Kitabı oku: «Die Katholizität der Kirche», sayfa 5

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4.2.2.2Katholizität in heutiger reformierter Sicht

Heute ist das Prädikat „katholisch“ unter Reformierten weitgehend zu einer Leerstelle geworden. Während Gläubigen die Rede und das Verständnis von Katholizität gänzlich abhanden gekommen sind, stellen zumindest reformierte Theologen neuerdings Überlegungen zur Rückgewinnung einer im Zuge der Dekatholisierungstendenz des 19. Jahrhunderts verloren gegangenen reformierten Katholizität an.

Das zweite Helvetische Bekenntnis verlagert die Katholizität der Kirche gänzlich in den Bereich der unsichtbaren Kirche und reklamiert sie als rein geistige Größe, der alle sichtbaren Kirchen in Tat und Wahrheit entsprechen sollen.162 Alleiniges Symbol, das alle Kirchenglieder verbindet, ist das Wort Gottes. Diesem Verständnis geht eine Spiritualisierung der Catholica einher, die die Katholizität höchstens als einen Würdentitel verstehen lässt, der Gabe und Aufgabe zugleich ist. Vielen jedoch ist die Würde dieses Namens, die Ehre, zur „communio sanctorum“ zu gehören, verlustig gegangen. Die Reformierte Kirche versteht sich zwar als Denomination, die als „ecclesia militans im Streit um die Wahrheit des Evangeliums das Recht [hat,] sich auf den einen Namen zu berufen, der allein geheiligt ist und der allein heilig spricht.“163 Zugleich aber wird immer mehr ein Graben zwischen dem Glauben der Einzelnen und der Sozialgestalt der Kirche deutlich, der das Bewusstsein, zur einen Catholica zu gehören, subjektiv aufzulösen droht, wie es der Apostolikumsstreit des Kantons Zürich faktisch zur Folge hatte.164 Wo eine subjektivistische, privatisierte Form von Glauben um sich greift, kann die kirchliche Einheit nur noch als Geisteshaltung, Apostoliziät nur noch als Historie, Heiligkeit nur noch als Ethos und Katholizität nur noch als universales Prinzip der Vernunft verstanden werden.165 Die reformatorische „Ausblendung des Glaubens an die Kirche steht [jedoch] in der Gefahr, die Gabe der Kirche, eine ‚Haushälterin der Geheimnisse Gottes’ (1 Kor 4,1) zu sein, aus dem Blick zu verlieren […][, letztlich] den Glaubenssinn für die universale Kirche“166. Dies zu sein, ist nämlich nicht Aufgabe einer Konfession, sondern der gesamten ökumenischen Kirche167.

4.3Katholizität als Konfessionsbezeichnung

Wie auch immer die einzelnen Reformatoren ihr Kirchenverständnis ausprägten und den Begriff „katholisch“ gebrauchten: „Katholisch“ ist sowohl für die Reformatoren als auch für die reformierten Theologen der ersten Generation noch keine Konfessionsbezeichnung, sondern mehr ein „Gütesiegel“. „Katholisch“ wird primär als geistige Größe verstanden und nur sekundär auf die sichtbare Kirche übertragen, was die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen aus ihrer Sicht als „wahre“ Kirchen qualifiziert. Damit wird die bleibende Kontinuität zur alten Kirche betont und zugleich eine Abgrenzung zur „ecclesia Romana“ unterstrichen. Die eigentliche Bezeichnung, die man beibehalten wollte, war: „ecclesia apostolica catholica“, „christliche“, „allgemein katholische“168 Kirche.

