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Kitabı oku: «Ligeia und andere Novellen», sayfa 7

Yazı tipi:

ANNABEL LEE

 
Ist ein Königreich an des Meeres Strand,
Da war es, da lebte sie —
Lang, lang ist es her – und sie sei euch genannt
Mit dem Namen Annabel Lee.
Und ihr Leben und Denken war ganz gebannt
In Liebe – und mich liebte sie.
 
 
In dem Königreich an des Meeres Strand
Ein Kind noch war ich und war sie,
Doch wir liebten mit Liebe, die mehr war denn dies —
Ich und meine Annabel Lee
Mit Liebe, daß strahlende Seraphim
Begehrten mich und sie.
 
 
Und das war der Grund, daß vor Jahren und Jahr
Eine Wolke Winde spie,
Die frostig durchfuhren am Meeresstrand
Meine schöne Annabel Lee;
Und ihre hochedele Sippe kam,
Und ach! man entführte mir sie,
Um sie einzuschließen in Gruft und Grab,
Meine schöne Annabel Lee.
 
 
Die Engel, nicht halb so glücklich als wir,
Waren neidisch auf mich und auf sie —
Ja! das war der Grund (und alle im Land
Sie wissen, vergessen es nie),
Daß der Nachtwind so rauh aus der Wolke fuhr
Und mordete Annabel Lee.
 
 
Weit stärker doch war unsre Liebe als die
All derer, die älter als wir —
Und mancher, die weiser als wir —
Und die Engel in Höhen vermögen es nie
Und die Teufel in Tiefen nie,
Nie können sie trennen die Seelen von mir
Und der schönen Annabel Lee.
 
 
Kein Mondenlicht blinkt, das nicht Träume mir bringt
Von der schönen Annabel Lee,
Jedes Sternlein, das steigt, hell die Augen mir zeigt
Meiner schönen Annabel Lee;
Und so jede Nacht lieg’ zur Seite ich sacht
Meinem Lieb, meinem Leben in bräutlicher Pracht:
Im Grabe da küsse ich sie,
Im Grabe da küsse ich sie.
 

ULALUME

 
Der Himmel war düster umwoben;
Verflammt war der Bäume Zier —
Verdorrt war der Bäume Zier;
Es war Nacht im entlegnen Oktober
Eines Jahrs, das vermodert in mir;
War beim düsteren See von Auber,
In den nebligen Gründen von Weir —
War beim dunstigen Sumpf von Auber,
In dem spukhaften Waldland von Weir.
 
 
Durch Zypressenallee, die titanisch,
Bin ich mit meiner Seele gegangen —
Bin hier einst mit Psyche gegangen —
Zur Zeit, da mein Herz war vulkanisch
Wie die schlackigen Ströme, die langen,
Wie die Lavabäche, die langen,
Die rastlos und schweflig den Yaanek
Hinab bis zum Pole gelangen —
Die rollend hinab den Berg Yaanek
Zum nördlichen Pole gelangen.
 
 
Unser Wort war von Dunkel umwoben,
Der Gedanke verdorrt und stier —
Das Gedenken verdorrt und stier;
Denn wir wußten nicht, daß es Oktober,
Und der Jahrnacht vergaßen wir —
Der Nacht aller Jahrnächte wir!
Wir vergaßen des Sees von Auber
(Obgleich wir gewandert einst hier),
Des dunstigen Sumpfs von Auber
Und des spukhaften Waldlands von Weir.
 
 
Und nun da in alternder Nacht
Die Sternuhr gen Morgen sich schob —
Da die Sternuhr gen Morgen sich schob —
Ward am End’ unsres Pfades entfacht
Ein Schimmern, das Nebel umwob,
Aus dem mit wachsender Pracht
Ein Halbmond sein Doppelhorn hob —
Astartes demantene Pracht
Deutlich ihr Doppelhorn hob.
 
