnahmtes Merkbuch von Rainer Mauritz: Hitlers Geburts tag eingetragen.


24.2. Mutti Geburtstag
16.3. Omi Geburtstag
18.3. Mutti N. T. [Namenstag – Anm. d. Autors]
20.1. Onkel Otto G. T. [Geburtstag – Anm. d. Autors]
20.4. Hitler G. T.
11.5.

„20.4 Hitler G. T.“, also 20. April, Hitlers Geburtstag: Ein Kommentar erübrigt sich. Drei Jahrzehnte später holt Rainer Mauritz seine Vergangenheit ein. Mauritz ist zu diesem Zeitpunkt FPÖ-Bezirksobmann von Klosterneuburg und seit fünf Jahren Präsident des „Österreichischen Fechtverbandes“ (ÖFV). Als solcher muss er in den 1990er-Jahren zurücktreten, als das Wiener Nachrichtenmagazin „profil“ diese Taschenbuchnotiz öffentlich macht. Vor allem nach seinem absurden Rechtfertigungsversuch, denn Mauritz erklärt in einem Interview ernsthaft:

Meine Großmutter hatte ein Papiergeschäft, in dem ein Maler namens Adolf Hitler immer Farben und Papier eingekauft hat. Meine Großmutter war von ihm sehr angetan, denn er hat ihr immer Nelken geschenkt. Ich habe meiner Großmutter deshalb bis zu ihrem Tod zu Hitlers Geburtstag immer Nelken geschenkt.24 Fortsetzung

„Kleiner Jude“

Eine Notiz auf einem Bericht über den österreichischen Außenminister Bruno Kreisky verdeutlicht einmal mehr die NS-Kontinuitäten innerhalb des BND.

Rund um die Wiener BND-Außenstelle „Handelskontor“ wird die politischideologische Geisteshaltung augenscheinlich, die noch in den 1960er-Jahren innerhalb des deutschen „Bundesnachrichtendienstes“ vorherrschend ist. Österreich wird in den Jahren 1959 bis 1966 von Großen Koalitionen regiert, die Österreichische Volkspartei (ÖVP) stellt den Bundeskanzler, die Sozialistische Partei Österreichs (SPÖ) den Außenminister. Und gerade der Sozialist Bruno Kreisky ist als Außenminister vielen innerhalb des deutschen Nachrichtendienstes allein aus ideologischen Gründen nicht geheuer. Kreisky äußerst sich mehrmals sowohl in vertraulichen Gesprächen als auch in öffentlichen Stellungnahmen sehr kritisch über die Aufklärungsarbeit des deutschen Nachrichtendienstes in Österreich. Der BND beobachtet diese offene Feindseligkeit mit Argusaugen. Der Konflikt spitzt sich im Herbst 1961 ausgerechnet am Thema Südtirol noch einmal zu. Anfang November 1961 verschickt der Leiter der politischen Aufklärung im „Strategischen Dienst“, Kurt Weiß (DN „Winterstein“, Tarnziffer „181“), eine sogenannte „Führungsunterrichtung“. Darunter sind wichtige Informantenberichte gemeint, die bewusst einem größeren Empfängerkreis im BND zugestellt werden. In der meldedienstlichen Verschlusssache mit dem Betreff „Kreisky beschuldigt den BND der Einmischung in der Südtirolfrage“ wird ein Bericht eines BND-Informanten aus Wien wiedergegeben. Der Bericht stammt von „V-21.503“, dem als Journalist getarnten BND-Mitarbeiter Ernst Christoph Schepky. Dieser schreibt:

Außenminister Kreisky äußert in letzter Zeit im Wiener Außenministerium gegenüber jedermann, dass die österreichische Südtirol-Politik von der „Organisation Gehlen“ durchkreuzt worden sei. Er bemüht sich ferner, dass diese Darstellung ins Ausland und besonders nach Amerika gelangt. Sein Vertrauensmann in den Vereinigten Staaten, der frühere Kommunist Ali Korn, erhielt z. B. ausdrücklich den Auftrag, nach Rückkehr in die USA diese Story zu verbreiten.

