Kitabı oku: «Equinox», sayfa 4

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Ich richtete mich auf und schaute ihn fragend an. Was wollte er mir mitteilen? War es doch nicht seine Cousine, die er neulich abholen musste? War er vielleicht sogar schon mit einer anderen Frau verbunden? Oder meinte er es, trotzdem es bisher nicht den Anschein erweckte, nicht ernst mit mir? Panikartig schossen mir in Bruchteilen von Sekunden die verschiedensten Katastrophentheorien durch den Kopf, und eine nie gekannte Angst ließ meinen Puls rasen.

Es schien wirklich kein Spaß zu sein, was er mir sagen wollte, denn Robert blickte mich mit ernstem, gequälten Ausdruck an. Zwischen seinen Augenbrauen bildete sich eine tiefe Sorgenfalte. Ich runzelte die Stirn ebenso und wartete darauf, dass er erklärte, was die schlechten Neuigkeiten waren. Mir wurde mehr als nur flau im Magen, als Robert augenscheinlich mühevoll nach den richtigen Worten suchte.

»Ich muss ab Montag für acht Wochen zu einer Projektbetreuung nach Plymouth. Ich hatte mich freiwillig dafür angeboten, damit meine zwei Kollegen, die dies auch hätten machen können, nicht für so lange Zeit von ihren Familien getrennt sein müssten. Ich war ja Single zum Zeitpunkt dieser Entscheidung und hatte keinen Grund, diese Aufgabe nicht zu übernehmen. Außerdem habe ich Familie in der Gegend. Es bot sich ursprünglich eigentlich als eine perfekte Gelegenheit an, Job und Privates miteinander zu verbinden. Ich konnte schließlich nicht ahnen, dass du so kurz vor der Abreise in mein Leben treten würdest.«

Das waren in der Tat sehr schlechte Neuigkeiten! Sie warfen mich buchstäblich um. Ich konnte gar nicht sofort antworten, obwohl mich Robert flehend anschaute. Das flaue Gefühl in meinem Magen verstärkte sich augenblicklich.

»Acht Wochen?«, fragte ich nach einer Weile mutlos.

»Acht Wochen«, antwortete er mit Grabesstimme.

»Oh nein!«, ächzte ich und fühlte mich, als würde ich körperlich gefoltert. »Ohne Pause?«

»Ja, ohne Pause. Es sei denn, du kommst mich dort einmal besuchen. Das ginge schon. Würdest du? … bitte?«

Hoffnung! Jedenfalls ein bisschen.

»Auf jeden Fall. Ich kann mir gar nicht vorstellen, dich schon wieder gehen lassen zu müssen.« Um mich herum drehte sich plötzlich alles und ich umfasste Roberts Hand, als müsste ich ihn schon jetzt festhalten, damit er nicht bereits in diesem Moment ginge.

»Glaub mir«, stieß er bitter hervor, »es fällt mir genauso schwer wie dir!«

Ich konnte nur gequält stöhnen, aber fühlte dennoch eine große Erleichterung, dass keine meiner ursprünglichen, rabenschwarzen Vermutungen den Grund seiner ernsten Worte darstellte.

8

Wir verbrachten den ganzen Tag am Damm. Die glücklich unbeschwerte Stimmung der ersten Stunden vor Roberts desaströser Ankündigung, acht Wochen über tausend Kilometer von mir getrennt sein zu müssen, kehrte jedoch nicht zurück. Und das auch noch ab übermorgen. Es war ja nicht einmal genug Zeit, um diese Nachricht überhaupt zu verdauen. Wie sollte ich diese langen Tage ohne Robert nur überstehen?

Wir genossen den vielleicht letzten warmen sonnigen Oktobernachmittag so gut es ging, packten irgendwann unsere Sachen ein und fuhren zurück. Mit einem Mal schien die Zeit wieder in einem Rennen gegen uns zu sein und verrann unaufhörlich, unerbittlich.

Robert parkte das Motorrad vor meiner Tür und schaute mich fragend an, als wir abgestiegen waren.

»Kommst du mit hoch?«, fragte ich ihn mit hundert wild flatternden Schmetterlingen im Bauch und wusste plötzlich selbst nicht genau, wie ernst ich diese Einladung meinte.

»Möchtest du das?«, fragte Robert mit rauer Stimme.

»Ja«, antwortete ich knapp und hatte ein beklemmendes Gefühl im Magen. Sei kein Feigling, sagte ich mir. Du bist einundzwanzig und deiner Zeit sowieso in mancherlei Dingen weit hinterher. Aber das machte mir auch nicht mehr Mut.

