Kitabı oku: «Praxisbuch analytische Kinesiologie», sayfa 2

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Im Alltag meiner Hausarztpraxis wandelte sich diese Muskeltestmethode der Kinesiologie, sie entfernte sich immer mehr vom ursprünglich Erlernten, sie machte sich sozusagen selbstständig. Sie wurde mehr und mehr zu einem flexiblen Instrument und fügte sich geschmeidig den Ansprüchen einer suchenden Medizin; sie wurde zu einem soliden Handwerkszeug und allmählich entdeckte ich durch die Reduktion auf das Wesentliche auch ihre Grundprinzipien und immer mehr Erklärungen für ihre Funktionsweise.

Genau diese Facette ist es, die das Testverfahren geradezu sensationell erfolgreich macht, denn sie erlaubt Rückschlüsse und damit Erkenntnis – und welches andere Instrument kann das leisten?

Dieser analytische Muskeltest stellt keine eigenständige Behandlungsform dar, sondern führt nur zur idealen Therapie hin. Er ist nicht wirklich eine „Methode“ (mit Alleinstellungsanspruch), sondern eher ein Prinzip, die praktische Umsetzung eines Naturgesetzes. Er ist schlicht und undogmatisch und so lässt er die wirklichen Segnungen der Schulmedizin gleichberechtigt stehen neben wirkungsvollen Alternativtherapien und der Erkenntnis der eigentlichen Krankheitsursachen. An dieser „Brücke“ zu bauen, die keine bestimmte medizinische Richtung vorschreibt, das ist mein größtes Anliegen.

Kurzer Blick in die Geschichte der Kinesiologie

Die Kinesiologie, die heute ein vielfältiges Gesicht mit unterschiedlichsten Ausrichtungen zeigt, entwickelte sich in den Sechziger- und Siebzigerjahren des 20. Jahrhunderts in Amerika aus dem Zusammenwirken mehrerer Therapeuten. Die Chiropraktiker George Goodheart und John Thie erforschten Wechselwirkungen im menschlichen Organismus zwischen Muskulatur und Wirbelsäule einerseits und inneren Organen andererseits. Sie legten dabei im Wesentlichen das Meridiansystem der traditionellen chinesischen Medizin zugrunde, erarbeiteten die Bezüge der Meridiane zu spezifischen Muskeln und entwickelten die Methode, die Funktion dieser Muskeln und damit die Integrität des jeweiligen Meridians zu überprüfen. Energetische Beeinträchtigungen der Muskeln weisen dabei auf Störungen im zugehörigen Meridian hin, dem wiederum nicht nur Organe, sondern auch Drüsen, Gewebestrukturen, Sinnesorgane, Emotionen und mehr zugeordnet werden. Durch Stimulieren bestimmter Reflexpunkte lassen sich die gestörten Meridiane harmonisieren und „geschwächte“ Muskeln stärken.

Damit integrierten Goodheart und Thie auch die Entdeckungen von Frank Chapman und Terrence Bennet in ihre Arbeit. Chapman fand Punkte und Zonen auf der Körperoberfläche, die mit den Meridianen reflektorisch verbunden sind. Eine leichte Reizung dieser Zonen, etwa durch Reiben, regt die Lymphzirkulation an und entgiftet auf diese Weise die entsprechenden Körperregionen. Bennet entdeckte, dass die Berührung bestimmter Punkte am Kopf die Durchblutung korrespondierender Gehirnareale steigerte – die Grundlage vor allem für emotionalen Stressabbau.

Die Entwicklungsarbeit von Goodheart und Thie ist die Basis der meisten kinesiologischen Richtungen, vor allem des Touch for Health, das zur Selbsthilfe und Gesundheitsvorsorge entwickelt wurde. Auf dieser Grundlage entstanden weitere kinesiologische Varianten mit unterschiedlichen Anwendungsgebieten, von denen ich zwei besonders erwähnen möchte: die emotionale Balancierung und Brain-Gym® als Methode zur Förderung des Lernens.

