Kitabı oku: «Prozessberatung für die Organisation der Zukunft», sayfa 2

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I. TEIL

DEFINITION VON PROZESSBERATUNG

In diesem Teil des Buches wird das grundlegende Konzept der Prozessberatung definiert und mit anderen bedeutenden Beratungskonzepten verglichen. Prozessberatung ist eine Philosophie des Helfens – des Prozesses des Helfens und der hinter der Hilfeleistung für Einzelne, Gruppen, Organisationen und Gemeinschaften stehenden Haltung. Es ist mehr als ein Satz bestimmter Methoden, die sich mit anderen Methoden vergleichen lassen. Prozessberatung ist die entscheidende philosophische Grundlage für Organisationslernen und Organisationsentwicklung, da ein Großteil dessen, was der Berater tut, wenn er einer Organisation hilft, sich auf eine zentrale Annahme zurückführen lässt: Man kann einem menschlichen System nur dabei helfen, sich selbst zu helfen. Der Berater weiß nie genug über die gegebene Situation und Kultur einer Organisation, um dieser bestimmte Maßnahmen zur Behebung ihrer Probleme empfehlen zu können.

Wurde andererseits eine effektive helfende Beziehung mit einem Klientensystem aufgebaut, können Klient und Berater die Situation gemeinsam diagnostizieren und angemessene Gegenmaßnahmen entwickeln. Letztlich ist das Ziel der Prozessberatung also der Aufbau einer effektiven helfenden Beziehung. Was der Helfer/Berater dazu wissen und können sollte, welche Haltung zum Aufbau und Erhalt einer effektiven helfenden Beziehung nötig ist und wie diese Philosophie des Helfens umgesetzt werden kann, ist das zentrale Anliegen dieses Buchs.

Die Fähigkeit, eine helfende Beziehung aufzubauen und aufrechtzuerhalten, lässt sich in vielen zwischenmenschlichen Situationen einsetzen. Eine Therapie oder eine Beratung sind ohne eine solche Beziehung nicht denkbar. Doch ihr Anwendungsbereich beschränkt sich nicht nur auf jene Situationen, in denen die Hilfeleistung im Vordergrund der Beziehung steht. Die Fähigkeit, effektiv zu helfen, ist auch in der Ehe und Partnerschaft, gegenüber Freunden und Arbeitskollegen, Eltern und Kindern sowie gegenüber Schülern von Nutzen. Manchmal wird ausdrücklich um Hilfe gebeten, manchmal spüren wir ein Bedürfnis nach Hilfe, obwohl dies nicht ausgesprochen wird, und manchmal fühlen wir, dass andere Hilfe brauchen, obwohl ihnen selbst dies verborgen bleibt. Die Fähigkeit, darauf zu reagieren, die Helferrolle anzunehmen, wenn um Hilfe gebeten wird oder wenn sie unserem Empfinden nach angebracht ist, macht einen verantwortungsbewussten Menschen aus. Die Philosophie und Methodologie der Prozessberatung sind daher bedeutsam für sämtliche zwischenmenschlichen Beziehungen, nicht nur für jene, die offiziell unter Helfer-Klienten-Beziehung rangieren.

Bei der Betrachtung der nachfolgenden Konzepte sollte der Leser zur besseren Anschauung seine alltäglichen Lebenssituationen heranziehen. Ich selbst habe festgestellt, dass ich am meisten in familiären Situationen und in Freundschaften über helfende Beziehungen lernte und weniger bei offiziellen Beratungssituationen in Organisationen. Weiter habe ich festgestellt, dass es in einer offiziellen Hilfesituation oft dysfunktional ist, sich zu sehr auf »Technik« oder »Methoden« zu konzentrieren statt auf die zwischenmenschliche Realität, die sich aus der Interaktion von Menschen ergibt, die eine Beziehung aufbauen wollen. So wie der Künstler zuerst lernen muss zu sehen, bevor er etwas schaffen kann, muss der Helfer lernen zu erkennen, was genau bei der Entstehung einer Beziehung vor sich geht, die Hilfe ermöglicht.

