Kitabı oku: «Von der Weisheit und vom Brauchtum unserer bäuerlichen Vorfahren», sayfa 10
Der Sperling auf dem Dach
Ein Sperling pfeift auf einem Dach
sein Trillerlied ins Tal hinab.
Die Bäu’rin hört es und sie lacht:
„Ich weiß schon alles,
was im Dorf ging ab.“
Der Spatz hält an, erstaunt und fragt:
„Wer hat dir das denn schon gesagt?“
„Das war der Hahn
hoch oben auf dem KIrchenturm,
der blickt ins Dorf den ganzen Tag,
bei Sonnenschein, bei Wind und Sturm,
und kräht uns dann,
mir und der Magd,
die Neuigkeit in mein Gemach,
den Ratsch und Klatsch,
auf den ich immer wart’.
Ich hab zum Hahn
ein heißer Draht.“
Die Bäu’rin sagt:
„Ich hab den Spatz gern in der Hand,
noch lieber als dich Sperling auf dem Dach.“
Der Sperling schaut sie böse an:
„Ich pfeife alles deinem Mann.
Ich hab den Knecht mit dir geseh’n,
heut Nacht wohl in die Scheune geh’n.
Was habt ihr da gemacht
im Dunkel in der tiefen Nacht?“
Die Bauersfrau läuft rötend an,
und dreht dem Spatz den Stinkefinger zu:
„Lass mich in Ruh,
das geht dich gar nichts an!“
„Maikäfer, flieg …“
Viele Kinder kennen heute den braunen Brummer nur noch von Bildern oder als Schokoladekäfer in Konditoreien. Und der Liedermacher Reinhard Mey hatte doch recht, als er einst sang: „Es gibt keine Maikäfer mehr …“
Er war neben dem Marienkäfer, der im Volksglauben als Glücksbringer gilt, der volkstümlichste aller Käfer. Doch allzu fern sind die Tage unserer Kindheit, als dieser Käfer an lauen Maiabenden in Massen die Gärten und Felder durchschwärmte und wir die noch klammen und steifen Brummer am frühen Morgen von den Bäumen schüttelten. Damals galt er als Schädling. Ganze Schuhschachteln voll wurden von uns Jungen gesammelt, und – welch grausames Spiel – den Hühnern als Delikatesse zum Fraß vorgeworfen. Wenn man heute noch einen findet, gilt er bei Kindern als Kostbarkeit.
„Jeder weiß, was so ein Maikäfer für ein Vogel sei“, dichtete Wilhelm Busch, der den Maikäfer in deutschen Landen so populär machte.
„In den Bäumen hin und her
fliegt und kriecht und krabbelt er.
Auch in Onkels Fritzens Bette“,
in das die bösen Buben Max und Moritz die Käfer versteckten.
Im Volksglauben unserer Vorfahren spielte der Deutschen Lieblingskäfer eine große Rolle.
Obwohl die Tiere in so genannten Maikäferjahren alles „ratzekahl“ abfraßen, findet man in alten Quellen keinen Spruch, der vor den Maikäfern gewarnt hätte – im Gegenteil:
„Maikäferjahr – gutes Jahr“ findet man da in alten Bauernweisheiten. Oder es heißt: „Der Maikäfer Menge bedeutet der Schnitter Gedränge“; „Sind der Maikäfer und Raupen viel, steht eine reiche Ernte im Ziel“; „Sind die Maikäfer angesagt, wird ein Schoppen mehr gewagt“; „Viel Maikäfer lassen ein gutes Jahr hoffen“. Schließlich galt dieser Käfer auch als Wetterprophet für den anderen Tag: „Fliegen Maikäfer abends rege herum, so folgt ein schöner Tag.“
Die Volkskunde wusste von allerlei Verwendungsarten der Käfer zu berichten: In Schlesien wurden die Käfer in Butter gebraten und mit Brot verzehrt. Der Schmaus half angeblich gegen alle möglichen Krankheiten. Die Köpfe allein sollten Fieber heilen und Maikäferpulver sollte gut sein gegen Epilepsie. So steht es im „Handbüchlein der Sympathie“ aus dem Jahre 1858. Vor allem aber soll es Glück bringen, wenn man dem ersten Maikäfer des Jahres den Kopf abbeißt.
