Kitabı oku: «Das Osmanische Reich», sayfa 11

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Ein Weltreich

Für die osmanischen Würdenträger war die Frage der Kızılbaş samt Schah Ismail und seinen Turkmenen unweigerlich in komplexe strategische Interessen verwickelt. Das Augenmerk auf diesen Interessen hatte die unerwartete Folge, dass ein Weltreich entstand. Im Lauf der letzten Jahre war Sultan Bayezid nach dem Tod seines Bruders Cem wieder in den großen afroeurasischen Handelskonflikt eingetreten. Nachdem der berühmte Pirat Kemal Reis jetzt in osmanischen Diensten stand, errang die Flotte einen großen Sieg über Venedig und erzwang 1503 einen Friedensvertrag, doch die Lage änderte sich schnell, und Bayezid alterte. Außer dem neuen Safawidenreich Schah Ismails stieg noch eine weitere neue Macht auf, Portugal, dessen Präsenz auf den Meeren den Mamluken die Herrschaft über den Seehandel mit indischen Gewürzen streitig machte. Vier Monate nach Schah Ismails Einzug in Bagdad suchte die osmanische Marine im Februar 1509 das Gefecht mit den Portugiesen in der Schlacht von Diu vor Gujarat im Indischen Ozean – und verlor. Da Hunderte osmanischer Händler in Calicut (Kalighat, Kalkutta), Gujarat und Diu lebten, war der Indienhandel zu wichtig, um die Seewege verloren zu geben.3 Die osmanische Flotte ging ein buntscheckiges Bündnis mit den Mamluken, dem muslimischen Sultanat Gujarat, dem Hindukönigreich des Zamorin von Calicut und dem katholischen Venedig ein, zeigte Präsenz an der südarabischen Küste und überwachte genau die Durchfahrt zum Roten Meer.4 Unter diesen Umständen konnte man die Kızılbaş nicht ignorieren.

Unter den Söhnen Bayezids plädierte der jüngste, Selim, für eine machtvolle Antwort. Beunruhigt über die Stärke der Kızılbaş-Spiritualität im Volk, fürchtete Selim, dass ein Rest antiosmanischer Unzufriedenheit in eine Revolution umschlagen könne. Die Turkmenen schienen genau jene kulturell tiefverwurzelte Geringschätzung verstädterter herrscherlicher Autorität zu äußern, wie sie seit der Baba’i-Rebellion vor 250 Jahren am oberen Tigris und Euphrat gepflegt worden war.5 Viele Muslime in den osmanischen Ländern fanden die Kızılbaş abstoßend. Der 90-jährige Aşıkpaşazade, der kurz nach Ismails Eroberung von Täbris schrieb, schilderte die „Sufis aus Ardabil“, ihre vulgäre und komische Ausdrucksweise, ihre Gleichgültigkeit gegenüber Fasten und Gebet, ihre gewohnheitsmäßigen Lügen bezüglich ihres Treibens. Sie begrüßten einander nicht mit „Selamu aleykum“, sondern mit dem Wort Schah. Wenn sie krank wurden, beteten sie nicht, sondern sangen Schah. Wer konnte die Plünderung von Täbris durch die Kızılbaş vergessen, mit ihren Vergewaltigungen, dem Rauben und Morden und der Verfolgung sunnitischer Muslime?6 Doch andere Muslime sympathisierten mit den Kızılbaş, darunter auch manche aus den Reihen der Timarioten-Reiterei in Anatolien, deren Autonomie unter osmanischer Herrschaft schwächer geworden war. Das stehende Heer des Osmanenpalastes jedoch, einschließlich der Janitscharen, unterstützte Selim, ungeachtet der ausgesprochen Aliorientierten Frömmigkeit ihrer eigenen Bektaşi-Traditionen.

