Kitabı oku: «Barrierefrei und selbstbestimmt Wohnen», sayfa 5

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7.1.4 Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)26

Am 14. 08. 2006 hat der Deutsche Bundestag das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz beschlossen. Es trat zum 18. 08. 2006 in Kraft.

Das Gesetz wurde durch Artikel 15 Absatz 66 G vom 05. 02. 2009 I 160 geändert. Im Zuge der Veränderung europäischer Vorgaben für die Finanzwirtschaft wurde es zuletzt geändert durch Artikel 8 SEPA-Begleitgesetz (Gesetz zur Begleitung der Verordnung (EU) Nr. 260/​2012 zur Festlegung der technischen Vorschriften und der Geschäftsanforderungen für Überweisungen und Lastschriften in Euro und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 924/​2009) vom 03. 04. 2013 (BGBL. I S. 610).27

Das AGG verfolgt, u. a. für Menschen mit Behinderung, die Ziele:

Benachteiligungen im Arbeits- und Zivilrecht (Geschäftsleben) entgegen zu wirken,

Beseitigung bereits entstandener Benachteiligungen,

Schutz vor Diskriminierung (durch Benachteiligung z. Bsp. wegen Alter oder Behinderung),

Information der betroffenen Personen über ihre Rechte und Erleichterung der Rechtsdurchsetzung.

Mit dem Diskriminierungsschutz soll sichergestellt werden, dass die Teilhabe am Geschäftsleben im gleichen Maß für alle Bürger gilt.

Das Geschäftsleben, z. Bsp. bei Vertragsabschlüssen, ist bei vielen Bürgern vom Freiheitsverständnis geprägt. Nach diesem können die jeweiligen Vertragspartner selbst ihre Wünsche vertreten, Inhalte absprechen und über Vertragsabschlüsse entscheiden.

Hier darf nicht der enge Zusammenhang zwischen den Prinzipien der Freiheit und der Gleichheit vor der Menschenwürde außer Acht bleiben bzw. verwechselt werden.

Benachteiligungen können behinderte Menschen von der Inanspruchnahme ihrer Freiheitsrechte, wie z. Bsp. von der Vertragsfreiheit, ausschließen. Dies kann der Fall sein, wenn beispielsweise ein Vermieter nicht bereit ist, an einen blinden Menschen eine Wohnung zu vermieten, da dieser den gefertigten Mietvertrag nicht selbst mit seinen Augen lesen kann.

Die Freiheitsrechte gelten für alle Bürger im gleichen Maße. Das heißt, ohne den zu berücksichtigenden Anspruch auf Gleichbehandlung führen die Freiheitsrechte zur Durchsetzung der Interessen bevorzugter Vertragspartner und zum Verstoß gegen die allgemeinen Menschenrechte.

Es wird deutlich, dass letztlich mit dem AGG die Benachteiligungen, z. Bsp. für ältere und behinderte Menschen, bei der Inanspruchnahme von Freiheitsrechten beseitigt werden sollen und deren Beschneidung nicht durch das Gesetz erfolgt.

§ 1 AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG

vom 14. August 2006

zuletzt geändert durch Artikel 8 SEPA-Begleitgesetz28

vom 03. 04. 2013

§ 1

Ziel des Gesetzes

„Ziel des Gesetzes ist es, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“

§ 2 AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG

vom 14. August 2006

zuletzt geändert durch Artikel 8 SEPA-Begleitgesetz

vom 03. 04. 2013

§ 2

Anwendungsbereich

„(1) Benachteiligungen aus einem in § 1 genannten Grund sind nach Maßgabe dieses Gesetzes unzulässig in Bezug auf:

die Bedingungen, einschließlich Auswahlkriterien und Einstellungsbedingungen, für den Zugang zu unselbstständiger und selbstständiger Erwerbstätigkeit, unabhängig von Tätigkeitsfeld und beruflicher Position, sowie für den beruflichen Aufstieg,

die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen einschließlich Arbeitsentgelt und Entlassungsbedingungen, insbesondere in individual- und kollektivrechtlichen Vereinbarungen und Maßnahmen bei der Durchführung und Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses sowie beim beruflichen Aufstieg,

den Zugang zu allen Formen und allen Ebenen der Berufsberatung, der Berufsbildung einschließlich der Berufsausbildung, der beruflichen Weiterbildung und der Umschulung sowie der praktischen Berufserfahrung,

die Mitgliedschaft und Mitwirkung in einer Beschäftigten- oder Arbeitgebervereinigung oder einer Vereinigung, deren Mitglieder einer bestimmten Berufsgruppe angehören, einschließlich der Inanspruchnahme der Leistungen solcher Vereinigungen,

den Sozialschutz, einschließlich der sozialen Sicherheit und der Gesundheitsdienste,

die sozialen Vergünstigungen,

die Bildung,

den Zugang zu und die Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen, die der Öffentlichkeit zur Verfügung stehen, einschließlich von Wohnraum.“

