Kitabı oku: «Die Katholizität der Kirche», sayfa 8

Yazı tipi:

Im achten und letzten Kapitel der Kirchenkonstitution widmen sich die Konzilsväter der Mariologie und ihrer ekklesiologischen Bedeutung. Dreimal wird das Adjektiv „catholicus“ verwendet – jeweils im konfessionellen Sinn. In LG 53,1 ist von der „Catholica Ecclesia“ die Rede, wobei „katholisch“ wieder groß geschrieben ist. Ob dieser Befund zu vernachlässigen ist oder im Kontext der Änderung des ursprünglichen Titels gesehen werden muss („Über die selige Jungfrau Maria, die Mutter Gottes und die Mutter der Menschen“ wurde im Zuge der zweiten Sitzungsperiode in „Über die selige Jungfrau Maria, die Mutter der Kirche“ verändert), bleibt offen. Otto Semmelroth weist in seinem Kommentar darauf hin, dass der geänderte Titel in: „Maria, die Mutter der Kirche“ zwar „theologisch korrekt verstanden werden kann, […] [je]doch die Frage [offen bleibt], ob hier ‚Kirche’ so gesehen wird, wie es dem katholischen Kirchenbegriff entspricht.“273 So würde ein tatsächlich weiterer Kirchenbegriff in LG 53,1 im Sinne von „Catholica“ als Kirche Jesu Christi die Mariologie auch den nichtkatholischen Christen als ekklesiologisch bedeutsam vorstellen, was für die meisten aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen so nicht gilt. Also ist davon auszugehen, dass trotz Großschreibung hier von der katholischen Kirche im Sinne der Konfession die Rede ist, so wie auch in LG 54,1 von den katholischen Schulen („scholis catholicis“) und in LG 67,1 von der katholischen Lehre („catholicam doctrinam“) im konfessionellen Sinne gesprochen wird.

1.4Die Verwendung in OE

Im ebenfalls am 21.11.1964 verabschiedeten Dekret über die katholischen Ostkirchen lässt sich insgesamt neunzehnmal das Adjektiv bzw. Substantiv „catholicus“ (vgl. Titel; OE 1; 2; 4; Fußnote 7 zu OE 6; 18; 25; Fußnote 29 zu OE 24; 26; 27; 28; 30,1) finden.

Bereits die Überschrift des Dekrets „Decretum de ecclesiis orientalibus catholicis“ beinhaltet das Adjektiv „catholicus“; dieses wurde gegenüber der ursprünglichen Fassung aufgrund von über 100 Eingaben eingefügt274. Bernd Jochen Hilberath weist in seinem Kommentar darauf hin, dass der Begriff „catholicus“ hier weiter zu verstehen ist als die reine Denominationsbezeichnung „katholisch“ im Sinne von „römisch-katholisch“, da diejenigen Kirchen inkludiert seien, die „ursprünglich und im Wesentlichen im Osten (des Römischen Reiches) beheimatet […] [, wohl aber] mit der römisch-katholischen Kirche verbunden sind. […] Insofern diese Kirchen das Papsttum anerkennen, sind sie ‚römisch-katholisch’; insofern sie ihre eigene Liturgie, ihr eigenes Kirchenrecht haben, sind sie ‚bloß’ katholisch, spiegeln sie die katholische Vielfalt (quantitative Katholizität) innerhalb der römisch-katholischen Kirche.“275 Nach Hilberath kommt dem Begriff „katholisch“ hier also eine „weitere“ konfessionelle Bedeutung zu, so dass die „Enge“ eines rein „Römisch“-Katholischen in der „Weite“ der Katholizität aufgeht.

Faktisch war den Konzilsvätern damals die Chance geboten, Vertreter der mit Rom unierten Kirchen kennen zu lernen und so – im gegenseitigen Austausch und Ringen um Kompromisse – ein Stück „inner-römisch-katholischer Ökumene“ zu leben. Diese Form der Ökumene „nach innen“ als Ausdruck einer wohl verstandenen Katholizität „im Innern“ (Vielfalt in Einheit) kann als „Lernprozess“276 verstanden werden, dem sich die Konzilsväter stellten und den die Genese des kurzen, aber theologisch und ekklesiologisch bedeutsamen Dekrets widerspiegelt.277 Vor allem das Verhältnis von Universalkirche und Ortskirche war in den Beratungen um das Konzilsdokument immer wieder virulent, so dass das Schlussdokument sowie die vorbereitenden Beratungen für die bis heute aktuelle Diskussion wertvolle Impulse liefern und zu Recht als „Test der Katholizität“278 angesehen werden können. In diesem Zusammenhang sei der berechtigte Hinweis Hoecks betont, dass „es seine unleugbaren Vorteile und Vorzüge gehabt“ hätte, „die Abschnitte über die Partikularkirchen und die Patriarchalstruktur der Gesamtkirche […] in die dogmatische Konstitution über die Kirche und in das Dekret über das Bischofsamt einzubauen, um auf diese Weise eindeutig zum Ausdruck zu bringen, dass es sich hierbei […] um ur- und gesamtkirchliche Einrichtungen handelt“279.