Osmanische Sultane des zehnten islamischen Jahrhunderts


Bayezid II. 1481–1512
Selim I. 1512–1520
Süleyman I. 1520–1566
Selim II. 1566–1574
Murad III. 1574–1595

Pläne für ein gemeinsames Vorgehen mit den Mamluken mussten wegen Dürre, Seuchen und Katastrophen gestrichen werden.7 Trapezunt (Trabzon), wo Prinz Selim Statthalter war, hatte Mühe, sich zu ernähren. Die verschärften Sicherheitsmaßnahmen hatten die Kornlieferungen zur See wie durch Karawanen aus dem Landesinneren verzögert.8 Im August 1509 traf ein heftiges Erdbeben die ganze Region von Sivas bis Thrakien und von Siebenbürgen bis Kairo.9 In Istanbul brachen Erdspalten auf und die Küsten am Goldenen Horn wurden überschwemmt. Mehr als 5000 Menschen starben, 1000 Häuser und 100 Moscheen stürzten ein, und die Mauern von Yedikule und weiteren Festungen wurden beschädigt, ebenso Bayezids neuer Stiftungskomplex mit seiner Moschee und Suppenküche neben dem gedeckten Basar. Von einer provisorischen Unterkunft in den Palastgärten aus leitete der Sultan die Reparaturmaßnahmen und brachte das Kapital dafür durch eine außerordentliche Steuer zusammen. Ein starkes Nachbeben ließ einen Brand ausbrechen, der ebenso viele Häuser zerstörte wie der erste Erdstoß, und es kam zu großflächigen Plünderungen, vor allem im Judenviertel von Istanbul. Bayezid verbrachte den Winter in Edirne, wo die Schäden geringer waren.

Shah Kulı

Was schließlich zum Handeln trieb, war die Konkurrenz zwischen den Söhnen Bayezids. Sobald die Reparatur der Mauern beendet und sein Moscheekomplex beinahe wiederhergestellt war, kehrte Bayezid nach Istanbul zurück, aber durch die Verschlechterung seines Gesundheitszustandes war der Hof gelähmt, und unter den Sultanssöhnen brach ein Präventivkrieg um den Thron aus.

Wie schon ein Jahrhundert zuvor schuf der Erbfolgekrieg die Gelegenheit zur Revolte, welche die geistigen Grundprinzipien der osmanischen Herrschaft in Frage stellte. Selim verließ Trabzon, begab sich nach Kefe auf der Krim, wo sein Sohn Süleyman stationiert war, und trachtete nach der Kontrolle über Rumeli.10 Ahmed und sein Sohn Murad kontrollierten von Ahmeds Basis Amasya aus die galatische Hochebene und Bithynien.11 Korkud, der in Antalya, einer Hochburg der Kızılbaş, stationiert war, ging nach Mekka und ins selbstgewählte Exil. Als er ohne Erklärung zurückkehrte und nach Istanbul aufbrach, vermutete das Volk, Bayezid müsse gestorben sein,12 und in Antalya rief sich ein Derwisch am Aschura-Fest zum Sultan aus. Er war der unmittelbare geistliche Statthalter der Safawiden von Ardabil und nannte sich Shah Kulı, „Sklave des Schahs“.

Vielleicht war das die befürchtete Revolution. Shah Kulı und seine Männer erbeuteten Korkuds Reisegepäck samt Schätzen und schlugen Korkud in die Flucht. Hunderte Sipahis, die Timare innehatten, schlossen sich an, verdrängte Männer, die gegenüber Personen aus der Regierung in Istanbul das Nachsehen gehabt hatten.13 Brandschatzend und plündernd zogen sie über die Hochebene.14 Sie nahmen den Beylerbeyi von Anatolien gefangen, köpften ihn, brieten seinen Rumpf auf einem Spieß und massakrierten seine Männer. Die Festung Bursa sandte einen verzweifelten Hilferuf. Von Istanbul brach der Großwesir auf, und Prinz Ahmed rückte in Eilmärschen von Amasya heran. In der Schlacht, die unentschieden ausging, fiel auf der einen Seite Shah Kulı und auf der anderen der Großwesir. Die Rebellen und Ahmed, der wusste, dass sein Bruder Selim gerade nicht in Istanbul weilte, entdeckten plötzlich, dass sie eine ganze Menge gemeinsam hatten. Ohne den Sklaven des Schah und mit der Aussicht, den Janitscharenkandidaten Selim auf dem Thron zu sehen, stellte sich die Rebellenreiterei rasch hinter den ältesten Sohn des Sultans, und Ahmed selbst ließ eilig Reiter von der gesamten Hochebene zusammenziehen.