 
„Sie ist wärmer“, so sagte ich,
„Als Diana: sie schwärmt durch ein Meer
Von Seufzern – ein Seufzermeer;
Sie sah es: die Träne wich
Von diesen Wangen nicht mehr,
Und vorbei am Löwenbild strich
Als Lenker zu Himmeln sie her,
Als Leiter zu Lethe sie her;
Trotz des Löwen getraute sie sich,
Uns zu leuchten so hell und so hehr —
Durch sein Lager hindurch wagte sich
Ihre Liebe, so licht und so hehr.“
 
 
Doch Psyche hob warnend die Hand:
„Fürwahr, ich mißtraue dem Schein
Dieses Sterns – seinem bleichen Schein.
O fliehe! o halte nicht stand!
Laß uns fliegen – denn, o! es muß sein!“
Sprach’s entsetzt, und es sanken gebannt
Ihre Schwingen in schluchzender Pein —
Ihre Schwingen schleiften gebannt
Die Federn in Staub und Stein —
Voll Kummer in Staub und Stein.
 
 
Ich erwiderte: „Traum ist dies Grauen!
Laß uns weiter in Lichtes Pracht —
Laß uns baden in seiner Pracht!
Es läßt mich die Hoffnung erschauen
In kristallener Schönheit heut nacht —
Sieh! es flackert gen Himmel durch Nacht!
O! man darf seinem Schimmern vertrauen,
Es führt uns mit weisem Bedacht —
O! man muß seinem Schimmern vertrauen,
Es lenkt uns mit treuem Bedacht,
Da es flackert gen Himmel durch Nacht!“
 
 
Ich beruhigte Psyche und gab
Ihr Küsse und lockte sie vor —
Aus Bedenken und Dunkel hervor;
Und wir schritten den Baumgang hinab,
Bis am Ende uns anhielt das Tor
Einer Gruft – ein märchenhaft Grab.
„Schwester,“ sprach ich, „was schrieb man aufs Grab —
An das Tor von dem Wundertume?“
„Ulalume!“ sprach sie; „in dem Grab
Ruht verloren für dich Ulalume!“
 
 
Und mein Herz wurde düster umwoben,
Wurde dürr wie der Bäume Zier; —
Wurde welk wie der Bäume Zier;
Und ich schrie: „Es war sicher Oktober
In der nämlichen Nacht, da ich hier
Im Vorjahr gewandert – und hier
Eine Last hertrug, fürchterlich mir!
Diese Nacht aller Jahrnächte mir,
Welcher Dämon verführte mich hier?
Gut kenn’ ich den See jetzt von Auber —
Diese nebligen Gründe von Weir —
Gut kenn’ ich den Dunstsumpf von Auber —
Dieses spukhafte Waldland von Weir.“
 

DIE GLOCKEN

I
 
Hört der Schlittenglocken Klang —
Silberklang!
Welche Welt von Lustigkeit verheißt ihr heller Sang!
Wie sie klingen, klingen, klingen
In die Nacht voll Schnee und Eis,
Während sprüh die Sterne springen,
Zwinkernd sich zum Reigen schlingen
Im kristallnen Himmelskreis:
Halten Schritt, Schritt, Schritt,
Tanzen Runenrhythmen mit
Zu der kleinen klaren Glocken süßem Singesang,
Zu dem Klang, Klang, Klang, Klang,
Klang, Klang, Klang —
Zu dem Singen und dem Schwingen in dem Klang.
 
II
 
Hört der Hochzeitsglocken Klang —
Goldnen Klang!
Welche Welt von Seligkeit verheißt ihr voller Sang!
Wie ihr Läuten lauter lacht
Durch den Balsamduft der Nacht!
Aus dem holden goldnen Schwall,
Wie altgewohnt,
Fliegen leicht die Töne all
Hin zur Turteltaube, die beim frohen Schall
Schielt zum Mond.
O wie schwillt im Überschwang
Ein Guß von hohem Feierklang so voll die Nacht entlang!
Hochgesang —
Hoffnungssang
Auf der Zukunft heitern Gang!
Freude treibt zu schnellerm Drang
Dieses Ringen und das Schwingen
In dem Klang, Klang, Klang —
In dem Klang, Klang, Klang, Klang,
Klang, Klang, Klang —
Dieses Quellen und das Schwellen in dem Klang.
 