Und was haben die Maikäfer mit der Tollwut zu tun? In den Kirchenbüchern von Aschbach in Unterfranken aus dem Jahre 1660 finden sich „Randbemerkungen“ über die Tollwut, verfasst vom damaligen Pfarrer Melchior Beck. Als Heilmittel gegen Tollwut bezeichnete er in Honig erstickte Maikäfer.
Es machte einen Heidenspaß, wenn Mädchen und Jungen in den Kriegsjahren die Käfer auf ihrer Hand krabbeln ließen. Sie „pumpten sich voll Luft“, starteten und flogen davon. Dazu sangen wir das Kinderlied unserer Schulzeit: „Maikäfer, flieg! Dein Vater ist im Krieg, deine Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt. Maikäfer, flieg!“
Als ausgesprochenen Glückskäfer unserer Kindheit betrachteten wir den Marienkäfer, den wir auch „Herrgottstierchen“ nannten. Fanden wir im Garten einen Marienkäfer mit sieben schwarzen Punkten, so brachte uns dieser Glück. Wir nahmen ihn am anderen Tag im Schulmäppchen mit in die Schule.
Maikäfer Summsebrumm
Maikäfer, flieg!
Dein Vater ist im Krieg,
deine Mutter ist in Pommerland,
Pommerland ist abgebrannt:
Maikäfer, flieg!
Doch dieses Lied ist lange her
und heute kennt uns niemand mehr.
Einst brachten wir den Mai herbei
mit Kinderjubel und Juchhei.
Am Abend, wenn es dämmerte,
dann summten, brummten wir im Garten,
worauf die Kinder immer warten.
Der Specht im Walde hämmerte
sein Paukenlied ins Dorf hinunter:
Ich war dann immer pudelmunter.
Mit meiner lieben Schwester Maja
ich dann zum Abendessen flog,
wir schmausten, leckten und wir schleckten,
bis uns der Gärtnermeister sah,
uns mit der Stinkefaust bedroht’
und uns die Blätter nicht mehr schmeckten.
Ich armer Meister Summsebrumm.,
voll Appetit und Kinderruhm.
Ich nahm Reißaus zum nahen Wald,
wo ich dann schlief gar bald.
Die Engerlinge in dem Gartenbeet,
bald kleine, nette Püppchen werden,
so wohl geborgen in der Erden,
ihr Äuglein nach der Maja drehen,
nach ihrem Vater Summsebrumm,
doch noch sind sie ganz steif und stumm.
Ein Mädchen nimmt mich in die Hand,
das mich bei meinen Puppen fand.
Es streichelt mich ganz zart und sanft.
Ich pumpe mich mit Luft ganz voll
und starte in die Lüfte hoch.
Das Mädchen findet mich ganz toll,
als ich auf ihrem Händchen kroch.
Ich fliege in den Himmel weit,
doch längst vergangen ist die Zeit.
„Er liebt mich, liebt mich nicht …“
Wer erinnert sich nicht gerne zurück an das neckische „Liebesspiel“ unserer Kindheit? Wir Jungen warteten immer sehnsüchtig auf das Aufblühen der Margeriten, der Orakelblumen unserer Vorfahren. Wir nannten sie auch „Liebesblume“ und „Mädchenauge“. In der großen Schulpause liefen wir Jungen immer schnell auf die nahe Wiese, wo Hunderte von Margeriten blühten. Die Mädchen liefen eiligst hinterher. Darunter war auch „ess Guddsje“, meine erste Jugendliebe. Sie stellte sich immer etwas abseits von uns, da keiner ihren Orakelspruch hören sollte, obwohl jeder wusste, wen sie im Visier hatte. Ach, war ich f roh, wenn beim Abrupfen der weißen Strahlenblütenblätter mein geheimer Wunsch erfüllt wurde! So rupfte ich dann ganz zart die Blütenblätter ab: „Sie liebt mich, liebt mich nicht.“ Manchmal wurde der Orakelspruch etwas abgewandelt: „Sie liebt mich, von Herzen, mit Schmerzen, ein wenig oder gar nicht.“ Dann schaute ich mit strahlendem Gesicht zum „Guddsje“ hin. Natürlich hatte auch sie beim Abzählen der Blütenblätter Glück. Rainer, mein bester Klassenkamerad, hatte beim Abrupfen der Blütenblätter oft Pech: Seine Angebetete liebte ihn nicht. Einmal vergoss er bittere Tränen. Meine Urgroßmutter verwendete noch die Wurzeln und Blätter der Margerite zum Würzen von Suppen. Aus den Blättern bereitete sie im Mai Salate.
