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II. Typische Probleme und Klausurfehler – Tipps zu ihrer Vermeidung
1. Grundlagen der sog. Gutachtentechnik

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Braun, Der Zivilrechtsfall, 5. Aufl. 2012, S. 9 ff.; Germann, Leitsätze zur Subsumtionstechnik, 2010;[1] Larenz, Methodenlehre, S. 271 ff.; Wieduwilt, JuS 2010, 288 ff.

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Viele Studenten unterliegen dem Irrglauben, das Abfassen eines Gutachtens richte sich nach der Formel „fraglich + Konjunktiv = Gutachtentechnik“. Doch ist im Gutachten weder alles „fraglich“ noch muss ein Obersatz zwingend im Konjunktiv formuliert sein.

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Zunächst ist Gutachtentechnik kein (bloß) zweifelnder oder fragender Schreibstil (deswegen ist der Begriff „Gutachtenstil“ eher irreführend), sondern eine Technik zur Darstellung und Plausibilisierung der Normanwendung und Rechtsfindung. Anders als beim Urteil wird das Ergebnis den Ausführungen dabei nicht voran gestellt, sondern im Wege des juristischen Syllogismus im Dreischritt hergeleitet und begründet. Dieser Dreischritt ist nicht bloß eine (lästige) Formalie, sondern verdeutlicht und strukturiert den Rechtsfindungsprozess und macht ihn so für andere logisch wie wertungsmäßig nachvollziehbar.

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Die Darstellung im Gutachten erfolgt dreigliedrig (bzw. viergliedrig, wenn das Aufwerfen der Frage nach einer Rechtsfolge als „Einleitung“ [0] separat gefasst wird):

[0] Einleitung (Frage nach einer Rechtsfolge)

„Die Betriebsratsanhörung könnte fehlerhaft [= Rechtsfolge] gewesen sein.“

[1] Obersatz (Verknüpfung von Rechtsfolge und Tatbestand aus Norm)

„Das [fehlerhafte Anhörung = RF] ist u.a. der Fall, wenn nicht mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat [= TB], vgl. § 33 II Hs. 1 BetrVG.“

oder: „Die Betriebsratsanhörung ist u.a. fehlerhaft, wenn nicht mindestens die Hälfte der Betriebsratsmitglieder an der Beschlussfassung teilgenommen hat [= TB], vgl. § 33 II Hs. 1 BetrVG.“ [ohne separat gefasste Einleitung]

[2] Untersatz (Erfüllt konkreter Sachverhalt den abstrakten Tatbestand aus [1]?)

„Der Betriebsrat bei G umfasst fünf Mitglieder, von denen nur zwei und damit weniger als die Hälfte an der Beschlussfassung teilgenommen haben.“ [Sachverhalt erfüllt Tatbestand]

[3] Schlussfolgerung (Rechtsfolge tritt ein oder nicht ein)

„Die Anhörung ist damit fehlerhaft gewesen.“ [Eintritt der Rechtsfolge „Fehlerhaftigkeit“]

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Häufig hat es mit der bloßen Schlussfolgerung nicht sein Bewenden. Auch auf Rechtsfolgenseite kann es erforderlich sein, den Syllogismus zur Konkretisierung heranzuziehen.[2]

Beispiele:

„Somit ist die Betriebsratsanhörung fehlerhaft [= RF]. Fraglich ist, ob die Kündigung damit nach § 102 I 3 BetrVG unwirksam ist [. . .]“ oder „Folglich ist V nach § 535 I 2 Alt. 2 BGB verpflichtet, die Wohnung in einem vertragsgemäßen Zustand zu erhalten [= RF]. Fraglich ist, ob hierzu auch der Austausch defekter Glühbirnen zählt […]“

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Über wie viele Ebenen der Dreischritt des Syllogismus nach und nach anzuwenden ist, hängt von der Komplexität der Fragestellung ab. Im Beispiel unter Rn. 8 war der Untersatz evident (der Tatbestand also offensichtlich durch den Sachverhalt erfüllt): Es bedarf keiner tiefer dringenden Analyse, ob zwei weniger als die Hälfte von fünf ist. Ebenso wenig muss bspw. im Dreischritt begründet werden, dass ein Hund ein Tier i.S.d. § 90a S. 3 BGB ist. Gleiches gilt für Umstände, deren Vorliegen im Sachverhalt ohne nähere Ausführungen vorgegeben wird: Ist im Sachverhalt bspw. nur zu lesen, dass zwei Personen eine Vereinbarung getroffen haben, kann im Gutachten schlichtweg festgehalten werden, dass durch Einigung ein Vertrag zustande gekommen ist.