Das im Vorwort des Dekrets verwendete „Ecclesia catholica“ (OE 1) ist konfessionell, also im Sinne von „römisch-katholischer Kirche“ bzw. „lateinischer Kirche“ zu verstehen. Hoeck kritisiert die hier evozierte Gegenüberstellung bzw. Asymmetrie von „Orientalium Ecclesiarum“ und „Ecclesia catholica“ als zu „paternalistisch“280, bestätige dies doch die von den Melkiten und anderen Konzilsvätern geäußerte Befürchtung, „dass die katholische Kirche über die orientalischen Kirchen wie über von ihr getrennte Entitäten spreche“281. Die mit Rom unierten Ostkirchen verstehen sich aber gerade nicht als „Gegenüber“ zur römisch-katholischen Kirche und schon gar nicht als Gegenüber zur Catholica, sondern als ein Teil von ihr. Hier klingt die bleibende Herausforderung der Kirche an, das Verhältnis von Ortskirche und Universalkirche als perichoretisch zu begreifen, als eine Einheit in Vielfalt und eine Vielfalt in Einheit, wobei dieses Verhältnis nicht nur theoretisch und sprachlich korrekt beschrieben, sondern auch in kirchlichen Strukturen konkret erfahrbar werden muss, soll es nicht bloßes Ideal sein.282

Artikel 2 nimmt zu Beginn die Universalkirche in den Blick, wenn sie von der „sancta et catholica Ecclesia“ spricht, die der „corpus Christi mysticum“ sei, bestehend „aus den Gläubigen, die durch denselben Glauben, dieselben Sakramente und dieselbe Leitung im Heiligen Geist organisch geeint werden und die […] Teilkirchen bzw. Riten bilden“ (OE 2). Hier klingen beide Dimensionen der Katholizität an: ihre intensive, in der Sakramentalität der Kirche fußende Fülle, sowie ihre extensive, in der in und aus vielen Ortskirchen existierenden Weite der Universalkirche.

Der erste Satz geht auf einen Gegenvorschlag des melkitischen Bischofs Edelby, Mitglied der vorbereitenden Kommission und der späteren Konzilskommission, zum Schema „De Ritibus in Ecclesia“ zurück, der mit seinem Gegenentwurf die Ekklesiologie der unierten Kirchen entfaltet. Edelby kommentiert den Beginn des Dekrets wie folgt:

„Von den ersten Zeilen an wendet unser Dekret eine Ekklesiologie der Universalkirche an, die diese beschreibt als eine Ekklesiologie der communio, der Präsenz des Mysteriums. Die Grundlagen sind: zuerst die Eucharistie als das gemeinsame Gut der ganzen Ortskirche; die Liebe, der Frieden, die Eintracht zwischen den Teilkirchen; die Liebe, die das gemeinsame Gut innerhalb der Universalkirche ist; die Kollegialität des Episkopats, unter dem Vorsitz der Koordination und Leitung durch den Primat des Bischofs von Rom. – So verstanden kann die Universalkirche als eine Gemeinschaft von Ortskirchen definiert werden, deren Einheit, ausgedrückt durch die Liebe und eingewurzelt in der Eucharistie, aufrecht erhalten wird durch das Kollegium der Bischöfe unter dem Primat des Papstes.“283

Der Artikel nimmt die Vielfalt der Orts- bzw. Teilkirchen innerhalb der einen Universalkirche in den Blick und beschreibt deren wechselseitiges Verhältnis. Dabei betont er, dass die Vielfalt der Orts- und Teilkirchen die Einheit der Universalkirche nicht gefährde, sondern sie vielmehr konkretisiere, d.h. erfahrbar und erlebbar mache.