In den folgenden Kapiteln möchte ich dem Leser dabei helfen, das Geschehen besser zu sehen, und ihm grundlegende Konzepte und vereinfachende Modelle an die Hand geben, um dieses Geschehen besser erfassen und analysieren zu können. Das erste Kapitel enthält einige grundlegende Definitionen, stellt drei verschiedene Beratungs- bzw. Hilfemodelle vor und beleuchtet, inwiefern diese sich unterscheiden. Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit den Hintergründen und spricht psychodynamische Aspekte an, mit denen sich Helfer und Hilfeempfänger auseinander zu setzen haben. Im dritten Kapitel werden die Auswirkungen dieser psychodynamischen Aspekte im Hinblick auf den Aufbau einer helfenden Beziehung untersucht, und es wird der Begriff des »aktiven Fragens« eingeführt. Das vierte Kapitel beschäftigt sich eingehender mit dem Konzept des »Klienten« und stellt im Zusammenhang mit verschiedenen Beratungssituationen, die sich im Verlauf einer Beratung ergeben (vor allem bei der Beratung einer Organisation oder Gemeinschaft), die einzelnen Kliententypen vor. Im zweiten Teil werden sodann Konzepte und vereinfachende Modelle vorgestellt, die dem Berater beim Verständnis der zwischenmenschlichen Realität helfen, auf die er im Verlauf der Beratung trifft.

Nachdem ich es mit einer Vielzahl verschiedener Situationen zu tun hatte, in denen Hilfe benötigt wurde, gelangte ich zu einigen allgemeinen Prinzipien, die meines Erachtens auf all diese Situationen zutreffen. Diese Prinzipien werden in verschiedenen Kapiteln entwickelt.


1. Kapitel

Was ist Prozessberatung

Dieses Buch beschäftigt sich mit den psychologischen und sozialen Prozessen, die eine Rolle spielen, wenn ein Mensch einem anderen zu helfen versucht. Ob ein Therapeut einem Patienten hilft oder mit einer Gruppe arbeitet, ein Elternteil einem Kind zur Seite steht, ein Freund seinem Freund oder ein Organisationsberater mit Managern arbeitet, um eine Organisation zu verbessern – es handelt sich dabei stets um dieselben grundlegenden Dynamiken. Das, was sich zwischen einem Helfer und dem Menschen, dem geholfen wird, abspielt, ist das, was ich »Prozessberatung« nenne.1

Die Betonung liegt auf »Prozess«, da es meines Erachtens genauso wichtig oder sogar noch wichtiger ist, wie die Angelegenheiten zwischen Menschen oder Gruppen geregelt werden, als was geregelt wird. Das Wie, oder der »Prozess«, verdeutlicht in der Regel eher als das Gesagte, worum es uns wirklich geht. Allerdings haben wir mit dem Prozess häufig weniger Erfahrung. Wir denken zu wenig »in Prozessen«, richten zu wenig das Augenmerk auf sie und setzen sie kaum zur Erreichung unserer Ziele ein. Es ist eher so, dass wir an Prozessen teilnehmen oder welche in Gang setzen, die sogar unseren Zielen entgegenarbeiten. Daher ist es entscheidend, sich mit interpersonellen Prozessen, Gruppen- und Organisationsprozessen sowie Prozessen in Gemeinden zu beschäftigen, sofern man die Funktionsweise von zwischenmenschlichen Beziehungen, Gruppen und Organisationen verbessern will.

Im Folgenden werde ich beschreiben, was Prozessberatung ist und welche Rolle sie im täglichen Leben und in der Organisationsentwicklung sowie bei Veränderungen und Lernprozessen spielt. Jede Form der Beratung impliziert, dass eine Person einer anderen hilft. Daher konzentriert sich diese Analyse darauf herauszufinden, was genau in einer zwischenmenschlichen Situation hilfreich ist und was nicht. Des Weiteren betrachte ich Prozessberatung als entscheidend am Anfang und beim weiteren Verlauf einer jeden Organisationsentwicklung (OE) und eines jeden Lernprozesses. Organisationsentwicklung wird in der Regel als ein geplantes, organisationsweites Programm definiert, aber die einzelnen Komponenten, aus denen sie sich zusammensetzt, sind Aktivitäten, die der Berater mit Einzelnen oder mit Gruppen durchführt. Die Art und Weise, in der dies geschieht, spiegelt die der Prozessberatung zugrundeliegenden Annahmen wider. In letzter Zeit wurden vor allem Lern- und Veränderungsprozesse in Organisationen betont, es muss daher die Beziehung der Prozessberatung zu diesen Prozessen erläutert sowie ein Modell und eine Theorie des Helfens erstellt werden, die sämtliche dieser Organisationsprozesse einbezieht. Der zentrale Fokus bleibt jedoch auf der OE, da diese meines Erachtens ein allgemeiner Prozess ist, der Lern- und Veränderungsprozesse beinhaltet.

