Kitabı oku: «Verhaltensbiologie», sayfa 5

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Weiterführende Literatur

Bateson P, Laland KN (2013): Tinbergen‘s four questions: an appreciation and an update. Trends in Ecology & Evolution, 28(12), 712–718.

Bennet PM, Owens IPF (2002): Evolutionary Ecology of Birds. Oxford Series in Ecology and Evolution, Oxford, 278pp.

Krebs JR, Davies NB (1996): Einführung in die Verhaltensökologie. Blackwell, Berlin, 484pp.

Tinbergen, N. (1963): On aims and methods of ethology. Zeitschrift für Tierpsychologie, 20(4), 410–433.


Proximate Faktoren / Wirkmechanismen | 4

Inhalt

4.1 Verhaltensgenetik

4.2 Verhaltensphysiologie

4.3 Verhaltensontogenie

4.4 Außenreize und Innenreize wirken bei der Steuerung des Verhaltens zusammen

Proximate Faktoren beziehen sich auf den Wirkmechanismus. Gene bestimmen Verhalten, z.B. die Zugrichtung bei Vögeln oder Ausprägungen wie Ängstlichkeit. Dies kann durch Kreuzungsexperimente und Überkreuzaufzucht («cross-fostering») untersucht werden. Assoziationsstudien können die einzelnen Gene für ein Verhalten identifizieren und sie dann experimentell ausschalten («knockout»). Gene interagieren mit der Umwelt. Hormone bestimmen Verhalten, umgekehrt kann aber auch ein bestimmtes Verhalten eine Hormonsekretion auslösen, sodass von einer Rückkoppelung gesprochen wird. Hormone können analysiert und zu einem entsprechenden Verhalten in Bezug gesetzt werden, aber es können auch die jeweiligen Hormondrüsen entfernt und durch Hormongaben substituiert werden. Hormone spielen u.a. eine Rolle bei Balz, Aggressivität und elterlicher Fürsorge. Verhalten ist sowohl angeboren als auch erlernt und wird im Wechselspiel mit der Umwelt ausgeführt. Innen- und Außenreize wirken bei der Ausprägung von Verhalten zusammen und werden mit der Außenwelt abgeglichen.

4.1 | Verhaltensgenetik

Populationen weisen eine genetische Vielfalt auf, d.h., die Individuen einer Population besitzen eine unterschiedliche genetische Ausstattung, was zur Variabilität sowohl von körperlichen Merkmalen als auch von Verhalten führt. Variabilität oder Vielfalt wiederum ist eine Grundlage für Selektion und Evolution. Der Begriff «genetische Vielfalt» bezieht sich auf die Variation in der Sequenz der Basenpaare in der DNA. Diese Unterschiede wirken sich auf die Transkription der RNA aus und damit auf die Proteine, die durch die Translation der RNA gebildet werden. Wenn diese unterschiedlichen Proteine nun verschiedene Verhaltensweisen beeinflussen, besteht ein genetischer Einfluss auf das Verhalten. Ein Beispiel für Unterschiede im Verhalten, die teilweise genetisch fixiert sind und vererbt werden, ist die «Persönlichkeit» (→ Box 4.1).

Box 4.1

Persönlichkeit

Verhaltensbiologen versuchen einerseits, allgemeine Aussagen zu treffen, andererseits aber auch individuelle Differenzen zu adressieren. Einzelne Tiere innerhalb derselben Art unterscheiden sich z.T. enorm in ihrem Verhalten. Dies wurde bislang eher als «notwendige» Variabilität angesehen (Martin & Bateson 1993), wird aber heutzutage explizit als Persönlichkeit eingestuft und führte infolge dieses Paradigmenwechsels zu vielen Studien und interessanten Ergebnissen. Diese individuellen Differenzen können einerseits angeboren sein, andererseits auch entwicklungsbiologische Ursachen haben (Naguib 2006). So können Tiere unterschiedliche Reaktionen auf einen Reiz zeigen. Beim Erscheinen eines Prädators (z.B. einer Eule) reagieren manche Vögel mit Flucht, andere mit Unbeweglichkeit oder mit Angriff. Jede einzelne dieser Strategien kann einen Überlebensvorteil bieten, doch zeigt sich durch die Kombination dieser Strategien in einer statistischen Auswertung möglicherweise kein genereller Effekt. Deshalb begann man in der Verhaltensbiologie, stärker auf die individuellen Unterschiede zu achten, womit man dem Phänomen der Persönlichkeit (des Temperaments) auf die Schliche kam. Dabei werden Konzepte der Persönlichkeitspsychologie, die beim Menschen entwickelt wurden (Asendorpf 2007), auf Tiere übertragen. Zu Beginn des Paradigmenwechsels wurde das Konzept der Persönlichkeit von Samuel Gosling (Gosling et al. 2003, Gosling & John 1999) auf Haushunde (Canis familiaris) angewandt und bestätigt. Um ein Persönlichkeitsmerkmal zu definieren, müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