(2) Für Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch gelten § 33c des Ersten Buches Sozialgesetzbuch und § 19a des Vierten Buches Sozialgesetzbuch. Für die betriebliche Altersvorsorge gilt das Betriebsrentengesetz.

(3) Die Geltung sonstiger Benachteiligungsverbote oder Gebote der Gleichbehandlung wird durch dieses Gesetz nicht berührt. Dies gilt auch für öffentlich-rechtliche Vorschriften, die dem Schutz bestimmter Personengruppen dienen.

(4) Für Kündigungen gelten ausschließlich die Bestimmungen zum allgemeinen und besonderen Kündigungsschutz.“

§ 3 AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG

vom 14. August 2006

zuletzt geändert durch Artikel 8 SEPA-Begleitgesetz

vom 03. 04. 2013

§ 3

Begriffsbestimmungen

„(1) Eine unmittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 auch im Falle einer ungünstigeren Behandlung einer Frau wegen Schwangerschaft oder Mutterschaft vor.

(2) Eine mittelbare Benachteiligung liegt vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen wegen eines in § 1 genannten Grundes gegenüber anderen Personen in besonderer Weise benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

(3) Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die mit einem in § 1 genannten Grund im Zusammenhang stehen, bezwecken oder bewirken, dass die Würde der betreffenden Person verletzt und ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(4) Eine sexuelle Belästigung ist eine Benachteiligung in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4, wenn ein unerwünschtes, sexuell bestimmtes Verhalten, wozu auch unerwünschte sexuelle Handlungen und Aufforderungen zu diesen, sexuell bestimmte körperliche Berührungen, Bemerkungen sexuellen Inhalts sowie unerwünschtes Zeigen und sichtbares Anbringen von pornographischen Darstellungen gehören, bezweckt oder bewirkt, dass die Würde der betreffenden Person verletzt wird, insbesondere wenn ein von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen, Entwürdigungen oder Beleidigungen gekennzeichnetes Umfeld geschaffen wird.

(5) Die Anweisung zur Benachteiligung einer Person aus einem in § 1 genannten Grund gilt als Benachteiligung. Eine solche Anweisung liegt in Bezug auf § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 insbesondere vor, wenn jemand eine Person zu einem Verhalten bestimmt, das einen Beschäftigten oder eine Beschäftigte wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt oder benachteiligen kann.“

§ 19 AGG

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz – AGG

vom 14. August 2006

zuletzt geändert durch Artikel 8 SEPA-Begleitgesetz

vom 03. 04. 2013

§ 19

Zivilrechtliches Benachteiligungsverbot

„(1) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität bei der Begründung, Durchführung und Beendigung zivilrechtlicher Schuldverhältnisse, die typischerweise ohne Ansehen der Person zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen (Massengeschäfte) oder bei denen das Ansehen der Person nach der Art des Schuldverhältnisses eine nachrangige Bedeutung hat und die zu vergleichbaren Bedingungen in einer Vielzahl von Fällen zustande kommen oder eine privatrechtliche Versicherung zum Gegenstand haben, ist unzulässig.

(2) Eine Benachteiligung aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft ist darüber hinaus auch bei der Begründung Durchführung und Beendigung sonstiger zivilrechtlicher Schuldverhältnisse im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 5 bis 8 unzulässig.

(3) Bei der Vermietung von Wohnraum ist eine unterschiedliche Behandlung im Hinblick auf die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen und ausgewogener Siedlungsstrukturen sowie ausgeglichener wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Verhältnisse zulässig.

(4) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf familien- und erbrechtliche Schuldverhältnisse.