Im Mittelpunkt eines jeden Programms zur Verbesserung einer Organisation hat die Schaffung einer Situation zu stehen, die Einzelnen und/oder Gruppen Lernen und Veränderungen ermöglicht. Doch wie erreicht der Berater die Bereitschaft, sich auf Lern- und Veränderungsprozesse einzulassen? Wie wird der Berater Trainer, Lehrer, Mentor oder Coach bei Lern- und Veränderungsprozessen? Wie arbeitet der Berater mit den Schlüsselfiguren einer Organisation, um mit ihnen ein organisationsweites Programm zu planen, und/oder als Berater, falls Ängste und Bedenken bei diesen Schlüsselfiguren den Erfolg der gemeinsamen Anstrengungen zu gefährden drohen?

Bei der Behandlung dieser und anderer Fragen versuche ich zu zeigen, dass der Operationsmodus, für den der Berater sich immer wieder neu entscheidet, den entscheidenden Faktor für den Erfolg der Beratung darstellt. Der Berater muss lernen, zwischen folgenden Positionen zu unterscheiden: (1) der Beraterrolle des Experten, der dem Klienten sagt, was er zu tun hat; (2) dem Verkauf von Lösungen, die der Berater für gut hält, oder dem Verkauf von Techniken, deren Handhabung dem Berater vertraut ist; oder (3) der Miteinbeziehung des Klienten in einen Prozess, den letztendlich sowohl Klient wie Berater als hilfreich empfinden. Wie im weiteren Verlauf gezeigt wird, beruhen diese drei Modi auf grundlegend verschiedenen Modellen darüber, was »Hilfe« beinhaltet, und diese Modelle wiederum fußen auf vollkommen unterschiedlichen Annahmen dazu, was eigentlich Wirklichkeit ist und was Hilfe ausmacht.

In den letzten Jahren erlebte der Bereich Beratung einen Boom, doch nach wie vor herrscht Unklarheit über die Konzepte von Beratung und darüber, was Berater eigentlich für die Organisationen tun, wie sie ihre Arbeit anpacken und wie sie Hilfe verstehen. Leute, die sich Organisationsberater nennen, liefern zum Beispiel Informationen, analysieren mit Hilfe von eigenen Diagnosemethoden Informationen, identifizieren und diagnostizieren komplexe Probleme, für die sie Lösungen empfehlen, helfen Managern, schwierige oder unpopuläre Entscheidungen umzusetzen, unterstützen diese Manager und stärken ihnen den Rücken.

Viele Analytiker des Beratungsprozesses argumentieren, dieser Prozess funktioniere nur, wenn der Klient genau weiß, was er will, und wenn der Berater auf das spezifische Problem zugeschnittene Lösungen anbieten kann. In einem solchen Modell werden die Klienten, wenn sie unzufrieden sind, beschuldigt, nicht klar genug ihre Wünsche ausgedrückt oder nur unwillig den Empfehlungen des Beraters gefolgt zu sein. Nach meiner Erfahrung jedoch wissen Hilfesuchende oft nicht, was sie eigentlich wollen, und man sollte dies auch nicht von ihnen erwarten. Sie sind sich nur insoweit sicher, dass etwas nicht so läuft, wie es laufen sollte, oder ein Ideal nicht erfüllt wird und deshalb Hilfe in Anspruch genommen werden sollte. Zu jedem Beratungsprozess gehört daher notwendigerweise, dem Klienten dabei zu helfen, seine Probleme oder Anliegen einzukreisen und erst im Anschluss daran über die Art der benötigten Hilfe zu entscheiden. Manager in einer Organisation spüren häufig, dass nicht alles so ist, wie es sein sollte, aber ihnen fehlt die Handhabe, aus diesen vagen Gefühlen klare Erkenntnisse zu destillieren, die konkrete Maßnahmen ermöglichen.