Ende Mai hatte auch der Löwenzahn ausgeblüht. Die goldgelbe Pracht der kleinen Sonnen war verglüht. Jetzt schimmerte ihr Licht in silbernen Laternchen. Wir suchten die Lichtlein auf der Wiese und pusteten sie mit dicken Backen freudestrahlend aus. Wir schauten die fliegenden Schirmchen nach, dem wogenden weißen Flaum, der langsam in der Ferne verschwand.
Am Abend saßen wir auf der Treppe, ein Glas mit Seifenlauge und bunte Strohhalme in der Hand und zauberten kleine, buntschillernde Seifenblasen. Wir pusteten kräftig und dann entströmten sie dem Strohhalm: Lustige, hauchzarte kleine „Luftballons“. Der leichte Sommerwind trug sie fort, schaukelte sie ein wenig hin und her, und bald zerplatzten die hautdünnen Bläschen, in denen sich die untergehende Sonne in den Regenbogenfarben spiegelte. Sie zerplatzten wie Träume in hundert kleinste Spritzer.
Noch schöner aber war es für uns Kinder, wenn wir an warmen Sommerabenden in der Zeit der Sommersonnenwende die Johannisglühwürmchen über der Wiese flirten sahen. Die neckischen Weibchen saßen auf Grashalmen und machten die umherfliegenden Männchen auf sich aufmerksam, indem sie ihre Hinterteile mit den Lämpchen auffällig hin und her schwenkten. Wir glaubten wohl daran, dass Glühwürmchen in der Johannisnascht Glück bringen, wie unsere Großeltern sagten.
Seifenblasen auf der Wiese
Fliegen im Mai auf weißer Bahn
flimmernde Monde vom Löwenzahn,
liegst du versunken im Wiesenschaum
löschend der Monde flockenden Flaum.
Wenn du sie hauchend im Winde drehst,
Kugel auf Kugel sich weiß zerbläst,
Lampen, die stäubend im Sommer stehn,
wo die Dochte noch wolliger wehn.
Leise segelt das Löwenzahnlicht
über dein weißes Wiesengesicht,
segelt wie eine Wimper blass
in das zottige, wogende Gras.
Monde um Monde wehten ins Jahr,
wehten wie Schnee auf Wange und Haar.
Zeitlose Stunde, die mich verließ,
da sich das Sternchen weiß zerblies.
Pusteblumen mit flockigem Haar,
Kinder spielen mit ihnen fürwahr.
Sie tanzen und schwingen im maienschein
und laden uns zur Hochzeit ein.
Als früher noch die Glühwürmchen in der Johannisnacht leuchteten
Die Zeiten sind längst vorbei, wo in den lauen Nächten in den Tagen der Sommersonnenwende die Glühwürmchen ihre geheimnisvollen Liebesbotschaften durch Leuchtsignale ausstrahlten. Wir erinnern uns an Kindheit und Jugendzeit, wo in den Mittsommernächten in der Zeit des Johannistages die flugunfähigen, larvenartigen Weibchen um die Gunst der Männchen warben, indem sie ihre Hinterenden mit den Lämpchen auffällig hin und her schwenkten. Auch Johanniskäfer nennt man die Glühwürmchen, weil sie gerade in den Tagen um Johannis (24. Juni) in lauen Nächten der Sonnenwende schwärmten. Auch die Johanniskäfer gehören heute schon zu den stark bedrohten Insektenarten.
Als Kinder saßen wir am Abend mit den Eltern und Großeltern auf der Ruhebank unter dem Walnussbaum, und schauten uns das liebestolle Schauspiel auf der Wiese an.