(5) Die Vorschriften dieses Abschnitts finden keine Anwendung auf zivilrechtliche Schuldverhältnisse, bei denen ein besonderes Nähe- oder Vertrauensverhältnis der Parteien oder ihrer Angehörigen begründet wird. Bei Mietverhältnissen kann dies insbesondere der Fall sein, wenn die Parteien oder ihre Angehörigen Wohnraum auf demselben Grundstück nutzen. Die Vermietung von Wohnraum zum nicht nur vorübergehenden Gebrauch ist in der Regel kein Geschäft im Sinne des Absatzes 1 Nr. 1, wenn der Vermieter insgesamt nicht mehr als 50 Wohnungen vermietet.“

7.1.5 Sozialgesetzbuch IX

Sozialgesetzbuch IX (SGB IX29) – Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen – vom 19. Juni 2001 (BGBl. I S. 1046) zuletzt geändert durch Artikel 13 Abs. 26 des LSV-Neuordnungsgesetzes vom 12. April 2012 (BGBl. I S. 579)

§ 2 Behinderung

„(1) Menschen sind behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweicht und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Sie sind von Behinderung bedroht, wenn die Beeinträchtigung zu erwarten ist.“

7.1.6 Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. 12. 2006 (Behindertenrechtskonvention – BRK) und sein Fakultativprotokoll vom 13. 12. 2006

Hinter der allgemein gebräuchlichen Kurzbezeichnung „Behindertenrechtskonvention – BRK“ stehen die beiden selbständigen völkerrechtlichen Verträge:

das „Gesetz zu dem Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie das Fakultativprotokoll vom 13. Dezember 2006 zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen.

In Fortsetzung der Erkenntnis, wie wichtig es ist, dass Menschen mit Behinderungen u. a. vollen Zugang zu Information und Kommunikation bekommen, damit sie alle Menschenrechte und Grundfreiheiten voll genießen können, unterzeichnete die Bundesregierung Deutschlands am 30. März 2007 in New York das Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen sowie sein Fakultativprotokoll.

Mit dem Kabinettbeschluss vom 01. 10. 2008 wurde das Gesetzgebungsverfahren zum Ratifizierungsgesetz30 eingeleitet.

Das Ratifizierungsgesetz geht davon aus, dass der mit dem Neunten Buch Sozialgesetzbuch begonnene Paradigmenwechsel in Deutschland mit der Behindertenrechtskonvention fortgesetzt werden kann. Gemäß dem Ratifizierungsgesetz wurde das Deutsche Institut für Menschenrechte e. V. für Deutschland als unabhängige Stelle zur Überwachung der Einhaltung der Behindertenrechtskonvention bestimmt31.

Der Deutsche Bundestag und der Bundesrat beschlossen am 03. 12. 2008 das Zustimmungsgesetz zum Übereinkommen und dem Fakultativprotokoll, welche am 01. 01. 2009 in Kraft traten. Die Hinterlegung der Ratifikationsurkunde erfolgte bei den Vereinten Nationen am 24. 02. 2009. Damit konnten beide Völkerrechtsverträge als innerstaatliches deutsches Recht am 26. 03. 2009 (dreißig Tage nach Hinterlegung der deutschen Ratifikationsurkunde) verbindlich in Kraft treten.32

Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (BRK) vom 13. 12. 2006

Die Behindertenrechtskonvention wurde von den Vereinten Nationen im Jahr 2006 beschlossen und trat am 03. 05. 2008 in Kraft.

Sie richtet sich vornehmlich an die Träger öffentlicher (staatlicher) Gewalt, wie die Parlamente von Bund und Ländern und nicht direkt an Privatpersonen. Somit können von diesen aus der Behindertenrechtskonvention in der Regel auch keine unmittelbaren Leistungen abgeleitet werden.

Obwohl die Behindertenrechtskonvention Völkerrecht bleibt, genießt sie jedoch den Rang eines Bundesgesetzes („vgl. BVerfG33: Beschluss vom 23. 03. 2011, Aktenzeichen 2 BvR 882/​09, Absatz-Nr. 52; BVerfG: Beschluss vom 19. 09. 2006, Aktenzeichen 2 BvR 2115/​01, Absatz-Nr. 52; der Bundestag hat durch die Zustimmung zur Ratifikation der UN-BRK mit förmlichem Gesetz gemäß Artikel 59 Absatz 2 Grundgesetz einen entsprechenden Rechtsanwendungsbefehl erteilt und die Bundesländer haben dabei im dafür verfassungsrechtlich vorgesehenen Verfahren im Bundesrat mitgewirkt und zugestimmt (vgl.: Bundesrat (2008), S. 460 (A)“).34

Die Behindertenrechtskonvention ist nur in den Fassungen der französischen, englischen, spanischen, arabischen und chinesischen Sprache rechtsverbindlich (vgl. Artikel 50).

