Kitabı oku: «Mörderisches Kärnten», sayfa 2
»Das ist hart.«
Walter schien ihr nicht zuzuhören. »Erst das Finanzamt, jetzt die Kripo, die machen uns doch den Verein zua!« Er ließ sich zurück auf die Couch fallen. »Wie viel zahlt dir deine Zeitung?«
»Sagen wir mal so.« Wilma überschlug ein paar Zahlen. »Mit dem Mordfall, der an der Sache dranhängt, ist sicher auch die Krone interessiert. Vielleicht fragen noch ein paar Zeitungen nach. Da ist ein Tausender sicher drin. Ganz zu schweigen vom Karriereschub.«
Sie machte eine Kunstpause. Vermutlich lag sie völlig daneben, was die Bezahlung von freien Journalisten anging, aber Walter schien genauso wenig Ahnung zu haben wie sie.
»Okay.« Er schluckte. »Wie wäre es, wenn der Verein … Sonderausgaben hat?«
»Du willst mich doch nicht etwa bestechen?« Wilma öffnete den Mund und riss die Augen auf. Beim Ladendetektiv in den City-Arkaden in Klagenfurt hatte der Unschuldsblick funktioniert.
»Hör zu.« Walter rutschte auf der Couch nach vorn. »Das mit dem Geld ist kein Problem bei uns. Deshalb ja auch die ganze Finanzamtsgeschichte.«
So etwas hatte Wilma vermutet. Wenn sie sich in Walters Haus mit der schicken Einrichtung umsah, musste allein der Fernseher mehr als Wilmas Auto gekostet haben.
»Aber der Verein ist uns wichtig«, fuhr Walter fort. »Du würdest uns damit einen wahnsinnigen Gefallen tun.«
Gefallen tat Wilma gern. Das sollte sie ihrem Bewährungshelfer erzählen. Eine weitere gute Tat für die St. Veiter Höllenhunde.
»Sonderausgaben klingt gut«, nickte sie. »Sind auch hundertprozentig von der Steuer absetzbar.«
»Als Scheck oder in bar?«
So viel hatte der Mann bar bei sich herumliegen? Wilma kniff sich in den Arm. Einbrüche waren wirklich nicht mehr drin.
Sie nahm die Scheine in Empfang – und merkte sich nicht die Schublade, in der er sie liegen hatte –, dann gab sie Walter ein Küsschen auf die Wange. »Ich wünsch deinen Höllenhunden alles Gute.«
Er lächelte schief, als er die Haustür hinter ihr schloss.
Zurück im Auto verstaute Wilma das Geld im Geheimfach ihrer Handtasche und schickte Toni eine SMS. ›Hast was gut bei mir! Und ein Glaserl Aperol ist auch drin!‹ Dann startete sie den Motor und fuhr zurück zur Burg Hochosterwitz. Es war kurz nach sechs, Clara und Bernhard würden gleich Feierabend machen.
Sie hatte recht. Claras Auto stand noch auf dem Parkplatz und gerade, als sie daneben eingeparkt hatte, kamen die beiden Arm in Arm auf sie zugeschlendert.
»Was machst du denn noch hier?«, fragte Clara, nur um sich gleich darauf zu entschuldigen, dass sie vorher so empfindlich gewesen war. »Aber weißt, es ist ganz schlimm zu wissen, dass da einer gestorben ist.«
Wilma nickte und drückte ihren Arm. »Ist schon okay, Clara«, sagte sie leise. »Wie ist es denn passiert?«
»Was?« Clara riss die Augen auf.
»Ich weiß ganz sicher, dass du es warst. Genickbruch, hätt auch von einem Unfall herstammen können. Nach der Information ist mir dein Auto aufgefallen: Dein Nagellack hat nicht ganz den Rotton von deinem Wagen.« Wilma deutete auf die Stelle oberhalb der Stoßstange, die in einem anderen Rotton überlackiert worden war. »Als ich heute deinen Nagellack gesehen habe und wie sehr dich die Geschichte mitnimmt, hat alles einen Sinn ergeben.«
»Oh Gott, ich wollte das doch nicht!« Clara schlug die Hände vor das Gesicht, Bernhard nahm sie schützend in den Arm.
»Es war nicht ihre Schuld, wirklich nicht«, verteidigte er seine Freundin. »Wir waren die letzten und sind losgefahren und auf einmal springt dieser depperte Kerl aus den Büschen uns direkt vor die Motorhaube!«
»Ich bin doch ganz langsam gefahren«, weinte Clara. »Er hätt’ höchstens einen verstauchten Knöchel haben sollen.«
»Aber dann ist er unglücklich gefallen«, ergänzte Bernhard.