Im zweiten Satz des zweiten Artikels ist von der „Ecclesiae catholicae“ die Rede. Das Adjektiv „catholica“ hier im „engeren“ konfessionellen Sinne zu lesen, also im Sinne von „lateinischer“ bzw. „römisch-katholischer“ Kirche284, macht durchaus Sinn, wird so doch der doppelte Vorsatz der lateinischen Kirche gegenüber den orientalischen Kirchen herausgestellt, die Tradition einer jeder Teilkirche zu wahren und sich selbst gemäß den Zeichen der Zeit (vgl. GS 4) zu entwickeln. Diese Lesart schreibt zugleich die (zwar beklagenswerte) Asymmetrie fort, die schon in OE 1 konstatiert wurde. Da auch die orientalischen Kirchen aufgerufen sind, die gleiche Offenheit, die sie für sich beanspruchen, anderen Teilkirchen zuteil werden zu lassen und sich gleichermaßen den Gegebenheiten der Zeit entsprechend weiterzuentwickeln, macht es durchaus auch Sinn, das „catholicae“ an dieser Stelle weiter, also im Sinne der die orientalischen Kirchen inkludierenden Universalkirche zu verstehen. Dass die Konzilsväter diese Intention (und innere Weite) bei der Wahl des Begriffs im Sinn hatten, ist eher unwahrscheinlich und lässt sich ohne weitere Nachforschungen nicht zweifelsfrei behaupten.

Wenn die begriffliche Interpretation der „Ecclesia catholica“ für uns zwar uneindeutig bleibt, so wird insgesamt jedoch nicht zu leugnen sein, dass OE 2 inhaltlich auf die der Kirche gegebene und zugleich aufgegebene Katholizität anspielt, die sowohl eine legitime Vielfalt in der Einheit als auch eine notwendige Einheit in der Vielfalt der einen Kirche Jesu Christi aussagt. Diese Interpretation wird dadurch gestützt, dass frühere Textentwürfe statt des Substantivs „unitas“ das Wort „catholicitas“ vorsahen, welches aber – wie Hoeck kommentiert – aus sprachlichen Gründen ersetzt wurde (Redundanz innerhalb einer Zeile).285 Somit bleibt für OE 2 zu resümieren: Das Konzil wertschätzt die katholischen Ostkirchen als Teilkirchen der Universalkirche, begegnet ihnen also auf Augenhöhe, da sie teilhaben an derselben qualitativen Katholizität, die in der Verbundenheit mit dem Stuhle Petri als Garanten der wahren Fülle gegeben ist und in ihrer quantitativen Katholizität zum Ausdruck kommt. Oder anders formuliert: In der Sicht der Konzilsväter sind die katholischen Ostkirchen Ausdruck der communialen Gestalt von Kirche („mirabilis communio“): „Ort der Begegnung, an dem alle Kirchen ihre Apostolizität wiederfinden, und zugleich […] Kennzeichen der Katholizität“286. Als solche können sie als „Prüfstein der Einheit im Glauben“287 angesehen werden, da an ihnen abzulesen ist, dass Kirche Einheit in Vielfalt ist und „die Vielfalt in der Kirche deren Einheit nicht nur nicht schadet, sondern sie vielmehr deutlich macht“ („ut varietas in Ecclesia nedum eiusdem noceat unitati, eam potius declaret“, OE 2,1).

Diese im ursprünglichen Wortsinne „katholische“ Sichtweise hat ihren Niederschlag – wie Hoeck vermerkt – auch in der Kirchenkonstitution gefunden, deren 23. Artikel vom zeitlich früher entstandenen 2. Artikel des Dekrets „Orientalium ecclesiarum“ beeinflusst wurde.288 Der vierte Abschnitt in LG 23 kommt nämlich ebenfalls auf die orientalischen Kirchen und Patriarchate zu sprechen und wertet deren „in eins zusammenstrebende Vielfalt“ („in unum conspirans varietas“) expressis verbis als Ausdruck der Katholizität der einen ungeteilten Kirche („indivisiae Ecclesiae catholicitatem“). Ein innerer Zusammenhang besteht auch zu LG 13,3 sowie zu UR 14,1 und UR 16,1.289

