Kitabı oku: «Barrierefrei und selbstbestimmt Wohnen», sayfa 7
7.1.7 Nationaler Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention
Der Bundesrat forderte mit Beschluss vom 18. September 2009 die Bundesregierung auf, einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention zu erstellen.
Maßgebliche Kriterien für die Erarbeitung des vorliegenden Nationalen Aktionsplanes45 bildeten die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen und deren Angehörigen. In diesem Zusammenhang enthält dieser eine Auflistung über die wesentlichsten Kernthemen, die im Dialog mit behinderten Menschen und u. a. während eines „Visionenkongresses“ in den richtungweisenden Aufgabenmittelpunkt gestellt wurden.
Im erstellten Nationalen Aktionsplan sieht die Bundesregierung ein geeignetes Instrument zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention, zunächst bis in das Jahr 2021. Mit Hilfe der dort festgehaltenen 213 Vorhaben des Bundes möchte die Bundesregierung eine „inklusive Gesellschaft“ entwickeln. Dabei sieht sie im Nationalen Aktionsplan keine starre Vorgabe, sondern vielmehr die Notwendigkeit einer dynamischen Entwicklung die einer regelmäßigen Prüfung und Aktualisierung erfordert.
Der Nationale Aktionsplan versteht sich als ein Maßnahmen-, aber nicht als ein Gesetzespaket. Er soll eine Brücke zwischen bestehenden Gesetzen und der Praxis schlagen.
Zur leichteren und übersichtlicheren Erarbeitung wurde der Nationale Aktionsplan in zwölf Handlungsfelder und sieben Querschnittsthemen gegliedert.
Für die einzelnen Handlungsfelder wurden konkrete Maßnahmen formuliert, wobei in allen die Querschnittsthemen Berücksichtigung fanden.
Den Aktionsplan der Bundesregierung
auf Deutsch,
auf Englisch,
auf Französisch,
in leichter Sprache und
in Gebärdensprache
finden Sie auf der Website des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).46
Handlungsfelder des Nationalen Aktionsplans der Bundesregierung zur Umsetzung der BRK
Die Bundesregierung hat in Zusammenarbeit mit den Behindertenverbänden gemeinsam 12 Handlungsfelder herausgearbeitet.
Zu diesen gehören:
1 Arbeit und Beschäftigung;
2 Bildung;
3 Prävention, Rehabilitation, Gesundheit und Pflege;
4 Kinder, Jugendliche, Familie und Partnerschaft;
5 Frauen;
6 Ältere Menschen;
7 Bauen und Wohnen;
8 Mobilität;
9 Kultur und Freizeit;
10 Gesellschaftliche und politische Teilhabe;
11 Persönlichkeitsrecht
12 Internationale Zusammenarbeit.
Der Nationale Aktionsplan soll einen konkreten Beitrag leisten, um in diesen Handlungsfeldern die Vorgaben der Behindertenrechtskonvention zu erfüllen. Bei der inhaltlichen Aufarbeitung jedes einzelnen Handlungsfeldes werden im Nationalen Aktionsplan die Themenschwerpunkte benannt und die gegenwärtige Situation erläutert. Dieser Darstellung schließt sich eine Maßnahmenauflistung sowie deren Umsetzungsbeschreibung an.
Handlungsfeld 3.7 „Bauen und Wohnen“
Eine gute Wohnraumversorgung nimmt bei der Bundesregierung einen hohen Stellenwert ein. Dies gilt insbesondere für Menschen mit Behinderung. In diesem Zusammenhang sollen die Maßnahmen dieses Handlungsfeldes einen Beitrag zur Realisierung der Vorgaben der Artikel:
9 „Zugänglichkeit“
19 „Inklusion und Teilhabe“ sowie
23 „Achtung der Wohnung und der Familie“
28 „Angemessener Lebensstandard und sozialer Schutz“ leisten.
Das Handlungsfeld 3.7 wurde in drei Unterabschnitte gegliedert:
1 „Barrierefrei bauen“
2 „Wohnen“
3 „Inklusiver Sozialraum“.
