Kitabı oku: «Yoga und die Zukunft der Menschheit», sayfa 2

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Kapitel 4
Die Fülle des Yoga im Bedingten

Wir sind aufgefordert, über unsere menschliche Statur hinauszuwachsen und göttlich zu werden. Um aber dies zu tun, müssen wir als erstes Gott erreichen, denn das menschliche Ego ist der geringere, unvollkommene Zustand unseres Seins, Gott ist der höhere, vollkommene Zustand. Er ist im Besitz unserer Übernatur, und ohne Seine Zustimmung ist kein effektiver Aufstieg möglich. Das Endliche kann nur unendlich werden, wenn es seiner eigenen verborgenen Unendlichkeit gewahr wird und sich von ihr angezogen oder zu ihr hingezogen fühlt. Ebensowenig kann das symbolische Wesen aus eigener Kraft die Grenzen seiner scheinbaren Natur überschreiten, es sei denn, es erblickte das Wirkliche Wesen in sich, liebte es und setzte ihm nach. Als ein besonderes Werden ist es festgelegt auf die Natur des Symbols, zu dem es wurde. Nur indem es von dem angerührt wird, was alles Werdende ist und über alles Werdende hinausgeht, kann es von der Bindung an seine eigene begrenzte Natur befreit werden. Das aber, was das Ganze ist und über das Ganze hinausgeht, ist Gott. Deshalb kann uns einzig und allein die Erkenntnis Gottes, die Liebe zu Ihm und die Besitznahme Seiner freimachen. Allein Er, der transzendent ist, kann uns dazu befähigen, uns selbst zu transzendieren. Allein Er, der allumfassend ist, kann uns über unser begrenztes So-sein ausweiten.

In dieser Notwendigkeit liegt die Berechtigung jener großen und unvergänglichen Kraft der Natur, auf die der Rationalismus zu Unrecht und irrational mit Verachtung herabschaut: die Religion. Ich spreche von Religion und nicht von einem Glaubensbekenntnis, einer Kirche oder einer Theologie, denn diese sind weniger das Wesen der Religion und nicht einmal in jedem Fall wirklich religiöse Handlungsweisen, als vielmehr bloße Formen von Religiosität. Ich spreche von jener persönlichen und intimen Religion, die eine Sache des Temperaments, des Geistes und des Lebens ist, nicht aber der Anschauungen und formalen Handlungen, und die einen Menschen leidenschaftlich und ausschließlich zu seiner eigenen Schau des Höchsten oder zu seiner eigenen Idee von etwas Höherem als ihn selbst hinzieht, dem er zu folgen oder zu dem er zu werden hat. Ohne eine inbrünstige Verehrung des Höchsten im Herzen, eine starke, aufwärtsgerichtete Sehnsucht nach Ihm im Willen oder ein ungestümes Verlangen nach Ihm im Charakter können wir nicht den Auftrieb dazu erhalten, anders zu werden als wir sind, noch die Kraft dazu, etwas so Schwieriges zu unternehmen wie das Überwinden unserer eingewurzelten menschlichen Natur. Wenn die Propheten sprachen und die Avatare herabkamen, geschah dies stets mit der einzigen Absicht, uns zu Gott zu rufen, uns zu beflügeln, dieser großen, an unsere aufstrebenden Energien gerichteten Aufforderung Folge zu leisten oder aber um etwas in der Welt vorzubereiten, das die Menschheit dem Ziel ihrer beschwerlichen, emporführenden Reise näherbringt.

Es mag auf den ersten Blick so aussehen, als gäbe es keine Notwendigkeit für diese religiösen Begriffe oder diese religiöse Gesinnung. Wenn das Ziel darin besteht, zu etwas dem Menschen Überlegenem zu werden, uns zum Übermenschen zu entwickeln, so wie der Mensch sich aus dem Affen entwickelt hat – falls diese Aufeinanderfolge tatsächlich der Wahrheit entspricht – und wie der Affe aus niedrigeren Tierformen hervorging, diese wiederum aus Weichtieren und Protoplasma, aus Quallen oder pflanzenähnlichen Tieren und so fort bis ans Ende der Reihe, welche andere Notwendigkeit besteht dann als die Ausbildung, vorzugsweise die intelligenteste und wissenschaftlichste Ausbildung unserer mentalen, moralischen und physischen Energien, bis hin zu dem Punkt, an dem sie durch die psychische Chemie der Natur in den kommenden höheren Typus umgewandelt werden? Doch in Wirklichkeit ist das Problem nicht so einfach. Drei versteckte Irrtümer liegen dieser skeptischen Frage zugrunde. Wir haben eine falsche Vorstellung von der Natur des auszuführenden Unternehmens, wir haben eine falsche Vorstellung von der Natur der ausführenden Kraft und ihrer Prozesse, und wir verkennen die Natur der Sache, die sich der Kraft bedient und ihre Prozesse zur Anwendung bringt.