Robert schien zu spüren, dass mir nicht ganz wohl war. Auf dem Weg die Treppe hinauf blieb er plötzlich stehen, fasste mich an den Schultern und sah mir eindringlich in die Augen. »Elisabeth, ich möchte, dass du weißt, dass wir nichts tun müssen, nur weil wir bald schon wieder für lange Zeit getrennt sein werden. Wir lassen es einfach so weiterlaufen, als gäbe es diese acht Wochen nicht. Einverstanden?«

Erleichtert schaute ich ihn an. Mein Magen fühlte sich wieder normal an und ich erwiderte, wie von einer Last befreit: »Einverstanden! … danke!«

Oben in unserer kleinen Wohnung angekommen erklärte ich in mein Zimmer eintretend: »Ich wohne hier ja nicht allein, wie du weißt. Kristin, meine Cousine ist aber gerade in Halle und kommt erst morgen Abend zurück. Wir sind also allein. Willkommen in unserem kleinen Reich!«

Robert schaute sich vorsichtig in meinem Zimmer um. Vor dem Bücherregal blieb er stehen und ging die aufgestellten Bücher mit der Fingerspitze ab.

»Du liest ziemlich vielseitig«, meinte er anerkennend. »Und was hast du da?«, er deutete auf ein aufgeschlagenes Buch auf meinem Schreibtisch.

»Oh, das ist für die Uni. Nathaniel Hawthorne. Sehr symbollastig, aber es gefällt mir, wenn nicht alles gleich so offensichtlich ist.«

»Das habe ich schon gemerkt, dass du das Offensichtliche dem Verborgenen nicht vorziehst.« lächelte Robert wissend. Was er damit wohl sagen wollte?

Er strich mir behutsam eine Haarsträhne hinters Ohr und küsste mich vorsichtig. Mir entzog es sofort wieder den Boden unter den Füßen und ich schwankte leicht. Robert umfasste mich. »Hoppla«, sagte er schmunzelnd und küsste mich noch einmal, dieses Mal jedoch mit einer mir noch unbekannten Leidenschaft. Seine Lippen saugten sanft an meiner Unterlippe und plötzlich spürte ich, wie seine Zunge sacht meine Lippen teilte und verspielt forschend auf meine Zunge traf. Mein Herz verhaspelte sich fast in seinem Takt, so schnell schlug es. Wir atmeten beide so schwer, als wären wir am Rande unserer körperlichen Belastbarkeit. Seine Lippen zu kosten war gleichzeitig unendlich süß und schmerzlich. Als würde man von einer seltenen Süßigkeit kosten und wüsste genau, man würde sich ein Leben lang danach verzehren, immer mehr davon zu bekommen. Ich konnte all diese verwirrenden, überwältigenden Empfindungen, die mich durchströmten, kaum einordnen, überließ mich ihnen aber zu gern und ließ mich von diesem Kuss einfach durch die Zeit tragen. Dieser Moment musste ewig anhalten, wünschte ich mir.

Und irgendwo in weiter Ferne begann es zu ticken, wie eine unerbittliche Erinnerung daran, dass alles endlich ist.

Ich schob Robert unwillig über die Störung ein kleines Stück von mir. Noch völlig außer Atem runzelte ich die Stirn und sagte: »Ich weiß nicht, ob ich auf einmal paranoid bin, aber ich habe schon wieder eine Uhr ticken gehört.«

»Ja, mir war es auch, als hätte ich etwas gehört. Hast du einen Wecker hier stehen?«, antwortete er ebenfalls schwer atmend und sah sich halbherzig um.

»Ich meine keine Uhr hier aus dem Raum. Und ja, ich habe einen Wecker. Aber der ist digital und kann nicht ticken!«

Irgendwie war ich nun leicht verärgert. Merkte er nicht auch, dass es sehr seltsam war, schon wieder ein Ticken zu vernehmen, wenn wir uns näher kamen? Ich würde die Sache jedenfalls im Auge beziehungsweise im Ohr behalten. Das war doch nicht normal!

Robert schien dagegen nicht so verwundert wie ich. Er strich mir über die Stirn und sagte amüsiert: »Nun runzle die Stirn mal nicht so, als würdest du dir Sorgen über irgendein Geräusch machen. Wer weiß, was wir beide zufällig gehört haben, aber es hängt sicher nicht damit zusammen, dass wir uns geküsst haben. Und außerdem, ich kenne den Rest deiner Wohnung noch gar nicht …«

Ich war zwar noch immer skeptisch, aber ließ mich gern ablenken.