Ein Ausschuss, mit Sitz in Genf, soll die Einhaltung und Umsetzung des Übereinkommens in den Vertragsstaaten überwachen. Diese haben sich verpflichtet, dem Ausschuss in regelmäßigen Abständen entsprechende Berichte vorzulegen (vgl. Artikel 34).

Aus behindertenpolitischer Sicht stellt die Behindertenrechtskonvention einen Meilenstein dar, da an ihrer Erarbeitung selbst Menschen mit Behinderung mitwirkten. Sie sollen jedoch auch weiterhin bei der Umsetzung und Überwachung zur Einhaltung der Behindertenrechtskonvention aktiv einbezogen werden.

Die Behindertenrechtskonvention konkretisiert die Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen.

Ihr Ziel ist die Förderung und Gewährung der Menschenrechte für Menschen mit Behinderung. Dabei stützt sich die Behindertenrechtskonvention auf die wesentlichsten bestehenden Menschenrechtsverträge. Aus diesen Verträgen formuliert sie die maßgeblichsten Bestimmungen aus Sicht von Menschen mit Behinderung und deren zu erwartenden Lebensperspektive. Somit schafft das Übereinkommen keine speziellen Rechte für Menschen mit Behinderung. Es spezifiziert vielmehr die Anforderungen für den Schutz der Menschenrechte für Menschen mit Behinderungen.

Während in Deutschland der Integrationsgedanke noch immer dominierend vorherrscht, vertritt die Behindertenrechtskonvention den Grundsatz der „sozialen Inklusion“.

Dies bedeutet, dass Menschen mit Behinderung von Anfang an im völlig uneingeschränkten Umfang, bei Wahrung ihrer selbstbestimmten Unabhängigkeit, in das gesellschaftliche Leben einbezogen werden. Hier wird eine nachträgliche Eingliederung nicht erforderlich.

Mit diesem Gedanken der „sozialen Inklusion“ – im Wandel vom medizinischen hin zum sozialen Modell – verliert die Begrifflichkeit „Behinderung“ im Rahmen des menschlichen Zusammenlebens die Wertigkeit unter der Betrachtung physischer, sensorischer oder auch psychischer Defizite. Die medizinischen Kriterien und Maßstäbe für die menschliche Leistungsfähigkeit verlieren an Bedeutung. Es soll und muss sich eine Gesellschaft entwickeln die Individualität gestattet, wünscht und fördert.

Fakultativprotokoll zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen vom 13. 12. 2006

Das zum Übereinkommen der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen bestehende Fakultativprotokoll ist ein eigenständiger völkerrechtlicher Vertrag.

Mit dem Fakultativprotokoll sind keine materiell-rechtlichen Sanktionen verbunden.

Mit dessen Ratifizierung durch die Vertragsstaaten werden die Kompetenzen des Ausschusses zur Überwachung des Übereinkommens gestärkt. Der Ausschuss wird ermächtigt im Bedarfsfall Untersuchungs- und Individualbeschwerdeverfahren aufzunehmen bzw. einzuleiten.

Die Individualbeschwerde ermöglicht es dem Ausschuss, Informationen über Vertragsverstöße von Einzelpersonen entgegen zu nehmen und gemäß den Vereinbarungen des Fakultativprotokolls zu prüfen. So ist beispielsweise im Fakultativprotokoll geregelt, dass die Entgegennahme von Mitteilungen erst dann möglich ist, wenn alle innerstaatlichen Rechtsbehelfe genutzt wurden. Liegen dem Ausschuss zuverlässige Informationen über ggf. schwerwiegende Übereinkommensverletzungen vor, kann er im Rahmen der vereinbarten Untersuchungsverfahren selbst aktiv werden und von den Vertragsstaaten Stellungnahmen anfordern.

Präambel

Die Präambel35 der Behindertenrechtskonvention kann zum besseren Verstehen der völkerrechtlichen Vereinbarung beitragen und genutzt werden. Sie ist jedoch nicht rechtsverbindlich.

