Kitabı oku: «Der Andere - Auto-Bio-Grafie eines bisher noch Unbekannten», sayfa 3

Yazı tipi:

Unter-Erd-Film


- Na, nun übertreiben die aber doch!

Das schießt unserem Hans durch den Kopf, wie er weit später wieder mal Geburtstag hat und in einem kleinen Fernseher diese komischen Bilder sieht.

- Diese Werbe-Futzis wieder!

So empört es sich in ihm. Rollt er doch eben durch den Untergrund der da schon seit paar Jahren nicht mehr Hauptstadt der Deutschen Demokratischen usw. Fährt also U-Bahn und ist das für ihn nun doch nicht mehr immer nur im Osten, sondern nun auch im Berliner Westen möglich. Und da hängen, anders, als in dem kleinen verblichenen Land, in dem er aufwuchs, doch seit kurzem so kleine Fernseher an der Decke oben.

Und da nun das!

An seinem Geburtstag!

Nicht zu fassen!

Bis eben noch hatten ihn von draußen von den Werbe-Wänden her diese halb oder ganz nackten, vollbusigen Blondinen angestrahlt.

Als wie:

- Guck mal, wie geil ich bin!

Und daneben dann immer auch noch diese doofen Werbe-Sprüche allüberall!

Hatte er dann aber die blöden Weiber irgendwann ignoriert und statt dessen zu dem kleinen Fernseher hin aufgeschaut. Auch da aber hatte er zunächst immer wieder nur das sehen müssen:

Werbung!

Werbung!!!

Werbung!!!!

Na, daran hatte er sich einige Jahre nach der Großen Wende ja längst zu gewöhnen gehabt:

Der real existierende Marktismus!

Und statt der, wie früher immer, marxistischen Agitation für Frieden und Völkerfreundschaft nun das:

Kaufen!

Kaufen!!

Kaufen!!!

Büstenhalter zum Beispiel. Auch, wenn Du das gar nicht hast: Einen Busen. Kaufst Du eben das:

Verhüterli!

Aids zu spät ist!

Das Alles hatte es in unserem Hans gedacht, bis dass er plötzlich diese bösen Bilder im Kleinst-Fernseher oben gesehen und da bei sich gleich wieder das gedacht hatte:

Werbe-Gespenst!

Blöd-Sinn!!

Ballerten da doch gerade zwei Flugzeuge in einen hohen Haus-Turm hinein!

Sichtlich genervt hatte der Hans da dann zur eben käuflich erworbenen Zeitung gegriffen, hatte die vielen Werbe-Seiten schroff überblättert und einfach so bissel vor sich hin gelesen.

Zu Hause angekommen, machte er dann aber doch gleich erst mal den Fernseher an (Man kann ja nie wissen!) Und sah und hörte da nun auf allen Kanälen, dass das, was er im U-Bahn-Untergrund gesehen hatte, mitnichten nicht Werbung gewesen war, sondern das:

Knallharte Realität!

Und sah sie dann ja auch hier noch mal, die inzwischen sattsam bekannten grausigen Bilder:

Feuer-Bälle!

Fliegende Haus-Fetzen!

Einstürzende Hoch-Haus-Türme!

Verzweifelt schreiende Menschen!

Und das am 11. September, seinem Geburtstag!

Der diesmal nun ein Knall-Tag war!

Wahnsinn!!!

Na, egal! Seinen Geburtstag würde er sich davon nicht vermiesen lassen. War er für den Abend doch mit seiner Guten Alten Freundin Dani verabredet und wollten sie doch zusammen in ein klein’ Jazz-Lokal gehen, das er vor kurzem entdeckt hatte in seinem nun auch neuen Prenzlauer Berg.

Was aber hören sie, wie sie da ankommen bei dem Lokal, schon von draußen her? Wenn nicht:

Nichts?

Stille Stille!!

Im ganzen Lokal!!!

Und wen sehen sie, da sie die Tür aufgetan haben, an den Tischen sitzen??? Wenn nicht:

Niemanden?!?

Gähnende Leere!!!

Kein Musiker auf der Bühne, keine Gäste an den Tischen, nur an der Bar ein paar junge Leute, die da hocken und immer nur und immer wieder aufgeregt in den Guck-Kasten gucken, um wieder und wieder die gleichen Bilder zu sehen.

Und all das – anders, als in der U-Bahn vorhin eben – mit Voll-Ton nun: Furchtbare Begleit-Musik zur Feier des heutigen Geburts-Tags!