»Na, dann komm mal mit. Es gibt noch Kristins Zimmer, da gehen wir also nicht hinein und dann noch ein kleines Bad. Mir nach!«, sagte ich zog ihn an der Hand hinter mir her ins Bad, das so winzig war, dass zwei erwachsene Leute schon Mühe hatten, sich gemeinsam darin zu bewegen.

»Oh, das ist ja eher ein Aquarium«, lachte Robert sichtlich amüsiert. »Vor allem mit dem ganzen Fisch- und Muschelkram, für den ihr noch Platz gefunden habt.«

»Nichts gegen unser Spa!«, murmelte ich verlegen. Wir hatten ein Netz unter die Decke gehängt, in dem sich die Schätze vergangener Ferientage an unterschiedlichen Meeren sowie einige Holzdekofische tummelten. Ein Mädchenbad eben. Es war ja schließlich auch eine Mädchenwohnung. Ich wusste gar nicht so recht, was Robert daran so lustig fand und schaute ihn leicht trotzig an.

»Ich mag es, wenn du verärgert bist«, erklärte er mir mit einem entwaffnenden Lächeln und durchbrach mit einem betont intensiven Blick aus seinen Smaragdaugen meinen Groll, der bei diesem Anblick sprichwörtlich verrauchte.

»Sind wir vorhin nicht vom Hausflur direkt in einer Küche gelandet?«, fragte er.

»Ja«, sagte ich mit einem Blick auf die Uhr. »Dahin könnten wir eigentlich auch zurückgehen. Was hältst du davon, wenn wir uns etwas kochen? Der Tag ist schon wieder so gut wie um. Irgendwie finde ich, dass der Tag mit dir nur halb so lang ist …«

»Hahaha«, Robert lachte nun laut. »Da habe ich ja immenses Glück, dass er nicht doppelt so lang ist. Das würde mir nämlich kein besonders gutes Zeugnis über meinen Unterhaltungswert ausstellen.«

Prima, ich wurde schon wieder rot. Wie überaus peinlich! Um abzulenken, fragte ich noch einmal: »Was ist nun mit dem Kochen?«

»Ja, gute Idee! Aber lass Dir gesagt sein, ich bin keine gute Küchenhilfe. Meine Kochkünste beschränken sich auf Rührei, Spiegelei oder, ganz besonders erlesen, hart gekochtes Ei.«

»Das ist doch besser als nichts. Schnippeln kannst Du aber, oder?«, neckte ich ihn.

»Ich stehe ganz zu deinen Diensten, Maître«, antwortete Robert belustigt und machte einen formvollendeten Diener.

»Gut. Dann sollten wir zunächst die Menüreihenfolge festlegen«

Ich ging in Gedanken schnell meine Vorräte durch und schlug danach Folgendes vor: »Wie gefällt dir dies: Tomatensalat à la Caprese als Vorspeise, im Hauptgang Spaghetti mit Pesto Rosso und als Dessert lauwarmes Apfelkompott mit Vanillesoße?«

»Wow! Wohin darf ich meine Sachen räumen? Ich glaube, ich ziehe nachher noch ein, denn dieses Menü verstehe ich als Aufforderung zum Bleiben«, kommentierte Robert meinen Vorschlag äußerst beeindruckt.

»Sehr schön«, lachte nun ich. »Dann habe ich ja alles richtig gemacht!«

»Lass uns anfangen. Hier sind Äpfel, bitte schälen, entkernen und in Stückchen schneiden«, sagte ich und schob ihm ein Brettchen, ein Messer und einen kleinen Topf hin.

»Aye aye Sir!«, salutierte Robert gespielt und machte sich am Küchentisch sitzend an die Arbeit.

Ich schnappte mir glücklich lächelnd ein Glas mit getrockneten Tomaten, zupfte einige Blätter Basilikum vom Balkon, schnitt ein großzügiges Stückchen Parmesan ab und nahm eine Handvoll Mandeln in Ermangelung von Pinienkernen. Zusammen mit etwas Olivenöl kam alles in den Mixer und nach einem lauten Rattern war unser Pesto bereits fertig. Ich nahm ein Löffelchen und stippte es ins Pesto.

Auf Robert zugehend fragte ich: »Magst du probieren?«

Statt einer Antwort sperrte er den Mund auf, um gleich darauf erstaunt mit den Augen zu rollen. »Das ist ja lecker!«

Es schmeckte ihm. Juhu, das freute mich!