»Und wer von euch beiden hatte die Idee mit dem Seil?«
»Ich«, gab Bernhard zu. »Damit dachte ich, könnten wir sie auf eine falsche Fährte locken. Wenn es aussieht wie ein Mord, kommen sie nicht drauf, dass es ein zufälliger Unfall war.«
Da hatte Bernhard tatsächlich Nerven bewiesen. Wilma machte sich eine mentale Notiz, beim nächsten Notfall Bernhard anzurufen.
»Und was passiert jetzt?« Clara schnäuzte sich lautstark in ein Taschentuch und sah Wilma aus tränennassen Augen an.
»Folgendes.« Wilma holte ein Stück Papier und einen Stift aus ihrer Handtasche. »Ich schreibe euch eine Adresse auf, da werden keine Fragen gestellt, da lasst ihr Claras Wagen ordentlich lackieren. Und dann werdet ihr den Rest eures Lebens anständige und gute Menschen sein. Waisenkinder adoptieren. Ehemaligen Kriminellen eine zweite Chance geben. So etwas.« Wilma drückte Bernhard den Zettel in die Hand, gab Clara noch einen flüchtigen Kuss auf die Wange und stieg in ihr Auto. Schon war die Welt wieder ein besserer Ort. Hochzufrieden mit sich selbst machte Wilma sich auf den Weg zum Termin mit ihrem Bewährungshelfer. Noch ehemaliger als sie konnte eine ehemalige Kleinkriminelle gar nicht sein. Ehrenwort.
Freizeittipps
1 Burg Hochosterwitz: Weithin sichtbar eine der eindrucksvollsten Burganlagen und Hauptattraktion Kärntens im Privatbesitz der Familie Khevenhüller. Erste urkundliche Erwähnung als castrum (Burg) um 1200. Ein Erlebnis ist der Aufstieg zur Burg über den um den Felskegel geschlungenen Fußweg durch 14 individuell gestaltete, wehrhafte Torbauten hindurch (alternativ Schrägbahn), wobei jedes Tor einen Namen und seine Besonderheit hat. Nahezu uneinnehmbar bot sie der Bevölkerung beispielsweise in den Türkenkriegen Zuflucht. Hochburg mit Söller, Bergfried und Zisterne. Sehenswerte Wand- und Deckenmalereien in der Burgkapelle. Burgmuseum. Gaststätte im Burghof. Zahlreiche kulturelle Veranstaltungen wie das Akkordeonfestival im Juli und August.
2 Magdalensberg: Mittelalterliche Filialkirche der Heiligen Helena und Maria Magdalena am Gipfel des Aussichtsberges mit eindrucksvollem Fernblick über das Zollfeld und das Klagenfurter Becken.
Gipfelhaus Magdalensberg mit Hotel und empfehlenswertem Restaurant. Ideal auch als Familienausflugsziel mit großem Erlebnisspielplatz, Kinder-Gokarts, Tiergehege. Im Winter Rodelbahn.
3 Perchtenläufe und Krampusumzüge: Die Perchten (Schicksalsfrauen, weibliche Masken- und Sagengestalten) trieben ursprünglich zum Jahreswechsel, meist Anfang Januar, den Winter aus, verschmolzen aber zunehmend mit den Krampussen als Begleiter des Nikolaus. Ab Anfang November bis Dezember finden in verschiedenen Orten Kärntens zu fixen Terminen spektakuläre Schauläufe statt, wobei meist mehrere schaurige Perchtengruppen mit tollen Showeinlagen (Feuer etc.), Riesenglocken, Ketten und Ruten für den nötigen Nervenkitzel sorgen. Als Besucher ist man hinter den Absperrungen recht sicher – nur werden die am Ende des Laufes gerne aufgehoben … Rette sich, wer kann!
Hinweis: Kleinen Kindern gegenüber zeigen sich die meisten Perchten sehr freundlich, lassen sich streicheln und nehmen selbstverständlich auch ihre furchterregenden Kopfbedeckungen ab, um zu beweisen: Alles nur Verkleidung!
4 St. Veit an der Glan: Residenzstadt der mittelalterlichen Herzöge, bis 1518 Landeshauptstadt von Kärnten. Altstadt mit mittelalterlichem Kern, Reste der Stadtmauer, Herzogburg. Außerhalb der alten Stadtmauern ehemaliges Bürgerspital mit Spitalskirche (Oktoberplatz 5) aus dem 14. Jahrhundert.