Während ein mehr wesentliches Verständnis der Katholizität lediglich der unsichtbaren Kirche das Attribut „katholisch“ zubilligt, in der die einzelnen Konfessionskirchen geeint und somit indirekt katholisch sind169, fördert die institutionelle Deutung des Katholizitätsbegriffs in Folge Melanchthons die Identifizierung der sichtbaren lutherischen mit der einzig wahren katholischen Kirche. Schon bald gereicht „katholisch“ mehr und mehr zur Konfessionsbezeichnung, wovon absetzend sich die die reformatorischen Kirchen „lutherisch“ nennen und das ursprüngliche Begriffsverständnis von „katholisch“ aufgeben. Wegen der Gefahr der Verwechslung mit der „römischen“ Konfession ersetzen die meisten evangelischen Gemeinden das „katholisch“ im Apostolikum durch Wörter wie „christlich“, „allgemein“ oder in Kombination „allgemein christlich“, die ihrer Auffassung nach in gleicher Weise die Gemeinschaft der Catholica als alle Christen auf der ganzen Welt einende (unsichtbare) Größe zum Ausdruck bringen. Wo aber das Wort „katholisch“ aufgegeben wird, „um statt dessen ‚allgemeine Kirche’ zu sagen“, wird man – so folgert Henri de Lubac richtig – „damit unvermeidlich eine völlig andere ‚Kirche’ bezeichnen als die von Jesus Christus auf dem Fundament der Apostel gegründete und von dorther durch die Geschichte hindurch fortlebende: man […] [denkt] an eine ‚Kirche’ ohne Struktur, unsichtbar und diffus“170.

Eine beginnende Wiederbesinnung auf das Wesen der allen christlichen Kirchen zukommenden Katholizität setzt auf evangelischer Seite zu Beginn des 20. Jahrhundert ein unter anderem mit Beiträgen von Friedrich Heiler (1892–1967), Nathan Söderblom (1866–1931) und Paul Tillich (1886–1965), die selbstbewusst von einer „evangelischen Katholizität“ sprachen.171 Bedeutende evangelische Theologen machen derweil das Attribut „katholisch“ ganz selbstverständlich für die evangelische Kirche geltend (vgl. u.a. Karl Barth, Werner Elert, Ernst Kinder, Edmund Schlink, Ulrich Kühn, Gunther Wenz).172

4.4Katholizität in der nachtridentinischen Kontroverstheologie

Während das Konzil von Trient (1545–1563) keine nennenswerten ekklesiologischen Themen diskutiert, versucht die nachtridentinische katholische Kontroverstheologie mittels des Katholizitätsbegriffs auf die sich ausbreitende Reformation zu reagieren. Dabei verwendet sie den Begriff „katholisch“ fast ausschließlich polemisch.173

Bemüht man anfangs noch Aussagen der Bibel sowie die Lehren des Vinzenz von Lérins und des Augustinus, um nachzuweisen, dass die vier Wesensmerkmale in der (römisch-)katholischen Kirche voll verwirklicht sind, so führt man zunehmend die weltweite Verbreitung der Kirche, also deren rein quantitative Katholizität als alleiniges Argument an, um die „ecclesia Romana“ als die wahre Kirche Jesu Christi herauszustellen.174

Kardinal Robert Bellarmin (1542–1621), der wohl bedeutendste und noch das I. Vatikanische Konzil sowie die Enzyklika „Mystici Corporis“ Papst Pius XII. beeinflussende Kontorverstheologe dieser Zeit – von Medard Kehl als Begründer eines „veräußerlichten und verrechtlichten katholischen Kirchenbegriffes“175 bezeichnet –, betont im Zuge seiner pointierten juridischen Ekklesiologie176 die Hierarchie der Kirche und den Primat des Papstes. Seine Kirchendefinition lautet:

„Die Kirche ist die Vereinigung der Menschen, die durch das Band des Bekenntnisses desselben Glaubens und die Teilnahme an denselben Sakramenten unter Leitung der rechtmäßigen Hirten und besonders des einen Statthalters Christi auf Erden, des römischen Papstes, verbunden sind“177.