Der Beratungsmodus, den ich im Folgenden detailliert beschreiben werde, beschäftigt sich vor allem mit Situationen, wie ich sie hier vorstellte. Der Berater, der nach dem Prozessberatungsmodus vorgeht, erwartet vom Manager nicht, dass er bereits weiß, was im Argen liegt, welche Hilfe benötigt wird oder was der Berater tun könnte. Für einen konstruktiven Prozessbeginn ist nichts weiter nötig als der Wunsch des Klienten, etwas zu verbessern und dazu Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Beratungs prozess selbst hilft dann dem Klienten dabei, die Diagnoseschritte festzulegen, die letztendlich das Maßnahmenprogramm und die konkreten Veränderungen bestimmen, aus denen sich eine Verbesserung der Situation ergibt.

Beratungsmodelle und die impliziten Annahmen, auf denen sie beruhen

Am besten lassen sich Beratungs- und helfende Prozesse unterscheiden anhand einer Analyse ihrer impliziten Annahmen bezüglich des Klienten, bezüglich des Wesens der Hilfe, der Rolle des Beraters und bezüglich der letztendlichen Natur der Wirklichkeit, in der sich Klient und Berater bewegen. Die drei Grundmodelle, die nachfolgend diskutiert werden, lassen sich als verschiedene Operationsmodi auffassen und werden durch die drei verschiedenen Rollen definiert, die Beratern zur Verfügung stehen, wenn sie einem Klienten helfen. Diese drei Modelle lassen sich ebenso auf die verschiedenen Methoden anwenden, nach denen wir vorgehen, wenn wir in unserem Alltagsleben einem Hilfe suchenden Kind, Ehepartner oder Freund helfen wollen. Der Hauptgrund für die klare Unterscheidung zwischen den drei Modellen liegt darin, dass der Helfer sich von einem Augenblick zum anderen entscheiden muss, welche Rolle er gerade innehat oder welches Hilfemodell er anwendet. Doch alle drei Modelle gehen davon aus, dass Hilfe die primäre Funktion der Beratung ist. Das Konzept der Hilfe nimmt bei diesem Beratungsansatz eine derart zentrale Stelle ein, dass man nicht umhin kommt, es als das erste übergreifende Prinzip für den Umgang mit dem anderen aufzufassen.

ERSTES PRINZIP

Versuche stets zu helfen

Beratung bedeutet zu helfen. Es versteht sich von selbst, dass ich ohne die Bereitschaft, zu helfen und daran zu arbeiten, wohl keine helfende Beziehung herstellen kann. Jeder Kontakt sollte, soweit möglich, als hilfreich wahrgenommen werden.

Allerdings beruhen die drei Modelle auf grundverschiedenen Annahmen darüber, was Hilfe in jeder gegebenen Situation ausmacht. Und sie unterscheiden sich außerordentlich in ihren möglichen Konsequenzen. In jeder Situation, in der Hilfe angeboten oder um sie nachgesucht wird, müssen wir uns über die wirklichen Abläufe im Klaren sein und über die Helferrolle, die wir annehmen. Wir können nicht alle drei Rollen gleichzeitig ausfüllen, uns bleibt also nichts anderes übrig, als uns dessen bewusst zu sein, welche Rolle wir in der jeweiligen Situation vorziehen. Und um uns dessen bewusst zu sein, müssen wir fähig sein, die jeweilige Wirklichkeit zu entschlüsseln und zu erfahren sowie uns dieser Wirklichkeit entsprechend zu verhalten. Unter Wirklichkeit verstehe ich ein Gefühl für innere Vorgänge – dafür, was in einer Situation in mir oder einer oder mehreren anderen Personen vorgeht, und dafür, wie diese Situation selbst zu verstehen ist. Wunschdenken, Klischees, Projektionen, Erwartungen, frühere Pläne und alles andere, was eher auf alten Vorstellungen oder psychologischen Bedürfnissen beruht als auf Fakten aus dem Hier-und-Jetzt, behindern in der Regel eine weise Entscheidung darüber, wie man am besten hilft.