Als Ahmed und seine Armee der Unzufriedenen Üsküdar erreichten, das Istanbul gegenüber am Bosporus lag, war Prinz Selim von Bayezids Armee geschlagen worden und kehrte nach Kefe zurück, um den rechten Augenblick abzuwarten. Doch der rechte Augenblick war schon da. Die mit ihm verbündeten Janitscharen ermordeten den neuen Großwesir, versperrten Istanbuls Tore vor Ahmed und zwangen Sultan Bayezid, Selim zurückzuholen. Ahmed und sein Sohn Murad wussten, dass sie geschlagen waren, und zogen sich zurück; ihre Männer verschwanden in Richtung Aserbaidschan und Iran. Man wusste, dass sie in Kontakt mit Schah Ismail standen.15 Der unglückliche Korkud, der anscheinend immer am falschen Ort zur falschen Zeit war, ging in Istanbul von Bord seines Schiffes, huldigte Bayezid und verschenkte Gold, in der Hoffnung, damit die Neutralität der Janitscharen zu erkaufen.16 Seine Großzügigkeit nutzte ihm wenig. Prinz Selim zog in die Stadt ein, setzte den bettlägerigen Bayezid ab und bestieg den Thron. Korkud ließ er erdrosseln. Ahmed ereilte im Frühling dasselbe Schicksal.17

Çaldıran

Nun stemmte sich Sultan Selim gegen Schah Ismail. Nicht umsonst ist er unter dem Beinamen Yavuz bekannt, was mitunter als „Selim der Grimmige“ oder „der Grausame“ übersetzt wird, vielleicht aber besser als Selim der Entschlossene oder der Strenge. Der Weg zum Krieg war mit öffentlichen Phrasen gepflastert. In einem berühmten Briefwechsel traten die „heiligen Männer, frommen Gelehrten und Rechtskundigen“ in Selims Diensten kühl den unverschämten Spitzfindigkeiten von Schah Ismails Dichtern entgegen. Dabei machten sie keinen Hehl aus ihrer Verachtung für die Kızılbaş, die mit ihren „sündigen, von Gott verbotenen Bräuchen … das Gesetz und die Tradition unseres Propheten“ mit Füßen träten, für die brutale Behandlung von Sunniten in Ismails Iran und für Schah Ismails an den Haaren herbeigezogene Behauptung, vom Propheten Mohammed abzustammen.18 Eine Fetva des Mufti von Istanbul verpflichtete alle wahren Muslime, die „Ungläubigen und Häretiker“ bis zum Tod zu bekämpfen.19 Ein Hinrichtungsbefehl für Kızılbaş erwähnt eine Liste mit „40 000“ Opfern, „alten und jungen, von sieben bis siebzig“.20 Vielleicht war das eine Übertreibung.

Während die Truppen sich sammelten, opferte Selim, verteilte Almosen, erwies den Gräbern seines Vaters und Großvaters seine Ehrerbietung und betete vor dem Schrein Abu Ayyubs des Gefährten. Im April 1514 zog das Heer aus und nahm den Weg über Konya, wo Selim Almosen an die Armen verteilte und demonstrativ am Grab Rumis betete.21 Die lang erwartete Schlacht fand im August 1514 auf der Ebene von Çaldıran östlich des Vansees statt. Schah Ismail, der Kindermessias, erlitt eine Niederlage durch Sultan Selim und die osmanische Armee. Ungehindert marschierten die Sieger in Täbris ein. Die Freitagsgebete in Schah Ismails Hauptstadt wurden im Namen des Osmanensultans und der rechtgeleiteten Kalifen angestimmt.

Nach Çaldıran ließ Selim kein Anzeichen größerer Milde erkennen und hielt seinen nächsten Schritt in der Schwebe – ob es an die Verfolgung Ismails gehen sollte oder gegen die Portugiesen, welche die Insel Kamran im Roten Meer eingenommen hatten.22 Zusammen mit kurdischen Stammesfürsten und anderen ihm wohlgesonnenen Einheimischen erreichte er die Übergabe von Diyarbekir, Mardin und Mossul. Das unabhängige Dulkadır wurde zu einem Sancak unter dem Befehl des Sohnes seines bisherigen Sultans.23 Malatya am oberen Euphrat kapitulierte im Frühjahr 1516. Safawidische Intrigen gemeinsam mit den Mamluken lieferten Selim den Vorwand für einen weiteren großen osmanischen Feldzug.24