Diese institutionalisierte und unter die Autorität des Papstes gestellte Kirche als „societas perfecta“ – von Gott mit allen notwendigen „Heilsmitteln“ ausgestattet – garantiere seiner Meinung nach alleine den Wahrheitsgehalt der „vera Christi Ecclesia“, die notwendigerweise nur eine sein könne. Anhand des Bekenntnisses des wahren Glaubens („vinculum symbolicum“), der Gemeinschaft in den Sakramenten („vinculum liturgicum“) sowie der Unterordnung unter den Primat des Papstes („vinculum hierarchicum“) meint er die Kirchenzugehörigkeit genau verifizieren zu können. „Die ‚forma Ecclesiae’ kann nicht die fides interna sein, will man nicht eine unsichtbare Kirche konzipieren, sondern nur die fides externa, das äußere Bekenntnis des Glaubens“178. Für ihn ist die Kirche „eine Gemeinschaft von Menschen, die so sichtbar und greifbar ist wie die Gemeinschaft des römischen Volkes oder das Königreich Frankreich oder die Republik Venedig.“179 Sein Bestreben ist es, mit Gewissheit herauszustellen, wie und woran man die notwendig sichtbare wahre Kirche erkennen könne. In diesem Bestreben will er allerdings die Kirche nicht gänzlich in den Bereich des Sichtbaren verlagern, bleibt sie doch immer auch „regnum coelorum“, das übernatürlichen, göttlichen Ursprungs ist. Dazu rekurriert Bellarmin auf die vier alten notae ecclesiae, die er allein in der „ecclesia Romana“ verwirklicht sieht. Die dritte nota benennt er als „nomen catholicum“, das schon immer „nota“ der einen und wahren Kirche gegenüber allen sektiererischen Tendenzen gewesen sei.180 Neben der geographischen Dimension der Katholizität stellt Bellarmin deren Kontinuitätsgedanken heraus. Er postuliert, dass es für die geographische Katholizität genüge, dass „die Kirche im Lauf der Geschichte einmal bei allen Völkern Fuß [ge]fasst [habe]. Es […][sei] nicht nötig, dass sie auch stets dort bleibe.“181 Mittels dieser These bleibt die „ecclesia Romana“ ungebrochen die numerisch größte, älteste, ursprünglichste und damit einzig wahre Kirche, auch wenn sich die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen zahlenmäßig ausdehnen.

Als sich die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen immer mehr verbreiten, scheint die geographische Dimension der Katholizität als alleiniges antiprotestantisches Argument an Beweiskraft zu verlieren. Dies ruft bei einigen Theologen die offenbarungstheologische Dimension der Katholizität auf den Plan: Nicht die numerische Größe der Kirche sei allein ausschlaggebend, sondern auch der Grad ihrer Rechtgläubigkeit.182 Ungeachtet solcher Ansätze, die Bestimmung der Katholizität nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ zu füllen, setzt sich in der Hauptrichtung der Apologetik bis ins 19. Jahrhundert ein rein quantitativ bestimmtes Verständnis von Katholizität als Argument gegen die sich ausbreitenden Kirchen der Reformation durch, wonach die Catholica mit der „ecclesia Romana“ identifiziert wurde:

„Katholischerseits [wurde] vom Lehramt und von der Schuldogmatik fast einhellig die Auffassung vertreten, die Kirche als Leib Christi oder Volk Gottes sei schlechthin identisch mit der konkreten römisch-katholischen Kirche. Denn Kirche wurde definiert als die Gemeinschaft jener Glaubenden (congregatio fidelium), die (1) das christliche Glaubensbekenntnis annehmen, (2) die Sakramente empfangen und (3) die institutionell-hierarchische Einheit mit der katholischen Kirche wahren.“183