In der Präambel der BRK wird auf die Notwendigkeit hingewiesen, die Behindertenthematik (Barrierefreiheit) zum festen Bestandteil der Nachhaltigkeit zu machen.

Artikel 1 BRK

Der Artikel 1 hat den Zweck des Übereinkommens zum Gegenstand. Danach ist durch die Vertragsstaaten eine gleichberechtigte sowie vollständige Inanspruchnahme der Grundrechte für alle Menschen mit Behinderungen zu gewähren und zu fördern.

Abschnitt 2 des Artikels 1 enthält eine Definition zur Begrifflichkeit „Behinderung“, wie sie im Sinne des Übereinkommens anzuwenden ist. Dabei schließt sie ebenso Menschen mit geistigen, seelischen, sensorischen wie auch körperlichen Beeinträchtigungen ein.

Bei ihr handelt es sich um keine im rechtlichen Sinne verwendete Begriffsdefinition. Das Übereinkommen stellt ein recht allgemein gehaltenes Verständnis über Behinderung dar.

Behinderungen entstehen aus den engen Wechselbeziehungen zwischen den Menschen mit ihren Beeinträchtigungen und den Barrieren in der sie umgebenden Umwelt (vgl. auch BRK Präambel Buchstabe e), die den Betroffenen häufig eine gleichberechtigte Teilhabe verwehren.

Diese Betrachtung verdeutlicht, dass der Begriff der „Behinderung“ keine fest definierte Größe ist. Er wird maßgeblich vom gesellschaftlichen Verständnis geprägt.

Übereinkommen über die Rechte von

Menschen mit Behinderungen

vom 13. 12. 2006

Artikel 1

Zweck

„Zweck dieses Übereinkommens ist es, den vollen und gleichberechtigten Genuss aller Menschenrechte und Grundfreiheiten durch alle Menschen mit Behinderungen zu fördern, zu schützen und zu gewährleisten und die Achtung der ihnen innewohnenden Würde zu fördern.

Zu den Menschen mit Behinderungen zählen Menschen, die langfristige körperliche, seelische, geistige oder Sinnesbeeinträchtigungen haben, welche sie in Wechselwirkung mit verschiedenen Barrieren an der vollen, wirksamen und gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft hindern können.“

Artikel 2 BRK

Im Artikel 2 werden die Begriffe, wie sie bei der Anwendung der Behindertenrechtskonvention zu berücksichtigen sind, definiert.

Die Kommunikation nach der Behindertenrechtskonvention schließt alle Formen der visuellen (Großdruck, Gebärdensprachen36), taktilen (Brailleschrift37, Prismen-Schrift38) und akustischen (gesprochene Sprachen – Lautsprecherdurchsage) Informationen ein.

Der Begriff der „Sprache“ ist im Sinne der Behindertenrechtskonvention nicht nur auf gesprochene Sprachen zu beschränken. Er umfasst gleichzeitig auch nicht gesprochene Sprachen wie das Lormen39 oder die taktile Gebärdensprache.

Die Begrifflichkeit der „Diskriminierung“ umfasst nicht nur die mittelbare und unmittelbare Diskriminierung. Sie enthält ebenfalls die „Versagung angemessener Vorkehrungen als Diskriminierungstatbestand.“ Hiermit wird die Pflicht zu einer erforderlichen Anpassung bzw. Änderung für den einzelnen Bürger, wie z. Bsp. bei einer behindertengerechten Arbeitsplatzausstattung, eingefordert; unter der Voraussetzung, dass dies zu keiner unverhältnismäßigen Belastung führt.

Die Behindertenrechtskonvention versteht unter „universellem Design“, dass Produkte, Umfelder, Programme und Dienstleistungen von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung genutzt werden können. Dabei zielt sie vornehmlich auf Hilfsmittel, Gebrauchsgegenstände, Informations- und Kommunikationssysteme, öffentliche Verkehrsmittel sowie Verkehrs- und Dienstleistungsangebote.