Im Bereich des „Barrierefreien Bauens“ hat die Bundesregierung entsprechende gesetzliche Vorschriften geschaffen, die es gilt weiter zu entwickeln und ggf. an europäische Vorgaben anzupassen. Dabei werden die allgemein anerkannten Regeln der Technik für das barrierefreie Bauen berücksichtigt. Es wird die unzufriedene Wohnsituation für Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen hervorgehoben, die insbesondere zu verbessern ist. Im Bereich des „Wohnens“ für Menschen mit Behinderungen wird auf die Mietrechtsreform und rechtlichen Rahmenbedingungen durch die Landesbauordnungen verwiesen. Auch findet die notwendige Förderung von Mietern und Vermietern zur Schaffung eines barrierefreien Wohnraumes Beachtung. Die Bundesregierung beabsichtigt durch die Bereitstellung von Broschüren und den Internetauftritt: www.einfach-teilhaben.de, die Beratung zum barrierefreien Wohnen zu fördern.
Inklusiver Sozialraum
Die Bundesregierung teilt die Auffassung, dass für die von der Behindertenrechtskonvention geforderte gesellschaftliche und soziale Teilhabe behinderter Menschen, allein die Bereitstellung von barrierefreiem Wohnraum nicht ausreichend ist. Zum „Inklusiven Sozialraum“ gehören ihrer Ansicht nach ebenfalls barrierefreie Freizeit- und Kulturangebote. Daneben spielen aber auch die staatlichen Teilhabeleistungen eine wesentliche Rolle. So sollen die Grundsätze des Neunten Buches, Sozialgesetzbuch (SGB IX), die Führung eines selbstbestimmten Lebens erleichtern.47
7.1.8 Aktions- und Maßnahmepläne zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention in den Bundesländern
Da es sich bei der Behindertenrechtskonvention um einen völkerrechtlichen Vertrag handelt, welcher durch die Bundesrepublik Deutschland ratifiziert wurde, gilt er im gleichen Maße für den Bund sowie die Bundesländer. Mit dem „Nationalen Aktionsplan der Bundesregierung zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention“ hat der Bund für seinen Zuständigkeitsbereich eine Reihe von Maßnahmen definiert.
Dem Vorbild des Deutschen Bundesrates und der Deutschen Bundesregierung folgend, beschlossen bisher zahlreiche Bundesländer eigene Aktions- und Maßnahmepläne.
Diese enthalten Maßnahmen, die den Zuständigkeitsbereich der jeweiligen Bundesländer betreffen. Es werden Aufgaben auf der Grundlage festgelegter Handlungsfelder definiert, die von den zuständigen Landesverwaltungen und -behörden in einem vorgegebenen Zeitfenster umzusetzen sind. Ein weiterer Teil der zu erfüllenden Aufgaben erstreckt sich auch auf die kommunale Ebene. Daher erfordert die Erarbeitung von Lösungen in vielen Fällen die Einbeziehung bzw. eine enge Zusammenarbeit mit den Kommunen und den kommunalen Spitzenverbänden. Die Kommunen sind angehalten eigene Aktionspläne zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention zu erstellen.
In die Erarbeitung und Umsetzung der Aktions- und Maßnahmepläne sollen gezielt die Erfahrungen und Kenntnisse der Wissenschaft, der Kommunalpolitik und nicht zuletzt der Behindertenselbsthilfe einfließen. In die Aufgabenerfüllung sind auch die Kommunen, deren Körperschaften sowie die kommunalen Spitzenverbände einzubeziehen. Daher wurden für die Aufgabenumsetzung eine Vernetzung und breite Zusammenarbeit alle Akteure festgelegt. Erst mit der Umsetzung der Maßnahmen unmittelbar vor Ort, wird die Behindertenrechtskonvention für viele Menschen mit Behinderung erlebbar.