Dieses verengte Verständnis der Katholizität der Kirche gipfelt darin, dass die Begriffe „Katholizität“ und „Einheit“ ab Mitte des 19. Jahrhunderts komplementär verwendet werden. Die Katholizität der Kirche im Sinne ihrer universellen (geographischen) Ausbreitung gereicht zur Bedingung der Möglichkeit ihrer im Primat des Papstes garantierten und sichtbaren Einheit: „Die Einheit wird zu einem desto wirkungsvolleren Merkmal der Kirche, je weiter diese zeitlich und räumlich ausgedehnt ist. Indem die Katholicität zu der Einheit hinzukommt, gewinnt der Beweis für die Wahrheit der Kirche an Anschaulichkeit und Evidenz“184.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts bemühen sich Theologen wie Johann Sebastian Drey (1777–1853)185 oder Johann Adam Möhler (1796–1838)186, das (römisch-)katholische Katholizitätsverständnis aus seiner konfessionellen Verengung herauszuführen und die ursprüngliche altkirchliche Bedeutung von „katholisch“ wieder ins Bewusstsein zu heben.187 Johann Adam Möhler etwa sieht die Katholizität in enger Verflechtung mit der Einheit: Die Vielfalt in der Kirche, die als ihre Katholizität aufgefasst werde, besitze die Eigenschaft, „dass sie nicht aufgelöst werden […][könne], ohne dass die Teile, welche das Ganze konstituieren, mit diesem selbst zugrunde“188 ginge. Einheit und Vielheit der von Christus begründeten Kirche versteht Möhler als dialektisch einander zugeordnete Größen: Ein jeder Teil am Leib der Kirche lebt seines Erachtens aus dem Geist des ganzen Leibes, aus seiner Einheit heraus. „Die Einheit darf nicht im Sinne von Uniformität oder Gleichförmigkeit bestehen; sie muss eine die Vielheit und Mannigfaltigkeit involvierende Einheit sein, die durch den Nachfolger Petri repräsentiert wird.“189 Auch der kleinste Teil der Kirche ist als Folge ihrer Einheit katholisch und die Katholizität wesentlicher Bestandteil des „innern Seins und Lebens“ der Kirche, nicht nur ihre äußere (rein quantitative) Erscheinung;190 ihren letzten Grund hat die Katholizität in der Heilsfülle Gottes. Ausgehend vom Geheimnis der Inkarnation (hypostatische Union) erklärt Möhler den Grund der Sichtbarkeit der Kirche in der Analogie zur Fleischwerdung des göttlichen Logos und versteht die Kirche – in nicht unproblematischer Formulierung – als „andauernde Fleischwerdung“ des Wortes Gottes.191

In ähnlicher Weise versteht Hans Klee (1800–1840) die Heilsfülle Christi als Ursprung der Katholizität der Kirche und bestimmt sie zuerst qualitativ, dann – nachgeordnet – quantitativ:

„Katholisch ist die Kirche, weil und inwiefern sie in sich das Allgemeine und Ganze, Christi Wahrheit und Gnade in äußerer, zeitlich räumlicher Erscheinung, und für den ganzen Menschen und das ganze Menschengeschlecht aller Orten und aller Zeiten ist, alle in dieselbe eingehen sollen und können; auch in wiefern sie aufwärts alle Frommen in sich begreift, eine neue Offenbarung und Herstellung des Ursprünglichen ist, und alles Heilige auf Erden und im Himmel, die nicht gefallene Geisterwelt und die hergestellte Menschenwelt begreift“192.

In Folge ergänzt Friedrich Pilgram (1819–1890) den wieder zunehmend im ursprünglichen Sinne gebrauchten Begriff der Katholizität durch die schöpfungstheologische Dimension.193 Der Theologe Franz Adam Göpfert (1849–1913) unterscheidet deutlicher zwischen qualitativer und quantitativer Dimension der Katholizität und sieht die quantitative in der qualitativen begründet bzw. versteht sie als deren Ausdruck.194