Übereinkommen über die Rechte von

Menschen mit Behinderungen

vom 13. 12. 2006

Artikel 2

Begriffsbestimmung

„Im Sinne dieses Übereinkommens schließt „Kommunikation“ Sprachen, Textdarstellung, Brailleschrift, taktile Kommunikation, Großdruck, leicht zugängliches Multimedia sowie schriftliche, auditive, in einfache Sprache übersetzte, durch Vorleser zugänglich gemachte sowie ergänzende und alternative Formen, Mittel und Formate der Kommunikation, einschließlich leicht zugänglicher Informations- und Kommunikationstechnologie, ein;

schließt „Sprache“ gesprochene Sprachen sowie Gebärdensprachen und andere nichtgesprochene Sprachen ein;

bedeutet „Diskriminierung aufgrund von Behinderung“ jede Unterscheidung, Ausschließung oder Beschränkung aufgrund von Behinderung, die zum Ziel oder zur Folge hat, dass das auf die Gleichberechtigung mit anderen gegründete Anerkennen, Genießen oder Ausüben aller Menschenrechte und Grundfreiheiten im politischen, wirtschaftlichen, sozialen, kulturellen, bürgerlichen oder jedem anderen Bereich beeinträchtigt oder vereitelt wird. Sie umfasst alle Formen der Diskriminierung, einschließlich der Versagung angemessener Vorkehrungen;

bedeutet „angemessene Vorkehrungen“ notwendige und geeignete Änderungen und Anpassungen, die keine unverhältnismäßige oder unbillige Belastung darstellen und die, wenn sie in einem bestimmten Fall erforderlich sind, vorgenommen werden, um zu gewährleisten, dass Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen alle Menschenrechte und Grundfreiheiten genießen oder ausüben können;

bedeutet „universelles Design“ ein Design von Produkten, Umfeldern, Programmen und Dienstleistungen in der Weise, dass sie von allen Menschen möglichst weitgehend ohne eine Anpassung oder ein spezielles Design genutzt werden können. „Universelles Design“ schließt Hilfsmittel für bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen, soweit sie benötigt werden, nicht aus.“

Artikel 3 BRK

Zu den allgemeinen Grundsätzen (Artikel 3) des Übereinkommens zählen u. a. die volle Teilhabe von Menschen mit Behinderungen an der Gesellschaft, die Chancengleichheit und Zugänglichkeit. Diese für alle Menschen geltenden Grundsätze sind ohne die Barrierefreiheit nicht erreichbar.

Mit den Ausführungen im Artikel 3 der Behindertenrechtskonvention wird der notwendige Bruch mit dem noch oftmals bestehenden defizitorientiertem Behinderungsverständnis erläutert und bekräftigt.

Die Vielzahl von Menschen mit Behinderungen ist als ein Teil der Menschheit in ihrer Unterschiedlichkeit zu verstehen und zu akzeptieren.

Der Artikel 3 enthält folgende Grundsätze:

 Wahrung der Menschenwürde sowie der persönlichen Autonomie, einschließlich der Unabhängigkeit

 Wahrung des Rechts auf persönliche Identität von Kindern mit Behinderung und deren Förderung

 Achtung vor allen Menschen mit ihren vielfältig möglichen Behinderungen

 Gleichberechtigung von Mann und Frau

 Chancengleichheit

 vollumfängliche Einbeziehung und Teilhabe an der Gesellschaft

 Zugänglichkeit

 Nichtdiskriminierung

Diese Grundsätze verdeutlichen, dass die Behindertenrechtskonvention auf eine Abkehr von der, noch oftmals bestehenden defizitorientierten, Auffassung über Behinderung abzielt.

Übereinkommen über die Rechte von

Menschen mit Behinderungen

vom 13. 12. 2006

Artikel 3

Allgemeine Grundsätze

Die Grundsätze dieses Übereinkommens sind:

die Achtung der dem Menschen innewohnenden Würde, seiner individuellen Autonomie, einschließlich der Freiheit, eigene Entscheidungen zu treffen, sowie seiner Unabhängigkeit;

die Nichtdiskriminierung;

die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung in die Gesellschaft;

die Achtung vor der Unterschiedlichkeit von Menschen mit Behinderungen und die Akzeptanz dieser Menschen als Teil der menschlichen Vielfalt und der Menschheit;

die Chancengleichheit;

die Zugänglichkeit;

die Gleichberechtigung von Mann und Frau;

die Achtung vor den sich entwickelnden Fähigkeiten von Kindern mit Behinderungen und die Achtung ihres Rechts auf Wahrung ihrer Identität.“

Artikel 4 BRK

Die Vertragsstaaten haben sich im Übereinkommen (Artikel 4) verpflichtet:

alle geeigneten Maßnahmen zur Umsetzung des Vertrages zu treffen, dies schließt die Änderung von diskriminierenden gesetzlichen Vorgaben ein.