Ausflugsziele und Freizeittipps
Ca. 40 Wander- und Rundwanderwege im Raum St. Veit. Besonders lohnenswert ist eine Wanderung zum Schloss Frauenstein (spätgotische Wasserburg, Privatbesitz), zu den Kraiger Schlössern (Burgruinen, mittelalterliches Aquädukt zwischen Hoch- und Niederkraig), zur Burgruine Nussberg und zur Feste Freiberg.
Heilige Dreifaltigkeit (Schaumboden, Gemeinde Frauenstein): Wallfahrtsort. Einzige Holzblockbaukirche Kärntens. Kräutergarten mit mehr als 300 Kräutern mit Führungen zur Volksheilkunde.
Kraigerberg: In der Zeit der Gegenreformation zogen sich viele Protestanten nach Eggen (Gemeinde Frauenstein) am Kraigerberg zurück, sehenswert sind ein altes Gehöft und die evangelische Kirche. Wanderwege, Aussichtslage. Empfehlenswert ist die Buschenschenke Zietner mit schönem Gastgarten und Kinderspielplatz, Zwein 4.
Wimitztal – Goggausee: Der idyllische, kaum besiedelte Wimitzgraben mit Moorlandschaft, ideal für einen Ausflug mit dem Fahrrad oder als Wanderung, führt ausgehend von St. Veit (über die Ortschaft Kraig mit mittelalterlicher Pfarr- und Propsteikirche, wehrhafter Friedhofsmauer, Wehrturm, gotischem Propsteihof) zum kleinen Goggausee (Badesee im Landschaftsschutzgebiet).
Frei- und Hallenbad mit sehr schöner Saunalandschaft.
St. Veiter Wiesenmarkt, traditionelles Volksfest (Michaelimarkt) Ende September/Anfang Oktober. Turbulenter Jahrmarkt mit Vergnügungspark. Freier Eintritt.
5 Hauptplatz: mit spätgotischem Rathaus, Walther-von-der-Vogelweise-Brunne, Pestsäule sowie einem Museum für Verkehrs- und Stadtgeschichte.
6 Kirchplatz: nahezu quadratischer Kirchplatz. Urkundlich ab 1131 erwähnte Stadtpfarrkirche mit einem romanischen Karner (Beinhaus).
7 St. Georgen am Längsee: Stift St. Georgen (1002 gegründet) – wird heute als Bildungshaus, Seminarzentrum, Hotel und für kulturelle Veranstaltungen genutzt. Strandbad, zusätzlicher FKK-Bereich. Wanderwege.
Kaltes Schicksal
Region Oberkärnten/Weissensee
Dorothea Böhme
»Und nimm ja genug Teelichter mit!«, rief seine Mutter ihm hinterher, als Robert schon fast aus der Tür war. Als ob er Teelichter vergessen würde. Seit Jahren, ach, Ewigkeiten war er in Eva verliebt, jetzt hatte er endlich ein Date mit ihr und natürlich alles bis ins kleinste Detail geplant. Gut, dass seine Mutter von dem Date erfahren hatte, war nicht geplant gewesen, aber die kriegte einfach alles raus, und als er sie nach ihrem Kuchenrezept gefragt hatte, hatte sie nur die Augenbrauen hochgezogen und gesagt: »Eva gibt dir eine Chance?« Woher zum Kuckuck sie das wusste … Egal. Robert schnallte den Picknickkorb auf dem Beifahrersitz seines Golfs an, blies sich auf die kalten Finger und startete dann den Wagen.
Heute war der große Abend, und es musste romantisch werden. Als Mitglied im Eislaufverein und begeisterter Hockeyspieler fand er, dass ein Picknick auf dem jetzt endlich vereisten Weißensee 8 – natürlich auf einer dick isolierten Decke – genau das Richtige war, um Evas Herz zu erwärmen. Von Winklern 9 bis zum Westufer des Weißensees dauerte es durch das obere Drautal 10 eine knappe Stunde, in der Robert leise Rockmusik aus dem Autoradio laufen ließ.
Er parkte seinen Wagen, führte Eva hinaus auf die Eisfläche – die größte Eisfläche der Alpen! – und packte seinen Picknickkorb aus: Teelichter, Rosen und Glühwein aus der Thermoskanne, dazu der leichte weiße Schneeschimmer auf der Eisfläche, gemütlich eingebettet zwischen den bewaldeten Anhöhen, perfekt. Wenn das nicht romantisch war.
»Wow, Robert, das ist ja megacool.« Eva strahlte ihn an. Das war fast schon Lohn genug. Er strahlte zurück.