Die Natur bietet es dem Menschen nicht an, einen höheren mentalen, moralischen und physischen Variationstypus nach dem Muster des gegenwärtigen Menschen zu erarbeiten, dem Symbol, das wir sind. Sie schlägt ihm vielmehr vor, diesen allgemeinen Typus ganz und gar zu durchbrechen und zu einem neuen Symbolwesen vorzudringen, das dem jetzigen Menschen gegenüber so übernatürlich ist wie der jetzige Mensch dem Tier gegenüber. Es ist zu bezweifeln, ob die Natur in der rein menschlichen Form sehr viel weiter gehen kann als sie es bisher tat, dass sie zum Beispiel einen höheren mentalen Typus als Newton, Shakespeare, Caesar oder Napoleon hervorbringen kann, einen höheren moralischen Typus als Buddha, Christus oder den Heiligen Franziskus, einen höheren physischen Typus als den griechischen Athleten oder, um moderne Beispiele anzuführen, einen Sandow oder einen Ramamurti. Sie mag versuchen, eine bessere Kombination mentaler und moralischer oder mentaler, moralischer und physischer Energien zustandezubringen. Aber wird es ihr je gelingen, etwas weit über das Niveau eines Konfuzius oder Sokrates Hinausgehendes zu produzieren? Auf diesem Gebiet ist es wahrscheinlicher, und es scheint auch so zu sein, dass die Natur auf die weitere Verbreitung eines höheren Niveaus und einer besseren Kombination aus ist. Aber auch hier ist nicht anzunehmen, dass es ihr Anliegen ist, alle Menschen auf dieselbe Stufe zu heben, denn so etwas kann nur geschehen, wenn nach unten hin angeglichen wird. Nichts in der Natur ist frei von Unterschieden, mit Ausnahme der untersten und am wenigsten entwickelten Formen. Je bedeutender das Erreichte, je reicher ausgestattet der der Art eigene Organismus, desto größer sind auch die Gelegenheiten zu Ungleichheit. Bei einer so hoch angelegten und so weit entwickelten natürlichen Formation wie dem Menschen ist zwar individuelle Chancengleichheit vorstellbar, die Gleichheit seiner natürlichen Fertigkeiten und Begabungen aber muss als ein Hirngespinst angesehen werden. Außerdem kann eine Verallgemeinerung der Fertigkeiten oder ein Zuwachs an Material nichts an dem Grad des von der Natur Erreichten ändern. All die angesammelten Entdeckungen und vielseitigen Kenntnisse des modernen Wissenschaftlers machen ihn einem Aristoteles oder Sokrates nicht mental überlegen. Er ist weder ein scharfsinnigerer Denker noch eine mentale Kraft von größerer Tragweite. All die vielfältigen Betätigungen der modernen Philanthropie bringen keinen vollkommeneren moralischen Typus als den Buddha oder den Heiligen Franziskus hervor. Die Erfindung des Automobils entschädigt uns ebensowenig für eingebüßte Schnelligkeit und Ausdauer, als uns die Gymnastik die körperliche Leistungsfähigkeit eines Eingeborenen oder Indianers wiedergibt. Wir sind uns also der Grenzen bewusst, die den Möglichkeiten der Natur im menschlichen Sinnbild gesetzt sind. Sie sind durch die Beschaffenheit des Sinnbildes selbst bedingt und werden von der Natur in ihren Bestrebungen beachtet.