dass die Handlungen und Praktiken öffentlicher Einrichtungen in Übereinstimmung mit diesem Abkommen stehen. Dabei sind Diskriminierungen durch Unternehmen, Organisationen oder Personen entschieden entgegen zu wirken.

die Förderung der Entwicklung und Verfügbarkeit von Produkten und Dienstleistungen im universellen Design zu unterstützen.

die Entwicklung und den Betrieb von Informations- und Kommunikationstechnologien sowie Mobilitätshilfen, die für Menschen mit Behinderung geeignet sind, zu fördern.

Im Artikel 4 Absatz 1 wurde das Diskriminierungsverbot festgehalten. Es stellt einen zentralen Teil der Menschenrechtsverträge dar.

Artikel 4 Absatz 2 beinhaltet zur Realisierung der kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte von Menschen mit Behinderungen die Verpflichtung der Vertragsstaaten, unter Ausschöpfung der ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und Mittel (= nicht nur Finanzmittel sondern auch Personalressourcen), diese schrittweise umzusetzen. Damit soll der Situation Rechnung getragen werden, dass sich nicht alle bestehenden Rechte kurzfristig umsetzen lassen. Jedoch sind die Vertragsstaaten verpflichtet, schnellst möglich entsprechende Maßnahmen zur Verwirklichung der kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Rechte von Menschen mit Behinderungen zu ergreifen.

Mit Artikel 4 Absatz 3 verpflichten sich die Vertragsstaaten die Behindertenverbände in die Erarbeitung und Verwirklichung aller zu treffenden Maßnahmen, einschließlich rechtlicher Bestimmungen, aktiv einzubeziehen (vgl. hier auch die Berücksichtigung von Artikel 33 Absatz 3, Artikel 34 Absatz 3, Artikel 35 Absatz 4).

Es wird deutlich, dass es nicht nur darum geht bestehende Gesetze an die Vorgaben der Behindertenrechtskonvention anzupassen. Das erklärte Ziel ist die Gestaltung der Lebensbedingungen behinderter Menschen entsprechend des Leitbildes der Behindertenrechtskonvention sowie eine diesbezügliche politische Orientierung.

Übereinkommen über die Rechte von

Menschen mit Behinderungen

vom 13. 12. 2006

Artikel 4

Allgemeine Verpflichtungen

„(1) Die Vertragsstaaten verpflichten sich, die volle Verwirklichung aller Menschenrechte und Grundfreiheiten für alle Menschen mit Behinderungen ohne jede Diskriminierung aufgrund von Behinderung zu gewährleisten und zu fördern. Zu diesem Zweck verpflichten sich die Vertragsstaaten, alle geeigneten Gesetzgebungs-, Verwaltungs- und sonstigen Maßnahmen zur Umsetzung der in diesem Übereinkommen anerkannten Rechte zu treffen;

alle geeigneten Maßnahmen einschließlich gesetzgeberischer Maßnahmen zur Änderung oder Aufhebung bestehender Gesetze, Verordnungen, Gepflogenheiten und Praktiken zu treffen, die eine Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen darstellen;

den Schutz und die Förderung der Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen in allen politischen Konzepten und allen Programmen zu berücksichtigen;

Handlungen oder Praktiken, die mit diesem Übereinkommen unvereinbar sind, zu unterlassen und dafür zu sorgen, dass die staatlichen Behörden und öffentlichen Einrichtungen im Einklang mit diesem Übereinkommen handeln;

alle geeigneten Maßnahmen zur Beseitigung der Diskriminierung aufgrund von Behinderung durch Personen, Organisationen oder private Unternehmen zu ergreifen;

Forschung und Entwicklung für Güter, Dienstleistungen, Geräte und Einrichtungen in universellem Design, wie in Artikel 2 definiert, die den besonderen Bedürfnissen von Menschen mit Behinderungen mit möglichst geringem Anpassungs- und Kostenaufwand gerecht werden, zu betreiben oder zu fördern, ihre Verfügbarkeit und Nutzung zu fördern und sich bei der Entwicklung von Normen und Richtlinien für universelles Design einzusetzen;

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Yaş sınırı:
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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
384 s. 8 illüstrasyon
ISBN:
9783960085546
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