III
 
Hört der Feuerglocken Klang —
Bronznen Klang!
Welch ein Aufruhr stürmt daraus so schreckenvoll und bang!
Wie ihr Schreien Schreck entfacht
In durchbebter Luft der Nacht!
Zu entsetzt, um klar zu sein,
Können sie nur schrein, nur schrein,
Ohne Takt
Rufen sie in lautem Lärmen um Erbarmen an das Feuer,
Zanken in verrücktem Toben mit dem tollen tauben Feuer.
Höher, höher, ungeheuer
Springt verlangend auf das Feuer;
In verzweifeltem Bemühn,
Bis zum Mond emporzusprühn,
Sind die Flammen steilgezackt.
O, der Klang, Klang, Klang!
Wie er grauenvoll und bang
Alles schreckt!
Wie er schauert, schallt und braust,
Daß den Lüften bangt und graust,
Wie er aller Orten lähmendes Entsetzen weckt!
Dennoch hört das Ohr sie gut
Durch das Schallen
Und das Hallen:
Ebbe der Gefahr und Flut;
Dennoch nimmt das Ohr es wahr
Durch das Zanken
Und das Schwanken:
Flutet oder ebbt Gefahr —
Durch das Stocken und das Schwellen in dem schnellen
Glockenklang,
In dem Klang —
In dem Klang, Klang, Klang, Klang,
Klang, Klang, Klang —
Durch das Härmen und das Lärmen in dem Klang.
 
IV
 
Hört der Eisenglocken Klang —
Eisenklang!
Welche Welt von Trauer trägt ihr monotoner Sang!
In der Grabesruh der Nacht
Wie er uns erschauern macht
Durch das Trauern und das Drohen in dem Ton!
Denn die Klänge, die entrollen
Rostigen Glockenkehlen, tollen
Grollend fort.
O, die Wesen, die dort oben
In dem Glockenturme toben —
Einsam dort
Mit den monotonen Glocken —
Die da tollen, tollen, tollen,
Voll verschleiertem Frohlocken
Einen Stein aufs Herz uns rollen —
Leichenfressende Dämonen
Sind’s, die in den Glocken wohnen,
All im Sold
Ihres Königs, der da tollt,
Der da rollt, rollt, rollt,
Rollt
Triumph aus Glockenklang!
Und sein Busen schwillt im Drang
Des Triumphs aus Glockenklang.
Johlend tanzt er zu dem Sang;
Haltend Schritt, Schritt, Schritt
Tanzt er Runenrhythmen mit
Zum Triumph aus Glockenklang,
Glockenklang.
Haltend Schritt, Schritt, Schritt
Tanzt er Runenrhythmen mit
Zu dem Dröhnen in dem Klang,
In dem Klang, Klang, Klang —
Zu dem Stöhnen in dem Klang.
Haltend Schritt, Schritt, Schritt
An der Totenglocke Strang
Tanzt er Runenrhythmen mit
Zu dem Tollen in dem Klang,
In dem Klang, Klang, Klang,
Zu dem Rollen in dem Klang,
In dem Klang, Klang, Klang, Klang,
Klang, Klang, Klang —
Zu dem Trauern und dem Schauern in dem Klang.
 

TAMERLAN

 
Tröstlicher Sang für Mußestunden —
Das, Vater, ist mein Thema nicht.
Ich weiß, ich werde nie entbunden
Von mehr als irdischen Hochmuts Sünde
Durch Erdenmacht für Sehnsucht finde
Ich nicht die Zeit, für Träumen nicht.
Man nennt sie Hoffen – jene Glut!
Nichts ist sie als Begehrens Wut!
Könnte ich hoffen – Gott! ja, dann
Hieß ich nicht Narr dich, alter Mann.
 
 
Begreifst du eines Geistes Scham,
Der tief gebeugt nach höchstem Flug?
O schmachtend Herz! von dir bekam
Dein Welken ich mit all dem Trug
Von Ruhmbegier, den heißen Glanz,
Um meinen Thron den Strahlenkranz,
Der Hölle Heiligenschein! und Not,
Die nicht in Hölle heißer loht.
O drängend Herz, das nach der Wonne
Verlorner Blumen, nach der Sonne
Der alten Sommerstunden schreit! —
Die ewige Glocke jener Zeit,
Die starb, sie singt nun ohne Enden
Eintönig, wie von Zauberhänden
Geläutet, deiner Nichtigkeit
Ein unsterbliches Grabgeläut.
 