Es bleibt die Frage, ob es innerhalb dieser Grenzen das Hauptanliegen der Natur sein kann, die Möglichkeiten des menschlichen Symbols voll auszuschöpfen. Denn eigentlich ist dies eher die Hauptbeschäftigung des Menschen und daher die Richtung, die die Natur einschlägt, wenn der menschliche Verstand sich in ihr normales Vorgehen einschaltet. Sich selbst überlassen und sogar dann, wenn sie sich der menschlichen Eingriffe bedient, scheint sie mehr darauf erpicht zu sein, die Form zu zerbrechen als sie zu vervollkommnen – dies allerdings nur in ihren fortgeschritteneren Individuen und bei ihren kühneren Unternehmungen und auch nur mit gebührlicher Rücksicht auf die Sicherheit des allgemeinen Menschentyps. Aber dies ist ja stets ihre Methode, wenn sie zu einem neuen Symbol überzugehen wünscht, ohne die vorhergehenden Arten zu zerstören. Je zivilisierter der Mensch wird, desto mehr plagt sie ihn mit moralischen Entartungen, mit Exzessen sowohl der Sünde als auch der Tugend, ja selbst mit Verwechslungen der eigentlichen Urbilder von Tugend und Sünde. Je mehr er mit seinem Verstand erklärt, je mehr er auf Rationalität als seinem höchsten Zweck beharrt, desto ungehaltener wird sie und desto lautstarker verlangt sie von ihm, stattdessen seine Instinkte und seine Intuitionen zu entwickeln. Je mehr er sich um Gesundheit und Hygiene bemüht, desto mehr vermehrt sie die Krankheiten des Mentals und des Körpers. Er triumphiert über den Supranaturalismus, er kettet sie fest an das Materielle, das Menschliche und das Rationale, doch sofort bricht sie ungestüm in unerwartete Erneuerungen und gigantische Supranaturalismen aus. Was sie auch vorhaben mag, sie wird sich nicht durch die beschränkte menschliche Vernunft daran hindern lassen. Durch ihr ganzes unermessliche Wesen fühlt sie den Pulsschlag einer übernatürlichen Kraft und das Wirken und Drängen eines der materiellen Vernunft weit überlegenen Wissens. Deshalb bricht sie aus, zwingt, fordert, beharrt. Überall sehen wir sie darum bemüht, den von ihr erschaffenen mentalen, moralischen und physischen Typus zu durchbrechen und über ihn hinaus zu neuen, bislang noch nicht klar erkennbaren Prozessen zu gelangen. Vorsätzlich greift sie die gute Gesundheit und das ungestörte Gleichgewicht unserer normalen Intelligenz, Sittlichkeit und körperlichen Existenz an. Außerdem ist sie von einer Manie zum Kolossalen besessen: Gewaltige Strukturen, gigantische Zusammenschlüsse, riesige Höhen und Geschwindigkeiten, ungeheure Träume und Ambitionen zeichnen sich überall mehr oder weniger deutlich, mehr oder weniger verschwommen ab. Bisher unfähig, ihren Willen im Einzelnen durchzusetzen, arbeitet sie mit Massen. Unfähig im Mental, befasst sie sich mit materiellen Formen und Erfindungen. Unfähig im aktuell Gegebenen, wirkt sie durch Hoffnungen und Träume. Unfähig, Napoleone und Super-Napoleone nachzuschaffen oder neu zu erschaffen, wirkt sie auf eine weitere Verbreitung und eine größere Reichweite der menschlichen Fähigkeiten hin, so dass solche Wesen künftig vielleicht leichter hervorzubringen sein werden. Und inzwischen produziert sie stattdessen Großkampfschiffe und Supergroßkampfschiffe, Trusts und Riesenkonzerne, strotzt vor entfernungsüberwindenden Erfindungen und scheint darauf versessen zu sein, alle Grenzen des Raumes und der Zeit niederzureißen, die sie selbst geschaffen hat.