Hocken der Hans und die Dani also einsam an ihrem Tisch herum, lassen sich stumm bedienen und reden still bissel über das Leben.

Was sie da freilich noch nicht wissen können: Dass dieser Tag wenig später bei den Amis 28 in deren größter Stadt dieser Knall ja abgegangen war, so heißen würde:

Tag der Niedertracht!

Und da ist unser Hans natürlich stink-sauer! Seine Geburt: Eine Niedertracht???

Na, das wollte er sich von den Amis aber nicht gefallen lassen!

Und so taufte er den Tag irgendwann dann auch so um:

Tag der Niederkunft!

(…seiner lieben Mama mit ihm …)

Jedenfalls wurde der Abend dieses Tages einer der leisesten wie auch der lautesten Geburts-Tage in Hans Hubers Leben.

Wir hier aber gehen erst mal wieder viele Jahre zurück. Nein: Nicht wieder in die Kindheit, sondern mitten in die Jugend hinein. Wo unser Hans ja dann irgendwann das war: Ein werdender Abiturient. Das aber auf eine ganz besondere Weise. War das doch Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts. Und war da vom Großen Vorsitzenden des Großen Staatsrates der Großen Deutschen Demokratischen usw., Walter Ulbricht, das verfügt worden:

- Die Angehörigen der Jungen Intelligenz, sie sollen der Arbeiterklasse nahe stehen!

Und hatten da dann alle Oberschüler des Landes neben dem Abitur her auch noch einen richtigen Beruf zu erlernen gehabt. Und nun rate Du mal, liebe Leserin, lieber Leser, welcher Beruf das im Fall von Hans Huber gewesen sein mag! Und was der da dann zu tun hatte!

Viecher fangen


- Wenn es gefährlich wird: Gleich erst mal tot stell’n!

Das spricht der Meister und meint damit aber nicht den Hans und die anderen Jungs, die da in ihren weißen Anzügen vor ihm aufgestellt sind, sondern die zu Tode erschrockene Henne, die er in seinen robusten Pfoten hält. Hatte er die doch eben eingefangen, hoch gehoben, blitzartig umgedreht, hält sie so nun vor seinen Bauch und erklärt den Jungs, wie ein Huhn reagiert, drehst du es blitzartig um und spricht also:

- Instinkt!

Und: Tatsache! Ruckartig presst die Henne beide Augen zu, reckt die Krallen gen Himmel und tut also das, was der Meister vorhergesagt hatte: Sie stellt sich tot. Geht ja aber noch weiter, das Spiel. Eben nämlich bückt sich der Meister mit dem Huhn in den Händen und spricht dabei leise vor sich und zu seinen Jungs das hin:

- Vorsicht!

Er senkt das scheintote Flügeltier behutsam zu Boden und legt es da verkehrt herum ab. Das arme Viech, die Hühner-Augen fest geschlossen, die Krallen steif nach oben gereckt, bleibt still und stumm im Stroh liegen, während es wohl das bei sich denkt:

- Tote Hühner sind schon tot, müssen also nicht mehr zum Schlachthof hin verbracht werden!

Es ist Montag und also wieder mal neben-abitürliche Berufsausbildung. Weshalb unser Hans und die anderen Jungs heute nun hier in diesem Stall einer der stadtnahen LPG’s 29 aufgestellt sind. Und schon auch spurtet der Meister wieder los, greift sich das nächste der aufgeregt im riesigen Stall herum flatternden Viehcher, dreht auch dieses ruckartig um und legt es vorsichtig neben der da immer noch stramm und stumm liegenden Hennen-Schwester ab.

Und noch eine fängt er und noch eine. Um sie dann alle der Reihe nach auf dem Rücken nebeneinander hin zu legen, wo die Viecher auch aufgeregt starr liegen bleiben.

Stillen Schritts schreitet der Meister dann zurück zu seinen Jungs, teilt sie in zwei Gruppen ein und spricht zu der einen:

- Ihr macht das, was ich eben gemacht habe!

Zu der anderen spricht er:

- Und ihr sammelt die Viehchers dann ein und schafft sie dort hin!

Sein Finger zeigt auf den großen Käfig auf Rädern, der da am Rande des Massen-Tier-Stalls steht.