Syrien und Ägypten

Bei der Überquerung des Taurus akzeptierte Selim die Unterwerfung des Ramazanidenhauses von Kilikien. Auch dieser Sultan und seine Erben wurden zu Statthaltern neuer, aus ihrem vormaligen Königreich gebildeter Provinzen. Am 24. August 1516 traf Selim bei Marj Dabik nahe Aleppo auf die Hauptstreitmacht der Mamluken. Erneut erzielten die osmanischen Feldgeschütze einen vernichtenden Sieg. Der Mamlukensultan starb an einem Herzanfall. Sein Statthalter in Aleppo, der zu den Osmanen übergelaufen war, wurde nun osmanischer Statthalter. Das Osmanenheer zog weiter südwärts. In Damaskus wurde das erste Freitagsgebet des Ramadan in Selims Namen angestimmt. Selim zog in Jerusalem ein, prüfte zeremoniell den „Pakt Umars“ und bestätigte in der Grabeskirche die christlichen Privilegien.25

Selims Generäle waren uneins, ob man nach Ägypten vorstoßen oder umkehren und Offiziere als Kommandanten der Grenzstädte zurücklassen sollte. Als wollte der neue Mamlukensultan das Hauptargument für ein weiteres Vorrücken demonstrieren, ließ er einen osmanischen Gesandten hinrichten und marschierte auf Gaza. Weil die syrischen Städte es im Falle eines osmanischen Rückzugs natürlich sehr schwer haben würden, sich einer Wiedereroberung durch Ägypten zu widersetzen, durchquerte Selim den Sinai und schlug am 23. Januar 1517 vor Kairo die Truppen der Mamluken. Verhandlungen über die Anerkennung des Mamlukensultans als Vasallen und Statthalter Selims scheiterten, und nach einer zweiten Schlacht im April bei den Pyramiden von Giza wurde der Sultan am Bab-al-Zuwayla-Tor aufgehängt. Den Sommer 1517 verbrachte Selim in Kairo. Eine Gesandtschaft des Scherifen von Mekka traf ein und huldigte dem Osmanensultan als „Beschützer der beiden Heiligtümer“ Mekka und Medina.26

Ungarn und der Irak

Als Selim drei Jahre später starb, schlug sein Sohn Süleyman, 25 Jahre alt, nicht etwa eine Rebellion seiner Brüder nieder, denn er hatte keine,27 sondern die eines früheren Mamluken und die eines Kızılbaş-Emporkömmlings namens Kalenderoğlu. Die Revolten waren kurzlebig, und die Hinrichtungen erfolgten zügig. Süleyman eroberte Rhodos, das wahrscheinlich Selims nächstes Ziel gewesen wäre – Piraten, die von der Insel aus operierten, suchten ständig die Handelswege zwischen Istanbul und Kairo heim und bedrohten die Pilger.28 Anschließend wandte Süleyman sich sofort gegen Ungarn.29 Im Jahr 1521 nahm das osmanische Heer Belgrad ein und dezimierte mit einem Sieg bei Mohács 1526 den ungarischen Adel.

Entgegen den Erwartungen bedeuteten Süleymans Siege nicht die vollständige Eroberung Ungarns.30 König Lajos, den der Sultan zum Statthalter seiner neuen Provinz hatte machen wollen, fiel im Kampf. Über der Nachfolgefrage entzweite sich der ungarische Adel – der Reichstag wählte unter Zustimmung der slawonischen Adligen den transsilvanischen Fürsten János (Johann Sigismund) Szapolyai, doch eine Partei, die sich in Poszony (Bratislava) versammelte und die Unterstützung des kroatischen Reichstags hatte, votierte für den Habsburger Ferdinand, den Bruder von Lajos’ Witwe. Ferdinand war dem Papsttum treu ergeben, inzwischen – nur sechs Jahre nach dem Wormser Edikt – ein wichtiger Punkt.31