Nebenbei köchelte das Apfelkompott und ich rührte die Vanillesoße auf dem Herd. Robert nahm sich die Tomaten und fragte: »Scheiben oder Stückchen?«

»Wie du es am liebsten magst«, antwortete ich. Und im Ergebnis schnitt Robert einfach drauf los, so dass die Tomaten ein buntes Potpourri an Formen wurden. Ich musste schmunzeln und sagte:

»Am optischen Ausdruck müssen wir aber noch arbeiten. Das wäre jetzt noch kein Bild für den Feinschmecker.«

»Welchen Feinschmecker?«, fragte Robert irritiert.

Oh, er hatte den Scherz wohl nicht verstanden.

»Das ist eine ziemlich gehobene Zeitschrift über Essen.«

»Es gibt Zeitungen nur über Essen? Oder meinst du eine Kochzeitung mit Rezepten?«

»Nein«, lachte ich belustigt. »Es gibt tatsächlich Zeitschriften nur über Essen.«

»Bemerkenswert, was die Leute so kaufen«, stellte Robert ernsthaft überrascht fest.

»Vor allem wenn du sagst, es wäre eine gehobene Zeitschrift. Dann gibt es ja, wie es aussieht, eine ganze Bandbreite … erstaunlich! Wirklich erstaunlich!«

»Gib mir bitte mal den abgezupften Basilikum neben dir.«

»Ich vermute, du meinst die grünen Blätter hier?« Es war offenkundig, Robert war kein Foodie! Verschmitzt lächelnd nahm ich mir vor, dies sukzessive zu ändern. Angefangen mit heute Abend.

»Du siehst aus, als würdest du gerade Pläne schmieden. Ich hoffe, ich bin da eingeschlossen?«

»Du bist der Plan an sich«, erwiderte ich lachend und wunderte mich einmal mehr, wie scheinbar mühelos er mich zu verstehen schien.

»Und was steht mir bevor?«

»Na, ich dachte, ich werde dich so nach und nach mit den Geheimnissen diverser Köstlichkeiten bekannt machen. Heute Abend ist der offizielle Beginn der Planumsetzung.«

Das war schneller gesagt, als darüber nachgedacht. Ich merkte, wie mir das Blut abermals in die Wangen schoss, während mir klar wurde, auf welch vielfältige Weisen man meine Ankündigung verstehen konnte. Auf eine entsprechende Reaktion brauchte ich natürlich gar nicht erst warten …

»Da bin ich aber sehr gespannt. Ich lerne doch ausgesprochen gern die Geheimnisse verschiedener Köstlichkeiten von dir!«

Robert grinste anzüglich und verließ seinen Platz am Küchentisch augenblicklich, um mich von hinten zu umfassen und mir eng an mich geschmiegt beim Rühren in diversen Töpfen zuzusehen. Er strich meine Haare zurück und begann leicht und verspielt an meinem Ohrläppchen zu knabbern, was mir unablässig kleine Stromstöße durch den ganzen Körper schickte – mmmh – sehr schön,… aber leider nicht produktiv, denn ich hatte Mühe, dem köchelnden Essen in den Töpfen genügend Aufmerksamkeit zukommen zu lassen.

»Nicht, dass mir das nicht gefallen würde«, murmelte ich ein bisschen verlegen, »aber wenn du nicht willst, dass mir alles anbrennt, weil ich mich nicht mehr konzentrieren kann …«

»Okay, schade.« Robert verzerrte das Gesicht gespielt gequält und ließ mein Ohr mit einem lauten Seufzer frei. Schade …

»Dort oben rechts findest du Teller. Wir können nämlich essen«, trug ich ihm wenig später auf, mir erneut zur Seite zu stehen. Ich deutete auf den Schrank mit den Tellern und stellte schnell die Vanillesoße auf den Balkon, damit sie noch ein wenig abkühlen konnte.

»Leider habe ich keinen Wein da«, entschuldigte ich mich.

»Das ist nicht schlimm. Es sieht auch so alles verlockend köstlich aus«, meinte Robert und half mir den Tisch zu decken und die Teller zu füllen.

»Lass es dir schmecken«, sagte ich und guckte ihm voller Liebe und Erstaunen beim Essen zu. Selbst bekam ich kaum einen Bissen herunter, geschweige denn, dass ich hätte sagen können, wie das, was ich mir ab und an auf die Gabel schob, eigentlich schmeckte. Was für ein schöner Mann! Dies war so ein Moment, in dem ich kaum glauben konnte, dass Robert tatsächlich hier mit mir saß und wegen mir hier war. So viel Glück war nicht wirklich fassbar für mich.