 
Ich war nicht immer so wie jetzt:
Dies Diadem, das fiebrisch hetzt,
Krönt eines Usurpators Gier.
Gab gleiche feurige Erbschaft nicht
Dem Cäsar Rom – wie dieses mir?
Das Erbe königlicher Kraft
Und stolzer Mut und Zuversicht,
Die alles Menschliche errafft!
 
 
Auf Bergeserde ward ich Leben.
Nachtnebel gossen ihren Tau
Aufs Haupt mir aus dem dunklen Grau;
Ich glaube, daß der Lüfte Weben,
Zu ungestümem Sturm erregt,
Durch dies mein eignes Haar gefegt.
 
 
So spät vom Himmel – Tau – er fiel
(In Träumen unheiliger Nacht)
Auf mich herab wie Höllenspiel;
Und Flammen, glühendrot entfacht
Aus Wolken, die gleich Bannern hingen,
Erschienen halbgeschloßnem Blick
Als Prunk von Herrschermacht und Glück;
Und des Trompeten-Donners Klingen
Umbrauste mich wie Wirbelwind
Und sprach von Menschenschlacht, darinnen
Die meine Stimme – dummes Kind! —
(Was würde ich vor Lust beginnen
Bei solchem Schrei – erlebt’ ich dies!)
Schlachtruf des Sieges schallen ließ.
 
 
Der Regen kam herab auf mein
Schutzloses Haupt, und schwerer Wind
Machte mich toll und taub und blind:
Es mochten wohl nur Menschen sein,
Die Lorbeer auf mich niederwarfen,
So dachte ich; der Sturm der scharfen
Eisigen Luft hat in mein Ohr
Hineingegurgelt das Zertrümmern
Von Kaiserreichen – mit dem Wimmern
Gefangener Feinde – Stimmenchor
Des Trosses und den Schmeichelton
Ringsher um eines Herrschers Thron.
 
 
Meine Gier, seit jenen Unglücksstunden,
Ward Tyrannei, die ich erstrebte;
Man hielt sie, seit ich Macht gefunden,
Für meines Innern Grundgebot.
Nun sei’s! Doch, Vater, einer lebte,
Der damals – da ich jung und sie
In stärkerm Feuer noch geloht
(Denn Leidenschaften sterben früh) —
Der damals selbst gewußt, daß, ach,
Dies eisern Herz in Liebe schwach.
 
 
Mir fehlen Worte, um zu sagen,
Wie gutes Lieben Freude flicht!
Noch würde ich zu zeichnen wagen
Ein mehr als schönes Angesicht,
Des Züge meinem Geiste sind —
Schatten im unbeständigen Wind:
Gleich wie mein Aug’, mein zögernd mattes,
Die Lettern irgendeines Blattes
Und alle Wissenschaft darin
Zu Phantasien ohne Sinn
Oft schmelzen sah – zu Nichts dahin.
 
 
O, sie war all der Liebe wert!
Und so der Kindheit Liebe war,
Daß Engel neidvoll sie begehrt;
Ihr junges Herz war der Altar,
Auf dem als Weihrauch lag mein Hoffen
Und Denken – damals gute Gaben,
Denn kindlich waren sie und offen;
Ihr Beispiel strahlte rein dem Knaben.
O, warum mußte ich’s verlassen,
Um im Vertrauen auf das Feuer,
Das innen brannte ungeheuer,
Verwegen nach dem Licht zu fassen?
 
 
Wir wuchsen liebend auf – zusammen —
Durch Wildnis streifend wie das Wild;
In Frostzeit meine Brust ihr Schild,
Ihr Schild im frohen Sommerflammen.
Sie sah wohl lächelnd himmelwärts,
Mein Himmel war ihr Aug’ allein.
Der Liebe Lehrer ist – das Herz:
Wenn mitten in dem Sonnenschein
Und jenem Lächeln – nicht etwa,
Um kleine Sorgen wett zu machen
Noch über Schelmerei zu lachen —
Wenn mittendrin es wohl geschah,
Daß ich mich warf an ihre Brust
Und daß, des Grundes kaum bewußt,
Mein Geist in Tränengüssen bangte,
Da tat’s nicht not, mich zu bekennen,
Ihr tröstend meinen Schmerz zu nennen —
Sie, die nach keinem Grund verlangte,
Ließ, ohne Ängste kund zu tun,
Ihr ruhiges Auge auf mir ruhn.
 