Dass derartige Versuche einzelner Theologen, die der intensiven Katholizität wieder zu neuer Beachtung verhalfen, lehramtlicherseits eher weniger Beachtung fanden, zeigt die Enzyklika „Mystici Corporis“195 (1943). Zwar korrigiert Pius XII. ein bloß juristisches Verständnis der Kirche durch die Aufnahme biblischer Aussagen sowie pneumatologischer Begründungen. Dennoch greift er die seit dem Tridentinum bestimmend gewordene Ekklesiologie Bellarmins auf und zieht für sein Kirchenverständnis (Kirche als „Leib Christi“) die Zwei-Naturen-Lehre der Enzyklika „Satis cognitum“ Leos XIII. (1896) heran. Die fast ausschließlich von dem Jesuiten Sebastian Tromp verfasste Enzyklika greift den nach der Reformation zum Kennzeichen der protestantischen Ekklesiologie avancierten Begriff „corpus Christi mysticum“ auf und wendet ihn auf die Kirche an. Zugleich identifiziert sie die sichtbare (römisch-)katholische Kirche mit dem „corpus Christi mysticum“ im Sinne eines strikten „est“.196 Der universale (katholische) Horizont des Heils, in den Paulus seine Leib-Christi-Lehre im Kolosser- und Epheserbrief ursprünglich stellte, und damit die qualitative Dimension der Katholizität der Kirche kommen hierbei nicht zum Tragen.197 Da sich gegen die in „Mystici Corporis“ entfaltete untrennbare Einheit zwischen sichtbarer und unsichtbarer Kirche Widerspruch erhob, erneuerte Papst Pius XII. in seiner Enyklika „Humani generis“ (1950) seine Auffassung von der Identität des mystischen Leibes Christi mit der römisch-katholischen Kirche.

Zum Durchbruch eines wieder verstärkt qualitativen und damit ursprünglichen Katholizitätsverständnisses verhilft neben den theologischen Arbeiten von Henri de Lubac (1896–1991) und Yves Congar (1904–1995) vor allem die biblische und liturgische Bewegung. Dank der Rückbesinnung auf die Grundbedeutung der Katholizität treten im 20. Jahrhundert das in ihr ausgedrückte Heilsmysterium der Kirche und deren Heilsuniversalität wieder stärker in den Vordergrund:

„Die innere und qualitative Katholizität hat ihren Ursprung im trinitarischen Heilsplan, dem gemäß die Kirche das Instrument des allgemeinen Heilswillens Gottes sein soll. Darum ist sie so groß und wie Gottes Wille. Hier liegt ihre wesentliche Katholizität. Die äußeren Realisationen der Katholizität, ihre raumzeitliche Universalität werden nicht übersehen, aber sie stehen nicht beziehungslos da, sondern haben ihren Sinn, ihre Begründung und auch das Maß ihrer Verwirklichung im Gottesgeheimnis selbst“.198

Diese bedeutsame Rückbesinnung lässt das Zweite Vatinum (1962–1965) eine Ekklesiologie vorlegen, die die Vorstellung einer Identifikation der wahren Kirche Jesu Christi mit der (römisch-)katholischen Kirche zwar nicht aufgibt, diese aber weitet („subsistit in“):

„Christus hat seine heilige Kirche […] auf Erden als sichtbares Gefüge verfasst [.] […] Die[se] mit hierarchischen Organen ausgestattete Gesellschaft und der geheimnisvolle Leib Christi […] bilden eine einzige komplexe Wirklichkeit, die […] in einer nicht unbedeutenden Analogie dem Mysterium des fleischgewordenen Wortes ähnlich [ist]. Dies ist die einzige Kirche Christi, die wir im Glaubensbekenntnis als die eine, heilige, katholische und apostolische bekennen. […] Diese Kirche, in dieser Welt als Gesellschaft verfasst und geordnet, ist verwirklicht in der katholischen Kirche, die vom Nachfolger Petri und von den Bischöfen in Gemeinschaft mit ihm geleitet wird. Das schließt nicht aus, dass außerhalb ihres Gefüges vielfältige Elemente der Heiligung und der Wahrheit zu finden sind, die als der Kirche Christi eigene Gaben auf die katholische Einheit hindrängen.“ (LG 8)

Was dies für das Selbstverständnis der (römisch-)katholischen Kirche und ihre Katholizität sowohl nach innen wie nach außen bedeutet, soll im späteren Verlauf dieser Studie analysiert werden. Kommen wir zuvor noch auf das Katholizitätsverständnis der altkatholischen Kirche zu sprechen, die sich aus Protest gegen die dogmatischen Definitionen des Jurisdiktionsprimats und der päpstlichen Unfehlbarkeit des Ersten Ersten Vatikanums von der (römisch-)katholischen Kirche abspaltete.