Die Amerikaner Gordon Stokes und Daniel Whiteside entwickelten die Grundlagen des Touch for Health weiter, um speziell an emotionalen Blockaden zu arbeiten. Mit ihren Techniken und Übungen, die sie unter dem Namen Three in One Concepts® zusammenfassten, lassen sich untaugliche, meist vor langer Zeit erworbene Reaktionsweisen aufdecken und in gewünschter Ausrichtung neu bahnen. Weitere Pioniere waren Wayne Topping (Das Muskeltest-ABC) und der Psychiater Dr. John Diamond, der mit seinem Buch Der Körper lügt nicht die Kinesiologie einem breiten Publikum zugänglich machte. (Beide Bücher sind im Verlag VAK erschienen.)

Die Kinesiologie wurde und wird durch die unterschiedlichsten Bedürfnisse und Ideen ihrer Anwender ständig weiterentwickelt. Der Professional Kinesiology Practitioner und die Behavioural Kinesiology weisen zum Teil schon ein wenig in Richtung auf unsere Arbeit, indem sie die Einflüsse des Lebensumfelds auf den Organismus untersuchen. Andere Varianten widmen sich verschiedenen Spezialgebieten, bei denen die Kinesiologie als solche nur noch eine untergeordnete Rolle spielt.

Hervorheben möchte ich noch eine äußerst effektive Richtung, die wir primär der Arbeit von Gail und Paul E. Dennison zu verdanken haben: die Edukinestetik mit ihrem Übungsprogramm Brain-Gym®. Diese Methode erreicht mit einfachen Bewegungsübungen die optimale Koordination beider Gehirnhälften und trägt damit zur Maximierung von Konzentration, Denkvermögen und Kreativität bei. Hierüber gibt es umfangreiche Literatur, die auch gut zum autodidaktischen Studium geeignet ist. Schulen öffnen sich zunehmend dieser überzeugenden Lernhilfe; interessierten Lehrern, Erziehern und Eltern wird eine große Auswahl von Kursen angeboten.

In ähnlicher Weise hat sich die Kinesiologie in unseren Händen gewandelt und den Erfordernissen unserer Arbeit angepasst. Die Bedingungen in einer großen Hausarztpraxis ließen den umfassenden Einsatz etwa des klassischen Touch for Health zeitlich nicht zu; außerdem war meine Intention ohnehin nicht nur, eine regulierende Therapie zu finden. Ich erahnte im Muskeltest die Möglichkeit, eine Antwort auf meine eigentlichen Fragen nach Gesundheit und Krankheit zu finden. Ich brauchte einfache und praktikable Hilfsmittel, um individuell und effektiv zu klären:

1. Was liegt vor?

2. Wie ist es dazu gekommen?

3. Welches ist die optimale Therapieform?

Solange man, wie Goodheart und andere, auf der physiotherapeutischen Ebene arbeitet, ist das Touch for Health eine ideale Methode: Sie bleibt völlig im neuromuskulären Funktionssystem, sowohl diagnostisch wie therapeutisch wie auch klinisch betrachtet. Aber schon die damals erste Patientin, die verzweifelt Rat suchte und der ich den Test anbot, benötigte eine Antwort auf die Frage, warum ihr erstes Kind tot zur Welt gekommen war und was sie tun konnte, um dies beim zweiten Kind zu verhindern. Eine Balancierung mit Touch for Health allein hätte ihr sicherlich nicht dasselbe Vertrauen vermittelt wie die (für sie nachvollziehbare) Erkenntnis, was ihrem Körper geschadet hatte. Diese Erkenntnis ließ sich aber erst durch modifiziertes Arbeiten mit dem Muskeltest ermitteln.

So entwickelte ich im Laufe der Jahre durch tausendfache praktische Anwendung in meinen Sprechstunden ein strukturiertes System, das mir über den Muskeltest eine Krankheitsanalyse und das Verständnis für die jeweiligen Ursachen und Auslöser vermittelte. Damit wird einerseits die Therapie zur logischen Antwort auf die ursächliche Schädigung, andererseits motiviert die Erkenntnis den Patienten eher zu den notwendigen Konsequenzen in der Lebensführung (beispielsweise Zahnbehandlung, Narbenentstörung, spezifische Toxinausleitung, Trauma-Aufarbeitung, Ernährungsumstellung oder Ähnliches). Diesen Weg möchte ich Ihnen als Gerüst für einen vielfältigen Einsatz im Sinne von Gesundheit und Heilung vorstellen.

Weshalb gerade der Muskeltest?