7.2 Vorgaben und gesetzliche Bestimmungen zum Baurecht
7.2.1 Musterbauordnung
Die Mutter aller Landesbauordnungen ist die Musterbauordnung (MBO). Diese wird auf Beschluss der Bauministerkonferenz von Bund und Ländern verbindlich beschlossen. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, in allen Bundesländern ein möglichst annähernd gleiches Baurecht zu erreichen. Daher lehnen sich die einzelnen Bauordnungen der Bundesländer an diese weitestgehend an, was natürlich auch Abweichungen ermöglicht.
Die Musterbauordnung wurde zuletzt durch Beschluss der Bauministerkonferenz am 21. 09. 2012 geändert.
Mit Blick auf das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) sowie der Umsetzung des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) findet man in der aktuellen Fassung der MBO die wesentlichsten Änderungen in den § 2 „Begriffe“ und § 50 „Barrierefreies Bauen“. Die Musterbauordnung bildet den rechtlich verbindlichen Rahmen für den Hochbau. Während diese die gesetzlichen Vorgaben enthält, sind die dazu erforderlichen allgemein anerkannten Regeln der Technik (als Technische Baubestimmungen) in der Musterliste der Technischen Baubestimmungen48 zusammengefasst.
§ 2 MBO
Musterbauordnung
in der Fassung vom November 2002
zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom
21. 09. 2012
§ 2
Begriffe
[…]
„(9) Barrierefrei sind bauliche Anlagen, soweit sie für Menschen mit Behinderung in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar sind.“
[…]
Die Aufnahme des Begriffs der „Barrierefreiheit“ in den § 2 Absatz 9 wird ausdrücklich begrüßt.
Der Gesetzgeber hat hier für die Barrierefreiheit die Definition des § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG) vom 27. April 2002 übernommen. Anzuwenden ist stets die aktuelle Fassung des BGG. Damit soll sichergestellt werden, dass es für die Barrierefreiheit keinen anderen abweichenden bauordnungsrechtlichen Begriff gibt.
Für Sonderbauten, entsprechend § 2 Absatz 4 MBO sowie § 51 MBO, ist über den gegenwärtigen Rechtsrahmen hinaus zu fordern, dass diese prinzipiell dem Baugenehmigungsverfahren unterliegen. Nur auf diese Weise gelingt es die Zugänglichkeit und zweckbestimmte Nutzung von Sonderbauten für Menschen mit Handicap sicher zu stellen.
§ 50 MBO
Musterbauordnung
in der Fassung vom November 2002
zuletzt geändert durch Beschluss der Bauministerkonferenz vom
21. 09. 2012
§ 50
Barrierefreies Bauen
„(1) In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein; diese Verpflichtung kann auch durch barrierefrei erreichbare Wohnungen in mehreren Geschossen erfüllt werden. In diesen Wohnungen müssen die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad sowie die Küche oder die Kochnische barrierefrei sein.
§ 39 Abs. 4 bleibt unberührt.
(2) Bauliche Anlagen, die öffentlich zugänglich sind, müssen in den dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Teilen barrierefrei sein. Dies gilt insbesondere für:
1 Einrichtungen der Kultur und des Bildungswesens,
2 Sport- und Freizeitstätten,
3 Einrichtungen des Gesundheitswesens,
4 Büro-, Verwaltungs- und Gerichtsgebäude,
5 Verkaufs-, Gast- und Beherbergungsstätten,
6 Stellplätze, Garagen und Toilettenanlagen.
Für die der zweckentsprechenden Nutzung dienenden Räume und Anlagen genügt es, wenn sie in dem erforderlichen Umfang barrierefrei sind. Toilettenräume und notwendige Stellplätze für Besucher und Benutzer müssen in der erforderlichen Anzahl barrierefrei sein.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten nicht, soweit die Anforderungen wegen schwieriger Geländeverhältnisse, wegen des Einbaus eines sonst nicht erforderlichen Aufzugs, wegen ungünstiger vorhandener Bebauung oder im Hinblick auf die Sicherheit der Menschen mit Behinderung nur mit einem unverhältnismäßigen Mehraufwand erfüllt werden können.“
Allgemeine Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“
Der § 50 MBO regelt nunmehr für bauliche Anlagen die Verpflichtung zur barrierefreien Gestaltung. Die dafür konkreten Anforderungen zur Herstellung der Barrierefreiheit enthält die Musterliste der Technischen Baubestimmungen. Der Absatz 3 wurde gestrichen. So ist aus dem ehemaligen Abschnitt 4 nunmehr Absatz 3 geworden.