• Es muss Variation zwischen Individuen geben,

• ein bestimmtes Verhalten (eine spezielle Disposition) muss beim jeweiligen Individuum immer ähnlich ausgeprägt sein,

• das individuelle Verhalten sollte über verschiedene Situationen hinweg konstant sein und

• es sollte Hinweise auf die Erblichkeit dieses Merkmals geben.

In ihrem Überblick nennen Réale et al. (2007) verschiedene Kategorien der Persönlichkeit bei Tieren: «shyness-boldness» (schüchtern-draufgängerisch), «exploration-avoidance» (explorierend-vermeidend), «activity» (aktiv), «sociability» (sozialkompetent) und «aggressiveness» (aggressiv).

Mittlerweile sind viele Studien zur Persönlichkeit von Tieren gemacht worden; die Bandbreite der untersuchten Tierarten reichte dabei von Schnecken bis Hunden. Zwei beispielhafte Studien seien hier kurz vorgestellt.

Langzeitstudien an Kohlmeisen (Parus major) untersuchten exploratives Verhalten und die Reaktion auf neue, unbekannte Objekte. Dabei wurden zwei grundsätzliche Typen festgestellt: «schnelle» und «langsame» Kohlmeisen. Die schnellen Kohlmeisen waren aggressiver und näherten sich unbekannten Objekten und dem anderen Geschlecht schneller an als die langsamen. Dieses Verhalten war konsistent und stabil, d.h., die jeweilige Kohlmeise verhielt sich immer ähnlich (Verbeek et al. 1996). Paare von Kohlmeisen mit ähnlicher Persönlichkeit haben einen höheren Bruterfolg als unähnliche Paare (Both et al. 2005).

Niemelä et al. (2015) unterzogen Feldgrillen (Gryllus campestris) einem Verhaltenstest und teilten sie in «mutige» und «weniger mutige» Individuen ein. Wagemutige Grillen waren solche, die sich weit weg von ihrer schützenden Höhle aufhielten oder erst spät flüchteten. Dies hatte jedoch Nachteile, denn diese Grillen starben früher, da sie häufiger von Prädatoren erbeutet wurden.

4.1.1 | Methoden der Verhaltensgenetik

Populationen unterscheiden sich oft in ihrem Verhalten. Mittels Experimenten, molekularen Analysen oder Zuchtwahl lassen sich mittlerweile die Gene, welche für bestimmte Verhaltensweisen verantwortlich sind, identifizieren. Für Experimente dieser Art gibt es mittlerweile eine Reihe von Methoden (→ Tab. 4-1).

| Tab. 4-1 Überblick über die Methoden der Verhaltensgenetik. (Verändert nach Breed & Moore 2012, S. 75; Goodenough 1993, S. 61.)


Ultimate Ursachen Proximate Ursachen
Evolution des Phänotyps Betrachtung auf Ebene des gesamten Organismus/Phänotyp Analyse der genetischen Ursachen/Einflüsse/Genotyp
Vergleichen von geographischer Variation/Subspezies, Ökotypen Mutationsstudien Microarray und Auswertungen der Genexpression
Vergleichende Analyse (phylogenetisch) Erblichkeit/Erblichkeitsschätzungen Kandidatengene
Cross-fostering RNA-Knock-out
Zwillingsanalysen
Künstliche Selektion
Hybridisation
Natürliche Selektion auf das Verhalten