Die oben erwähnten Wechselwirkungen zwischen Reflexpunkten, Muskeln und inneren Organen sind therapeutisch zweifellos effizient. Wenn man sich in diesem System bewegt, finden sich deutliche Parallelen zu anderen Verfahren wie Akupunktur und Reflexzonentherapie. Auch diese regulieren ja Dysbalancen im Organismus reflektorisch, jedoch in der Regel, ohne nachzuvollziehen, wodurch die Störung entstanden ist, und auch, ohne andere Behandlungswege mit einzubeziehen.

Diese Methoden, bei denen man aus schulmedizinischer Sicht „nicht weiß, was man eigentlich tut“, werden gern in der Schublade der „Therapien für Gesunde“ abgelegt. Sicherlich ist dies auch einer ihrer Ansprüche, nämlich zu regulieren, bevor es zum Ausbruch manifester Erkrankungen kommt. Was darüber hinausgeht, wird ähnlich beargwöhnt wie die früher in westlichen Ländern geschmähte Akupunktur, die von der Ärzteschaft zunächst vehement attackiert wurde; dieselben Institutionen fordern inzwischen, die Akupunktur wegen ihrer durchgreifenden Wirkung nur noch in die Hände von Ärzten zu legen …

Eine erfolgreiche Akupunktur setzt – wie jede Therapie – die vorangegangene Diagnostik voraus. Die klassischen chinesischen Diagnoseverfahren erfordern allerdings eine ganz eigene Denkart und eine umfangreiche zusätzliche Ausbildung, die sich nicht auf den westlichen Studiengängen aufbauen lässt und somit eine große Hürde für ihren seriösen Einsatz bildet. Das Bezugssystem ist dem westlichen Denken derart fremd, dass es nicht nur erfordert, etwas dazuzulernen, sondern neu zu lernen. Einen wichtigen Schritt hin zur Synthese beider Denksysteme hat die Elektroakupunktur nach Voll (EAV) getan, bei der aus Veränderungen des elektrischen Widerstands an Akupunkturpunkten auf Störungen von Meridianen und zugeordneten Organen geschlossen wird. Auf diese Weise können insbesondere biochemisch ausgelöste Krankheitsprozesse hervorragend erfasst und optimale ausgleichende Therapien festgelegt werden.

Damit vergleichbar und ähnlich zu verstehen ist unser Einsatz des analytischen Muskeltests: Ebenso, wie sich die Elektroakupunktur über die klassische Akupunktur hinaus von einem Therapie- zu einem Diagnoseverfahren entwickelt hat, kann auch die Kinesiologie entweder primär therapeutisch (Touch for Health) oder verstärkt analytisch angewendet werden. Für mich liegt der Vorteil hier besonders darin, dass man mit minimalem Aufwand an Material und Zeit zu einer Analyse des Krankheitsgeschehens kommt, die Ursachen nach ihrer Wertigkeit erkennt und damit äußerst ökonomisch behandeln kann. Dies ist (bei aller Anerkennung für die bioelektrischen Messverfahren) meines Wissens mit kaum einer anderen Methode so deutlich möglich wie mit dem kinesiologischen Muskeltest. Insofern sehe ich auch keinen Vorteil darin, den Muskeltest durch Einsatz eines technischen Gerätes „überzeugender“ oder „objektiver“ zu machen, denn wenn der Muskeltest fundiert dargeboten wird, werden ihn auch kritische Geister akzeptieren.

Ein Vorteil gegenüber der Arbeit mit Geräten ist zudem, dass der Muskeltest nicht durch elektromagnetische Einflüsse aus dem Testumfeld irritiert werden kann, da keine (technische) elektrische Messung stattfindet. Wenn man einige Grundregeln beachtet, ist er kaum störanfällig.

Dem Muskeltest sehr ähnlich ist ein altes östliches Diagnoseverfahren, die Pulsdiagnostik. Hierbei beurteilt man die Veränderung des Radialispulses unter verschiedenen Bedingungen, ähnlich, wie der Muskeltest Muskelreaktionen vergleicht. Es ist ein äußerst sensibles Instrument; da die Differenzen sehr subtil sind, bedarf es langer Übung, um ihn sicher anwenden zu können. Außerdem hat auch diese Methode den Nachteil, dass der Getestete die Reaktionen nicht selbst spürt.

