Kitabı oku: «Christen begegnen Muslimen», sayfa 3

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Freundschaftliche Beziehungen mit Sufis kultivieren

Das Eastleigh Fellowship Center liegt gegenüber einer Sufi-Moschee.12 Wir bauten zu den Sufis freundschaftliche Beziehungen auf und erhofften uns davon, dass sich eine Tür zur muslimischen Gemeinschaft öffnen würde. Eine solche Öffnung würde uns einen Blick auf ihre geistliche Sehnsucht ermöglichen.

Die Sufi-Bewegung ist eine spirituelle Strömung des Islam. Sufis streben danach, sich in Gott zu versenken. Sie sind allgemein als Gemeinschaften des Friedens bekannt. Es gibt vier geistliche Strömungen innerhalb der muslimischen Bewegung, die die Sufis hoffen lassen, sich tatsächlich in Gott verlieren zu können. Die erste ist der Glaube, dass Mohammed eines Nachts von Mekka über Jerusalem in einer mystischen Reise, genannt Mirādsch,13 in die Gegenwart Gottes geführt wurde. Daher wird Mohammed als derjenige angesehen, der den Weg fand und der nun seine Anhänger dazu anführt, sich in Gott zu versenken. Die zweite Strömung basiert auf der Aussage im Koran, dass Abraham ein Freund Gottes (Wali) war.14 Die dritte Strömung gründet in der Hoffnung, dass Gott fromme Heilige aus der Vergangenheit dazu bestimmt hat, als Fürbitter bei Gott einzutreten, damit Gläubige den Weg in die göttliche Versenkung finden.15 Die vierte Strömung ist die mystische Erfahrung, die durch die ständig wiederholte Anrufung des Namens Gottes geschieht.16 Die Sufigemeinschaften bieten dem Einzelnen einen Weg der Versenkung ins Göttliche an. Diese Gemeinschaften waren daher in Kenia als Inseln des übergemeindlichen Friedens inmitten der turbulenten Beziehungen innerhalb der Somali-Stämme bekannt.

Tragischerweise gewann die Drogenkultur in der Sufi-Bewegung in fast ganz Nordostafrika die Oberhand. Das traf leider auch auf Eastleigh zu. Die Gläubigen dachten, dass sie eine authentische Versenkung in Gott erlebten, wenn sie in ihren abendlichen Treffen die Namen Gottes sangen und dabei eine Euphorie hervorrufende Pflanze (Khat) kauten. Diese Praxis führte jedoch vor allem zur Apathie und gelegentlich auch zur Demenz. Ein dermaßen ungesunder Ausdruck von Spiritualität, der von so vielen Menschen in ganz Nordostafrika praktiziert wurde, hat schließlich negative Auswirkungen auf die Entwicklung von Wirtschaft und Bildung. Natürlich gab es auch Ulama (muslimische religiöse Lehrer), die den Khat-Konsum für den spirituellen Gebrauch anprangerten und dafür plädierten, den Islam in größerer Übereinstimmung mit dem Koran zu leben. Unsere Botschaft an die Sufis war, dass der Messias und das Wirken des Heiligen Geistes ihre Sehnsucht nach Gott erfüllt. Aber mit einem wesentlichen Unterschied! Die Suche der Sufis führt zur Auflösung des Selbst und der eigenen Persönlichkeit, da man ins Universum absorbiert wird. Durch den Messias wird die Person nicht ausgelöscht oder ins Göttliche absorbiert. Stattdessen lädt der Messias Gläubige dazu ein, eine freudige, lebendige und Leben spendende Beziehung mit Gott und untereinander einzugehen.

Häufig traf ich mich mit Sufis in ihren Gebetszentren und begleitete sie auf ihrer Pilgerreise zum Grab eines ihrer Heiligen. Die Treffen öffneten wirklich viele Türen zu wichtigen Gesprächen, die in Jesus und dem Heiligen Geist gegründet waren. Die Sufis wurden auch von Muslimen als Menschen des Friedens angesehen.

In Zusammenarbeit mit anderen christlichen Gemeinschaften entstand in Garissa, im muslimischen Nordosten Kenias, ein ähnliches Zentrum wie das Eastleigh Fellowship Center. Dieses Zentrum gründete auf den Prinzipien der Sufis, Gemeinschaft zu pflegen. Die beiden Zentren, das eine in Garissa, das andere in Eastleigh, brachten den christlichen Glauben innerhalb der sie umgebenden Sufi-Gemeinschaften auf kontextuell angepasste Weise zum Ausdruck. In diesem Kontext schätzten die Muslime die christlichen Gemeinschaften von Eastleigh und Garissa als Gemeinschaften der Frömmigkeit, des Gebetes, Dienstes und Friedenstiftens.