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Ist dagegen nicht evident, dass der Tatbestand des Obersatzes durch den Sachverhalt erfüllt ist, muss der Untersatz seinerseits wieder über den Dreischritt des Syllogismus bejaht oder verneint werden. Dabei lassen sich drei verschiedene Konstellationen unterscheiden:

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Häufig bildet die Definition eines Tatbestandsmerkmals (z.B. „Betrieb“ oder „verhaltensbedingter Grund“) den Obersatz eines untergeordneten Syllogismus, mit dem untersucht wird, ob das Tatbestandsmerkmal erfüllt ist oder nicht. Beispiel: „Dazu muss es sich bei der Verkaufsstelle um einen Betrieb handeln. Ein Betrieb ist eine organisatorische Einheit, innerhalb deren der Unternehmer allein oder zusammen mit seinen Mitarbeitern mit Hilfe sächlicher und immaterieller Mittel bestimmte arbeitstechnische Zwecke, die sich nicht in der Deckung von Eigenbedarf erschöpfen, fortgesetzt verfolgt.“

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Bei abstrakten (= nicht abschließend definierbaren) Tatbeständen wird im untergeordneten Obersatz dagegen mit einer Konkretisierung gearbeitet. Beispiel: „Das ist der Fall, wenn die Betriebsratsanhörung fehlerhaft war. Fehlerhaft ist sie unter anderem, wenn…“

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Ist die Auslegung eines Tatbestandsmerkmals umstritten, leitet der nachgeordnete Obersatz in den Auslegungsstreit ein. Beispiel: „Zu ihrer Wirksamkeit muss die Kündigungserklärung A nach § 130 I 1 BGB zugegangen sein. Umstritten ist jedoch, was unter ‚Zugang‘ zu verstehen ist.“

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Oft gelingt es Bearbeitern zwar noch, auf der ersten Ebene die Gutachtentechnik einzuhalten. Auf den nachfolgenden Ebenen wird dann aber von ihr abgewichen, weil der eben dargelegte stufenartige und verschachtelte Aufbau nicht verinnerlicht wurde.

Beispiele:

für einen solchen Fehler: „Es liegt aber keine Ungleichbehandlung vor [= vorweggenommenes Ergebnis!]. Denn. . . [= nachgeschobene Begründung].“

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Zur Veranschaulichung mag abschließend folgendes Standardbeispiel[3] zum Stufenbau der Subsumtion dienen:

A ist Student im ersten Semester und fragt B, ob er ihm ein Lehrbuch empfehlen kann. B bietet ihm daraufhin an, ihm sein altes Lehrbuch für 10,– EUR zu verkaufen. A ist einverstanden. Eine Woche später weigert sich B, dem A das Buch zu geben, weil er es für einen Wiederholungskurs noch braucht. Welche Ansprüche hat A?


[O1] A könnte gegen B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Buches aus einem Kaufvertrag haben, vgl. § 433 I 1 BGB [Obersatz: RF = Anspruch, TB = Kaufvertrag].
[U1 = O2] Ein Kaufvertrag kommt zustande durch Abgabe zweier inhaltlich übereinstimmender, mit Bezug aufeinander abgegebener Willenserklärungen, Antrag und Annahme (vgl. §§ 145, 147 BGB). [= Definition als Untersatz: Liegt ein Kaufvertrag, d.h. der TB aus dem Obersatz vor? = Obersatz auf der nachfolgenden Ebene: Was ist TB eines Kaufvertrags?] [U2] B hat erklärt, das Buch verkaufen zu wollen und damit einen Antrag abgegeben. A erklärte sich hiermit einverstanden, nahm den Antrag des A also an. [S2] A und B haben folglich einen Kaufvertrag über das Buch geschlossen.
[S1] Somit hat A gegen B einen Anspruch auf Übergabe und Übereignung des Buches.

2. Tempora im Gutachten

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Mit einem Gutachten soll in aller Regel eine gegenwärtige Rechtsfrage beantwortet werden, so dass die Antwort auf die Fallfrage und die nachfolgenden Ausführungen im Präsens abzufassen sind.

Beispiele:

„Die Kündigungsschutzklage hat Aussicht auf Erfolg, wenn sie zulässig und begründet ist.“ oder „Möglicherweise hat A gegen B einen Anspruch auf Zahlung von Lohn i.H.v. 1.000,– EUR aus seinem Arbeitsvertrag, vgl. § 611 I BGB. Das ist der Fall, wenn […]“

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Soweit im Gutachten auch auf bereits abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Vorgänge aus dem Sachverhalt einzugehen ist, sind diese in der Regel[4] im Perfekt (bei vollständig abgeschlossenen Vorgängen im Imperfekt) darzustellen.