Somit sprechen in meinen Augen wesentliche Argumente bevorzugt für den kinesiologischen Muskeltest: Das Erleben des Tests am eigenen Leibe überzeugt am stärksten und bewirkt – weil die Stimmigkeit demonstriert werden kann – ein hohes Maß an Motivation zur Mitarbeit. Was kann man sich als Therapeut Besseres wünschen? Zudem ist der Muskeltest einfach anzuwenden, zu jeder Zeit und an jedem Ort. Er ist praktisch, zuverlässig – und kostensparend.

TEIL I

DIE GRUNDLAGEN

DES

MUSKELTESTENS

Die Physiologie

Die Frucht von 25 Jahren Praxiserfahrung, 20 Jahren Unterricht, Hunderten von Patienten und Kursteilnehmern, mehr als einer Million „Armdrückern“ und drei ausführlichen Büchern zum Thema Muskeltest ist eine einfache Erkenntnis: Der Muskeltest ist durch und durch logisch. Sein Einsatz und Erfolg lebt von folgerichtigem Denken. Und das macht ihn geeignet, ihn plausibel zu vermitteln, durchaus auch in einem Buch. Seine Physiologie, die Technik des Testens, das Anwendungssystem und der Zweck seines Einsatzes in einer zu untersuchenden Materie sind durchweg in Worte zu fassen und nachzuvollziehen. Beginnen wir mit der Physiologie.

Der Muskeltest beruht auf zwei physiologischen Prinzipien:

– auf der neurophysiologischen Basis einer Reizreaktion und

– auf der idiomotorischen Steuerung.

Was in der EDV – als Grundlage all ihrer Funktionen – die Elektrophysik ist („Strom fließt / Stromfluss unterbrochen“), entspricht in der Steuerung unserer willkürlichen Skelettmuskulatur der Polarität von „Muskelkontrolle vorhanden / Muskelkontrolle unterbrochen“. So wie EDV-Nutzer auf dieser Basis mit (vorgefertigten) Programmen arbeiten beziehungsweise eigene Programme erstellen können, so ergibt auch die Anwendung des Muskeltests im Wesentlichen nur unter einem programmatischen Aspekt Sinn; das wird durch die Idiomotorik ermöglicht. (Dazu weiter unten Näheres.)

Die „Stressreaktion“

Unsere Skelettmuskulatur wird im Großen und Ganzen willkürlich benutzt: In der Regel tun wir mit unserem Bewegungsapparat das, was wir wollen.

Sobald unsere Sinne eine plötzliche Gefahr wahrnehmen, wird diese willentliche Steuerung kurz unterbrochen, um automatischen, reflektorischen Handlungen wie Flucht oder Angriff Raum zu geben und schnellen Reaktionen nicht in die Quere zu kommen. Dieser kurzfristige Verlust der Kontrolle über die Skelettmuskulatur bei Konfrontation mit einem (auch minimalen) Gefahrenreiz ist die „Hardware“ des Muskeltests. Der „Kontrollverlust“ betrifft die gesamte willkürlich gesteuerte Muskulatur.

Die Wahrnehmung von Gefahren (mit den darauf folgenden entsprechenden Stressreaktionen) ist äußerst sensibel und bleibt oft unterschwellig, dringt also nicht immer bis ins Bewusstsein vor. Am Verlust der willkürlichen Muskelkontrolle lassen sich jedoch im Rückschlussverfahren solche Gefahrenreize ablesen.

Die Fähigkeit zur Reaktion auf Stressreize ist eine physiologische Voraussetzung für das „technische“ Funktionieren des Muskeltests, aber keineswegs eine ausreichende Erklärung zum Verständnis der Testabläufe und Testergebnisse. Die subtile Aussagekraft, die der Muskeltest zeigt, erklärt sich erst durch die Funktion der Idiomotorik, die ich im Folgenden erläutern werde. Mit ihr wird es möglich, auf einfache und ökonomische Weise Testserien unter verschiedenen Aspekten durchzuführen, beispielsweise: notwendige Therapiemaßnahmen festzulegen, aus einer Menge von Nahrungsmitteln die verträglichen oder die diätetisch geeigneten herauszufiltern oder aus einer Auswahl von infrage kommenden Medikamenten schnell und gezielt die wirksamsten zu bestimmen.