Und natürlich macht er auch das gleich erst mal wieder vor. Schreitet also vorsichtig zurück zu den immer noch starr am Boden liegenden Hennen und packt eine von denen urplötzlich bei den steif zum Himmel gereckten Krallen. Die Henne ihrerseits schreckt nun doch erschrocken auf, gackert wild und flattert aufgeregt – was ihr freilich, wir ahnen es – nichts nutzt. Und schon auch packt der Meister mit der anderen Hand das nächste steif da rum liegende Huhn. Auch das bereut nun wohl heftigst, sich bis eben noch tot gestellt zu haben. Es flattert und gackert heftigst. Auch ihm aber nutzt das nichts. Schon nämlich ist der Meister mit seinen beiden Gefangenen bei dem rollenden Knast angelangt und wirft sie da schwungvoll hinein.

Die Viecher flattern und gackern noch aufgeregter.

Aber, aber: Zu spät!

Während der Meister nun das zu seinen Jungs spricht:

- Los geht’s!

Und schon auch stürmen die Jungs der ersten Gruppe los, fangen die verwirrten Hühner-Viecher ein, drehen sie ruckartig um und legen sie in Reih und Glied auf dem Stroh-Boden ab.

Die Jungs der zweiten Gruppe schleichen sich still an die umgelegten Viehcher heran, packen sie bei den steifen Beinen, schleppen sie hin zu dem Gefängnis auf Rädern und sperren sie da vorschriftsmäßig ein.

Und immer weiter geht das so.

Den Tag lang ganz.

Bis dass die Hühner-Knäste rammeldicke voll sind und die Viecher irgendwann dann von einem LPG-Bauern per Träcker zur Hinrichtung auf den Schlachthof der nahen Stadt hin verbracht werden.

Und wie sich die Jungs am Ende dieses denkwürdigen Tages in der Umkleidekabine der LPG dann aus ihren weißen Anzügen wieder in die Zivilklamotten hinein begeben, da kann es natürlich nur das geben:

Jubel!

Trubel!!

Heiterkeit!!!

Fast kaputt lachen sich der Hans und die anderen Jungs. Was sie da heute zu lernen hatten:

Hühner umlegen!

Und???

Welchen Beruf hatten sie da heute eben wieder zu erlernen gehabt???

LPG-Bauer?

Oh no!

Diesen:

Rohbaumonteur der Deutschen Demokratischen Republik.

Und das war da gerade der deutsch-demokratisch-republikanische Name wofür???

Wenn nicht:

Maurer!?!

Und Du, liebe Leserin, lieber Leser, fragst Dich nun wohl gerade das:

- Als werdender Maurer Hühner einfangen???

Und hättest Du es den Meister der Jungs gefragt, dann hätte der wohl kurz nur das gesprochen:

- Eine Hand wäscht die andere!

Wie das im ehemaligen Land eben so war: Hatte der Meister der Jungs am Abend zuvor doch mit einem Guten Bekannten – seines Zeichens LPG-Vorsitzender – bei einem Bier in einer Kneipe gesessen und war da dann das zwischen den Beiden hin und her gegangen:

- Du hast doch von der Partei diese Oberschülers aufgedrückt gekriegt …

- Ja, und? Gibt’s was zu bauen?

- Nee! Einfangen!

- Ich bilde doch keine Polizeier aus! Und Stasi-Leute schon gar nich! Nee!

- Menschen doch nich!

- Was denn dann?

- Hühner!

- Die sollen meine Jungs …???

- Einfangen! Seid ihr an dem Tag eben mal nicht auf der Baustelle, sondern im Stall …

- Ach so!

- Prost!

Na, und so war das dann immer weiter hin und her gegangen. Bei einem oder zwei, oder auch vier oder fünf Bierchen und einem oder zwei Schnäpsen dazu …

Und natürlich wurde da nicht nur besprochen, wie die eine Hand die andere waschen würde, sondern auch die andere die eine. Fragte da nämlich der Meister der Jungs das:

- Und? Was kriege ich dafür?

- Einen Gänsebraten!

- Weihnachten is doch aber noch gar nich!

- Na gut: Paar Broiler 30 vielleicht?

- Gut! Geht so …

Würde der Meister der Jungs so also seinen Hände-Wasch-Lohn bekommen und würde die Viehchers hernach auch gleich von seiner Frau in die da noch „Broiler“ geheißene Speise umwandeln lassen.

Und war er nun also besiegelt, der da noch nicht „Diel“ geheißene Vorgang.

- Prost!

Wir hier aber, liebe Leserin, lieber Leser, gehen nun doch dahin, wo der Beruf, den unser Hans neben dem Abitur her zu erlernen gehabt hatte, wo der richtig zu erlernen gewesen war: Ab auf die Baustelle!