Beispiele:

„B hat erklärt, das Buch verkaufen zu wollen.“ oder „An der Betriebsratssitzung haben zwei der fünf Mitglieder teilgenommen. […] Sie ist deshalb fehlerhaft gewesen.“ oder „A muss außerdem (im bereits vergangenen Zeitpunkt des Vertragsschlusses) mit Vertretungsmacht gehandelt haben.“ oder „Die Kündigungserklärung ist durch Zugang an B gem. § 130 I BGB auch wirksam geworden.“

3. Verwendung des Konjunktivs im Rahmen der Gutachtentechnik

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Germann, Leitsätze zur Subsumtionstechnik, 2010, S. 9 f.; Wieduwilt, JuS 2010, 288, 290; Fleck/Arnold, JuS 2009, 881, 884; Schütze, JURA Zwischenprüfung, 1.

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In Klausurbearbeitungen wird der Konjunktiv ganz überwiegend nicht nur inflationär, sondern auch falsch angewandt. Das ist umso erstaunlicher, als bei näherem Hinsehen der Konjunktiv im Gutachten völlig verzichtbar ist.

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Uneingeschränkt zulässig ist der Konjunktiv II allein in seiner Funktion als Potentialis (!), wenn es um die Rechtsfolge (im Obersatz) geht, wenn also z.B. formuliert wird „A könnte einen Anspruch gegen B haben.“ Zwingend ist die Verwendung des Konjunktivs freilich auch in diesem Zusammenhang nicht.[5]

Gegenbeispiele:

„A hat einen Anspruch gegen B, wenn…“; „Möglicherweise hat A einen Anspruch gegen B auf Zahlung aus einem Kaufvertrag.“; „Die Klage hat Aussicht auf Erfolg, wenn…“.

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Geht es um den Tatbestand (im Untersatz), wird von vielen Studenten (und Dozenten) auf den Konjunktiv II zurückgegriffen, um auszudrücken, dass die Erfüllung des Tatbestands durch den Sachverhalt unsicher ist („müsste“). Die Verwendung des Konjunktivs in diesem Zusammenhang hat sich zwar (leider) eingebürgert, ist grammatikalisch aber nicht korrekt.[6] Fasst man ihn als Irrealis auf, wird die Erfüllung des Tatbestands unzulässigerweise im Obersatz verneint, sieht man den Konjunktiv als Potentialis an, beinhaltet er ein Wahrscheinlichkeitsurteil („Ich müsste (wohl) Zeit haben.“), das ebenfalls das Ergebnis vorwegnimmt.

Beispiel:

Statt „Dazu [damit ein Anspruch besteht] müssten A und B einen Arbeitsvertrag geschlossen haben.“ richtig „Dazu müssen A und B einen Arbeitsvertrag geschlossen haben.“

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Eindeutig falsch ist schließlich die Verwendung des Konjunktivs II in seiner Funktion als Irrealis. Der Konjunktiv bringt dann nämlich zum Ausdruck, dass eine Rechtsfolge in Wahrheit nicht gegeben ist und nimmt folglich das Ergebnis vorweg. Vollends falsch wird das Gutachten, wenn im Irrealis (also verneinend) eingeleitet wird, der Bearbeiter nach Subsumtion den Eintritt der Rechtsfolge aber trotzdem bejaht und sich somit selbst widerspricht.

Beispiele:

„Die Kündigungsschutzklage wäre begründet, wenn…“ = „sie ist nicht begründet“, richtig: „Die Kündigungsschutzklage ist begründet, wenn. . .“. „Die Erklärung wäre G zugegangen, wenn A sein Empfangsbote gewesen wäre.“ = „sie ist nicht zugegangen, weil A nicht Empfangsbote war“, richtig: „Die Erklärung ist G zugegangen, wenn A sein Empfangsbote gewesen ist.“

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Einige Bearbeiter neigen schließlich dazu, einzelne Prüfungsschritte im sog. Erschöpfungskonjunktiv enden zu lassen („Das hätten wir geschafft!“).

Beispiel:

Nicht „Damit hätte A einen Anspruch gegen B.“, sondern „Damit hat A gegen B einen Anspruch auf Übereignung des Buchs.“

4. Darstellung unproblematischer Punkte im Gutachten

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Braun, Der Zivilrechtsfall, 5. Aufl. 2012, S. 13 f.; Wieduwilt, JuS 2010, 288, 290.