Angesichts der Spaltung innerhalb des ungarischen Adels und des unerwarteten Eingreifens der Habsburger in die osmanischen Angelegenheiten installierte Süleyman in Buda Szapolyai mit der Stephanskrone und zog umgehend gegen Ferdinands Hauptstadt Wien. Von Seuchen und anderen Schwierigkeiten heimgesucht, scheiterte die osmanische Belagerung von 1529 ebenso wie ein zweiter Feldzug im Jahr 1532, der Wien nie erreichte. Als Szapolyai 1540 starb und als Erben nur ein Kleinkind zurückließ, belagerte Ferdinand Buda in der Hoffnung, Ungarn unter habsburgischer Herrschaft wieder zu vereinigen. Süleyman verjagte ihn, musste aber in die Teilung des Karpatenbeckens einwilligen.32 Das osmanische Heer besetzte Zentralungarn mit der pannonischen Ebene und Buda sowie den Festungen Esztergom und Viségrad im Donaubogen. Die Habsburger kontrollierten das „Königliche Ungarn“, einen Landstreifen im Westen und Norden, der die Bergwerke in der Tatra einschloss, und entrichteten Istanbul einen jährlichen Tribut. Siebenbürgen entwickelte sich zu einem autonomen Fürstentum unter osmanischer Schirmherrschaft. Im Jahr 1568 schloss die Regierung Selims II. Frieden mit den Habsburgern.

Doch ein Weltreich lockte. Im Jahr 1594 starb Schah Ismail und hinterließ nur seinen zehnjährigen Sohn Tahmasp. Ausgedehnte Streitigkeiten unter den Turkmenen zogen eine osmanische Intervention nach sich. Der Großwesir Ibrahim Pascha marschierte nach Osten und plünderte im Frühjahr 1534 Täbris. Am Ende der Feldzugssaison stießen Süleyman und der Hauptteil der osmanischen Armee dazu, zogen nach Süden in den Irak und eroberten im Herbst 1534 Bagdad. Mehmed II. der Eroberer hatte an den Mauern Konstantinopels das Grab von Abu Ayyub gefunden; Süleyman entdeckte und restaurierte nun feierlich das Grab von Abu Hanifa, dem Gründer der hanafitischen Schulen des islamischen Rechts. Dem Sufi-Heiligen Abd al-Kader al-Gilani stiftete er ein Mausoleum, und er pilgerte höchstpersönlich zu den Heiligtümern der Imame Kazim und Jevad in Bagdad, des Imams Ali in Nadschaf und des Imams Hussein in Kerbela.33

Süleyman bestieg den Osmanenthron inmitten einer Zeit apokalyptischer Erwartung, die zu dämpfen seine eigenen frühen Eroberungen wenig beitrugen. Die osmanischen Heere hatten die Kızılbaş zerschmettert, die größte Bewegung im spirituellen Leben des Islam seit dem Aufstieg des Sufismus. Sie hatten die Abbasidenhauptstadt Bagdad ebenso eingenommen wie die Mongolenhauptstadt Täbris. Sie hatten dem Mamlukensultanat nach über 250 Jahren ein Ende gemacht und die großen arabischen Städte Aleppo, Damaskus und Kairo erobert. Sie hatten die Johanniter besiegt und die Kreuzfahrerbastion Rhodos an sich gebracht. Auch die Stephanskrone war in osmanischer Hand. Das osmanische Territorium umfasste alle sieben Klimazonen der antiken Geographie.34 Als zehnter Sultan einer gesegneten Dynastie läutete Süleyman eine Monarchie ein, welche die Vollendung der Zeiten war.35 Manche jüdischen Rabbiner sahen in seiner Herrschaft die endzeitliche Sammlung der Exilierten, die mit der Vertreibung der Juden von der Iberischen Halbinsel begonnen hatte.36 Süleymans Hof förderte diesen spekulativen Eifer noch und legte sich den Mantel der Weltherrschaft um.

Karte 3.1: Das geteilte Ungarn

Desorientierung

Es war nicht allein der militärische Ruhm der Osmanen, der das apokalyptische Fieber nährte; Selims und Süleymans Eroberungen trugen zur Schaffung einer neuen Weltkarte bei. Überall auf der afroeurasischen Landmasse maßen sich neue dynastische Reiche mit den Osmanen – die Ming, die Moguln, die Safawiden und die Habsburger. Unter ihnen war nur das Ming-Reich älter als das Jahr 1500. Mit der portugiesischen Plünderung von Kilwa 1505 trat eine eindrucksvolle neue Seemacht in den Wettbewerb um den Handel im Indischen Ozean ein. Nur zwei Tage vor Süleymans Aufbruch zu jenem Feldzug, der im April 1526 zu seinem Sieg bei Mohács führen sollte, schlug Babur bei Panipat Ibrahim Lodi und eroberte Hindustan. Hart bedrängt von Babur wie von den Portugiesen, bat Bahadur Khan in Gujarat um osmanische Hilfe.37 Im Oktober desselben Jahres, in dem Selims Heere Kairo einnahmen, veröffentlichte Martin Luther in Wittenberg seine 95 Thesen. Der Hauptförderer antiprotestantischer Aktivitäten in Mitteleuropa, die Habsburgerdynastie, beherrschte jetzt nicht nur ihre Stammlande in Österreich und (wegen Mohács) ein Reich mit großen slawischen Gebieten entlang der osmanischen Grenze in Europa, sondern obendrein Spanien und ein Reich auf dem amerikanischen Doppelkontinent und im Pazifik. Süleymans Bündnis mit Franz I., dem König von Frankreich, der von den Habsburgern umzingelt war, wurde zum Anlass für den ersten direkten Kontakt zwischen den Osmanen und einem Souverän in Nordwesteuropa. All diese grundlegenden Veränderungen vollzogen sich unter den Augen einer einzigen Generation, derselben, die Zeugin der Entdeckung der Neuen Welt wurde.