Dort, wo sich Johanniskäfer paarten, war dies im Aberglauben unserer Vorfahren ein sicheres Zeichen, dass sich hier Feen und Elfen aufhielten. Einige Feenarten, so glaubte man, seien selbst nicht größer als die Glühwürmchen. Sie besäßen eine leuchtende Aura und mischten sich deshalb mit Vorliebe unter die geheimnisvoll schillernden Johanniswürmchen.
Glühwürmchen kommunizieren grundsätzlich nur bei Nacht, denn tagsüber würden ihre Botschaften nicht ankommen. Die Leuchtkäfer brauchen die Dunkelheit, um erfolgreich ihre Lichtsignale auszusenden. Für ihre Liebeswerbung haben die Glühwürmchen eine ganz bestimmte Ausstrahlung: Im Laufe der Evolution haben sie ihr Hinterteil mit speziellen Leuchtzellen ausgestattet und können damit nun nach Herzenslust Signale für ihre Artgenossen aussenden.
Wie funktioniert dieses Leuchten in der Nacht? Biolumineszenz wird das Phänomen genannt. Das heißt, die Zellen am Hinterteil des Käfers verfügen über einen bestimmten Leuchtstoff, dass sogenannte Luciferin. In einer chemischen Reaktion verbindet sich dieses Luciferin mit einem Enzym und mit Sauerstoff. Bei dieser Reaktion wird Licht freigesetzt.
Leuchtkäferweibchen können nicht fliegen und ähneln eher Larven oder Würmern, daher auch der Name „Glühwürmchen“ oder „Johanniswürmchen“. Die männlichen Johanniskäfer verfügen dagegen über Flügel und senden ihre artspezifischen Werbungssignale während des Fluges aus. Sitzt nun ein Leuchtkäferweibchen der gleichen Art in der Nähe, wobei sie bevorzugt Grashalme auf der Wiese besetzen, so antwortet es wiederum mit einem art- und geschlechtsspezifischen Signal. So erkennt das Männchen, dass es sich um ein Weibchen seiner Art handelt. Und nun muss das liebestolle Männchen nur noch bei dem antwortenden Weibchen landen.
Die Leuchtstrahlen der Glühwürmchen sind aber keine Wärmequellen, wie andere Lichtquellen. Dafür ist freilich die Leuchtkraft minimal. Um die Helligkeit einer brennenden Kerze zu erreichen, müssten sich 6000 Glühwürmchen zusammentun.
Von fratzigen „Rommelboozen“ und Kartoffelfeuern
Der Lukastag (18. Oktober) war früher in unserem Bauerndorf immer der Tag, an dem man ein Herbstfeuer angezündet und Laub und welkes Kartoffelkraut verbrannt hatte. Kartoffelfeuer kündigten früher auf den Äckern das Ende der Kartoffelernte an. Das alte, welke Kartoffelkraut wurde verbrannt. In die flammende Glut vergruben wir Kinder möglichst viele große Kartoffeln. Sie waren gar, wenn die Pelle vollkommen schwarz und verkohlt aussah.
Wir rollten die heißen Kartoffeln aus der Asche, brachen sie vorsichtig auf, bestreuten sie mit etwas Salz und aßen sie aus der schwarzen Schale heraus. Wir kannten auch einen Trick beim Kartoffelbacken: Große Kartoffeln garen schneller und gleichmäßiger durch, wenn man einen langen Eisennagel hindurch steckt, denn das Metall leitet die Hitze in das Innere der Erdfrucht.
Auch Kartoffelfeste wurden in unserm Dorf gefeiert. Selbstgeerntete Pellkartoffeln kamen in Körben auf den Tisch, wozu es frische Butter, grobes Salz und verschiedene Quark – und Kräutersaucen gab. Andere tauchten die dampfenden Pellkartoffeln in saure Sahne und streuten Kümmel darauf. In der Schule fertigten wir Kartoffeldrucke im Zeichenunterricht an. Wir schnitten die Kartoffeln in Scheiben und bestrichen diese mit verschiedenen Farben. Wie einen Stempel drückten wir die Kartoffelscheiben auf ein Blatt Papier und stellten bunte Muster her. Mit dem Schwinden der bäuerlichen Dorfstrukturen, mit der Mechanisierung und Technisierung der Landwirtschaft und seit dem Einzug der Getreidemonokulturen in unsere Kulturlandschaft gehören Kartoffelfeste und Kartoffelfeuer leider der Vergangenheit an.