Dieses Wirklichkeitskonzept beruht auch auf der epistemologischen Annahme, dass die Kultur und das Denken die äußere Realität schaffen, in der wir uns bewegen, und dass wir uns daher in einem steten wechselseitigen Prozess der Entschlüsselung der Vorgänge um uns befinden. Weder der Berater noch die hilfesuchende Person können eine objektive äußere Realität definieren, die außerhalb ihrer Beziehung und des kulturellen Kontexts existiert. Doch zusammen können sie umreißen, wie ihre aktuellen Annahmen und Wahrnehmungen diese Realität schaffen und wie sie mit dieser Realität im Sinne des Klienten am besten umgehen, dem es um eine Verbesserung der Situation geht. Das zweite übergreifende Prinzip, das den Helfer/Berater in seinem Vorgehen leiten sollte, ist daher, sich stets mit der Realität des Hier-und-Jetzt auseinanderzusetzen.

ZWEITES PRINZIP

Verliere nie den Bezug zu der aktuellen Realität.

Ich kann nicht helfen, wenn ich mir nicht über die Realität im Klaren bin, d.h. darüber, was in mir und im System des Klienten vorgeht. Daher sollte jeder Kontakt zu jedem Angehörigen des Klientensystems sowohl für den Klienten als auch für mich weitere Informationen liefern zur Diagnose des aktuellen Standes des Klientensystems und zu der Beziehung zwischen dem Klienten und mir.

1. Modell: Der Einkauf von Informationen oder das Expertenmodell: Telling and Selling

Das Telling-and-selling-Modell der Beratung geht davon aus, dass der Klient vom Berater Informationen und eine Expertendienstleistung erwirbt, die er selbst nicht erbringen kann. Der Käufer, gewöhnlich ein einzelner Manager oder der Vertreter einer Gruppe in der Organisation, definiert ein Bedürfnis und folgert, dass die Organisation weder über die Ressourcen noch über die Zeit verfügt, dieses Bedürfnis zu befriedigen. Daher wird ein Berater eingeschaltet, um diese Informationen oder diese Dienstleistung zu erbringen. Möglicherweise möchte ein Manager mehr über das Befinden einer bestimmten Kundengruppe herausfinden, oder er will wissen, wie eine Gruppe seiner Angestellten auf eine neue Personalpolitik reagieren wird oder wie das Arbeitsklima in einer bestimmten Abteilung beschaffen ist. Dann wird er einen Berater beauftragen, eine Erhebung mittels Interviews oder Fragebögen durchzuführen und die Daten zu analysieren.

Es kann auch sein, dass der Manager eine bestimmte Gruppe neu organisieren und vom Berater wissen will, wie solche Gruppen in anderen Unternehmen organisiert werden – zum Beispiel wie in Anbetracht der modernen Informationstechnologie die Buchhaltung und das Controlling organisiert werden können. Oder der Manager möchte das eine oder andere über Konkurrenzunternehmen in Erfahrung bringen, wie etwa ihre Marketingstrategie oder welcher Anteil ihrer Produktpreise durch die Produktionskosten bestimmt wird, wie sie ihre Forschungs- und Entwicklungsfunktionen organisieren, wie viele Beschäftigte sie in einer typischen Fabrik haben usw. Er beauftragt dann vielleicht einen Berater, um diese anderen Unternehmen zu studieren und ihm die entsprechenden Daten zu liefern. In all diesen Fällen wird davon ausgegangen, dass der Manager weiß, welche Informationen oder Dienstleistung er wünscht und was der Berater ihm bieten kann.

Wie wahrscheinlich es ist, dass diese Art von Hilfe funktioniert, hängt von folgenden Gegebenheiten ab:

1. Ob der Manager seine eigenen Bedürfnisse richtig erkannt hat.

2. Ob er diese Bedürfnisse dem Berater klarmachen konnte.

3. Ob er richtig eingeschätzt hat, inwiefern der Berater diese Informationen beschaffen bzw. diese Dienstleistung erbringen kann.

4. Ob er die Konsequenzen dieser Entscheidung bedacht hat, einen Berater diese Informationen einholen zu lassen oder die Veränderungen einzuleiten, die von diesen Informationen nahegelegt oder von dem Berater empfohlen werden.

5. Ob es eine externe Realität gibt, die sich objektiv studieren und übertragen lässt in Wissen, das dem Klienten dienlich ist.