Man kann den Gebetsdienst nicht genug würdigen, der aus dem Zentrum von Garissa heraus entstand. Eine kanadische Christin hatte die Vision für den Gebetsdienst für Somali, und ihr schloss sich ein kleines Team an. Auch inmitten von turbulenten und konfliktreichen Zeiten in ihrer Region hielten sie an ihrem Dienst des heilenden Gebets fest. Sie harrten aus, auch wenn ihr Leben bedroht war. Es gab Märtyrer; es geschahen Wunder. Manchmal berührte Jesus eine gebrochene Flüchtlingsfrau und offenbarte sich ihr als gnädiger Heiler. Dieses Gebetsteam hielt geduldig über zwei Jahrzehnte im Gebet aus.

Eine globale Sicht auf die Beziehungen zwischen Christen und Muslimen

Sechs Jahre nach unserer Ankunft in Kenia wurde uns klar, dass die Zeit gekommen war, wieder zu gehen, um den Afrikanern die Gelegenheit zu geben, unsere vielen verantwortungsvollen Aufgaben zu übernehmen. Daher zogen wir nach Lancaster County, Pennsylvania, unserer Heimat in den Vereinigten Staaten. In den darauffolgenden Jahren leitete ich die Eastern Mennonite Mission (EMM) sowohl in ihren lokalen als auch globalen Programmen. In diesen Aufgaben war es mir immer besonders wichtig, unter den Muslimen glaubwürdig zu leben und Jesus zu bezeugen.

Als ich 1988 meine administrative Verantwortung bei der EMM niederlegte, machten Grace und ich den Dienst unter Muslimen zu unserem Kernauftrag. Dabei ist das Friedenstiften und Zeugnis von Christus unsere Hauptaufgabe. Wir arbeiten in einem Team zusammen. Wir nennen uns Christian/Muslim Relations Team, Peacemakers Confessing Christ.17 Erste Priorität des Teams ist es, freundschaftliche Beziehungen zu muslimischen Leitern in unserer Umgebung zu fördern. Wir schreiben und veröffentlichen Artikel und Bücher. Meine Bücher wurden in mehrere Sprachen übersetzt. Wir sind in Nordamerika tätig, aber auch international sehr engagiert. Vor kurzem war es unserem Team möglich, nach Osteuropa und Südostasien zu reisen und in mehr als einem Dutzend Seminaren zu unterrichten und Dialoge über das Friedenstiften zu führen. Über die Hälfte dieser Begegnungen wurden durch Muslime mitfinanziert. Wichtiges Anliegen unseres Teams ist es zudem, christliche Gemeinden darin anzuleiten, wie sie gemeinsam mit muslimischen Gemeinschaften Frieden stiften können.

Die ersten Gespräche damals in Mogadischu in der Teestube und viele darauf folgende Diskussionen waren für mich eine Art Schule, die mich lehrte, wie man Gespräche mit Muslimen in der ganzen Welt führen kann. Für mich ist das, was ich in Mogadischu gelernt habe, besonders wichtig für die vielen Gespräche mit Muslimen in meiner Heimat, auch für die Gespräche mit meinen Nachbarn in Lancaster, Pennsylvania.

Ich werde immer wieder auf Episoden dieses Lernprozesses zurückgreifen, wenn ich in diesem Buch von unserem Auftrag spreche, Frieden unter Muslimen zu stiften. Ich hoffe, diese Berichte sind ermutigend und fungieren für uns als „Augenöffner“ für neue Möglichkeiten, wie wir trotz aller Herausforderungen freundschaftliche Beziehungen zwischen Christen und Muslimen so gestalten können, wie Jesus es uns in seinen Beziehungen in der damaligen pluralistischen Welt vorgelebt hat.

Fragen zur weiteren Diskussion

1.Beschreiben Sie eine freundschaftliche Beziehung zu einer Person, die einen anderen Glauben hat als Sie. Welche Verhaltensweisen oder Aussagen überraschen Sie manchmal in dieser Beziehung?

2.Stellen Sie sich vor, dass Sie aus beruflichen Gründen in ein muslimisches Land ziehen müssten. Was wären für Sie die größten Herausforderungen bei diesem Unterfangen?