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Erstaunlicherweise liegt ein Schwachpunkt vieler Klausurbearbeitungen darin, auch (weitgehend) unproblematische Prüfungspunkte ansprechend abzuhandeln. Hier verfallen Bearbeiter immer wieder in eine Art „Kurz-Gutachtenstil“ (Subsumtionssyllogismus), der wenig sinnhaft ist.

Falsches Beispiel aus der Klausurpraxis:

„A dürfte keine Kündigungsschutzklage erhoben haben [warum? RF?]. A hat aber Kündigungsschutzklage erhoben [Folge?].“

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Häufig liegt das daran, dass der korrekte Obersatz und damit die relevante Rechtsfolge fehlt.

Beispiel:

„Die Wirksamkeit der Kündigung wird allerdings nach §§ 4 S. 1, 7 Hs. 1 KSchG fingiert [= RF], wenn A nicht innerhalb von zwei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben hat [= TB]. A hat zwei Tage nach Zugang der Kündigung Klage erhoben [Untersatz]. Die Wirksamkeitsfiktion ist somit nicht eingetreten [Schluss].“

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Bei sehr einfachen Subsumtionsvorgängen, zu denen auch das vorstehende Beispiel gehört, bietet es sich an, auf einen vollständigen, dreistufigen Syllogismus zu verzichten und den Obersatz (bspw. „A muss arglistig gehandelt haben.“) auszulassen. Man spricht dann vom sog. Feststellungsstil: Anders als bei der häufig (zu Unrecht[7]) als Urteilsstil bezeichneten Darstellungsweise wird hierbei nicht das Ergebnis konstatiert („A täuschte B arglistig.“), sondern der Untersatz in Form einer kurzen Begründung (häufig in Form einer Definition) dem daraus gezogenen Schluss vorangestellt, wobei die Verbindung durch Konjunktionen wie „mithin“; „also“; „und folglich“; „so dass“; „und damit“ erfolgt.

Beispiele:

„A hat innerhalb von drei Wochen Kündigungsschutzklage erhoben [Tatbestand/Untersatz], so dass die Wirksamkeit der Kündigung nicht nach §§ 4 S. 1, 7 Hs. 1 KSchG fingiert wird [Schlussfolgerung].“ „A handelte vorsätzlich [Definition/Untersatz], mithin arglistig i.S.d. § 123 I Alt. 1 BGB [Schlussfolgerung].“ „Durch Verneinen der Frage nach Vorstrafen im Einstellungsbogen hat A bei G einen Irrtum bezüglich ihrer Vorstrafen erregt [Definition/Untersatz], diesen also getäuscht [Schlussfolgerung].“

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Für den Einstieg in die Beantwortung der Gutachtenfrage ist allerdings stets ein kompletter Obersatz erforderlich, der nicht im Sinne des Feststellungsstils verkürzt werden sollte (erst Recht genügt keine bloße Überschrift ohne Text). Das gilt insbesondere (aber nicht nur) bei der Prüfung eines Anspruchs; hier muss der Obersatz die bekannte Frage „Wer will was von wem woraus?“ beantworten.

5. Schwerpunktsetzung, Argumentationstiefe und Lösungsskizze

Ausführlich bzw. vertiefend hierzu: Kerbein, JuS 2002, 353 ff.; Lemke, JA 2002, 509 ff.

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Was Darstellungsweise und Schwerpunktsetzung einer Klausur anbelangt, muss eine ausführliche, tief gehende Argumentation in sauberer Gutachtentechnik somit nur an Stellen erfolgen, die problematisch sind und zu denen der Sachverhalt auch die notwendigen Angaben enthält. Dass Bearbeiter die Bedeutung eines Punktes für die Fall-Lösung falsch einordnen, lässt sich häufig daran festmachen, dass für die Subsumtion eine Reihe von Annahmen und Unterstellungen erforderlich ist, weil der Sachverhalt die notwendigen Angaben gar nicht enthält; das ist ein Indiz dafür, dass der geprüfte Punkt unproblematisch ist. Zu diskutieren sind außerdem nur solche Streitstände, die für den weiteren Gang des Gutachtens auch zu unterschiedlichen Ergebnissen führen (im Gutachten ist schließlich immer der konkrete Fall, nicht ein für dessen Ausgang irrelevanter Meinungsstreit zu entscheiden).