Die häufige Unzufriedenheit mit Beratern und die niedrige Umsetzungsrate ihrer Empfehlungen sind leicht zu erklären, wenn man sieht, wie viele der obigen Annahmen erfüllt sein müssen, damit das Telling-and-selling-Modell effektiv sein kann. Des Weiteren sollte nicht außer Acht gelassen werden, dass der Klient in diesem Modell Macht abgibt. Der Berater wird beauftragt oder ermächtigt, für den Klienten wichtige Informationen oder wichtiges Know-how einzuholen. Doch sobald dieser Auftrag erteilt ist, wird der Klient abhängig von dem, was der Berater ihm liefert. Ein Großteil des Ressentiments gegenüber dem Berater in den späteren Stadien stammt vielleicht aus dieser anfänglichen Abhängigkeit und dem unangenehmen Gefühl, das dieses bewusst oder unbewusst beim Klienten hervorruft.

Dazu kommt, dass der Berater sich in diesem Modell versucht fühlen wird, alles zu verkaufen, was er weiß und worin seine Stärken liegen – für jemanden, der nur einen Hammer hat, scheint die ganze Welt aus Nägeln zu bestehen. Was die Gefahr in sich birgt, dass der Klient nicht richtig darüber informiert wird, welche Informationen oder Dienstleistungen ihm tatsächlich weiterhelfen würden. Und natürlich wird unterschwellig vermittelt, es gäbe »da draußen« dieses Wissen, das in das Klientensystem geholt werden muss, und dass der Klient diese Informationen oder dieses Wissen verstehen und für sich einsetzen kann. Zum Beispiel geben Organisationen häufig Umfragen in Auftrag, in denen die Einstellung ihrer Angestellten zu bestimmten Themen ermittelt oder die Unternehmenskultur »diagnostiziert« werden soll. Treffen dann die »Experten«-Daten in quantitativer Form ein, brüten die Manager nach meiner Erfahrung oft über den Balkendarstellungen und quälen sich damit ab, herauszufinden, was sie jetzt wissen, wenn sie schwarz auf weiß vor sich haben, dass 62 Prozent der Angestellten das System der Karriereentwicklung ihres Unternehmens als mangelhaft einstufen. Welchen Informationswert besitzt eine solche Aussage in Anbetracht der Probleme, ein Sample zu wählen, einen Fragebogen zu entwerfen, der Semantik von Wörtern wie Karriere und Entwicklung, der Frage, ob nun 62 Prozent in einen größeren Zusammenhang gestellt eher als gut oder schlecht zu bewerten sind, der Schwierigkeit, sich darüber klar zu werden, was die Angestellten sich bei der Beantwortung der Frage dachten, usw.? In dieser Situation ist Wirklichkeit ein schwer zu fassendes Konzept.

Die Prozessberatungsalternative

Im Gegensatz dazu geht es nach der Prozessberatungs-Philosophie darum, den Klienten und den Berater in einen Prozess der wechselseitigen und gemeinsamen Diagnose einzubinden, was nur die Realität widerspiegelt, dass zu diesem Zeitpunkt der Kontaktaufnahme weder Klient noch Berater genug wissen können, um zu definieren, welches Wissen und Know-how in der gegebenen Situation relevant sind. Der Berater ist bereit, mit einem einzelnen Klienten oder einer Organisation zu arbeiten, ohne einen klaren Auftrag zu erhalten, ein Arbeitsziel oder ein festumrissenes Problem genannt zu bekommen. Denn er geht davon aus, dass bei jedem Menschen, jeder Gruppe oder Organisation Prozesse verbessert und effizienter werden können, falls es gelingt, die Prozesse herauszufiltern, die die Gesamtleistung entscheidend beeinflussen. Es gibt keine perfekte Organisationsstruktur und keinen perfekten Prozess. Jede Organisation hat ihre Stärken und Schwächen. Daher sollte ein Manager, wenn er das Gefühl hat, etwas liege im Argen, da Leistung und Moral zu wünschen übrig lassen, nicht überstürzt handeln, bevor er sich über die Stärken und Schwächen der gegenwärtigen Struktur und Prozesse seiner Organisation im Klaren ist.

Die Prozessberatung zielt vor allem darauf ab, dem Manager bei dieser Diagnose und der Entwicklung eines geeigneten, entsprechend dieser Diagnose ausgearbeiteten Handlungsplanes zu helfen. Dazu gehört implizit, dass weder Klient noch Berater Macht abgeben. Die beiden müssen sich die Verantwortung über die erlangten Erkenntnisse und geplanten Vorgehen teilen. Aus Sicht der Prozessberatung darf der Berater dem Klienten nicht das Problem abnehmen, sondern er muss sich darüber klar sein, dass dieses Problem ausschließlich das des Klienten ist und niemand sonst die Verantwortung dafür übernehmen kann. Der Berater kann nur die Hilfestellung geben, die der Klient braucht, um dieses Problem selbst zu lösen.