 
Dennoch war mehr denn Liebe wert
Mein Geist, er rang in wildem Weh,
Da ihn – allein auf Bergeshöh —
Der Ehrgeiz neuen Ton gelehrt;
Ich lebte einzig nur in dir:
Die Welt und alles, was sie hier
In Erde, Luft und Meer umfaßt —
All ihre Lust – all ihre Last —
Gab neue Freude; ideale
Traumnächtig dunkle Nichtigkeiten —
Dunklere Nichtse, doch reale
(Schatten – und schattenhafteres Gleiten
Von Licht) auf Nebelschwingen kamen
Und wurden also, wirr vereint,
Dein Bildnis und – ein Name – Name!
Zwei Dinge, fremd – doch eng vereint!
 
 
Ehrsüchtig, Vater, war dein Sohn.
Kanntest du Leidenschaft? – Nein – nein!
Ein Ärmster sann ich einen Thron
Der halben Welt als mein – als mein —
Noch grollend über niedres Los.
Und doch, es waren Träume bloß,
Die mit dem Dampf des Taus verflogen
Gleich jedem andern Traum, vom Strahl
Der Schönheit lieblich angezogen,
Der meinem Geist das Dunkel stahl.
 
 
Wir schritten beide auf der Krone
Weit hohen Bergs, der niederschaute
Auf stolz getürmte Felsenthrone —
Auf Wald, der Höhen überbaute —
Auf Hügel, die sich talwärts senkten
Und tausend Quellen Leben schenkten.
 
 
Ich sprach zu ihr von Ruhm und Macht,
Geheimnisvoll, als sollte dies
Gerede zu nichts anderm taugen
Als nur zum Spiel; in ihren Augen
Las ich, vielleicht zu unbedacht,
Ein Fühlen, das Verstehen hieß.
Ihr klar Erröten schien zu schön
Zu kleiden königliche Höhn,
Als daß es immerfort allein
Licht in der Wildnis sollte sein.
 
 
Dann hüllte ich mich selbst in Glanz
Mit eingebildeter Krone auf —
Nicht war’s, daß Phantasie allein
Mich hold geschmückt mit ihrem Kranz,
Nein, daß im großen Menschenhauf
Der Löwe Ehrsucht lahm und klein
Sich duckt vor eines Wächters Hand.
Doch nicht in Wüsten, wo der Starke,
Der Wilde schwört, mit ihrem Marke
Zu schüren seines Feuers Brand!
 
 
Blick um dich jetzt auf Samarkand!
Ist sie nicht Königin der Erde?
Sind alle Städte mehr denn Herde
Vor ihrer hohen Herrscherhand?
Steht sie erhaben nicht, allein,
Im Glanz, den je die Welt gekannt?
Fiel sie – könnt’ nicht ihr ärmster Stein
Der Sockel eines Thrones sein? —
Und wer ihr Herrscher? – Timur – er,
Den das erstaunte Volk allda
– Gekrönten Räuber! –  stolz und hehr
Hin über Reiche schreiten sah!
 
 
O Menschenliebe! Ausgegossen
Als Geist von allem, was erschlossen
Uns zeigen mag die Himmelswelt!
Die du, wie Regen frisch bestellt
Schirokko-dürres Sommerfeld,
Die Seele segnend tränkst und näßt
Und doch das Herz in Wildnis läßt!
Begriff, der alles rings, das lebt,
Mit seltsamer Musik umschwebt
Und wunderlicher Prachtgebärde —
Lebwohl! denn ich gewann die Erde.
 