Wie um mit ihrem Finger auf ihr Vorhaben zu deuten, hat sie die Merkmale dieses Vorgangs des Zerbrechens und Wiederaufbaus im Phänomen des Genies angehäuft. Es ist heutzutage Allgemeinwissen, dass Genie kaum jemals in der menschlichen Art auftritt, ohne von Abnormitäten des Körpers, der Lebenskraft oder des Mentals vorbereitet oder begleitet zu sein. Anlagen zu Entartung, Irrsinn oder Verkrüppelung sind in der Erbmasse enthalten, aus der es hervorgeht, und sogar Störungen und paranormale Einflüsse können in dem menschlichen Umfeld vorkommen, in dem es auftritt. Mit der Voreile einer brillanten Verallgemeinerung wurde auf dieser Grundlage das Paradox aufgestellt, dass Genie selbst eine morbide Form des Irrsinns oder der Entartung ist. Die der Wahrheit entsprechende Erklärung liegt auf der Hand. Um Genie in den menschlichen Organismus einzuführen, ist die Natur gezwungen, das normale Funktionieren dieses Organismus zu stören und teilweise aufzuheben, und zwar deshalb, weil sie in ihn ein Element einführt, das dem davon bereicherten Typus übergeordnet und deshalb fremd ist. Beim Genie handelt es sich nicht um die vollendete Entfaltung dieses neuen und göttlichen Elements, sondern lediglich um einen Anfang oder bestenfalls um eine Annäherung in bestimmte Richtungen. Es offenbart sich schubweise und unberechenbar inmitten einer gewaltigen Menge etwas aus der Ordnung geratener normal-menschlicher Denkvorgänge, vitaler Nervenvorgänge und tierhafter Körpervorgänge. Die Sache selbst ist göttlich, doch das ungöttliche Gefäß, in dem sie sich auswirkt, wird mehr oder weniger von der in ihm wirkenden unassimilierten Kraft aufgerodet und zerbrochen. Manchmal gibt es da ein Element in dem göttlichen Eindringling, das sich des Gefäßes bemächtigt und es festigt, so dass es nicht zerbricht und auch gar nicht erst brüchig wird oder, sollte doch eine Störung eintreten, ist sie gering und ohne Bedeutung. Solch ein Element war in Caesar, in Shakespeare und in Goethe zugegen. Manchmal offenbart sich auch eine Kraft, die wir nicht länger als Genie bezeichnen können, ohne dass unsere Terminologie hoffnungslos unzulänglich wird. Dann neigen sich jene nieder, die Augen haben zu sehen, und bezeugen den Avatar. Denn oftmals ist es das Werk des Avatars, teilweise oder summarisch das zu verkörpern, was die Natur in der Allgemeinheit oder sogar im Einzelnen noch nicht bewerkstelligt hat, auf dass sein vorübergehender Aufenthalt es dem materiellen Äther, in dem wir leben, aufprägen möge.