Eine gemeinsame Diagnose und Planung der Vorgehensweise ist allein deshalb unumgänglich, da der Berater so gut wie nie genug über eine Organisation in Erfahrung bringen kann, um wirklich sagen zu können, welche Vorgehensweise die beste ist oder welche Informationen wirklich weiterhelfen würden, denn die Art und Weise, wie die Mitglieder einer Organisation eine Information gedanklich verarbeiten und darauf reagieren, ist geprägt durch ihre Traditionen, ihre Werte und ihre unausgesprochenen Annahmen – d.h. durch die Kultur ihrer Organisation und den Stil und die Persönlichkeit ihrer entscheidenden Vertreter und Mitglieder.2 Allerdings kann der Berater dem Klienten dabei helfen, selbst eine gewisse Diagnosefertigkeit zu erlangen und so Probleme besser lösen zu können. Es ist ein wesentlicher Gedanke der Prozessberatungsphilosophie, dass die Lösung von Problemen länger Bestand hat und effektiver ist, wenn die Organisation lernt, diese Probleme selbst zu lösen. Eine Aufgabe des Beraters besteht darin, Diagnose- und Problemlösungsmethoden zu vermitteln, er sollte jedoch nicht versuchen, die Probleme selbst zu lösen, es sei denn, er ist überzeugt, über die entsprechende Information und Erfahrung zu verfügen. Der Berater muss sich stets mit der Realität auseinandersetzen, wie sie sich durch die Zusammenarbeit mit dem Klienten herausschält, und es vermeiden, sich auf seine eigenen a priori gewonnenen Annahmen zu verlassen.

Auch in anderen Situationen, in denen Hilfe gesucht wird, muss, bei näherer Betrachtung, dieselbe Entscheidung zwischen Expertenmodus und Prozessberatungsmodus getroffen werden. Wenn mich mein Kind bittet, ihm bei einer Rechenaufgabe zu helfen; wenn mich ein Student nach einer bestimmten Auskunft bei einem Managementproblem bittet; wenn ich an einer Straßenecke nach dem Weg gefragt werde; wenn ein Freund von mir wissen will, welchen Film ich ihm empfehlen könnte; wenn mich meine Frau fragt, was sie zu einer Party anziehen soll, muss ich umgehend verarbeiten, worum es bei dieser Frage oder Bitte wirklich geht und welche Antwort oder Reaktion tatsächlich weiterhilft. Wie sieht die Realität in der jeweiligen Situation gerade aus?

Am einfachsten ist es, jede Bitte wortwörtlich zu verstehen und das Telling-and-selling-Modell anzuwenden – das heißt, auf die eigene Erfahrung zurückzugreifen und einfach die vorliegende Frage zu beantworten. Doch nicht selten verbirgt sich hinter der vorliegenden Frage ein tieferes Anliegen. Vielleicht will das Kind mit mir zusammen sein und ihm fiel nichts anderes ein, als das Rechenproblem vorzuschieben, um meine Aufmerksamkeit zu gewinnen. Vielleicht bewegt den Studenten eine ganz andere Frage, die er nicht zu stellen wagt. Vielleicht sucht der Fremde, der mich nach dem Weg fragt, etwas ganz anderes, ohne es zu wissen. Mein Freund möchte sich vielleicht vorsichtig danach erkundigen, ob ich mit ihm ins Kino gehe. Meiner Frau geht es möglicherweise darum, mir etwas über ihre Garderobe mitzuteilen, oder die Party bereitet ihr aus irgendeinem Grund Kopfzerbrechen.