Ganz in Weiß


- Ihr werdet schon seh’n!

Diesen geheimnisvoll komischen Satz spricht ihr Meister diesmal, da die Jungs dann doch wieder auf einer richtigen Baustelle sind. Hatte da einer von ihnen den Meister doch eben gefragt, warum sie heute einen möglichst großen Hut mit einer möglichst breiten Krempe mitbringen sollten???

Gut behutet also, ansonsten aber ganz in Weiß, trotten der Hans und die anderen Jungs den langen Gang der alten Fabrik lang, in der sie heute eingesetzt sind. War da doch vor etwa 20 Jahren, als ihre Marx-Stadt noch Chemnitz hieß, war da doch auch diese Fabrik von den Bomben des Klassenfeinds zerhauen worden und sollte die nun endlich wieder aufgemöbelt werden.

Zotteln sie also den Gang lang und kommen eben auch an einem Vertreter der Arbeiterklasse vorbei, der, ihnen den Rücken zugewandt, die Wand vor sich aus dem Maul eines Schlauches heraus mit Mörtel besprudelt.

Wutsch!

Plutzsch!

Was ab er tut der Arbeiterklässler, wie er die Jungs hinter sich lang trotten hört.

Er dreht sich um, sie im Namen seiner Klasse auf das Herzlichste zu begrüßen. Das, was an der Stelle wohl der Ulbricht, Walter ausgerufen hätte, spricht er natürlich nicht. Von wegen:

- Die junge, meiner Klasse nahe stehende Intelligenz, sie lebe hoch!

Nein! Der Arbeiter strahlt die Jungs fröhlich an und ruft ihnen dabei das zu:

- Guud’n Morsch’n! 31

Nicht aber nur sein Gesicht strahlt in dem Moment – nein: Auch sein Schlauch! Den nämlich hatte der Proletarier eben mit sich umgedreht und so machte es da auch gleich das:

Plutsch!

Wutsch!!

Klutsch!!!

Und ist da dann ja nicht nur die Wand, sondern sind auch sie, die eben noch weiß gekleideten jungen Intelligenzlers, frisch mit Mörtel besudelt. (Plan-Über-Erfüllung, wie das im verblichenen Land wohl geheißen hätte …).

Der Hans reißt, wie die anderen Jungs auch, den ollen Hut vom Kopf, hält ihn schützend vor’s Gesicht, versucht, in Deckung zu gehen – was ja doch aber in einem so langen, schmalen Gang gar nicht so einfach ist. Und:

Oh Gott!

Wie sie da nun Alle aussehen! Von wegen: Ganz in Weiß! Grau in Grau stehen sie da, die Jungs, ganz so, wie das Land, in dem sie leben.

Der Arbeiterklässler derweil hat sich wieder seiner Wand zugewandt, zwitschert fröhlich ein Liedlein vor sich hin und tut so, als wäre nichts, aber auch gar nichts gewesen.

Und da tun natürlich auch die Jungs so. Denn: Sich wehren, den Schlag also, den man eben von der Arbeiterklasse versetzt bekam, zurück versetzen, das gehört sich doch nicht für einen, wie er da noch hieß, Oberschüler, dem aufgetragen ist, dieser Klasse nahe zu stehen!

Frisch besudelt schlottern die Jungs also weiter den Gang lang, kommen irgendwann dann auch bei der riesigen, hallig-leeren Fabrik-Halle an, in der sie heute das Putzen zu erlernen haben werden und marschieren da hinein ein. Wo ihr Meister dann gleich das anordnet:

- Da rauf!

Sein Finger zeigt auf ein Riesen-Gerüst, das da unter der hohen Decke aufgestellt ist. Auf dem Gerüst oben angekommen, haben die Jungs, der Anordnung ihres Meisters folgend, die Maurer-Kellen zu ergreifen, die da auf dem Gerüst-Boden liegen und haben sich neben den Mörtel-Kästen, die da auch mit stehen, aufzustellen.

- Ich zeig‘ Euch, wie das geht!

Der Meister macht vor, was da nun zu tun ist und dann sind sie dran: Rein mit der Kelle in den Mörtel-Kasten, rauf das Zeug auf die Kelle und ran an die Decke! Möglichst schwungvoll und richtig gewinkelt, ganz so, wie es der Meister eben vorgemacht hat.

Was aber tut, wie die Jungs das tun, der matschige Mörtel???

Er denkt gar nicht daran, an der Decke kleben zu bleiben!