Zwischen verschiedenen Populationen gibt es oft eine geographische Variation, da die Individuen häufig an die lokal unterschiedlichen Umweltbedingungen angepasst sind. Dies zeigt sich auch im Verhalten. Bei Strumpfbandnattern (Thamnophis elegans) gibt es Populationen, die im Süßwasser, und solche, die im Salzwasser leben. Diese zeigen unterschiedliche Präferenzen für bestimmte Beutetiere. Schnecken, beispielsweise, werden generell von den Küstenschlangen gefressen und von den Binnenlandschlangen eher gemieden. Frisch geschlüpften und damit unerfahrenen (naiven) Schlangen beider Populationen wurden nun in einem Experiment Schnecken angeboten (Arnold 1981a, b; → Abb. 4-1). Dabei zeigte sich, dass auch unerfahrene Schlangen der Binnenlandpopulation Schnecken vermieden. Woher rührte dieses Verhalten? Eine Erklärungsmöglichkeit ist, dass die Disposition, Schnecken zu fressen, in der Regel auch zur Disposition führt, Egel zu fressen (da Egel und Schnecken sich ähneln). Egel können allerdings in der Schlange weiterleben und körperliche Schäden verursachen. Die Vermeidung von Schnecken ist daher vorteilhaft, da sie gleichzeitig die Aufnahme von Egeln verhindert. Im Habitat der Küstenschlangen kommen Egel jedoch nicht vor; Schnecken zu fressen ist daher nicht mit der Gefahr verbunden, auch Egel aufzunehmen. Für die Schlangenpopulation, die an der Küste lebt, ist die Erweiterung des Nahrungsspektrums auf Schnecken daher sinnvoll; für die Binnenlandpopulaton hingegen nicht. Das Faktum, dass Schlangen der Küstenpopulation Schnecken fressen, lässt sich daher damit erklären, dass ihr Aufenthalt in einem egelfreien Ökotyp dazu führte, das – vermutlich genetisch angeborene – Schneckenvermeidungsverhalten durch eine andere Verhaltensweise zu ersetzen.

Abb. 4-1 |

Präferenz für Schnecken Binnenland Küste Präferenz von Strumpfbandnattern (Thamnophis elegans) für Schnecken. Vergleich einer Population, die an der Küste lebt mit einer Population, die im Binnenland lebt. (Neu gezeichnet nach Arnold 1981b, vereinfacht.)


| Abb. 4-2

Beispiele für eine künstliche Selektion. Zweigruppenselektion durch Zucht: Selektion auf Intensität nächtlichen Zirpens bei Grillen (Gryllus integer). (Neu gezeichnet nach Cade 1981).


Um zu zeigen, dass Verhaltensmerkmale vererbt werden, sind Zuchtund Kreuzungsexperimente (künstliche Selektion) erforderlich. Künstliche Selektion kann nur stattfinden, wenn das interessierende Merkmal eine gewisse Heritabilität besitzt, also von einer in die nächste Generation weitervererbt wird. Die erwünschten Merkmale werden selektiert und Tiere, die dieses Verhalten zeigen, für die weitere Zucht verwendet. Oft zeigen sehr nah verwandte Individuen ein ähnliches Verhalten, weshalb bei Zuchten oft Familienmitglieder miteinander gekreuzt werden. Durch diese Inzucht werden die Verhaltensmerkmale häufig verstärkt, da die genetische Diversität verringert wird. In der Folge allerdings kann dies zu vermehrten Krankheiten führen und die Fitness reduzieren (Inzuchtdepression; Charlesworth & Charlesworth 1987). Besonders ausgeprägt sind solche Zuchtlinien bei Labortieren wie z.B. Hausmäusen. Hausmäuse können beispielsweise auf hohe oder niedrige lokomotorische Aktivität gezüchtet werden (Crawley et al. 1997). Dies bedeutet, dass Mäuse zuerst beobachtet und in Gruppen mit hohem und niedrigem Bewegungsdrang eingeordnet werden. Nun werden die Mäuse innerhalb ihrer jeweiligen Gruppe weiter gekreuzt. Nach einigen Generationen gibt es dann sehr aktive (quasi «hyperaktive») und relativ träge Mäuse. Solche experimentellen Studien belegen, dass Selektion auch auf das Verhalten einwirken kann. Ähnlich wird bei der Zucht und Domestikation von Haustieren vorgegangen.

Merksatz

Inzucht verringert die genetische Diversität und vereinheitlicht das Verhaltensrepertoire.

Auch bei Insekten wurden bestimmte Linien durch künstliche Selektion gezüchtet. Männchen der Grille Gryllus integer zeigen zwei Fortpflanzungsstrategien: Bei der einen zirpen Männchen, um Weibchen anzulocken, unentwegt, bei der anderen Linie sind die Männchen meistens ruhig und versuchen, Weibchen abzufangen, die von anderen Männchen angelockt wurden (Satelliten, → Kap. 7.4). Durch Zuchtwahl gelang es nun tatsächlich, daraus zwei klare Linien zu züchten (Cade 1981, 1984).