Auf das Prinzip der „idiomotorischen Steuerung“ werde ich in den nachfolgenden Abschnitten wiederholt und vertieft zurückkommen. Bitte lassen Sie sich von diesen theoretischen Gedankengängen nicht verschrecken: Es lohnt sich, diese Grundlage des Muskeltests zu erarbeiten und zu verstehen, denn daraus können Sie in der praktischen Anwendung Ihre individuellen Testkonzepte entwickeln und können auf unterschiedlichste Herausforderungen beim Einsatz des Muskeltests flexibel reagieren.

Die idiomotorische Steuerung

Idiomotorik bedeutet zunächst einmal nur, dass Bewegungen ohne willentlichen Einfluss vollzogen werden; Beispiel: die unbewusste Mimik. Für unseren Zusammenhang ist jedoch von besonderem Wert, dass solche unbewussten muskulären Abläufe auch bewusst genutzt, sozusagen programmiert werden können. So kann man dem Unterbewusstsein beziehungsweise dem vegetativen Nervensystem willentlich den Auftrag oder die Erlaubnis geben, „aus sich heraus“ mit einer bestimmten vereinbarten Bewegung zu antworten.

Dieses Prinzip ist vor allem aus der Hypnotherapie bekannt, die auf diesem Wege Informationen aus dem Unterbewusstsein an die Oberfläche holt: Bei einer Trancesitzung wird eingangs vereinbart – oder „programmiert“ –, dass der Klient innerhalb des hypnotischen „Zwiegesprächs“ ohne weiteren eigenen Willenseinfluss beispielsweise die rechte Hand hebt, wenn die Antwort auf eine Frage des Therapeuten „ja“ lautet, und die linke Hand, wenn die Antwort „nein“ lautet (oder umgekehrt). Die einmalige Einwilligung macht dann den Weg dafür frei, dass unbewusste innere Informationen „per Handzeichen“ abgerufen werden können. So gesehen wird auch in der Hypnose eine Art „Muskeltest“ benutzt, nämlich in Form des Handzeichens; in unserer Anwendungsweise geschieht das Gleiche durch „Halten“ oder „Kontrollverlust“ des getesteten Armmuskels. Letztlich ist es unerheblich, ob der Auftrag an das neuromuskuläre System lautet: „Hebe die linke (beziehungsweise rechte) Hand!“, oder wie beim Muskeltest: „Die Muskelkontrolle bleibt erhalten (beziehungsweise wird unterbrochen).“ Eine hypnotische Trance ist dafür nicht erforderlich.

Durch die Idiomotorik wird der Muskeltest weit mehr als ein mechanistischer Stressindikator. Aus der Hypnotherapie und auch aus dem Autogenen Training ist bekannt, dass sich durch Ansprechen des Organismus physiologische Abläufe nachweislich (labormedizinisch nachweisbar) beeinflussen lassen (Heilhypnose). Das heißt, dass gehörte Worte über das Bewusstsein (ZNS) ins Unterbewusstsein dringen und dort über das vegetative Nervensystem (VNS) auf eine Schnittstelle zu Organen treffen, wo sie Wirkungen auslösen. Wenn dieser Weg in die eine Richtung begehbar ist, liegt auch der umgekehrte Weg nahe, nämlich Informationen aus dem Organismus via VNS ins ZNS abzurufen; die Skelettmuskulatur, die ja sowohl vom bewussten wie vom vegetativen Nervensystem gesteuert wird, ist dann bei der Anwendung des Muskeltests Schnittstelle beziehungsweise Übersetzer dieser Informationen.

Während die reine Reiz-Stress-Reaktion der Muskelphysiologie nur ein sehr eingeschränktes Untersuchungsspektrum erlaubt, öffnen sich mit der Idiomotorik ungeahnte Möglichkeiten der „Programmierung“ – ähnlich wie bei der EDV, wo die physikalische Grundlage simpel ist, aber geniale Anwendungen wie Internet und Datenbanken ermöglicht. So wird der Muskeltest ein Anzeiger höchst individueller und spezifischer Informationen, die weit über den Nachweis von Stressphänomenen hinausgehen.

Falls Ihnen von diesen etwas abstrakten Hintergründen der Kopf ein wenig rauchen sollte, lassen Sie sich davon bitte nicht „stressen“; wir werden des Öfteren darauf zurückkommen, sodass sich manches, was noch wenig plastisch erscheint, weiter erschließen wird.