In den Dörfern gehalten, hat sich vielfach noch ein anderer Brauch, den die Kinder in den Tagen um St. Lukas pflegten. Es waren „Runkelrübenfeste“. Runkelrüben hießen bei uns im Dorf „Rommele“. Aus den Runkelrüben bastelten wir mit Hilfe der Eltern „fratzige Rommelbooze“, schaurige Runkelrübengesichter. Mit Messer und Löffel waren wir eifrig am Basteln. Zuerst wurde mit dem Messer die Rübe vom Dreck gesäubert. Dann wurde der Rübenkopf abgeschnitten, der später beim fertigen „Booz“ als Deckel diente. Mit dem Löffel wurde das saftige Rübenfleisch ausgeschabt.
Dann wurden Augen, Ohren, Nase und Mund aus der Rübe ausgeschnitten. Mein Rübenkopf („Rommelbooz“) hatte immer struppiges, feuerrotes Wurzelhaar und einen ebensolchen Bart, was dem Rübengesicht ein unheimliches Aussehen verlieh. So entstanden Wichtelmänner mit Zipfelmützen und Clowns mit riesigen Zahnlücken. Ich taufte meinen „Rommelbooz“ immer „Willi Wichtig“. In den „Rommelbooz“ hinein stellten wir eine brennende Kerze. Die „Riommelbooze“ wurden in der Dunkelheit auf die Fensterbänke gestellt, um Geister und Dämonen vom Haus und seinen Bewohnern fernzuhalten. Auch allerlei Schabernack trieben wir mit den „Rommelboozen“.
Früher einmal waren Runkelrüben ein wichtiges Zusatzfutter für Rinder, heute werden sie meist nur noch als Bastelobjekte benutzt; ihr Anbau ist schlicht zu aufwendig.
Anstelle von „Rommelboozen“ werden heute vielfach an Halloween von den Kindern fratzige Gesichter aus Kürbissen gebastelt.
Drachen tanzten über den Stoppelfeldern
Wenn der kühle Herbstwind über die Stoppelfelder wehte, war früher Drachenzeit. Erinnerungen werden wach an entfernte Kindheitstage, als man noch selbst gebastelte Drachen steigen ließ. Was den Vögeln das ganze Jahr über so mühelos gelang – im Herbst wollten wir Kinder es ihnen nachahmen. Hoch und höher hieß die Devise, wenn die bunten Luftikusse auf freien Wiesen und Feldern emporstiegen.
Ein paar Schritte über das Stoppelfeld und schon tänzelte der Drachen frei in der Luft. Das war auch für uns Kinder ein Gefühl der Schwerelosigkeit. Es war wahrhaftig ein Spektakel, die selbstgebauten Luftikusse in der Höhe über unserem Dorf dem Wind anzuvertrauen. Unter Anleitung meines Vaters verbrachte ich einen schöpferischen Nachmittag im Keller unseres Hauses, um einen schönen, originellen Drachen zu basteln. Mit Papier und Leisten, Farben und Leim waren wir stundenlang am Werk, um uns einen Traum zu erfüllen. Wir alle wollten Drachenkämpfer mit dem Wind sein. Zuerst wurde das Segel auf Papier gezeichnet. Für das Gerüst oder Gestänge wurden Holzstäbe verwendet. Sie bestanden aus einem Längsstab und zwei durch einen Winkel miteinander verbundenen Querstäben. Durch das Aufkleben des Gestänges auf das Papier erhielt das Segel eine V-Form. Die V-Form der Querstäbe zeigte mit der Spitze auf den Drachenpiloten. Anschließend wurden die „Gesichter“ der Segel bemalt, dabei ließen wir unserer Fantasie freien Lauf. Es entstanden Drachengesichter mit Sonnenblumenaugen und grünblättrigen Nasen, lachende Herbstgesichter aus gelben und roten Mischfarben. Nach dem Bemalen wurde der Schwanz angeknotet, der mit allerlei bunten Girlanden beklebt war. Zuletzt wurde die Schnur zum Steigenlassen befestigt. Dann waren die bunten Luftikusse startbereit. Mit der Schnur in der losen Hand liefen wir ein paar Schritte nach vorne und ließen den Drachen aufsteigen. Der wedelte dann aus der Höhe mit dem langen Schwanz, drehte sich leicht nach links und rechts, gerade so wie der Wind es zuließ. Hin und wieder „verhedderte“ sich der „Flieger“ auch mal in den Bäumen. Doch nicht schlimm, ein zweiter Start brachte den Drachen zum Steigen und Kurven in der luftigen Höhe.