Die Methode des Cross-fostering (Überkreuz-Aufzucht) versucht nun in einem weiteren Schritt zu ermitteln, welchen Einfluss die Gene und welchen Einfluss die Umwelt hat. Dazu werden Geschwistertiere in verschiedenen Umwelten bzw. von verschiedenen Eltern aufgezogen. Da die Geschwister eine weitgehend ähnliche Genausstattung haben, lässt sich so die Gen-Umwelt-Interaktion abschätzen. Bei Vögeln werden in der Regel bereits die Eier oder die frisch geschlüpften Jungvögel vertauscht, um den Einfluss der Umwelt möglichst gering zu halten. Dadurch ergeben sich vier Vergleichsgruppen (→ Tab. 4-2). Bei Vögeln ist zudem die Zeit, die die Tiere im Mutterleib verbringen, relativ kurz, weshalb der pränatale Einfluss vor dem Legen eher gering ist. Allerdings kann es Unterschiede geben zwischen der Phase, in der das Ei bebrütet wird, und der Phase, in der die Jungen schlüpfen, sodass differenziert werden muss, ob ein Cross-fostering der bereits geschlüpften Jungvögel oder der frisch gelegten Eier stattfindet.

Merksatz

Cross-fostering bezeichnet den Austausch von Jungen zwischen verschiedenen Müttern (Nestern). Damit können genetische Einflüsse von Umwelteinflüssen unterschieden werden.

Ein klassisches Beispiel für Cross-fostering bei Säugetieren sind die Untersuchungen von Betty McGuire (1988) an Präriemäusen (Microtus ochrogaster) und Wiesenwühlmäusen (Microtus pennsylvanicus). Präriemäuse zeigen mehr elterliche Fürsorge als Wiesenwühlmäuse. Vor allem die Präriemausmännchen investieren deutlich mehr Zeit in die Aufzucht des Nachwuchses, da sie im selben Nest leben, während bei Wiesenwühlmäusen die Männchen in getrennten Nestern leben. Die Männchen der Wiesenwühlmäuse zeigen entsprechend auch weniger Engagement bei der Nachwuchsaufzucht. In einem Überkreuzexperiment wurden nun die Jungtiere beider Arten nach der Geburt ausgetauscht, wodurch gezeigt werden konnte, dass tatsächlich ein Teil der Wiesenwühlmausmännchen später einen ähnlich hohen Anteil an der Nachwuchspflege ausübten, wie die Präriemausmännchen, mit denen sie aufgewachsen sind. Dies zeigt, dass das frühe Erleben der parentalen Fürsorge Einfluss auf das Verhalten der nachfolgenden Generation hat.

Tab. 4-2 |

Möglichkeiten beim Cross-fostering (Überkreuzaufzucht).


| Abb. 4-3

Intrauterine Faktoren bei Mäusen verschiedener Linien (B6 und BALB). B6-Embryonen wurden in zwei verschiedenen Mäuselinien im Uterus verschiedener Individuen implantiert (B6 und BALB). Nach der Geburt wurde jeweils die Hälfte von Müttern der B6- resp. der BALB-Linie aufgezogen. Das BALB-Verhalten wurde letztendlich nur von Jungtieren gezeigt, die sowohl in einem BALB-Uterus heranwuchsen als auch von einer BALB-Mutter aufgezogen wurden. (Neu gezeichnet nach Crabbe & Philips 2003.)


Die meisten Studien führen Adoptionsversuche durch und tauschen Eier bzw. Jungtiere aus. Man kann jedoch auch bestimmen, ob der mütterliche (maternale) Einfluss vor oder nach der Geburt größer ist. Die intrauterinen Faktoren werden jedoch bei vielen Studien nicht berücksichtigt. Crabbe und Phillips (2003) versuchten mehr dazu herauszufinden, indem sie bei Mäusen zweier Linien die Embryonen im Uterus austauschten und die Jungtiere nach der Geburt von Müttern der eigenen resp. der fremden Linie aufziehen ließen. Nur die Embryonen, die bereits im Uterus ausgetauscht wurden, zeigten das Verhalten einer bestimmten Zuchtlinie. Das zeigt, dass bereits der Einfluss im Mutterleib eine wichtige Komponente für das spätere Verhalten von Tieren darstellt (→ Abb. 4-3).