3.Gläubige Muslime wollen, ebenso wie Christen, alle Lebensbereiche unter Gottes Herrschaft stellen. In welchen Bereichen können Muslime und Christen bei diesem Anliegen zusammenarbeiten? In welchen Bereichen wäre es schwierig? Woran könnte eine Zusammenarbeit scheitern?

4.Was sind die verschiedenen Kernaussagen und Ausrichtungen sowohl von muslimischen als auch christlichen Gemeinschaften? Welchen Unterschied bewirken sie im Leben von Muslimen und von Christen?

3Siehe Gemeinsame Überzeugungen, http://www.mennoniten.de/glaubensueberzeugungen.html, besucht am 25.9.2015. Alle sieben Überzeugungen sind wichtig, doch für dieses Buch sind vor allem die Themen wesentlich, die den gelebten Ausdruck der Liebe Gottes und die Hingabe an das Reich Gottes behandeln – auch wenn dies nicht als populär erachtet wird. Siehe auch: Alfred Neufeld, Was wir gemeinsam glauben – Täuferischmennonitische Überzeugungen. Neufeld Verlag, Schwarzenfeld 2008.

4Gläubige Muslime sind dazu verpflichtet, jeden Lebensbereich unter die Autorität Gottes zu stellen. Muslime nennen diese Verpflichtung Tauhid und sie glauben, dass der Koran die Anleitung enthält, wie Tauhid zu leben ist. Daher haben Muslime und Täufer eines gemeinsam: den Glauben, dass alles im Leben unter der Herrschaft Gottes stehen soll. Der Unterschied zu den Täufern besteht darin, dass Jesus Christus das Zentrum ist; bei den Muslimen ist der Koran die Quelle, die das Wesen Gottes offenbart.

5Die Bibel, 2. Korinther 5,18–21.

6Die Bibel: Johannes 20,19–22.

7Das Zitat ist von Kardinal Pietro Parolin, Staatssekretär des Vatikans. Der ganze Artikel findet sich bei Josef Federman und Tia Goldenberg, Associated Press, 8. Juni 2014, http://www.nytimes.com/aponline/2014/06/08/world/europe/ap-eu-rel-vatican-mideast.html?_r=0, besucht am 20.1.2015.

8Die Bibel: Matthäus 13,31–32.

9Der Koran bezeichnet Jesus als „den Messias“. So lautet die semitische Entsprechung von „Christus“. Sowohl das semitische Wort „Messias“ als auch das griechische Wort „Christos“ bedeuten das Gleiche: der Gesalbte. Da Muslime bestens mit dem Begriff „Messias“ vertraut sind, wenn es um Jesus geht, benutze ich generell „Messias“, um von Jesus zu sprechen. Mir ist natürlich klar, dass die muslimische Theologie nicht die volle Bedeutung des Messiasseins Jesu versteht, so wie die Bibel sie offenbart, auch wenn Muslime von Jesus als dem Messias sprechen. Ich weiß auch, dass der Koran noch weitere Namen für Jesus gebraucht, wie z. B. „Zeichen“ (Sure 19:21), Gute Nachricht (Sure 3:45); das „Wort Gottes“ und „der Geist Gottes“ (Sure 4:171). Im Anhang gibt es eine ausgewählte Auflistung von Namen, mit denen Jesus im Koran bezeichnet wird. Ich empfehle zur weiteren Diskussion zudem mein Buch Journeys of the Muslim Nation and the Christian Church – Exploring the Mission of Two Communities, Kapitel 5 und 7. Oder auch: Tarif Khalidi (Hrsg.), The Muslim Jesus – Sayings and Stories in Islamic Literature.

10Die Bibel: Johannes 3,1–2.

11Anmerkung des Lektorats: Im Englischen ein Wortspiel mit dem Gleichklang Menno Knights/Mennonites.

12Vgl. dazu: David W. Shenk, The African Christian and Islamic Mysticism – Folk Islam, in: John Azumah/Lamin Sanneh (Hrsg.), The African Christian and Islam, Langham, Cumbria, UK 2013, 251–272.

13Der Koran: Sure 53:13–18.

14Der Koran: Sure 4:125.

15Der Koran: Sure 10:3–5.

16Der Koran: Sure 63:9.

17Auf Deutsch etwa: Team für freundschaftliche Beziehungen zwischen Christen und Muslimen; Friedensstifter, die Christus bekennen.