An Gründonnerstag etwas Grünes zu essen, war auch bei uns im Dorf alter Brauch. Es war vor allem der Spinat, der am „Hohen Donnerstag“ bei meiner Mutter auf den Tisch kam. Wir Kinder mochten den Spinat nicht, wir „ekelten“ uns vor dem allzu weichen, grünen Mus. Erst als ich erwachsen war, lernte ich den delikat zubereiteten Spinat mit Heißhunger zu verspeisen. Großmutter bereitete am „Heiligen Donnerstag“ ein Mus aus der wieder grünenden Natur, Brennnesselspinat. Grünes Gemüse und grüner Wildsalat, nach denen den Menschen im nun erwachenden Frühling durchaus der Sinn stand, brachten bei uns die Hausfrauen überall auf den Tisch: Gemüse aus Mangold, Spinat, Grünkohl, Lauch, Brennnesseln und Giersch; Wildsalat aus Sauerampfer, Gänseblümchen, Löwenzahn und Scharbockskraut. Auch Eiersalat mit Schnittlauch war bei uns daheim sehr beliebt. Dazu trank Vater im Krieg sein „braunes Fliegerbier“ und wir Kinder unser „Klickerwasser“ oder „Selzewasser“. Die Eier, die an Gründonnerstag gelegt wurden, galten als besonders heilkräftig und wurden deshalb mit Vorliebe als Ostereier verwendet. Am Gründonnerstag gingen früher auch die jetzt wieder „grünen Wiesen“ zu, das konnte aber auch der 1. April sein; das heißt, es war verboten, die Wiesen zu betreten. Jungen und Mädchen durften nicht mehr auf der Wiese spielen.
Ich erinnere mich, dass meine Schwester Ursula und ich trotzdem an Gründonnerstag auf die Wiesen gingen, um den im Saarland so beliebten „Bettseicher“ (Löwenzahn) zu stechen. „Bettseichersalat“ mit Eiern war das Nationalgericht der Saarländer im zeitigen Frühjahr. Wir suchten dabei immer den Löwenzahn, der aus den Maulwurfshaufen herauswuchs, denn der war zart gebleicht und schmeckte besser. Natürlich hatten wir an diesem Tag Angst vor dem „Schitz“, doch gottlob, er kam nicht. Aber es passierte was anderes, was wir beide bis heute nicht vergessen haben: Ein ganzer Schwarm von „Jabbos“ flog dicht über uns hin. („Jabbos“, so wurden bei uns die amerikanischen Düsenflugzeuge genannt.) Wir beide legten uns ganz flach auf die Wiese. Am Abend hörten wir, dass die „Jabbos“ unten an der Hanauermühle ein Pferdefuhrwerk angriffen. Halter und Pferde kamen dabei ums Leben. Aber viel schlimmer war es dann am nächsten Tag, als die Bomber die nahe gelegene Hüttenstadt Neunkirchen in Schutt und Asche legten. Die Flugzeuge flogen über unser Dorf. Wir hörten den lauten Bombenknall und sahen über dem „Wälenberg“ den Rauch aufsteigen. Meine Schwester Hilde hatte solche Angst, dass sie sich hinter dem Küchenschrank verkroch.
Trotzdem warfen wir Jungen an Ostern Eier über das Dach des Hauses. Wer das fertigbrachte, dessen Haus blieb von allem Unheil verschont.
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