Nach Auffassung des Gesetzgebers ist der ehemalige Absatz 3 entbehrlich, da sich die konkreten Anforderungen an das barrierefreie Bauen unmittelbar aus der DIN 18040 „Barrierefreies Bauen“ Teil 1 „Öffentlich zugängliche Gebäude“ und Teil 2 „Wohnungen“ ergeben. Beide Normen wurden mit Novellierung der Musterliste der Technischen Baubestimmungen mit Fassung vom September 2013 eingeführt.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 1 Satz 1
Nach Absatz 1 müssen, in Gebäuden mit mindestens drei Wohnungen, die Wohnungen mindestens eines Geschosses barrierefrei zu erreichen sein. Hier wäre es empfehlenswert gewesen, wenn der Gesetzgeber eine Quantifizierung der Anzahl barrierefrei zu errichtender Wohnungen vorgenommen hätte. Lässt doch die Angabe „eines Geschosses“ zu viel Deutungsspielraum zu.
Die Zulässigkeit, dass die barrierefrei herzustellenden Wohnungen in mehreren Geschossen liegen dürfen, setzt das Vorhandensein von mindestens einem Aufzug des Typs 2 nach DIN EN 81 - 70 : 2005 - 09, Tabelle 1 (vgl. DIN 18040 - 2 : 2011 - 09) voraus. Auf diese Notwendigkeit wurde hier nicht verwiesen. Die Anforderungen an Aufzüge zur Nutzung mit Rollstühlen, Krankentragen und Kinderwagen enthält § 39 „Aufzüge“ der Musterbauordnung.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 1 Satz 2
Hier wurde die ehemalige Begrifflichkeit „mit dem Rollstuhl zugänglich" durch den Begriff "barrierefrei" ausgetauscht. Diese Erweiterung der Wohnungsanforderungen ist zunächst zu begrüßen. Von dieser Formulierung können nunmehr, neben Menschen mit motorischen Handicaps, auch andere Handicapgruppen, wie z. Bsp. Menschen mit sensorischen Einschränkungen, profitieren. Auch wird mit der Forderung zur Schaffung barrierefreier Wohnungen, einschließlich ihrer Räume, nicht nur deren Zugänglichkeit, sondern ebenfalls die Möglichkeit ihrer zweckbestimmten Nutzung gefordert.
In barrierefreien Wohnungen sollte es selbstverständlich sein, dass die Zugänglichkeit zu Küchen, Wohn-, Schlaf- und Sanitärräumen sowie der Flure auch für Rollstuhlnutzer besteht.
Die Räume müssen barrierefrei – entsprechend § 2 Absatz 9 Musterbauordnung – nutzbar sein.
Diese Anforderung wird durch den Begriff „barrierefrei nutzbare Wohnung“ in der DIN 18040 Teil 2 konkretisiert. Diese festgeschriebene Nutzbarkeit erstreckt sich jedoch nicht auf die zu stellenden Anforderungen für „barrierefrei und uneingeschränkt mit dem Rollstuhl nutzbare Wohnungen“ gemäß DIN 18040 - 2, da diese entsprechend der aktuellen Fassung der Musterliste der Technischen Baubestimmungen von der Einführung ausgenommen wurden. Dies zeigt, dass Barrierefreiheit im Sinne des BGG nicht als Gesamtheit verstanden wird. Die dort im § 4 BGG definierte Barrierefreiheit gilt jedoch im gleichen Maße für alle Menschen mit Handicap. Eine differenzierte Barrierefreiheit für einzelne Handicapgruppen sehen die Gesetzgeber nicht vor.