»Es ist sooo lecker! Wieso kannst du so gut kochen?«, frage er undeutlich zwischen zwei vollen Gabeln.

»Hmmm, ich habe einfach Freude daran. Ich habe schon als Kind gern in der Küche mitgeholfen. Wenn meine Mutter gebacken hat, habe ich immer etwas Teig abbekommen und durfte meinen eigenen Kuchen backen. Oder ich bekam ein paar Möhrenstückchen ab und habe in einem kleinen Topf eine eigene kleine Suppe gekocht. Das war purer Spaß für mich und ist es auch heute noch.«

Ich musste schmunzeln: »Ja, und während meiner zehn englischen Monate musste ich notgedrungen ab und an mal das Kochen in meiner Gastfamilie übernehmen, sonst wäre ich wahrscheinlich gestorben vor Hunger nach etwas anderem außer Frittiertem mit Schlabbergemüse. Die Smiths waren wirklich die liebsten Menschen, die man sich vorstellen konnte, aber gekocht haben sie leider allen bekannten Stereotypen entsprechend, die man von der britischen Küche so kennt.«

»Okay, ich verstehe«, lachte Robert. »Manche Dinge dort sind wirklich sprichwörtlich ein harter Brocken und nur schwer zu schlucken.«

»Du hast vorhin gesagt, du hättest Familie in der Nähe von Plymouth. Dein Vater?«

»Ja, genau. Mein Vater ist Professor an der Universität von Plymouth. Er ist Meeresbiologe und beschäftigt sich mit allerlei nassem Kleingetier und so. Er und Judith, seine Frau, haben zusammen mit meinen Großeltern ein Landhaus unweit der Stadt. Naja, und mein Bruder Jonathan und seine Freundin Zoe wohnen auch in Plymouth. Mein Bruder promoviert gerade über irgendwelche Algen im Atlantik. Er ist auch Meeresbiologe, hält es aber mehr mit dem ganzen Grünzeugs unter Wasser.«

»Wirst du dort wohnen?«

»Bei meinem Vater, ja. Bei Jon und Zoe ginge das nicht. Die haben quasi ein Wohnklo gemietet.«

»Ein was?«, fragte ich lachend nach.

»Ein Wohnklo. Die Wohnung hat, glaube ich, 27 qm, ist also noch viel kleiner als euer kleines Reich hier. Das ist für zwei Leute ziemlich eng. Aber die beiden sind kreativ und handwerklich ein gutes Team. Da sie hohe Decken haben, haben sie beispielsweise eine zweite Ebene eingezogen, die sie als Schlaf- und Liegefläche nutzen. Eigentlich ist ihre Wohnung die perfekte Ausstellungswelt für Ikea. In den Modellzimmern dort wird doch auch immer gezeigt, was man alles Erstaunliches auf kleinstem Raum unterbringen kann.«

Robert lachte. »Also, Gäste können dort auf keinen Fall schlafen. Wenn die beiden Besuch haben, wird dieser immer bei meinem Vater einquartiert. Dort ist mehr als ausreichend Platz. Aber da du ja versprochen hast, mich in good old England zu besuchen, wirst du alles bald selbst sehen.«

Ich versuchte den Gedanken, dass uns nur noch wenige Stunden bis zu Roberts Abreise blieben, ganz weit wegzuschieben und antwortete deshalb bemüht erwartungsfroh: »Ich bin schon echt gespannt!«

Nach dem Essen räumten wir zusammen die Küche auf.

»Wann musst du am Montag eigentlich los?«, fragte ich nun doch traurig, als ich wieder an das bevorstehende vorübergehende Ende unseres Glücks dachte.

»Ich fliege um fünf Uhr morgens nach Frankfurt und dort um sieben nach London. Von Heathrow geht’s dann noch weiter nach Plymouth, wo ich irgendwann gegen zwölf Uhr Ortszeit ankommen werde. Das ist gegen ein Uhr mittags deutscher Zeit. Ich muss etwa vier Uhr morgens am Flughafen hier in Leipzig sein. Packen muss ich auch noch. Meine persönlichen Dinge sind ja nicht das Problem. Aber ich muss noch einige Unterlagen im Institut zusammensammeln und schauen, ob Momo, meine Assistentin, die du ja bereits kennst, alles vollständig bereitgelegt hat«, erklärte er mir ausführlich.