Auch beim Menschen gibt es Hinweise auf Einflüsse im Mutterleib. So wirkt sich Stress während der Schwangerschaft auf den Embryo aus, was längerfristige Auswirkungen auf das gesamte Leben des Nachwuchses hat, z.B. zu kognitiven und emotionalen Problemen des Kindes führen kann (van den Bergh et al. 2005).

Hybridisation ist eine weitere Methode, um den genetischen Einfluss abzuschätzen. Ein Hybride ist – strenggenommen – eine Kreuzung aus zwei verschiedenen Arten, aber in unserem Zusammenhang können auch unterschiedliche Populationen, Stämme oder Phänotypen als Ausgangsbasis für Hybridisation dienen. Es können sowohl natürliche Hybriden als auch künstlich selektierte Hybriden beobachtet werden.

Hybriden können einen Einblick in evolutionäre Prozesse ermöglichen. Bei der Mönchsgrasmücke (Sylvia atricapilla) beispielsweise gibt es eine südöstlich ziehende Population, die in Österreich am Neusiedler See brütet, und eine südwestlich ziehende Population aus Südwestdeutschland. Beide zeigen ein klares Zugverhalten: Während die einen in Richtung Südwesten in ihr Überwinterungsquartier in Spanien ziehen, ziehen die anderen nach Südosten in die Türkei. Werden nun ein Südwestzieher und ein Südostzieher gekreuzt, finden sich in der Nachfolgegeneration (F1, Filialgeneration) Individuen, die intermediär nach Süden ziehen. Dies deutet auf eine genetische Fixierung des Zugprogramms hin.

Abb. 4-4 |

Vergleich eines Merkmals bei Eltern und Jungtieren A) mit hoher Heritabilität, B) mit geringer Heritabilität. (schematische Darstellung, verändert nach Barnard 2004, S. 45).


Zwillingsstudien eignen sich, um die Einflüsse von Umwelt und Genen abzuschätzen. Dabei sind Studien zur Adoption besonders interessant, wenn die Zwillinge in getrennten Umwelten aufwachsen und mit Zwillingen verglichen werden können, die in einer gemeinsamen Umgebung aufwachsen. Es werden drei Gruppen verglichen:

• eineiige Zwillinge

• getrennt aufgewachsene eineiige Zwillinge

• zweieiige Zwillinge

Beim Menschen sind diese Studien beschreibend oder «quasi-experimentell», da aus ethischen Gründen Zwillinge nicht experimentell aufgeteilt werden können. Bei Tieren entspricht dies dem Cross-fostering. Zwillingsstudien bei Menschen ergaben beispielsweise, dass Intelligenz erblich ist, aber auch von der Umwelt abhängt (Plomin et al. 1999).

Erblichkeitsstudien schätzen die Erblichkeit (Heritabilität) eines Merkmals auf dem Niveau der Population ein. Im Sinne der quantitativen Genetik geht es bei diesen Studien darum zu eruieren, wie groß der Anteil der phänotypischen Variabilität eines Merkmals ist, der auf genetische Ursachen zurückgeführt werden kann. Erblichkeitstudien können aber nicht zeigen, welche Gene für die Vererbung zuständig sind.

Molekulare Methoden werden in der Verhaltensgenetik ebenfalls eingesetzt, beispielsweise, um die phylogenetischen Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Arten zu bestimmen (→ Kap. 2.3) oder um die Verwandtschaft innerhalb von sozialen Gruppen zu bestimmen (→ Kap. 11.1.2). Dazu benutzen Wissenschaftler die folgenden Methoden (Wink 2011):

• SNP (single-nucleotid-polymorphism, Einzelnukleotid-Polymorphismus) ist die Variation eines einzelnen Basenpaares innerhalb eines DNA-Strangs. Sie sind quasi «erfolgreiche Punktmutationen». Sie sind relativ schnell und einfach zu bestimmen und es finden sich Korrelationen zu verschiedenen Ausprägungen im Genpool.

• RAPD (randomly amplified polymorphic DNA, zufällig vervielfältigte polymorphe DNA) ist eine spezielle Form der Polymerase-Kettenreaktion (PCA). Dies wird für die Feststellung der phylogenetischen Verwandtschaft verwendet, z.B. um Beziehungen zwischen Arten zu klären.

• AFLP (amplified fragment-length polymorphism) ist eine Technik zur Erstellung eines genetischen Fingerabdrucks. Dieser kann zur Bestimmung der Verwandtschaftsverhältnisse (z.B. Vaterschaften) verwendet werden.