Nein: Hurtig flutscht er wieder runter. Und wo da hin? Na klar: Nicht nur auf den Gerüst-Fußboden, sondern auch auf die Köpfe der da stehenden Oberschülers rauf!

Unser Hans freilich hat zunächst Glück. War der wieder abgefallene Batzen bei ihm doch nicht auf den Kopf, sondern auf den Gerüst-Fuß-Boden geklatscht. Bückt er sich also hurtig, kratzt den Batzen mit der Kelle vom Holzboden des Gerüsts auf und klatscht ihn erneut an die Decke über sich.

Aber!

Auch diesmal bleibt der Batzen nicht da, wo er bleiben soll. Der Hans guckt verzweifelt um sich und sieht, wie es den anderen Jungs genau so geht, wie ihm. Wieder und wieder bücken sie sich, kratzen das Abgefallene vom Boden auf und klatschen es erneut an die Decke …

Da plötzlich!

Brandet von unter dem Gerüst her Beifall auf!

Erstaunt schauen die Jungs dahin und sehen das: Heftigst erheiterte Angehörige der Arbeiterklasse, die sich fast kaputt lachen. Was die Jungs nicht wissen können: Dass ihr Meister seine Kollegen im Vorfeld darüber informiert hatte, was heute hier abgehen würde. Jetzt aber erst mal schmunzelt er seine Jungs an und spricht das:

- So nicht!

Weiß er doch, was die Jungs erst einen Tag später im Theorie-Unterricht zu erlernen haben werden: Eine trockene Wand, an die Mörtel fliegt, entzieht diesem, durstig, wie sie ist, gleich erst mal das Wasser ganz. Soll sie ja auch! Trocknet der Mörtel doch blitzschnell bissel an – und klebt sich auf diese Weise selbst an der Wand fest – sich da nun aufs Verrieben-Werden mit dem Reibe-Brettchen zu freuen.

Oder aber: Fällt, wenn nicht richtig angeworfen, erst mal wieder ab.

Und???

Wo da dann hin???

Der Meister lächelt verschmitzt.

Na klar! Physik, 6. oder 7. Klasse: Was auf der Erde fällt, fällt auf die Erde – nach unten – Anziehungs-Kraft! Wer aber steht da heute? Wenn nicht sie, seine Jungs?

Der Meister lacht laut.

Seine Kollegen lachen mit.

Hast du das Erlernen des Putzens nämlich nicht, wie allerorts üblich, erst mal an einer Wand vor dir zu üben gehabt, wo das Abfallende dann auf den Boden abfällt, sondern, wie sie heute, an einer Decke …

Und hast du diesen Vorgang dann zwei, drei oder vier Mal wiederholt, dann ist der Durst der Decke sehr bald schon so weit gestillt, dass sie das überhaupt nicht mehr kann und will: Dem Mörtel das Wasser entsaugen und ihn so zum Anhaften zwingen.

Und so werfen die Jungs und so fallen die Mörtel-Batzen.

Ab!

Ab!!

Ab!!!

Viele, viele Stunden lang, Minute für Minute. Den Tag lang ganz.

Und so wissen der Hans und die anderen Jungs nun endlich auch, warum ihnen ihr Meister für heute angeraten hatte, einen möglichst großen Hut mitzubringen.

Der Meister aber, wie er des Abends zu Hause neben seiner Ollen im Bette liegt und ihr belustigt vom heutigen Tagwerk berichtet, spricht da dann auch das mit aus, was er den ganzen Tag lang schon bei sich gedacht hatte:

- Sollen die doch mal sehen, die kleinen Klugscheißers, wie das geht, der Arbeiterklasse nahe stehen zu wollen!

Ziegel schmeißen


- Du holst Schwung, zielst auf die Nase von Deinem Nachbarn und dann schmeißt Du den Ziegel im hohen Bogen da hin!

Das spricht der Meister, wie seine Jungs an einem der anderen Ausbildungs-Tage wieder aufgereiht vor ihm und einem Ziegel-Haufen stehen.

- Dem auf die Nase???

Das fragt unser Hans sich und den Meister da natürlich gleich.

- Der Ziegel fliegt doch im Bogen! Erst hoch in die Luft, dann wieder runter. Und da fängst Du ihn auf!

Das spricht der Meister zurück und macht es seinen Jungs dann auch gleich vor. Lässt sich einen der Lernlinge paar Meter vor sich aufstellen, greift einen Stein, zielt auf die Nase des Lernlings und schmeißt.

Der Getroffene brüllt laut auf.