»Mein Wochenende ist bisher ein wenig anders als ursprünglich gedacht verlaufen. Aber ich bin froh, dass es so ist«, flüsterte Robert danach leise und nahm meine rechte Hand in seine beiden Hände.

»Bleib heute Nacht hier«, bat ich ihn spontan, als mir bewusst wurde, wie wenig Zeit uns tatsächlich nur noch blieb.

»Nichts lieber als das!«, antwortete er sichtlich bewegt und küsste mich liebevoll und schützend zärtlich.

9

Eng aneinandergekuschelt lagen wir lange wach und genossen einfach nur die Nähe zueinander. Irgendwann müssen wir beide dann doch eingeschlafen sein, denn ich wurde wach, als ich im Unterbewusstsein hörte, wie sich ein Schlüssel im Schloss der Wohnungstür geräuschvoll drehte und nur Augenblicke später Gepäck geräuschvoll im Flur zu Boden plumpste. Da außer mir und Kristin aber niemand einen Schlüssel zu unserer Wohnung hatte, musste ich wohl geträumt haben.

Robert schlief noch tief und fest. Er lag auf dem Bauch, sein Gesicht zu mir gewandt und hatte seinen linken Arm locker über meinen Bauch gelegt. Ich lächelte gerührt. Diesen Anblick würde ich nie wieder vergessen! Es war so einladend, sein schlafendes, schönes Gesicht aus dieser unmittelbaren Nähe zu studieren. Wie es wohl wäre, mit den Fingerspitzen seine Wangenknochen nachzuzeichnen, seine vollen Lippen zu berühren …? Schon hob ich meine Hand, um diesen Gedanken Taten folgen zu lassen, als im Flur plötzlich jemand laut meinen Namen rief.

OH GOTT!

Kristin war zurück.

Wie spät war es eigentlich? Was machte sie hier? Sie wollte doch erst am Sonntagabend kommen? Was sollte ich jetzt tun? Wenn sie in mein Zimmer kam? … ja und … wäre das so schlimm? Mein Herz raste durch den unmittelbaren Adrenalinschub. Was sollte ich nun tun? Meine Gedanken überschlugen und wiederholten sich.

Totale Panik!

Aber warum?

Leise und vorsichtig öffnete sich meine Zimmertür und Kristin steckte ihren Kopf herein: »Bist du da?«

»Eli?« Sie klang alarmiert. »Bist du krank? Du bist ja noch im Bett!«

Ich winkte ihr verlegen zu und deutete auf Robert, der immer noch halb auf mir liegend schlief. Offensichtlich konnte man das Haus um ihn herum abtragen. Wenn er schlief, schlief er, wie es aussah.

Statt die Tür wieder diskret zu schließen, kam Kristin noch einen Schritt näher und stand nun mitten im Raum. Feingefühl wie ein Trampeltier! Also wirklich!

»DU BIST NICHT ALLEIN?«, Kristin schaffte es einfach nicht, ihre totale Überraschung über das Bild, das sich ihr bot, zurückhaltend zum Ausdruck zu bringen.

Sie starrte mich mit aufgerissenen Augen und weit geöffnetem Mund an.

»Könntest Du vielleicht ein bisschen lauter schreien? Die Nachbarn haben dich eventuell nur schlecht verstanden!«, zischte ich verärgert und beschämt zugleich.

»Wer ist das?«

Anstatt die Gelegenheit zu nutzen und stillschweigend aus dem Zimmer zu flüchten, fragte sie mich nun auch noch aus. Ich konnte es nicht fassen, musste aber auch etwas amüsiert feststellen, dass ich Kristin, die mich nach Luft schnappend anschaute, wie ein Fisch auf dem Trockenen, noch nie sprachlos gesehen hatte. So grotesk diese Situation gerade war, sie war doch auch sehr unterhaltsam und ich schwankte zwischen purer Wut und einem drohenden Lachanfall. Oder vielleicht auch beidem auf einmal.

»Sorry. Ich … ich lasse euch dann mal wieder allein.« Dunkelrot anlaufend verließ Kristin, nun endlich aus ihrer Schockstarre aufgewacht, eilig das Zimmer. Na bitte, dachte ich, geht doch. Und Kristin war rot geworden! Allein der Gedanke daran war für mich ziemlich unterhaltsam und einzigartig.

Robert neben mir regte sich langsam und fragte mich mit noch immer geschlossenen Augen: »Wer oder was war das denn gerade?«

»Kristin, meine Mitbewohnerin. Sie ist etwas früher zurückgekehrt als erwartet, wie es scheint.«

»Du hättest mich der Dame ja vorstellen können!«, grinste Robert mich nun breit an.