An dieser Stelle wird deutlich, dass die schon mehrfach geforderte vollumfängliche und ohne Einschränkungen vorzunehmende Aufnahme der DIN 18040 Teil 2 in die Liste der Technischen Baubestimmungen unverzichtbar ist.
Die Einschränkung der Barrierefreiheit auf bestimmte Wohnungsbereiche, wie die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad, die Küche oder Kochnische sowie die zu diesen Räumen führenden Flure, ist zu eng gefasst und daher nicht akzeptabel. Auch gehören beispielsweise Abstellräume, Terrassen und Freisitze zu Wohnungen, die für ein selbstbestimmtes Leben für Menschen mit Handicap zugänglich und nutzbar sein müssen.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 2 Satz 1
Absatz 2 Satz 1 enthält die Verpflichtung zur Schaffung der Barrierefreiheit in öffentlich zugänglichen Gebäuden bzw. öffentlich zugänglichen baulichen Anlagen. Er stellt die Erreichbarkeit und Nutzbarkeit für alle Menschen sicher. Allerdings wird diese Anforderung vom Gesetzgeber auf die dem allgemeinen Besucher- und Benutzerverkehr dienenden Gebäudebereiche, einschließlich der Garagen und Stellplätze, beschränkt.
Zur Verdeutlichung, dass die Besucherbereiche öffentlicher Gebäude nicht nur barrierefrei zugänglich, sondern ebenfalls nutzbar sein müssen, wurde die bisherige Begrifflichkeit „Besucherverkehr“ auf „Besucher- und Benutzerverkehr“ ergänzt. Dieser Schritt ist zu begrüßen, obwohl der positive Ansatz gleichzeitig wieder durch Satz 3 eine Einschränkung erfährt.
Die Barrierefreiheit für Gebäude, Einrichtungen und bauliche Anlagen, die dem öffentlichen Zweck dienen, darf nicht nur auf die dem allgemeinen Besucherverkehr bestimmten Teile beschränkt werden. Sie muss sich hier auf alle Gebäudeteile erstrecken.
Die Gründe dafür liegen u. a. in einer sich „relativ raschen“ Nutzungsänderung, insbesondere von Sonderbauten. Flucht- und Rettungswege werden nicht immer nur über die Gebäudeteile, welche für den allgemeinen Besucherverkehr vorgesehen sind, geführt. Ein weiterer wesentlicher Grund ist in den Bemühungen zur beruflichen Integration und Inklusion behinderter Menschen zu sehen. Zu bedenken ist, dass für Arbeitgeber die Schaffung von behindertengerechten Arbeitsplätzen oftmals nicht möglich ist, da die vorhandene Bausubstanz dies nicht zulässt. Können bauliche Barrieren nicht behoben werden, so ist die beste und teuerste Rehabilitationsmaßnahme zum Scheitern verurteilt. Dagegen kann eine grundsätzlich vorgesehene Barrierefreiheit für alle öffentlich zugänglichen Gebäude (künftiger Neubauten), einschließlich für Arbeitsstätten, sich ggf. positiv auf die berufliche Situation behinderter Menschen auswirken und spätere kostenintensive Umbauten vermeiden.
Leider führte die Novellierung der Musterbauordnung an dieser Stelle zu keiner Berücksichtigung dieser Umstände. Es ist nicht ausreichend, wenn die Anforderungen zur Gestaltung der Arbeitsstätten nur ausschließlich im Arbeitsstättenrecht des Bundes festgelegt sind.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 2 Satz 2
Hier sollte beachtet werden, dass es sich bei den genannten Beispielen nicht um eine abschließende Auflistung handelt.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 2 Satz 3
In diesem Absatz ist offen geblieben, welcher Maßstab dem erforderlichen Umfang für eine zweckentsprechende Nutzung zu Grunde zu legen ist. Der notwendig erforderliche Umfang für eine zweckentsprechende Nutzung wird stets von den individuellen physiologischen, körperlichen und geistigen Fähigkeiten und Fertigkeiten von den Menschen mit Handicap bestimmt. Eine im Ermessen des Bauherren bzw. des Betreibers liegende Beschränkung auf ein Mindestmaß kann für Menschen mit Handicap zur Einschränkung der Entfaltung eines selbstbestimmten Lebens führen.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 2 Satz 4
Entsprechend dieses Satzes müssen ein Teil der notwendigen Stellplätze und Toiletten in öffentlichen Einrichtungen für Besucher und Benutzer, insofern diese vorhanden sind, barrierefrei sein. Ob und in welchem Umfang Stellplätze und Toiletten für eine öffentliche Einrichtung vorhanden sein müssen, wird in den gesetzlichen Vorgaben für den Nutzungszweck der jeweiligen Gebäude geregelt.