 
Als Adler Hoffnung hoch im Flug
Gen Himmel nichts mehr höher sah,
Besänftigt wandte er sich da,
Daß seine Schwinge heimwärts schlug.
War Sonnenuntergang: wenn weit
Die Sonne sinkt, kommt Düsterkeit
Ins Herz ihm, der noch gern erblickte
Den Glanz, den Sommersonne schickte.
Er wird den Duft des Abends hassen,
Wird lauschend vor dem Klang erblassen
Der Nacht (den Lauschern offenbar)
Als einer, der in Traumesbann
Entfliegen möchte, doch nicht kann,
Vor einer nahenden Gefahr.
 
 
Wenn Mond, der weiße Mond, auch ganz
Ausschüttet seines Mittags Glanz,
Sein frostig Lächeln, sein Geleit
Scheint jener Zeit der Düsterkeit
Ein Bild aus Tagen nach dem Tod.
Jugend ist eine Sommersonne,
Die nichts uns läßt von Wert und Wonne,
Wenn sie verschwand, nur Nichts und Not.
Denn alles Wissen, dem wir lebten,
Ward uns; was wir zu halten strebten,
Entfloh; so laß das Erdenwallen
Mit seiner Mittagsschönheit fallen,
Die alles ist. – Ich eilte her
Zu meinem Heim – mein Heim nicht mehr —
Denn was es je dazu gemacht,
War fort; trat ich auch sanft und sacht
Durch seine moosige Tür, es drang
Vom Schwellenstein der Stimme Klang
Von einer, die ich einst gekannt.
Ich leugne, Hölle, daß dein Brand
Mehr Demut brennt als nun mein Herz,
Mehr Wehmut kennt als nun mein Schmerz!
 
 
Vater, ich glaube fest – ich weiß
Denn Tod, der kommt aus Segensferne,
Die ohne trügerisches Hoffen,
Er ließ sein eisern Tor weit offen,
Und strahlend glühn der Wahrheit Sterne
Durch Ewigkeit und flammen heiß —
Ich glaube, einen Fallstrick hat
Satan auf jedem Menschenpfad;
Denn wie sonst konnte dieses sein:
Als ich gelebt im heiligen Hain
Der Göttin Liebe, die so rein
Alltäglich salbt die schneeige Schwinge
Im Weihrauch frommer Opferbrände
Und andrer unbefleckten Dinge,
Im Haine, dessen Dach und Wände,
Wo Lücken läßt das Laubgewind,
Mit Strahlen eng vergittert sind,
Durch die kein Stäubchen, keine Mücke,
Ausweichend ihrem Adlerblicke,
Eindringen kann – wie sonst denn war
Dies möglich, daß nicht wahrnehmbar
Die Ehrsucht dort ins Glück gedrungen,
Bis dreister sie emporgesprungen
Hohnlachend in der Liebe Haar?
 

DAS KOLOSSEUM

 
Urbild des alten Rom! Reliquienschrein
Für Schaun und hohen Traum, den in die Zeit
Jahrhunderte von Pracht und Macht gestellt!
Nun endlich – endlich – nach so vielen Tagen
Von Wandermüdigkeit und gierem Durst
(Von Durst zum Quell des Wissens, den du birgst)
Ein andrer und demütiger kniee ich
In deinem Schatten nun und trinke ein
Dein ragend Düster, deinen Glanz und Ruhm.
 
 
Unendlichkeit und Öde! Schwermut, Schweigen!
Uralter Zeit Erinnern – düstere Nacht!
Ich fühl euch jetzt – fühl eure ganze Wucht —
O Zauber, stärker als Judäas König
Voreinst gelehrt im Berg Gethsemane!
O Wunder, machtvoller als der Chaldäer
Jemals verzückt aus stillen Sternen zog!
 
 
Hier, wo ein Held einst stürzte, stürzt die Säule.
Hier, wo ein goldner toter Adler glänzte,
Hält mitternächtig Wacht die Fledermaus.
Hier, wo der Damen Roms vergoldet Haar
Im Winde wehte, wogt nun Ried und Distel.
Hier, wo auf goldnem Thron der Herrscher lehnte,
Schlüpft geisterhaft aus ihrem Marmorhaus,
Vom Schein des zwiegehörnten Monds beleuchtet,
Die flinke Echse schweigend über Steine.
 