»Bitte, setz dich doch.« Er breitete die Thermodecke aus und stellte den Picknickkorb daneben. Während Eva ihren Schal etwas enger um sich wickelte, stellte Robert die Teelichter auf, schenkte Glühwein ein und versuchte seine Nerven zu beruhigen. Fünf Jahre war er schon in Eva verliebt, die meiste Zeit davon hatte sie einen Freund gehabt, und jetzt hatte er seine Chance, die eine, die er nicht vermasseln durfte. So viel zum Thema ›Nerven beruhigen‹. Robert zündete das letzte Teelicht an und drehte sich zu Eva. Sie hatte den Schal übers Kinn nach oben gezogen, die Kapuze über die Stirn ins Gesicht, aber sie lächelte immer noch.
Er drückte ihr ein Häferl Glühwein in die Hand, legte seine Hände um den eigenen Becher und rutschte zu ihr hinüber.
»Du, Eva …«, begann er. »Was ich dir schon ganz lange sagen wollte …«
Jetzt oder nie. Die Stunde der Wahrheit. Eva sah ihm in die Augen, dann zur Seite aufs Eis.
»Also … ich … Weißt du, ich glaub, ich bin ganz, ganz furchtbar in dich … «
Eva schrie. Eva schrie auf, dann schrie sie weiter, sie schrie und schrie.
»Aber … also …« Robert fuhr sich durch die Haare. Was war denn jetzt los? War eine Liebeserklärung denn so schlimm?
Eva schnappte nach Luft, eine kurze Pause, dann schrie sie wieder. Erst jetzt bemerkte Robert, dass ihr Blick auf das Eis direkt neben ihrer Decke gerichtet war. Und dort, von zwei Teelichtern warm bestrahlt, war der Schnee geschmolzen und einer glänzenden Eisfläche gewichen, unter der ein Gesicht nach oben starrte.
»Oh mein Gott!« Jetzt schnappte auch Robert nach Luft. Geistesgegenwärtig zückte er sein Handy, um die Polizei zu rufen. Viel zu spät fiel ihm ein, dass er einen Arm um Eva legen könnte, um sie zu beruhigen, zu trösten, einen starken Freund abzugeben. Nur, wie sollte er das anstellen? Er rückte etwas näher an sie heran. Vorsichtig legte er eine Hand auf ihren Unterarm, doch bevor er sich überlegen konnte, den anderen Arm ganz um sie zu legen, konnte er schon die Polizeisirene hören.
»Was habt’s denn ihr hier veranstaltet?«, fragte einer der beiden Streifenpolizisten, die als Erste am Tatort eintrafen.
Robert zuckte leicht verlegen die Schultern. Die Teelichter hatte er angelassen, damit man im Dunkeln etwas sehen konnte, die Decke und den Glühwein aber schon zurück zum Auto gebracht. Nach Romantik war ihm nicht mehr.
Eva zeigte mit zittrigen Fingern auf die Stelle einige Meter entfernt, die Robert mit drei Teelichtern markiert hatte. Der Polizist pfiff durch die Zähne, während sein Kollege auf dem Handy herumtippte, um Verstärkung anzufordern. Mit klaren Instruktionen an die Feuerwehr.
Herrje. Die Freiwillige Feuerwehr, da gehörte Robert ja auch dazu. Musste er nun bei einem Einsatz mitmachen? Sein Handy klingelte. Und wer kümmerte sich um Eva?
»Griaß Gott.« Ein noch recht junger und, soweit Robert das beurteilen konnte, gutaussehender Polizist in Zivil kam auf sie zu. »Martin Fleischhauer, Mordkommission, Sie haben die Leiche gefunden?«
Eva nickte. »Unter dem … unter dem Eis. Da hat mich sein Gesicht angestarrt. Es war so …« Mit einem kleinen Schluchzer brach sie ab, und Fleischhauer war sofort bei ihr, legte behutsam einen Arm um ihre Schulter und versprach ihr, die Polizeipsychologin zu rufen.
»Aber du kannst auch gern mit mir reden!« Robert drängte sich an Evas andere Seite und schubste den Polizistenarm von ihrer Schulter. Heute war sein Date mit Eva.
In diesem Augenblick kamen die Burschen von der Freiwilligen Feuerwehr. Wohl oder übel, er musste Eva los- und der Obhut des Kieberers überlassen. Es gab Arbeit.
»Na, dann sägen wir unsern Haberer mal aus dem Eis!«, rief Michi. Die anderen grölten zustimmend. Der ein oder andere hatte schon etwas getankt, kein Wunder, es war ja auch Freitagabend. Mit allen Vorsichtsmaßnahmen, um ja keinen Einbruch zu riskieren, brauchten sie über eine Stunde, um den Toten aus dem Eis zu schneiden. Eva war schon längst nach Hause gefahren, fürsorglich vom Polizisten Fleischhauer in einen Streifenwagen gesetzt worden, während ihr Robert nur aus der Ferne winken konnte.