Aber welcher Art ist dieser Typus, mit dem die große Mutter in den Wehen liegt? Was wird nach den Schreien und den Wehen dieser langen und gewaltigen Schwangerschaft geboren werden? Ein höherer Menschentyp, möchte man sagen. Doch um zu verstehen, was wir damit meinen, müssen wir uns zunächst darüber Klarheit verschaffen, welcher Art die Menschheit ist, die die Natur zu übertreffen sucht. Dieses menschliche Symbol, dieser Typus, der wir jetzt sind, ist ein mentales Wesen mit einem mentalen Ego. Dieses wirkt stets in einer vitalen Hülle und vermittels des Mentals, doch auf die Materie, in der Materie und durch die Materie. Es ist in seinem höheren Wirken durch seine niederen Werkzeuge eingeschränkt. Seine mentale Grundlage ist egoistisch, sinnlich und durch seine Erfahrung sowie durch seine Umwelt bestimmt. Sein Wissen zieht daher weitere oder engere Kreise in einem fest vorgezeichneten und kargen Gelände. Sein sittliches Wesen und Handeln ist in ähnlicher Weise egoistisch, sinnlich, empirisch und durch die Umwelt bedingt. Aus diesem Grunde ist es der Sünde und der Tugend gleichermaßen verhaftet, und alle Versuche, die Menschheit innerhalb der Grenzen ihrer egoistischen Natur sittlich von Grund auf zu verändern, mussten und müssen notwendig, trotz einzelner Verbesserungen, in einem allgemeinen Fehlschlag enden. Der gegenwärtige Menschentyp ist etwas Zusammengewürfeltes und Verworrenes. Körper, Lebenskraft und Mental behindern sich gegenseitig und werden voneinander beeinträchtigt. Seine auf Sinneskontakt beruhende Suche nach Erkenntnis gleicht dem Herumtappen eines Menschen, der des Nachts im Walde seinen Weg zu finden versucht. Er lernt seine Umgebung kennen, indem er sie berührt, gegen sie prallt oder über sie stolpert. Zwar ist ihm das unsichere Licht der Vernunft gegeben, das dieses Unvermögen teilweise ausgleicht, doch da die Vernunft ebenfalls von den Sinnen, diesen konsequenten Verfälschern von Werten, auszugehen hat, ist ihr Erkenntnisvermögen beschränkt und stets von großer Undeutlichkeit und Ungewissheit umgeben, auch dann, wenn sie wähnt, verstanden zu haben. Er sichert sich einige wenige Blüten der Wahrheit, indem er in einer Dornenhecke von Zweifeln und Irrtümern herumwühlt. Auch die diesem Typus eigene Art zu handeln gleicht dem Durchdringen eines Dickichts, dem zuversichtlichen und doch gequälten Voranstolpern entlang übereifriger Fehlschläge zu teilweisen und kurzlebigen Erfolgen. Obwohl allem, was die Natur sonst bisher zuwege gebracht hat, weit überlegen, ist dieser Typus doch derart mit Unzulänglichkeiten behaftet, dass jene pessimistischen Philosophien durchaus gerechtfertigt wären, die am Leben verzweifeln, die im „Willen, nicht zu leben“, den einzigen Ausweg für die Menschheit sehen und kein anderes Heil für sie in Erwägung ziehen – falls es tatsächlich unmöglich sein sollte, seine charakteristischen Grenzen zu durchbrechen und weiterzugehen. Aber die Natur ist der Wille des Allweisen Gottes und arbeitet nicht auf eine Zurückführung der Welt aufs Absurde hin. Sie kennt ihr Ziel, sie weiß, dass der Mensch in seiner gegenwärtigen Beschaffenheit nur eine Übergangsform ist. So weit sie es ohne das Überleben der Art zu gefährden vermag, drängt sie vor zu dem, was sie in Gottes ewigem Wissen als über dem Menschen stehend erblickt hat. Ausgehend von diesem Ego bewegt sie sich auf ein universales Bewusstsein hin, ausgehend von dieser Begrenzung auf eine freie Beweglichkeit im Unendlichen, ausgehend von diesem im Dunkeln tappenden Mental auf eine unmittelbare sonnenerleuchtete Schau der Dinge. Von diesem ausweglosen Konflikt zwischen Laster und Tugend bewegt sie sich hin zu einem Fortschreiten, das sich spontan an den von Gott zugewiesenen Pfad hält, von diesem zersplitterten und leidumwobenen Handeln hin zu einem freien und freudigen Tätigsein, von diesem verworrenen Ringen unserer Glieder hin zu einem entwirrten, geläuterten und harmonischen Zusammenwirken, von dieser materialisierten Mentalität hin zu einem idealen und erleuchteten Leben, Körper und Mental, vom Symbol hin zur Wirklichkeit, von dem von Gott getrennten Menschen hin zum Menschen in Gott und zu Gott im Menschen. Kurz gesagt, wie ihr Streben einst erfolgreich von der Materie aus auf das Leben gerichtet war, vom Leben aus auf das Mental und das mentale Ego, so richtet es sich jetzt – und dies ebenfalls mit vorbestimmtem Erfolg – auf ein Element jenseits des Mentals, auf das vijnana der Hindus. Dieses ist die aus sich heraus leuchtende Idee oder das Wahrheits-Selbst, das derzeit verborgen und überbewusst im Menschen und in der Welt existiert, wie das Leben stets in der Materie und das Mental im Leben heimlich zugegen waren. Sie weiß, dass sie durch dieses Wahrheits-Selbst jenen höchsten Inbegriff aller Dinge in ihren festen Besitz bringen kann, der die Wirklichkeit aller Symbole ist, im Geist, in Sachchidananda.

Das Ziel der Natur ist auch das Ziel des Yoga. Wie die Natur auf ihrer höchsten Höhe, sucht auch der Yoga diese Formation, bestehend aus Ego, mentalisiertem Leben im Körper und materialisiertem Mental, zu durchbrechen, um in unserem spirituellen Wesen zum idealen Handeln, zur idealen Wahrheit und zur unendlichen Freiheit zu gelangen. Die Verwirklichung eines so ungeheuren Ziels erfordert gewaltige und gefährliche Verfahren. Diejenigen, die sich auf diesem Weg besonders hervorgetan oder neue Pfade zu diesem Ziel erschlossen haben, hatten dem Verlust ihres Verstandes, der Auflösung ihrer moralischen Integrität, ja sogar der Einbuße ihrer Gesundheit und ihres Lebens als einer häufig eintretenden Möglichkeit zu trotzen. Auch wenn sie scheiterten, sollten wir ihnen weder Mitleid noch Verachtung entgegenbringen, denn sie sind Märtyrer für den Fortschritt des Menschengeschlechts, und dies in weit größerem Maße als ein verschollener Seefahrer oder ein Wissenschaftler, der den Gefahren seiner Forschertätigkeit erlag. Sie bereiten wissentlich jene größtmögliche Vollendung vor, auf die die restliche Menschheit sich instinktiv und unbewusst zubewegt. Man kann sogar sagen, dass Yoga das spezielle Mittel ist, das die Natur zum endgültigen Erreichen ihrer Absicht für den Zeitpunkt bereithält, wenn ihre langwierige, mühevolle Vorarbeit abgeschlossen ist, wenn wenigstens ein Teil der Menschheit von seiner Konstitution her der erforderlichen Anstrengung gewachsen und intellektuell, moralisch sowie physisch zum Erfolg befähigt ist. Die Natur bewegt sich hin zur Übernatur, Yoga strebt hin zu Gott. Der Weltimpuls und das menschliche Streben sind eine einzige Bewegung, sind dieselbe Reise.