Autoren in den osmanischen Ländern bewältigten den Schock dieser jähen Umbrüche nicht mit triumphalistischen Lobgesängen auf die Allmacht Gottes, sondern beschworen Bilder von Orientierungslosigkeit und Verlust herauf. Ein Beispiel ist die Behandlung der Entdeckung Amerikas in einem Werk aus den 1530er-Jahren, dem Buch der Meere (Kitab-ı Bahriye). Sein Autor war der Admiral und ehemalige Pirat Piri Reis. Geboren in Gallipoli, dem Sitz des osmanischen Marinearsenals, trat Piri Reis in osmanische Dienste, als Bayezid II. seinen Onkel anwarb. Er erlebte den Fall Alexandrias mit und kartierte anschließend das Nildelta für den Großwesir Ibrahim Pascha. Außerdem zeichnete er zwei Weltkarten als Geschenk für Sultan Selim, von denen nur Fragmente erhalten sind. Das erste, farbig auf Gazellenhaut ausgeführt und in osmanischem Türkisch kommentiert, zeigt Spanien, den Golf von Biskaya, den Atlantik, die Karibik und die Ostküste Nordamerikas. Der Rest ist verloren. Für die Anfertigung zog Piri Reis rund 30 andere Land- und Seekarten heran, darunter portugiesische Karten von Indien und China sowie „eine von Kolumbus gezeichnete Karte der westlichen Regionen“, die ihm zufällig wenige Jahre zuvor bei einer Kaperfahrt in die Hände gefallen war. Von der zweiten Karte, in den 1530er-Jahren auf Kamelhaut gezeichnet, ist nur ein noch kleineres Fragment erhalten, das lediglich die Küsten des nördlichen Südamerika, der Karibik, des östlichen Nordamerika und Grönlands zeigt.

Das Buch der Meere war ein Portulan, der auf Piri Reis’ Erfahrungen als Kapitän beruhte. Die in Versen gehaltene Einleitung verwendete die Metapher vom Meer des Lebens. Wer in Not ist, sucht einen verlässlichen Führer, wer den Weg sucht, findet Ganzheit – in den Begriffen stecken mystische Anspielungen.38 Die Tiefe umspannt die Weltkugel mit ihren sieben Meeren – dem Südchinesischen Meer, dem Indischen Meer, dem Persischen Golf, dem „Meer der Schwarzen“ vor Äthiopien, dem „Westmeer“ oder dem Atlantik, dem Mittelmeer und schließlich dem Kaspischen Meer. Doch auch der „Große Ozean“ umschließt die Welt. „Der Weg nach China führte über dieses Meer“, schrieb Piri Reis mit spürbarer Ehrfurcht, „doch bisher war er nicht gefunden worden, und niemand wusste das.“ Dann erzählte er die Geschichte von Kolumbus und der Entdeckung der Neuen Welt, die er mit einer Reflexion über Unbeständigkeit abschloss:

Diese Welt ist für niemanden beständig;

Wahrlich, wer da fürchtet, hinterlässt nichts.

Eine Erinnerung soll von jedem Menschen bleiben,

Dank derer Tag und Nacht seiner gedacht wird.

Und wenn dich nach diesem Pfad verlangt,

Schließ dich, wer du auch bist, einem Führer an und sei sein Begleiter.39

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Litres'teki yayın tarihi:
22 aralık 2023
Hacim:
694 s. 57 illüstrasyon
ISBN:
9783534747030
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