Anmerkungen zu § 50 „Barrierefreies Bauen“, Absatz 3
Der § 50 Absatz 3 MBO enthält den Begriff des „unverhältnismäßigen Mehraufwandes“ (vgl. auch Kapitel unverhältnismäßiger Mehraufwand). Diese festgehaltene Formulierung bietet genügend individuelle Spielräume um das Prinzip des barrierefreien Bauens mühelos zu umgehen. Damit ist an dieser Stelle keine positive Entscheidung im Interesse der Barrierefreiheit getroffen wurden. Kritisch ist zu diesem Begriff anzumerken, dass er eine „gewisse“ Wertigkeit zwischen den Kosten zum barrierefreien Bauen einerseits und der Inklusion behinderter Menschen andererseits zum Ausdruck bringt.
7.2.2 Landesbauordnungen
Die Mutter aller Landesbauordnungen ist die Musterbauordnung. (vgl. Kapitel 7.2.1). Mit dieser wird das Ziel verfolgt, in allen Bundesländern ein möglichst annähernd gleiches Baurecht zu erreichen. Daher lehnen sich die einzelnen Bauordnungen der Bundesländer an die Vorgaben der Musterbauordnung weitestgehend an, was natürlich auch Abweichungen ermöglicht.
Ein erwähnenswertes positives Beispiel für mögliche Abweichungen findet man in der Thüringer Bauordnung (ThürBO). Mit deren Neufassung vom 14. 03. 2014 wurde der Absatz 3 des § 50 MBO, welcher bei einem unverhältnismäßigen Mehraufwand zur Herstellung der Barrierefreiheit die verpflichtende Anwendung der Absätze 1 und 2 des § 50 MBO ausschließt, nicht übernommen. Damit soll der gestiegenen Bedeutung des barrierefreien Bauens im Freistaat Thüringen Rechnung getragen werden. Ist dennoch in Einzelfällen für die Bauherren ein unverhältnismäßiger Mehraufwand vorhersehbar, so besteht für sie die Möglichkeit bei der zuständigen Bauaufsichtsbehörde eine zulässige Abweichung nach § 66 Thüringer Bauordnung zu beantragen. Der Gesetzgeber geht jedoch davon aus, dass zur Errichtung von Neubauten die Voraussetzungen für Abweichungen in der Regel nicht vorliegen werden.
Die Entwürfe der Landesbauordnungen werden in der Regel zunächst durch die Verwaltungen (Ministerien, Obersten Bauaufsichtsbehörden) in den jeweiligen Bundesländern erarbeitet. Danach durchlaufen sie das übliche Gesetzgebungsverfahren und werden letztlich als verbindliche Landesgesetze durch den Landtag beschlossen. Sie gelten meist über mehrere Jahre hinweg und können auch wieder nur durch den Gesetzgeber, den Landtag, geändert werden.
Diese Gesetze – Landesbauordnungen – bilden den rechtlich verbindlichen Rahmen für das Landesbaurecht (im Hochbau). Während dieses die gesetzlichen Vorgaben enthält, sind die dazu erforderlichen allgemein anerkannten Regeln der Technik (als Technische Baubestimmungen) in der Liste der Technischen Baubestimmungen zusammengefasst.
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