* * *

Kapitel 5
Die Voraussetzung zur integralen Erfüllung

Gott zu erlangen ist der eigentliche Zweck aller menschlichen Bemühung, für den die anderen Anstrengungen – politische, gesellschaftliche, literarische, intellektuelle usw. – nur eine notwendige Voraussetzung und Vorbereitung der Menschenart sind; in dem Zustand der Erlangung, sowie in deren Reichweite gibt es natürlich Unterschiede. Drei Zustände göttlicher Erlangung lassen sich nutzbringend unterscheiden: mit Gott in Berührung kommen, Ihm innewohnen, Er werden. Der erste ist grundlegend und einleitend; ehe wir nicht den Schleier unserer gewöhnlichen Natur durchdringen und das göttliche Wesen berühren oder Es sich herabneigt und uns Seine Berührung auferlegt, ehe wir nicht zuerst mit Ihm in Fühlung kommen entweder im Herzen, im Mental, in der Arbeit oder in unserem Wesen, können wir nicht weitergehen, um Ihm innezuwohnen. Sind wir stark im Geist, so mag die Berührung allerdings rasch und bündig zusammengefasst sein und wir sogleich erwachen und vorwärtsschreiten zum Zustand göttlichen Innewohnens – die Seele des Menschen in der Seele Gottes, das Individuum in der Universalität; doch muss die Berührung vorhanden sein. Diesen einleitenden Schritt einzuschärfen, den Menschen in eine Art Fühlung mit Gott zu bringen, ist die übliche und manchmal die einzige Beschäftigung der Religionen. Der Natur kommt es für ihr Vorhaben nicht sehr darauf an, wie das geschieht – auf wie grobe, urtümliche Weise, durch was für intellektuelle Irrtümer, emotionale Missgriffe und ethische Gräuel auch immer – die Berührung muss hergestellt werden. Dies fordert der religiöse Geist gebieterisch und vor allen Dingen. Wie es stets ihre Art ist, drängt die Natur voran zu den ihr über alles wichtigen nächsten Schritten und ist gewillt, einen einzigen großen allgemeinen Gewinn durch jede Menge einzelner Verluste zu erkaufen. Auch ist der Mensch so vielfältig in der Anordnung seiner Eigenschaften und unterscheidet sich die Antriebsfeder wie auch die besondere Wesensart in jedem Einzelnen so gewaltig oder auch so fein von anderen, dass es für dieses Vorhaben der Natur nie zu viele Sekten, Disziplinen oder verschiedene Religionen geben kann. Swami Vivekananda hat sehr gut die Vollendung der Religion in einem Zustand gesehen, wo jeder Mensch seine eigene Religion hat, vorgeschrieben von seinen eigenen spirituellen Bedürfnissen und seiner eigenen Natur; denn kollektive Glaubensbekenntnisse, Kirchen und Theologien, trotz ihrer zeitweiligen Notwendigkeit und einigen unleugbaren dauernden Vorteilen, tragen dazu bei, die Aufwärtsbewegung zu formalisieren, und berauben sie ihrer Anpassungsfähigkeit, Freiheit und vollkommenen individuellen Aufrichtigkeit. Priester und Dogma werden Gott und der Seele selten die Freiheit lassen, einander in jener Einsamkeit und Spontanität zu begegnen, die der Vereinigung ihre höchste Kraft und Wonne schenken. Sie drängen immer herein, die Heirat zu beaufsichtigen und ihr vorzustehen, sie mit Formeln, Riten und amtlicher Beurkundung zu legitimieren.