Drei weitere Belegstellen des Adjektivs „catholicus“ bzw. „catholica“ finden sich in OE 4,1: Hier ist die Rede von „einzelnen Katholiken“ („singuli catholici“) im konfessionellen Sinne, von „nichkatholischen Kirchen“ („Ecclesiae acatholicae“) im ebenfalls konfessionellen Sinne als Synonym für die „nicht-lateinischen Kirche“ sowie von der „Fülle der katholischen Gemeinschaft“ („plenitudinem communionis catholicae“) im extensiven Sinne als Synonym für die Weite der Universalkirche, die notwendige Folge ihrer intensiven Fülle ist (vgl. die „plenitudinem in unitate“ in LG 13,3). Inhaltlich kann OE 4 als „Ausführungsbestimmung“ des zuvor theologisch entworfenen Selbstverständnisses der Kirche als Communio aus mehreren Ortsbzw. Teilkirchen gewertet werden. In den Blick genommen wird vor allem die Frage der Rituszugehörigkeit bei einem Rituswechsel innerhalb der katholischen Kirche und bei Konversion in die katholische Kirche.

Fußnote 7 zu OE 6 verweist auf „die Praxis der katholischen Kirche zu Zeiten Pius’ XI., Pius’ XII. und Johannes’ XXIII.“ („Praxis Ecclesiae catholicae temporibus Pii XI, Pii XII, Ioannis XXIII“), die schon immer das rituelle Erbe der katholischen Orientalen zu pflegen und zu fördern versuchte; das „catholici“ bezeichnet hier wohl mehr die lateinische (römische) Kirche, die sich ihrer besonderen Fürsorgepflicht für die mit Rom unierten Ostkirchen bewusst sein soll und dies nach eigener Einschätzung in den Pontifikaten Pius XI., Pius XII. und Johannes XXIII. auch war.

OE 18 regelt das Aufheben der Formpflicht zum dennoch gültigen Zustandekommen einer Ehe zwischen katholischen Orientalen („catholici orientales“) – „catholici“ hier im „weiteren“ konfessionellen Sinne als Qualifizierung der mit Rom unierten Orientalen – und getauften, orientalen Nichtkatholiken („acatholicis prientalibus baptizatis“).

Fußnote 29 zu OE 24 verweist im Zuge der geforderten Pflege der ökumenischen Beziehungen zwischen den mit Rom unierten Ostkirchen und den orthodoxen Christen auf den „Tenor der Unionsbullen der einzelnen katholischen Ostkirchen“ („Ex tenore Bullarum unionis singularum Ecclesiarum orientalium catholicarum“). Dem „katholisch“ eignet hier die „weitere“ konfessionelle Lesart im Sinne der mit Rom unierten Ostkirchen.

OE 25 nimmt einzelne orthodoxe Christen in den Blick, die zur „katholischen Einheit“ („unitatem catholicam“) im Sinne der „weiteren“ katholischen Kirche (hier auch im konfessionellen, aber „weiteren“ (römisch-)katholischen Sinn zu verstehen) konvertieren. Ihnen wird nicht mehr abverlangt, als das „katholische Glaubensbekenntnis“ („fidei catholicae professio“) – hier konfessionell verstanden – einfordert.

OE 26 leitet mit theologischen Grundsätzen die in den folgenden Artikeln geregelte Sakramenten- und Gottesdienstgemeinschaft der katholischen Kirche („Ecclesia catholica“) – als Denominationsbezeichnung verwendet – mit den getrennten Ostkirchen ein.

OE 27 regelt die „Communio in sacris“, d.h. den Empfang des Sakraments der Buße, der Eucharistie sowie der Krankensalbung eines orthodoxen Christen innerhalb der katholischen Kirche („Ecclesia catholica“). Gleichermaßen wird Katholiken („catholicis“) erlaubt, dieselben Sakramente aus den Händen nichtkatholischer Geistlicher („ministris acatholicis“) zu empfangen, sofern die Sakramente in deren Kirche aus (römisch-)katholischer Sicht gültig gespendet werden und ein katholischer Priester („sacerdotem catholicum“) nicht erreichbar ist. Alle vier Belegstellen des Adjektivs „catholicus“ werden hier im konfessionellen Sinne verwendet.

Auch außersakramentale Feiern zwischen Katholiken („catholicos“) – konfessionell gebraucht – und getrennten Ostchristen sind, wie OE 28 feststellt, gestattet.