»Na, da hat die Eva ja an Kavalier gefunden«, witzelte der kleine Hannes.
Robert presste die Zähne zusammen. Was bildete sich dieser Fleischhauer ein? Fünf Jahre hatte er selbst gewartet und der stolzierte einfach so daher mit seinem Titel, der Herr Inspektor.
»Ja, sag mal!«, rief Michi plötzlich, der nicht nur ebenfalls bei der Freiwilligen Feuerwehr, sondern auch mit Robert im gleichen Hockeyteam war. »Ist das net der Josef?«
Tatsächlich. Der Tote, den sie da gerade aus dem Eis geschnitten hatten und der nun sorgfältig von der Polizei untersucht wurde, war ihr Stürmer.
»Den hab i eh schon zwei Wochen net mehr gsegn«, murmelte Robert. Vor zwei Wochen hatten sie ein Spiel gegen die Villacher 11 gehabt, bei dem es hoch her gegangen war, seitdem war Josef nicht mehr beim Training gewesen, auf dem Handy hatten sie ihn auch nicht erreicht.
»Wahnsinn, i glab, i tram!«
Nun wurde die Polizei hellhörig. »Sie kennen den Toten?« Fleischhauer kam mit einer Kollegin zu ihnen hinüber.
»Der Josef Lechner, auch aus Winklern, unser bester Stürmer im Hockeyteam.«
Die folgende halbe Stunde verbrachten sie damit, der Polizei von Josef zu erzählen, wobei Robert zugegebenermaßen am wenigsten wusste, Josef war einer der älteren Burschen gewesen und hatte nicht zu seinem engeren Freundeskreis gehört. Traurig war es natürlich trotzdem, nun zu wissen, dass er tot war, herzlos war Robert ja nicht. Nur ziemlich durchgefroren und enttäuscht. Den Abend hatte er sich anders vorgestellt.
»Wie siehst du denn aus?«, fragte ihn seine Mutter, als er gegen halb elf heimkam. »Und wieso bist überhaupt schon so früh wieder da? Ich dachte, du gehst mit Eva vielleicht noch irgendwo in ein warmes Café?«
Robert war nicht nach Reden, also verschwand er in seine Dachwohnung mit dem Versprechen, ihr beim Frühstück alles ausführlich zu erzählen.
Der nächste Morgen brachte einen Telefonanruf von Eva. »Ich wollte mich nur bedanken für gestern«, sagte sie. »Es war ja nicht deine Schuld, dass der arme Josef dort eingefroren lag. Martin sagt …«
»Geht’s dir denn besser?«, unterbrach Robert. Was Martin sagte, wollte er gar nicht wissen!
»Ja, schon. Ich hab mich in die Badewanne glegt und noch an haßen Kakao getrunken. Albträume hatte ich trotzdem. Ich hoff, Martin findet den Mörder schnell.«
Schon wieder Martin! Moment. »Mörder?«
»Ja, hast das noch nicht gehört? Josef ist erschlagen worden, das war die Todesursache. Wie hat Martin das gsagt? ›Mit einem stumpfen Gegenstand auf den Hinterkopf.‹ Nur wer und warum, das ist natürlich die Frage.«
»Na, das wird die Polizei dann ja bald aussafinden.«
»Ich denk auch! Der Martin hat schon die brenzligsten Fälle gelöst.«
Da hatte Roberts Herz im ersten Augenblick bis zum Hals geschlagen, als er Evas Namen auf dem Handydisplay gelesen hatte, und dann sprach sie nur von diesem Kieberer. Missmutig beendete er das Gespräch, nur um seiner neugierigen Mutter in die Augen zu blicken.
»Ach, Mama, i kann jetzt net.« Er schnappte sich seine Jacke und die Autoschlüssel und verschwand erst einmal zum Michi.
»Mann, das war ja was gestern.« Sein Freund stellte ihm eine Tasse Kaffee hin. »Die Milch ist leider sauer, aber Zucker hob i noch irgendwo.« Er kramte in diversen Schubladen und förderte schließlich zwei Kaffeehaus-Zuckerpäckchen zutage. »I mein, echt, Josef, wow. Nicht, dass i ihn so wahnsinnig gern ghobt hätt’, er war schon ein bisserl ein Arschloch, aber Chancen auf den Sieg nächste Woche haben wir ohne ihn nicht.«
Robert zuckte mit den Schultern. Er hatte selbst ein schlechtes Gewissen, dass ihn Josef so wenig interessierte. »Wie fandest denn diesen Fleischhauer?«
»Den Kriminalinspektor? Da frag mal lieber Eva.« Michi lachte.