4.5Katholizität nach anglikanischem Verständnis

Die Anglikanische Gemeinschaft vereinigt seit jeher unterschiedliche Typen christlicher Bekenntnisse. Der Tatbestand dieser sogenannten „comprehensiveness“ führt einerseits zu einem Reichtum an verschiedenen (katholischen wie evangelischen) Traditionen, verhindert andererseits eine einheitliche Dogmatik „der“ anglikanischen Kirchen sowie ein einheitliches Verständnis von Katholizität.199

Die Anglikanische Gemeinschaft versteht sich als „eine Familie von Kirchen innerhalb der universalen Kirche Christi, die an der apostolischen Lehre und Struktur festhält und in voller Sakramentsgemeinschaft miteinander und mit den Bischofssitzen von Canterbury und York steht.“200 Dabei sind Übereinstimmung im katholischen und apostolischen Glauben (der sich in Teilen liturgisch und lehrmäßig im „Common Prayer Book“ ausdrückt) sowie ihre bischöflich-synodale Verfassung mit Autokephalie der Ortskirchen und gleichzeitiger Kirchengemeinschaft untereinander (Lambeth-Konferenz seit 1867 als Synode sowie das damit verbundene Anglican Consultative Council seit 1970 ohne Legislative und Exekutive) Wesenszüge der Anglikanischen Kirche, die mehr eine moralische Größe denn eine ontologische Glaubensaussage darstellen.201 Die Anglikanische Gemeinschaft versteht sich also als ein Teil der einen „wahren“ Kirche, die als ein größeres Ganzes gedacht wird und nicht notwendiger Weise empirisch erkennbar sein muss.202

Während das Interesse am Verständnis der Katholizität während und kurz nach der Reformation auf anglikanischer Seite noch recht groß war, ebbte es im 17. und 18. Jahrhundert zunehmend ab. Eine Neubesinnung auf die Frage nach der Katholizität der Kirche erfolgte erstmals im 19. Jahrhundert im Zuge der Erneuerung der hochkirchlichen Bestrebungen und in der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen. Im Vordergrund steht fortan das Anliegen, die dogmatische Vielfalt sowie das Nebeneinanderbestehen evangelischer und katholischer Traditionen der anglikanischen Kirche im Sinne der „comprehensiveness“ in eine Synthese zu bringen. Während etwa Arthur Michael Ramsey203 das der anglikanischen Kirche aufgegebene Problem einer Einheit in der Vielheit strukturell aufzulösen versucht – er glaubt, in der Verfassung der Kirche („order“) das einigende und normierende Prinzip der Katholizität zu finden –, setzt Daniel Jenkins204 am Glauben der Kirche an („faith“) und sieht die Katholizität der Kirche in ihrer Kontinutität zur Lehre der Apostel begründet, wie sie in der Heiligen Schrift bewahrt ist.

Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg nehmen qualifizierte Theologen des hochkirchlichen205, evangelikalen206 und freikirchlichen207 Teils getrennt voneinander Stellung zur Frage nach einer einenden Synthese der unterschiedlichen Auffassungen. Der erste (hochkirchliche) Bericht betont die Institution („order“) der Kirche als das einigende Prinzip der Katholizität.208 Der zweite Bericht spricht Katholizität im Sinne von Heilsfülle („fullness“) jeder kirchlichen Gemeinschaft nur fragmentarisch zu. Die eigentliche Heilsfülle komme allen erst im Eschaton zu. Der dritte und letzte Bericht definiert die Katholizität der Kirche als die alles umfassende Fülle Christi, die nie in einer konkreten (sichtbaren) Kirche verwirklicht sein könne, sondern nur in der gesamten Menschheit, letztlich überall dort, wo Menschen an das Wort Gottes glauben und es in tätiger Liebe bezeugen.209

Das Prinzip der Katholizität bleibt in der anglikanischen Kirche demnach unterschiedlich definiert. Folglich eignet sich die Katholizität kaum, die unterschiedlichen Strömungen zu einer Synthese zu führen.

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