Das Schlusswort des Dekrets, OE 30, bringt unter anderem die Freude „über die fruchtbare und tatkräftige Zusammenarbeit der katholischen Ost- und Westkirche“ („Orientalium et Occidentalium Ecclesiarum Catholicarum“) zum Ausdruck. Hier wird „catholica“ wieder im „weiteren“ konfessionellen Sinne verwendet, wie es bereits der Titel des Dekrets tat: in der Weise nämlich, dass die Katholizität als Brücke zwischen Ost- und Westkirche erkannt wird, als Integral einer der Kirche eigenen communialen Einheit in Vielfalt und Vielfalt in Einheit, die im Verhältnis von Ost- und Westkirche exemplarisch zum Tragen kommt. Dies bringt die zweite Belegstelle in OE 30,1 inhaltlich zum Ausdruck, wenn hier das Ziel aller Bemühungen zwischen beiden Schwesterkirchen um die volle Einheit beschrieben wird, jener „Fülle der Gemeinschaft“ („plenitudinem communionis“) von katholischer Kirche („Ecclesia catholica“) und den getrennten Ostkirchen („Ecclesiae Orientales“) – „catholica“ hier wieder „enger“ im konfessionellen Sinne von „römisch-katholisch“ gebraucht –, der beide Kirchen entgegen gehen und die in der Fülle ihrer Katholizität gründet.

1.5Die Verwendung in UR

Ein weiteres am 21.11.1964 verabschiedetes Dekret ist dasjenige über den Ökumenismus, welches – wie Edmund Schlink mit Verweis auf die Relatio zur Vorlage der zweiten Fassung konstatiert – von „Lumen Gentium“ her zu lesen ist290. Das Dekret verwendet von allen Konzilsdokumenten am häufigsten, nämlich neunundvierzigmal, das Adjektiv bzw. Substantiv „catholicus“/„catholicitas“ (vgl. UR 1; 3,1.2.4.5; 4,1.3.4.5.6.7.8.10.11; 8,2.3; 9; 10,2.; 11,1.2.3; 13,3; 14,4; 15,4; 17,2; 18; 19,1.3; 20; 21,3; 23,3; 24,1.2).

Das erst in der letzten Fassung ergänzte Vorwort des Dekrets benennt die unmittelbare Förderung und langfristige Wiederherstellung der Einheit der Christen als wesentliche Hauptziele des Konzils (vgl. UR 1,1), deren innerer Motor in der von Christus gewollten Einheit und Einzigkeit des Christentums liegt.291 Die ökumenische Bewegung wird im zweiten Absatz als Werk des Hl. Geistes qualifiziert und als solche ausdrücklich gewürdigt als das vielfältige Bemühen vieler Christen um die „eine[…] und sichtbare[…] Kirche Gottes“ (UR 1,2). In UR 1,3 drücken die Konzilsväter ihre Freude über die ökumenische Bewegung aus; sie geben ihre Ausführungen „allen Katholiken“ („Catholicis omnibus“) – „catholici“ wird hier im Sinne der Denominationsbezeichnung „römisch-katholisch“ verwendet292 – als „Hilfen, Wege und Weisen“ (UR 1,3) an die Hand, damit diese sich ihrer Berufung zur Einheit hin bewusst werden und ihr öffnen.

Die folgende Überschrift des ersten Kapitels des Dekrets: „Die katholischen Grundsätze des Ökumenismsus“ („De catholicis oecumenismi principiis“) beinhaltet ebenfalls das Adjektiv „catholicus“; auch hier wird „katholisch“ im Sinne der Konfession „(römisch-)katholisch“ verwendet. Betrachtet man die lange Genese293 des Dekrets, fällt auf, dass im ersten Schema „De Oecumenismo“ vom 23.4.1963 gegenüber dem zweiten Schema vom 24.4.1964 und dem endgültigen Text die Überschrift des ersten Kapitels noch anders lautete, nämlich: „Die Grundsätze des katholischen Ökumenismus“ („De Oecumenismi catholici principiis“)294. Mag die formale Änderung auch marginal wirken, so ist mit ihr doch dasjenige untermauert, was inhaltlich bereits im Prooemium zum Ausdruck gebracht wird, dass nämlich das Konzil keinen „(römisch-)katholischen Alleingang“ in der Ökumene beschreitet, sondern die außerhalb ihrer selbst initiierte Ökumenische Bewegung, auch ohne Mitglied im Weltkirchenrat (ÖRK) zu sein, anerkennt und ausdrücklich begrüßt.295

In UR 2 ist nicht expressis verbis von der (römisch-)katholischen Kirche die Rede; zumindest sucht man in diesem Artikel das Adjektiv „catholicus“ vergeblich. Und doch ist davon auszugehen, dass die Konzilsväter die Auffassung vertreten, dass die hier beschriebene Kirche Jesu Christi in der (römisch-)katholischen Kirche subsistiert (vgl. LG 8). Im Zusammenhang mit der vom Schreiben der Glaubenskongregation: „Antworten auf Fragen zu einigen Aspekten“ (2007) wieder angestoßenen Diskussion um das „subsistit in“296 ist mit Feiner zu sagen:

„Da aber der Text deutlich sagt, dass die Kirche in der von Christus gewollten, insbesondere auch durch die Nachfolger Petri gewährleisteten Einheit durch die Zeiten schreite, lässt er auch keinen Zweifel, dass nach katholischem Glaube die Kirche Christi eben in der katholischen Kirche verwirklicht ist, die auch die erwähnten sichtbaren Elemente der Einheit aufweist. Trotzdem ist es für die folgende Darlegung entscheidend, dass hier Kirche Christi und katholische Kirche nicht einfach identifiziert werden und dass anstatt ‚Kirche Christi’ nicht einfach ‚katholische Kirche’ gesagt wird. Damit bleibt die Frage offen (die im folgenden Text beantwortet wird), ob die Kirche Christi nicht auch in anderen christlichen Glaubensgemeinschaften auf irgendeine Weise gegenwärtig sei. Wenn die Kirche, wie es in diesem Artikel geschieht, als Communio gesehen wird, d.h. als komplexe Gemeinschaftswirklichkeit, deren Einheit durch zahlreiche und verschiedenartige Faktoren bewirkt wird, so bleibt die Möglichkeit offen, dass sich auch in christlichen Glaubensgemeinschaften außerhalb der katholischen Kirche kirchenbildende Elemente vorfinden, die diesen Gemeinschaften kirchlichen Charakter verleihen. Die eine Kirche Christi kann also auch außerhalb der katholischen Kirche gegenwärtig sein, und sie wird insoweit präsent sein – und zwar auch sichtbar –, als einheit- und damit kircheschaffende Faktoren und Elemente wirksam sind. Würde die Kirche nur vom juristischen Begriff der Societas (perfecta) her beschrieben, […] so würde die Kirche an den Grenzen der katholischen Glaubensgemeinschaft aufhören und außerhalb deren gäbe es nur ‚Nichtkirche’. Wird die Kirche hingegen als Communio gesehen, zu deren Einheit verschiedene Faktoren zusammenwirken, so kann auch von dem, der die volle (wenn auch unvollkommene) Verwirklichung der Kirche Christi in der katholischen Kirche im Glauben festhält, die kirchliche Wirklichkeit außerhalb der katholischen Kirche erfasst werden. Diese Sicht entspricht dem ‚subsistit’ in der Kirchenkonstitution, das an die Stelle des früheren ‚est’ gesetzt wurde […]. Diese Formulierung der Kirchenkonstitution, die eine schlechthinnige Identifizierung von Kirche Christi und katholischer Kirche vermeidet, ermöglicht die Anerkennung des kirchlichen Charakters der nichtkatholischen christlichen Glaubensgemeinschaften.“297

UR 2 formuliert also, ohne ausdrücklich von der katholischen Kirche als sichtbarer Konkretion der wahren Kirche Jesu Christi zu sprechen, die Sichtweise der (römisch-)katholischen Kirche von der Kircheneinheit auf der Basis des von in LG 8 grundgelegten Selbstverständnisses und benennt diejenigen Faktoren, die aus ihrer Sicht zur kirchlichen Einheit notwendig sind. Von dieser so gelegten auf LG fußenden Grundlage her wird in den folgenden Artikeln sowohl das Verhältnis der getrennten Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften zur (römisch-)katholischen Kirche umrissen (Artikel 3) als auch die ökumenische Bewegung näher erläutert, und es werden Verhaltens- und Handlungsanweisungen an die (römisch-)katholischen Gläubigen gegeben (Artikel 4).

Artikel 3 verwendet insgesamt acht Mal das Adjektiv „catholicus“. Fünf Mal ist in UR 3,1 von der „katholischen Kirche“ („Ecclesia catholica“) die Rede und je einmal in UR 3,2 sowie UR 3,4; hier wird „catholicus“ jeweils im konfessionellen Sinne gebraucht.