War ihm der Ziegel zwar nicht auf die Nase, doch aber auch nicht in die ausgestreckten Hände geflogen. Die nämlich hatten den Stein, ungeübt, wie sie noch waren, doch nicht fassen können und war der Ziegel-Batzen dem Jungling dann also wuchtig auf den Bauch geballert.

- Ja, das will geübt sein!

So kommentiert das der Meister und schmeißt dann auch gleich den nächsten Batzen. Der Angezielte schreit wieder auf. Ist das Wurf-Geschoss diesmal zwar nicht auf dem Bauch, dafür aber an seinem Schienbein gelandet. Na, irgendwann dann schafft er es doch, die angeflogen kommenden Batzen aufzufangen.

- Seht Ihr: So geht das!

Das ruft da zufrieden der Meister aus. Um dann gleich so fortzufahren:

- Dann drehst Du Dich um und schmeißt das Ding zum nächsten hin!

Haben sie sich also alle in einer Reihe aufzustellen, die Jungs – mit gebührenden Lücken dazwischen – und nun zu üben, wie das geht:

Schwung holen!

Auf des Nachbars Nase zielen!!

In hohem Bogen schmeißen!!!

Und wie die dann fliegen, die Stein-Ziegel! Zum Nachbarn hin, auch dem aber zunächst nicht in die Hände rein. Nein! Auf die Füße oder ans Schienbein oder einfach auf den Boden runter.

Bücken also, aufheben, das Ding, weiter schmeißen!

Eine ganze lange Stunde lang geht das so.

Bis dass der Ziegel-Haufen endlich auf die andere Hof-Seite umgezogen ist und es in ihnen Allen gleich auch diesen Rufe rufen will:

- Uff!

- Geschafft!

Was aber müssen die Jungs da dann ihren Meister sprechen hören?

- Zurück!

Die Jungs gucken komisch:

- Wohin denn zurück?

- Ihr seid doch gar nicht gemeint!

- Wer denn sonst?

- Die Ziegel …

Aha, der Haufen! Hat der nun also jetzt dahin zurück zu kehren, von wo er eben angeflogen gekommen war. Und machen sich die Jungs, geübt, wie sie nun schon bissel sind, gleich hurtig wieder ans Werk. Um dann aber, wie das vollbracht ist, ihren Meister gleich wieder das rufen zu hören:

- Zurück!

Den Jungs wird rot im Kopf. Und auch ihre Hände fangen ja langsam an, sich zu röten.

(Hatte ihr Meister beim letzten Mal doch „vergessen“, ihnen zu sagen, was diesmal mitzubringen sei: Lederne Handschuhe!)

Und so geht das dann den Tag lang ganz mit dem Haufen weiter:

Hin!

Her!!

Her!!!

Hin!!!!

Wieder und wieder:

Her und hin!!!!!!!!

Hin und her!!!!!!!!!!!

Und da fliegen dann ja nicht nur die Ziegel durch die Luft, sondern ziemlich oft auch dieses Wort in die Luft hinein:

- Aua!!!

Irgendwann dann nämlich sind ihre, wie sie in Sachsen heißen, „Pfoten“, unbehandschuht, wie sie sind, nicht nur rot, sondern auch heftigst beschädigt. Bei manchem gar blutig!

Und wie sie am anderen Tag in der Schule dann eine Klassen-Arbeit zu schreiben haben und das da noch „Füller“ geheißene Schreib-Gerät in die Hand nehmen und schreiben wollen, da gelingt das weder dem Hans noch manch anderem der Jungs ohne Schmerzen. So blutig besudelt, wie ihre Hände da noch sind …

Zur gleichen Zeit aber auch das noch:

LACH!

LACH!!

LACH!!!

Das freilich nicht in Hansens Klasse, sondern von einer ganz anderen Klasse her. Sitzen deren Angehörige doch gerade beim Frühstück und hat ihnen ihr Kollege, der Meister dieser komischen jungen Intelligenzler, eben erzählt, wie nahe seine Jungs gestern wieder ihrer Klasse zu stehen hatten …

Hii!

Hiii!!

Hiiiiii!!!!

Türler ve etiketler
Yaş sınırı:
0+
Litres'teki yayın tarihi:
23 aralık 2023
Hacim:
244 s. 58 illüstrasyon
ISBN:
9783969405512
Telif hakkı:
Автор
İndirme biçimi:
epub, fb2, fb3, ios.epub, mobi, pdf, txt, zip

Bu kitabı okuyanlar şunları da okudu