Kernpunkt Kreisky’scher Kritik ist die Behauptung, Italien hätte durch die „Organisation Gehlen“ bezüglich der Südtirolfrage Material gegen Österreich erhalten. Unter dem Vorwand, NATO-Interessen zu vertreten, habe die „Organisation Gehlen“ mit der Regierung in Rom zusammengearbeitet und Österreich in eine schlechte Lage gebracht.25

Alfred Korn war presserechtlich Verantwortlicher und Redakteur der Zeitschrift „Forvm. Österreichische Monatsblätter für kulturelle Freiheit“, die vom Schriftsteller Friedrich Torberg geleitet wurde. Bruno Kreisky holte Korn ins Presseamt der Bundesregierung, wo er für den Presse- und Informationsdienst der Republik Österreich in New York tätig war. Als die Südtirol-Frage 1960 und 1961 vor der UNO in New York debattiert wird, ist Korn einer der wichtigsten PR-Fachleute der österreichischen Regierung in den USA. „Ein ganz, ganz gefährlicher Vogel“, notiert ein BND-Mitarbeiter handschriftlich neben dem Namen „Ali Korn“ auf den oben zitieren Bericht vom November 1961.26

Bruno Kreisky

Kreiskys Äußerungen zum BND lösen in Pullach Alarm aus. Im Sommer 1961 hatte das italienische Magazin „L’Espresso“ in einem Artikel behauptet, dass der BND bei der Verhaftung der Südtiroler BAS-Attentäter mit dem italienischen Partnerdienst zusammengearbeitet und entscheidende Hinweise gegeben habe. Die Meldung wird im August 1961 von mehreren österreichischen Zeitungen übernommen. In Pullach sieht man eine bewusste Kampagne gegen den BND, die vom österreichischen Außenminister initiiert wird.

Kurt Weiß notiert in einem Vorblatt zu dieser Meldung: „Kann festgestellt werden, welche Quelle dem Kr. [gemeint ist Kreisky – Anm. d. Autors] diese Sache gesteckt hat, natürlich absichtlich?“27

Kurz vor Weihnachten 1961 kommt die Antwort darauf aus der Abteilung „Gegenspionage Süd/Öst“. Der leitende Mitarbeiter Oskar Reile (DN „Rischke“) notiert:

Unmittelbare Erkundung dieser Zusammenhänge in der nächsten Umgebung Kreiskys, um eine Bestätigung zu bekommen, erscheint bedenklich, da der Name Gehlen dabei genannt werden müsste und dies dann sofort Verdacht erweckte. Außerdem handelt es sich bei den in Betracht kommenden Quellen und GM [Gelegenheitsinformanten – Anm. d. Autors] um nicht eingewiesene Personen. Bei dieser Quellenlage ist keine befriedigende Klärung vorauszusehen, selbst dann nicht, wenn Kreisky seine Kenntnisse tatsächlich nicht aus der Presse, sondern auf andere Weise bezogen hätte. Wenn von dort kein weiterer Bescheid kommt, wird der Erkundungsauftrag vorläufig ruhen gelassen.28

Man kann heute mutmaßen, woher Bruno Kreisky seine Informationen zum BND hatte. Einer seiner wichtigsten Kontakte in Amerika war Klaus Dohrn (1909–1979). Dohrn studiert Theologie in Innsbruck und München und arbeitet dann als Journalist, 1932/33 lebt er als Korrespondent der „Rein-Mainischen Volkszeitung“ in Rom. Danach ist er bis 1938 in Wien tätig, muss aber als Mitglied des katholischen Widerstandes zuerst in die Tschechoslowakei, dann nach Frankreich und Spanien emigrieren. Eine Schwester Dohrns heiratet Christoph Probst, Mitglied der Studentengruppe „Weiße Rose“, der im Februar 1943 von den Nazis hingerichtet wird. Nach dem Krieg wird Klaus Dohrn zum Europakorrespondenten von Henry Luces Magazinen „Time“ und „Life“. 1948 in den USA eingebürgert, lebt Dohrn abwechselnd in den Vereinigten Staaten und in der Schweiz. Der Wiener Journalist, Verleger und BAS-Finanzier Fritz Molden beschreibt Dohrn so: „Ein Einzelgänger, tiefgläubiger Katholik, in Zürich wohnhaft, aus Deutschland gebürtig, bei Konrad Adenauer ebenso zu Hause wie im Vatikan.“29

Bruno Kreisky selbst widmet Dohrn in seinen Memoiren breiten Raum:

Klaus Dohrn war einer der farbigsten und intelligentesten Leute, die mir jemals begegnet sind. […] Er arbeitete als deutscher Emigrant in Amerika und legte keinen Wert auf Öffentlichkeit. Es genügt ihm, mit wichtigen amerikanischen Persönlichkeiten zusammenzutreffen, von ihnen Hintergrundinformationen zu erhalten und sich gleichzeitig als versierter und diskreter Vermittler auszuweisen. Er war ein enger Freund Torbergs aus dessen amerikanischer Zeit, besaß eine profunde Bildung und war überall ein gern gesehener Gast.30

Aus dieser Charakterisierung Kreiskys schimmert durch, dass der österreichische Außenminister mehr über die Rolle weiß, die der diskrete amerikanischdeutsche Journalist jahrzehntelang gespielt hat.

Denn Klaus Dohrn war ab den 1950er-Jahren nachweislich einer der wichtigsten Informanten und Sonderverbindungen des „Strategischen Dienstes“ im BND. Pullach führte den Journalisten unter dem Decknamen „Duttweiler“ oder abgekürzt „Dut.“. Dohrn liefert jahrelang wichtige Informationen nach Pullach.

Notiz zu Bruno Kreisky auf BND-Bericht: Ideologische Kontinuitäten in Pullach.

Bruno Kreisky spricht in seinen Lebenserinnerungen von nächtelangen Gesprächen mit Dohrn. Dabei dürften wohl auch das Thema Südtirol und die Rolle des BND angesprochen worden sein. Sicher ist, dass die rechtskonservativen und von ehemaligen SS- und SD-Seilschaften durchzogenen Mannen aus Pullach Kreiskys „Kampagne“ gegen den BND absolut nicht goutieren. Welcher Geist 16 Jahre nach Kriegsende und dem Fall des Nationalsozialismus innerhalb des BND noch herrscht, wird an einer Randbemerkung deutlich, die ein Sachbearbeiter per Hand auf den Spitzelbericht kritzelt. Über dem Bericht aus Wien steht: „Kleiner Jude, Freund Kr.“31

Anfang der 1960er-Jahre ist Rainer Mauritz Mitglied der schlagenden Burschenschaft Olympia und Chefredakteur der Zeitung des RFS „Der Ring“. Mauritz wird zudem im Frühjahr 1961 als Ersatzmitglied in das höchste operative Organ der Burschenschaften in Österreich gewählt. Seine Arbeit für den BND soll Rainer Mauritz im Osten beginnen. Am 11. und 12. Juni 1961 wird „V-22 271“ von seinem Verbindungsoffizier zu einem Kuriereinsatz nach Budapest geschickt. Weil Mauritz bereits damals über ein eigenes Auto verfügt, ist er dazu prädestiniert. Sein nächster Einsatz ist für den 24. September 1961 geplant. Diesmal soll „V-22 271“ für den BND in die Tschechoslowakei nach Brünn fahren.32 Doch dazu kommt es nicht mehr, da der Student bei einem BAS-Einsatz verhaftet wird.

Römischer Molotowcocktail

Rainer Mauritz kommt über Norbert Burger und die Burschenschaft Olympia schon früh mit dem Thema Südtirol in Berührung. Er beteiligt sich in Wien mehrmals an Schmieraktionen für Südtirol und am Verteilen von Flugblättern. Vor allem ist er auch bei einer Operation dabei, die als „Burgers Kinderkreuzzug“ in die Zeitgeschichte eingeht. Es ist eine Aktion, die katastrophal endet. Im Sommer und Herbst 1961 plant der BAS mehrere spektakuläre Operationen. Die Anschläge sollen einerseits als Entlastung für die im Gefängnis einsitzenden Südtiroler BAS-Leute dienen, und andererseits ein Beweis dafür sein, dass der illegalen Untergrundbewegung nach der Verhaftungswelle noch genügend Leute zur Verfügung stehen, um den Kampf um Südtirol fortzusetzen. Norbert Burger plant zusammen mit der Innsbrucker BAS-Führung eine breit angelegte Anschlagsserie in mehreren italienischen Städten, die von einem Dutzend deutscher und österreichischer Burschenschaftern durchgeführt werden sollen. Bereits im Herbst 1960 hatte sich der Innsbrucker BAS-Mann Heinrich Klier von einem ihm bekannten Techniker neue Zünder bauen lassen. Diese sind eine Nachbildung jener Zünder, die britische Sabotagekommandos während des Zweiten Weltkrieges verwendet hatten. Wegen ihrer zigarrenartigen Form, ähnlich einer kleinen Wurst, bekommen sie innerhalb des BAS den Namen „Zizi“. Die Zünder bestehen aus einem knapp zehn Zentimeter langen Aluminiumröhrchen, in dem sich eine Sprengkapsel und eine geringe Menge Schwarzpulver befinden. Als Auslöser fungiert innerhalb des Röhrchens ein kleiner Hammer, der an einer Feder befestigt ist. Diese Feder wird von einem Gummiring unter Spannung gehalten. Schneidet man den Gummiring durch, schleudert die Feder den kleinen Hammer auf die Sprengkapsel und die Schwarzpulverladung explodiert. Der BAS konstruiert mit diesen Zündern eine Art selbst zündende Molotowcocktails. Die Zizi-Zünder werden dazu in eine mit Benzin gefüllte Flasche gesteckt, das Benzin frisst langsam den Gummiring durch und löst die Explosion des Schwarzpulvers aus.