»Wie bitte???«, fragte ich irritiert. Das konnte er doch unmöglich ernst meinen?!

»Kleiner Scherz, mein Schatz. Guten Morgen!« Er küsste mich liebevoll auf die Wange. Hatte er gerade Schatz gesagt? Juhu!!!

»Sehr lustig! Ich glaube, ich sollte mit ihr bei Gelegenheit mal das Thema Privatsphäre ansprechen …«

»Gute Idee!«, kicherte Robert sichtlich amüsiert.

»Auch guten Morgen, übrigens.« Ich wandte Robert, der immer noch in der gleichen Position neben mir lag und mit seiner linken Hand nun meinen Bauch streichelte, mein Gesicht zu und gab ihm einen leichten Kuss auf die Nasenspitze.

»Wir sollten, glaube ich, aufstehen und die offizielle Vorstellung tatsächlich nachholen. Ich fürchte nämlich, sonst platzt Kristin in ein paar Minuten vor Neugier. Und ich will hier ja nicht allein wohnen, vor allem wenn ich in den nächsten Wochen jemanden brauche, der meine Sehnsucht nach dir und alle damit verbundenen emotionalen Ausbrüche aushält«, sagte ich mit so viel Galgenhumor, wie ich gerade noch zusammenbekam und schauderte beim dem Gedanken an diese leider sehr reale nahe Zukunft.

»Das klingt überzeugend, aber nicht schön!« Robert drehte sich auf den Rücken, zog mich gleichzeitig mühelos mit und hob mich auf sich.

Welch unbeschreibliches Gefühl! Ich lag plötzlich völlig unverhofft auf ihm und spürte seinen gesamten Körper so eng wie nie zuvor an meinem. Selbst seinen Herzschlag konnte ich fühlen. Tausend verschiedene Empfindungen überfielen mich auf einmal und überraschten mich mit ihrer schieren Intensität. Es fiel mir mit einem Mal schwer, klar zu denken oder überhaupt zu denken. Mein Herz überschlug sich und hatte Mühe, seinen eigentlichen Rhythmus auch nur annähernd wieder zu finden.

Robert schaute mich absolut überrascht an und schien überhaupt nicht mehr zu atmen. Empfand er etwa auch so intensiv wie ich? War er auch so überrascht von der Wucht der Gefühle, die diese körperliche Nähe auslöste? Ich wagte kaum zu hoffen, dass es für Robert ein genauso überwältigendes Empfinden war, wie für mich.

Als es plötzlich laut in der Küche klapperte, atmete er scharf ein und drängte mich sanft von sich herunter.

Oh Kristin! Sie war gerade Fluch und Segen zugleich.

Was wollten wir gerade tun?

Mir gelang immer noch kein zusammenhängender Gedanke. Robert blickte mich mit seinen intensiv grünen Smaragdaugen auf eine Weise an, die mich noch inkohärenter und auch etwas nervös werden ließ.

Es klopfte leise an der Tür.

Meine Güte, Kristin! Sie hatte echt Nerven! Wir hielten beide die Luft an und lauschten. Hoffentlich konnte sie der Versuchung widerstehen, noch einmal hereinzuplatzen.

»Eli, ich gehe zum Bäcker. Ich laufe auch langsam, versprochen. Und ich bringe genug Brötchen für drei mit. Also, bis dann …«, rief sie betont laut durch die geschlossene Zimmertür und gleich darauf fiel die Wohnungstüre wieder ins Schloss. Glück gehabt!

»Okay, diese Chance sollten wir wohl oder übel nutzen«, brummte ich leicht verstimmt.

Ich krabbelte äußerst ungern aus dem Bett und öffnete meinen Kleiderschrank. »Ein großes und ein kleines Handtuch?«, frage ich Robert, der sich aufgerichtet hatte und mir zusah.

»Du bist wunderschön!«, sagte er.

»Wie bitte?«, mit dieser Antwort hatte ich nun gar nicht gerechnet. Zudem mir ein flüchtiger Blick in den Spiegel an meiner Schranktür ein zerzaustes Irgendwas in blauweiß karierter Pyjamahose und weißem Trägershirt gezeigt hatte, das nur mit Fantasie Ähnlichkeit mit mir aufwies, fand zumindest ich.