KAPITEL 1
Integer leben

„Der Imam in der Moschee wendet sich in seinen Predigten gegen dich. Sei vorsichtig!“, riet mir mein Freund Farah. Wir waren einige Monate zuvor in Somalia angekommen. Ich antwortete ihm: „Wenn er etwas gegen mich hat, dann muss ich ihn treffen. Sag mir seinen Namen und ich werde gleich zur Moschee gehen und ihn treffen. Ich habe nichts zu verbergen. Bitte arrangiere ein Treffen.“

Farah versprach mir, er werde mit dem Imam zu mir nach Hause kommen. Dieser kam dann auch mit einigen Schülern. Grace servierte gewürzten Tee und Dattelkekse. Der Imam begann: „Es gibt Gerüchte in der Stadt, dass du hoffst, du würdest in den Himmel kommen, wenn du stirbst. Wenn das wahr ist, will ich dir sagen, wie du in den Himmel kommen kannst.“

Ich war erstaunt! Das hatte ich von einem Imam nicht erwartet, von dem ich gehört hatte, dass er gegen mich predigte. Mit einem Gefühl von Erleichterung antwortete ich ihm begeistert: „Das ist absolut wahr! Danke, dass du gekommen bist, um mir zu sagen, wie der Weg zum Himmel aussieht.“

Der Imam vertraute mir Folgendes an: „Ich dachte, die Christen würden die Hölle dem Himmel vorziehen. Aber der Weg zum Himmel führt über die fünf Säulen, indem man sich den folgenden Pflichten des Islam unterwirft: zu bekennen, dass es keinen Gott außer Allah gibt und dass Mohammed sein Prophet ist; während dem Ramadan zu fasten; den Armen zu geben; fünf Mal am Tag zu beten und wenn möglich, die Pilgerreise nach Mekka zu machen.“

„Im Grunde genommen erfülle ich diese fünf Pflichten und ich kann mich sicherlich noch dort verbessern, wo ich schwach bin,“ antwortete ich ihm. „Ich würde gern nach Mekka gehen, sobald ich es mir einrichten kann.“

„Gelobt sei Gott!“, sagte er. „Du bist Muslim geworden. Sei ein versteckter Gläubiger, sag es nicht deiner Frau, damit die Mission dir nicht den Lohn streicht. Und der Himmel möge dein Schicksal werden.“ Ich bat ihn: „Ich muss über mein Schicksal mehr wissen. Bitte erkläre mir den wahren Weg zum Himmel.“ „Es gibt eine Waagschale“, antwortete er. „Die Pflichten gehen in die eine Schale, die die guten Taten wiegt. Das Böse, das wir tun, geht in die andere Schale. Niemand weiß, welche Seite die schwerere ist, die mit guten oder die mit schlechten Taten gefüllte. Auch ich weiß das nicht. Aber der Islam ist die beste Hoffnung, von der wir wissen.“ Die Integrität des Imam beeindruckte mich. Ich erschrak darüber, dass er bekannte, keine wirkliche Sicherheit über sein ewiges Schicksal zu haben. Ich fragte daher: „Darf ich dir sagen, was Jesus, der Messias, dazu sagt? Jesus sagt, ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben.‘ Er verspricht, dass er der Weg ist. Also, was sollte ich dann wählen? Jesus oder den anderen Weg?“ Der Imam war erstaunt. Er antwortete: „Wenn Jesus versprochen hat, dass er der Weg ist, dann bestehe ich darauf, dass du weiterhin Christ bleibst!“

Mein Freund Farah sagte mir, dass der Imam nach dem Gespräch für mich einstand, wenn jemand kritisch von mir sprach, und den Leuten jeweils erwiderte: „Ich habe in Davids Haus mit ihm und seiner Frau Tee getrunken. Wir haben über die tiefen Dinge gesprochen, die Gott betreffen. Und ich bin zuversichtlich, dass dieser Mann in den Himmel kommen wird.“

Unser Gespräch fand in einem Umfeld statt, in dem die Verbreitung des Christentums illegal war. Doch die Verpflichtung zur Integrität, wodurch diese Themen ohne jeglichen Hauch von Doppelzüngigkeit besprochen wurden, öffnete unerwartete Türen zu authentischen Freundschaften.