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In Abhängigkeit davon, wie viele Probleme ein Klausursachverhalt aufwirft, kann darüber hinaus ein ganz unterschiedliches Maß an argumentativem Tiefgang erwartet werden. Schon aus diesem Grund bietet es sich an, eine kurze, stichpunktartige (!) Lösungsskizze anzufertigen und dabei die durch den Fall aufgeworfenen Probleme kurz zu gewichten, um so zu einer überzeugenden Schwerpunktsetzung zu gelangen (d.h. Unproblematisches – wenn überhaupt – nur knapp festhalten, typischerweise im Feststellungsstil; problematische Punkte dagegen mit ausführlicher Argumentation in sauberer Gutachtentechnik darstellen). Es bringt dem Bearbeiter wenige Punkte ein, wenn er in perfekter Gutachtentechnik an den eigentlichen Problemen der Klausur vorbeischreibt; gleiches gilt für eine „unstrukturierte“ (wennauch sachlich weitgehend richtige) Fall-Lösung. Wer eine hohe Punktzahl erreichen will, braucht beides: Schwerpunktsetzung und saubere Darstellung.

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Für die Lösungsskizze bietet es sich darüber hinaus an, bereits stichpunktartig Argumente für die aufgefundenen Probleme zu sammeln und kurz zu ordnen. Dadurch werden Wiederholungen vermieden (z.B. wird dasselbe Argument einmal bei der Darstellung einer bestimmten Auffassung, dann versehentlich nochmals im Rahmen der Streitentscheidung gebracht). Zum anderen sollte der Bearbeiter vorher überlegen, wie ein Problem zu entscheiden ist, und die für die Entscheidung maßgebliche Begründung an den Schluss seiner Argumentation stellen.

6. Umgang mit unbekannten Problemen

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Ist eine Problematik im Sachverhalt zwar angelegt (insbesondere durch Ausführungen der beteiligten Parteien), dem Bearbeiter aber nicht bekannt, sollte der einschlägige Rechtssatz nach den klassischen Auslegungskanones Wortlaut, Historie/Genese, Systematik und ratio ausgelegt werden (weitere Kriterien daneben sind z.B. der Vorrang des allein verfassungs- oder richtlinienkonformen Auslegungsergebnisses, Praktikabilität und Bedürfnisse des Rechtsverkehrs, Prozessökonomie und ökonomische Folgen einer bestimmten Rechtsanwendung).

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Wie dargelegt, wird eine ausführlichere Argumentation idealerweise nicht nur logisch, sondern auch optisch durch Absätze gegliedert. Allein durch eine solche Gliederung der Argumentation zeigt ein Klausurbearbeiter, dass er seine Gedanken zu systematisieren vermag – was deutlich überzeugender wirkt als eine „freie“ Aneinanderreihung verschiedener Wertungen, die dann auch häufig nicht mehr ans Gesetz oder einen bestimmten Rechtssatz anknüpft.

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Was „freie“ Wertungen anbelangt, ist im Arbeitsrecht insbesondere darauf hinzuweisen, dass der pauschale Verweis auf den „Arbeitnehmerschutzgedanken“ niemals genügt.[8] Arbeitsrecht ist stets ein gerechter Ausgleich verschiedener, auch arbeitgeberseitiger Interessen. Wenn also mit der Schutzbedürftigkeit einer Seite argumentiert wird, so ist diese möglicht präzise und konkret herauszuarbeiten.

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Die übermäßige Zuweisung verschiedener Auffassungen zur Rechtsprechung (z.B. „Das BAG vertritt die Ansicht, dass…“) oder Literatur (z.B. „Die Literatur will hingegen…“) sollte bei der Darstellung von Streitständen ebenfalls vermieden werden. Zum einen sind solche Gruppierungen selten trennscharf (auch unterschiedliche Senate desselben Gerichts argumentieren bisweilen verschieden). Zum anderen erweckt eine solche Darstellung den Eindruck, die Berufung auf eine externe Autorität solle die fehlende Überzeugungskraft des Gutachtens wettmachen, insbesondere wenn ohne weitere Argumente eine (angeblich) „herrschende Meinung“ bemüht wird. Die Berufung auf die „h.M.“ ersetzt aber niemals die eigene Argumentation. Wenn es nicht um besonders wichtige Entscheidungen oder sehr bekannte Minderheitenauffassungen geht, sollte sich eine Klausurbearbeitung darauf beschränken, die jeweils entscheidenden Argumente darzustellen.

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Für die erforderliche Breite der Ausführungen gilt die Faustformel: Je mehr von der vorherrschenden Auffassung abgewichen wird, desto ausführlicher muss auch die Argumentation ausfallen. Umgekehrt macht der bloße Verweis auf eine (angeblich) herrschende Meinung eine Argumentation aber keinesfalls entbehrlich (nicht etwa: „Nach h.M. genügt das für den Zugang der Kündigungserklärung.“).

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