Außerdem ist der Verstand des natürlichen Menschen eng, ist seine Bemühung schnell erschöpft und begnügt sich leicht mit Unvollkommenheit. Wird ihm weisgemacht, dass seine Art des Kontakts mit dem Göttlichen die einzig richtige sei, dann ist seine Freiheit höherer Entwicklung eingeschränkt oder ihm völlig genommen, und in seinem intellektuellen und religiösen Egoismus stellt er sich gegen die Freiheit anderer. Die meisten Religionen glauben gern, dass sobald der Kontakt mit Gott einmal hergestellt ist, ganz gleich von welcher Art oder mit was für Begrenzungen, alles von Gott Verlangte erfüllt sei. Volksreligionen neigen von Natur aus dazu, dualistisch zu sein und eine scharfe Unterscheidung zwischen Mensch und Gott zu bewahren, das Symbol von Dem abtrennend, was sich in ihm ausdrückt; während sie mit der einen Hand den Menschen seiner Übernatur entgegenheben, halten sie ihn mit der anderen an seine gewöhnliche Natur nieder. Die niedere Natur wird von der Glut der höheren überflutet und von deren Macht und Entzücken berührt, steigt aber nicht selbst in sie auf, ihr innezuwohnen. Zuunterst findet die dualistische Seele Geschmack an ihren Unvollkommenheiten und zuhöchst, außer in seltenen selbst-übersteigenden Augenblicken, hält sie sich in Ehrfurcht und Huldigung gesondert vom göttlichen Liebenden und betet zu Seinen Füßen an, doch kann sich nicht in Seinem Schoß bergen.

Darum hat die Natur, weiter ihrer Aufwärtswoge folgend, eine machtvollere Reihe menschlicher Seelen bereitgestellt, fähig über diese einleitende Bemühung hinauszugehen, in das ureigenste Wesen Gottes einzutreten und dort glückselig zu verweilen. In das Bewusstsein des Unendlichen einkehrend, es rings um sich herum und in sich im Inneren spürend, stets schauernd von Seiner Berührung, gewahr des Einsseins mit Ihm in seiner Natur, Freude und inneren Wahrnehmung, bewahren sie dennoch eine beständige Losgelöstheit ihres besonderen Wesens innerhalb jenem Einsseins. Sie versenken sich nicht völlig im göttlichen Ozean, oder wenn sie in ihm untertauchen, halten sie eine Lotleine fest, die sie mit der Oberfläche verbindet. Ihrer Natur nach – was immer ihre Meinungen sein mögen – sind solche Menschen Visishtadwaitins [eingeschränktem Monismus folgend], nicht zu völligem Einssein gezogene Seelen. Aber bis der Mensch sich ganz und gar in Gott hineinstürzt und sich nicht kümmert, ob er wieder auftaucht, bis das Menschliche sich insgesamt der Göttlichkeit hinopfert und kein Teilchen seines Wesens zurückhält, auch nicht das winzigste Partikelchen von Getrenntheit des individuellen Egos, Jivatman, kann der göttliche Zweck im Menschen nicht gänzlich erfüllt werden. Darum hat die Natur oder der Wille Gottes – denn die Natur ist nichts anderes als der Wille Gottes im Wirken – vorgesehen, dass einige, nachdem sie Gott innegewohnt haben, menschliche Seele in göttlicher Seele, unvermittelt, unwiderstehlich gerufen werden, nach kurzer Frist oder zu guter, langer Letzt voll und ganz einzutauchen. Diese schreiten voran und werfen die letzte Spur von Ego in Gott hinein. Manche von uns, wie ein großer Lehrmeister gesagt hat, sind Jivakotis, Menschen, die so vorwiegend zur Symbol-Natur neigen, dass sie sich selbst verlieren, wenn sie sich für eine Weile ganz in der Wirklichkeit verloren haben; einmal eingetaucht, können sie nicht zurückkehren, sind in Gott für die Menschheit verloren; andere sind Ishwarakotis, Menschen, deren Mitte bereits aufwärts verlagert worden ist oder, von Anfang an in die höheren Ebenen unseres Bewusstseins erhoben, eher in Gott als in der Natur begründet war. Solche Menschen neigen sich bereits von Gott zur Natur herab. Darum behalten sie sich selbst auch dann, wenn sie sich in Ihm verlieren; denn indem sie Gott erreichen, verlassen sie nicht ihre Mitte, nähern sich ihr vielmehr. Angekommen, vermögen sie sich wiederum zur Menschheit nieder zu neigen. Die so aus diesem Bad Gottes auftauchen können, sind die letztlichen Helfer der Menschheit, von Gott und der Natur erwählt, den Typus des übernatürlichen Menschen vorzubereiten, zu dem unsere Menschheit sich erhebt.