Die Angestellten der SMM wurden von den Somali oft als Menschen voller Integrität beschrieben. Die Korinther sagten offenbar das Gleiche über Paulus. Er schrieb, dass die Kinder Gottes keinen Raum lassen für Doppelzüngigkeit. Vielmehr ist Christus immer ein „Ja“ in allen Versprechen Gottes! Im gleichen Geist war Paulus daran gelegen, seine Versprechen gegenüber den Korinthern zu halten.18

Erinnern wir uns an die Freunde in der Teestube, die mich ausfragten, während wir Schwarztee mit Kardamom tranken. Leere Antworten hätten hier nichts genützt. Der Koran warnt vor doppeltem Spiel und davor, dass die Freundschaft von Christen mit Muslimen nur Fassade sein könnte, bei der heimliche Motive unter der Oberfläche versteckt sein könnten.19 Die Fragen im Café wurden damals nicht aus Feindschaft heraus gestellt. Es waren ehrliche Fragen. Die Leute um mich herum wollten klarstellen, dass es nicht darum gehen dürfe, Somali zum christlichen Glauben zu bekehren. Daher antwortete ich: „Ich bin hier, weil Gott mich dazu beauftragt, mich gerufen hat.“ Diese Antwort fasziniert Muslime. Eine starke theologische Strömung im Islam glaubt daran, dass Gott alles lenkt, was geschieht. Es war für Somali daher verständlich, wenn auch überraschend, dass wir in Gottes Auftrag in Somalia waren.

Authentisches Zeugnis

Trotz allem waren meine Teestuben-Begleiter besorgt. Könnte ich Gottes Auftrag an mich dahingehend verstehen, dass ich für die Bekehrung der Somali zum christlichen Glauben arbeitete? Wenn das der Fall war, wie könnte sich dann unsere Bekanntschaft zu einer Freundschaft entwickeln? Die ganze Struktur des Dar al-Islam (Gebiet unter muslimischer Herrschaft) dreht sich in ihrem Wesen darum, die Integrität der Gemeinschaft zu schützen.20 Das beinhaltet auch, die Muslime davor zu bewahren, dass sie die muslimische Gemeinschaft verlassen.

Muslime glauben, dass sie die Pflicht haben, der ganzen Welt den Islam bekannt zu machen. Tatsächlich enthält der tägliche Gebetsruf von den Minaretten das Zeugnis und die Einladung der Muslime an die ganze Welt. Im Folgenden gebe ich verkürzt die Bedeutung des Gebetsrufes wieder: „Gott ist der Allmächtige, es gibt keinen Gott außer Gott und Mohammed ist sein Prophet, daher kommt und erfahrt das Gute, kommt und betet an.“ Ein muslimischer Freund sagte mir, der Gebetsruf sei ein dringender Aufruf und ein Zeugnis, das sich an alle Menschen richtet.

In meinen freundschaftlichen Beziehungen zu Muslimen habe ich festgestellt, dass es ihnen recht schwer fällt, anzuerkennen, dass auch wir Christen zum Zeugnis berufen sind. Ich hatte viele Gespräche mit Muslimen, oft auch in ihren Moscheen. Dass wir als Christen dazu berufen sind, Zeugnis abzulegen und die Menschen die Freiheit haben, die Einladung der Christen anzunehmen, sind die größten thematischen Herausforderungen, die mir in Gesprächen mit Muslimen immer wieder begegnen.

Die islamische Gemeinschaft glaubt, der Islam sei Gottes ewig gültige Anleitung darüber, was wir zu glauben und zu tun haben. Diese ewige Anleitung ist unveränderbar. Daraus folgt, dass der Islam die erste, mittlere und letzte Religion der Menschheit ist. Wie kann dann also jemand ernsthaft erwägen, diese entscheidende Religion zu verlassen? Es ist daher sehr schwierig für einen Muslim, innerhalb seines religiösen Weltbildes genügend Raum zu finden, um einen anderen Weg zu wählen.

Die Bekehrung weg vom Islam hatte auch der stellvertretende Polizeipräsident der Stadt, in die wir nach unserer Ankunft in Somalia zogen, sorgenvoll vor Augen. Mein Auftrag war es, ein blühendes Internat im sekundären Bildungsbereich aufzubauen. Die Verbreitung des Christentums galt jedoch als illegale Handlung. Wir konnten die Studierenden daher nicht zum Bibelstudium einladen. Wenn jemand die Bibel studieren wollte, so mussten wir ihn oder sie bitten, eine Erklärung zu unterschreiben, dass das Studium auf eigenen Wunsch durchgeführt wurde. Wir hatten vor, diese unterschriebenen Erklärungen der Polizei vorzulegen, sollten wir jemals über das Bibelstudium befragt werden.