Mit den bisher vorgestellten Methoden konnte belegt werden, wie Gene und Umwelt im Rahmen der Evolution interagieren (ultimate Faktoren). Um hingegen untersuchen zu können, wie die Gene das Verhalten steuern (proximate Aspekte), sind andere Methoden nötig. Wichtige Methoden und Ansätze hierzu sind:

• Assoziationsstudien/Kandidatengene

• Knock-out- und Knock-in-Studien

• Genexpression/-exprimierung

Bei Assoziationsstudien werden Kandidatengene identifiziert und mit dem Verhalten (Phänotyp) in Zusammenhang gebracht. Genomweite Assoziationsstudien sequenzieren das gesamte Genom verschiedener Individuen und setzen dieses dann in Bezug zu verschiedenen Merkmalen. Diese Studien sind allerdings korrelativ (daher die Bezeichnung «Assoziationsstudien»). Es können also nur Gene identifiziert werden, die sehr wahrscheinlich für eine bestimmte Verhaltensausprägung verantwortlich sind.

Ein Beispiel: Bei Fliegen der Gattung Drosophila wurde ein Gen (for) identifiziert, das beim Futtersuchen eine wichtige Rolle spielt. Dabei werden zwei Varianten unterschieden: forR und forS. Die Genvariante forR ist bei Individuen vorhanden, die bei der Nahrungssuche eine relativ große Umgebung erkunden, während die forS-Variante Tiere kennzeichnet, die eher an einem Ort verbleiben und dort nach Nahrung suchen. Allerdings besteht auch hier eine Gen-Umwelt-Interaktion: Sind die Suchläufer hungrig, dann bleiben sie eher an einem Ort (Pereira & Sokolowski 1993).

Merksatz

Kandidatengene sind Gene, von denen man annimmt, dass sie eine hohe Wahrscheinlichkeit haben, einen bestimmten Phänotyp oder ein bestimmtes Verhalten auszuprägen.

| Abb. 4-5

Inspektionsdauer von männlichen Mäusen beim wiederholten Einsetzen eines neuen, bislang unbekannten Weibchens. Vergleich zweier Hausmaustypen: Männchen der Hausmaus (Mus musculus), denen ein bestimmtes Gen, das Oxt-Gen, fehlt, das für die Ausprägung von Oxytocin verantwortlich ist, haben Probleme, sich die weiblichen Tiere zu merken, mit denen sie bisher interagierten. Jedes Mal, wenn dasselbe Weibchen aus ihrem Umfeld entfernt und wiedereingesetzt wurde, reagierten sie so, als ob es sich um ein neues Weibchen handelte, während bei Männchen, die das Oxt-Gen besaßen, das Interesse an dem wieder eingesetzten, bereits bekannten Weibchen nachließ. (Neu gezeichnet nach Ferguson et al. 2000.)


Von experimentellen Studien kann man erst sprechen, wenn Gene ausgeschaltet (knock-out) oder eingepflanzt werden können (knock-in). In diesem Falle werden Varianten gezüchtet und beobachtet, die ein bestimmtes Gen nicht aufweisen. Ein RNA-knock-out wird durchgeführt, indem man eine RNA produziert, die komplementär zum Gen in der DNA ist. Dadurch bindet sich die RNA an das entsprechende Gen (die jeweiligen Basen) der DNA, wodurch diese stillgelegt wird. Wenn die Hypothese stimmt, dass ein bestimmtes Gen in ein Verhalten eingebunden ist, sollte sich das Verhalten des Tieres bei einem Knock-out entsprechend ändern. Problematisch ist, dass Gene das Verhalten nicht direkt bestimmen, sondern nur für die Kodierung von Proteinen (z.B. für Hormone, Enzyme etc.) verantwortlich sind. Daher muss bei einer solchen Analyse immer das Gesamtsystem betrachtet werden.

Genexpressionsanalysen (micro-arrays) und Genregulation beziehen sich auf die Genaktivität. Hier handelt es sich um eine Untersuchungsmethode, die auf die Umsetzung der genetischen Information fokussiert, d.h., es wird ermittelt, welche Gene jeweils gerade aktiv sind.

Merksatz

Die Genexpression und die Genregulation erläutern, ob, wann und in welchem Ausmaß Gene zu einem bestimmten Zeitpunkt jeweils «angeschaltet» sind (oder nicht).

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