»Der hat sie ganz schön angebraten, oder?«
»Sie war ja auch ziemlich durcheinander. Ist sicher net schön, so Aug’ in Aug’ mit einer Leich’.«
»Aber muss er sie gleich anfassen? Hallo, schöne Frau, ich bin Kriminalinspektor. Dass er sich nicht selbst blöd vorkommt mit der Masche.«
»Ah.« Michi nickte. »Eifersüchtig, hm?«
»Was? Ich? Quatsch. Auf den Vollkoffer? Im Leben nicht!« Robert lehnte sich zurück. Jetzt fühlte er sich besser. Was dieser Fleischhauer sich einbildete.
Michi grinste. »Ist klar, Robbie. Was sagt denn Eva zu dem? Hast schon mit ihr gesprochen?«
»Die ist ja sooo beeindruckt. Martin hier, Martin dort.«
»Martin?« Michi zog eine Augenbraue hoch. »Oh, oh.«
»Ach, halt die Goschn.«
Michi lachte wieder, dann schlug er Robert auf die Schulter. »Nimm’s net so tragisch. Du bist ein toller Kerl.«
»Aber nur Fliesenleger.« Schnell nahm er einen Schluck Kaffee. Das war ihm so herausgerutscht. Eva studierte, Psychologie, da war ein Kriminalinspektor natürlich was Besseres.
Michi war einen Augenblick still, dann kniff er die Augen zusammen. »Weißt was, Robbie? Du zeigst diesem Lakl von der Polizei einfach, wo der Hammer hängt, dann hat er keine Chance mehr bei Eva.«
»Ja klar.« Robert sah in seinen Kaffee. »Und wie?«
»Immer Onkel Michi fragen, i hab die Lösung.« Er stand auf, holte eine geöffnete Packung Lebkuchen aus dem Schrank und legte sie auf den Tisch. »Du, mein lieber Freund, wirst diesen Mord klären.«
»Bitte was?«
»Ganz anfach. Wir kennen Josef aus dem Verein, wir wissen, mit wem er unterwegs war, wer ihn leiden konnte, wer nicht. Wir haben einen riesigen Vorsprung vor der Polizei. Wir kriegen raus, wer ihn hamgedraht hat, und der Herr Kriminalinspektor ist Geschichte.« Er grinste breit.
»Du bist doch verrückt.«
»Außerdem, ist deine Tante nicht auch bei der Kriminalpolizei? Das liegt dir quasi im Blut!«
Robert schob seine Kaffeetasse weg. Michis Vorschlag … war interessant. Und Tante Irene hatte ihm schon öfter mal bei einer Zigarette von der Polizeiarbeit erzählt. Er knabberte auf seiner Unterlippe.
»Na was?«
»Na okay.« Robert hob die rechte Hand und Michi schlug ein.
»Wir lösen den Mordfall.«
»Wie fangen wir an?«
Michi zückte sein Handy. »Als Erstes sprechen wir mit der ganzen Mannschaft. Wir wissen ja noch nicht amal, seit wann Josef überhaupt verschwunden ist.«
»Wieso ist das eigentlich niemandem aufgefallen?« Das hatte Robert gestern schon gewundert. »Der See friert schon seit einer guten Woche zua, das heißt, er muss vorher hineingeworfen worden sein. Und das hat niemand gmerkt, dass er so lang net da war?«
»Super, Robbie, du hast ein kriminalistisches Gespür. Das ist genau dein Ding!« Michi grinste.
Sie trommelten die Burschen für den Abend im Tauernstüberl zusammen, nach den Neuigkeiten des Vortags wollte jeder wissen, was passiert war, und alle sagten zu.
»Josef, unser bester Stürmer seit 30 Jahren, ist ermordet worden«, eröffnete Michi das Treffen, nachdem jeder etwas zu trinken bestellt hatte. »Und Robert wird aussafinden, wer’s war.«
Damit richteten sich alle Augen auf Robert, der nach dieser Erklärung alle Mühe hatte, zurück zum Thema zu finden.
»Ja, äh, also … ihr kennt – kanntet – Josef alle. Erst einmal sammel i alle Informationen, die uns einfallen.«
Während des Essens erstellte Robert eine Liste mit Daten: Wer war Josef wann zum letzten Mal begegnet. Offenbar war das Spiel gegen die Villacher zwei Wochen zuvor für alle der Augenblick gewesen, an dem sie Josef zuletzt gesehen hatten.