Den Behörden gegenüber Rechenschaft ablegen

Ich war Mitte zwanzig. Mich begeisterten die Herausforderungen und Möglichkeiten, die vor uns lagen. Dann wurde ich auf den Boden der Tatsachen gebracht, als ein Befehl des stellvertretenden Polizeipräsidenten eintraf, ich hätte in seinem Büro zu erscheinen. Das große Büro war voller Menschen. In ihrem Beisein konfrontierte mich ein Beamter: „Es wurde mir berichtet, dass einige Studierende, für die Sie Verantwortung tragen, Christen geworden sind. Das ist gegen das Gesetz. Ich ordne daher eine vollumfängliche Ermittlung an. Ich versichere Ihnen: Das wird aufhören!“

Ich hatte Angst, dass ein möglicher Ausruf „Allahu akbar“ (Gott allein ist groß!) aller Anwesenden auf diese Worte folgen könnte. Ich betete still: „Heiliger Geist, Jesus versprach, du würdest uns sagen, was wir in so einer Situation antworten könnten. Bitte beeile dich! Es gibt keine Zeit zu verlieren!“

Ich bat darum, dass alle, bis auf einen Zeugen, das Büro verlassen mögen. Der Beamte stimmte dem zu, weil er das Anliegen verstand. Nur der Polizeichef blieb. Dann antwortete ich: „Ich will nicht darauf eingehen, ob Studierende zum Glauben an den Messias kamen. Nur Gott kennt die Herzen. Führen Sie Ihre Untersuchung durch und entscheiden Sie selbst darüber, was geschehen ist. Als Lehrer der Mennonitischen Mission dienen wir an der Schule als Gäste Ihres Landes. Wir sind dankbar für das Privileg, den Somali dienen und mit ihnen arbeiten zu können. Als Gäste wollen wir uns an das Gesetz Ihres Landes halten. Ich habe jedoch ein Problem und bitte Sie um Ihren Rat“, fuhr ich fort. „Als ich vor vielen Jahren zum Glauben an Jesus, den Messias, kam, erfüllte mich der Heilige Geist mit Freude und Liebe. Ich kann diese Gaben Gottes nicht ignorieren. Manchmal kommt ein Student zu mir und sagt: ‚Ich sehe in dir die Gabe von Freude und Liebe. Ich glaube, diese Gaben sind durch den christlichen Glauben in dir entstanden. Bitte erkläre mir diesen Glauben und führe mich zu diesem Glauben.‘ Was soll ich tun? Was ist die richtige Antwort, wenn Studierende zu mir kommen und die Bibel studieren wollen? Wenn jemand glauben will, wie könnte ich oder auch die Regierung das verhindern? Sind nicht auch Sie ein freier Mann? Wie sollte ich diesen Studierenden antworten?“

Der stellvertretende Polizeipräsident unterbrach mich: „Sie haben Recht. Ich bin ein freier Mann. Niemand kann bestimmen, was ich glaube. Was die Studierenden angeht: Machen Sie so weiter wie bisher. Sie machen es richtig. Es wird keine weiteren Ermittlungen geben.“

Das ganze Geschehen hatte Vertrauen bei den Behörden geweckt. Vertrauen entwickelt sich auf der Basis von Wahrhaftigkeit. Bei einer anderen Gelegenheit sprach ich mit einem hohen Regierungsbeamten – ich glaube, er war der Erziehungsminister. Zu dieser Zeit war ich Direktor der Mission. Ich sagte ihm, dass ich in allen Bereichen ganz der Offenheit und Integrität verpflichtet sei. Ich teilte ihm mit: „Wir als SMM wollen auf eine Art und Weise hier dienen, die die Gesetze des Landes respektiert. Angesichts des Gesetzes, das die Verbreitung des Christentums verbietet, ist das eine enorme Herausforderung. Daher möchte ich Ihnen gern beschreiben, wie wir darum bemüht sind, unsere Arbeit innerhalb des gesetzlichen Rahmens zu tun.“ Er antwortete mir: „Nein, sprechen Sie nicht von Ihrer Arbeitsweise. Wir wissen, wie Sie arbeiten. Setzen Sie Ihre Arbeit so fort. Wenn Sie Fehler machen, informieren wir Sie. Aber machen Sie keine Fehler.“