»Du bist wunderschön!«, wiederholte er und schaute mich aus seinen, wie warmes, tiefdunkles Tannengrün leuchtenden Augen liebevoll an. »Und ja, ich nehme das Angebot gern an!« Nun lachte er auch noch. »Hast du eventuell noch eine Zahnbürste für mich?«

»Ja, ich glaube schon.« Ich wühlte im Schrank.

»Und danke«, murmelte ich beschämt in die Tiefen des Schrankes hinein.

»Sehr gern. Ich sage nur die Wahrheit«, antwortete er nicht nur vergnügt, sondern auch grundehrlich und versetzte mich damit in noch mehr Verlegenheit.

»Hier!« Triumphierend zog ich eine neue Zahnbürstenpackung heraus und drehte mich ein wenig zu schwungvoll Richtung Bett um.

Doch dort war niemand.

Stattdessen umfassten mich augenblicklich Roberts Arme. Wann war er denn aufgestanden und wie konnte er sich überhaupt so lautlos hinter mich stellen? Ich errötete über meine Ungeschicklichkeit, fand es aber unendlich schön, abermals von seinen muskulösen Armen aufgefangen, umfasst und eng an seine Brust gepresst zu werden.

»Hello again«, flüsterte Robert in mein Ohr und küsste wieder mein Ohrläppchen. Oh … langsam glitten seine Lippen meinen Hals hinunter, er schob meinen rechten Träger zur Seite und küsste meine Schulter mit federleichten Berührungen. Mit seiner linken Hand strich er mir sacht über den Rücken … und Po. Mein Atem und mein Puls beschleunigten sofort und wohlige Wogen durchflossen mich. Irgendwo tief in meinem Bauch krampfte sich ein bittersüßer Schmerz zusammen, von dem ich wünschte, er möge dort für immer bleiben. Meine Hände wühlten zärtlich in Roberts dunklem Haar und suchten sich langsam ihren Weg an seinem Hals entlang zu seiner Brust, wo sie, seinen ebenfalls hetzenden Herzschlag fühlend, ruhen blieben.

Erst leise und dann, mit jedem Schlag anschwellend, tickte es.

Wir lösten uns langsam voneinander und schauten uns überrascht an.

Dieses Mal hatte auch Robert nicht den Eindruck, dass es sich um einen Zufall handelte. Man sah ihm die Verwunderung deutlich an. Warum tickte es immer, sobald wir uns näher kamen???

»Das ist doch kein Zufall! Ich verstehe das nicht!«, stellte Robert fest und schaute mich mit hinreißend verwuscheltem Haar und fragendem Blick nach einer Antwort suchend an.

»Ich auch nicht«, erwiderte ich ehrlich ahnungslos und merkte, wie sich ganz tief in meinem Unterbewusstsein ein ungutes Gefühl niederließ. »Und es gefällt mir nicht.«

»Mir auch nicht«, antwortete Robert stirnrunzelnd.

Wir schauten uns irritiert an, mit einem kleinen, unangenehmen Abstand zwischen uns. Der schöne vertrauliche, aufregende Augenblick war jedoch völlig verloren. Wie frustrierend!

»Seltsam! Lass uns ins Bad gehen. Kristin kommt sicher bald zurück. Du kannst gern zuerst gehen. Ich ziehe mich so lange an«, schlug ich ihm vor.

»Okay.« Er nahm die Handtücher und verließ das Zimmer.

Ich schlüpfte schnell aus meinem Schlafzeug und zog mir frische Unterwäsche, Socken, eine hellbraune, enge Cordhose und ein zartblaues Kapuzensweatshirt mit dem Aufdruck der Universität von Exeter an. Während ich die Bettdecke glattstrich, kam Robert aus dem Bad zurück … das große Handtuch locker um die Hüften geknotet und das kleine lässig über der Schulter hängend. Er trug seine Kleidung unterm Arm und legte sie völlig unbefangen auf meinem Bett ab.

Meine Atmung setzte aus.

Ich starrte ihn an.

Wow!

Er hatte echt Nerven!

Wir waren über das Küssen noch nicht hinausgekommen, und das war mir bisher auch völlig recht. Und nun stand er hier quasi nackt, … also so ziemlich fast nackt vor mir. Und er sah gut aus! Schlank und muskulös zugleich. Angedeutete Bauchmuskeln unter zart gespannter Haut auf seinem flachen Bauch. Keine Brusthaare. Das gefiel mir! Sein Anblick weckte mein Verlangen, ihn zu berühren. Die Linien seiner Muskeln mit den Fingern nachzuzeichnen …

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Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
541 s. 2 illüstrasyon
ISBN:
9783941935266
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Telif hakkı:
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Metin
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