»Das wird als unser denkwürdigstes Spiel in die Vereinsgeschichte eingehen«, orakelte Michi. »Net nur das härteste Spiel des Jahrzehnts – ma, wie sie den Josef gefoult haben, der Torwart, der Drecksack –, auch das letzte Spiel unseres besten Stürmers. Auf Josef!« Er erhob sein Glas.
Robert wandte sich dem nächsten Vereinskameraden zu. Fast keiner war näher mit Josef befreundet gewesen, der wor ein Oarsch, aber gut gspuilt hat er, war der allgemeine Tenor. Grund, ihn zu hassen, hatte keiner, dafür war er für die Mannschaft zu wertvoll.
»Aber da gäb’s schon ein paar Madln, die ihm die Pest an den Hals gewünscht haben«, sagte der kleine Hannes. »Der war doch jeden Freitag und Samstag, egal ob Spiel oder nicht Spiel, in Klagenfurt und hat in der Burg oder im Teatro Frauen aufgrissen.«
»Jedes Mal ane andere?«
»Ex und hopp. Hin und wieder hat er mit aner a paarmal geschlafen, die Conny war so eine zum Beispiel.« Er machte eine kurze Pause. »Also, die Conny hat ihn sicher net hamgdreht, die Conny kenn i a. Aber eine der anderen. Puh. Josef hat sich net festlegen wollen, er is immer a paar Wochen mit aner zsamm gwesen und hat sie dann doch wieder abgschossen. Die hätten Grund genug, ihn um die Ecke zu bringen.«
Conny, notierte Robert sich. Nur weil Hannes das Dirndl kannte, würde er sie sicher nicht als Mörderin ausschließen. Die anderen Namen wollten Hannes nicht einfallen. »Aber frag mal die Conny, die weiß sicher, wen es da noch gab.«
»Wir könnten seine Facebook-Seite checken«, schlug Robert Michi vor. Dass sie da nicht schon am Vormittag drauf gekommen waren!
Den Rest des Abends tauschten sie Erinnerungen an Josef aus. Robert erstellte eine zweite Liste mit Namen von Josefs Freunden, die sie schließlich mit seiner Facebook-Seite abglichen. Darüber würde er auch mit seinen beiden augenscheinlich wichtigsten Freunden aus der Schulzeit in Kontakt treten, ebenso mit besagter Conny: Der letzte Eintrag auf Josefs Facebook-Seite lautete Du bist das größte Arschloch, dem ich jemals begegnet bin. Ich hoffe, du brichst dir beim nächsten Spiel beide Beine!, geschrieben von Conny Böhnstett. So viel zum Thema ›Die Conny hat ihn sicher net hamgdreht‹.
Schließlich verabschiedeten sie sich, und auf dem Heimweg überlegte Robert, ob er Eva noch eine SMS schicken sollte. Schlaf gut, war doch harmlos, aber nett? Er entschied sich dagegen, beschloss allerdings, ihr in der Früh einen Guten Morgen zu wünschen. Dann konnten sie unter Umständen noch Pläne für den Tag machen. Zufrieden schlief er ein, und setzte nach dem Aufwachen sein Vorhaben in die Tat um. Keine fünf Minuten später kam die Antwort: Danke, dir auch! Ich bekomme gleich Besuch von Martin, er hat noch ein paar Fragen an mich. Fragen? Von wegen, der hatte sicher eher eine Leibesvisitation im Sinn.
»Michi, wann kannst los? Wir müssen den Mord so schnell wie möglich aufklären.« Dann hatte der Kriminalinspektor keinen Grund mehr, bei Eva aufzutauchen.
Conny Böhnstett wohnte am Iselsberg 12 oben, was glücklicherweise nicht weit war. Von Michis Wohnung nahe dem Wahrzeichen Winklerns, der aus dem 13. Jahrhundert stammende Mautturm 13, aus kamen sie bald bei Conny an, die glücklicherweise daheim war. Ihre Augen und die Nase waren stark gerötet, ihr liefen immer noch Tränen die Wangen herunter.
»I hab’s grad ghört«, heulte sie. »Das mit dem Josef. Die Polizei war da.«
Dann stürzte sie sich Michi in die Arme, der sie verwirrt in ihre Wohnung führte und aufs Sofa setzte, wo sie ihren Kopf auf seine Schulter legte.
»Oh Gott, i hab ihn ja so gliebt! Und jetzt ist er tot!« Schniefend zog sie die Nase hoch.