UR 3,5 bringt mit der um „Christus“ erweiterten und in der Wortstellung veränderten Formulierung „die katholische Kirche Christi“ („catholicam Christi Ecclesiam“) sodann die Bezeichnung „katholisch“ im Sinne der qualitativen Katholizität ins Spiel. Dürfte diese Bezeichnung hier zwar synonym für die (römisch-)katholische Kirche verwendet sein, so wird doch deutlich, dass sich die (römisch-)katholische Kirche als die sakramentale Konkretion der Kirche Jesu Christi versteht, wodurch sie – in sakramentaler Weise – qualifiziert ist, „allgemeine Hilfe zum Heil“ („generale auxilium salutis“) zu sein, da man durch sie und in ihr „die ganze Fülle („omnis salutarium mediorum plenitudo“) der Heilsmittel erlangen“ (UR 3,5) kann. Für unsere Untersuchung scheint bezeichnend zu sein, dass sich die (römisch-)katholische Kirche hier weniger von ihrer rein quantitativen Weite und Ausgedehntheit her versteht, auch wenn diese Sichtweise in der in UR 3,2 explizierten und in UR 3,5 wieder aufgegriffenen Rede von den „Elementen“ bzw. „Gütern“ („omnia bona“) noch anklingen mag; im Vordergrund steht vielmehr ihre sakramental vermittelte qualitative Fülle, die „von Christus herkommt und zu Ihm hinführt“ (UR 3,2). Diese innere, sakramental vermittelte Gnadenwirklichkeit der (römisch-)katholischen Kirche begründet ihre qualitative Katholizität, die am Ende von UR 3,5 eschatologisch geweitet wird: „Obwohl dieses Volk [i.e. die (römisch-)katholische Kirche], solange seine irdische Pilgerschaft andauert, in seinen Gliedern der Sünde verhaftet bleibt, wächst es in Christus und wird von Gott nach seinen verborgenen Ratschlüssen sanft geführt, bis es freudig zur ganzen Fülle der ewigen Herrlichkeit im himmlischen Jerusalem gelangt.“ (UR 3,5). Es ist von der qualitativen Katholizität die Rede, die der (rö-misch-)katholischen Kirche als reale Größe zugesprochen wird, wenn der Dekrettext „konstitutive […] Lebensvollzüge als Ausdruck der inneren Gnadenwirklichkeit betrachtet. Dies geschieht schon in Lumen gentium nicht in einem additiven [quantitativen] Verfahren, sondern in einer ganzheitlichen [qualitativen] Sicht. […] Quantifizierendes Aufrechnen passt nicht zu einem organischen, qualitativen Verständnis von ‚Fülle der Katholizität’.“298

In Artikel 4 lässt sich acht Mal das Adjektiv „catholicus“ (UR 4,1.3.4.5.6), zwei Mal das Substantiv „catholici“ (UR 4,6.8) sowie drei Mal das Substantiv „catholicitas“ (UR 4,7.10) finden. Die Verwendung des Adjektivs „catholicus“ erfolgt zumeist im konfessionellen Sinne, wenn von den katholischen Gläubigen („fideles catholicos“, UR 4,1.5.11), der katholischen Kirche („Ecclesiae catholicae“, UR 4,3.6) oder der katholischen Familie („Familia catholica“, UR 4,5) die Rede ist.

Sicher meinen die Konzilsväter mit der „Ecclesia catholica“ in UR 4,3 die (römisch-)katholische Kirche im Sinne der Denominationsbezeichnung, verwenden das Adjektiv „catholica“ also auch hier vorzugsweise im konfessionellen Sinne. Im Kontext aber wird deutlich, dass dem „catholica“ hier neben seiner konfessionellen Bedeutung zugleich die qualitative Bedeutung von Katholizität im Sinne von „Fülle“ inhärent ist, wie wir es in ähnlicher Weise bereits für UR 3,5 angenommen hatten. UR 4,3 sagt in Form einer Glaubensaussage („credimus“) der Einheit („unitatem“) das in analoger Weise zu, was LG 8 bereits von der Kirche ausgesagt hatte, dass nämlich in der (römisch-)katholische Kirchen die Einheit der Kirche des Glaubensbekenntnisses auf sakramentale Weise unverlierbar („inamissibilem“) subsistiert („subsistere“). Die Kirchen und kirchlichen Gemeinschaften, so die Überzeugung der Konzilsväter, streben in der Ökumenischen Bewegung zwar gemeinsam die vollkommene kirchliche Gemeinschaft („perfectam communionem ecclesiasticam“) noch an, die in der einen gemeinsamen eucharistischen Mahlgemeinschaft („in una Eucharistiae celebratione“) ihren Ausdruck findet. Dennoch ist die von Christus geschenkte Einheit bereits unverlierbar, d.h. auch sichtbar in der (römisch-)katholischen Kirche verwirklicht, ohne dass diese aber der Fülle nach identisch ist mit der Einheit der einen und einzigen Kirche Jesu Christi. Vielmehr untersteht die der (römisch-)katholischen Kirche eigene Einheit dem eschatologischen Vorbehalt und muss selbst noch wachsen („crescere“).299