So gibt es also diese drei göttlichen Voraussetzungen – gesondert aufgefasste Zustände für die Erreichung Gottes durch die Menschheit. Da der Mensch an Energie begrenzt und im Verstand eher Unterschiede betont als umfassend ist, hält er gemeinhin an dieser unterteilenden Auffassung fest und beschränkt sich auf die eine oder andere dieser Voraussetzungen. Da auch das yogische Vorgehen auf die unterschiedlichen Naturen der Menschen achtet, passt es sich deren Begrenzungen an, wählt aus und sammelt sich auf eine der Voraussetzungen. Es kann sogar einseitig, ja parteiisch werden, weil es sich in seinem Kontakt mit Gott eher auf einen Teil göttlicher Eigenschaft richtet als auf die vollkommene Göttlichkeit – auf einen Gott des Erbarmens, einen Gott der Gerechtigkeit, den Göttlichen Meister, den Göttlichen Freund, oder auch auf einen Aspekt göttlich unpersönlichen Seins, auf Unendliche Verzückung, Unendliche Kraft oder auf Unendliche Ruhe und Unendliche Reinheit. Beim Innewohnen mag es dieselben Begrenzungen geben, beim Werden mögen sie ebenfalls bestehen bleiben. An diesem auswählenden Vorgehen oder dieser Parteilichkeit ist nichts auszusetzen. Sie ist notwendig; menschliche Begrenzungen verlangen diesen Kunstgriff. Das menschliche Vermögen zu Vollkommenheit gewinnt aus diesen Zugeständnissen. Die Natur kennt ihre Aufgabe und packt sie an mit weiter, geschmeidiger und vollendeter Weisheit, die über unsere ungeduldigen logischen Engstirnigkeiten und starren einspurigen Folgerichtigkeiten lächelt. Sie weiß, dass sie es mit einem unendlich vielschichtigen und wandelbaren Werkstoff zu tun hat und unendlich vielschichtig und wandelbar in ihren Verfahrensweisen sein muss. Wir ziehen nur präzise Methoden und letztendliche Erfüllung in Betracht; sie dagegen muss auf ihrem Weg mit tausendarmigen Kämpfen und unendlichen Möglichkeiten rechnen.

Dennoch ist ihr höchstes Ziel und der vollkommene ganzheitliche Yoga mehr ein Umfangen als ein Auswählen. Wir sind dafür bestimmt, im Symbol der Menschheit das zu sein, was Gott in Sich und universal ist. Nun ist Gott absolut, frei von diesen Begrenzungen und allumfassend. Er ist immer eins in seinem Wesen, jedoch sowohl eins mit seinen Symbolen als auch von ihnen gesondert und in dieser unterschiedenen Einheit fähig, abseits von ihnen zu stehen. So können auch wir in unserer höchsten göttlichen Verwirklichung, wenn wir eins geworden sind mit unserem göttlichen Selbst, uns abheben als das in allen Dingen und Wesen eine und doch im Symbol unterschiedene Selbst, um eine selige gesonderte Nähe zu genießen gleich jener von Liebendem und Geliebter, verschmelzend und doch getrennt in ihrer beider Verzückung. Auch Gott können wir gegenüberstehen mit einer Art völliger Losgelöstheit, zwar Seine Hand haltend – ungleich dem reinen Dualisten –, aber dennoch Ihm gegenüberstehend, so dass wir jene Unendlichkeit menschlicher Beziehung mit Gott genießen können, die das Wunder, die Schönheit und Freude dualistischer Religionen ausmacht. Dies zu vollbringen ist der volle, der Purna-Yoga, und der Sadhak, der das erreichen kann, ist seiner Voraussetzung nach der vollständige Yogin.

Yaş sınırı:
18+
Litres'teki yayın tarihi:
25 mayıs 2021
Hacim:
215 s. 9 illüstrasyon
ISBN:
9783963870705
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi:
Metin
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