»Na, so ein hübsches Maderl.« Michi tätschelte ihren Arm. »Du findest in Nullkommanichts an neuen Haberer.«
»Meinst?« Sie sah ihn durch einen Tränenschleier an. »Ma, aber nicht so einen Depp wie den kleinen Hannes. I will a gstandenes Mannsbild.« Sie kroch noch näher an Michi heran.
Robert kratzte sich am Kopf. »Soll i vielleicht an Tee machen? Oder an Kaffee?« Michi zuckte mit den Schultern, aber da er keine Anstalten machte, sich von der anschmiegsamen Conny zu befreien, fand Robert, ein taktischer Rückzug wäre vielleicht nicht das Schlechteste. Tatsächlich hörte er die beiden kurze Zeit später murmeln, Michi wusste ja, welches die wichtigsten Fragen waren.
»Aber sicher. Ob sie solo ist. Und der Josef hat ihr zwar das Herz gebrochen, aber sie ist drüber weg und bereit für eine neue Beziehung«, erzählte sein Kumpel grinsend auf dem Heimweg.
»Michi!«
»Keine Panik, Robbie, natürlich hab i sie gfragt, wann sie Josef das letzte Mal gsegn hat. Vor zwei Wochen beim Spiel gegen die Villacher, sie wollt’ danach mit ihm reden, aber er hat sie kurz abgefertigt und sie ist wütend heimgefahren. Dafür gibt es auch eine Zeugin, ihre beste Freundin.«
»Hast du andere Namen?«
»Freilich.« Michi grinste breit und holte einen Zettel aus der Hosentasche. »Hab mir sogar Vor- und Nachnamen geben lassen. War aber nur ein Maderl, die Viki aus Klagenfurt, wegen der hat der Josef die Affäre mit der Conny beendet.«
Weil es ohnehin noch früh am Tag war, beschlossen sie, Viki in Klagenfurt aufzusuchen, nicht allerdings, ohne ihr kurz über Facebook eine Nachricht zu schicken, ob sie daheim war. Sie war mit ihrem Freund am Hörzendorfer See 14 eislaufen, schrieb sie fünf Minuten später zurück.
»Neuer Freund? Das können wir vergessen, dann hat sie den Josef nicht auf dem Gewissen«, sagte Michi.
»Oder der Freund war’s? Aus Eifersucht?«
»Na, ein, zwei Runden können wir ja auch drehen, in drei Wochen ist das Rückspiel gegen die Villacher.«
Sie fuhren also zum Hörzendorfer See, der zwar viel kleiner war als der Weißensee, aber ein wenig Training würde nicht schaden, wie Michi sagte. Am Hörzendorfer See war einiges los, da es dort neben dem obligatorischen Glühweinstand auch einen Schlittschuhverleih gab, sodass er Anlaufpunkt nicht nur für viele Touristen, sondern auch Kärntner ohne eigene Schlittschuhe war.
Viki war nicht schwer zu erkennen. Auf ihrem Facebook-Profil war schon zu sehen gewesen, dass sie gern bunte Sachen trug. Sie drehten ein paar Runden auf dem See, und als Michi die Hockeyschläger aus dem Auto holte, fuhr Robert auf das bunt gekleidete Mädchen zu, das mit ihrem Freund am Rand der Eisfläche einen Glühwein trank.
»Du bist die Viki?«
»Und du untersuchst den Mord am Josef?« Sie blinzelte ihn an, kein bisserl traurig, Schuldbewusstsein suchte er ebenfalls vergeblich. Sie stellte ihm gleich ihren Freund vor, der so zufrieden und gelassen wirkte, dass Robert sich beim besten Willen nicht vorstellen konnte, wie der den Josef ermordet haben sollte.
»Es sind immer die stillen Wasser!«, sagte Michi später beim Spielen.
»Der war aber kein stilles, sondern ein rundum glückliches Wasser.«
»Möglicherweise eben deshalb, weil er weiß, dass er kan Konkurrenten mehr hat.«
»Er wusste nichts vom Josef. Viki hat ihn vor aner Woche beim Fortgehen kennengelernt und sofort gewusst, dass er der ane ist. Am gleichen Abend hat sie Josef eine SMS geschickt und Schluss gmacht.«
»Hm.« Michi blieb auf seinen Hockeyschläger gestützt stehen. »Dann brauchen wir eine andere Spur. Herr Meisterdetektiv, bitte eine neue Theorie.«
Robert verdrehte die Augen, schlug Michi seinen Schläger weg, und die nächste Stunde verbrachten sie mit Hockeyspielen, bis sie völlig außer Atem waren.
Am Abend versuchte Robert sich abzulenken, von Josef, hauptsächlich von Eva – mit diesem Fleischhauer! –, aber so richtig klappte es nicht.