Unter der Voraussetzung, dass die Kirche Jesu Christi in der (römisch-)katholischen Kirche subsistiert, ohne mit ihr absolut identisch zu sein, und in der Annahme dessen, dass der (römisch-)katholischen Kirche daher ein Höchstmaß an Katholizität zukommt, ohne mit derjenigen der Kirche Jesu Christi identisch zu sein, könnte man das Adjektiv „catholica“ in UR 4,4, wo von der „vollen“ katholischen Gemeinschaft („plenam communionem catholicam“) die Rede ist, wieder in einem doppelten Sinne lesen, nämlich sowohl in einem rein konfessionellen Sinne als auch in einem die qualitative Katholizität anzeigenden Sinne. Aus dem Kontext heraus aber dürfte zu schließen sein, dass das Adjektiv „catholica“ hier wohl mehr die Konfession „(römisch-)katholisch“ anzeigt, in die Christen aufgenommen werden, wenn sie aus einer nichtkatholischen Konfession zu dieser übertreten. Wohl aber schwingt das qualitative bzw. quantitative Verständnis von Katholizität immer schon mit und weitet in gewisser Weise den Blick auf die anderen Konfessionen, denn die Rede von der „subsistierenden“ Einheit in UR 4,4 suggeriert, dass in anderen christlichen Konfessionen auch die katholische Gemeinschaft im Sinne von Fülle und Weite (Katholizität) gegeben ist, aber in nicht voller (absoluter, „plenam“), sondern eben in unvollkommener Weise.300

In UR 4,7 sprechen die Konzilsväter expressiv verbis von der Katholizität („catholicitatem“). Anders als in der Gegenreformation wird hier nicht ein rein quantitatives Verständnis der Katholizität im Sinne einer geographischen, universalen Ausbreitung der (römisch-)katholischen Kirche bemüht. Sondern die Konzilsväter stellen das altkirchlichliche, ursprünglich vor allem qualitative Verständnis der Katholizität der Kirche und die damit gegebene Frage nach einer rechten Verhältnisbestimmung von kirchlicher Einheit und Vielfalt in den Mittelpunkt ihrer Überlegungen. Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass spätestens mit dem Ausbilden und Erstarken eines zunehmend absolutistisch verstandenen Petrusdienstes ein hierarchisches Einheitsdenken in der (römisch-)katholischen Kirche Raum gewann, das eine zur Katholizität notwendig immer mitzudenkende Vielfalt und legitime Verschiedenheit immer mehr eingrenzte:

„Die der Kirche wesentliche Einheit wurde weithin mit Einförmigkeit, die Unitas mit Uniformitas gleichgesetzt. Das Ideal war die Durchsetzung der einen und gleichen römisch-lateinischen Liturgie und des einen und selben römischen kanonischen Rechtes in der ganzen katholischen Kirche und die möglichst weitgehende Beaufsichtigung und Leitung aller Gebiete des kirchlichen Lebens durch die römischen Zentralbehörden. […] Dass durch eine derartige uniformistische und zentralistische Praxis die echte qualitative Katholizität der Kirche beeinträchtigt wurde, wurde […][lange] nicht bewusst […]. Auf dem II. Vaticanum brach jedoch dieses Bewusstsein machtvoll durch. Die Reaktion gegen die bisherige Praxis geschah im Namen einer volleren Aktualisierung der Katholizität der Kirche, aus der Überzeugung, dass die praktische und nicht nur theoretische Anerkennung der aus der Schöpfung und aus der Gnadenfülle Christi stammenden Mannigfaltigkeit und Verschiedenheit unter den Völkern, Menschengruppen und Einzelmenschen keine Beeinträchtigung der echten Einheit der Kirche, sondern die Realisierung der ihr geschenkten Fülle bedeutet. Die häufige Feier nichtrömischer Liturgien während des Konzils durch Bischöfe der unierten Ostkirchen und das Eintreten dieser Konzilsväter für die Eigenart ihrer Kirchen trugen zweifellos nicht wenig zur Weckung eines katholischeren Bewusstseins bei.“301

₺1.944,64