 
Doch halt! Die Mauern – diese Bogengänge,
Hochauf von altem Efeu eingekleidet,
Die schwarzen bröckeligen Säulensockel
Und düstern Schäfte, dunklen Kapitäle,
Zerfallenden und fast verblaßten Friese,
Zersprungnen Kranzgebälke – dieses Wrack —
All diese Steine – ach, die grauen Steine —
Sind sie denn alles, was der Zahn der Zeit
Von all dem Ruhm und ungeheuren Glanz
Für mich und für das Schicksal übrig ließ?
 
 
„Nicht alles – “ geben mir die Echos Antwort —
„Nicht alles, nein! Prophetische Klänge steigen —
Und laute Klänge – ewig von uns auf,
Von allen Trümmern zu den Weisen auf,
Wie Melodie von Memnon steigt zur Sonne.
Wir leiten alle riesenhaften Geister!
In unumschränkter Macht beherrschen wir
Mit unserm Schwung die Herzen aller Großen.
 
 
Wir sind nicht leblos – wir erblichnen Steine.
Nicht alle Macht ist hin – nicht aller Ruhm —
Nicht aller Zauber unsres hohen Rufes —
Nicht all das Wunder, das uns rund umfaßt —
Nicht all Geheimnis, das in uns verborgen —
Nicht all Erinnern, das wie ein Gewand
Uns rund umhängt und überall bedeckt
Und das uns hüllt in mehr als Herrlichkeit!“
 

DIE STADT IM MEER

 
Weh! wunderliche einsame Stadt,
Drin Tod seinen Thron errichtet hat,
Tief unter des Westens düsterer Glut,
Wo Sünde bei Güte, wo Schlecht bei Gut
In letzter ewiger Ruhe ruht.
An Schlössern, Altären und Türmen hat
(Zerfreßnen Türmen, die nicht beben!)
Nichts Gleiches eine unsrige Stadt.
Von Winden vergessen, die wühlen und heben,
Stehn unterm Himmel die Wasser ringsum,
Schwermütige Wasser, ergeben und stumm.
 
 
Kein Strahlen vom Himmel kommt herab
Auf jener Stadt langnächtiges Grab.
Doch steigt ein Licht aus dem Meer herauf,
Strömt schweigend an kühnen Zinnen hinauf,
Hinauf an Türmen bis zum Knauf,
Hinauf an Palästen, an Zitadellen,
An Tempeln hinauf und an Babylonwällen,
Hinauf an vergessenen Laubengängen
Mit eingemeißelten Fruchtgehängen,
Hinauf an manchem Opferstein,
Auf dessen Friesen zu engem Verein
Verflochten Viola, Violen und Wein.
 
 
Stehn unterm Himmel die Wasser ringsum,
Schwermütige Wasser, ergeben und stumm.
Die Mauern und Schatten wie Nebelduft —
Es scheint, als hänge alles in Luft.
Vom Turm, der herrschend ragt und droht,
Schaut riesenhaft herab der Tod.
 
 
Geöffnete Tempel und Totengrüfte
Gähnen auf leuchtende Meeresschlüfte.
Doch nicht die blitzenden Juwelen
In goldner Götzen Augenhöhlen
Und nicht der reiche Tod verführen
Die starren Wasser, sich zu rühren:
Kein kleinstes Wellchen kommt in Gang
Die gläserne Einöde entlang,
Kein Kräuseln erinnert, daß weniger leer
Von Wind ist irgendein anderes Meer,
Nichts sagt, daß je ein Wehen war
Auf Meeren, die weniger grauenhaft klar.
 
 
Doch, o – es regt sich leis wie Wind!
Ein Wellen durch das Wasser rinnt —
Als ob die Türme im sachten Sinken
Die Flut verschöben zur Rechten und Linken —
Als ob schon die Spitzen inmitten des blassen
Himmels Lücken zurückgelassen.
Ein roteres Glimmen steigt heran —
Die Stunden halten den Atem an —
Und wenn die Stadt hinab, hinab
Von hinnen sinkt mit unirdischem Stöhnen,
Wird ihr von eintausend Thronen herab
Der Gruß der Hölle tönen.
 
Yaş sınırı:
12+
Litres'teki yayın tarihi:
22 ekim 2017
Hacim:
130 s. 1 illüstrasyon
Telif hakkı:
Public Domain

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