Die Gefahr bei der Beantwortung der vorliegenden Frage liegt darin, dass das Gespräch dadurch beendet wird und der verborgene Anlass niemals ans Tageslicht kommen kann. Will ich helfen, muss ich ausreichend nachforschen, um entscheiden zu können, wo die Hilfe wirklich benötigt wird. Und das bedeutet, den Prozessberatungsmodus einzuleiten. Erst nachdem ich die Situation gemeinsam mit dem anderen ausgelotet habe, befinde ich mich in einer Position, um zu beurteilen, ob mein Expertenwissen oder meine Informationen tatsächlich relevant und hilfreich sind. Verallgemeinernd lässt sich also voranschicken, dass der Prozessberatungmodus zu Beginn eines jeden helfenden Prozesses unabdingbar ist, da sich nur durch diesen Modus herausfinden lässt, was wirklich vorgeht und welche Art von Hilfe benötigt wird.

Die Realität sieht so aus, dass der Berater zu Beginn keiner Beziehung weiß, was wirklich verlangt und benötigt wird. Und genau dieser Zustand der Ignoranz ist die wichtigste Richtschnur für den Berater, um zu entscheiden, welche Fragen er stellen und welchen Rat er geben muss oder, allgemein gesprochen, wie der nächste Schritt auszusehen hat. Der Berater muss in der Lage sein zu erspüren, was er oder sie noch nicht weiß, und dieser Prozess kann nur ein aktives Suchen aus den Tiefen des Nichtwissens sein, da wir voller Vorurteile, Abwehr, unbewusster Annahmen, Hypothesen, Klischees und Erwartungen stecken. Herauszufinden, auf welchen Gebieten wir ignorant sind, kann sich als schwierig erweisen. Wir müssen uns dazu durch unsere Vorurteile arbeiten und so manche Abwehrmauer überwinden. Das aktive Wort »zugreifen« drückt daher das dritte übergreifende Prinzip aus – anderen zu helfen. Durch den erfolgreichen Zugriff auf die Bereiche unserer Ignoranz können wir uns auf eine echte gegenseitige Erforschung einlassen. Und durch die schrittweise Beseitigung dieser Bereiche des Nichtwissens werden ständig neue Schichten der Wirklichkeit erkennbar, was uns eine genauere Definition von Hilfe ermöglicht.

DRITTES PRINZIP

Setze dein Nichtwissen ein.

Ich kann meine innere Realität nur entdecken, wenn ich zu unterscheiden lerne zwischen dem, was ich weiß, dem, was ich zu wissen glaube, und dem, was ich wirklich nicht weiß. Ich kann nicht entscheiden, was die aktuelle Wirklichkeit ist, wenn ich spüre, was mir über die Situation nicht bekannt ist, und ich nicht so weise bin, mich danach zu erkundigen.

2. Modell: Das Arzt-Patient-Modell

Ein weiteres verbreitetes generisches Beratungsmodell ist das Arzt-Patient-Modell. Ein oder mehrere Manager in der Organisation beschließen, einen Berater zu holen, um sie zu »checken«, um herauszufinden, ob es in der Organisation Bereiche gibt, die nicht richtig funktionieren und die vielleicht mehr Aufmerksamkeit benötigen. Möglicherweise hat ein Manager Anzeichen dafür entdeckt, dass etwas im Argen liegt, sinkende Verkaufszahlen, einen Anstieg von Kundenbeschwerden oder Qualitätsprobleme, aber er weiß nicht, wie er die Ursache des Problems herausfinden kann. Der Berater wird in die Organisation geholt, um festzustellen, was wo in der Organisation falsch läuft, um anschließend, wie ein Arzt, eine Behandlung zu verschreiben. Vielleicht stoßen führende Organisationsmitglieder darauf, dass in anderen Organisationen neue Therapien angewendet werden wie Total-Quality-Programme, Reengineering oder autonome Arbeitsgruppen, und sie verlangen, dass ihre Organisation ebenfalls einen Versuch mit diesen neuartigen Therapien startet, um ihre Schwächen auszubügeln. Dann wird ein Berater geholt, um das Programm umzusetzen. In diesem Modell geht der Klient von einem gewissen professionellen Standard des Beraters aus. Er erwartet, dass er ihm seine Dienstleistung verantwortungsvoll verkauft, dass er sich dabei auf aussagekräftige Daten stützt und das Programm Abhilfe für das Problem schafft; dass der Berater über das diagnostische Know-how verfügt, um das Programm nur dort einzusetzen, wo es hilft; und dass die Behandlung greifen wird.

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Yaş sınırı:
0+
Hacim:
457 s. 29 illüstrasyon
ISBN:
9783897975286
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