Die Technik des Muskeltestens

Eine Untersuchung per Muskeltest muss konsequenterweise die physiologischen Grundlagen berücksichtigen, um korrekte Ergebnisse zu erhalten. Sie beabsichtigt die Prüfung der Muskelkontrolle, nicht das Messen von Muskelkraft, und das erfordert eine entsprechende Untersuchungstechnik. (Zwar ist auch die Muskelkraft bei einer Stressreaktion reduziert, aber sie ist nicht so zuverlässig eichbar wie die Prüfung zum Beispiel eines willentlichen Halteimpulses.)

Der Muskeltest kann zwar theoretisch an jedem willkürlich gesteuerten Muskel vorgenommen werden, doch ist nicht jede Muskelpartie und jede Haltung gleichermaßen praktisch in der Anwendung. Besonders bewährt hat sich der Armhaltetest. Bevor ich ihn beschreibe, zunächst ein paar Worte zum äußeren Arrangement, damit Sie gleich innere Bilder zu meiner Beschreibung entwickeln können:

Ich bevorzuge es, den Test im Sitzen durchzuführen. Stehende Positionen der Getesteten habe ich zwar in meiner eigenen Ausbildung kennengelernt, finde sie aber für ein therapeutisches Miteinander (vor allem und ganz besonders in der psychotherapeutischen Begleitung!) wenig förderlich und der Situation unangemessen. So habe ich denn meine Patienten anfangs überwiegend auf der Untersuchungsliege getestet. Aber auch diese Position empfand ich, wenn ich mich selbst einmal als Patientin wiederfand, gerade in der psychologischen Arbeit als unangenehm, fast wie „auf der Schlachtbank“.

Eine ebenbürtige Beziehung und eine entspannende Atmosphäre lassen sich am besten herstellen, wenn die Patienten sitzen, wobei ich mich seitlich vom Patienten positioniere. Meine teuerste „Investition“ in meine Ausstattung war deshalb ein sehr bequemer gepolsterter Stuhl, der sich bei Bedarf mit einem einfachen Handgriff in eine mehr liegende Position verstellen lässt und jedem Patienten seine Lieblingssitzhaltung ermöglicht. (Man braucht nicht unbedingt ein Luxusmodell, Relaxsessel gibt es zu durchaus vertretbaren Preisen.)

Testanleitung

1. Die zu untersuchende Person sitzt auf einem Stuhl und streckt einen Arm mit etwas Spannung, aber ohne Anstrengung waagerecht vor sich aus (so, als wolle sie auf einen entfernten Gegenstand zeigen).

2. Der untersuchende Tester sitzt seitlich von der Testperson und legt die testende Hand knapp oberhalb des Handgelenks der Testperson locker auf, ohne zunächst mit Gewicht zu belasten. Erfahrungsgemäß wird es von beiden Beteiligten als angenehm empfunden, wenn die freie Hand des Testers auf der Schulter (nicht auf dem Oberarm!) des Getesteten ruht.

3. Nach der Aufforderung „Bitte halten!” beginnt der Tester, mit der testenden Hand langsam (!) Druck aufzubauen, am günstigsten durch leichtes Verlagern des Körpergewichts in Richtung dieser Hand.

Der allmähliche Druckaufbau (etwa über 2 bis 3 Sekunden – anfangs empfiehlt es sich, dabei mitzuzählen!) macht es möglich, an einem bestimmten Punkt im getesteten Muskel und darüber hinaus im gesamten Körper so etwas wie ein „Einrasten“ oder eine „Sperre“ zu spüren. Dieser stabile Tonus ist die Eichung für das neuromuskuläre System, der Ausgangspunkt für jede weitere Untersuchung.

Übrigens: Je besser der Testende im Laufe der Zeit verinnerlicht, wie es funktioniert, desto leichter überträgt sich das auf den zu Testenden (ähnlich, wie ein guter Tänzer eine Tänzerin führen kann, auch ohne dass sie die einzelnen Tanzschritte kennt).


Die Testhaltung

Die korrekte Testtechnik ist eine entscheidende Voraussetzung für klar ablesbare Ergebnisse und wenig ermüdendes Testen!

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