Bereits im Frühsommer 1961 beginnt Norbert Burger persönlich junge Studenten in Österreich für diese Aktion anzuwerben. Den Großteil der Beteiligten findet Burger in der Wiener Burschenschaft Olympia. Gleichzeitig beauftragt er im Juli 1961 den deutschen Studenten und Burschenschafter Hans Hubert Sauer, der seit 1959 in Wien studiert, verschiedene deutsche Burschenschafter zu kontaktieren. Ende Juli erklären sich auch vier Mitglieder der Burschenschaft Germania aus Erlangen bereit mitzumachen. Anfänglich ist geplant, die selbst zündenden Brandflaschen in Südtiroler Kinos zu deponieren. Doch dann ändert man den Plan. Die Benzinflaschen sollen in Koffern verpackt in den Gepäckaufbewahrungen verschiedener italienischer Bahnhöfe abgegeben werden.

So starten am 9. September 1961 vier BAS-Kommandos von Innsbruck aus in Richtung Italien. Das erste Kommando mit Udo Dupona, Bruno Zimbran, Klaus Starzengruber und Peter Bachmayer soll die Brandflaschen in Koffern verpackt in der Gepäckaufbewahrung der Bahnhöfe von Verona und Rovereto abgeben. Es werden am Ende auch die einzigen sein, die wie geplant explodieren und dabei einigen Sachschaden anrichten. Kommando zwei, bestehend aus Günther Schweinberger und Hans Hubert Sauer, fährt mit dem Zug nach Ala. Weil sie das Treffen mit den anderen versäumen, übernachten sie schließlich am Gardasee und fahren am nächsten Tag unverrichteter Dinge mit dem Zug nach Wien zurück.

Für die anderen zwei Kommandos endet die Operation weit unglücklicher. Kommando drei, dem der Linzer Burschenschafter Helmuth Golowitsch und die deutschen Burschenschafter Johann Klein, Albert Meurer und August Schlegel angehören, soll in Trient zuschlagen. Als die Gruppe bereits auf den Bahnhof zufährt, explodiert plötzlich im Fond des Wagens eine der Benzinflaschen, der Wagen kommt von der Straße ab und kracht gegen einen Baum. Die vier Insassen werden, bevor sie flüchten können, von der Polizei verhaftet.

Dass die Molotowcocktails vorzeitig hochgehen, liegt an einem Denk- und Planungsfehler. Die Burschenschafter hatten in Wien am Bisamberg Probesprengungen mit derselben Konstruktion gemacht. Dabei dauerte es rund sechs Stunden, bis das Benzin das Gummiband durchgefressen hatte. Doch bei der Probe standen die Flaschen, während im Einsatz die Kommandos bereits außerhalb der Stadt die Benzinflaschen scharf machen und durch die Erschütterung während der Fahrt das Benzin den Gummiring weit schneller durchfrisst. So kommt es zur frühzeitigen Explosion. In Rom führt diese Fehleinschätzung fast zu einer Katastrophe.

Ücretsiz ön izlemeyi tamamladınız.

Türler ve etiketler

Yaş sınırı:
0+
Hacim:
545 s. 142 illüstrasyon
ISBN:
9788872838174
Yayıncı:
Telif hakkı:
Bookwire
İndirme biçimi:
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок
Metin
Средний рейтинг 0 на основе 0 оценок